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Wenn einer eine Reise tut... Bahn, Bericht, Reise

Autor:  Karopapier
Es passiert nicht oft, aber manchmal werde ich nach einer längeren Zugfahrt gezielt gefragt, wie die Fahrt selbst war. Nicht das mehr oder minder desinteressierte, aber höfliche "Wie war die Fahrt?", sondern ein wirklich interessiertes, unnachgiebiges "was heißt 'chaotisch, wie immer'? Was ist denn nun alles passiert? Nun lass dir doch nicht alles einzeln aus der Nase ziehen!" Meistens kommt das von Leuten, die es leid sind, nach und nach erst die Details zu erfahren. Und das sind wiederum meistens gut Freunde, die live mitbekommen haben, dass mir bei wirklich JEDER Zugfahrt, die nicht schon zur Routine geworden ist, solche Dinge passieren. Bei den Routinefahrten passieren solche Dinge dann nicht mehr immer, nur noch meistens.

Heute fing es damit an, dass ich am Bahnhof ankam und nicht klar war, ob meine S-Bahn nach Pasing überhaupt fährt. Ein Brand im Tunnel, hieß es. Letzten Endes sind Veroko und ich eingestiegen und angekommen, sogar etwas früher als normal, weil der Zug, der noch am Bahnsteig stand, wohl der war, der schon vor 20 Minuten hätte fahren sollen. Wider Erwarten kam sogar der ICE pünktlich – so weit also eine regelrecht normale Reise. Jedenfalls für meine Verhältnisse.

Als ich im ICE meinen Platz suchte (und auch sehr schnell fand) musste ich feststellen, dass zwei Mädchen an meinem Tisch saßen, die etwa in meinem Alter waren. Super, dachte ich. Jetzt müssen sie nur noch nett sein und einsehen, dass Sitzplatz 21 für ihren Koffer einfach ein sehr ungünstiger Platz ist. Ich fragte freundlich, ob sie den Koffer vielleicht anderweitig unterbringen könnten, und erntete sehr unverständige Blicke. "Ich habe den Platz hier reserviert", sagte ich, immernoch freundlich.
"...do you speak English?"
Gut, also nochmal von vorne.

Der Koffer war recht schnell vom Sitz unten (Schwerkraft und Gewicht olé) und weniger schnell anderweitig untergebracht. Auf die Gepäckablage wollten sie ihn nicht stemmen. Fand ich sehr freundlich. Ich mag mein Leben doch etwas zu gerne, um von Koffern mit Übergewicht erschlagen werden zu wollen. Letzten Endes fand sich dann aber doch noch ein Platz. Perfekt.

Fast jedenfalls. Die Mädchen sahen sich unsicher um, bevor sie mich fragten (natürlich auf Englisch): "Kann man irgendwo sehen, ob ein Sitz reserviert ist oder nicht?" Also erklärte ich es ihnen, woraufhin wir zu dritt feststellten, dass sie definitiv spätestens in Stuttgart umziehen müssten.
"Bei der Buchung stand nichts dabei, dass man reservieren muss... nächstes Mal machen wir das wohl besser. Was ein Chaos..."
Stimmt.

Auch wenn sie absolut orientierungslos waren, weil sie kaum Deutsch verstanden und es ihre erste Europareise überhaupt war, gab es allerdings keine Probleme. Wir verstanden uns super und ich fand es schade, als sie sich tatsächlich einen anderen Sitzplatz suchen mussten.
"By the way, this is my e-mail address and this is hers – keep in touch!"
Gerne doch.

Ab Mannheim gab es keine Probleme mehr. Ich konnte meine Reise ohne Zwischenfälle fortsetzen (3 Minuten Verspätung auf der letzten Strecke sind das letzte, worüber ich mich aufregen würde) und wurde nur einmal noch gebraucht, als ich während einer halbstündigen Wartezeit auf meinen Anschlusszug im Rossmann stand.
"Perdon, ¿dónde está la estación de fotografía?"
Die Verkäuferin strampelte mit Händen und Füßen und versuchte krampfhaft, sich auch auf Deutsch oder Englisch verständlich zu machen. Erfolglos.
"Está en...." Ich zeigte in die entsprechende Richtung. "...esta dirección."
"¡Gracias!"
De nada, de nada.

Drei Menschen den Tag gerettet, schon vor sieben Uhr ein Fellplüsch halbtot gekuschelt (es schnurrte noch, ganz tot kann es also nicht gewesen sein) und pünktlich zum Mittagessen zu Hause gewesen.
Und als ich sagte, ich wäre aus Deutschland, kamen keine blöden Fragen, sondern nur ein überraschtes "ah!".

Kein schlechtes Resultat für einen Montag...