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Interview mit Georg F. W. Tempel u. Steffen Hautog Animexx

Autor:  cato

Animexx: Könnten Sie zuerst einmal kurz Ihren Lebenslauf schildern?
Tempel: Mein Lebenslauf: Ich wurde 1959 in bad Dürkheim geboren. Danach das Übliche: Schule, Studium, Spielbank - ist das üblich? nee, ist nicht üblich - also ich hab neben dem Studium auf der Spielbank gejobbt, daher kennen Steffen und ich uns auch. Dann Neuzehnhundert... mein Gott, wann war denn das... '87 erste Arbeiten für den Reiner-Feest-Verlag, kurzes Intermezzo beim Hethke Verlag, wieder zurück zum Reiner-Feest-Verlag, dann ab '91 bei Ehapa.

Animexx: Und jetzt speziell auf Comics bezogen...
Tempel: Angefangen hab ich mit dem Übersetzen von amerikanischen Zeitungsstrips. Das war Johnny Hazard, damals für Feest, ist aber leider nie veröffentlicht worden. Dann hab ich bei Feest frankobelgische Alben als Redakteur betreut, habe bei Hethke Batman und Superman sowohl übersetzt als auch als Redakteur betreut, bei Ehapa dann alles Querbeet - franco-belgische Sachen, Superhelden, Disney -, und war dann auch für die Manga verantwortlich, und jetzt, zusammen mit Steffen nur noch Manga.
Hautog: Mein Gott, Georg, was hast du schon alles gemacht?
Tempel: Das ist der Wahnsinn, was? Also das war jetzt der berufliche Lebenslauf. 

Animexx: und wie ist es dazu gekommen, dass Sie jetzt nur noch Manga machen?
Tempel: Wir haben bei Ehapa unter Feest Comics die ersten Manga veröffentlicht - das war Appleseed, Ghost in the Shell, also das ganze Shirow-Material - und haben dann dadurch, dass bei Ehapa das SailorMoon-Magazin so gut lief, auch die SailorMoon-Manga veröffentlicht. Und irgendwann, so Anfang des Jahres 2000, gab es im Verlag die Entscheidung "Manga ist Zukunftsträchtig, ist wichtig, wir machen einen eigenen Verlag dafür". Ich hab das Angebot bekommen, als Verlagsleiter zu arbeiten und hab es, da mir die Mangas schon immer viel Spaß gemacht haben, angenommen. Ab Juli haben wir dann eine neue Truppe geformt. Jetzt sind wir erst mal sieben Leute.

Animexx: Sind Sie also über den Beruf zu Manga gekommen?
Tempel: Neeneenee, ich hab schon 1989 meinen ersten Manga gekauft. Das war dieses Japan GmbH, das war einer der ersten Comics, die im Taschenbuchformat erschienen sind - japanische Geschäftswelt als Manga. Das ist schon lange her, da hatte ich beruflich noch nichts mit Manga am Hut, damals hab ich noch Batman übersetzt. Manga haben mich immer interessiert.

Animexx: Wie passt das zusammen, zuerst Texte für Comics wie Die Ärzte und Derrick zu machen und jetzt Manga?
Tempel: Zum einen ist das Vergangenheit. Und warum passt das nicht zusammen? Man muss ja nicht nur auf eine Sache fixiert sein. Ich hör auch nicht nur eine Sorte von Musik. Mich interessiert vieles - das sind momentan die Mangas, weil ich sie zur Zeit als das Modernste im Comicbereich, als sehr interessant und spannend empfinde, aber das kann in 10 Jahren wieder etwas Anderes sein.
Und die Ärzte: erstens kenn ich den Franz Stummer (*1) sehr gut und bin mit ihm befreundet, zweitens bin seit meiner Studienzeit Ärzte-Fan. Es hat sich einfach angeboten, da etwas zu machen.

Animexx: Wie sieht es eigentlich privat mit Manga/Anime aus? Schauen Sie sich es auch manchmal in der Freizeit an?
Tempel: (lacht) Welche Freizeit? - Ja sicher, man muss sich ja auch informieren. Natürlich schau ich auch in der Freizeit manche Sachen an, vielleicht jetzt nicht in dem Maße wie ihr... Ich lese übrigens auch Carlsen-produkte. Jetzt nicht mehr so viel, weil wir selbst so viel machen, aber Battle Angel Alita finde ich toll, und Akira auch - also privat les ich schon auch was.

Animexx: Und generell Ihre Lieblingscomics und -manga?
Tempel: Das ist immer noch Ghost in the Shell.

Animexx: Steffen, wie sieht es bei Ihnen aus?
Hautog: Lebenslauf? Privat?
Tempel: Volles Programm!
Hautog: Mein Lieblingscomic? Naja, ich muss gesetehen, (überlegt), mein Lieblingscomic ist AstroCity - nicht AstroBoy. Wobei AstroBoy auch ganz nett ist.
Angefangen mit Comics hab ich mit YPS, das ging dann so bis zum Alter von 14. Dann gab es irgendwie wichtigere Sachen wie Comics. Mit 19 hab ich es dann aber mit Torres und Möbius die Comics wiederentdeckt, "da gibt es ja ganz tolle Sachen!" Ich hab nebenbei bei der Spielbank gearbeitet, und da kam dann plötzlich einer von den Kollegen mit so einem Stapel Comics. Wir haben uns etwas unterhalten: "Ach du bist der Georg F.W. Tempel, der da bei Feest arbeitet?"
Ja, irgendwann hab ich bei der Spielbank aufgehört, Germanistik und Medien- und Kommunikationswissenschaft studiert, und hab dann hier als freier Mitarbeiter vor 4 Jahren angefangen und bin seit letztem Jahr fest angestellt.
Angefangen mit Mangas hab ich mit Battle Angel Alita, das gefiel mir ganz gut. Obwohl es von der Konkurrenz ist.
Tempel: Man ist ja offen...
Hautog: (grinst) Aber natürlich geht das nicht über das kommende Eden von uns... hoff ich doch.
Das dumme ist, dass man etwas in der Freizeit eigentlich nicht mehr so gerne macht, wenn es auch Beruf ist, weil man dann einfach irgendetwas anderes braucht.
Tempel: Wenn man sich 8, 10, teilweise bis 12 Stunden mit Manga beschäftigt, ist man froh, wenn man nach Hause kommt und sieht keine Manga mehr. Ich war leidenschaftlicher Comic-Fan, und hab auch wirklich viel Geld für Comics ausgegeben. Aber es lässt schon kräftig nach im Privatleben. Das ist immer so. Ich laufe zu Hause nicht im Kimono rum...

Animexx: noch eine Frage zum Privaten - diese Frage darf natürlich nicht fehlen: die Klärung der F.W.-Frage...
Tempel: Mein Gott, ist das so wichtig? (lacht) Friedrich Walter
Animexx: War das jetzt so schwer?
Tempel: nein, war nicht schwer, aber warum muss man da so ein Geheimnis draus machen?
Animexx: Ein Geheimnis haben SIE daraus gemacht...
Tempel: naja, man muss die Sache ja ein bisschen interessant machen...


Animexx: Wo sehen Sie eigentlich die prinzipiellen Unterschiede zwischen normalen Comics und Manga? Mal abgesehen von den Grundeigenschaften wie dass Manga aus Japan kommen und s/w sind...
Hautog: Es ist sehr auf Filmschnitt angelegt. Das ist das, was mich am Anfang erst einmal sehr begeistert hat, als ich Akira in den Händen hatte. Die Erzählweise ist ganz anders, nicht so textlastig wie beispielsweise der frankobelgische Comic. Auch mag ich es, in eine fremde Kultur hineinzuriechen.
Animexx: Sonstige Unterschiede?
Hautog: Die haben so große Augen... (lacht)
Tempel: Also anders ist einmal diese deutliche Abgrenzung Mädchen- und Jungencomics, die gibt es bei europäischen Comics weniger. Es ist die Erzählweise, das kann ich auch nur bekräftigen. Alles ist sehr filmisch erzählt, hier wo alles klar gegliedert ist, kennen wir das gar nicht so. Die Amerikaner haben das schon ein wenig geändert, aber die Japaner erzählen wirklich komplett anders, die Storys sind anders aufgebaut, und das finde ich sehr interessant.
Es ist, zumindest für uns, modern, es ist wirklich komplett anders als das, was wir hier in Dtl. haben.

Animexx: Sie sagen, dass es in Japan eine klare Abgrenzung Mädchen- und Jungen-Manga gibt. Aber ist nicht gerade dies bei Manga anders? Beispielsweise CLAMP spricht ja sowohl Mädchen als auch Jungen an...
Tempel: Da hab ich andere Aussagen gehört, dass ein Junge niemals ein Mädchenmanga anfassen würde. Es gibt zumindest eine klare Abgrenzung Shonen und Shojo. SailorMoon ist für Mädchen, Ghost in the Shell nur für Jungen. Und das war bisher bei uns in Europa weniger bekannt. Sachen wie Wendy sind natürlich für Mädchen, aber im frankobelgischen Bereich gibt es diese Unterscheidung nicht.
Hautog: Wobei diese Unterscheidung hier in Europa bei den Mangas ja nicht gemacht wird.
Tempel: Bei uns in Deutschland ist es nicht so, aber in Japan schon.
Hautog: (ironisch) Es soll hier ja auch viele Jungen geben, die SailorMoon Mangas lesen...

Animexx: Gibt es eine Schnittmenge der Leser von amerikanischen, deutschen, frankobelgischen Comics und Manga Lesern, oder sind das ganz verschiedene Zielgruppen?
Tempel: Es wird sicherlich eine Schnittmenge geben, aber ich glaube, dass die sehr gering ist. Ich habe persönlich noch keinen getroffen, der sagt "ich bin großer frankobelgischer Comic-Fan und ich lese auch Manga". Ich glaube, es gibt nur Wenige - aber das ist meine Meinung. Steffen, vielleicht hast du eine andere...
Hautog: Ich glaube, das ist ein deutscher Wesenszug, dass man sich sehr spezialisiert...
Tempel: Stimmt, das ist wirklich so. Entweder ich bin für Oasis oder Blur, Beatles oder Rolling Stones...
Hautog: ...und wenn ich für das Eine bin, bin ich automatisch gegen das Andere.
Tempel: Das ist in Deutschland leider Gottes wirklich häufig der Fall. Wo unter Umständen eine Schnittmenge entstehen könnte: Image in Amerika will jetzt einen kolorierten Manga rausbringen. Da fangen Image-Fans an (es gibt ja auch Leute, die lesen nur Image), über diese Schiene an Manga heran zu kommen. Da könnte ich mir vorstellen, dass es eine Schnittmenge gibt. Ansonsten: man sieht es ja an Planet Manga von Marvel. Die hatten ja gute Mangas, Slam Dunk ist ja nicht schlecht, aber trotzdem hat es keiner gelesen. (*2)

Animexx: Wir kommt es, dass es gerade im letzten Jahr einen solchen Boom für Manga gegeben hat?
Tempel: Also erstens mal - wann haben wir die ersten Mangas herausgebracht? 1994, also seit 6 Jahren ist es zumindest in einer gewissen Weise präsent. Ausgelöst wurde der Boom zum Einen dadurch, dass es jetzt eine Billigschiene ist - 192 Seiten für nur 9,95DM ist billig, das gab es vorher schon lange nicht mehr. Zum Anderen ist das auch ein Generationsproblem. Die neue Generation von Lesern will nicht mehr das lesen, was ihre Eltern auch gelesen haben. Die Schlümpfe gibt es seit 40 Jahren, Mickey Mouse seit 70 oder 71 Jahren, das haben Generationen von Lesern hinter sich. Und die neue Generation hat Probleme, sich abzugrenzen, denn die Eltern tragen oft die gleichen Klamotten, hören dieselbe Musik - also wo ist der Punkt, wo man sich von den "Alten" abgrenzen kann? Manga scheinen hier eine Möglichkeit zu sein.

Animexx: Aber heißt das, dass wenn wieder eine neue Generation kommt, dass diese dann vielleicht an Manga wieder überhaupt kein Interesse zeigt?
Hautog: Das kann durchaus sein.
Tempel: Also ich geh davon aus - sonst hätte ich mich auf das Abenteuer EMA (*3) nicht eingelassen - dass Manga schon lange bleiben wird. Nur der Boom, also dieser Zenit, wird vorübergehen. Wie bei jedem Thema, z.B. Superhelden: vier, fünf Jahre lief das, und jetzt ist es tot. Das kann bei Mangas auch passieren, davor dürfen wir die Augen nicht verschliessen.

Animexx: Kann man Manga überhaupt so in eine Kategorie eintragen? Superheldencomic ist jetzt schon recht klar festgelegt, aber Manga ist einfach nur der Comic aus Japan, und so nur ein Sammelbegriff für sehr viel Verschiedenes.
Tempel: Das ist ja auch der Grund, warum sich Manga halten wird. Wir sind der festen Überzeugung, dass sich Manga lange genug halten wird. Unser Chef geht soweit und sagt, es wäre sogar möglich, dass die japanische Kultur die amerikanische in Deutschland ablösen könnte. Wir sind schließlich doch sehr amerikanisiert...
Hautog: ...zumindest was den Coolness-Faktor angeht.
Tempel: Momentan geht es in die Richtung, dass das, was cool ist, etwas mit Japan zu tun hat.
Animexx: Immer das Fremde ist interessant?
Tempel: So ist es. Und deswegen boomt Manga zur Zeit. Ich glaube aber, dass der Zenit bei Manga noch nicht erreicht ist. 

Animexx: Aber deswegen kann man doch eigentlich das Superhelden-Genre mit Manga vergleichen.
Tempel: Ich will es jetzt auch gar nicht inhaltlich vergleichen, aber das Phänomen ist ähnlich: '94 ging es los mit Dino, da hat sich plötzlich alles auf dieses Superheldengenre gestürzt. Es war billig, das Heft für 3,90DM bis 4,90DM, es war etwas Neues, weil man bisher am Kiosk nur Mickey Mouse, YPS usw. kannte.

Animexx: Inwiefern besteht denn die Gefahr, dass der Markt übersättigt wird, wenn jetzt zu viele Serien gleichzeitig erscheinen?
Tempel: Die Gefahr haben wir ja schon vor etwa 10 Jahren gesehen auf dem Alben-Markt, als sich Carlsen und Ehapa eine Materialschlacht lieferten. Es gab Monate, da gab es 20, 24 neue Alben für 16,80DM. Der Leser ist irgendwann überfordert.
Meine Meinung ist (ich kann immer nur von meiner Meinung reden): der Kern der Leser bildet auch heute einen Sammlermarkt. Es gibt immer gewisse Leute, die sagen: "ich will alle 10 Serien haben, die pro Monat erscheinen" - wobei man da mit dm 100,- monatlich noch in etwa hinkommt. Wenn aber 15 oder 20 Serien erscheinen, sind es monatlich 200,-, oder, wenn es teurere sind, wie jetzt bei Planet Manga für 19,80, oder unsere 12,80DM Titel, dann sind es über 300,-. Das sind für den Sammler etwa 3,500,- pro Jahr, für einen Normalsterblichen ist das zu viel Geld. Die werden selektieren müssen, und viele werden ganz aussteigen. Das hatten wir schon im Alben-Markt: die Kernsammler sagten: "Wenn ich nicht alles haben kann, will ich gar nichts." Das ist das Problem. Die Gefahr besteht darin, dass, wenn es zu viele Veröffentlichungen gibt, gerade die Sammler, die den Leserkern ausmachen, sagen: "Interessiert mich nicht mehr".

Animexx: Ist das auch ein Grund, warum manche Manga jetzt in den zweimonatlichen Rhythmus übergehen?
Tempel: Nein, das hat damit nichts zu tun. Der Grund ist: man muss ja immer etwas neues im Programm haben, um Leser anzuziehen. OMG #15 ist kein Bringer mehr, dagegen Wedding Peach #1 ist etwas, das wieder Aufmerksamkeit erregen wird. Wenn ich aber nur monatliche Serien habe - wir sind jetzt schon bei sieben monatlichen Titeln, könnten wir also nur noch mehr Titel bringen, indem wir mehr pro Monat veröffentlichen. Wenn man aber den Rhythmus etwas streckt, kann man zwischen drin Neues bringen. Wir werden in Zukunft sicherlich eine gute Mischung haben. Wir werden Serien haben, die weiter monatlich erscheinen, aber sicherlich verstärkt auf zweimonatlich übergehen. Ein Teil sogar vierteljährlich, z.B. Blame, Da gibt es nur 5 Bände. Wenn ich das zu schnell raushaue, ist die Serie tot, weil nichts nachfolgt. Da sind also sicher immer ein paar marketing- und vertriebstechnische Überlegungen dabei.

Animexx: In welchen Dimensionen liegen die Auflagen momentan?
Tempel: Mindestens 10-12 Tausend, teilweise auch 25.000 - Erstauflage. 

Animexx: Bei den Fernsehsender sieht man den Trend, dass viele verstärkt auf Anime setzen. Kann das nicht übergreifen, dass dadurch auch der Markt für Manga bedeutend größer wird?
Tempel: Das sind getrennte Märkte. Man muss unterscheiden zwischen Buchmarkt, also die Taschenbücher, und die Magazine in Verbindung mit Fernsehserien. Das sind zwei verschiedene Klientel. Die 8jährige SailorMoon-Leserin, die alle 14 Tage das Magazin kauft, wird sich nicht zwangsläufig den Manga kaufen. Dann müssten wir ganz andere Auflagen haben. Bei Sailor Moon hat die verkaufte TB-Auflage im Peak etwa ein Viertel der verkauften Magazin-Auflage ausgemacht.

Animexx: Wenn beispielsweise Card Captor Sakura im TV anläuft, wird es aber doch sicher viele neue Leute geben, die so überhaupt erst auf das Thema aufmerksam werden.
Tempel: Das kommt auch darauf an, auf welchem Sender es laufen wird. Siehe SailorMoon auf ZDF: ein absoluter Flop. Das Magazin wurde nach drei Ausgaben eingestellt. Erst ein Jahr später, als die Serie den Sender wechselte, ist es richtig abgegangen. Wenn CCS auf dem Kinderkanal liefe, hätten wir ein Problem damit, weil der Kinderkanal weitegehend werbefrei ist, wir können also für das Magazin gar nicht erst werben, erst recht nicht für den Manga. Die Zuschauer der Serie müssen mitkriegen: da gibt es ein Printprodukt. Wenn es auf RTL2 läuft, bin ich mir sicher, dass es ein Erfolg wird. Aber allein die Tatsache, dass ein Anime im TV läuft ist noch kein Garant für Erfolg.
Außerdem muss man auch schauen: welche Serie hat ein Potenzial? Mal angenommen, jetzt würden 20 Animeserien im TV laufen, heißt das noch lange nicht, dass auch alle 20 Magazine ein Erfolg werden. Beispiel: Wir haben zur besten Zeit bei SailorMoon etwa 350.000 Exemplare verkauft, verkaufen jetzt noch etwa 120.000 Exemplare. Was verkauft das DragonBall Magazin? Ich hab Zahlen gehört von etwa 30.000-50.000. Die Serie läuft auf dem gleichen Sender im gleichen Umfeld, aber trotzdem sind die Verkäufe, wenn die Zahlen stimmen, so gering. Deswegen: Fernsehsendung ist nicht gleich Erfolg. Da sind wir vorsichtig.

Animexx: Welche Serie ist denn insgesamt am wenigsten gut gelaufen? Hat es welche gegeben, wo es vielleicht im Nachhinein besser gewesen wäre, sie doch nicht zu bringen?
Tempel: Nö, da gab's bis jetzt noch nichts. Es gibt natürlich Serien, die brauchen lange, bis sie laufen. Siehe Ranma: das ist jetzt der dritte Versuch, aber jetzt läuft es endlich. Und es gibt natürlich bei den Verkaufszahlen Unterschiede, es gibt absolute Renner wie SailorMoon, es gibt Bestseller wie OMG und Ranma, und es gibt Serien, die verkaufen sich ganz normal. Aber es sind keine dabei, wo wir sagen müssten, die stellen wir ein, oder die hätten wir nicht bringen sollen.
Hautog: aber bei den alten Sachen...
Tempel: ja gut, da gab´s natürlich Venus Wars und Mai. Das waren die beiden Serien, die am schlechtesten gelaufen sind.
Hautog: Wobei ja Mai eigentlich gar nicht schlecht war.
Tempel: Sie ist gut, aber sie hat sich wirklich am allerschlechtesten verkauft.

Animexx: Sehen Sie im heutigen - deutlich größeren Markt - eher eine Erfolgschance für ein Konzept wie das der Manga Power?
Tempel: Im großen Markt? Nein, ich glaube da nicht dran. Für den Kioskmarkt halte ich ein s/w-Magazin für ungeeignet. Die Auflage muss da, um in möglichst vielen Verkaufsstellen präsent zu sein, bei etwa 90.000 Ex. liegen. Auch die Manga Power war für die Comicläden konzipiert. Ich glaube, ein ähnliches Magazin würde auch heute nicht laufen. Die potenziellen Leser, die Leser des SM-Magazins, des DB-Magazins usw. wollen Farbe haben. Und wenn die jetzt ein s/w-Magazin sehen - und es wird bei einem Umfang von 200 Seiten etwa 7,90DM kosten müssen -, werden sie sich schwer tun. Zielgruppe würden wieder die 20.000-30.000 Fans sein, die auch die Taschenbücher kaufen. Und warum sollen die so ein Magazin kaufen, wenn sie wissen, dass sie ein halbes Jahr später die Taschenbücher kriegen. Sind die so geil drauf, dass sie sagen: "ich will sie jetzt sofort haben und ich kauf mir das Taschenbuch nochmal"? Wohl nicht. 

Animexx: Gibt es prinzipielle Fehler, die Sie im Nachhinein nicht mehr machen würden? Beispielsweise ungespiegelt/gespiegelt...
Tempel: ja, da muss man einfach sagen, Carlsen war da der Vorreiter. Sie haben das Risiko damals auf sich genommen, DragonBall ungespiegelt zu bringen, was Egmont (nicht Ehapa, sondern Egmont) nicht auf sich nehmen wollte. Das war ein Fehler. DragonBall könnte bei uns sein, wenn wir '95 nicht gesagt hätten: "wir machen keine ungespiegelten Mangas".

Animexx: Und abgesehen von diesem konkreten Beispiel, sonst irgendwelche Fehler?
Tempel: Natürlich gibt es Sachen, wo wir Fehler gemacht haben, oder wo wir uns gesagt haben: "hätten wir auch gerne gemacht". Zetsuai und Escaflowne, was wohl bei Carlsen rauskommen wird, hätten wir auch gerne gemacht. Das sind Sachen, wo man sich darüber ärgert, aber das hebt sich dann wieder auf, wenn man Kenshin kriegt.
Wenn wir jetzt noch ein paar Jahre zurück gehen, hätten wir vielleicht damals das amerikanische Format nicht übernehmen sollen, die Hefte zusammengebunden zu einem Album für 16,80DM. Das war ein Fehler, Carlsen hat den auch gemacht. Vielleicht hätte der Manga-Boom dann schon etwas früher begonnen, und wir hätten uns vielleicht diese 3 Jahre Durststrecke sparen können. 

Animexx: Inwiefern kann bei solchen Entscheidungen Egmont mit rein reden? Wie weit ist EMA unabhängig?
Tempel: Es gibt bestimmte Themen, die sind nur für den deutschsprachigen Raum interessant. Zur Zeit sind das die s/w-Taschenbücher. Und es gibt Themen, die sind für die ganze Gruppe interessant. DB war so ein Thema, da man wusste, dass es in den meisten europäischen Ländern im TV laufen wird. Pokemon ist so ein Thema, da haben wir auch konzernweit das Magazin eingekauft. Es wird in Zukunft so sein: wenn es konzernweite Entscheidungen gibt, werden die über EMA laufen. Wir werden das Nadelör des Konzerns sein, Lizenz- und Rechteeinkäufe mit für den Konzern zu tätigen.

Animexx: Welche Entscheidungsfreiheiten hat dann EMA?
Tempel: EMA kann nicht, und das war schon immer so, für einzelne Länder entscheiden. EMA ist nur der Koordinator. Wir werden (als Scouts tätig sein, aber ob das dann in Dänemark, Schweder oder Polen veröffentlicht wird, liegt in deren Hand, weil jeder letztendlich auch den Gewinn und Verlust selbst verantworten muss. Beispiel: Wir werden den einzelnen Ländern vorschlagen, dass sie sich bei CCS engagieren sollen. Da hängt es dann wieder davon ab, in welchen Ländern die Serie ausgestrahlt wird, zu welchen Zeiten, auf welchem Sender. Dann entscheiden die: "ja, da machen wir mit", oder "nein, ist kein Thema für uns".

Animexx: Was machen Sie als "Publishing Director", und Steffen, als Redakteur? Und auch anders herum: was machen Sie nicht?
Tempel: Also, ich kaufe keine anderen Firmen usw., aber bei inhaltlichen Fragen machen wir, was wir wollen. Es gibt natürlich gewisse Spielregeln: wir veröffentlichen keine Pornografie, keine braungesossten Sachen.

Animexx: Wo ist dann genau die Abgrenzung der Aufgaben des Publiching Directors und des Redakteurs?
Tempel: Der Publishing Director ist für das Programm verantwortlich. Was veröffentlicht wird, wann es herauskommt, wie es herauskommt entscheide ich. Bei finanziellen Fragen entscheide ich mit, einige werden aber allein vom Managing Director entschieden. 

Animexx: Und der Redakteur?
Hautog: Der kümmert sich um die guten Bücher, das ist alles.
Tempel: Der Redakteur ist im Grund für den Inhalt verantwortlich. Er entscheidet, wer übersetzt, wer lettert, was da reinkommt, welche redaktionellen Seiten, welches Cover verwendet wird... er ist für das eigentliche Produkt da. Wenn es gut ist, ist er verantwortlich, und wenn es schlecht ist, ist er auch dafür verantwortlich.
Hautog: ...und wird dafür dann im Comicforum gesteinigt.

Animexx: Welche Personen sind beteiligt, wenn ein Manga ins Deutsche übernommen wird, angefangen vom Rechtekauf bis hin dass es in den Läden steht?
Tempel: Entweder wir kriegen etwas empfohlen, oder ich sehe etwas, was ich als gut empfinde. Dann frag ich meistens noch Steffen, weil ich ich auch die Meinungen anderer wissen möchte, und dann gebe ich ein Angebot ab. Dann gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: entweder es ist ein Verlag, der es gewohnt ist, mit europäischen Verlagen zu dealen, wie Kodansha, dann läuft das direkt, oder es ist ein Verlag, der der englischen Sprache nicht so mächtig ist oder der einen japanischen Partner haben will. Da kommt dann unser Büro in Japan mit drei Leuten ins Spiel. Ichiro Nitta, unser Mann in Japan übersetzt mein Angebot ins Japanische und macht alles Weitere. Dann kommt der Redakteur ins Spiel. Der kriegt das Produkt und muss dafür sorgen dass es realisiert wird.
Hautog: Der kümmert sich dann um den Übersetzer, um den Letterer, kriegt das dann alles irgendwann wieder und hofft, dass das alles irgendwie in die Sprechblasen passt. Er ist am Schluss dann auch dafür verantwortlich, was dasteht, hat also auch die letzte Gewalt etwas zu ändern oder nicht. 

Tempel: Dann geht es zur Herstellungsabteilung. Wir haben eine eigene Herstellungsabteilung, da sitzen 6 oder 7 Leute und einer ist für uns verantwortlich. Der hat dann den Kontakt zum Drucker.
Wir haben also nicht alles in der Hand. Manchmal, wenn schlechte Ergebnisse angeliefert werden, sind wir tatsächlich unschuldig.
Hautog: Es gibt da verschiedene Produktionsabläufe, und in jedem können Fehler passieren. Zum Beispiel als letzten Schritt, bevor du den fertigen Comic hast, bekommst du Blaupausen. Das ist ein Vorabdruck, und wenn du da einen Fehler nicht sehen kannst, dann ist er gedruckt.
Tempel: Das war jetzt der Schnelldurchlauf. Natürlich gibt es zwischen einzelnen Schritten immer noch Personen, z.B. haben wir jemanden, der sich nur darum kümmert, die Filme aus dem Ausland zu besorgen. Aus Japan, Frankreich und Amerika. Wir haben externe Mitarbeiter, die, falls wir Filme aus Japan erhalten, diese bearbeiten müssen: es müssen unsere Soundwords eingefügt werden, der japanische Text muss entfernt werden, oder die Filme müssen gekontert werden, wenn wir uns entscheiden, die Serie in westlicher Leserichtung zu veröffentlichen. Es gibt also schon noch Feinheiten, aber das war in etwa der grobe Ablauf.

Animexx: Sie haben bereits die Problematik der Fehler angesprochen - es scheint ja manchmal so, als würden manche Fehler bei Feest schwerer angekreidet werden als bei anderen Firmen. Ist Ihnen das auch aufgefallen, und wie können Sie sich das erklären?
Tempel: Ja, wir machen Fehler, aber wir arbeiten daran, uns zu verbessern. Aber ich bin auch der Meinung, dass andere Verlage genauso Fehler machen, nur einen gewissen Bonus als Vorreiter besitzen. Es hat sich wohl in diesem Forum eine gewisse Gruppe gebildet, die sich auf Ehapa eingeschossen hat. Und egal, was wir rausbringen, ob es die Micky Maus ist, die Barks Library oder Manga: es besorgen sich wohl ein, zwei, drei Personen alle Neuerscheinungen, am besten noch als Rezensions-Exemplar, nur um sie auf Fehler zu überprüfen. Es ist ein leidiges Thema.

Animexx: Es sind ja aber nicht immer nur drei Personen, auch die generelle Stimmung ist ein wenig im Ungleichgewicht...
Tempel: Wie gesagt: Da hat Carlsen den DragonBall-Bonus, da sie die ersten mit dieser Produktform auf dem Markt waren. Das ist immer so: wer zuerst rauskommt ist nun mal auch die Nummer 1. Damit muss ich leben, das gestehe ich meinen Kollegen auch zu. Sie machen ja auch gute Arbeit, aber trotzdem bin ich der Meinung: die kochen so wie wir auch nur mit Wasser. 

Animexx: Wie ist jetzt das Verhältnis zwischen EMA/Feest und Carlsen, und persönlich zwischen Ihnen und Herrn Kaps?
Tempel: (lacht) Gut, wir kennen uns schon lange. Ich kenn den Joachim (*4) schon seit etwa 10 Jahren, da hat er noch studiert und hat seine Doktorarbeit über Comics geschrieben. Wir verstehen uns gut, wir hassen uns nicht, werden aber auch nicht heiraten. Es herrscht eine gesunde Konkurrenz, würde ich behaupten, die nicht mehr so bösartig ist, wie es früher zwischen Carlsen und Ehapa der Fall war. Ich finde, das Ganze läuft auf einem relativ freundschaftlichen Level ab. Steffen, ihr habt ja bei der Redaktion auch einige Kontakte mit Antje Gürtler...
Hautog: Ja, wir reden miteinander und verstehen uns auch ganz gut, respektieren uns...
Tempel: Dass Konkurrenzdenken da ist, ist ganz normal. Jeder versucht, die besten Serien zu kriegen, wäre ja dumm wenn es anders wäre. Ich werd Carlsen nichts schenken, Carlsen wird uns nichts schenken. Wir werden aber auch nicht versuchen, in irgendwelche Serien von ihnen reinzukommen. Irgendwann gab es eine Anfrage, warum wir nicht die Nebenserien von Record of Lodoss War machen. Das fänd ich unfair: Carlsen baut die Serie auf, warum soll ich mich jetzt da ranhängen indem wir versuchen Nebenserien zu bringen? Deswegen ärgert mich ja auch diese Sache mit Ghost in the Shell so (*5)

Animexx: Wie sieht es denn mit den anderen Firmen, die jetzt im Mangamarkt neu dazugestoßen sind aus - Alpha Comics, Planet Manga, Dino?
Tempel: Wir beobachten das sehr aufmerksam. Planet Manga hat jetzt diesen - wie hieß er noch?
Hautog: Dark Angel
Tempel: ...Dark Angel, genau, rausgebracht. Sehe ich nicht als große Konkurrenz, weil das für meinen Geschmack an der Zielgruppe vorbei geht. Schon allein von der Aufmachung: Es kostet 19,-, das ist 10,- mehr als der Leser eigentlich gewohnt ist. Nur weil die Ausstattung eine andere ist. Ich weiß nicht, ob es laufen wird, aber ich sehe da noch keine große Konkurrenz. Dino sucht noch, aber solange die noch nichts auf dem Markt haben, schauen wir erst einmal, was da kommt, versuchen aber schon im Vorfeld beim Rechteeinkauf abzuwehren. Und Alpha verwertet Rechte, die sie wohl schon jahrelang haben. Man muss die neuen Firma mit genau beobachten, darf aber nicht gleich in Panik ausbrechen.

Animexx: Aber persönliche Bekanntschaften zu den Firmen, wie z.B. zu Herrn Kaps gibt es zu diesen Firmen nicht?
Tempel: Jeder kennt jeden. Ich kenn den Max Müller (*6), ich kenn den Achim Schnurrer von Alpha... man sitzt auch mal zusammen und redet. Auch wenn man nicht mit jedem befreundet sein muss: man kennt sich.

Animexx: Wie wird entschieden, welche Informationen über die aktuellen Planungen herausgegeben werden und welche besser noch zurückgehalten werden?
Tempel: Das läuft über den Grat der Sicherheit, dass wir die Serie auch haben. Wenn ich etwas lau zugesagt bekomme, werde ich sicher nichts darüber erzählen. Wenn ich weiß, dass die Zusage fest ist oder wenn ein Vertrag existiert, kann man was darüber sagen. Da hab ich dann kein Problem damit. 

Animexx: (grinst) Wie schaut es jetzt mit den...
Tempel: Kommt jetzt die Frage, auf die ich schon so lange warte? (*7)
Animexx: Die lassen wir jetzt mal besser außen vor, aber sie hat damit zu tun. Wie schaut es mit anderen Produkten von EMA aus neben Manga? Was ist da geplant?
Tempel: Neben Manga?
Animexx: Es heißt ja schließlich auch Egmont Manga & Anime...
Tempel: Ja, das SailorMoon-Comic ist ein Anime-Comic. Wir werden ein Pokemon-Magazin rausbringen, wir werden, davon gehe ich einmal aus, auch ein CCS-Magazin herausbringen - sind ja alles Anime-Comics. Auch das OMG-Comic ist ein Anime-Comic.

Animexx: Es wird sich aber auf Druckerzeugnisse beschränken?
Tempel: (lacht)
Hautog: (schaut auf Uhr) Ich muss weg! (*8)
Tempel: Nein, natürlich nicht. Das haben wir auch schon während unserer Präsentation auf der Buchmesse(*9) gesagt. Natürlich wollen wir auch in andere Bereiche reinkommen. Aber um was es sich explizit handelt, werde ich jetzt natürlich nicht sagen. Es laufen Verhandlungen, sowohl wegen Merchandise - wie auf der Präsentation genannt- wie auch wegen Video- bzw. DVD-Rechten.

Animexx: Wie sieht es mit dem Ausland aus? Sie haben bereits gesagt, dass Sie sich nicht nur auf den dt. Markt konzentrieren.
Tempel: Es wird so sein, dass wir uns erst einmal auf den dt. Markt konzentrieren. aber es laufen Verhandlungen mit einem französischen Verlag, eine Allianz einzugehen. Ansonsten sind wir für Skandinavien der Koordinator. Auf der Buchmesse haben wir Skandinavien beim Rechtekauf geholfen, die werden jetzt Oh! My Goddess, Ranma 1/2 und Card Captor Sakura rausbringen. Also auch auf der Schiene sind wir aktiv. 

Animexx: Welche Manga würden Sie aus moralischen Gründen nicht veröffentlichen? Genannt wurden bereits kurz pornographische und nazionalsozialistische Inhalte.
Tempel: (zu steffen) Was war das da, was wir auf dem Tisch liegen hatten? Du hast es doch angeschaut... die eine Sache mit der Duschszene war doch schon etwas seltsam (lacht).
Also wir werden keine Pornographie machen. Soft-Pornographie kann sicher mal dabei sein, wie jetzt Seraphic Feather, aber das geht ja eher in die erotische Richtung. Wo wir tatsächlich ein Problem haben werden, ist mit Naru Taru. Ich hab mir noch keine Gedanken gemacht, wie wir mit dem sechstenn Band umgehen werden... kommt Zeit, kommt Rat. Steffen, hast du die Seiten im Internet schon angeschaut?
Hautog: Ja, das war zum Teil schon etwas extrem.
Tempel: Also das ist schon... heavy. Was aber nicht heißen soll, dass die Serie nicht starten wird. Wir haben einen unterschriebenen Vertrag, drei Bände sind fest eingeplant. Band vier und fünf werden auch kein Problem sein, und Band sechs wird auch kommen, aber wie, weiß ich noch nicht. Da hab ich mir noch keine Gedanken gemacht. Es ist möglich, dass es eine überarbeitete Version geben wird, einfach ohne diese Seiten. Sowas kann man nicht ohne Weiteres auf die Menschheit loslassen. Oder sehe ich das falsch?
Animexx: ...wenn Leuten der Kopf zertrümmert wird und ähnliches?
Tempel: Mit dem Kopf zertrümmern hab ich kein Problem. Das haben wir ja auch in Seraphic Feather. Aber Missbrauch, Vergewaltigung und Tötung von Kindern - das ist eine sehr ungute Mischung. Ich glaube, dass man gerade was Kinder und Vergewaltigung angeht in Dtl. durch die Dinge, die in der letzten Zeit geschehen sind, sehr sensibilisiert ist. Und da müssen wir nicht mit Mangas noch eines draufsetzen.

Animexx: Und Rechtes Gedankengut? In einigen Manga ist das ja auch unterbewusst mit enthalten. Oder die Verwendung entsprechender Symbolik...
Tempel: ...wie bei Blame. Da müssen wir schauen. Wir werden sicher nichts machen wie z.B. diesen Adolf-Manga, das es in Japan gibt. Da hätte dann der Konzern ein Problem damit. Und da ich mich nicht unbeliebt machen will und wir auch noch etwas länger existieren wollen als nur ein Jahr, werden wir davon die Finger lassen. Das muss man immer von Fall zu Fall prüfen, inwieweit das in den Kontext der Story passt. Wir werden nichts publizieren, was irgendwelche rechten Parolen verherrlicht. Wenn das Thema verarbeitet wird, weil es in die Story reingehört, oder wenn Swastikas im ursprünglichen, germanischen Kontext, verwendet werden, können wir darüber reden.

Animexx: Wobei das genannte Adolf-Manga von Osamu Tezuka einen deutlich pazifistischen Grundton hat...
Tempel: Sicher, aber die Darstellung von Adolf Hitler und Konsorten ist in Deutschland immer noch sehr problematisch. Man kann darüber reden - in 5 Jahren, wenn Manga einen etwas besseren Ruf haben. Aber momentan sind Manga eben noch relativ verrufen. Vor kurzem lief wieder so eine unsägliche Sendung, wo man Manga gleich Brutalität und Pornographie gesetzt hat.
Hautog: Wird man gefragt: "Was machst du?" - "Comics, Manga" - "Ah, Schmuddelkram"
Tempel: Das dauert eben noch, bis sich das so eingebürgert hat, dass man sich an solche Themen ranwagen kann. Die Frankobelgier dürfen es mittlerweile, die sind da ein bisschen weiter.

Animexx: Inwiefern betreiben Sie Marktforschung?
Tempel: Wir betreiben im Magazinbereich klassische Marktforschung. Wir haben eine eigene Marktforschungsabteilung. Die Redaktion oder das Marketing gibt die Daten vor, wer und was geprüft werden soll, z.B. beim SM-Magazin: "wir wollen ein Portfolio von 12 bis 16-jährigen Mädchen haben", dann werden Fragen ausgearbeitet, die Jungs gehen auf die Suche, werben Leute an, und dann werden die ganz normal befragt. Typische Marktforschung, wie man es vom Studium her kennt. Allerdings nur für große Projekte. Für ein OMG-Manga wird man keine Marktforschung betreiben, weil ja alles mit Kosten verbunden ist. Aber im Magazingeschäft werden wir, tun wir auch jetzt schon zu jedem Thema, Marktforschung betreiben. 

Animexx: Gibt es irgendwelche Konzepte, um den Mangamarkt, also die Anzahl der Stammleserschaft zu erweitern?
Tempel: Zum einen über die Qualität der Serien, zum Anderen über Werbemaßnahmen. Ich glaube, die Leseprobe, die wir Anfang des Jahres produziert haben, war eine gute Sache, und wir diskutieren gerade, ob wir nächstes Jahr eine zweite machen sollen. Dann läuft natürlich Cross-Promotion, sprich im SailorMoon-Manga ist Werbung für Ranma 1/2 und Ähnliches. Das werden wir auch mit dem CCS-Magazin so handhaben. Für alle SM-Buchprodukte haben wir TV-Werbung gemacht, und ich kann mir vorstellen, dass bei Card Captor Sakura auch TV-Werbung für die Mangas laufen wird, wenn die TV-Serie auf RTL oder sonstwo laufen wird.

Animexx: Welche Bedeutung geben sie innerhalb des ganzen Marktes den organisierten Fans, den Vereinen?
Tempel: Ich nehme sie auf der einen Seite sehr ernst, sonst würde ich mich nicht täglich im Comicforum rumtreiben. Das mach ich ja zum Großteil in meiner Freizeit. Ich glaube, dass starke Inputs und Impulse von daher kommen können und dass sie teilweise Trends vor uns erkennen, weil sie doch sehr fanartig denken und dadurch auch direkten Kontakt nach Japan und anderen Ländern haben, und da mit bekommen, was trendy oder hip sein könnte. Aber auf der anderen Seite muss man ganz klar sehen, dass diese Gruppe doch relativ klein ist. Sie sind wichtig, weil sie Meinungsmacher sein können, aber sie sind nicht die 80.000 SailorMoon-Käufer. Das mag jetzt hart klingen, aber alles was diese Fans fordern, können wir nicht bringen, weil da sicher Themen dabei sind, die nur diese - das ist jetzt eine rein fiktive Zahl - 2.000 Leute interessieren.

Animexx: Inwiefern können Sie sich eine Zusammenarbeit mit Fan-Organisationen vorstellen?
Tempel: Wir arbeiten teilweise ja schon zusammen. Wir sind mit Leuten aus den Fankreisen in Diskussion, die redaktionelle Seiten schreiben sollen. Da ist das Wissen - warum soll ich dieses Wissen nicht nutzen, das wir selbst nicht haben - wir haben zwar Ahnung, aber so tief sind wir auch nicht drin, alles andere wäre gelogen. 

Animexx: Wie gehen Sie mit Kritik - destruktiver Kritik um?
Tempel: Anfangs hab ich versucht, zu antworten. Das werde ich nicht mehr tun. Ich werde konstruktive Kritik weiterhin aufnehmen - wir arbeiten wirklich daran, uns zu verbessern - aber ich lasse mich nicht mehr provozieren. Es bringt mir nichts, und es bringt den ganzen Beteiligten nichts, die versuchen, im Comicforum auf normale Art zu kritisieren, Informationen auszutauschen oder einfach nur Kontakte zu haben. Ich nehme es an, wenn einer sagt "hier ist ein Fehler". Aber wenn man dann wirklich monatelang auf Fehlern rumreitet: es wird nervig. Nobody is perfect, jeder macht Fehler.

Animexx: Was sind Ihre Zielsetzungen für die Zukunft?
Tempel: Also ich will, dass EMA erfolgreich wird, dass wir am Markt bestehen, und dass alle Projekte, die wir im Kopf haben - und das sind teilweise sehr kurz- und mittelfristige Sachen, die wahrscheinlich in den nächsten Jahren realisiert werden - dass die vom Endverbraucher angenommen werden. Persönliche Ziele? Ich weiß es nicht. Vielleicht will ich einfach nur in Berlin (*10) eine gute Zeit verbringen.

Animexx: Wir bedanken uns für das Interview.



Anmerkungen:
(*1): Das Ärzte-Comic ist aus einer Zusammenarbeit aus Franz Stummer (Zeichnungen) und Georg Tempel (Texte) entstanden.
(*2): Für Slam Dunk wurde nahezu nur innerhalb anderer Marvel-Produkte Werbung gemacht
(*3): Kurzform für "Egmont Manga & Anime Europe GmbH"
(*4): Joachim Kaps von CarlsenComics
(*5): Feest hatte die Manga zu Ghost in the Shell veröffentlicht, ein anderer Verlag hat nun die Rechte an dem Anime-Comic erworben.
(*6): Chefredakteur vom Dino Verlag
(*7): Anspielung auf eine am Telefon recht häufig gestellte Frage nach einem noch nicht bekannt zu gebenden Projekt
(*8): Anspielung auf einen Clip bei TVtotal, in dem sich ein Politiker mit dem Zitat "Ich muss weg!" auf wenig elegante Weise vor einer unangenehmen Frage drückte - Georg Tempel und Steffen Hautog hatten sich vor dem Interview noch kurz über TVtotal unterhalten.
(*9): Die EMA-Präsentation in Frankfurt während der Buchmesse, in der die Firma und deren Tätigkeitsbereiche vorgestellt wurden.
(*10): EMA ist ab 1. Januar 2001 in Berlin