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Referendum zur Lanzarote-Konvention lanciert – bitte zahlreich unterschreiben^^ eidgenössisches, Grundrechte, Mangas, Recht, Referendum

Autor:  Eru-Jiyuka
So, nun endlich, eigentlich viel zu spät (die amtliche Veröffentlichung datiert vom 08. Oktober 2013) sind die Formalitäten auch mal erledigt, sodass das L. nun die fertig ausgearbeitete Unterschriftenliste gegen die Umsetzung der Lanzarote-Konvention präsentieren kann:
http://static.twoday.net/BVggCHEM/files/ReferendumsbogenLanzarote.pdf

Wer das offizielle Argumentum sehen möchte, bitte hier entlang:
http://static.twoday.net/BVggCHEM/files/ArgumentumLanzarote.pdf

Um zahlreiche Unterschrift wird gebeten, es hilft dem Rechtsstaat und der Kunstfreiheit^^
(Allerdings können nur Schweizer Bürger unterschreiben, welche 18 Jahre oder älter sind. Formalkram halt. Bitte berücksichtigen, ungültige Unterschriften machen nur mehr Arbeit beim hinterher raussortieren...)
Den Weblog hier empfehlen kann, darf und soll aber natürlich jeder gerne, der das hier liest^^

Nur nochmal: Das hier ist KEINE Lappalie. Es handelt sich hierbei um ein veritables Literaturverbotsgesetz, welches jedem demokratischen Rechtsstaat unwürdig ist. (Es sei daran erinnert, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft schon Wedekinds „Frühlings Erwachen“ [Drama von 1891!, mittlerweile anerkannte Schullektüre] für verbotene Pornographie hält!)

Mittlerweile haben drei Strafrechtsprofessoren und ein Menschenrechtsanwalt bestätigt, dass dieses Gesetz eine akute juristische Bedrohung darstellt, namentlich aufgrund der Änderung der Schutzaltergrenzen, den unklaren Begrifflichkeiten „Entgelt“ und „nicht tatsächlich“, dem faktisch nutzlosen Kulturvorbehalt, der Einzelfallprüfung normalen jugendlichen Verhaltens, der Strafbarkeit für unwissentlichen Zugriff auf strafbares Material, sowie fehlendem Rechtsgüterschutz und fehlerhafter Begründung. (Die Namen gibt's auf begründete Nachfrage, sie tun aber eigentlich nichts zur Sache...) Dieser Ansicht hat sich auch der Präsident der lokalen Piratenpartei (zugleich Vizepräsident der Schweizer Partei) angeschlossen, der dankenswerterweise dazu bereit war, dem Referendumskomitee beizutreten.

Es geht eben tatsächlich nachhaltig darum, das alte Sittlichkeitsrecht
(Art. 203 aStGB, Art. 204 aStGB, Art. 212 aStGB), welches mit dem Auftritt der Sittlichkeitsvereine am Ende des 19. Jahrhunderts begann, und glücklicherweise Ende des 20. Jahrhunderts endlich wieder abgeschafft wurde, nun erneut in der Schweiz zu etablieren, samt allen dessen schrecklichen Folgen. (massenweise Filmzensur, Eingezogene Schriftenreihen, Schreddern ganzer Magazinreihen zu Altpapier [etwa: Playboy], Beschlagnahme von Gemälden aus Kunstausstellungen in Museen, Anklagen wegen Religionskritik als „unzüchtige Schrift“, Vernichtung übersetzter chinesischer Kunst aus dem 17. Jahrhundert, am Zoll abgefangene Elfenbeinschnitzereien und japanische Kupferstiche von historischem Wert als „obszöne Konterbande“)

Wer eine genaue Übersicht darüber möchte, was damals hier los war, dem sei folgendes Werk dringend ans Herz gelegt: Obszönes vor Bundesgericht (Es ist vergriffen, aber die Bibliotheken führen es noch... Ob das auch schon wieder von „Lanzarote“ umfasst ist (etwa wegen den Zeichnungen), ist unklar, es steht aber zu befürchten -.- Bibliotheken haben ohnehin sehr viel, was sie eigentlich nicht besitzen dürften *hust*. Aber das wird mit dem neuen RFID-System sicher besser, weil man nun endlich zu jeder Zeit feststellen kann, wer wann welches Buch wo mit sich herumträgt... Dann wird man diesen ganzen Schund, der da noch rumliegt, sicher bald entsorgt haben.
Schöne neue Welt, nicht wahr? [S. 9ff.])

Selbst die Befürworter des Gesetzes stimmen dem L. zu, dass es überflüssig und rechtswidrig ist. So wörtlich Natalie Rickli im Parlament:
Die SVP-Fraktion ist für Eintreten und stimmt der sogenannten Lanzarote-Konvention zu, auch wenn die Schweiz die Anforderungen dieser Konvention bereits weitestgehend erfüllt und ein Beitritt dazu gar nicht nötig wäre. Die Konvention verletzt zudem teilweise das Territorialitätsprinzip, was aufgrund der Schwere der Delikte aber vertretbar ist.
(Quelle: http://www.parlament.ch/ab/frameset/d/n/4910/412452/d_n_4910_412452_412453.htm)
Wie man dann bei dieser Meinung zustimmen und gar noch eine Verschärfung des selbst für unsinnig erklärten Gesetzes fordern kann, erzieht sich m.E jedem möglichen Verständnis. Aber das sind dann wohl die berühmten parlamentarischen Zwänge.

Nochmal zusammengefasst:
ES GEHT NICHT UM SHOTA/LOLICON! (die sind nach h.L. schon längst unter Art. 197 Ziff. 3 StGB des geltenden Rechts verboten. Dagegen richtet sich das Referendum auch gar nicht...)
ES GEHT NICHT ALLEIN UM „HENTAI“! (der Begriff ist ohnehin etymologisch völlig falsch und wird zudem in der strafrechtlichen Diskussion stark rechtsfehlerhaft benutzt, aber egal. Ein Beitrag dazu, wies denn richtig wäre, folgt irgendwann mal...)
ES GEHT AUCH NICHT ALLEIN UM ECCHI! (Die Formel des Bundesgerichts erfordert keinerlei Verbindung der fiktiven Darstellungen mit Erotik oder Sexualität, Nacktheit genügt. Auch die Darstellung von primären Geschlechtsteilen ist nicht erforderlich, um ein Werk als „harte Pornographie“ verbieten zu können... Aufklärungsliteratur wird heute schon explizit angegriffen!)

ES GEHT DARUM, DASS LIEBESBEZIEHUNGEN UNTER JUGENDLICHEN EINEM GENERELLEN ÜBERPRÜFUNGS- UND GENEHMIGUNGSVORBEHALT DER STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN UNTERSTELLT WERDEN SOLLEN! (Art. 196 nStGB)

ES GEHT DARUM, DASS EIN GROSSTEIL ALLER MAINSTREAM-MANGAS/ANIMES ALS VERBOTENE PORNOGRAPHIE GELTEN SOLL! (Art. 197 Abs. 4 nStGB, „nicht tatsächlich“ -> BGE 131 IV 64 E. 11.2 Satz 7)

ES GEHT DARUM, DASS WELTLITERATUR ALS VERBOTENE PORNOGRAPHIE GELTEN SOLL!
(Art. 197 Abs. 4 nStGB, „nicht tatsächlich“ -> BGE 131 IV 64 E. 11.2 Satz 7)

ES GEHT DARUM, DASS NEU STRAFRECHTLICHE VERANRTWORTUNG FÜR FREMDE HANDLUNGEN OHNE JEGLICHE EIGENE BETEILIGUNG BEGRÜNDET WERDEN SOLL! (Art. 197 Abs. 5 nStGB)

ES GEHT DARUM, DASS DEN OPFERN VON (SEXUAL)STRAFTATEN EINE MITSCHULD FÜR IHRE ERZWUNGENE NOTWENDIGE BETEILIGUNG AM GESCHEHEN GEGEBEN WERDEN SOLL, WENN ES KINDER!!! UND KEINE JUGENDLICHEN SIND!
(Art. 197 Abs. 8 nStGB e contrario, so bereits – noch rechtswidrig – erfolgt im „Eistee“-Fall.)
Soviel nur zur tendenziösen Behauptung, die neuen Normen würden Kinder schützen.
Keinesfalls, vielmehr wirken sie sehr effizient für das genaue Gegenteil, nämlich dem Abbau des strafrechtlichen Schutzes von echten Kindern, denen das grauenhafte Verbrechen widerfährt, zu sexuellen Handlungen genötigt zu werden! Das mag momentan politisch gewollt sein, äusserst widerlich ist es trotzdem...

Alleine letzteres müsste doch eigentlich überzeugend genug sein, um die notwendigen 50'000 Unterschriften gegen diesen undurchdachten, überflüssigen, rechtswidrigen und verfassungswidrigen Unsinn zu erhalten...

Sollte es dennoch nicht funktionieren: Wenn die Schweiz unbedingt erneut Bücherverbrennungen im Land sehen will, bitte, das kann sie gerne haben^^ Man kann Silvester ja auch mal für kreative Destruktion (an den eigenen Sachen, bevor jemand schreit...) nutzen...
Eine passende Zeremonie-Robe dafür hat das L. auch schon^^ (Das Spiel, wos herstammt ist übrigens toll, auch wenn dieses ebenfalls von „Lanzarote“ getötet werden wird. [wahlweise wegen dem legendärem „I might get wet“-Dialog (00:00-06:30) oder dann halt wegen Lotus' im wesentlichen fehlender Kleidung...]


Der weitere Werdegang von Lanzarote – Liveticker einer parlamentarischen Entscheidung eidgenössisches Recht, Gesetzesredaktion, Grundrechte, Mangas

Autor:  Eru-Jiyuka
Well, the curtain has fallen...
Heute entscheidet das schweizer Parlament über die Umsetzung der Lanzarote-Konvention, die aufgrund ihrer schlechten Formulierung, einem missverstandenen Kindesbegriff und unsinnigem Schutzzweck für fiktive Personen, zu massiven Einschränkungen der Meinungsäusserungs- und Informationsfreiheit, sowie der Kunstfreiheit und zu einem eigentlichen Verbot von Anime/Manga führen wird.

Das Gesetz richtet sich explizit gegen Gemälde, Comics und Computerspiele, sodass noch gar nicht abzusehen ist, wie viel Kultur vernichtet werden soll. Angesichts der jüngeren juristischen Possen um alte Dramen (Wedekinds „Frühlings Erwachen“ von 1891 als angeblich verbotene Pornographie) und Beat'em'ups (Dead or Alive: Dimensions, mehrfach als Kinderpornographie verunglimpft, obwohl nicht einmal wirklich erotisch) ist immerhin zu erwarten, dass einige bedeutende Kunstwerke
als Kollateralschaden anfallen werden. Kommt halt davon, wenn man Phantasie als Verbrechen brandmarkt...

Klar ist schon jetzt (eigentlich schon seit der Kommissionsentscheidung mit überragenden 0 Gegenstimmen), sofern kein unglaubliches Mirakel geschieht, wird das Gesetz in der jetzigen und eindeutig mit der Verfassung unvereinbaren Fassung das Parlament passieren. Interessant ist denn auch weniger das Ergebnis, als wie deutlich es ausfällt und welche Argumente zu hören sein werden. Am Grade deren Sinnbefreitheit lassen sich die Chancen des bevorstehenden Referndums messen, wobei dieses von unserer Seite unabhängig davon angestrengt wird, und sei es nur, um die Politik etwas zu ärgern^^. Auch ob gegen den Gesetzesentwurf Kritik geäussert wird und falls ja, von wem, dürfte sehr spannend zu beobachten sein.

Dies zur Vorrede (und bevor das jemand bemäkelt, nein, dieser Teil wurde natürlich nicht „live“ geschrieben, wäre zu viel Text für...) des chronologischen Desasters:

08:00 -> Eröffnung der parlamentarischen Sitzung
08:00 -> Beginn der Beratung über das Geschäft 12.066
08:02-08:05 -> Amherd für die Kommission des Nationalrats für Rechtsfragen
(Behauptung, der Schutzzweck der Konvention sei der Schutz von Kindern auf internationaler Ebene, es handle sich um die einzigen internationale Normtexten zum Thema. Behauptung, Art. 196 nStGB sei nicht auf Kinder anwendbar (was so nicht im Gesetzestext steht und daher falsch ist). Vorschlag auf Eintretens. Das Anliegen der Petition (Nichtbestrafung von Liebesbeziehungen) sei durch den vorliegenden Entwurf in Art. 196 nStGB berücksichtigt. Die geforderte Straflosigkeit fiktiven Materials wird von der Kommission ausdrücklich abgelehnt.
08:13-08:18 -> VOGLER: Behauptung einer riesigen Dunkelziffer sexueller Missbräuche an Kindern (hat nichts mit dem Thema zu tun, aber gut...) Befürwortung stärkerer internationaler Zusammenarbeit in der Strafverfolgung. Ausdehnung der Strafbarkeit, Behauptung, Strafrecht könne immer nur repressiv wirken. Will „Grooming“ als eignen Straftatbestand haben. Chat-Rooms für Jugendliche sollen heute hauptsächlich von erwachsenen Männern besetzt sein? o.O Befürwortung des Eintretens
08:19-08:24 -> KIENER-NELLEN: Denkt denn einer mal an die Kinder?!!!! Jede Menge Lobhudeleien über die angebliche so tolle Gremien des Europarats. Dann noch ein bisschen Schauermärchen der KOBIK (Apropos: Ausgeben von erwachsenen Menschen als 18-jährige Personen ist böse, weil?), dass Chats ja so phöse sind...
08:24-08:27 -> RIKLI: Aussage, dass der Konvention nicht beigetreten werden müsse und eigentlich eine Terrorionalitätsverletzung sei (gemeint wohl Souverintätsverletzung, dennoch erstaunlich). Mann könne diese Verletzung jedoch aufgrund des schweren Themas ignorieren. Dann noch ein bisschen Bashing von Bundesrat, weil halt SVP. Korrekte Anmerkung, dass es seltsam sei, zu behaupten, der Begriff des Kinds sei unklar, wenn man diese Konvention anerkennt. Die von ihr angemerkten Volksinitativen ist allerdings auch Unsinn.
08:28- 08:29 -> GUHL: Erneut die unbelegte Aussage über eine riesige Dunkelziffer. Hätte gerne die Strafvorschriften noch deutlich verschärft.
08:32-08:37 -> FISCHER: Behauptung, die Konvention würde den Schutz von Kindern vor sexuellen Missbrauch erhöhen. (Was Nonsens ist, weil alles in dieser Richtung längst strafbar ist -> Art. 176 StGB) Ein bisschen Bashing in Richtung der Strafverfolgungsbehörden, die angeblich weit mehr Personal zur Umsetzung benötigen würden. (Was nicht ganz falsch ist, weil durch die Konvention auf einmal abertausende neue Bagatellfälle geschaffen werden.)
08.37-08:41 -> SOMMARUGA für den Bundesrat: Wiederholung der üblichen Allgemeinplätze: Ziel der Vorlage sei der Schutz von Kindern. Erhöhung des Schutzalters von 16 auf 18 Jahre. Prostitution von Minderjährigen sei nur zulasten der Freier strafbar. Konsumstrafbarkeit. Schutz von Kindern und Jugendlichen werde verstärkt. Nichts neues also und grösstenteils falsch ...
08:41-08:43 -> AMHERD für die Kommission: Nach der Konvention müsste ein formeller Straftatbestand für das „Grooming“ erstellt werden, die Schweiz erfüllt ihre Anforderungen insoweit also nicht. Befürworten auf Eintreten.
08:44 -> Eintretensbeschluss
08:46-08:53 -> RIKLI: Werbung für ihre Minderheit, die Strafverschärfung fordert. Grundsätzlich sollen ihrer Meinung nach Sexualdelikte immer zu unbedingten Freiheitsstrafen führen. (Was, gerade bei den neu strafbaren Bagatellfällen verehrend wäre und zur Überflutung von Gefängnissen würde.) Vermischt die Problematik mit dem Strafmassnahmenrecht von 2007, was an dieser Stelle nichts zu tun hat. Und sag der Dame verdammt noch mal einer, das Pädophile nicht per default Straftäter sind! Will das Strafmass für fiktive Bildchen auf 5 Jahre Gefängnisse verschärft haben.
08:53-08:56 -> SCHWANDER: Viel Gemurmel darum, dass das Parlament bei ähnlichen Vorschlägen weniger deutlich entschieden habe. Ebenfalls Werbung für die Minderheit RIKLI, die – wie auch immer – die Kinder angeblich noch viel toller schützen sollen. (Wie das durch erhöhte Strafrahmen geschehen soll, ist völlig unklar)
08:56-08:58 -> FLACH: Ruft zur Verhältnismässigkeit innerhalb des Strafmasses auf. (immerhin etwas, wenn auch nicht viel) Dementsprechend Ablehnung der Minderheit RIKLI. Und was genau das Schicksal von 10 Jährigen Mädchen im arabischen Raum mit der Umsetzung der Lanzarote-Konvention in der Schweiz zu tun hat, ist völlig unklar.
08:59-09:02 -> SOMMARUGA für den Bundesrat: Ablehnung der exotischen Strafrahmen von bis zu sieben Jahren. Strafverschärfungen dürfen nicht willkürlich erfolgen, sondern müssen im Zusammenhang mit dem gesamten Strafgesetzbuch angesehen werden. Kindstötung wäre neu weniger schwer bestraft als sexuelle Handlungen mit Kindern, was unverhältnismässig sei. (Ausnahmsweise mal was sinnvolles. So schwer es fällt, die Bundesrätin hat hier vollständig recht.)
09:04-09:06 -> AMHERD für die Kommission: Ablehnung der Strafrahmenserhöhung mit 17 zu 5 in der Kommission, weil diese Frage im Rahmen der Revision des Strafmassnahmenrechts ohnehin neu behandelt werden wird und dann besser dort inhaltlich behandelt werden sollte. Fordert Ablehnung der Minderheit RIKLIN

09:06-09:10 -> Abstimmung der Minderheitsanträge

Art. 187 nStGB
114 zu 68 bei 3 Enthaltungen, Zustimmung des Mehrheitsantrags (Keine Strafverschärfung)
115 zu 69 bei 3 Enthaltungen, Zustimmung des Mehrheitsantrags (Keine Strafverschärfung)

Art. 197 Abs. 1 nStGB
115 zu 68 bei 3 Enthaltungen, Zustimmung des Mehrheitsantrags (Keine Strafverschärfung)

Art. 197 Abs. 4 nStGB
113 zu 69 bei 4 Enthaltungen, Zustimmung des Mehrheitsantrags (Keine Strafverschärfung)

09:11 -> Gesamtabstimmung
188 zu 0, bei 0 Enthaltungen, Zustimmung zur Umsetzung der Lanzarote-Konvention


09:12 -> Beendung der Beratung des Geschäfts 12.066

Edit: Ein fehlhafter Buchstaben, der für einen bösen Schnitzer gesorgt hat, wurde korrigiert. Gemeint war natürlich nicht Kathy Riklin von der CVP , sondern Natalie Rikli von der SVP. Übrigens ist mittlerweile das Transkript der Parlamentssitzung online (und dieser Eintrag damit eigentlich redundant). Wer das ganze im Original lesen möchte, hier gehts lang: http://www.parlament.ch/ab/frameset/d/n/4910/412452/d_n_4910_412452_412453.htm

Weiter gegen Lanzarote – Petition 2.0 eingereicht eidgenössisches Recht, Gesetzesredaktion, Grundrechte, Mangas, Petition, SOKORabe

Autor:  Eru-Jiyuka
Was, wie, heute zwei Weblogs vom L.? Das ist ja Schwansinn hoch Zwei.
(Und OMG, das L. verlinkt einen grossen Youtuber als Schleichwerbung... Das hatten wer auch noch nie^^)

Das hier ist nichts grossartiges, nur ein klein wenig piratentypische Transparenz. Also, heute Mittag hat das L. die zweite Petition gegen die Umsetzung der Lanzarote-Konvention mit insgesamt 8 Unterschriften abgesandt.
Die entsprechende Quittung des Beförderungsunternehmens sieht wie folgt aus:



Die Eingangsbestätigung seitens der Parlamentsdienste wird dann auch noch veröffentlicht, sobald erhalten...

Und wer wirklich immer noch nicht weiss, worum es bei der Lanzarote-Konvention geht, und warum diese gleichermassen bescheuert wie bedrohlich ist, dem seien die folgenden Links empfohlen:
http://www.schnittberichte.com/news.php?ID=4455
http://animexx.onlinewelten.com/weblog/120857/635379/
http://animexx.onlinewelten.com/weblog/120857/685801/#text_lang

Mit der Petition werden folgende Problempunkte angesprochen:

1. Der BGH-Beschluss 1 StR 8/13 und dessen Auswirkungen auf die Legitimation des Sexualstrafrechts hinsichtlich Fiktion.

2. Die Möglichkeit des Parlaments, wirksame Vorbehalte gegenüber der Konvention anzubringen, welche die aufgezeigten Probleme sinnvoll lösen würden.

3. Kombinierte Rechtswirkungen, die aufgrund anderer künftiger Normen entstehen, so etwa der automatische Entzug von Lehrberechtigungen, permanente Überwachung elektronischer Kommunikation oder lebenslange Speicherung von Personendaten und Übergabe dieser zuhanden aller europäischen Strafverfolgungsbehörden.

Es bleibt zu hoffen, dass die Kommission über genügend rechtlichen Sachverstand verfügt, um die klar zu weit gehenden, geplanten neuen Normen auf ein zulässiges Mass, im Wesentlich dem derzeitigen Status Quo zurückzustufen. Sollte dem nicht der Fall sein, bleibt als nächste Instanz der Nationalrat, der dann rein politisch entscheidet, also den juristischen Argumenten kaum rational, sondern nur mit „Aber es geht doch um die Kinder!!!!!11“ begegnen wird...

Sollte dies passieren und das Gesetz durchgewunken werden, muss halt ein Referendum her, damit zumindest das Volk über das Aussterben weiter Teile moderner Kunst und Kulturformen befinden kann... Wir werden uns unsere Mangas jedenfalls nicht kampflos wegnehmen lassen! Wie beijiro in Zitat völlig richtig schreibt, sind in solchen Situationen nicht Diskussionen wichtig, sondern konkrete Taten!

Und an alle Dagegen-Schreier: Offensichtlich habt ihr noch nicht ganz verstanden, dass auch aus dem Kontext gerissene, mit nicht einschlägigen Normen oder gar mit dem (rechtlich gänzlich unzulänglichen) gesunden Menschenverstand begründete Angriffe auf den Blogtext (oder dessen Autoren) nur dabei behilflich sein können, den Bekanntheitsgrad des Eintrags zu steigern... Ob dies im Sinne eures Erfinders ist, dürft ihr gerne selbst entscheiden. Diesmal hat das L. sogar einige Wochen Zeit, mit euch herumzustreiten, also nur immer her damit^^

Das Ende vom Anfang: Akute Bedrohung für Anime und Manga in der Schweiz! (Samt Unterstützungsaufruf, verfassungsrechtlicher Analyse und einem kleinen Spielchen) eidgenössisches, Grundrechte, Mangas, Recht, Referendum

Autor:  Eru-Jiyuka
Der Europarat hat mit der sogenannten Lanzarote-Konvention beschlossen, dass künftig in allen Mitgliedstaaten Jugendpornographie strafbar werden soll. Die Schweiz hat diese Konvention – warum auch immer – unterschrieben. Sie legt nun einen Umsetzungsentwurf vor, mit dem schönen Titel: „Bundesbeschluss über die Genehmigung des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) sowie über seine Umsetzung (Änderung des Strafgesetzbuchs)“ Dieser hat mittlerweile (am 23.10.2012) die Rechtskommission des Ständerates passiert, ist also auf dem Vormarsch durch die politischen Instanzen.

Klingt gut, ist es aber gar nicht. Die Schweiz schafft es nämlich, nicht nur alle schlechten Elemente der Konvention zu verwirklichen, wie Prof. Niggli völlig zu recht schon zum Vorentwurf bemerkte, sondern geht sogar noch darüber hinaus, indem selbst der Konsum von Medien mit „nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen“ bestraft werden soll.

Was ist denn nun aber das Problem? Das ist relativ einfach, wenn man sich einmal ansieht, was die unglückliche Formulierung „nicht tatsächliche sexuelle Handlungen mit Minderjährigen“ alles umfasst.

Verboten werden so:

Unter dem Titel der Kinderpornographie:
Hentai,
Yuri,
Yaoi,
Eroges,
Yiff

Unter dem Titel der sexuell aufreizende Darstellungen (Posingfotos):
Ecchi,
Shonen-Ai,
Shojo-Ai,
Furry-Artwork
Nightcore

Zudem verboten wird auch die Darstellung von Nacktheit an sich...

sobald die dargestellten fiktiven Charaktere (aufgrund des Zeichenstils) als Minderjährige angesehen werden können.

Es genügt, dass sich ein einziger übermotivierter Staatsanwalt findet und wir werden wieder massenhaft Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen erleben, diesmal statt für den Besitz von Chemikalien für den Besitz von Anime und Mangas. Offenbar sind die Bezeichnungen „Terrorist“, und „Kinderschänder“ unabhängig von den konkreten politischen Sache beliebig austauschbar und sie wollen mit allen nicht angebrachten Mitteln den unmöglichen, weil unzutreffenden Vorwurf beweisen, dass jeder Jugendliche beides ist, damit auch alle noch so sinnlosen Massnahmen durchgeprügelt werden können!

Kindesmissbrauch, also Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung von Kindern ist ein schweres Verbrechen mit entsetzlichen physischen wie psychischen Folgen für die Opfer. Dieser Beitrag wendet sich nicht gegen die Bestrafung von Kinderschändern, auch nicht gegen das Verbot des dokumentierten Missbrauchs, der nach geltendem Recht als Kinderpornographie bezeichnet wird. Gerade deshalb muss aber mit dem Begriff der Kinderpornografie äusserst vorsichtig umgegangen werden, er darf nicht verwässert werden. Aus der Umdefinierung von Anime/Manga mit sexuellen Darstellungen zu Kinderpornographie gewinnt jedoch niemand etwas, weder die tatsächlich missbrauchten Opfer, noch die Strafverfolgungsbehörden, noch die Gesellschaft insgesamt.

Die Umsetzung des neuen Strafrechts legt die Strafverfolgungsbehörden nämlich unnötigerweise völlig lahm. Aufgrund des Offizialdeliktscharakters der Formulierung im Strafgesetzbuch werden die Staatsanwälte künftig dazu gezwungen sein, selbständig Ermittlungen in diesem Bereich anzustellen, sobald sie von entsprechenden Vorgängen Kentniss erhalten (theoretisch also bei jedem Post im Internet, bei dem was von Yaoi et al. gelabert wird), zudem müssen sie auf Strafanzeige hin ermitteln. Dadurch fehlt die Kapazität für die Verfolgung tatsächlicher Verbrecher, weil die Gerichte mit abertausenden Bagatellfällen belastet sein werden. Man kann nur hoffen, dass sich genügend Strafverfolger mit der Formel „de minimis non curat praetor“ behelfen und schlicht weigern werden, was angesichts der emotionalen Thematik aber nicht zu erwarten steht und zudem die schreckliche Rechtslage im Gesetzesentwurf kein Stück besser macht.

Die Darstellung von „nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen“ in welcher Art und Weise auch immer ist Ausdruck von sexuellen Fantasien, nichts mehr und nichts weniger. Es steht weder der Politik noch dem Recht zu, darüber zu befinden, welche sexuellen Fantasien die Menschen haben dürfen, und welche nicht. Analoges muss für die Nachfrage nach sexuellen Fantasien, also auch nach Darstellungen von „nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen“ gelten. Pönalisierungen in diesem höchstpersönlichen, intimen Bereich sind mittelbares Gedankenstrafrecht und jedem demokratischen Rechtsstaat unwürdig.

Frei nach LAUER: Es kotzt mich an! Es kotzt mich an, wie hier aus politischem und juristischem Unverstand und Unvermögen die Freiheitsrechte dazu missbraucht werden, genau selbige für einen weiten Teil der Bevölkerung – wenn nicht gar für alle – abzuschaffen! Und alle jubeln auch noch darüber...

Und was tut man, nachdem man sich ausgekotzt hat? Richtig, man engagiert sich mit allen rechtlich und politisch zulässigen Mitteln dagegen. Das sind in diesem Fall einerseits eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Bundesgericht – die aber, das ist jetzt schon klar, wegen fehlender Verfassungsgerichtsbarkeit in der Schweiz nicht zum Erfolg führen kann, wohl aber die Tür zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte öffnet. Diese wird vom L. sowie hoffentlich einigen weiteren Straf- und Verfassungsrechtsexperten ausgearbeitet und nach Erlass des Gesetzes im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle eingereicht werden.

Andererseits ist auch ein Referendum gegen die Neuerungen möglich. Als halbdirekte Demokratie verfügt die Schweiz glücklicherweise über einen Kontrollmechanismus gegenüber überbordender Politik. Auf Verlangen von 50'000 schweizer Stimmberechtigten muss über eine Gesetzesänderung das Volk entscheiden. Das sind zwar hohe Anforderungen, aber grundsätzlich möglich, wie die E-Petition gegen das Zensursula-Gesetz sehr schön gezeigt hat. Die Referendumsbegründung wird unter der Leitung des L. noch ausgearbeitet werden müssen. Mitglieder für das Referendumskomitee werden dringend gesucht, am besten solche, die im Gegensatz zum L. schon mal ein Referendum koordiniert haben, aber das ist selbstverständlich keine Voraussetzung. Unmittelbar nach Inkrafttreten der Norm werden die Unterschriftenlisten hier zum Download angeboten werden. (dazu wird ein seperater Blogeintrag erscheinen um dessen ausgiebige Kenntnisnahme das L. jetzt schon mal bittet... *sich dafür endlich mal ein Postfach anschaffen gehen muss*) Bitte unterzeichnet dann zahlreich, damit wir diesen gefährlichen Unfug wieder weg kriegen^^

Es ist sehr leicht, einen einzelnen Idealisten zu verunglimpfen, aber eine gesamte Community, die aufbegehrt, kann – wie im ACTA-Fall exemplarisch gezeigt – niemand ignorieren. Daher brauche ich alle nur irgendwie mögliche Unterstützung und bettle zum ersten Mal inständig darum, diesen Weblog überall weiterzuempfehlen, verbreiten etc. (Und ja, das schliesst Facebook ein, wenn's denn der Sache hilft...) Dieser Text, die juristische Analyse sowie die noch zu erstellenden Listen voraussichtlich inkriminierter und inkriminierbarer Medien werden zudem jeweils als frei bearbeitbare Version auf dem Piratenpad bereitgestellt. Feel free to edit, rate and comment^^(*schleichverbung verteil*)

Letztendlich geht es um unser aller Freiheit, auch und gerade im Internet.
Wir müssen sie uns zurückholen! We'r gonna change the World!


Ach ja, nur, damit dies nicht zur Straffalle wird: Jeder, der am Referendum teilnimmt (und insbesondere das Referendumskomitee!) sollte – unabhängig davon, was drauf ist – seinen Computer mit Truecrypt wirksam (PW >20 Zeichen, Grosskleinschreibung, Zahlen, Sonderzeichen) vollverschlüsseln, um bei (wohl unwahrscheinlichen) allfälligen polizeilichen Störaktionen lästige Zufallsfundsstreitigkeiten ausschliessen zu können! Verschlüsselte Back-Ups können latürnich auch nichts schaden...

Und weil wir ja dank Little Brother (S. 156 ff.) wissen, dass politischer Widerstand verbunden mit Wettbewerben gut funktioniert, machen wer dass doch gleich mal nach^^

Daher: Falls jemand sich mal darin versuchen will, Drachen ein bestimmtes, auf ein Jahr genaues Alter zuzuweisen, hier einige Testkandidaten:
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=453735
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=453667
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=453517
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=453228
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=452564

*auf das Ergebnis gespannt ist* Der Versuch mit der lustigsten Begründung erhält 45 KT als Belohnung^^ Allein für's Teilnehmen am Versuch gibt's zudem jeweils 5 KT (Solange der Vorrat reicht...) (*Dann hinterher die Zeichner anschreiben und um eine eigene Einstufung bitten wird* Dann sehen wer mal exemplarisch, ob solch eine Alterseinstufung fiktiven Materials überhaupt jemals objektiv zutreffend geschehen kann...)

ES IST STATISTISCH WICHTIG, DASS DIE ZEICHNER KEINE MÖGLICHKEIT HABEN, VORAB VOM ERGEBNISS DIESER ERHEBUNG KENTNISS ZU ERLANGEN.

Sendet eure Lösungsvorschläge darum BITTE per ENS, die Weblogkommis hier sind öffentlich einsehbar! (Allerdings dürft ihr gerne hier im Weblog hinspammen, dass ihr dran teilgenommen habt, dann sieht das L. das schneller und kann euch auch gleich die KTs hinterher werfen^^)

Die AD&D-Kriterien sind dabei wie folgt:

I. Nestling (0-5)
II. Sehr jung (6-15)
III. Jung (16-25)
IV. Jugendlich (26-50)
V. Junger Erwachsener (51-100)
VI. Erwachsener (101-200)
VII. Älterer Erwachsener (201-400)
VIII. Alt (401-600)
IX. Sehr alt (601-800)
X. Ehrwürdig (801-1000)
XI. Wyrm (1001-1200)
XII. Grosser Wyrm (>1200)

Und bevor jetzt jemand mit: „AD&D ist aber phöse!!!!11111elf(entod)“ ankommt, lest euch das hier durch und dann uruse ō!

*weil er gerade schon am Zitieren ist. Für das, was hier gerade passiert, ist abschliessend folgende Passage einschlägig*: (S.111-113)
Spoiler
Zuerst war ich erleichtert, als ich merkte, dass Fred Benson nicht dauerhaft für meinen Gesellschaftskunde-Kurs zuständig war. Aber die Frau, die ihn ersetzen sollte, war mein schlimmster Alptraum.

Sie war jung, vielleicht 28 oder 29, und auf so eine gesunde Weise hübsch. Sie war blond und ließ einen leichten Südstaaten-Akzent durchschimmern, als sie sich bei uns als Mrs. Andersen vorstellte. Das ließ bei mir sofort die Alarmglocken klingeln: Ich kannte keine Frau unter sechzig, die sich selbst „Mrs.“ nannte. Aber darüber wollte ich hinwegsehen. Sie war jung, hübsch und klang nett.

Sie würde schon okay sein.

Sie war nicht okay.

„Unter welchen Umständen sollte die Regierung bereit sein, die Bill of Rights außer Kraft zu setzen?“, fragte sie und drehte sich dabei an die Tafel, um die Zahlen von eins bis zehn untereinanderzuschreiben.

„Gar nicht“, sagte ich, ohne abzuwarten, dass sie mich aufrief. Das war ja wohl leicht.

„Verfassungsrechte sind absolut.“

„Das ist keine sonderlich fortschrittliche Ansicht.“ Sie schaute auf ihren Sitzplan. „Marcus. Nimm zum Beispiel einen Polizisten, der eine unzulässige Durchsuchung durchführt und dabei seine
Befugnisse überschreitet. Dabei stößt er auf erdrückende Beweise, dass ein Krimineller deinen Vater getötet hat. Diese Beweise sind die einzigen, die existieren. Sollte der Kriminelle ungeschoren davonkommen?“

Ich wusste, wie die Antwort lauten musste, aber ich konnte es nicht recht erklären. „Ja“, sagte ich schließlich. „Aber die Polizei sollte keine unzulässigen Durchsuchungen durchführen ...“

„Falsch. Die richtige Reaktion auf polizeiliches Fehlverhalten sind Disziplinarmaßnahmen, aber es wäre falsch, die ganze Gesellschaft für das Fehlverhalten eines einzelnen Polizisten zu bestrafen.“ Sie schrieb „Verbrecherische Schuld“ unter Punkt eins an die Tafel. „Andere Anlässe, bei denen die Bill of Rights ersetzt werden kann?“

Charles hob die Hand. „In einem überfüllten Theater Feuer schreien?“

„Sehr gut, ...“ – sie konsultierte den Sitzplan – „Charles. Es gibt viele Umstände, unter denen das First Amendment keine absolute Gültigkeit hat. Lasst uns noch ein paar davon zusammentragen.“

Charles hob die Hand noch mal. „Einen Exekutivbeamten in Gefahr bringen.“

„Ja, die Identität eines verdeckten Ermittlers oder Geheimdienstlers offenlegen. Sehr gut.“ Sie schrieb es auf. „Noch etwas?“

„Nationale Sicherheit“, sagte Charles, ohne nochmals aufs Aufrufen zu warten. „Verleumdung. Obszönität. Missbrauch Minderjähriger. Kinderpornografie. Bombenbauanleitungen.“ Mrs. Andersen schrieb zügig mit, hielt aber bei Kinderpornografie inne. „Kinderpornografie ist nur
eine Unterart von Obszönität.“

Mir wurde langsam schlecht. Das war nicht das, was ich über mein Land gelernt hatte oder woran ich glaubte. Ich hob die Hand. „Ja, Marcus?“ „Ich verstehe das nicht. Wie Sie es sagen, klingt das, als ob die Bill of Rights optional wäre. Aber es ist die Verfassung. Und der sollen wir uneingeschränkt Folge leisten.“

„Das ist eine verbreitete Übervereinfachung“, sagte sie mit aufgesetztem Lächeln. „Tatsache ist, dass die Gestalter der Verfassung sie als ein lebendiges Dokument verstanden, das durchaus im Lauf der Zeit revidiert werden sollte. Ihnen war klar, dass die Republik keinen dauerhaften Bestand haben konnte, wenn die jeweilige Regierung nicht den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend regieren konnte. Sie hatten nicht vorgesehen, dass man an die Verfassung glauben solle wie an eine religiöse Doktrin. Immerhin waren sie auf der Flucht vor religiöser Doktrin hierher gekommen.“

Ich schüttelte den Kopf. „Was? Nein. Sie waren Kaufleute und Handwerker, und sie waren dem König so lange loyal verbunden, bis er Gesetze erließ, die ihren Interessen zuwiederliefen, und sie mit Gewalt durchzusetzen versuchte. Die religiösen Flüchtlinge waren schon viel früher.“

„Einige der Framer5 stammten von religiösen Flüchtlingen ab“, sagte sie.

„Und die Bill of Rights ist doch nicht etwas, aus dem man sich nach Belieben rauspicken kann, was man möchte. Die Framer hassten Tyrannei. Und genau das soll die Bill of Rights verhindern. Sie waren eine Revolutionsarmee, und sie wollten ein Regelwerk, dem jeder zustimmen konnte. Leben, Freiheit und das Streben nach Glück. Das Recht des Volkes, seine Unterdrücker zu beseitigen.“

„Ja, ja“, sagte sie gestikulierend. „Sie glaubten an das Recht des Volkes, seine Könige zu beseitigen, aber ...“ Charles grinste, und als sie das sagte, grinste er noch viel breiter.

„Sie erarbeiteten die Bill of Rights, weil sie dachten, es sei besser, absolute Rechte zu haben, als zu riskieren, dass irgendjemand sie ihnen wegnimmt. Wie beim First Amendment: Das ist dazu gedacht, uns zu beschützen, indem es der Regierung untersagt, zwei Sorten von Meinungsäußerung zu unterscheiden, die erlaubte und die kriminelle. Sie wollten nicht das Risiko eingehen, dass irgendein Idiot auf die Idee käme, die Dinge, die ihm nicht passten, als illegal zu deklarieren.

Sie drehte sich um und schrieb „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ an die Tafel. „Wir sind dem Lehrplan schon ein bisschen voraus, aber ihr scheint eine fortgeschrittene Gruppe zu sein.“ Die anderen lachten nervös. „Die Aufgabe der Regierung ist es, die Rechte der Bürger auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück zu gewährleisten. In dieser Reihenfolge. Das ist wie ein Filter. Wenn die Regierung etwas unternehmen möchte, das uns ein wenig unzufriedener macht oder unsere Freiheit teilweise einschränkt, dann ist das okay, vorausgesetzt, es dient dazu, unser Leben zu schützen. Deshalb dürfen Polizisten euch einsperren, wenn sie glauben, dass ihr eine Gefahr für euch oder andere darstellt. Ihr verliert eure Freiheit und eure Freude, um Leben zu schützen. Wenn ihr Leben habt, dann bekommt ihr vielleicht später noch Freiheit und Freude dazu.“

Ein paar von den anderen hatten die Hände oben. „Aber bedeutet das nicht, dass sie tun können, was immer sie wollen, solange sie behaupten, dass es jemanden davon abhält, uns irgendwann in der Zukunft zu verletzen?“ „Genau“, meinte ein anderer. „Es klingt, als ob Sie sagen, dass nationale Sicherheit wichtiger ist als die Verfassung.“

In diesem Moment war ich so was von stolz auf meine Mitschüler. Ich sagte, „wie können Sie denn Freiheit schützen, indem Sie die Bill of Rights außer Kraft setzen?“

Sie schüttelte den Kopf, als ob wir unglaublich dumm seien. „Die ‚revolutionären‘ Gründerväter haben Verräter und Spione erschossen. An absolute Freiheit haben sie nicht geglaubt, nicht wenn sie die Republik bedrohte. Nehmt zum Beispiel diese Xnet-Leute ...“
Es fiel mir schwer, nicht zu erstarren.
„... diese so genannten Jammer, die heute früh in den Nachrichten waren. Nachdem diese Stadt von Leuten angegriffen worden war, die diesem Land den Krieg erklärt haben, machten die Xnetter sich daran, die Sicherheitsmaßnahmen zu sabotieren, die dazu dienten, Bösewichter zu fangen und sie von Wiederholungstaten abzuhalten. Das taten sie, indem sie ihre Mitbürger gefährdeten und ihnen Ärger bereiteten ...“

„Das taten sie, um zu zeigen, dass unsere Rechte geraubt wurden unter dem Vorwand, sie zu schützen!“, sagte ich. Okay, ich schrie es. Oh Gott, hatte die mich in Fahrt gebracht. „Sie haben es getan, weil die Regierung jeden wie einen Terrorverdächtigen behandelt hat.“

„Ach, und um zu beweisen, dass man sie nicht wie Terroristen behandeln sollte“, brüllte Charles zurück, „haben sie sich wie Terroristen benommen? Deshalb haben sie ihren Terror ausgeübt?“

Ich kochte. „Jetzt komm mal runter. Terror ausgeübt? Sie haben bloß gezeigt, dass allgegenwärtige Überwachung gefährlicher ist als Terrorismus. Denk mal an den Park letztes Wochenende. Die Leute da haben getanzt und Musik gehört. Was ist denn daran Terrorismus?“

Die Lehrerin kam durch den Raum auf mich zu und postierte sich über mir, bis ich still war. „Marcus, du scheinst noch zu glauben, dass sich in diesem Land nichts geändert hat. Aber du hast zu begreifen, dass die Sprengung der Bay Bridge alles geändert hat. Tausende unserer Freunde und Verwandten liegen tot da unten in der Bay. Dies ist die Zeit für nationale Einheit angesichts dieser Gewalt, die unser Land erleiden musste ...“

Ich stand auf. Dieses „Alles hat sich geändert“-Geseiher ging mir bis hier. „Nationale Einheit? Was Amerika ganz wesentlich ausmacht, ist doch wohl, dass wir ein Land sind, in dem Dissens willkommen ist. Wir sind ein Land von Dissidenten und Kämpfern und Uniabbrechern und Aktivisten für Meinungsfreiheit.“ Dann dachte ich an Ms. Galvez‘ letzte Stunde und an die Tausende von Berkeley-Studenten, die den Polizeiwagen eingekesselt hatten, als dieser eine Typ für das Verteilen von Bürgerrechts-Literatur
abtransportiert werden sollte. Niemand hatte versucht, die Trucks aufzuhalten, die mit all den Tänzern aus dem Park davonfuhren. Ich hatte es nicht versucht. Ich war weggelaufen.
Vielleicht hatte sich ja wirklich alles geändert.

„Ich glaube, du weißt, wo Mr. Bensons Büro ist“, sagte sie zu mir. „Du wirst dich unverzüglich dort melden. Ich werde es nicht dulden, dass mein Unterricht von respektlosem Verhalten gestört wird. Für jemanden, der behauptet, die Meinungsfreiheit zu lieben, wirst du ziemlich laut, sobald irgend jemand nicht deiner Meinung ist.“

Ich schnappte mein SchulBook und meine Tasche und stürmte raus. Die Tür hatte eine Gasfeder, deshalb konnte ich sie nicht hinter mir zuknallen; ich hätte sie gern zugeknallt. Ich ging zügig zu Mr. Bensons Büro. Kameras filmten mich auf dem Weg dorthin. Mein Gang wurde aufgezeichnet. Die RFIDs in meinem Schülerausweis funkten meine Identität an die Sensoren im Flur. Es war hier wie im Knast.

„Schließ die Tür, Marcus“, sagte Mr. Benson. Dann drehte er seinen Monitor herum, so dass ich den Videostream aus der Gesellschaftskunde-Klasse sehen konnte. Er hatte zugeschaut.

„Was hast du zu deiner Entschuldigung vorzubringen?“

„Das war kein Unterricht, das war Propaganda. Sie hat uns gesagt, dass die Verfassung belanglos ist.“

„Nein. Sie hat gesagt, dass sie keine religiöse Doktrin ist. Und du hast sie angegangen wie irgendein Fundamentalist und damit genau ihren Standpunkt bewiesen. Marcus, du solltest als allererster
wissen, dass sich alles geändert hat, seit die Brücke gesprengt wurde. Dein Freund Darryl ...“

„Wagen Sie es nicht, auch nur ein verdammtes Wort über ihn zu sagen“, sagte ich schäumend vor Ärger. „Es steht ihnen nicht zu, ihn auch nur zu erwähnen. Ja, ich habe verstanden, dass sich alles
geändert hat. Wir waren mal ein freies Land. Jetzt nicht mehr.“

„Marcus, weißt du, was Null-Toleranz bedeutet?“

Ich zuckte zusammen. Er konnte mich wegen „bedrohenden Verhaltens“ rauswerfen. Eigentlich war die Regel als Maßnahme gegen Gang-Kids gedacht, die ihre Lehrer einzuschüchtern versuchten. Aber natürlich würde er keinerlei Hemmungen haben, sie auch gegen mich einzusetzen.

„Ja, ich weiß, was das bedeutet.“

„Ich glaube, du schuldest mir eine Entschuldigung.“

Ich sah ihn an. Er unterdrückte sein sadistisches Lächeln nur unzureichend. Ein Teil von mir wollte kuschen. Dieser Teil wollte, Scham hin oder her, um seine Verzeihung winseln. Aber ich unterdrückte diesen Teil von mir und beschloss, dass ich mich lieber rauswerfen lassen würde, als um Verzeihung zu bitten.

„daß, um diese Rechte zu sichern, Regierungen eingesetzt sein müssen, deren volle Gewalten von der Zustimmung der Regierten herkommen; daß zu jeder Zeit, wenn irgend eine Regierungsform zerstörend auf diese Endzwecke einwirkt, das Volk das Recht hat, jene zu ändern oder abzuschaffen,
eine neue Regierung einzusetzen, und diese auf solche Grundsätze zu gründen, und deren Gewalten in solcher Form zu ordnen, wie es ihm zu seiner Sicherheit und seinem Glücke am zweckmäßigsten
erscheint.“ Ich erinnerte mich Wort für Wort daran.

Er schüttelte den Kopf. „Etwas auswendig zu wissen ist nicht dasselbe wie es zu begreifen, Kleiner.“ Er bückte sich über den Computer und klickte ein paar Mal. Der Drucker surrte. Dann reichte er mir ein noch warmes Blatt mit dem Behörden-Briefkopf, auf dem stand, dass ich für zwei Wochen vom Unterricht ausgeschlossen war.

„Ich schicke jetzt deinen Eltern eine E-Mail. Wenn du in einer halben Stunde noch auf dem Schulgelände bist, wirst du wegen Hausfriedensbruchs verhaftet.“

Ich blickte ihn an.

„Du willst nicht wirklich in meiner eigenen Schule Krieg gegen mich erklären. Diesen Krieg kannst du nicht gewinnen. RAUS!“

Ich ging.


Wir hatten einmal illegale Mathematik in diesem Land.
Wir haben illegale Chemie in diesem Land.
Lasst es nicht dazu verkommen, dass wir auch noch illegale Kunst in diesem Land bekommen!