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Bewusstes kleines „Fuck your Feelings“ an den Stern aus reiner Freude am Protest deutsches, Kriminalberichterstattung, Presserat, Recht, Sinn?, Stern, Yu-Gi-Oh GX

Autor:  Eru-Jiyuka
*hust* https://www.youtube.com/watch?v=e8chEy9rwL4 *hust* (Kann ihm aber bitte mal jemand dringend sagen, dass dieses „USA“-Gekreische fast genau so schrecklich ist wie was er kritisiert?)



Weil wegen: http://www.stern.de/panorama/stern-crime/-viel-spass-in-der-anime-welt----die-bizarre-welt-des-marcel-h--7382902.html (Und ich 馬鹿 dachte, OTTE sei schlimm...)

Sinnvoller Beitrag mit Aufarbeitung der journalistischen Fehler und aller möglichen Verstösse gegen den Pressekodex und anderer Rechtsnormen folgt dann etwas später... auf Youtube ^.^

Und weil es so selten vorkommt, dass man was von 4chan wirklich gefahrlos verlinken kann:
https://1d4chan.org/images/5/53/Harkness_Test.png *die Seite ansonsten gar nicht leiden kann*

Für einmal leihe ich mir mal kurzerhand [Jim]s Standartsignatur aus: Basta! Ich habe genug!
(und ja Jim, das IST ein verzweifelter Versuch, deine Aufmerksamkeit zu erregen...)

PS: Ich suche noch Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Presserat. Hat wer Lust zu?
(Der einen Scanner hat und erlaubt, die entstehenden Schriftsätze für das Bündnis festzuhalten...)

PPS: Eintrag ist nicht inspiriert und völlig unabhängig hiervon: https://www.youtube.com/watch?v=AURKZUaeEKk *das heute erst gefunden hat*, wohl aber unbewusst vom selben noblen Gedanken (finanzieller und emotionaler Support für die Opfer unnötiger Shitstorms) geleitet.]

Was bisher geschah – Ein kleiner Rückblick mit Ausblick Bundegericht, eidgenössisches, Kantonsratswahl, Recht, Verfassungsbeschwerde, Volksinitative

Autor:  Eru-Jiyuka
Wer in den letzter Zeit aufmerksam diesen Blog verfolgt hat, wird gemerkt haben, dass er erstaunlich leer geblieben ist. Ja, das liegt daran, dass ich meine juristischen Artikel mittlerweile auf den Seiten des Bündnis für sinnvolle Rechtssetzung veröffentliche, welche auch unter meiner Verwaltung steht. Aufgrund der Arbeit dafür und der nicht geringen Belastung durch das Studium (ja, auch Sprachen lernen kostet Zeit, wer hätte es gedacht...) habe ich Animexx leider etwas vernachlässigt.

Das sollte eigentlich nicht passieren, ist nun aber halt geschehen. Ich schiebs mal auf meine nicht vorhandene Informationspolitik und gelobe Besserung...
Ich hoffe, ich kann meine Leser, so ich denn noch welche habe, mit diesem Rückblick etwas versöhnen, der einen kleinen Überblick geben soll, was ich in den letzten 7 Monaten so geschrieben habe und was in nächster Zukunft ansteht:


1. Erfolgreiche Beschwerde gegen das Zürcher Polizeigesetz (Bundesgericht)

Spoiler
Am 1. Oktober 2014 hat das eidgenössische Bundesgericht die von mir eingereichte Beschwerde gegen das Zürcherische Polizeigesetz öffentlich beraten und ist dabei zur Erkenntnis gelangt, dass § 32f PolG ZH, welcher die Ausspähung von Internet-Foren ohne richterliche Kontrolle erlaubt hatte, gegen Art. 13 BV, Art. 8 EMRK und Art. 179octis StGB verstösst und deshalb als verfassungswidrig aufgehoben werden muss.

Damit ist mir also das Kunststück gelungen, vor einem nationalen Höchstgericht im schwierigsten Verfahrenstyp überhaupt, nämlich der abstrakten Verfassungsbeschwerde, Recht zu erhalten.

Soviel also zu den „Rechtsexperten“ hier, die meinten, ich verstünde nichts von öffentlichem Recht. Nehmt dass, ihr Unwissenden! Und macht's erst mal besser, bevor ihr weiter rumstänkert. (Und ja, ein Prozess vor dem Bundesgericht zu gewinnen ist schwer, weil das Bundesgericht noch wesentlich seltener aufhebt als das Bundesverfassungsgericht, und schon dort sind die Quoten geglückter Beschwerden nur so um die 2% rum! Kein Wunder also, dass mir nicht nur Kommilitonen, sondern auch Rechtsanwälte zu diesem Erfolg gratuliert haben.)

Alle Unterlagen (138 Seiten!) zu diesem Fall, vom Erlass der Gesetzesnormen an bis zur vollständigen Ausfertigung des Urteils, sowie alle Argumente für und wider der angegriffenen Arikel, die im Laufe des Prozesses vorgebracht wurden, können auf der Seite des Bündnis für sinnvolle Rechtsetzung eingesehen werden: http://bvggchem.twoday.net/stories/bge-140-i-353-dokumentation-einer-erfolgreichen-verfassungsbeschwerde/

Die Dokumentation ist auch deshalb besonders umfangreich, weil ich einmal exemplarisch von A-Z aufgezeigt haben wollte, welche Schritte bei der Beschwerdeführung im Einzelnen konkret zu unternehmen sind, und wie die amtlichen Schriftstücke dazu aussehen. Seltsamerweise steht das, obwohl für die Praxis durchaus nicht unwichtig, nämlich in keinem Lehrbuch beschrieben.

Beim Abfassen der Beschwerde habe ich mich übrigens an das Schema in „Einführung in das öffentliche Recht – Band I“ von MARANTELLI-SONANINI gehalten. Da diese Struktur offenbar, obwohl ursprünglich für die inzwischen obsolete „staatsrechtliche Beschwerde“ entworfen, vom Bundesgericht gerne angenommen wird, kann man das genannte Werk wohl uneingeschränkt weiterempfehlen^^


2. Ungenügender Rechtsschutz bei unwürdiger Behandlung durch die Polizei (Petition geplant)

Spoiler
Ein anderer Artikel beschäftigt sich mit der – von einem Forenpost aufgeworfene – Frage, wie es die Schweiz denn so mit dem Verfolgung von Polizeigewalt hält. Dazu habe ich hier geschrieben: http://bvggchem.twoday.net/stories/zur-durchsetzbarkeit-des-folterverbotes-in-der-schweiz-kurzanalyse/

Auch wenn die Situation als nicht derart dramatisch herausgestellt hat, wie befürchtet wurde, muss doch festgehalten werden, dass der erwähnte Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO durchaus das Potential dazu hat, Grundrechte zu beschädigen, insoweit als der Staat hiermit seine Schutzpflicht verletzt, Folter und ähnlich gravierende Verletzungen des Rechtsguts auf Leben und körperliche Unversehrtheit strafrechtlich zu ahnden.

Dass seither nichts mehr passiert ist, lag hauptsächlich daran, dass mich die Grippewelle voll erwischt und zwischen Anfang Februar bis Mitte März vollständig lahm gelegt hat (im wahrsten Sinne des Wortes, war da nicht zu mehr fähig als Medikamente zu schlucken und zu schlafen, soweit es die Schmerzen zuliessen...).

Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO ist aber noch immer ein Stachel im Fleisch des Rechtsstaates, weil er es erlaubt, die Frage strafrechtlicher Schuld, also eine zutiefst juristische Materie, vom Entscheid eines rein politischen Gremiums abhängig zu machen, das regelmässig nicht aus genügend Juristen, oder zumindest nicht aus genügend kompetenten Juristen besteht, um eine juristisch fundierten Entscheidung treffen zu können. Vielmehr wird in solchen Gremien rein nach politischem Gusto abgestimmt, was in Strafsachen rechtsstaatlich untragbar ist. Der besagte Artikel sollte deshalb bei Gelegenheit abgeschafft werden. Eine entsprechende Petition ist in Planung.

Die Petition, so denn mal formuliert, ist selbstverständlich zur Mitunterzeichnung offen. Wen also auch stört, dass noch immer viele Strafverfahren gegen Polizisten politisch niedergeschlagen werden (können), ist herzlich eingeladen, mitzuzeichnen, ein entsprechendes Formular stelle ich bei Bedarf gerne zur Verfügung.


3. Kandidatur für den Zürcher Kantonsrat (Alternative Liste – AL)

Spoiler
Am 12. April hat das Zürcher Stimmvolk über die Neubesetzung seines politischen Personals im kantonalen Parlament abgestimmt und ich hatte dabei die Ehre, einer der insgesamt 1733 Kandidaten zu sein. Dabei habe ich allerdings lediglich knapp hundert Stimmen erhalten und wurde somit klar nicht gewählt. Man kann jetzt natürlich argumentieren, dass das ein reiner Schuss in den Ofen war.

Ähm... nö, dem ist nicht so. Einen Platz im Kantonsrat zu ergattern, war von Anfang an illusorisch.
Aber, um als willige Schachfigur zu dienen und so einer Partei etwas Aufwind zu verleihen, welche die Grundrechte noch immer als wichtigen Programmpunkt versteht, und deren Vertreter gerade eben noch mehr sinnbefreite Überwachung standhaft abgelehnt haben, hat's dann doch gereicht.

Die AL ist nämlich, nun mit zwei Sitzen mehr (von 3 auf 5) direkt nach der FDP der grosse Wahlsieger geworden. Auch in unserem Bezirk, der weitgehend bürgerlich/religiös dominiert ist, ist es immerhin gelungen, die Stimmen für die AL mehr als zu verdoppeln. Das gab zwar keinen Sitz, ist aber doch ein schöner Achtungserfolg.

Ausserdem konnte ich mir, quasi im Vorbeigehen, das persönliche Vertrauen Markus Bischoffs sichern, sodass wir künftig neben den Piraten eine zweite Partei haben, die uns zuhört und unsere Rechtsverbesserungsvorschläge mit dem nötigen Wohlwollen behandelt.

Selbstverständlich werde ich auch der AL auf die Finger hauen, sollten sie sich dazu versteigen, Unfug in die Gesetzgebung einbringen zu wollen. (Eine konkrete Gefahr sehe ich da allerdings nur für das Bankgeheimnis als Teil der Privatsphäre, und auch die ist eher illusorisch...)

Deshalb habe ich auch darauf bestanden (gut, so viel zu bestehen gab's da gar nicht, denn sie haben erst gar nicht darauf gedrängt...), mit meiner Kandidatur nicht gleichzeitig in die Partei einzutreten.

Ich werde auch weiter Einladungen zur Kandidatur von politischen Parteien annehmen, sofern diese die elementaren Menschenrechte und Grundfreiheiten, die in unseren Grundrechten zum Ausdruck kommen, anerkennen und sich für deren Umsetzung einsetzen. (für die SVP wärs also im Moment eher schlecht denkbar...)


4. Arbeit: Let's Play, Hacks und Recht (Gastbeitrag für Domtendo)

Spoiler
Der Let's Player Domtendo (ehemals Geilkind), hat in seinem Video zur Super Mario 64 HD Tech Demo eine äusserst spannende Rechtsfrage aufgeworfen, nämlich danach, ob, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen sogenannte Hacks, also von Fans erstellte, modifizierte Varianten bekannter Computerspiele, urheberrechtlich zulässig sind.

Darüber hinaus hat er sich, in einem früheren Video zu Mario Kart 8 Online, über das Nintendo Creators Programm, ein m.E ziemlich obskures Vertragsmachwerk dass in Sachen Rechtsgültigkeit EAs Origins-AGB-Vertrag in nichts nachsteht, stark ablehnend geäussert, was mich auf die Idee brachte, mal zu untersuchen, was eigentlich die gegenwärtige Rechtslage im Urheberrecht generell so zum Thema Let's Plays meint.

Da es schade wäre, wenn das dann hinterher kaum jemand liest, wenn ich mir schon extra die Mühe mache, habe ich Domi-kun angeschrieben und gefragt, ob er einen solchen juristischen Beitrag erwähnen und verlinken würde. (Ich hab dabei auch versucht, ihm den Unsinn mit der Berufung auf die Meinungsfreiheit auszutreiben. Ob ich's geschafft hab, bin ich noch nicht so ganz sicher...)

Nun, er hat zugestimmt, also bin ich momentan fleissig am Urheberrechtsbücher wälzen^^
Der Rechtskomplex der freien Bearbeitung ist nämlich ein äusserst spannender, den ich mir eigentlich für die Masterarbeit aufsparen wollte, doch dann kam ja Lanzarote dazwischen... Deshalb hier dann dargestellt am Beispiel von Let's Plays statt wie mal geplant, von Doujinshis.

Ich rechne mit einem Abschluss der Arbeit gegen Ende Mai.

Auch wenn schliesslich daraus „nur“ zwei schlanke allgemeinverständliche Leitfäden mit konkreten Hinweisen auf Erlaubtes und Verbotenes werden sollen, bedarf der theoretische Unterbau, der dogmatisch richtig untersucht und nach Lehre und Rechtsprechung begründet werden will, halt relativ viel Zeit.

Dafür dürften wir dann aber auch fürs erste mal abschliessend geklärt haben, wie die Rechtslage der von Computerspielen abgeleiteten Werke genau aussieht, und das ist ja auch was von Wert...


5. Abschaffung der Menschenrechte (EMRK) in der Schweiz gefordert (Selbstbestimmungsintiative)

Spoiler
Erinnert sich noch jemand daran, dass ich bei Lanzarote angemerkt hatte, dass das nur der Beginn für eine kommende, diktatorische Entwicklung des Rechts darstellt? Auch diese Prophezeiung hat sich mittlerweile erfüllt. Nun haben wer den Salat.

Mit der sogenannten „Selbstbestimmungsinitiative“, ein Name, der inhaltlich kaum falscher sein könnte, versucht die SVP, unsere Verfassung zu ändern oder eigentlich eher, in ihren Grundfesten auszuhebeln. Das Problem liegt konkret in einer auf den ersten Blick relativ harmlos klingenden Änderung, nach dem Art. 190 BV so geändert werden, dass künftig nicht mehr „Völkerrecht“ sondern nur noch „völkerrechtliche Verträge, deren Genehmigungsbeschluss dem Referendum unterstanden hat“ für die Gerichte als anwendbares Recht gelten soll.

Verträge, welche diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sollen schliesslich, so will es die Änderung von Art. 56a BV, gekündigt, also auch ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung enthoben werden.

Nun muss man dazu wissen, dass die europäische Menschenrechtskonvention, obwohl schon 1950 beschlossen, in der Schweiz erst relativ spät, nämlich 1974, ratifiziert wurde und dass diese Ratifizierung aufgrund der grossen allgemeinen Zustimmung im Parlament mit einem einfachen Bundesbeschluss vollzogen wurde, der seinerseits nicht dem Referendum unterstellt wurde, offenbar nur deshalb nicht, weil niemand daran dachte, dass es gegen die Menschenrechte ernsthafte Opposition geben könnte.

Ob das damals demokratisch gesehen wirklich so toll war, ist eine andere Frage, jedenfalls hat die SVP der EMRK selbst freudig zugestimmt
(«Die Fraktion ist der Auffassung, dass die Menschenrechtskonvention, ein wirksameres Mittel darstellt, um dem Gedanken an ein geeintes Europa zu dienen.» und dass «wir durch die Ratifizierung der Konvention ein Bollwerk gegenüber den Staaten setzen sollen, die die Menschenrechte mit Füssen treten.», so Elisabeth Lardelli, damalige Fraktionssprecherin der SVP), sodass die Berufung auf das fehlende Referendum als Demokratiedefizit jetzt zumindest treuwidrig im Sinne des Widerspruchs zum früheren Verhalten (venire contra factum proprium) ist.

Das Hauptproblem liegt denn auch in einem grundlegenden Denkfehler der SVP. Sie gehen davon aus, (oder behaupten dies zumindest), dass ihre Initiative die Volksrechte stärken und die Grundrechte nicht behelligen würde. Beides ist schlicht falsch.

Man stärkt die Volksrechte nicht dadurch, dass man sie dem Volk entzieht. Muss das Parlament nicht mehr befürchten, dass ihre Beschlüsse von richterlichen Behörden überprüft werden können, so besteht natürlich irgendwann auch kein Anreiz mehr, die Beschlüsse vom eigenen Volk überprüfen zu lassen. Dass die SVP auch überhaupt kein Problem damit hat, Volksrechte abzubauen, zeigte sich etwa 2012 bei der Abschaffung des konstruktiven Referendums, die massgeblich von der SVP vorangetrieben wurde und (darum?) letztlich leider erfolgreich war.

Aber auch die Argumentation über die Grundrechte ist verfehlt. Zwar sind diese auch in der Bundesverfassung gewährleistet, doch ist aufgrund des Anwendungsgebots von Art. 190 BV dem Bundesgericht ja gerade NICHT möglich, die eigenen Grundrechte auf das eigene Bundesrecht anzuwenden, weshalb es sich überhaupt erst der Krücke mit der Anwendung der höherstehenden Menschenrechte der EMRK behelfen muss.

Es ist auch sehr bedauerlich, dass die SVP die Chancen der EMRK, gerade für eine EU-kritische Partei nicht sieht. Nicht nur, dass es möglich wäre, die nationale Ausgestaltung unliebsamen EU-Rechts zum Gegenstand einer Staatenbeschwerde gem. Art. 33 EMRK zu machen, liessen sich auch viele unnötige Bürokratienormen, die aufgrund unvernünftiger EU-Richtlinien (*hust* europäisches Chemikalienrecht *hust*) erlassen werden, mit Hilfe der EMRK schlicht und einfach effektiv wegklagen, gäbe es denn die Möglichkeit eines solchen abstrakten Verfahrens, welches die SVP seit Jahrzehnten offenbar aus Angst vor den eigenen Richtern verhindert.

Dass die EMRK der SVP deshalb nicht nur helfen könnte, ihre (verfassungskonformen) politischen Ziele zu erreichen, sondern auch noch dabei nebenbei Wählerstimmen zu sammeln, das merken sie in ihrer blinden Wut gegenüber den „fremden Richtern“ offenbar gar nicht.

Das Resultat der „Selbstbestimmungsinitiative“ wäre jedenfalls, dass mit dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine wichtige Kontrollinstanz für Menschenrechtsverletzungen in der Schweiz wegfallen würde.

Die EMRK müsste gekündigt werden, was – weil sie Grundbedingung für den Eintritt ist – gleichzeitig bedeuten würde, dass die Schweiz aus dem Europarat auszutreten hat.

Zudem fällt der Grundrechtsschutz auf Bundesebene völlig dahin, weil dieser zur Zeit nur durch die ERMK gewährleistet ist.


Damit wäre die Schweiz dann rein rechtsstaatlich gesehen in etwa auf einer Stufe mit 中国|China, einem Staat mit dem wir als aufrechte Demokraten sonst zu recht nicht besonders gerne verglichen werden.

Und ja, wir reden hier tatsächlich über ALLE Menschenrechte, also namentlich:
- Recht auf Leben
- Verbot der Folter
- Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
- Recht auf Freiheit und Sicherheit
- Recht auf ein faires Verfahren
- Keine Strafe ohne Gesetz
- Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
- Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
- Freiheit der Meinungsäußerung
- Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
- Recht auf Eheschließung
- Recht auf wirksame Beschwerde
- Diskriminierungsverbot
- Verbot der Todesstrafe
- Non-Refoulement-Gebot
- Garantie der Rechtsmittel in Strafsachen
- Recht auf Entschädigung bei Fehlurteilen
- Verbot der Doppelbestrafung
- Gleichberechtigung von Ehegatten.

Da das Recht auf Leben, das Verbot der Folter und der Todesstrafe sowie das Non-Refoulement-Gebot mittlerweile wohl überwiegend als zwingendes Völkerrecht angesehen werden, besteht allerdings die Chance, dass zumindest solche krasse Menschenrechtsverletzungen auch zukünftig dem Bundesparlament nicht erlaubt sein sollen, hält doch auch die Initiative fest, dass im geänderten Art. 5 Abs. 4 BV zumindest der Vorbehalt des zwingenden Völkerrechts gewährleistet sein soll. (Allerdings hatten wir erst vor kurzem ein Versuch zur Einführung der Todesstrafe! -> https://www.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis392t.html)

Sicher ist aber nicht einmal das. Wie soll denn das Bundesgericht das zwingende Völkerrecht anwenden, wenn ihm die Arbeit mit denjenigen Verträgen, welches dieses als Recht verbriefen, versagt ist? Natürlich ist es möglich, das als Richterrecht sui generis (und dann contra legem) zu entwickeln, doch sinnvoll begründbar ist das nicht, wenn doch schon ein Vertrag besteht, der eine intra legem Auslegung ohne weiteres ermöglichte...

Insofern wird mit der „Selbstbestimmungsinitiative“ auch die Rechtsfindungsreihenfolge nach Art. 1 Abs. 1 ZGB auf den Kopf gestellt.

Insgesamt gesehen liegt in dieser Initiative damit die grösste akute Bedrohung für die Menschenrechte seit dem Fichenskandal (1990) und dem Propagandabeschluss des Bundesrats (1948) und es ist zwingend erforderlich, dieser Bedrohung eine rechtsstaatliche Alternative entgegenzustellen. Dazu gleich mehr...


6. Eigene Initiative zum Schutz der Menschenrechte (Grundrechtsinitiative, Konzeptionsphase)

Spoiler
Wo die Politik versagt, müssen die Bürger selbst dafür sorgen, dass ihre elementaren Rechte gewahrt werden. Damit dies demokratisch erfolgt, werden wir selbst eine Volksinitiative ausarbeiten, die grundrechtsfreundlich ist und die Rechte des Bürgers angemessen erweitert, gegen Menschenrechtsverletzungen des Staates vorzugehen.

Die Initiative soll bewusst nicht kompetitiv, sondern ergänzend zur „Selbstbestimmungsinitiative“ angelegt werden, sodass selbst im Wurst-Käse-Fall, also bei Annahme der SVP-Initiative durch unsere Hilfe ein Rest Rechtsstaat verbleiben kann.

Insofern sind also auch SVP-Anhänger und Politiker herzlich eingeladen, die kommende Grundrechtsinitiative zu unterzeichnen und zu unterstützten, geht es doch schliesslich auch um ihre Menschenrechte!

Zeitlich ist angedacht (hängt neben der persönlichen Arbeitsbelastung auch ein bisschen davon ab, wie lange die Vorprüfung durch die Bundeskanzlei dauern wird...) die Initiative Mitte bis Ende Juni zu lancieren. Der Beginn der Unterschriftensammlung dürfte dementsprechend wohl auf Anfang Juli fallen.

Über alle weiteren Schritte zur Grundrechtsinitiative wird hier selbstverständlich beizeiten ausführlich berichtet werden. Auch die Unterschriftenliste und das dazugehörige Argumentum werden wir so online zugänglich machen.


7. Das Rachepornourteil (Bezirksgericht Lenzburg)

Spoiler
Das Bezirksgericht Lenzburg hat am 23.04.2015 eine Strafsache verhandelt, in welcher es u.a darum ging, wie sogenannte „Rachepornos“ strafrechtlich zu qualifizieren sind. Weil mich das Urteil und die nachfolgende Berichterstattung ein gaaanz klein bisschen geärgert haben, gibt es dazu nun folgende Zeilen zu lesen...

Erstmal: Darf ich anmerken, dass der Begriff „Racheporno“ äusserst unsinnig ist? Den packt man am besten zu den – ebenfalls unsinnigen – Begriffen „Killerspiel“ und „Raubkopie“ in eine grosse Kiste, schliesst sie ab, wirft sie in den nächstbesten See und löst den Schlüssel vorsorglich in Salpetersäure auf...

-> ach nein, das darf man ja bald auch nicht mehr, denn schon der Besitz von Salpetersäure (und noch harmloseres) wird 2016 für „Mitglieder der Allgemeinheit“ zur Straftat...

Wo war ich? Ach ja, bei der Begriffskritik. Das Problem ist, dass dieser Begriff, der es bedauerlicherweise schon in einige Rechtsordnungen geschafft hat, das eigentliche Rechtsproblem nicht wiedergibt. Wie so oft ist das Problem – obwohl sich die Medienberichterstattung daran aufgehangen hat – kein sexuelles, denn die sexuelle Integrität der Beteiligten wird durch die Aufnahme einvernehmlichen sexueller Handlungen schon rein logisch natürlich nicht berührt.

Das Problem ist vielmehr eines des Persönlichkeitsrecht, denn als Privatperson habe ich den grundrechtlich geschützten Anspruch darauf, selbständig bestimmen zu dürfen, wer über welche meiner Lebenssachverhalte wieviel wissen darf. Dies gilt insbesondere bei „heiklen“ Themen wie der Sexualität, die zweifellos zur persönlichkeitsrechtlichen Intimsphäre zu zählen ist und deshalb besonderen Schutz gegenüber Ausspähung bedarf.

Verletzt jemand dieses Selbstbestimmungsrecht, so wird er dafür folgerichtig bestraft.

Der richtige Begriff wäre i.c. also „unerlaubte Veröffentlichung intimer Tatsachen“, dem das Rechtsgut der Persönlichkeit (und nicht der Ehre!) zugeordnet ist. Soweit das Bezirksgericht dann ausführt: „Pornografie ist an sich nicht ehrverletzend“, liegt es damit fraglos richtig.

An Pornographie als solches ist nämlich nichts böses, ich sag das gerne immer wieder^^
(Und freue mich jetzt schon auf alle, die von diesem Eintrag genau nur diesen einen Satz lesen...)

Jedenfalls ist trotzdem nicht nur der Begriff sondern auch das Urteil falsch. Warum dem so sein muss, kann meinen Anmerkungen zum „Eistee“-Fall entnommen werden, an dieser Rechtslage hat sich nichts geändert.

In diesem Sinne muss allen Beteiligten (ausser dem Verteidiger) eine Tischplatte zum Anbeissen gereicht werden, denn eigentlich hat hier jeder versagt:

Der Staatsanwalt dadurch, dass er Art. 179quater StGB nicht (auch) zum Gegenstand seiner Anklage gemacht hat;

Der Geschädigtenanwalt dadurch, dass er eine mangels ehrverletzender Tatsachenbehauptung völlig unzutreffende Norm, nämlich das Verbot der üblen Nachrede nach Art. 173 StGB anwenden wollte;

Das Gericht dadurch, dass es die Anklage nicht nach Art. 329 StPO zur Verbesserung zurückgewiesen hat;

Die Politiker, weil sie Gesetze fordern, die wir seit 46 Jahren haben und die lediglich mal bekannt gemacht und angewendet werden müssten;

Die Gesellschaft, weil hier ein Straftäter weitgehend unbehelligt geblieben ist, obwohl es einen klaren Rechtsgrund für seine (weitergehende) Verurteilung gegeben hätte;

Und schliesslich ich, weil ich die Zeit verschwende, über den Fall zu berichten, anstatt etwas sinnvolles zu tun, wie etwa Hearthstone zocken gehen^^


8. Das Facebook Urteil (Bundesgericht)

Spoiler
Kommen wer damit schliesslich noch zu einem weit wichtigeren Urteil, das (hoffentlich) mindestens die selbe weit wirkende Reichweite erlangen kann wie das von mir erstrittene. Der Fall ist auch ähnlich alt wie meiner, wobei der Betroffene hier durch drei Instanzen durch musste, um Recht zu erhalten, im Gegensatz zu meinem erstinstanzlichen Sieg vor Bundesgericht.

Zum Fall: Am 22. März 2012 hat ein Maturand auf Facebook aus Verärgerung darüber, dass ihm niemand zu seinem Geburtstag gratuliert hat, seinen 290 Freunden folgenden Text gesendet ->„Freut sich heute niemand, dass ich geboren worden bin. Ich schwöre, ich zahle es euch allen zurück!!! Es ist nicht eine Frage der Höflichkeit, sondern von Respekt und Ehre. Ich vernichte euch alle, ihr werdet es bereuen, dass ihr mir nicht in den Hintern gekrochen seid, denn jetzt kann euch niemand mehr schützen ... Pow!!!! Pow!!!! Pow!!!!“

Zweifellos keine hohe Lyrik oder sonst irgendwie hochstehend noch sinnvoll, für die Umgangsformen im Internet aber doch eine relativ „normale“ Äusserung, wie sie so oder gar härter wohl täglich mehrfach vorkommt.

Das sah ein Mitglied der Zürcher Staatsanwaltschaft – wer hätte es gedacht – allerdings ganz anders und stellte einen Strafbefehl wegen Schreckung der Bevölkerung gem. Art. 258 StGB aus. War wohl ein „Neuland“-Beamter...

Jedenfalls, der Maturand wollte den Strafbefehl nicht anerkennen, hat Widerspruch eingelegt und... wurde vom Einzelrichter verurteilt. So weit, so schlecht, aber noch nicht wirklich besonderes skurril.

Interessant ist, was nun kommt. Nicht nur, dass der Betroffene 21 Tage in Untersuchungshaft schmoren durfte, wofür mir bei der Verfolgung eines Äusserungsdelikts nun beim besten Willen kein Grund einfällt, es wurde auch ein psychologisches Gutachten angefertigt, das zwar bestätigt hatte, was der Maturand seit Beginn des Verfahrens ausgesagt hat, nämlich das er keineswegs in irgendeiner Form gefährlich ist, ihm aber dann im Berufungsprozess vor dem Obergericht trotzdem in voller Höhe als Kostenfolge zur Last gelegt wurde. (Wohlgemerkt, wir sprechen hier von Kosten in Höhe von 12'000 Franken, was für einen Maturanden, der (noch) kein eigenes Einkommen aufweisen kann, natürlich mehr als ruinös ist.)

Das Obergericht hat es in einem bemerkenswert blödsinnigen Entscheid, geschafft, nicht nur an den Rügen der Verteidigung und der zitierten Rechtsprechung, sondern auch am Fall sachlich vollkommen vorbeizuschreiben und damit die unnötigen Kosten auf 18'000 Franken erhöht.

Dass dagegen die Beschwerde ans Bundesgericht ergriffen werden musste, war aus juristischer Sicht klar. Es ist dann zum Glück auch tatsächlich erfolgt. (Fragt mich bitte nicht mit welchen Geldmitteln, ich hab keine Ahnung...) Das wohl nicht nur der offensichtlich unhaltbaren finanziellen Situation des Beschuldigten wegen, sondern auch deshalb, weil das Urteil des Obergerichts noch löchriger ist als unser im Ausland angeblich so beliebter Käse.

Nun, auch das Bundesgericht hatte offenbar Appetit und hat das Urteils des Obergerichts mit Entscheid vom 08.04.2015, der am 29. April veröffentlicht wurde (und noch als Leitentscheid publiziert werden wird) genüsslich zerfetzt.

Mit der Abgrenzung zwischen öffentlich und privater Äusserung haben sie sich dabei gar nicht erst aufgehalten.
Denn, so das Bundesgericht, darauf kommt es überhaupt nicht an. Schliesslich steht in Art. 258 StGB nicht „Öffentlichkeit“ sondern „Bevölkerung“ als Tatbestandsmerkmal und das darf man nicht einfach überlesen oder miteinander gleichsetzen.

Solange man sich dabei nicht an die Bevölkerung wendet, darf man also auch öffentlich Angst und Schrecken verbreiten, was m.E aufgrund der EGMR-Rechtsprechung zum Schutz „irgendeines Teils der Bevölkerung verletzenden“ Äusserungen nach Art. 10 EMRK zwar durchaus richtig ist, sich als Erkenntnis eines Bundesgerichtsurteils aber doch zumindest interessant liest.

Jedenfalls hielt das Bundesgericht weiter fest, dass das Obergericht Tatbestandsmerkmale des Rassendiskriminierung nach Art. 261bis StGB mit dem hier in Frage stehenden Art. 258 StGB (Schreckung der Bevölkerung) verwechselt hat und deshalb eine fehlerhafte Prüfung des objektiven Tatbestands vornahm. Das dies nicht Grundlage einer strafrechtlichen Verurteilung sein durfte, und diese daher aufgehoben werden musste, liegt auf der Hand.

Die Bundesrichter weisen dem Obergericht sodann, unter anderem mit Verweis auf den DUDEN, die Brockhaus Enzyklopädie und Meyers Lexikon auch noch nach, dass es den Begriff der „Bevölkerung“ nicht einmal im Ansatz begriffen hat, und stellen abschliessend fest, dass:

„Hingegen kann der Personenkreis, mit welchem der Urheber einer Äusserung durch Freundschaft oder Bekanntschaft im realen oder virtuellen Leben verbunden ist, nicht als "Bevölkerung" im Sinne von Art. 258 StGB angesehen werden, zumal hier ein Bezug zu einem bestimmten Ort fehlt.“ [E. 2.3.4 Satz 4]

Entgegen der Berichterstattung, die nicht mal das Urteil richtig lesen kann (das Bundesgericht hat an keiner Stelle nahegelegt, eine Verurteilung wegen Drohung nach Art. 180 StGB sei möglich, eigentlich sagt [E. 2.1] es sogar genau das Gegenteil, weil keine erfolgte Drohung vorliegt, ist überhaupt nur Schreckung der Bevölkerung als Sonderfall denkbar), hat dieser Entscheid sehr wohl Fernwirkung, denn er entwickelt den rechtsstaatlichen Schutz der Freiheit im Internet weiter.

Nicht nur, dass das Bundesgericht mit diesem Entscheid einmal mehr eine Meinungsäusserung im Internet schützt, es stellt auch klar, dass der Entscheid des Obergerichts keinen Freibrief für die Staatsanwaltschaften zum Abschuss von Internet-Kommentaren darstellen kann, sodass künftige Strafbefehle, die sich auf angeblich strafbare Äusserungen im Internet beziehen, deutlich besser begründet werden müssen, wollen sie denn rechtsgültig sein.

Auch Rechtsanwälte hat der Fall übrigens aufs Glatteis geführt: RA Steiger hat sich im Laufe dieses Verfahrens schon mal medienwirksam dazu verstiegen, zu behaupten, man müsse vor jedem Posting im Netz erst einmal die innere Schere im Kopf anwerfen und ist erst jetzt umständlich und auch nur teilweise zurückgerudert. Dass in diesem Fall ausgerechnet der PC-Tipp die fundierteste Meinung gedruckt hatte, erstaunt mich persönlich immer noch...

Übrigens wäre dieser Fall ein gutes Argument dafür, Art. 258 StGB ersatzlos zu streichen, wenn er denn wie hier belegt statt zum Abwehr von Terror doch nur zur Medienzensur und zur wirtschaftlichen Existenzvernichtung durch unnötige psychologische Gutachten dienen soll...

Soweit erst mal davon. Ich hoffe, es war wenigstens teilweise interessant, und nicht allzu ermüdend zu lesen. Sollte das Anklang finden und gewünscht sein, kann ich auch gerne – dann etwas regelmässiger – in diesem Stil weiter kurz darüber berichten, was sich in 政界と法律, also in der politischen Welt und der Rechtsordnung jeweils so ereignet. Meinungen dazu bitte in die Kommentare^^

Die rechtliche Würdigung von Kostümen radikaler Organisationen im deutschen Straf-, Ordnungs- und Versammlungsrecht – Einspruch eines modernen Assassinen zur Rottweiler Lokalhysterie

Autor:  Eru-Jiyuka
(Und Ja, der Titel ist inspiriert von Fischers (Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats am BGH) hervorragenden Artikel gegen die moralisierende Hysterie im Fall Edathy. [0] FISCHER stimmt darin übrigens implizit sogar meiner These zu, dass die Staatsanwaltschaften schon lange ihre eigene Funktion – als Beschützer der Rechtsgüter und eben nicht als Inquisitor des Volks – aus den Augen verloren haben o.O)

Disclaimer:


Ich benutze im nachfolgenden Text den Begriff „ursprüngliche Assassinen“ immer dann, wenn ich eine Aussage bzg. der real-existenten, ismailitischen Sekte unter Hasan-i Sabbah sowie dessen Nachfolger (Busurgumid, Muhammad, Hasan-i Salam, Muhammad II., Dschalal al-Din, Ala al-Din, Rukn al-Din) in Persien und Raschid ad-Din Sinan und seinen Nachfolgern (Nasr, Masdschd al-Din, Tadsch al-Din, Nadschm al-Din, Schams al-Din) in Syrien, die zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert unserer Zeitrechnung bestand, treffen möchte.

Der Begriff „moderne Assassinen“ bezieht sich dagegen ausschliesslich auf das durch die Videospielreihe „Assassins' Creed“ bestimmte, fiktive Bild der gleichnamigen, in der Burg Masyaf niedergelassenen pluralistischen Vorform einer freiheitlichen Rechtsgüterschutzorganisation unter Al Mualim und Altair ibn L'ahad sowie allen nachfolgenden Mentoren rsp. Protagonisten (Abbas Sofian[00], Giovanni Auditore, Ezio Auditore da Firenze, Shao Jun, Yusuf Tazim, Edward Kenway, Ratonhaketon, Nikolai Orelov, William Miles, Desmond Miles) und entsprechenden Institutionen.

Wer sich für Komparatistik zwischen Assassins's Creed und der realen Gesichtsschreibung im Besonderen interessiert, dem sei zudem noch diese Video-Serie ans Herz gelegt:
Assassin's Creed: The Real History

Doch genug der Vorrede und zur Sache: Ich Naivling hielt den Swastika-Holzschwert-Fall schon für eine Absurdität und beinahe unglaubliche Justizposse sondergleichen... Diesmal also nur Cosplay, ganz ohne Requisiten auf der „Anklagebank“. Und es geht sogar um ein relativ bekanntes und erfreulicherweise gerade recht populäres Kostüm:
Altair Ibn L'ahad (Assassins' Creed I)

Für all die, die wirklich noch nie etwas von demjenigen, der kein Adler ist, gehört haben, hier ein kurzes Showcase-Video in Action: http://www.youtube.com/watch?v=IynHa1bplV4
(Und, um im Kontext zu bleiben: Vorsicht (leicht) blutig! Bitte nicht kollektiv in Panik fallen, wenns geht^^)

Nun, was ist konkret passiert? Der Sachverhalt ist so kurz, das wünscht man sich an jeder Klausur^^

Am 23. Juni läuft ein als Altair verkleideter Cosplayer über die Wiese eines Stadtparks, der in unmittelbarer Nähe (Gehdistanz) mehrerer Mittelschulen liegt. Er wird dabei von mehreren Jugendlichen photographiert, aber nicht angesprochen.

Wie, das ist überhaupt kein rechtlich relevanter Sachverhalt?
Naja schon, aber das sahen die Lokalmedien seltsamerweise irgendwie gaaaaaaaaaaanz anders ->
http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.rottweil-maskenmann-sorgt-fuer-aufregung.02a0c3f6-7d5c-41c1-aa3e-81badce1dfa3.html
http://www.nrwz.de/inhalt/rottweil/Schueler-in-Angst_-Polizei-fahndet-nach-Maskenmann-im-Assassin-Kostuem--54943.html
http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/110978/2775290/pol-tut-rottweil-unbekannte-als-moench-gekleidete-person-verunsichert-schueler
http://www.nrwz.de/inhalt/rottweil/Spielefreak-oder-Spinner_-Polizei-sucht-Unbekannten-im-Mittelalterkostuem--00054943.html
http://www.nrwz.de/inhalt/kommentar/Offener-Brief-an-den-Assassinen-von-Rottweil_-Stellen-Sie-sich--00054952.html
http://www.nrwz.de/inhalt/rottweil/Rottweil-kann-aufatmen_-Die-Polizei-hat-den-Moench-gefasst--00054983.html
http://www.realschule-rottweil.de/fileadmin/user_upload/PDFs/2013-2014/GEB_ninja_2.pdf
http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.rottweil-maskenmann-identifizierung-bevoelkerung-ist-erleichtert.8778bfb6-1b96-434f-9e60-d44d213485ba.html
http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.rottweil-raetseln-um-maskenmann-geht-weiter.225fd042-f087-4190-9105-5b54f4640c11.html
http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.rottweil-polizei-identifiziert-den-maskenmann.77728cb7-ab8d-4b41-bd23-a706b5fe378c.html

Die sich aus dieser qualitativ unglaubliche hochstehenden, ja geradezu BILDenden Berichterstattung hier ergebenden Rechtsfrage ist also die folgende:

Gibt es in der deutschen Strafrechtsordnung einen Rechtsgrund, welcher das Tragen von Kostümen, die an den Orden der ursprünglichen Assassinen angelehnt sind und den Kleidern von Charakteren der modernen Assassinen entsprechen, auf öffentlichem Gelände verbietet?

Im Prinzip ergibt sich aus dem Rechtsgüterschutz (und zudem m.E auch schon aus dem Credo beider Assassinen^^), dass nur strafbar sein darf, was tatsächlich wenigstens eine konkrete Bedrohung für ein rechtlich schützenswertes Interesse, eben ein Rechtsgut einer anderen Person darstellt. [1] Dieses hehre Rechtsbild angesichts der derzeitigen, erschreckenden Umwälzungen im deutschen Strafrecht leider wegwerfen müssend, darf man doch immerhin noch feststellen, dass gem. § 1 StGB nur all jene Taten strafbar sein können, die durch das Haupt- und Nebenstrafrecht ausdrücklich als solche bezeichnet und beschrieben werden. (Nullum crimen sine lege)

Das Hauptstrafrecht, also das bundesrechtliche Strafgesetzbuch (StGB) befasst sich mit Verkleidungen überhaupt nur in einem (m.E allerdings auch schon zu weit gehenden) Paragraphen, dem § 132a StGB. Gemäss dieser Rechtsnorm ist es strafbar, Amtskleidungen und Uniformen von inländischen und ausländischen Behörden (StGB 132a I 4.) sowie von jeglichen Formen von Religionsgesellschaften (StGB 132a III) zu tragen, wenn man hierzu nicht qua entsprechender Amtsstellung befugt ist. Verboten ist auch das Tragen von Gewändern, die den vorstehend erklärten Kleidungsformen zum verwechseln ähnlich sind. (StGB 132a II)

Über den Sinn dieser Regelungen mag man streiten, unstreitig dürfte aber wohl sein, dass sowohl die ursprünglichen Assassinen wie auch die modernen Assassinen niemals eine wie auch immer geartete inländische oder ausländische Behörde gewesen sind. [2] § 132a Abs. 1 Ziff. 4 StGB ist daher i.c. mangels Bezugsobjekt nicht einschlägig.

Das mit der Religionsgesellschaft wird dann schon etwas komplizierter. Unstreitig dürfte sein, dass sowohl die ursprünglichen Assassinen wie auch die modernen Assassinen eine bestimmte, wenngleich voneinander stark unterschiedliche Ideologie verfolgen, und versuchen, eine möglichst grosse Anzahl von Menschen von den dahinter stehenden Ideen und Wertansichten zu überzeugen.

Mehr braucht man im Prinzip für eine Religion nicht. Es sind zudem auch beide Organisationen als Gesellschaften einzustufen, denn eine Gesellschaft ist nach übereinstimmender Rechtsansicht von .CH und .DE jede Form einer Zusammenkunft von zwei oder mehreren natürlichen Personen, die auf das gemeinsame Erreichen eines gemeinsamen Ziels mit gemeinsamen Mitteln gerichtet ist. (§ 705 BGB / § 6 Abs. 1 HGB / Art. 530 Abs. 1 OR)

Man kann (und muss) daher wohl sowohl die ursprünglichen Assassinen als auch die modernen Assassinen durchaus als Religionsgesellschaften im Sinne des Gesetzes ansehen. § 132a StGB verlangt allerdings darüber hinaus noch, dass es sich um in Deutschland nach öffentlichem Recht anerkannte Theologiekonstrukte handeln muss. Dies sind gem. Art. 140 GG i.v. mit Art. 137 Abs. 4 Weimarer Reichsverfassung und Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV alle Religionsgesellschaften, die auf Dauer angelegt sind und aufgrund ihren eigener Konstitution und den Mitgliederzahlen nach voraussichtlich auch garantieren können, entsprechende Kontinuität zu haben.

Um welche Konfessionen es sich dabei im einzelnen handelt, war mir leider nicht möglich zu ermitteln, weil die Staatskirchenverträge von .DE im Wortlaut allenfalls bruchstückhaft digitalisiert zugänglich sind. Zur Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage ist das glücklicherweise aber auch nicht notwendig. Massgebend ist i.c. nämlich die Vorschrift von Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV, wonach Religionsgesellschaften nur dann auch Körperschaften des öffentlichen Rechts bleiben, wenn sie dies auch vor Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 waren.

Nun, die ursprünglichen Assassinen sind 1271 mit dem Sturm der Burg Masyaf durch Sultan Baibars I. untergegangen und haben keinen direkten Rechtsnachfolger hinterlassen. [3]
Demnach konnten sie ersichtlicherweise 1919 auch nicht mehr existieren und schon gar nicht eine genügende Konstitution oder Mitgliederzahl aufweisen, die erwarten liesse, dass sie in weiterer Zukunft lange fortbestehen würden. Folglich sind sie keine Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 137 WRV und fallen mangels entsprechender Eigenschaft auch nicht unter die Bestimmung zum strafrechtlichen Schutz vor klerikalen Amtskleidungsmissbrauchs. Auch § 132a Abs. 3 StGB ist daher i.c. mangels Bezugsobjekt nicht einschlägig.

Bleibt noch die Frage der Verwechselbarkeit mit tatsächlichen Ordenskleidern zu prüfen. Fakt ist, dass der Cosplayer sowohl vom Elternbeirat, als auch von Polizei und Lokalpresse fälschlicherweise als „Kampfmönch“ (was auch immer das sein mag) erkannt und bezeichnet wurde. Daraus zu folgern, die Verwechselbarkeit nach § 132a Abs. 2 StGB sei gegeben, geht m.E aber sehr deutlich fehl.

Man darf nämlich, will man § 132a Abs. 2 StGB verfassungskonform und daher konsequent restriktiv auslegen, die straf-begründende Verwechselbarkeit m.E nicht an der tatsächlich erfolgten individuell-konkreten Verwechselung festmachen (das wäre vormodernes Erfolgsstrafrecht...), sondern man muss allgemein-abstrakt danach fragen, ob eine bestimmte Kleidung von der überwiegenden Mehrheit der verständigen Betrachter als zu einer Religion zugehörig empfunden wird. Um dies nicht am eigentlich immer fehlgehenden Rechtskonstrukt des „normal empfindenden Menschen“ [4] aufzuhängen, sollten solche Fragen m.E prinzipiell durch statistische Auswertung repräsentativer Umfragen geklärt werden, soweit dies der ermittelnden Instanz zumutbar ist.

Und soweit eine Statistik aufgrund der Kommentare oben genannter und anderer Medienbeiträge ermittelbar ist, spricht die ganz überwiegende Auffassung dafür, das fragliche Gewand als fiktionales Kostüm und nicht als reale Ordenstracht anzusehen. (87.5%, 70 gegen 10 Stimmen) [5]

Da stellt sich doch gleich die Frage: Wie sehen echte Mönchskutten denn so aus?
(Fachsprachlich nennt sich eine solche Bekleidung übrigens „Habit“...)

Buddhismus: junge Buddhisten aus dem Tibet,
Zenbuddist aus Japan,
Traditioneller Sōtō-Mönch aus Japan,
Shaolin aus China

Christentum: Kapuzinermönch aus Slowenien,
Benediktermönch aus der Niederlande,
Novizen und Geistliche der barmherzigen Brüder aus Deutschland,
Zitrerzienser-Mönche aus dem Vietnam,
Kamuldensermönch aus Italien,
Minoriten-Mönch aus Brasilien [6],
Hieronymitenmönche aus Spanien
,
Franziskanermönch aus Israel


Hinduismus: Sadhu aus Indien

Jainismus: Shvetambaras aus Indien [7]

Daoismus: Wudang-Daoist aus China

Islam: Derwische aus der Türkei

Nichts davon hat m.E auch nur annähernd irgendwas mit dem i.c. in Frage stehenden weiss/roten Gewand Altairs zu tun. Am ehesten könnte man noch eine entfernte Ähnlichkeit mit den (hierzulande wohl völlig unbekannten) Shvetambara-Mönchen begründen, wenn man den unbedingt wollte. Aber auch da ergeben sich grundlegende Unterschiede (strikte Einfarbigkeit, Mundschutz und Besen als Zeichen der absoluten Gewaltlosigkeit), die eine Verwechslung m.E ausschliessen.

Die Verwechselbarkeit mit tatsächlichen Ordenskleidern im Sinne von § 132a Abs. 2 StGB ist daher wohl zu verneinen. Selbst wenn man hilfsweise dem entgegenstehend gleichwohl Verwechselbarkeit annehmen möchte, stellt sich doch sogleich die nächste Frage, nämlich ob Mönchskutten überhaupt religiöse Amtskleidungen im Sinne des Gesetzes sind.

Denn auch wenn das bis in weite Teile unserer parlamentarischen Gesetzgeber wohl noch nicht wirklich durchgedrungen ist [8], so ist der Sinn eines Gesetzes kein Selbstzweck, sondern es muss sich in das Gesamtkonzept der jeweiligen Rechtsnormen fügen und in sich zumindest halbwegs logisch-ableitbare Rechtswirkungen zeitigen.

Im Sinne einer systematischen Auslegung muss bei § 132a StGB daher auch der übergeordnete § 132 StGB beachtet werden, welcher den Amtsmissbrauch, also die unbefugte Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten bzw. die Anmassung entsprechender Entscheidungsgewalt bestraft.
Es kann daher beim Schutzzweck des § 132a StGB nicht um die Unversehrtheit der religiösen Gefühle der Gläubigen handeln, genausowenig wie um eine Sonderstellung jeglicher Form religiöser Gewänder etwa als Res extra commercio. Geschützt werden soll m.E vielmehr vor einer Sonderform der Täuschung, bei der sich ein Aussenstehender die Stellung eines klerikalen Lehrers anmasst und gewissermassen als „Falscher Priester“ Gottesdienste vollzieht, Predigten hält oder ähnliche, nur einem bestimmten Kreis vorbehaltenen Kultushandlungen vornimmt, zu welchen er nicht berechtigt ist. [9]

Nun befähigt die Stellung als Mönch in einem religiösen Orden üblicherweise aber eben gerade nicht dazu, besondere Kultushandlungen vorzunehmen, sondern bezeichnet vielmehr die ordentliche Mitgliedsform ohne Sonderrechte. Diese werden denn auch durch ein von der normalen Ordenstracht verschiedenes, „Ornat“ genanntes liturgische Gewand ausgedrückt, das wohl gewissermassen als eine Art kirchliche „venia legendi“ angesehen werden kann.

Insofern muss man die Mönchskutte eher als ein ursprünglich rein funktionales Kleidungsstück ansehen, welches sich aus der Tradition heraus gehalten hat, und in heutiger Zeit aufgrund des grundlegenden Modewandels in der Gesellschaft halt gleichzeitig auch ein Erkennungszeichen verschiedener Kirchen geworden ist, ohne dass sie eine eigentliche, eigen zu diesem Zweck geschaffene Uniform darstellen würde. Dass diese Auslegung wohl zutreffend ist, bekräftigt sich in der Tatsache, dass der Habit aus der Arbeitskleidung römischer Bürger des 6. Jahrhunderts entstanden ist.

Wenn dem so ist, dann ist es folgerichtig auch nicht möglich, allein durch das Überstreifen einer Mönchskutte Täuschungen in obengenanntem Sinn vorzunehmen,
womit der straf-begründende Schutzzweck wegfällt.

Alternativ kann man auch damit argumentieren, dass das Strafrecht, eben gerade weil es ultima Ratio sein muss, nur Verhaltensweisen erfassen darf, deren Unwertsgehalt derart hoch und dementsprechend gesellschaftlich unerträglich ist, dass der Staat eine Schutzpflicht seiner Bürger verletzen würde, unterstellte er die entsprechenden Handlungen nicht der Strafbarkeit. Dies mag auf die Täuschung von Gläubigen über die eigene religiöse Lehrberechtigung wohl gerade noch zutreffen, sicherlich tut es das aber nicht auf künstlerische Werke, welche die kirchlichen Kleidungen lediglich als Inspiration für eigenständige Gewänder verwenden, mögen diese auch teilweise noch verwechselbar sein. (Das muss insbesondere dann gelten, wenn sich die Kunst nicht gegen die entsprechende Religionsgesellschaft richtet, von welcher sie inspiriert wird)

Wie dem auch sei, aus beiden Argumentation heraus ergibt sich jedenfalls, dass die Mönchskutte als bloss funktionale Bekleidung innerhalb einer Religionsgemeinschaft nicht als religiöse Amtskleidung im Sinne von § 132a Abs. 2 StGB eingestuft werden kann.

Im Ergebnis muss man daher i.c. auch die Anwendbarkeit von § 132a Abs. 2 StGB verneinen.
(Ob nun wegen fehlender Verwechselbarkeit oder fehlender Funktion der Kutte als Amtskleidung ist ja eigentlich egal...)

Spassvögel könnten jetzt noch auf die Idee kommen, § 86a StGB (Verwendung von verfassungsfeindlichen Uniformen) prüfen zu wollen, weil die ursprünglichen Assassinen ja eine „verfassungsfeindliche Organisation“ [10] gewesen sein müssten. Glücklicherweise ist das aber weder im Wortsinn noch in der Auslegung zutreffend.

Gem. § 86 Abs. 1 Ziff. 2 StGB muss es sich bei verfassungsfeindlichen Organisationen, soweit sie nicht vom BVerfG explizit verboten wurden (Ziff. 1) oder es sich um die Nazis handelt (Ziff. 4) um Vereinigungen handeln, die „unanfechtbar verboten“ sind, weil sie sich gegen die verfassungsmässige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten.

Die Erfordernis des Unanfechtbaren Verbots legt eine sehr hohe Schranke nahe, die wohl im Sinne einer hypothetischen Prüfung von Ziff. 1 zu verstehen ist, es sich also um eine Vereinigung handeln, muss, die – würde sie heute als Partei gegründet – morgen mit einem Verbotsantrag belegt und übermorgen vom BVerfG durch „unanfechtbares“ [11] Urteil verboten würde. Die Kriterien für ein solches Vorgehen sind extrem streng, wie es etwa der sehr erfolgreich gescheiterte erste Verbotsantrag gegen die NPD exemplarisch darlegt.

Demnach muss sich das nach objektiver Betrachtung des „charakteristischen Gesamtbild ihrer Ziele“ richten und darf sich nicht allein (aber auch!) nach dem Verhalten der Mitglieder oder anderer Umstände, die nicht direkt der Vereinigung zurechenbar sind, bemessen. Sie muss sich „gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung [...] feindlich verhalten“, sich als „Staats- und Verfassungsfeind“ gebärden, jegliche Aspekte einer „loyalen verfassungsrechtlichen Institution“ abgeschüttelt haben, ja regelrecht zu den „Feinden der Freiheit“ gehören. Zudem muss von ihr eine „konkret nachweisbare Gefahr für den Fortbestand des freiheitlichen Verfassungsstaates“ ausgehen, was sich insbesondere dadurch zeigen muss, dass „in organisierter Weise Angriffe auf die Würde des Menschen erfolgen“. [12]

Bestätigt wird diese Rechtsansicht durch die Rechtsprechung des EGMR zum Parteienverbot, so etwa in der Sache Freedom and Democracy Party v. Turkey, wo der Gerichtshof festhielt, dass weder ausreichend ist, als Vereinigung die territoriale Ordnung eines Landes stören zu wollen, noch der Versuch, eine bestimmten Teil einer Volksgruppe als eigenständige Nationalität etablieren zu wollen, um ein Verbot mit Zwangsauflösungscharakter ohne Verletzung der Vereinigungsfreiheit nach Art. 11 EMRK aussprechen zu können. Gefordert wird vielmehr, dass die Vereinigung aktiv zur Nutzung von Gewalt aufruft, die mit einer Zurückweisung demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien oder der Anstiftung zu deren Bruch einhergehen muss. [13]

Auch die Entscheidung in der Sache Refah Patisi v. Turkey, die üblicherweise als massgebender Leitentscheid zum Parteienverbot zitiert wird [14], liefert wertvolle Erkenntnisse zu der Frage, was denn eine Vereinigung genau tun oder fordern muss, um wegen Verfassungsfeindlichkeit aufgelöst werden zu dürfen. Demnach muss mit gewaltsamen Mitteln oder mit dem Aufruf zur Gewaltausübung versucht werden, eine Herrschaftsform zu errichten, die mit der bisherigen Rechtsordnung bricht und die zudem mit den grundlegendsten demokratischen und freiheitlichen Rechtsgrundsätzen, insbesondere mit den durch die jeweilige Verfassung Grundrechten unvereinbar ist. Konkret wurde dies für die Einführung der Sharia in ein europäisches, säkulares Rechtssystem sowie für die Einführung pluralistischer, aufgrund der Religion diskriminierender, Rechtsordnungen, die faktisch zu einer Verfolgung aufgrund der religiösen Überzeugung (als Form des Jihads) führen, bejaht.

Notwendig, um als „unanfechtbar verbotene“ Vereinigung zu gelten, ist also ein Anspruch, sich als Gruppe selbst aus oder über die rechtliche Verantwortung stellen zu wollen und quasi apodiktisch-totalitär in freier Willkür und unter Verletzung oder Verachtung aller Rechtsregeln über ein Kollektiv von Untertanen herrschen zu wollen. [15]

Das haben die ursprünglichen Assassinen aber niemals getan. Zwar haben sie das rechtsstaatlich klar zu ächtende Mittel des politischen Mordes eingesetzt, um einen eigenständigen Staat nach den Vorstellungen der ismailitischen Rechtsschule zu etablieren, doch genügt dies m.E gerade eben noch nicht, um von einer „unanfechtbar verbotenen“ Vereinigung im Sinne des Gesetzes auszugehen.

Wenn, wie es das humanitäre Völkerrecht [16] noch immer vorsieht, in Ausnahmesituationen grundsätzlich erlaubt ist, sogenannte Kombattanten mit Waffengewalt zu eliminieren, dann kann man nämlich aus dem blossem Faktum, dass die ursprünglichen Assassinen Menschen getötet haben, noch nicht schliessen, dass sie eine „unanfechtbar verbotene“ Vereinigung sein müssen. [17] Zudem galt zur Zeit der ursprünglichen Assassinen wohl noch der aus antiker römischer Zeit stammende Rechtsgrundsatz von „inter arma enim silent leges“, demgemäss im Kriegsfalle das sonst geltende Recht ausser Kraft gesetzt ist (es „ruht“ sozusagen bis Kriegsende), sodass durch Kampfhandlungen gar nicht erst Rechtsbrüche begangen werden konnten.

Es darf dabei nämlich nicht vergessen werden, dass vor 800 Jahren die Grenzen zwischen privatem und staatlichem Besitz noch nicht derart ausgereift waren, wie dies heute der Fall ist. Der Überlieferung nach sind die Burgen Alamut und Masyaf durch mehr oder minder legitime Eigentumsübertragungen in die Hände der ursprünglichen Assassinen geraten. [18]

Damit besassen sie natürlich auch das Recht, ihren Besitz gegenüber Eindringlingen im Rahmen der Notwehr zu verteidigen, sodass ihnen etwa die Gegenwehr im Rahmen der Belagerungen durch Malikschah im Jahre 1092, Sandschar im Jahre 1101, Muhammad Taler im Jahre 1107, Ahmad ibn Nizam im Jahre 1117, sowie Salah-ad-din im Jahre 1176 als Vereinigung nicht zur Last gelegt werden darf.

Angesichts der ihnen vorwerfbaren Taten, das Mittel des politischen Mordes stellt sich dann also die Gretchenfrage, ob die ursprünglichen Assassinen damit vorhatten, eine vom Recht und allen Rechtsgrundsätzen losgelöste Herrschaftsordnung zu etablieren, die sich insbesondere in der Etablierung einer fundamentalistisch-strikten religiösen Strafrechtsordnung (Sharia) und der religiösen Verfolgung Ungläubiger (Jihad) äussern würde. Nach Durchsicht aller valider Quellen [19] darf man diese Frage wohl eindeutig verneinen. [20]

Vergessen werden darf auch nicht, dass die ursprünglichen Assassinen auf das Mittel der Rache grundsätzlich verzichteten [21] und dies bereits zu einer Zeit, als in Europa das Fehderecht und die folterähnlichen Gottesurteile noch nicht endgültig durch die peinlichen Strafrechtsordnungen abgelöst wurden. (Diese kamen erst im 13. Jahrhundert durch den Sachsenspiegel Eike von Rebgows und die davon abgeleiteten Rechtsbücher des Schwaben-, Franken- und Deutschenspiegels zustande.) [22]

Gemessen am damaligen Recht waren die ursprünglichen Assassinen vergleichsweise erstaunlich fortschrittlich: So wurde grundsätzlich der Täter nach individueller Schuld beurteilt, es gab keinen inquisitorischen Prozess und dementsprechend auch nahezu keine Anwendungsfälle der Folter, zumal erstaunlicherweise auch kein einziger validen Bericht über sexuelle Ausbeutung oder sexuelle Gewalt existiert [23] und auch die Todesstrafe wurde nur für Verrat ausgesprochen. [24]

Das sind alles Formen einer Strafrechtsordnung, die einem Rechtsstaat würdig sind und die als Beschränkungen der Gewaltausübung durch staatliche Strafverfolger so in Europa weder im 16. Jahrhundert durch die Constitution Criminalis Carolina noch im 18. Jahrhundert durch die Constitution Criminalis Theresiana garantiert wurden und erst mit der Abschaffung des Inquisitionsprozess ins europäische Strafrecht einzogen. [25]

Aus der mehrfach bezeugten Praxis der Beherbergung früherer Feinde und der Weigerung, diese ihrem sicheren Tod auszuliefern, kann man schliesslich sogar eine Vorform der Einhaltung des Non-refoulment-Gebots ableiten, ein Rechtsgrundsatz, der in Europa erst im modernen Recht durch die Genfer Konvention 1951 verbindlich kodifiziert wurde.

Die ursprünglichen Assassinen verzichten zudem bei der Verübung ihrer Attentate auf die Benutzung besonders verwerflicher Mittel wie etwa Gift oder Schusswaffen und sie unternahmen keinerlei Versuch der Flucht oder der Verteidigung gegen die meist tödlich ausfallende und in Zorn und Wut geübte Rache der Hinterbliebenen ihrer Opfer.

Dementsprechend dürfen sie auch keinesfalls mit der heute populären Form des politischen Mordes durch Selbstmordattentäter verwechselt werden, die sich mit ihrem eigenen Tod ja regelmässig einer strafrechtlichen Beurteilung ihrer Taten entziehen. [26]

Man kann daher allerhöchstens hinargumentieren [27], dass die ursprünglichen Assassinen eine Kriminelle Organisation bildeten, die darauf gerichtet gewesen war, Straftaten nach § 211 StGB, also Morde zu begehen. Nur, es gibt für kriminelle und terroristische Organisationen (StGB 129, 129a) keinen zu § 86a StGB analogen Tatbestand, sodass das Benutzen von Kennzeichen krimineller und terroristischer Organisationen im Gegensatz zu verfassungswidrigen Vereinigungen nicht strafbar ist. Ob das rechtspolitisch so gewollt war, wage ich mal zu bezweifeln, es ist im Ergebnis jedenfalls aus Sicht des Rechtsgüterschutzes als Beitrag zu einem liberalen Strafrecht zu begrüssen. [28],[29]

Daher ist § 86a StGB nicht auf den Orden der ursprünglichen Assassinen anwendbar. Und selbst wenn er das wäre, bleibt fraglich, ob man dem Kostüm eines Fiktiven Charakters, der nicht den ursprünglichen Assassinen zugerechnet werden kann (sondern lediglich den modernen Assassinen, also dem fiktivem Abbild der ersteren, was etwas komplett anderes ist!), tatsächlich als verfassungsfeindliches Symbol einordnen könnte. Ich denke eher nein...

Demzufolge ist im Ergebnis jedenfalls auch § 86a StGB i.c. nicht einschlägig. [30]

Damit verlassen wir das Gebiet des Hauptstrafrechts und wenden uns dem Nebenstrafrecht zu.
Auf Bundesebene gibt es hierzu das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) sowie das Versammlungsgesetz, auf Landesebene das Bayrische Versammlungsgesetz und das Bayrische Landesstrafgesetz rsp. die baden-württembergische Inkorporation des Bundesrechts, [31] deren Strafvorschriften zumindest theoretisch auf den vorliegenden Fall passen könnten.
Sie sind daher wie folgt zu prüfen:

§ 118 OWiG stellt sogenannt „grob ungehörige Handlungen“ unter Strafe. Es ist insofern der Nachfolgeartikel zum berühmten Verbot des „groben Unfugs“, das selbst wohl schon immer Unfug war. Wie dem auch sei, jedenfalls ist auch eine „grob ungehörige Handlung“ nur dann strafbar, wenn sie in sich wenigstens eine abstrakte Gefährdung der Allgemeinheit oder der öffentlichen Ordnung darstellen kann. [32]

Soweit i.c überhaupt von einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung im Rechtssinne gesprochen werden kann, entstand diese durch die zahlreichen, hysterischen Artikel der Lokalpresse, welche dem Cosplayer nicht zugerechnet werden können, da dieser weder für die Publikation dieser Artikel verantwortlich ist, noch diese, gegen ihn gerichtete Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gewollt haben kann.

§ 118 OWiG ist folglich i.c. nicht einschlägig.

Auch aus der Rottweiler Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung, also aus Kommunalem Ordnungsrecht ergibt sich nichts anderes. Zwar regelt deren § 9 i. v. Mit § 31 Abs. 1 Ziff. 8 und dem dafür zuständigen Bussgeldkatalog als Anhang ebenfalls die „Belästigung der Allgemeinheit“, doch stellt er keine weitergehenden Verbote auf als § 118 OWiG. Auch nach dem Kommunalrecht von Rottweil muss eine „grob ungehörige Handlung“ jeweils mit einer Gefährdung der Allgemeinheit oder der öffentlichen Ordnung einhergehen, es erweitert lediglich den Tatkatalog an Beispielen belästigender Handlungen etwas. [33]

§ 9 i. v. Mit § 31 Abs. 1 Ziff. 8 ist folglich i.c. nicht einschlägig.

§ 126 Abs. 1 Ziff. 2 OWiG und § 126 Abs. 2 OWiG stellen das unbefugte Tragen von Berufstrachten religiöser Organisationen und Kirchen, sowie von allen Kleidern, welche damit verwechselt werden können, unter Strafe.

Ich kann hierbei keinen rechtlichen Unterschied zwischen „Berufstracht“ und „Amtskleidung“ ausmachen und verweise deshalb auf die oben ausgeführten Zeilen zu § 132a StGB. Wenn der Mönchshabit keine Amtskleidung ist, kann es m.E auch keine Berufstracht sein, womit sich die Frage der Anwendbarkeit von § 126 OWiG für das i.c. fragliche Kostüm von Altair erledigt. [34]

§ 126 Abs. 1 Ziff. 2 OWiG und § 126 Abs. 2 OWiG sind demnach i.c. nicht einschlägig.

Damit verlassen wir das Ordnungsrecht und gehen zum letzten Rechtskomplex über, dem häufig als Todschlagargument ins Feld geführten Vermummungsverbot,
dass sich aus dem Versammlungsrecht des Bundes und der Länder ergibt.

Dazu muss ganz kurz allgemein erläutert werden, was denn eine Versammlung im Rechtssinne genau ist, denn natürlich bedeutet es nicht dasselbe wie im allgemeinen Sprachgebrauch, das wäre ja einfach...(Und falls sich jemand gefragt hat, wo denn diesmal die Schleichwerbung bleibt... Herzlichen Glückwunsch fürs finden^^)

Also: Nach übereinstimmender Rechtsansicht von § 2 Abs. 1 BayVersG und dem Bundesverfassungsgericht ist eine Versammlung dadurch gekennzeichnet, dass es sich um eine politische oder sonstige Kundgebung einer bestimmten Meinungsansicht handeln muss, die darauf gerichtet ist, als Teil der öffentlichen Meinungsbildung zu wirken. [35] „Versammlung“ im Rechtssinne ist folglich etwa das, was der allgemeine Sprachgebrauch als „Demonstration“ kennt.

Dementsprechend handelt es sich bei Cosplay-Events nicht um Versammlungen, sondern um Veranstaltungen und die Beschränkungen der Versammlungsgesetze, die sich explizit nur auf Versammlungen beziehen, sind NICHT anwendbar. I.c. Scheitert die Anwendung natürlich auch schon daran, dass der Cosplayer allein war und eine Person nicht für eine Versammlung ausreicht...

Damit zu den konkreten Problematiken des Versammlungsrechts: § 3 VersammlG. § 7 Ziff. 1 BayVersG und § 23A LStVG regeln allesamt den selben Sachverhalt, nämlich denjenigen des Tragens von Uniformen an Veranstaltungen und Versammlungen. Dabei kommt es zwar nicht darauf an, ob es sich um tatsächliche Uniformen oder blossen Phantasiestücken handelt, doch ist nach all diesen Normen notwendig, mit der Uniform einen gemeinsamen politischen Willen ausdrücken zu wollen und die Tragweise der Uniform muss geeignet sein, die Bevölkerung einzuschüchtern.

Mit ganz ganz ganz viel Wohlwollen zugunsten der Hysterie mag man i.c. noch, wenn auch mit deutlichen Bauchschmerzen, die Eignung zur Einschüchterung bejahen können, ebenso deutlich muss man aber auch zum Schluss kommen, dass selbst obwohl wir keine Ahnung haben, warum der Cosplayer genau an diesem Tag an besagtem Ort vorbeilief, es sich eindeutig nicht um eine Handlung mit politischem Charakter handeln konnte, weil es an einer dafür notwendigen, irgendwie erfolgten Meinungsbekundung fehlt.
(Zudem handelt es sich bei Altairs Kleidung als Kostüm nicht um eine Uniform... [36])

Daher sind i.c. weder § 3 VersammlG noch § 7 Ziff. 1 BayVersG oder § 23A LStVG BR einschlägig.

Das eigentliche Vermummungsverbot ergibt sich dann aus § 17a VersammlG i.v. mit § 27 Abs. 2 Ziff. 2 VersammlG rsp. aus § 16 Abs. 2 Ziff. 1 BayVersG i.v. mit § 21 Abs. 1 Ziff. 9 BayVersG.

Wichtig dabei ist, dass sich all diesen Normen nicht nur auf Veranstaltungen beziehen, sondern eben auch auf „sonstige öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel“ anwendbar sind.

Das bedeutet, nach Massgabe des Gesetzes besteht ein Vermummungsverbot auch auf Cosplay-Events. [37]
Das muss einem nun allerdings nicht schrecken, weil es natürlich auch wieder einen Unterschied zwischen Vermummung im Rechtssinne und im allgemeinen Sprachgebrauch gibt.
(Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Und yay für die zweite Schleichwerbung in diesem Beitrag^^)

Demzufolge ist Vermummung eben gerade nicht jede Form der Maskierung oder durch Schminke verfremdeten Gesichtspartien sondern nur solche, die dazu bestimmt sind, die Identitätsfeststellung einer Person zu verunmöglichen. Dazu gibt es sogar bereits einen Leitentscheid aus Baden-Württemberg, nämlich vom Verwaltungsgerichts Karlsruhe, welches entschieden hat, dass die künstlerische Verwendung von Masken und Schminke auch dann erlaubt ist, wenn auf einer Versammlung ein über das generell bestehende hinausgehendes, ausdrücklich angeordnetes Vermummungsverbot durch Verfügung besteht. [38]

In diesem Sinne ist also auch ein Amon-Cosplay völlig unproblematisch, sofern man für die Behörden die Maske abnimmt und ganz artig seine Personalien angibt, wenn die das denn wissen möchten. Zusammengefasst kann man damit sagen, dass weder in Bayern noch in Baden-Württemberg das Versammlungsrecht Cosplay-Events in irgendeiner Art und Weise entgegensteht, was ja durchaus erfreulich ist^^.

Gesamthaft bleibt festzuhalten: Nein, es gibt kein generelles Verbot der Kostümierung in der Öffentlichkeit. [39]

Daraus, dass sich weder nach bundesrechtlichem Haupt- und Nebenstrafrecht, noch landesrechtlichem Nebenstrafrecht und Versammlungsrecht oder nach kommunalem wie bundesrechtlichem Ordnungsrecht auch nur eine einige Verfehlung des Cosplayers nachweisen lässt, ergibt sich natürlich auch, dass es KEINERLEI Handhabe gibt, ihn mit irgendeiner Form von Ermittlungen oder straf-prozessualen Massnahmen zu unterziehen.

Dementsprechend gab es auch keinen Grund für eine auch nur kurzfristige Festnahme, sollte eine solche erfolgt sein, genausowenig wir für die offensichtlich erfolgte Hinterlegung (oder evt. sogar Beschlagnahme?) des Kostüms, das wir dann in den Lokalmedien abphotographiert bewundern durften.

Sollte der Redakteur der NRWZ (P. A.) übrigens entgegen besseren Wissens von einer Festnahme sprechen [40], obwohl er nach allen objektiven Gesichtspunkten auch als Laie davon ausgehen muss, dass dessen Voraussetzungen niemals haben vorliegen können und eine solche auch tatsächlich nicht vorgenommen wurde, würde er sich übrigens der Verleumdung gem. § 187 StGB strafbar machen, weil er damit implizit den Polizisten vorwirft, sie hätten rechtswidrig, nämlich im Sinne der verbotenen Verfolgung Unschuldiger, strafbar gem. § 344 Abs. 1 StGB gehandelt.

Sollte der Cosplayer Rechtsbeistand benötigen, um sein Kostüm wiederzubekommen, um etwaige Folgeermittlungen abzuwenden, oder eine Gegendarstellung in den über ihn abfällig schreibenden Lokalmedien zu erzwingen, bin ich gerne bereit, pro Bono und unkompliziert per ENS, Mail oder Kommentar zu helfen^^ (Und ja, wenns denn unbedingt sein müsste, würde ich selbst für diese Kleinlichkeiten eine Verfassungsbeschwerde schreiben...)

Und wer bringt jetzt der Polizei (und dem Elternbeirat) bei, dass Assassinen so ziemlich alles mögliche waren (oder gewesen sein sollen), nur keine „Kampfmönche“?

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- エル自由化|Eru Jiyuka, ein moderner Assassine, Cosplayer, Japanologie- und Jurastudent, der sogar – ganz böse – ein eigenes Rechtsinstitut (BV-GG-CHEM) als Koordinator zum Erhalt von Freiheit und Grundrechten leitet und damit sogar – noch böser – schon von einem Menschenrechtler und dem Ständerat (13.2043) als legitime Rechtspersönlichkeit anerkannt wurde...

PS: Übrigens, Neo-Templer gibt es tatsächlich auch immer noch, wenngleich sie in der Realität halt eben nicht Abstergo Industries heissen, sondern eher so etwas wie „Anti-Zensur-Koaltion“ oder „Klagemauer.TV“ als Namen tragen... (Zu letzteren beiden Hysterievereinen kommt auch noch ein ganz laaaaaaaaaaaaaaaaaaanger Blogeintrag, keine Sorge^^)

PPS: Und von allen Assassinen-Cosplayer, die ich auf der letzten Con getroffen hab (mein blaues Conhon mit dem weissen Assassinen-Zeichen drauf meint, das seien FushiguroMegumi und JeroKurohoshi gewesen, die auch hier auf Mexx rumkreisen und zudem drei weitere, die leider nur auf FB zu finden sind...), hätte ich jetzt gern mal eine völlig unjuristische, kurze Einordnung nach gesundem Menschenverstand, wie intelligent obige Medienberichterstattung auf völlig aussenstehende Personen so im Allgemeinen wirkt...

PPPS: Nur als Info für die mitlesenden schweizerischen Beamten: Ja, auch mit diesem Blogeintrag hab ich mit den Verlinkungen wohl wieder mehrere Verstösse gegen Art. 197 StGB in der Fassung nach Lanzarote begangen. Ich berufe mich mal vorsorglich auf dessen Abs. 9 Alt. II sowie Art. 20 BV i.v. mit Art. 14 StGB als Rechtfertigungsgrund, wenn's genehm ist... *das muss man ja jetzt immer dazuschreiben* Und nur um die Ernsthaftigkeit dieses Disclaimers gleich selbst vollständig zu unterminieren, geh ich jetzt mal ne Runde Scarlet Blade spielen...

Übrigens werde ich als angehender Jurist wohl nie verstehen, dass man im allgemeinen Sprachgebrauch „Freizügigkeit“ als Synonym für „Nacktheit“ benutzt. Bei uns ist „Freizügigkeit“ ein Grundrecht (Art. 11 GG / Art. 24 BV) und meint die freie Erlaubnis, sich innerhalb eines Rechtsstaates im Rahmen der Gesetze an beliebigem Ort anzusiedeln und seinen eigenen Haushalt dort zu gründen, wo man will...

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[0] Auch wenn er den lapidaren Halbsatz über die „Wichsvorlagen zur Begutachtung“ wohl noch bitter bereuen wird. Den werde ich jetzt nämlich immer genau so zitieren, wenn jemand von mir wissen will, warum ich mich für den Schutz von gezeichneter Pornographie als Kunst und gegen deren Zensur einsetze.

[00] Als eigener Beitrag zur fiktionalen Komparatistik: Der Name dieses fiktiven Mentors (und Usurpatoren) könnte von dem tatsächliche lebenden Feind der ursprünglichen Assassinen, Abbas von Rajj, ein seldschukischer Gouverneur und Massenmörder des 12. Jahrhunderts, der bis 1147 gelebt hatte und dafür berüchtigt war, Massaker an den Anhängern und Sympathisanten der ursprünglichen Assassinen zu verüben, abgeleitet sein. Vgl. hierzu LEWIS S. 101

[1] Demnach wäre i.c. eine Strafbarkeit schon mangels dazu notwendiger Rechtsgutsverletzung hinfällig. Das auch öffentliche Tragen von an sich nicht bedrohlich aussehenden Kostümen ohne jegliche weiteren Handlungen ebenso wie das Spazieren auf öffentlichem, sogar dafür vorgesehenen Gelände verstösst ganz offensichtlich nicht gegen rechtlich schützenswerte Interessen. Damit könnte man die Prüfung theoretisch beenden, zumindest wenn das Recht so einfach gestaltet wäre wie es sein könnte (und sollte)... Ist es aber natürlich nicht und darum gehts auch weiter^^

[2] Dafür genügt auch nicht, dass die ursprünglichen Assassinen zeitweise (1230ff.) Tribut an den Johanniterorden leisteten und damit von den damaligen Herrschern wohl zumindest als so etwas ähnliches wie eine tolerierte Gruppe angesehen werden mussten, denn grundsätzlich war auch schon damals jedermann abgabenpflichtig, auch und gerade wenn er keine Behörde oder sonstige offizielle Stelle unterhielt... (Um mit Shaun Hastings von den modernen Assassinen zu sprechen: „Daran hat sich nicht viel geändert“)

[3] Ob man übrigens die Nizariten wirklich als einzigen indirekten Rechtsnachfolger der ursprünglichen Assassinen ansehen kann und muss, wie das Wiki es nun nahelegt, anstatt wie bisher auf das historisch gewachsene Kollektiv ismailitischer Religionsströmungen hinzuweisen, wage ich zu bestreiten, denn es klafft doch eine ganz erhebliche geschichtliche Lücke von über 500 Jahren zwischen dem Wirken der beiden religiösen Gruppen...

[4] Zur Kritik und Ablehnung dieses Rechtskonstrukt unter dem alten Sittlichkeitsrecht der Schweiz: MINELLI, Obszönes vor Bundesgericht S. 73ff.

[5] Ermittelt nach den Kommentaren bei SPON und VETTER:
https://www.lawblog.de/index.php/archives/2014/07/05/ein-cosplayer-geht-ueber-eine-wiese/,
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/rottweil-kampfmoench-laeuft-ueber-schulgelaende-a-979051.html,
http://www.spiegel.de/panorama/kampfmoench-von-rottweil-identitaet-des-unbekannten-geklaert-a-979310.html

(Falls jemand die Postings auf Facebook zur Sachfrage analog auswerten möchte, nur zu. *das Ergebnis dann auch gerne hier anfügt* Ich boykottiere dieses „Darknet“ [Ansicht der Zürcher Piraten] ja, weil ich seine systematische Datenschutzverletzungen für unerträglich halte...)

[6] Die Free the Soul-Robe aus 999, mit der ich demnächst mal aus spontaner Solidarität die Empfindlichkeit der hiesigen Stadtbevölkerung experimentell überprüfen werde, ist also eigentlich ein abgewandelter Minoriten-Habit. *das spontan ziemlich cool find* Was man nicht alles so nebenbei lernen kann, wenn man nur will^^ Ob die Autoren des Spiels sich wohl davon haben inspirieren lassen, als sie die designet haben?

[7] Übrigens benutzt der fast schon zwanghaft friedliebend eingestellte Jainismus das Hakenkreuz als häufigstes religiöses Symbol... Soviel nur dazu, dass die Verwendung dieses Zeichens immer eine Ablehnung des freiheitlichen Rechtsstaats und der „gesetzlich verankerten Grundrechte“ mit sich bringen müsse.

[8] Dafür aber in die Rechtsprechung, die mit schöner Regelmässigkeit Nonsens-Gesetze mit der in BGE 131 I 1 E. 4.2 entwickelten Formel der absoluten Sinn und Zwecklosigkeit wieder aufhebt...

[9] Das kommt auch noch in heutiger Zeit durchaus gelegentlich immer mal wieder vor.
So beispielsweise: http://www.kath.ch/index.php?na=11,10,0,0,d,75317
http://www.stol.it/Artikel/Chronik-im-Ueberblick/Lokal/Groeden-Falscher-Priester-angezeigt,
http://www.welt.de/vermischtes/article10790164/Sozialhilfeempfaenger-war-jahrelang-falscher-Priester.html, http://www.news.at/a/falscher-priester-als-aushilfs-orten-129335, http://www.t-online.de/nachrichten/panorama/buntes-kurioses/id_15545036/falscher-priester-wollte-beichte-abnehmen.html

[10] Der Wortlaut von § 86 StGB und § 86a StGB spricht zwar von „verfassungswidrigen Organisationen“, das ist m.E aber sprachlich falsch. Von „verfassungswidrig“ spricht man üblicherweise dann, wenn eine bestimmte Gesetzesnorm mit den im Grundgesetz garantierten verfassungsmässigen Rechten unvereinbar ist und daher aufgehoben werden muss, also zur Beschreibung eines konkreten Verfassungsbruchs. Private Organisationen können die Verfassung aber gar nicht brechen, weil sie nicht der Staat sind, welcher als alleiniger Adressat zur Gewährung der Grundrechte verpflichtet ist. Privatpersonen können deshalb m.E prinzipiell auch keine Menschenrechtsverletzungen begehen, unabhängig davon, wie verwerflich oder kriminell ihr persönliches Tun sein mag. Möglich ist lediglich, die eigene Einstellung, also die innere Überzeugung zur Verfassung als Einzelperson wie als Organisation zu bekunden und die kann eben von euphorischer Freundlichkeit bis zu abgrundtiefem verhasster Feindlichkeit so ziemlich alles sein...

[11] Warum das BVerfG nach seiner Gründung, die zeitlich beinahe mit dem Beitritt zur EMRK zusammenfällt, welcher mit einer zumindest faktischer Unterstellung im Einzelfall unter das EGMR einhergeht, immer noch unter jedes seiner Urteile „Diese Entscheidung ist unanfechtbar.“ schreibt, wird mir wohl ewig ein Rätsel bleiben.
Falls es jemand auflösen kann -> bitte in die Kommentare damit, ja? ^.^

[12] BVerfGE - 2 BvB 1/01 -, - 2 BvB 2/01 -, - 2 BvB 3/01- E. 30, E. 70, E. 84, E. 139, E. 141

[13] EGMRE 23885/94 E. 38, E. 40f.

[14] So etwa: FROWEIN/PEUKERT Die EuropäischeMenschenRechtsKonvention S. 380,
http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/npd-verbot-deutschland-vergisst-europa/

[15] EGMRE 41340/98 E. 98, E. 99, E. 100, E. 102, E. 110, E. 116, E. 119, E. 123, E. 128, E. 130

Wenngleich diesem Entscheid im Ergebnis – insbesondere in der Wertung der Scharia und des Jihad als antidemokratisch und entsprechend konventionswidrig! – deutlich zuzustimmen ist, so bietet er doch in der Begründung an drei Stellen Anlass zur Kritik.

Spoiler
Die Erwägung 103 ist m.E juristisch gänzlich falsch. Das Gericht geht darin von der Ansicht aus, Art. 1 EMRK würde es einem Mitgliedsstaat erlauben, Massnahmen gegen Gruppierungen, welche die Grundrechte ablehnen und auf deren Abschaffung hinarbeiten, treffen zu dürfen. Das ist aber gerade NICHT der Sinn von Art. 1 EMRK. Dieser verpflichtet vielmehr die Mitgliedstaaten dazu, jedem Menschen auf ihrem Staatsgebiet alle Grundrechte nach der EMRK zukommen zu lassen und deren Geltung zu garantieren. Art. 1 EMRK schränkt also, wenn überhaupt, dann die Macht des Staates ein, nicht die Macht von Privaten!

Die Erwägung 131, worin festgelegt wird, dass die Verfehlungen und auch alle problematischen Äusserungen der Mitglieder unmittelbar zu Lasten der Vereinigung gehen und dieser in vollem Masse zugerechnet werden müssen, geht m.E zumindest deutlich zu weit. Dabei wird die individuelle Verantwortung eines Menschen für seine eigenen Handlungen, wie dies etwa aus Art. 6 BV hervorgeht, vom Gericht argumentativ zu wenig stark gewichtet.

Die Erwägung 137 erscheint inhaltlich zwar nicht falsch, aber äusserst seltsam begründet.
Weshalb das vorliegen der selben Fakten keine unterschiedliche juristische Wertung unter dem Gesichtspunkt verschiedener, von einander unabhängigen Menschenrechte zulassen sollte, ist m.E völlig unverständlich.

Hier wäre es sinnvoller gewesen, wenn dem denn so war, analog zur Erwähnung 139 darauf abzustellen, dass die entsprechenden Rechtsfragen sich erst als Folgeerwägungen der Parteiauflösung stellen, und somit identisch zu jenen sind, die mit der Prüfung der Verletzung von Art. 11 ERMK bereits in genügendem Ausmass behandelt wurden.

Sollte das Gericht jedoch Erwägung 137 getroffen hatte, weil es schlicht keine Lust auf die weitere Überprüfung der in Frage gestellten Verletzungen von Grundrechten hatte, wäre das eine Fehlentscheidung.


[16] Diese Bezeichnung finde ich übrigens zutiefst zynisch und verlogen, denn an einem Krieg kann schon begrifflich prinzipiell absolut nichts human sein. „Tötungsbegrenzungsrecht“ wäre ein weit ehrlicher und damit auch sinnvollerer Titel für diese Abart des Völkerrechts. Selbst der alte Begriff „Kriegsvölkerrecht“ (Ius In bello) beschreibt adäquater, worum es in diesem Rechtsgebiet wirklich geht... Völkerrecht ist allerdings leider ohnehin grösstenteils Internationales Faustrecht -.-

[17] Wer a.M. vertreten will, müsste auch den UNO-Sicherheitsrat zu einer solchen erklären.
Das wäre zwar lustig, sinnvoll begründbar erscheint es mir aber nicht wirklich^^

[18] Alamut geriet durch eine Art Rechtstrick unter die Kontrolle der ursprünglichen Assassinen: Hassan-i Sabbah sandte einige seiner Anhänger in die Burg, um den Burgherren zu bekehren. Als dies nicht gelang und die Missionare aus der Burg geworfen wurden, liess sich Sabbah im Jahre 1090 selbst und in Verkleidung in die Burg bringen. Er wurde recht bald erkannt und vom Burgherren ebenfalls dazu aufgefordert, das Gelände umgehend zu verlassen. Sabbah weigert sich jedoch und bat dem Burgherren einen Betrag über 3000 Golddinare an, wenn dieser im Gegenzug dafür ihm Titel und Burg übergeben würde. Der Burgherr, welcher schnell begriff, dass Sabbah sich nur mit militärischer Gewalt entfernen liesse und der sich auf einen solchen offenen Kampf nicht einlassen wollte, nahm das Angebot an und zog mitsamt seinem Gefolge ab. (LEWIS S. 69f.)

Masyaf hingegen wurde ordentlich tradiert und dann eingenommen: Als die Kreuzritter im Jahre 1099 das Gebiet durchzogen, befand sich die Burg im Besitz der Mirdasiden. 1103 wurde sie kurzzeitig von den Kreuzrittern eingenommen, konnte aber nicht gehalten werden. 1109-1110 bezahlte der Eigentümer, der Atabeg von Damaskus, Tribut an den Grafen von Tripolis, damit dieser die Herrschaft Masyaf von Überfällen ausnahm. 1127 wurde die Herrschaft an die Banu Munqidh verkauft. Aus deren Händen gelangte sie an die Assassinen. [...]
1141 besetzten sie die Burg Masyaf. Im Laufe der Zeit konnten sie im unzugänglichen Gebirge ein autonomes Gebiet in unmittelbarer Nähe der Kreuzfahrerstaaten Antiochia und Tripolis bilden.
Die Burg wurde im 12. und 13. Jahrhundert ausgebaut und diente der Sekte als Hauptsitz in Syrien.

(Nachzulesen im Wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Masyaf)

Die ursprünglichen Assassinen besassen zudem noch einige andere, weniger wichtige Festungen. [Lamasar, Quhistan/Tabas, Girdkuh, Schahdiz in Persien und Ägypten, Aleppo. Damaskus und Quadmus in Syrien] Es wäre sehr kompliziert (und sprengt den Rahmen dieser an sich nur anekdotenhaft gedachten rechts-historischen Betrachtung deutlich), hier im einzelnen für jede Festung die Legitimität der Übereignung rsp. territorialen Aneignung ausführlich auf die Konformität mit dem mittelalterlichem Vertrags- und Völkerrecht hin zu prüfen, soweit das aufgrund des oft schlecht erhaltenen Zustands historischer Rechtsquellen überhaupt noch möglich ist.

Wer sich dafür interessiert, den muss ich an die Quellen verweisen, insbesondere an
LEWIS (1993) Die Assassinen – Zur Tradition des religiösen Mordes im radikalen Islam S.71-149,
BARTLETT (2002) The Assassins – The Story of Medieval Islam's Secret Sect S. 71-160,
HODGSON (2005) The Secret Order of Assassins – The Struggle of the early Nizari Isma'ilis against the islamic World S. 37-239,
DAFTARY (1994) The Assassin Legends – Myths of the Isma'ilis S. 31-125

[19] Kurz zur Quellenkritik: Es gibt drei weitere Werke, die mir zur Durchsicht vorlagen, die ich aber bewusst nicht zitiert habe.
Dies sind BROCARDUS (1332) Directorium ad Passagium,
WITHOF (1765) Das meuchelmörderische Reich der Assassinen und
HAMMER (1818) Die Geschichte der Assassinen aus Morgenländischen Quellen

Ich halte diese Quellen aus folgenden Gründen für ungeeignet, die relevanten historische Fakten akkurat wiederzugeben –
BROCARDUS gibt in seinem Bericht selbst an, dass alle seine Beschreibungen über die Assassinen auf blossem Hörensagen beruhen.

(„Da ich sie nicht persönlich gesehen habe. sondern das Obige nur aus mündlichen Berichten oder speziellen Schriften kenne, kann ich nicht mehr darlegen und auch keine vollständigen Informationen liefern.“ Zitiert nach LEWIS, S. 15)

WITHOFs Werk ist eine christliche Moraltirade, die nur schon aus Prinzip kein gutes Haar an allen nicht-christlichem Kulturen und Gemeinschaften lassen darf und sich daher – durchaus konsequent – bereits im Vorwort (S. 11) wunderschön selbst entlarvt.

(„Die Assassinen waren ein hässliches Volk. Aber auch die schlimmsten Sachen, wenn sie gemalt werden, müssen schön aussehen. Der Verlust des Paradieses war eine arge Begebenheit. Aber wie schön hat Milton sie geschildert? Mein Gemälde der Assassinen ist eine historische Schilderung. Sie muss darum so schön, als die miltonische nicht sein. Wohl ihr! Wenn sie richtig ist. Dem habe ich nachgestrebt. Auch noch wohl ihr! Wenn sie keinen fremden Hässlichkeiten, keine fremde Fehler hat.") Dieses Werk als „herausragende wissenschaftliche Arbeit“ zu betiteln, wie das Wiki es tut, halte ich dementsprechend für grundfalsch.

HAMMER schliesslich begeht den umgekehrten methodischen Fehler. Zwar stützt er sich ausschliesslich auf arabische Quellen, doch bestehen diese grösstenteils aus sunnitischer Propaganda, die sich gegen die von ihnen als ungläubig empfunden und als Feinde aktiv bekämpften ursprünglichen Assassinen richtet. Das wäre grundsätzlich kein Problem, da sich etwa auch TACITUSes Germania, einer Abhandlung über das germanischen Volks aus der wohl sehr subjektiven Sicht eines römischen Politikers bei einer entsprechend kritischen Betrachtung durchaus einige Fakten über die Kultur der Germanen entnehmen lassen, doch belässt es HAMMER leider bei der blossen Nacherzählung der von ihm verarbeiteten Werke und lässt eine wissenschaftliche Quellenkritik gänzlich vermissen. (Zu dieser Argumentation bzg. HAMMER zustimmend LEWIS S. 30f.)

[20] Während die Ablehnung sowohl des Jihad als heilige Kriegsführung gegen Ungläubige als auch das Verbot der gewaltsamen Bekehrung gut dokumentiert ist und von allen wissenschaftlichen Quellen dargelegt wird (LEWIS S. 123 et 182, HODGSON S. 60 et 116, BARTLETT S. 82), ist die Haltung der ursprünglichen Assassinen zur Sharia im Wandel der Zeiten nicht derart klar gefestigt gewesen und bedarf genauerer Erläuterung: (In kürzer und wohl genauso richtig, wie es hier im Folgenden etwas wissenschaftlicher mit Quellenbelegen ausgeführt wird, gibt es das auch als Video: http://www.youtube.com/watch?v=oQ7tsCcXMyA)

Spoiler
Unter Hassan-i-Sabbah und seinem Nachfolger Busurgumid scheint zunächst eine eher symbolische, nicht am Wortlaut klebende Auslegung des Korans, die sich insbesondere im Verzicht auf die umstrittenen Hadd-Strafen äusserte (Alkoholkonsum wurde allerdings dennoch bestraft), geherrscht zu haben. (LEWIS S. 49f., HODGSON S. 51, BARTLETT S. 79ff.,
a.M. DAFTARY S. 38 der aus der Tatsache, dass Sabbah sehr asketisch gelebt hat – m.E nicht nachvollziehbar – schlussfolgert, er müsse eine besonders strenge Auslegung der Sharia befürwortet haben und sich für deren strikte Einhaltung eingesetzt haben)

Dies änderte sich jedoch durch das Wirken von Sabbahs 2. Nachfolger, Muhammad, der selbständig und ohne Rücksicht auf die Lehre und Überlieferung Sabbahs, eine Hinwendung der ursprünglichen Assassinen an die Sharia und deren uneingeschränkte Geltung einforderte. Da dies, wie zu erwarten war, von den noch stark von der Gründungsideologie und dementsprechend von einer eher ablehnenden Haltung zur Sharia überzeugten Anhänger nicht widerstandslos hingenommen wurde, musste Muhammad seine Herrschaft mit Gewalt durchsetzen, was den inneren Zusammenhalt der Glaubensgemeinschaft empfindlich störte und schliesslich zu einem offenen Konflikt zwischen ihm und seinem Sohn Hasan-i Salam führte, der in der Ermordung 250 seiner Gefährten mündete. (LEWIS S. 103, HODGSON S. 148, BARTLETT S. 113f.)

Wenn auch dadurch arg dezimiert, ging aus diesem Streit letztendlich doch Hasan-i Salam siegreich aus, weil Muhammad letztlich einem natürlichen Tod erlag, ohne dass er die von ihm bekämpfte Ideologie innerhalb der Glaubensgemeinschaft hätte auslöschen können. Da Salam sich in Gegensatz zu seinem Vater stark an Sabbahs Lehre anlehnte, diese übernahm und erweiterte, wurde er schliesslich als legitimer neuer Nachfolger von den Anhängern akzeptiert. Salam erklärte kurz darauf als erste Amtshandlung den Sinn des Islamischen Gesetzes für beendet, die Sharia dementsprechend für unanwendbar und gelobte ausdrücklich den Bruch mit grundsätzlichen religiösen Prinzipien, wie etwa der Einhaltung des Fastengebot, das Verbot des Alkoholkonsums oder die Ausrichtung der Gebetsteppiche nach Mekka. Er brach auch mit dem traditionellen vormodernem Strafrecht und sah die Todesstrafe nur noch für schuldhafte Verräter vor, die im Koran vorgesehenen Hadd-Strafen und das Erfolgsstrafrecht wurden gänzlich ausgesetzt.
(LEWIS S. 104ff., DAFTARY S. 41, HODGSON S. 148ff., BARTLETT S. 115ff.)

Diese mittelalterliche Frühform eines Liberalismus blieb auch unter Sabbahs 4. Nachfolger, Muhammad II. erhalten, der im Wesentlichen das Erbe Salams verwaltete, ohne eigenständig als Ideologe in Erscheinung getreten zu sein. (LEWIS S. 108, DAFTARY S. 41, BARTLETT S. 146ff.)

Eine erneute Änderung dieser grundlegenden Prinzipien der ursprünglichen Assassinen stellte sich unter Sabbahs 5. Nachfolger, Dschalal al-Din ein, welcher die Glaubensgemeinschaft noch einmal komplett reformieren wollte. Dabei übernahm er im Prinzip das Werk Muhammads, also den Zwang zur Anwendung der Sharia, kombinierte dies mit einer gerade zu anmassenden Ablehnung der Lehre Sabbahs, die sich darin äusserte, dass er dessen Schriften und auch alle literarischen Erzeugnisse seiner anderen Vorgänger verbrennen liess und verbündete sich darüber hinaus mit den eigentlichen Feinden der ursprünglichen Assassinen, den sunnitischen Herrschern von Bagdad, Arran und Aserbaidschan. Damit läutete Dschalal al-Din im Prinzip den Untergang der ursprünglichen Assassinen ein. Seine Anhänger wurden folgerichtig denn auch nicht mehr „Assassinen“ sondern „Neumuslime“ genannt. (LEWIS S. 112f., DAFTARY S. 42, HODGSON S. 217ff., BARTLETT S. 152ff.)

Erneut regte sich Widerstand gegen diesen Wandel, und erneut war dieser erfolgreich.
Unter Sabbahs 6. Nachfolger, dem gerade mal neunjährigen Ala al-Din, beziehungsweise unter dem für ihn kommissarisch tätigen Wesirs fiel der Zwang zur Anpassung der Glaubensgemeinschaft an die Sharia dahin, Verstösse gegen das islamische Gesetz wurden toleriert, wenn nicht gar gefördert.

Wenngleich die radikal-liberale Ordnung Salams nicht wider erreicht wurde, so genügten diese Lockerungen doch, um die ursprünglichen Assassinen noch einmal im Sinne eines letzten Aufbäumens zu etablieren. Trotz (oder gerade wegen?) der drohenden Angriffe durch die mongolischen Horden unter Grosskhan Temujin konnten sie eine grössere Zahl neuer Anhänger um sich scharen und sich sogar bis nach Indien ausdehnen, eine expansive Leistung, die unter keiner der früheren Burgherren, deren Strategie hauptsächlich auf der Verteidigung der bereits erlangten Gebiete bestand, gelingen konnte. (LEWIS S. 118ff., DAFTARY S. 43, HODGSON S. 225ff., BARTLETT S. 160ff.)

Sabbahs 7. Nachfolger und letzter Burgherr von Alamut, Rukn al-Din hatte auf die Ideologie der Glaubensgemeinschaft keinen wesentlichen Einfluss mehr, weil er zum grössten Teil seines Lebens zur blossen Marionette und Untergebener der mongolischen Herrschaft unter Grosskhan Möngke und seinem General und Bruder Khan Hulagu verdammt war.
(LEWIS S. 128ff., DAFTARY S. 43, HODGSON S. 265ff., BARTLETT S. 174ff.)

Die Rolle der ursprünglichen Assassinen in Syrien ist dann gleich noch etwas komplizierter.
Da der Burgherr von Masyaf faktisch demjenigen der Burg Alamut hierarchisch untergeordnet war, sind alle der vorstehend aufgezeigten Ideologiewechsel auch in Masyaf und Umgebung erfolgt, dies freilich jeweils mit einiger zeitlicher Verzögerung, die sich nur schon aus dem im Mittelalter doch reichlich komplizierten und zeitaufwändigen Weg des Nachrichtenaustausches zwischen Persien und Syrien ergab. (LEWIS S. 150 et 161)

Hassan-i Salam war von 1162 bis 1166 Burgherr von Alamut. Den Bruch mit dem islamischen Gesetz, der Scharia rief er als sogenanntes Millennium im Jahr 1164 aus. Zu diesem Zeitpunkt war Rashid al-Din Sinan Burgherr von Masyaf und damit als solcher für die Umsetzung dieser Rechtsablösung sachlich zuständig. Auch wenn diese nicht derart radikal wie in Persien erfolgt sein soll und Sinan selbst einige Einschränkungen vornahm, um Exzessen vorzubeugen, darf man wohl sagen, dass auch in Syrien ein für diese Zeit erstaunlich liberaler Geist einzog, welcher aufgrund des langen Wirkens Sinans (1164-1192) als Ideologie auch deutlich stabiler und gefestigter werden konnte.
(LEWIS S. 104, 107, 151f., DAFTARY S. 42, BARTLETT S. 125)

Erst 1211 war es möglich diese Ideologie unter dem Einfluss des 1. Nachfolgers Sinans, dem Alamut treu ergebenen Perser Nasr im Auftrag von Dschalal al-Din zu brechen und abzuschaffen, die Scharia hielt dann offiziell auch wieder Einzug bei den ursprünglichen Assassinen in Syrien. Diese wurden allerdings nicht in „Neumuslime“ umbenannt und es ist auch sonst unklar, in wie weit diese strikten religiösen Dogmen über den Bau von Moscheen hinaus überhaupt je Wirkung zeigten. Wenn überhaupt, dann haben sie den Fokus der Feindschaft von den sunnitischen auf die christlichen Herrscher etwas verschoben, doch den inneren Zusammenhalt der syrischen Glaubensgemeinschaft scheinen sie überhaupt nicht betroffen zu haben, weil im Gegensatz zum persischen Gegenstück keinerlei Aufzeichnungen über Widerstand oder Revolten innerhalb der Gruppe bestehen.
(LEWIS S. 161f., HODGSON S. 186, 197ff.)

An dieser zumindest scheinbaren Einhaltung der Scharia scheint in Syrien auch noch nach dem Tod Dschalal al Dins im Jahre 1221 durch Sinans 2. und 3. Nachfolger, Madschd al-Din und Tadsch al-Din festgehalten geworden zu sein. Mag dies auch nur Kosmetik und nicht wahrhaftige Überzeugung gewesen sein, so hat dieser vorgebliche ideologische Zusammenhalt mit Alamut wohl kaum geschadet, als es darum ging, gemeinsam eine vernünftige Tributlösung mit den Templern und den Johannitern, welche den ursprünglichen Assassinen in Syrien im Gegenzug für diese Bezahlung so etwas ähnliches wie offizielle Anerkennung zukommen liessen, zu treffen. (LEWIS S. 163)

Über die Ideologie der beiden letzten Burgherren von Masyaf, Sinans 4. und 5. Nachfolger, Nadschm al-Din und Schams al-Din ist nichts weiter bekannt. Hierbei besteht das selbe Problem wie beim letzten Burgherren von Alamut, nämlich dass sie nach dem Sturm auf die Burg Masyaf im Jahre 1270 lediglich noch formell eingesetzt waren, in Wirklichkeit aber bereits als Marionetten des herrschenden Mameluken Baibars I. fungierten, der sie nach Belieben ein und absetzen konnte und dies auch tat, sobald er fand, das sie ihm nicht mehr von Nutzen sein konnten. (LEWIS S. 164ff., HODGSON S. 272f., BARTLETT S. 203ff.)


Zusammengefasst kann man damit wohl feststellen, wenn man davon ausgeht, dass die Ideologie der ursprünglichen Assassinen aus der Lehre und Überlieferung des Gründers Hassan-i Sabbah besteht und demzufolge die Bestrebungen Muhammads und Dschalal al-Dins als Verrat an diesen Ideen ansieht, die Sharia und damit die Geltung eines religiös begründeten Strafrechts, das auf strikten, unabänderlichen religiösen Dogmen beruht, von den ursprünglichen Assassinen in ihrer Gesamtheit eher bis komplett abgelehnt wurde.
(Alle drei Vordenker [Sabbah, Salam, Sinan] sprachen sich dagegen aus...)

Ebenfalls kann man zusammengefasst sagen, dass die liberale Ordnung als tolerante, Wahrheitssuchende Widerstandsgruppe, welche in Assassins Creed vom Orden der Assassinen gezeichnet wird, im Prinzip zu dieser Zeitspanne (1189-1192) nicht als eindeutig falsch erscheint und auch im Lichte der historischen Quellen und der Überlieferung zumindest sehr gut möglich ist.

Der grösste Unterschied zwischen Fiktion und Realität dürfte allerdings die Frage der Religiosität betreffen, in welcher eindeutig Diskrepanzen bestehen. Während die ursprünglichen Assassinen als ismailitische Sekte klar einer monotheistischen Religion zugewandt waren, werden die modernen Assassinen unter Al Mualim und Altair als pluralistische, ja geradezu weltoffene Organisation mit atheistischen Tendenzen dargestellt. Man kann das kritisieren, wenn man will, aber m.E zeigt sich die künstlerische Freiheit gerade in der Gestaltung und Bearbeitung des historischen Materials, zumal AC ja nicht den Anspruch erhebt, eine historisch akkurate Darstellung sein zu wollen („Inspired by historical events and characters“)

Ich stimme daher Prof. Wittschier zu, der zur Verwertung der Divina Commedia in Dante's Inferno so schön sagte: „Ich sehe das so, dass ein Künstler, wenn er ein Medium übernimmt und weiss, dass er diesen Stoff bearbeitet, dass er dann auch das Recht hat, die Mittel des Stoffes anzuwenden“ und „Wenn wir heilige Gestalten im Glaskasten behalten, können wir damit nichts bewirken“.

[21] Soweit LEWIS S. 96 gleichwohl von „Rache des Ismailiten“ schreibt, so irrt er sich m.E in der rechtlichen Bewertung des von ihm dargelegten Sachverhalts. Wie er zwei Seiten weiter sowie erneut auf S. 163 selbst betont haben die ursprünglichen Assassinen (unter Bursugumid, Sabbahs Nachfolger sowie erneut unter Tadsch al-Din, Sinans 3. Nachfolger) sogar ehemalige Feinde beherbergt, die um Schutz vor religiöser Verfolgung baten und sich geweigert, diese in den sicheren Tod ausliefern zu lassen. Dies zeigt doch gerade die Abwendung, nicht die Hinwendung zur Rache!

Das Mittel der Rache setzten vielmehr die seldschukischen Feinde der ursprünglichen Assassinen ein, wie BARTLETT S. 78 und HODGSON S. 101 darlegt, welche die politischen Morde mit einem Massaker an hunderten, zumeist völlig unschuldigen Anhängern und vorallem Sympathisanten der ursprünglichen Assassinen vergolten.

[22] Wer sich für dieses Thema (oder etwa das hoch-spannende Gebiet der germanischen Stammesrechte des 6.-9. Jahrhunderts, die erstaunlich detaillierte Geldstrafenordnungen kannten) interessiert, dem sei das m.E hervorragende Werk von RÜPING/JEROUSCHEK (2011) Grundriss der Strafrechtsgeschichte, erschienen im Beck-Verlag, dringend ans Herz gelegt, das nicht nur einen umfassenden ersten Einblick in die Entwicklung des gesamten europäischen Strafrechts vom 3. bis zum ausgehenden 20. Jahrhundert liefert, sondern dabei auch noch angenehm kurz, allgemeinverständlich und vorallem bezahlbar ausgefallen ist. *man gute Bücher ja durchaus auch mal gebührend loben darf*

Und das schreibt jemand, der Rechtsgeschichte an sich eigentlich immer eher langweilig fand...

[23] Ein einziger Bericht eines sunnitischen Autoren dazu ist überliefert. So soll Sinan nach dem Hörensagen des Autors angeblich „ihnen erlaubt haben, ihre Mütter, Schwestern und Töchter zu schänden, und dass er sie vom Faten im Monat Ramadan befreit hat.“ Wie LEWIS S. 152 korrekt vermerkt, ist dies wohl zumindest stark übertrieben, wenn nicht gleich ganz erfunden.

Wilhelm von Tyros, der als christlicher Erzbischof sicherlich ebenso kein sonderlicher Freund der ursprünglichen Assassinen war, zitiert dazu den Assassinen-nahen Historiker Kemal al-Din, der zum selben Sachverhalt wie folgt etwas sachlicher festhielt: „gaben sich die Menschen der Schande und der Ausschweifung hin. Sie nannten sich „die Reinen“. Männer und Weiber vereinten sich zu Trinkgelagen, kein Mann enthielt sich seiner Schwester oder Tochter; die Weiber trugen Männerkleider, und eine von ihnen erklärte, Sinan sei ihr Gott.“ Alles was man daraus ableiten kann, ist m.E dass ein Teil der Anhänger Sinans sexuelle Orgien veranstalteten und insbesondere inzestuösen Beziehungen nachgingen. Das mag man widerlich finden, ist m.E aber kein Verbrechen, so es denn ausschliesslich unter einvernehmlichen Beteiligten und ohne jeden Zwang stattfindet.

[24] BARTLETT S. 79

[25] RÜPING/JEROUSCHEK S. 40ff. Zur unbegrenzten Anwendung der Folter insbesondere S. 45
Zur Folterbegrenzung in der Therisiana siehe den Artikel im Wiki.

[26] So aber LEWIS S. 175f., BLANK in WITHOF S. 2

Und selbst wenn Heise es mitträgt, diese Ansichten können – mit Verlaub – nur noch als absoluter Quatsch bezeichnet werden.

Hätte sich der Autor auch nur eine Sekunde mit der fraglichen Philosophie (oder auch nur mit der Theorie des Rechtsgüterschutzes) befasst, wüsste er, dass sich die heutigen Selbstmordattentäter eben gerade NICHT mit den ursprünglichen Assassinen vergleichen lassen. Sie sind sogar eher das genaue Gegenteil davon, weil sie sich nicht dem Wut und Zorn der Hinterbliebenen stellen, sondern sich in feiger Weise durch den eigenen, selbstgewählten Tod der Strafgerichtsbarkeit entziehen.

Dass die ursprünglichen Assassinen den politischen Mord nicht erfunden haben können, zeigt sich nur schon im Tyrannenmord des Brutus (und anderen) an Caesar, der sich im Jahre 44 vor unserer Zeitrechnung, also über 1000 Jahre zuvor ereignet hat. Und dass Salafisten als Sunniten und Ismailiten als 7er-Shiiten schon begrifflich nicht das selbe sein können, hätte eigentlich auch offensichtlich sein müssen...

„Kamikaze“ ist dann schliesslich noch eine – wenn auch populäre – Fehllesung der japanischen Schriftzeichen. 神風 wird in Komposita als “Shinpū” gelesen, und nicht als “kamikaze” wie es alleinstehend etwa für die Bezeichnung von Taifunen benutzt wird. Das Selbstmordprogramm Japans im 第二次世界大戦 „dainiji sekai taisen“ (II. Weltkrieg) schreibt sich 神風特別攻撃隊 und wird entsprechend „Shinpū·tokubetsu·kōgekitai“ gelesen. Sinngemäss übersetzt sich das zu „Spezielle Angriffstruppen des göttlichen Windes“.

Ähnliche häufige Fehllesungen sind etwa „Harakiri“ für 切腹 (richtig „Seppuku“ gelesen, japanische Form des rituellen Selbstmords) oder „Fujiyama“ für 富士山 (richtig „Fujisan“ gelesen, höchster Berg Japans und zugleich ein aktiver Vulkan.) Das mag man alles verzeihlich oder marginal finden, es zeigt jedoch den mangelnden Willen zur Recherche, der sich durch den Artikel zieht leider nur allzu konsequent auf...
 
Auch der Aussage LEWIS, die ursprünglichen Assassinen seien die ersten Terroristen gewesen, kann m.E so dezidiert nicht gefolgt werden. Die Bemerkung, Terrorismus sei durch Hasan-i Sabbah persönlich erfunden worden, erscheint dann m.E nur noch sinnbefreit. LEWIS übersieht hierbei erneut, dass sich Terrorismus als gewaltsame Ablehnung gegen die gesamte Rechtsordnung richten muss. Die ursprünglichen Assassinen richteten sich aber nur gegen die ihnen aufoktroyierte Geltung des islamischen Gesetzes (Sharia), NICHT hingegen gegen die Geltung einer grundlegenden Rechtsordnung oder die Anerkennung von Rechtsgrundsätzen und sogar von (freilich noch recht primitiven) Grundzügen des Rechtsgüterschutzes. Eine solche Organisation ist NICHT terroristisch, sondern radikaldemokratisch. (Den Sturm auf die Bastille 1789 bspw. hat meines Wissens nach auch noch niemand als Terrorakt eingestuft, obwohl dabei immerhin 93 Menschen höchst unfreiwillig ihr Leben liessen)

Das mag den ermordeten Opfern zwar nichts helfen (die allerdings auch schon alle seit über 800 Jahren tot sind...), und es legitimiert auch die gewählte Methode des politischen Mordes in keiner Weise, es ist aber höchst bedeutsam für die rechtliche Wertung über die Verfassungskonformität der in Frage stehenden Vereinigung!

Auch der Einwurf von BLANK in dem m.E höchst unnötigen Vorwort zu WITHOFs Werk, erscheint denn nur als lächerlich. BLANK ignoriert nicht nur den grossen theologischen Unterschied zwischen Sunniten und 7er-Shiiten, er schafft es sogar noch, die geschichtlichen Daten durcheinander zu würfeln und dabei die Existenz der ursprünglichen Assassinen als Reaktion des Islams auf die Kreuzzüge darzustellen, was gelinde gesagt, völlig absurd ist. BLANK vergisst etwa, dass Hasssan-i-Sabbah die Burg Alamut bereits im Jahre 1090 erringen konnte, und das war ganze fünf Jahre vor dem Beginn des ersten Kreuzzugs... Dass die wissenschaftliche Forschung mittels Experimenten im 18. Jahrhundert eine Neuerung der Aufklärung gewesen sein soll (WITHOF S. 7), ist angesichts der hervorragenden chemischen Erkenntnisse des arabischen Alchemisten Jabir ibn Hayan im 9. Jahrhundert, etwa die Entdeckung der Substanzen H2SO4 (Schwefelsäure) und HNO3 (Salpetersäure) sowie deren Darstellung mit einfachsten Mitteln, dann nur noch BLANKer Hohn...

[27] Aber auch das trifft so m.E nicht zu, siehe den Ausschlussgrund von § 129 Abs. 2 Ziff. 2 StGB.
Man kann hier wohl lediglich von einer unbefugt bewaffneten Gruppe nach § 127 StGB ausgehen.

[28] § 86a hat in einem modernen Strafrecht m.E ohnehin nichts zu suchen.

Er steht seltsam quer zum Zweck des Strafrechts (Unwertsausgleich von Rechtsgutsverletzungen), weil sein Schutzziel es darstellt, bestimmte Symbole aus dem öffentlichen Diskurs zu verdrängen. Wem durch die Verwendung eines Zeichens ein Schaden entstehen sollte oder wie damit rechtlich schützenswerte Interessen betroffen werden können sollen, ist völlig unklar. Daher stellt diese Norm m.E nichts anderes dar als eine versteckte und unsinnige Form der grundgesetzwidrigen Zensur und verstösst demzufolge gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG.

§ 86a StGB ist denn auch in der Rechtspraxis nicht wirklich nützlich, sondern eher hinderlich für die Aufklärung staatsgefährdender Straftaten, weil die StAs sich in Kleinkram verlieren und tatsächliche Rechtsgüterverletzungen aufgrund angeblich zu grossem Aufwand gar nicht erst mehr verfolgen (wollen).

§ 86a StGB hat beispielsweise zu den unsäglichen „Durchgestrichene-Hakenkreuze“ Fällen geführt, die letztlich vom BGH im Sinne einer partiell strafausschliessenden teleologischen Reduktion, also mit einem hochkomplizierten Rechtskonstrukt, gelöst werden mussten, ohne dass irgendeine Notwendigkeit auch nur für die ursprünglichen Ermittlungen bestanden hätte.

§ 86a StGB dient auch dazu, Cosplayern ihre Holzschwerter abzunehmen, was m.E ebenfalls wohl kaum irgendeinem Sinn und Zweck, geschweige dem denjenigen von Staatsschutzdelikten, die zurecht als besonders scharfe Schwerter des Strafrechts gelten, entsprechen kann.

Siehe zur weiteren Kritik an der Rechtsprechung zu dieser Norm folgenden älteren Beitrag:
http://animexx.onlinewelten.com/weblog/120857/604436/

[29] Interessant, aber thematisch hier nicht hingehörend wäre jetzt die Frage ob, wenn die NSU denn Grafiker gehabt hätten, die so was hinkriegten, man deren Logo noch verwenden dürfte oder ob man sich damit bereits nach § 86a strafbar machte. Mir fällt zwar auf der Stelle kein vernünftiger Grund ein, warum man das denn überhaupt tun wollen sollte, aber das ist ja nicht die Frage^^ Ansichten dazu gerne in die Kommentare, ja?

[30] Wer a.M vertreten will, müsste dann konsequenterweise auch das Logo der Bundeswehr und der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger wegen der Verwendung des Tatzenkreuzes der Deutschritter rsp. Templer für strafbar nach § 86a StGB erachten... Sinnvoll erscheint mir das nicht.

[31] Es gibt unter den Kommentatoren einen Streit darüber, welchem Bundesland Rottweil zuzuordnen ist, daher werden hier ausnahmsweise die einschlägigen Gesetze beider Länder diskutiert.

[32] Das Wiki ist so nett und stellt uns im zuständigen Artikel einen Tatkatalog nach alter Rechtsprechung zur Verfügung. Demnach sind insbesondere die folgenden Handlungen „Grober Unfug“ rsp. „grob ungehörig“:

Spazieren in Badehose im Hof eines Kurhauses,

Defäkieren auf der Strasse,

Bespritzen der Passanten durch zu schnelles Fahren,

Beschmierung von Häuserwänden (Graffiti),

Störung einer Filmvorführung, die erlaubt ist,

Unzüchtiges Betasten eines anderen,

Hilferufe (Feuer!), ohne dass Gefahr vorliegt,

Unwahre Presseveröffentlichungen, die zu einer Beunruhigung der Öffentlichkeit führen können,

Scherzhafter unwahrer Hinweis bei Flughafenkontrollen auf eine vermeintliche Bombe im Gepäck,

Störung eines offiziellen Gelöbnisses der Bundeswehr

Da das Spazieren in Verkleidung ersichtlicherweise keiner der obigen Handlungen im Unwertsgehalt auch nur ansatzweise gleicht, kann man auch schon das Vorliegen einer „grob ungehörigen Handlung“ verneinen, um i.c. Strafbarkeit nach § 118 OWiG abzulehnen.

[33] So werden folgende weiteren Handlungen in der Verordnung explizit genannt:

Nächtigen,

Aufdringliches Betteln und Anstiftung Minderjähriger hierzu,

Verrichten der Notdurft

Pöbeleien durch Betrunkene

Littering

Missbrauch von Sitzbänken und ähnlichen, im öffentlichen Raum bereitgestellten Möbeln

Öffentlicher Konsum von Betäubungsmitteln

[34] Nur so als Nebengedanke. Kann es wirklich gewollt sein, mittels § 126 Ziff. 1 OWiG das Tragen von Kleidungen fiktiver Krankenschwestern und Ärzte zu verbieten?

Zumindest ersteres ist ja schon fast eine Mainstream-Kostümierung und auch sehr häufig an Karneval und ähnlichen althergebrachten Veranstaltungen zu sehen. Also so was wie das hier, von dem es dutzende Varianten gibt. Ärzte sind demgegenüber etwas seltener dankbare Cosplay-Figuren, aber zumindest Selt Brander (Gott Gauss), Lloyd (Code Geass), und der nie namentlich genannte „Nurse“ aus Katawa Shoujo würden mir da sofort einfallen...

Falls dem tatsächlich so gemeint ist, halte ich diese Norm für unvereinbar mit der verfassungsmässigen Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG.

[35] BVerGE - 1 BvQ 28/01 -, - 1 BvQ 30/01 - E. 16-26

Daraus dann allerdings, wie es das Wiki tut, zu schlussfolgern, Veranstaltungen hätten gar keinen verfassungsrechtlichen Schutz, erscheint mir fehlerhaft. Das Bundesverfassungsgericht spricht sich in obigem Entscheid nur über die Einstufung einer Veranstaltung unter Art. 8 Abs. 2 GG aus und verneint dies, weshalb auch die Beschränkungen der Versammlungsgesetze nicht angewandt werden können. Es sagt nichts über den möglichen Schutz von Veranstaltungen nach Art. 8 Abs. 1 GG und es sagt auch nichts darüber, ob Veranstaltungen nicht ohnehin Schutz nach Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 5 Abs. 3 GG geniessen, sofern es sich denn um entsprechend künstlerische Aktivitäten im öffentlichen Raum handelt. (Beides ist m.E zu bejahen)

[36] So ausdrücklich der Verein für Sicherheitsrecht Bayern in einem Artikel zum Thema:

„Selbstverständlich unterfallen daher auch Karnevalsverkleidungen oder das Tragen von Trachten nicht dem Uniformierungsverbot.“

[37] Angesichts des Sinn und Zwecks des Vermummungsverbotes, nämlich der Gefahrenabwehr von Krawallen und gewalttätigen Ausschreitungen erscheint mir die Anwendung auf jegliche Veranstaltungen als klar zu weitgehend, doch bis das BVerfG das mal aufhebt, gilt es nun mal, auch wenns uns allen kollektiv wohl nicht gefällt^^ (Nur verfassungsfeindliche Gesetze sind direkt nichtig, verfassungswidrige wie etwa REACH et al. müssen offiziell aufgehoben werden...)

[38] VG Karlsruhe 3 K 776/09 E. 22

[39] Ein solches Verkleidungsverbot (das AUCH für Cosplay greift, nur um es mal klarzustellen) gibt es bei uns in .CH allerdings bereits in der Tessiner Verfassung, weil die da eine äusserst schrecklich formulierte Volksinitiative angenommen haben, die eigentlich die Burka verbieten wollte, das so wegen der damit offensichtlich einhergehenden Verletzung der Religionsfreiheit aber nicht explizit in den Abstimmungstext reingeschrieben werden konnte.

Jetzt ist dort halt alles verboten, was irgendwie dazu geeignet sein könnte, das Gesicht zu verdecken (Kapuzen, Kutten, Helme, Kappen, Mützen, Schals, Masken, Sturmhauben etc. pp.) Das verletzt zwar noch mehr Grundrechte (Kunstfreiheit, Privatsphäre, Persönliche Freiheit, je nach Wetter sogar körperliche Integrität und Menschenwürde), aber die scheinen für die Tessiner wohl offensichtlich irrelevant zu sein.

Immerhin muss der Passus, um wirksam zu werden, noch von der Bundesversammlung gewährleistet werden, was juristisch interessant werden dürfte, weil Art. 49 BV doch sehr klar ist und eindeutig keine bundesrechtswidrigen Normen in Kantonsverfassungen toleriert...

AFAIK ist momentan wohl noch nichtmal der Antrag auf Gewährleistung gestellt und auch noch kein Rechtsgeschäft des Parlaments hierzu eröffnet worden, diese Posse aus dem Tessin könnte sich also gut auch noch bis Ende 2015/2016 hinziehen. *da gar nichts dagegen hat* Gibt genug Unsinn, der davor noch zu entsorgen ist^^

[40] Kommentar 223 von thelix im SPON-Forum deutet darauf hin

The supreme Authority of Lanzarote – 素晴らしい此の世界|Subarashiki kono Sekai.

Autor:  Eru-Jiyuka
Um es leicht abgeändert mit Lelouch zu sagen: „From this day, from this moment forward, Switzerland belongs to Lanzarote and the KOBIK.“

Ursprünglich wollte ich hier lang und breit erklären, wer jetzt alles Probleme bekommen kann – etwa dass selbst universitäre Institute und Bibliotheken betroffen sind – und wie man unter dem Aspekt der Wissenschaftsfreiheit, welche Lanzarote, im Unterschied zur Kunstfreiheit, beachtet, zumindest einen kleinen Teil der Anime/Manga wieder befreien könnte und warum es nicht heuchlerisch ist, wenn ich im Wissen darum, dass der blosse Besitz eines Animexx-Accounts nach Massgabe der Linkhaftung bereits strafbar sein kann, gleichwohl hier vertreten bleibe.

Aber dann habe ich das gelesen: Referentenentwurf zur Umsetzung von Lanzarote in .DE

Offenbar habe ich mich tatsächlich in der Bewertung von Lanzarote grob geirrt.
Es ging wohl von Anfang an nie um das blosse Bilderverbot und auch nicht um ein reines Anti-Manga-Gesetz oder um Repressionen gegen Computerspiele. Dementsprechend ist das Zustandekommen des Gesetzes in .CH auch nicht auf die Unwissenheit oder Unkenntnis der Politiker zurückzuführen, sondern wurde in vollem Bewusstsein und direktem Vorsatz entgegen der Verfassung durchgedrückt.

Das macht es aber nicht weniger übel als gedacht, sondern ungleich weit schlimmer.
Lanzarote ist kein „Ich mag's nicht, darum muss es verboten sein“-Gesetz. Lanzarote dient dazu, bzw. ist die Vorbereitung auf die grundlegende faktische Abschaffung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch europäisches Recht, die sich derzeit vorallem in den äusserst merkwürdigen „chinesischen“ Auslegungen der Grundrechte durch den Europarat sowie durch verschärftes Umsetzungsrecht der Mitgliedstaaten äussert.

Lanzarote dient also vorallem dazu, über den Reizbegriff der „Kinderpornographie“ die Installation einer totalitären Diktatur in .CH und .DE durch die Sicherheitsbehörden zu ermöglichen und soll konkret diesen die mit dem Wegfall von ACTA, dem ZugErschwG und der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung jüngst verlorene absolute Kontrollmöglichkeit des Internets wiedergeben.

Damit ist das Gesetz nicht nur verfassungswidrig (was wegen Art. 190 BV in .CH rechtlich gesehen ja leider relativ irrelevant ist), sondern auch ein Angriff auf die verfassungsmässige Ordnung, was strafrechtlich höchst relevant ist.

Ich hatte ursprünglich vor, die Absurdität von Lanzarote durch exemplarische Strafanzeigen (etwa gegen das Bundesamt für Gesundheit, wegen des Vertriebs des „Hot Nights“-Comics) aufzuzeigen und darauf zu hoffen, dass die Behörden spätestens dann, wenn sie von Fällen überflutet werden, selbst auf die Abschaffung des Gesetzes drängen werden.

Ich werde das nun NICHT tun, denn es wäre Beihilfe zum Verfassungsverrat.
Und Verfassungsverrat ist, wenn es denn überhaupt solche geben kann, definitiv ein „unverzeihliches“ Verbrechen.

An einem solchen Kampf der schweizerischen und deutschen Politik gegen ihre eigenen Völker kann, darf, will und werde ich mich nicht beteiligen. Daher folgende, bewusst provokant formulierte Proklamation:

Hiermit erkläre ich, in meiner Funktion als gesetzestreuer Bürger, der in seinem gesamten Leben bislang noch kein einziges Mal vor dem Straf- oder Übertretungsrichter stand, kein einziges Verbrechen oder Vergehen jemals begangen hat, keine illegalen oder legalen Drogen konsumiert,
ja noch nicht einmal irgendwann gegen irgendeine Norm der Strassenverkehrsordnung verstossen hat,
kurz als äusserst langweiliges Musterbeispiel für Rechtschaffenheit,

Kraft des mir als Teil des Volkes völkerrechtlich verliehenen, unmittelbar anwendbaren Selbstverwaltungsrecht (UNO-Pakt II 1 I) sowie des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverantwortungsrechts (BV 6)

folgenden völkerrechtlichen Vertrag

(http://conventions.coe.int/Treaty/EN/Treaties/Html/201.htm)

in der Fassung der Umsetzung durch die schweizerische Eidgenossenschaft

(http://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2014/1159.pdf)

sowie alle deren Folgegesetze

(http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20143022)
(http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20130442)
(http://www.ejpd.admin.ch/content/dam/data/sicherheit/gesetzgebung/zssg/vorentw-d.pdf)

wegen Verstoss gegen Art. 5 Abs. 1-4, Art. 6, Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 9, Art, 10 Abs. 2, Art. 11 Abs. 1 und 2, Art. 13 Abs. 2, Art. 16 Abs. 1-3, Art. 17 Abs. 2, Art. 21, Art. 26 Abs. 1 und 2 sowie Art. 27 Abs. 1 und 2 der
Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft,

wegen Verstoss gegen Art. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1, Art. 13, Art. 14 und Art. 17 der
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten,

sowie gegen Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 15 Abs. 1, Art. 17 Abs. 2, insbesondere wegen Verstoss gegen Art. 19 Abs. 1 und Abs. 2, zudem wegen Verstoss gegen Art. 24 Abs. 1 und Art. 26 des
Internationaler Pakts über bürgerliche und politische Rechte,

für nichtig und gegenstandslos.

Ich werde jeden Versuch der Anwendung der durch diese Umsetzung revidierten Strafartikel, welche “Gemälde oder Comics” rsp. Computerspiele betrifft, als Angriff auf die verfassungsmässige Ordnung (StGB 275) sowie als Verfassungshochverrat (StGB 265) gegen die schweizerische Eidgenossenschaft werten und entsprechend bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen die Anwender stellen.


Die Zeit der netten Worte ist endgültig vorbei!
Oder, um mit Brecht zu schliessen: „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“

同盟の法改良:本の自由・一番|dōmei no hōkairyō: hon no jiyū・ichi-ban japanisches, Meinungsfreiheit, Recht, Urheberrecht

Autor:  Eru-Jiyuka
Erstens: Ja, ich bin mittlerweile 日本大学生|nihon daigakusei geworden.
Die vielen „Rechtsexperten“ hier auf Mexx können sich das also als erfolgreiche Vertreibung auf die Fahnen schreiben, wenn sie denn wollen.
(Nicht dass es stimmen würde...)

Zweitens: Ich habe das Studium gerade erst begonnen und verwende die
漢字とかな|kanji to kana hauptsächlich so, wie sie für mich sinnvoll klingen. Ich bitte daher um Nachsicht und vor allem um Korrekturvorschläge, falls die Sätze, die ich da so zusammenwürfle, unsinnig sind.

Drittens: Nein, ich habe nicht vergessen, dass ich noch wem ein Exemplar von „Scribblenauts“ schulde. Aber, wenn es recht ist, ich würde gerne erst noch meinen Prozess vor Bundesgericht gewinnen, bevor ich mich darum kümmere. (Abstrakte Verfassungsbeschwerde die Mitte Juni mündlich verhandelt wird -> Und nein, das ist kein Scherz...)

Aber darum soll er hier mal nicht gehen. Auch nicht um das von mir sehr erfolgreich in den Sand gesetzte Referendum gegen Lanzarote. [1]
Vielmehr um ein Projekt des angewandten Urheberrechts [2], das ich schon lange mal vor hatte, aber aus Zeitgründen leider nie dazu gekommen bin.

Der Sinn des Urheberrechts ist es ja, nicht allein das Interesse des Werkschöpfers am Schutz seiner geistigen Leistung zu befriedigen,
sondern auch die Interessen der Allgemeinheit zu beachten, die möglichst ungehindert an Kultur und Kunst partizipieren möchte. Diese sogenannte soziale Bindung des Urheberrechts sorgt etwa dafür, dass künstlerische Werke der Allgemeinheit nicht auf Ewigkeit vorenthalten werden können. [3]

(Letzteres ist übrigens m.E. auch der Grund, warum ein restriktives Urheberrecht zwingend kulturfeindlich sein muss. Und nur für die ewigen Zweifler hier, ja ich habe in Immaterialgüterrecht bestanden – mit einer 5 [drittbeste Note in .CH] sogar, um genau zu sein. Und das obwohl ich die Hälfte der Prüfungszeit damit verschwendet hab, bei der Anwendbarkeit des EPÜ GB und E miteinander zu verwechseln... Ich werd irgendwann auch mal noch ne Arbeit mit Bestnote in Immaterialgüterrecht schreiben, nur um euch zu ärgern^^)

Aber zurück zur Sache: Was spricht also mehr dafür, den Sinn des Urheberrechts zu erfüllen, als Wissen und Werke, die frei von Ansprüchen sind, auch für jedermann frei verfügbar zu machen? Auch das ist eine Form von „free speech“. [4]

Natürlich muss man sie dazu digitalisieren und irgendwie dorthin bringen, wo sich die Allgemeinheit so rumtummelt, vulgo ins Netz einspeisen...
Gesagt – getan: http://bvggchem.twoday.net/stories/gemeinfreies-alexandria/

Bislang zwei Werke zum Recht, eines zur chinesischen Schrift, einmal Theologie und ein Gedichtband. Ich hoffe irgendwer kann irgendwann mal irgendwas damit anfangen^^ Mehr folgen, wie dort gesagt, in absoluter Unregelmässigkeit.

Und nur, um doch mal etwas anzugeben, abschliessend ein Screen der Schriftzeichenrepetition von neulich mit KanjiKaiser (tolles Programm btw.):



So, und wer findet jetzt in dem Wust da das Kanji für „Gesetz“?
Setzt sich zusammen aus den Primitiven für „Wasser“ und „fort“ oder „Wasser“/“Erde“/“Ellenbogen“, falls das was hilft^^

-------------------------------------
[1] Wer es kurz zusammengefasst haben will: http://bvggchem.twoday.net/stories/eine-kurze-nachbetrachtung-zum-gescheiterten-referendum-gegen-lanzarot/

[2] Apropos, die Vorschläge zur Urheberrechtsrevision in .CH klingen auch schon wieder sehr bedrohlich. Wird wohl wieder ne Menge Arbeit werden, das nach sinnvollen Ansätzen auszubeindlen -.-

[3] Etwa: Rehbinder, Manfred (2002) Juristisches Kurzlehrbuch zum Urheberrecht, Beck-Verlag S. 44f., 56ff. (Steht aber so oder so ähnlich in ziemlich jedem Lehrbuch zum Thema drin...)

[4] Die übrigens – neben Art. 19 Abs. 2 UNO-Pakt II – auch durch Art. 21 der Verfassung (第二十一条日本国憲法|dai-nijūichijō nihon koku kempō) in der japanischen Rechtsordnung garantiert wird. Wie das Geheimhaltungsgesetz (秘密保護法 | himitsu hogohō) dann da reinpasst, ist allerdings zugegebenermassen eine gute Frage...

Referendum zur Lanzarote-Konvention lanciert – bitte zahlreich unterschreiben^^ eidgenössisches, Grundrechte, Mangas, Recht, Referendum

Autor:  Eru-Jiyuka
So, nun endlich, eigentlich viel zu spät (die amtliche Veröffentlichung datiert vom 08. Oktober 2013) sind die Formalitäten auch mal erledigt, sodass das L. nun die fertig ausgearbeitete Unterschriftenliste gegen die Umsetzung der Lanzarote-Konvention präsentieren kann:
http://static.twoday.net/BVggCHEM/files/ReferendumsbogenLanzarote.pdf

Wer das offizielle Argumentum sehen möchte, bitte hier entlang:
http://static.twoday.net/BVggCHEM/files/ArgumentumLanzarote.pdf

Um zahlreiche Unterschrift wird gebeten, es hilft dem Rechtsstaat und der Kunstfreiheit^^
(Allerdings können nur Schweizer Bürger unterschreiben, welche 18 Jahre oder älter sind. Formalkram halt. Bitte berücksichtigen, ungültige Unterschriften machen nur mehr Arbeit beim hinterher raussortieren...)
Den Weblog hier empfehlen kann, darf und soll aber natürlich jeder gerne, der das hier liest^^

Nur nochmal: Das hier ist KEINE Lappalie. Es handelt sich hierbei um ein veritables Literaturverbotsgesetz, welches jedem demokratischen Rechtsstaat unwürdig ist. (Es sei daran erinnert, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft schon Wedekinds „Frühlings Erwachen“ [Drama von 1891!, mittlerweile anerkannte Schullektüre] für verbotene Pornographie hält!)

Mittlerweile haben drei Strafrechtsprofessoren und ein Menschenrechtsanwalt bestätigt, dass dieses Gesetz eine akute juristische Bedrohung darstellt, namentlich aufgrund der Änderung der Schutzaltergrenzen, den unklaren Begrifflichkeiten „Entgelt“ und „nicht tatsächlich“, dem faktisch nutzlosen Kulturvorbehalt, der Einzelfallprüfung normalen jugendlichen Verhaltens, der Strafbarkeit für unwissentlichen Zugriff auf strafbares Material, sowie fehlendem Rechtsgüterschutz und fehlerhafter Begründung. (Die Namen gibt's auf begründete Nachfrage, sie tun aber eigentlich nichts zur Sache...) Dieser Ansicht hat sich auch der Präsident der lokalen Piratenpartei (zugleich Vizepräsident der Schweizer Partei) angeschlossen, der dankenswerterweise dazu bereit war, dem Referendumskomitee beizutreten.

Es geht eben tatsächlich nachhaltig darum, das alte Sittlichkeitsrecht
(Art. 203 aStGB, Art. 204 aStGB, Art. 212 aStGB), welches mit dem Auftritt der Sittlichkeitsvereine am Ende des 19. Jahrhunderts begann, und glücklicherweise Ende des 20. Jahrhunderts endlich wieder abgeschafft wurde, nun erneut in der Schweiz zu etablieren, samt allen dessen schrecklichen Folgen. (massenweise Filmzensur, Eingezogene Schriftenreihen, Schreddern ganzer Magazinreihen zu Altpapier [etwa: Playboy], Beschlagnahme von Gemälden aus Kunstausstellungen in Museen, Anklagen wegen Religionskritik als „unzüchtige Schrift“, Vernichtung übersetzter chinesischer Kunst aus dem 17. Jahrhundert, am Zoll abgefangene Elfenbeinschnitzereien und japanische Kupferstiche von historischem Wert als „obszöne Konterbande“)

Wer eine genaue Übersicht darüber möchte, was damals hier los war, dem sei folgendes Werk dringend ans Herz gelegt: Obszönes vor Bundesgericht (Es ist vergriffen, aber die Bibliotheken führen es noch... Ob das auch schon wieder von „Lanzarote“ umfasst ist (etwa wegen den Zeichnungen), ist unklar, es steht aber zu befürchten -.- Bibliotheken haben ohnehin sehr viel, was sie eigentlich nicht besitzen dürften *hust*. Aber das wird mit dem neuen RFID-System sicher besser, weil man nun endlich zu jeder Zeit feststellen kann, wer wann welches Buch wo mit sich herumträgt... Dann wird man diesen ganzen Schund, der da noch rumliegt, sicher bald entsorgt haben.
Schöne neue Welt, nicht wahr? [S. 9ff.])

Selbst die Befürworter des Gesetzes stimmen dem L. zu, dass es überflüssig und rechtswidrig ist. So wörtlich Natalie Rickli im Parlament:
Die SVP-Fraktion ist für Eintreten und stimmt der sogenannten Lanzarote-Konvention zu, auch wenn die Schweiz die Anforderungen dieser Konvention bereits weitestgehend erfüllt und ein Beitritt dazu gar nicht nötig wäre. Die Konvention verletzt zudem teilweise das Territorialitätsprinzip, was aufgrund der Schwere der Delikte aber vertretbar ist.
(Quelle: http://www.parlament.ch/ab/frameset/d/n/4910/412452/d_n_4910_412452_412453.htm)
Wie man dann bei dieser Meinung zustimmen und gar noch eine Verschärfung des selbst für unsinnig erklärten Gesetzes fordern kann, erzieht sich m.E jedem möglichen Verständnis. Aber das sind dann wohl die berühmten parlamentarischen Zwänge.

Nochmal zusammengefasst:
ES GEHT NICHT UM SHOTA/LOLICON! (die sind nach h.L. schon längst unter Art. 197 Ziff. 3 StGB des geltenden Rechts verboten. Dagegen richtet sich das Referendum auch gar nicht...)
ES GEHT NICHT ALLEIN UM „HENTAI“! (der Begriff ist ohnehin etymologisch völlig falsch und wird zudem in der strafrechtlichen Diskussion stark rechtsfehlerhaft benutzt, aber egal. Ein Beitrag dazu, wies denn richtig wäre, folgt irgendwann mal...)
ES GEHT AUCH NICHT ALLEIN UM ECCHI! (Die Formel des Bundesgerichts erfordert keinerlei Verbindung der fiktiven Darstellungen mit Erotik oder Sexualität, Nacktheit genügt. Auch die Darstellung von primären Geschlechtsteilen ist nicht erforderlich, um ein Werk als „harte Pornographie“ verbieten zu können... Aufklärungsliteratur wird heute schon explizit angegriffen!)

ES GEHT DARUM, DASS LIEBESBEZIEHUNGEN UNTER JUGENDLICHEN EINEM GENERELLEN ÜBERPRÜFUNGS- UND GENEHMIGUNGSVORBEHALT DER STRAFVERFOLGUNGSBEHÖRDEN UNTERSTELLT WERDEN SOLLEN! (Art. 196 nStGB)

ES GEHT DARUM, DASS EIN GROSSTEIL ALLER MAINSTREAM-MANGAS/ANIMES ALS VERBOTENE PORNOGRAPHIE GELTEN SOLL! (Art. 197 Abs. 4 nStGB, „nicht tatsächlich“ -> BGE 131 IV 64 E. 11.2 Satz 7)

ES GEHT DARUM, DASS WELTLITERATUR ALS VERBOTENE PORNOGRAPHIE GELTEN SOLL!
(Art. 197 Abs. 4 nStGB, „nicht tatsächlich“ -> BGE 131 IV 64 E. 11.2 Satz 7)

ES GEHT DARUM, DASS NEU STRAFRECHTLICHE VERANRTWORTUNG FÜR FREMDE HANDLUNGEN OHNE JEGLICHE EIGENE BETEILIGUNG BEGRÜNDET WERDEN SOLL! (Art. 197 Abs. 5 nStGB)

ES GEHT DARUM, DASS DEN OPFERN VON (SEXUAL)STRAFTATEN EINE MITSCHULD FÜR IHRE ERZWUNGENE NOTWENDIGE BETEILIGUNG AM GESCHEHEN GEGEBEN WERDEN SOLL, WENN ES KINDER!!! UND KEINE JUGENDLICHEN SIND!
(Art. 197 Abs. 8 nStGB e contrario, so bereits – noch rechtswidrig – erfolgt im „Eistee“-Fall.)
Soviel nur zur tendenziösen Behauptung, die neuen Normen würden Kinder schützen.
Keinesfalls, vielmehr wirken sie sehr effizient für das genaue Gegenteil, nämlich dem Abbau des strafrechtlichen Schutzes von echten Kindern, denen das grauenhafte Verbrechen widerfährt, zu sexuellen Handlungen genötigt zu werden! Das mag momentan politisch gewollt sein, äusserst widerlich ist es trotzdem...

Alleine letzteres müsste doch eigentlich überzeugend genug sein, um die notwendigen 50'000 Unterschriften gegen diesen undurchdachten, überflüssigen, rechtswidrigen und verfassungswidrigen Unsinn zu erhalten...

Sollte es dennoch nicht funktionieren: Wenn die Schweiz unbedingt erneut Bücherverbrennungen im Land sehen will, bitte, das kann sie gerne haben^^ Man kann Silvester ja auch mal für kreative Destruktion (an den eigenen Sachen, bevor jemand schreit...) nutzen...
Eine passende Zeremonie-Robe dafür hat das L. auch schon^^ (Das Spiel, wos herstammt ist übrigens toll, auch wenn dieses ebenfalls von „Lanzarote“ getötet werden wird. [wahlweise wegen dem legendärem „I might get wet“-Dialog (00:00-06:30) oder dann halt wegen Lotus' im wesentlichen fehlender Kleidung...]


Der weitere Werdegang von Lanzarote – Liveticker einer parlamentarischen Entscheidung eidgenössisches Recht, Gesetzesredaktion, Grundrechte, Mangas

Autor:  Eru-Jiyuka
Well, the curtain has fallen...
Heute entscheidet das schweizer Parlament über die Umsetzung der Lanzarote-Konvention, die aufgrund ihrer schlechten Formulierung, einem missverstandenen Kindesbegriff und unsinnigem Schutzzweck für fiktive Personen, zu massiven Einschränkungen der Meinungsäusserungs- und Informationsfreiheit, sowie der Kunstfreiheit und zu einem eigentlichen Verbot von Anime/Manga führen wird.

Das Gesetz richtet sich explizit gegen Gemälde, Comics und Computerspiele, sodass noch gar nicht abzusehen ist, wie viel Kultur vernichtet werden soll. Angesichts der jüngeren juristischen Possen um alte Dramen (Wedekinds „Frühlings Erwachen“ von 1891 als angeblich verbotene Pornographie) und Beat'em'ups (Dead or Alive: Dimensions, mehrfach als Kinderpornographie verunglimpft, obwohl nicht einmal wirklich erotisch) ist immerhin zu erwarten, dass einige bedeutende Kunstwerke
als Kollateralschaden anfallen werden. Kommt halt davon, wenn man Phantasie als Verbrechen brandmarkt...

Klar ist schon jetzt (eigentlich schon seit der Kommissionsentscheidung mit überragenden 0 Gegenstimmen), sofern kein unglaubliches Mirakel geschieht, wird das Gesetz in der jetzigen und eindeutig mit der Verfassung unvereinbaren Fassung das Parlament passieren. Interessant ist denn auch weniger das Ergebnis, als wie deutlich es ausfällt und welche Argumente zu hören sein werden. Am Grade deren Sinnbefreitheit lassen sich die Chancen des bevorstehenden Referndums messen, wobei dieses von unserer Seite unabhängig davon angestrengt wird, und sei es nur, um die Politik etwas zu ärgern^^. Auch ob gegen den Gesetzesentwurf Kritik geäussert wird und falls ja, von wem, dürfte sehr spannend zu beobachten sein.

Dies zur Vorrede (und bevor das jemand bemäkelt, nein, dieser Teil wurde natürlich nicht „live“ geschrieben, wäre zu viel Text für...) des chronologischen Desasters:

08:00 -> Eröffnung der parlamentarischen Sitzung
08:00 -> Beginn der Beratung über das Geschäft 12.066
08:02-08:05 -> Amherd für die Kommission des Nationalrats für Rechtsfragen
(Behauptung, der Schutzzweck der Konvention sei der Schutz von Kindern auf internationaler Ebene, es handle sich um die einzigen internationale Normtexten zum Thema. Behauptung, Art. 196 nStGB sei nicht auf Kinder anwendbar (was so nicht im Gesetzestext steht und daher falsch ist). Vorschlag auf Eintretens. Das Anliegen der Petition (Nichtbestrafung von Liebesbeziehungen) sei durch den vorliegenden Entwurf in Art. 196 nStGB berücksichtigt. Die geforderte Straflosigkeit fiktiven Materials wird von der Kommission ausdrücklich abgelehnt.
08:13-08:18 -> VOGLER: Behauptung einer riesigen Dunkelziffer sexueller Missbräuche an Kindern (hat nichts mit dem Thema zu tun, aber gut...) Befürwortung stärkerer internationaler Zusammenarbeit in der Strafverfolgung. Ausdehnung der Strafbarkeit, Behauptung, Strafrecht könne immer nur repressiv wirken. Will „Grooming“ als eignen Straftatbestand haben. Chat-Rooms für Jugendliche sollen heute hauptsächlich von erwachsenen Männern besetzt sein? o.O Befürwortung des Eintretens
08:19-08:24 -> KIENER-NELLEN: Denkt denn einer mal an die Kinder?!!!! Jede Menge Lobhudeleien über die angebliche so tolle Gremien des Europarats. Dann noch ein bisschen Schauermärchen der KOBIK (Apropos: Ausgeben von erwachsenen Menschen als 18-jährige Personen ist böse, weil?), dass Chats ja so phöse sind...
08:24-08:27 -> RIKLI: Aussage, dass der Konvention nicht beigetreten werden müsse und eigentlich eine Terrorionalitätsverletzung sei (gemeint wohl Souverintätsverletzung, dennoch erstaunlich). Mann könne diese Verletzung jedoch aufgrund des schweren Themas ignorieren. Dann noch ein bisschen Bashing von Bundesrat, weil halt SVP. Korrekte Anmerkung, dass es seltsam sei, zu behaupten, der Begriff des Kinds sei unklar, wenn man diese Konvention anerkennt. Die von ihr angemerkten Volksinitativen ist allerdings auch Unsinn.
08:28- 08:29 -> GUHL: Erneut die unbelegte Aussage über eine riesige Dunkelziffer. Hätte gerne die Strafvorschriften noch deutlich verschärft.
08:32-08:37 -> FISCHER: Behauptung, die Konvention würde den Schutz von Kindern vor sexuellen Missbrauch erhöhen. (Was Nonsens ist, weil alles in dieser Richtung längst strafbar ist -> Art. 176 StGB) Ein bisschen Bashing in Richtung der Strafverfolgungsbehörden, die angeblich weit mehr Personal zur Umsetzung benötigen würden. (Was nicht ganz falsch ist, weil durch die Konvention auf einmal abertausende neue Bagatellfälle geschaffen werden.)
08.37-08:41 -> SOMMARUGA für den Bundesrat: Wiederholung der üblichen Allgemeinplätze: Ziel der Vorlage sei der Schutz von Kindern. Erhöhung des Schutzalters von 16 auf 18 Jahre. Prostitution von Minderjährigen sei nur zulasten der Freier strafbar. Konsumstrafbarkeit. Schutz von Kindern und Jugendlichen werde verstärkt. Nichts neues also und grösstenteils falsch ...
08:41-08:43 -> AMHERD für die Kommission: Nach der Konvention müsste ein formeller Straftatbestand für das „Grooming“ erstellt werden, die Schweiz erfüllt ihre Anforderungen insoweit also nicht. Befürworten auf Eintreten.
08:44 -> Eintretensbeschluss
08:46-08:53 -> RIKLI: Werbung für ihre Minderheit, die Strafverschärfung fordert. Grundsätzlich sollen ihrer Meinung nach Sexualdelikte immer zu unbedingten Freiheitsstrafen führen. (Was, gerade bei den neu strafbaren Bagatellfällen verehrend wäre und zur Überflutung von Gefängnissen würde.) Vermischt die Problematik mit dem Strafmassnahmenrecht von 2007, was an dieser Stelle nichts zu tun hat. Und sag der Dame verdammt noch mal einer, das Pädophile nicht per default Straftäter sind! Will das Strafmass für fiktive Bildchen auf 5 Jahre Gefängnisse verschärft haben.
08:53-08:56 -> SCHWANDER: Viel Gemurmel darum, dass das Parlament bei ähnlichen Vorschlägen weniger deutlich entschieden habe. Ebenfalls Werbung für die Minderheit RIKLI, die – wie auch immer – die Kinder angeblich noch viel toller schützen sollen. (Wie das durch erhöhte Strafrahmen geschehen soll, ist völlig unklar)
08:56-08:58 -> FLACH: Ruft zur Verhältnismässigkeit innerhalb des Strafmasses auf. (immerhin etwas, wenn auch nicht viel) Dementsprechend Ablehnung der Minderheit RIKLI. Und was genau das Schicksal von 10 Jährigen Mädchen im arabischen Raum mit der Umsetzung der Lanzarote-Konvention in der Schweiz zu tun hat, ist völlig unklar.
08:59-09:02 -> SOMMARUGA für den Bundesrat: Ablehnung der exotischen Strafrahmen von bis zu sieben Jahren. Strafverschärfungen dürfen nicht willkürlich erfolgen, sondern müssen im Zusammenhang mit dem gesamten Strafgesetzbuch angesehen werden. Kindstötung wäre neu weniger schwer bestraft als sexuelle Handlungen mit Kindern, was unverhältnismässig sei. (Ausnahmsweise mal was sinnvolles. So schwer es fällt, die Bundesrätin hat hier vollständig recht.)
09:04-09:06 -> AMHERD für die Kommission: Ablehnung der Strafrahmenserhöhung mit 17 zu 5 in der Kommission, weil diese Frage im Rahmen der Revision des Strafmassnahmenrechts ohnehin neu behandelt werden wird und dann besser dort inhaltlich behandelt werden sollte. Fordert Ablehnung der Minderheit RIKLIN

09:06-09:10 -> Abstimmung der Minderheitsanträge

Art. 187 nStGB
114 zu 68 bei 3 Enthaltungen, Zustimmung des Mehrheitsantrags (Keine Strafverschärfung)
115 zu 69 bei 3 Enthaltungen, Zustimmung des Mehrheitsantrags (Keine Strafverschärfung)

Art. 197 Abs. 1 nStGB
115 zu 68 bei 3 Enthaltungen, Zustimmung des Mehrheitsantrags (Keine Strafverschärfung)

Art. 197 Abs. 4 nStGB
113 zu 69 bei 4 Enthaltungen, Zustimmung des Mehrheitsantrags (Keine Strafverschärfung)

09:11 -> Gesamtabstimmung
188 zu 0, bei 0 Enthaltungen, Zustimmung zur Umsetzung der Lanzarote-Konvention


09:12 -> Beendung der Beratung des Geschäfts 12.066

Edit: Ein fehlhafter Buchstaben, der für einen bösen Schnitzer gesorgt hat, wurde korrigiert. Gemeint war natürlich nicht Kathy Riklin von der CVP , sondern Natalie Rikli von der SVP. Übrigens ist mittlerweile das Transkript der Parlamentssitzung online (und dieser Eintrag damit eigentlich redundant). Wer das ganze im Original lesen möchte, hier gehts lang: http://www.parlament.ch/ab/frameset/d/n/4910/412452/d_n_4910_412452_412453.htm

Die Qualität von Fernsehkritik.tv - Eine Diskussion Auslagerung, Diskussion, FK-TV

Autor:  Eru-Jiyuka
Weil sich bei Undine eine sehr spannende Debatte um die Qualität des von Holger Kreymeier geführten und moderierten Internetformat FK-TV zwischen Eru-Jiyuka und Jim anbahnte, die aber mit dem dortigen Thema (Demokratie, Wahlen und Parteisysteme) weniger als nichts zu tun hatte, wird diese nun hier fortgeführt.

Der bisherige Stand der Dinge sei hier wie folgt bildlich wiedergegeben:



Hier meine Entgegnung zu einigen deinen Kritikpunkten, Jim.
(Rest folgt morgen, bin grad zu müde für^^) Zu deinen Fetischen komm ich dann auch noch (und ja der Satz liest sich seltsam, ich weiss...), da finde ich drum grad die Folge nicht mehr, die du meinst. Haste nen Link zu?

Erstmal, ich stimme dir in allem zu, was du kritisches zu HK (ich übernehme das Kürzel jetzt einfach mal...) schreibst, soweit es um Sexualität geht. Damit hat er meiner Meinung nach ein tiefgreifendes Problem, welches seine Kritiken auch entsprechend ins negative (du würdest wohl sagen „unbrauchbar bis heuchlerisch“) verzerrt. Ich persönlich hatte bei fast jedem Beitrag von ihm zu Sexthemen für seine Kritik jeweils nur Kopfschütteln übrig...

http://www.fernsehkritik.tv/folge-32/562/
Auch wenn HK zurecht auf die Vorführung der gezeigten Protagonisten hinweist, zeigt sich seine Abneigung gegenüber exotischeren Formen von Sexualität sehr deutlich. („Sexuelle Abarten“, „absonderliche Dinge“, „sexuell nicht allzu sehr auf die schiefe Bahn geraten“, „pervers veranlagt“, „Schmuddel“) Immerhin stellt er hier mehrheitlich noch die Kritik an der Sendung in den Vordergrund. (Übrigens der einzige Beitrag, in dem Mexx am Rande mal vorkommt^^) Und mit grösserem Altersunterschied innerhalb von Beziehungen hat er auch kein Problem, was ja schon fast fortschrittlich ist..

http://www.fernsehkritik.tv/folge-41/53/
Die Sendung ist zwar handwerklich wie inhaltlich unterirdisch, aber HKs Kritik geht wesentlich am Problem vorbei und schiesst gegen das Thema anstelle des Beitrags („schmuddelige Beiträge“, „halbseidene Örtlichkeiten“, „Hinterfragt das Gewerbe in keinster Weise“, „gegen diese Art von Fernsehen lehnt sich niemand auf“)

http://www.fernsehkritik.tv/folge-64/1480/
(10 ist ok, weil über GBL/GHB nahezu immer falsch berichtet wird... „Gut recherchiert“ stimmt aber nicht. Über 9 lässt sich streiten, Realpornos haben selten brauchbare Dialoge... 8, 7, 5, 4
zeigt seine Sexualfeindlichkeit („Niederste Instinkte“, „sexuelle Abgründe“, „schmutzigsten Dinge“) 6 ist wieder ok, kritisiert wird die (schlechte) Inszenierung, weniger das Thema, 3 ist unschlüssig, weil kaum Kommentar, 2 geht so, SM ist nun mal eine härtere Spielart der Sexualität, 1 ist auch wieder in Ordnung, weil nicht die Existenz von Bordellen an sich, sondern nur RTLs Umgang mit einem bestimmten Bordellbetreiber kritisiert wird...)

http://fernsehkritik.tv/folge-67/Start/#jump:2-593
Was an der Vermittlung von Wissen zur Vermeidung peinlicher Situationen schlecht sein soll, erschliesst sich mir nicht. Probleme damit kann man eigentlich nur haben, wenn man die veraltete Meinung vertritt, dass Jugendlich generell nichts mit Sex am Hut haben sollten...

http://fernsehkritik.tv/folge-72/Start/#jump:3-526
War wohl auch ein Versuch HKs, Homosexuelle in eine seltsame Ecke zu stellen. SOMUNCU hat ja glücklicherweise direkt genügend Contra gegeben, sodass sich das wohl wieder aufhebt...

http://fernsehkritik.tv/folge-114/Start/#jump:3-537
Und da kann ich HK nun einmal gar nicht zustimmen. Nicht nur wegen den üblichen sexualfeindlichen Äusserungen („sexistischer Unfug“, „Rene Schwuchtel Show“, „nervige Schmuddelspots“, „Fiki-Fiki-Talkshow“, „naive Schlampen“, „Televisions-Wixe“, „Schwanzlos“) , sondern auch nicht seiner Meinung zur Qualität der Sendung. Diese ist zwar etwas pubertär aufgemacht, und viele der dortigen Spielereien sind wohl auch unnötig, ja, aber vom Prinzip her recht gelungen, dass nämlich einmal Pornosternchen vorurteilsfrei zu ihrer Arbeit befragt werden, ist ein innovativer Ansatz. Zeigt sehr schön, dass das auch nur normale Menschen wie du und ich sind und trägt hoffentlich etwas zum Abbau der neu aufgekommenen Prüderie bei.

Gerade in Politik und Justiz herrscht leider noch immer (oder wieder) das bizarre Vorurteil in den Köpfen, dass es keine freiwillige Prostitution geben könne und Darsteller von Pornographie grundsätzlich sexuell missbraucht wurden und werden. (was an unserer Uni im Strafrecht alles für Schreckensszenarien an angeblichem Menschenhandel verbreitet wurden, war teilweise richtiggehend lächerlich... Ach ja, das hiesige Menschenrechtsinstitut stützt Lanzarote, warum auch immer...)

HK sieht zudem Prostitution grundsätzlich als Ausbeutung der Frau und nicht als ein (mehr oder weniger) gutes Verdienstpotential für diese, wie das jede andere Beschäftigung auch ist. Diese Meinung von ihm zu diesem Thema halte ich ebenfalls für überholt und unbrauchbar.

Die Beiträge zu Tatort Internet und die jüngeren Derivate mit Beate Krafft-Schöning stachen da hingegen für mich als sehr sachlich und damit positiv heraus. Die fand ich toll und wichtig, weil HKs Resonanz nun mal relativ weitgehend ist. (Mein Blog zum Thema hatte drei Empfehlungen und wahrscheinlich gleich viele Leser, währenddessen seinen Beitrag schon tausende Personen gesehen haben...)

Zu Frei.Wild: (Vorweg, ich liebe deine expliziten und völlig überzeichneten Vergleiche. Die sich vor dem inneren Auge bildlich vorzustellen zaubert immer ein Lächeln aufs Gesicht^^) Ich mag dazu eigentlich nicht mehr allzu viel sagen. Ich hab mir die 215 Seiten im FK-TV-Forum komplett gegeben, das muss reichen.

Persönlich gefällt mir die Band musikalisch teilweise, daher hab ich sie mal in meinen AMV-Ordner geknallt und gut ist. Mag sein dass ich das etwas lockerer sehen kann, weil ich Schweizer und daher von der „Nazi-Erbsünde“, wie Major das mal genannt hat, gefreit bin, aber ich kann in ihren Texten bei bestem Willen nicht gefährliches oder gar verfassungsfeindliches sehen. (Es sei denn, man rechnet die Befürwortung von Rache und Vergeltung dazu, das scheint aber ausser mir niemand zu tun...)

Konservatismus (nenn es „rechts sein“, wenn du willst. Ich kann wie schon mehrfach gesagt mit dem Links/Rechts-Schema nichts anfangen und unterscheide eher nach „wählbar“, „unwählbar“ und „Idioten“) und teilweise auch Religiosität ja, aber diesen angeblichen Einstieg in den Rechtsextremismus kann ich da einfach nicht raushören... Vielleicht bin ich auch nur zu dumm dafür^^ Wenn man diesen Masstab anlegt, der Frei.Wild da auferlegt wird (Heimatliebe, Kritikfeindlichkeit, Ausländer-Raus-Parolen = Nazis), sind bei uns jedenfalls 2/3 der politischen Parteien rechtsextrem, und das wage ich ein klein wenig zu bezweifeln, auch wenn die Schweiz ein klares Rassismus-Problem hat... (Siehe die Abstimmungsergebnisse zu Minarett- und Ausschaffungsinitative sowie zu den Asylreformen der letzten Jahre. Ich hab übrigens bei allem mit NEIN! gestimmt, falls dich das interessiert^^)

Und mal hypothetisch als Advocatus Diavoli gefragt: Was wäre eigentlich so schlimm daran, wenn Nazis Musik machen, solange sie damit nicht zu Gewalt und Hass aufrufen? (Gibt es sowas? Wenn ja, will ich Links zu^^ Die „Schulhof-CDs“ als Beispiel sind ja recht offen rassistisch...) Soweit ich den Rechtsstaat verstehe, gewährt dieser seinen Bürgern die Grundrechte ohne Unterschied der Weltanschauung. Nazis pauschal als Menschen zweiter Klasse anzusehen halte ich nicht für zielführend, gerade weil diese dasselbe tun und man ihnen damit in die Hände spielt, weil sie sich dann als arme Diskriminierungsopfer stilisieren können. Dass deren Ideologie absolut scheisse ist, und diese als solche Verachtung verdient, versteht sich allerdings wohl von selbst...

In dem Zusammenhang hätte ich gerne eine kurze subjektive Einschätzung von dir, welchem politischem Spektrum ich deiner Meinung nach angehöre. (unter Berücksichtigung des vorgeschriebenen und der Tatsache, das ich hier bereits einmal plakativ Hakenkreuze ausgestellt habe, etwas was Frei.Wild meines Wissens nach nie tat...)

Ich kann HK da auch irgendwie ein klein wenig verstehen. Ich benutze zwar den Begriff Gutmenschen aus Prinzip nicht, weil er für mich nicht das aussagt, worüber ich lästern will, aber über Moralapostel habe ich mich auch schon zu Genüge aufgeregt...

Können wer uns dabei drauf einigen, dass HK beim Interview (und vorallem bei dessen Zusammenschnitt) hart gefailt hat, aber der Beitrag an sich nicht wirklich schlecht war? Und für die ignorierten „nachweisbaren Fakten“ hätte ich gerne einen Nachweis... (Ich unterstelle dir explizit NICHT; dass du da was erfindest, ich will nur wissen, wovon du sprichst^^) Und dass er leider recht beratungsresistent ist, ist jetzt nix neues und war eigentlich schon immer so.
Muss man nicht mögen...

Die Reaktion vom Echo fand ich jedenfalls unter aller Sau. Einfach nachträglich die Spielregeln ändern, weil einige andere Bands, deren Texte nun auch nicht wirklich „Mainstream“ sind, nicht im Zusammenhang genannt werden wollten, ist meiner Meinung nach sehr unfair.

Weiter gegen Lanzarote – Petition 2.0 eingereicht eidgenössisches Recht, Gesetzesredaktion, Grundrechte, Mangas, Petition, SOKORabe

Autor:  Eru-Jiyuka
Was, wie, heute zwei Weblogs vom L.? Das ist ja Schwansinn hoch Zwei.
(Und OMG, das L. verlinkt einen grossen Youtuber als Schleichwerbung... Das hatten wer auch noch nie^^)

Das hier ist nichts grossartiges, nur ein klein wenig piratentypische Transparenz. Also, heute Mittag hat das L. die zweite Petition gegen die Umsetzung der Lanzarote-Konvention mit insgesamt 8 Unterschriften abgesandt.
Die entsprechende Quittung des Beförderungsunternehmens sieht wie folgt aus:



Die Eingangsbestätigung seitens der Parlamentsdienste wird dann auch noch veröffentlicht, sobald erhalten...

Und wer wirklich immer noch nicht weiss, worum es bei der Lanzarote-Konvention geht, und warum diese gleichermassen bescheuert wie bedrohlich ist, dem seien die folgenden Links empfohlen:
http://www.schnittberichte.com/news.php?ID=4455
http://animexx.onlinewelten.com/weblog/120857/635379/
http://animexx.onlinewelten.com/weblog/120857/685801/#text_lang

Mit der Petition werden folgende Problempunkte angesprochen:

1. Der BGH-Beschluss 1 StR 8/13 und dessen Auswirkungen auf die Legitimation des Sexualstrafrechts hinsichtlich Fiktion.

2. Die Möglichkeit des Parlaments, wirksame Vorbehalte gegenüber der Konvention anzubringen, welche die aufgezeigten Probleme sinnvoll lösen würden.

3. Kombinierte Rechtswirkungen, die aufgrund anderer künftiger Normen entstehen, so etwa der automatische Entzug von Lehrberechtigungen, permanente Überwachung elektronischer Kommunikation oder lebenslange Speicherung von Personendaten und Übergabe dieser zuhanden aller europäischen Strafverfolgungsbehörden.

Es bleibt zu hoffen, dass die Kommission über genügend rechtlichen Sachverstand verfügt, um die klar zu weit gehenden, geplanten neuen Normen auf ein zulässiges Mass, im Wesentlich dem derzeitigen Status Quo zurückzustufen. Sollte dem nicht der Fall sein, bleibt als nächste Instanz der Nationalrat, der dann rein politisch entscheidet, also den juristischen Argumenten kaum rational, sondern nur mit „Aber es geht doch um die Kinder!!!!!11“ begegnen wird...

Sollte dies passieren und das Gesetz durchgewunken werden, muss halt ein Referendum her, damit zumindest das Volk über das Aussterben weiter Teile moderner Kunst und Kulturformen befinden kann... Wir werden uns unsere Mangas jedenfalls nicht kampflos wegnehmen lassen! Wie beijiro in Zitat völlig richtig schreibt, sind in solchen Situationen nicht Diskussionen wichtig, sondern konkrete Taten!

Und an alle Dagegen-Schreier: Offensichtlich habt ihr noch nicht ganz verstanden, dass auch aus dem Kontext gerissene, mit nicht einschlägigen Normen oder gar mit dem (rechtlich gänzlich unzulänglichen) gesunden Menschenverstand begründete Angriffe auf den Blogtext (oder dessen Autoren) nur dabei behilflich sein können, den Bekanntheitsgrad des Eintrags zu steigern... Ob dies im Sinne eures Erfinders ist, dürft ihr gerne selbst entscheiden. Diesmal hat das L. sogar einige Wochen Zeit, mit euch herumzustreiten, also nur immer her damit^^

Die Entstehungsgeschichte eines Armreifs – Blutbad in Handschellen Cosplay-Accessoires, God Eater, ProjectXZone, Regal Bryant, Soma Schicksal, Tales of Symphonia

Autor:  Eru-Jiyuka
Und nein, es gibt hier jetzt keinen Splatter zu sehen, auch wenn der Blogtitel durchaus zu diesem Fehlschluss verleiten könnte^^ (Sry, abgemeldet aber der Joke musste angesichts deines tollen Nicks jetzt sein^^)

Sie hat das L. gebeten, eine kurze Bastelanleitung zu verfassen, da sie für ihr bevorstehendes Regal-Cos noch die Handschellen des Charas herstellen muss und unschlüssig ist, wie sie das am besten bewerkstelligen kann. Somas Armreif erinnert nämlich erstaunlich exakt an eine solch ungemütliche Handfessel, sodass man bei selber Grundform wohl einfach farblich adaptieren kann...
(Sollte übrigens jemand die Funktion von dem Ding in der Serie wissen, bitte in die Kommis schreiben, ja? *dies trotz Studium des zugehörigen Wikis und Spiels noch nicht rausgefunden hat*)

Nun, denn tun wer also: Wie bei Ask.fm schon erwähnt war das Ausgangsmaterial eine Massivholzplatte aus Fichte (2m*40cm*18mm). Diese wurde erst einmal in der Länge um 40cm gekürzt, und dann zum Schwertbau verwendet. Dabei blieb aufgrund der sehr seltsamen Klingenform des Evil Ones, die wohl jeden Waffenschmied zu Recht in den Wahnsinn treiben würde, jede Menge Holz in geschwungener Form übrig.
Der Reif wurde deshalb komplett aus diesem Abfall, der beim Aussägen des Schwertes entstand, hergestellt und ist damit ein hübsches Beispiel für sinnvolle Resteverwertung^^ Theoretisch gesehen wäre daher mit
dem Abschnitt wohl noch genügend Material für zwei weitere Exemplare da...

Dem Sinn zuliebe wäre es allerdings wohl sinnvoll, am Beginn der Erläuterung anzufangen^^ Und am Anfang war das Licht... Nein, natürlich nicht! Sondern der Zeichenstift. (und ja, das L. hört ja schon freiwillig auf, zu reimen, nicht schlagen bitte^^) Will sagen, von den ersten Schritten gibt's leider keine Bilder, nur eine 1:1 Skizze... Die sieht dann so aus:



(Das ZKB-Logo einfach ignorieren, ja? Ist nur Zufall, weil grad kein anderer Block da war, soll ausnahmsweise aber ausdrücklich keine Schleichwerbung sein... Das L. vertraut der Bank jedenfalls sein Erspartes nicht an^^) Wie man sieht ist das erstaunlich unspektakulär. Ein Kreis in einem grösseren Kreis mit eckigem Vorbau... Damit gewinnt man noch keine Designpreise^^ Die kommen erst, wenn die Umsetzung von der zweiten in die dritte Dimension ansprechend gelingt. Da es, wie gesagt, von dieser Kreativarbeit leider kein Abbild gibt, hier daher an dessen Stelle ein Versuch einer Rekonstruktion, [1] sollte annähernd zeigen, wie das ursprünglich mal ausgesehen hat.

Wie recht deutlich zu sehen, übersteigt die Dicke des Reifs diejenige des verwendeten Baumaterials.
Das sind also zuvorderst mal zwei gleiche Teile, die man da braucht, man muss die Vorlage folglich zweimal übertragen, bevor man sich an die eigentliche Ausschneidearbeit machen kann.
*sich dabei zu erinnern meint, die Skizze auf dem Holz nicht mehr händisch korrigiert zu haben*

Beginnen sollte man dabei mit dem Aussägen des inneren Teils. (andersrum geht auch, ist aber mühsamer, weil man dann die „Halteeisen“ (Schraubzwingen) nicht sinnvoll abstellen kann und das Werkstück leicht verrutscht...) Um einen Angriffspunkt für die Stichsäge zu bieten, muss der innere Kreis an den vier Achsenpunkten gebohrt werden, danach geht das durch geschicktes Drehen des Sägeblatts relativ einfach in einem Rutsch durch^^ Ist dies geschehen, sollten zwei durchbohrte Innenteile vorliegen, was dann etwa so aussieht wie in [2].

Danach muss man nur noch entlang den nichtvorhandenen Kanten des äusseren Rings alles wegschneiden, was nicht nach Reif aussieht^^ (Da man mit Stichsägen eigentlich keine runden Kurven schneiden kann, muss man sich mitunter damit behelfen, dass man senkrechte Teilschnitte setzt, die unnötiges Material wegschneiden und dadurch einen neuen Angriffspunkt schaffen).

Dann hat man zwei dünne Teile, die nun miteinander verbunden werden müssen. Dafür muss man sie zuerst einmal einschneiden, und zwar spiegelverkehrt, also beim einen Teil oben links, beim anderen oben rechts. Die Bereich zwischen dem Einschnitt und dessen Spiegelbild, also ein überstumpfer Winkel, wird bei beiden Teilen mit Holzleim bestrichen und so zusammengefügt, dass die Einschnitte nicht deckungs-, sondern gegengleich sind. Wenn man den Reif später dreht, dürfen die Einschnitte nicht auf beiden Seiten auf des selben Stelle zu sehen sein, also NICHT durchgehend erscheinen. (Das ist SEHR wichtig, weil dies später den Öffnungsmechanismus bildet. Macht man das falsch, kann man gleich von vorne beginnen...)

Hat man diesen etwas kniffligen Part überstanden und ist der Leim getrocknet, muss der Reif am runden Ende unten eingeschnitten werden. Dieser Schnitt muss durchgehend sein, also beide Teilschichten durchtrennen, damit der Reif später überhaupt bewegt werden kann. Hat man dies bewerkstelligt, sollte das so ähnlich aussehen wie in [3] gezeigt. Danach wird ein Scharnier drauf genagelt, wie in [4] gezeigt. Dieses sorgt dafür, dass der Reif beim Öffnen [5], [6] nicht auseinander fällt, was äusserst sinnvoll ist^^

Prinzipiell wäre die Konstruktion nun fertig, sie funktioniert ja auch ganz prächtig. Das Problem besteht jedoch nun darin, dass es sich zu gut öffnet, sprich, angelegt nicht lange geschlossen bleibt, wie man es gerne hätte. Schwerkraft wirkt halt, ob man nun will oder nicht. Daher wird noch etwas benötigt, um das Ding zuzuhalten, wenn man es am Handgelenk montiert hat...

Dafür müssen Löcher in den rechteckigen Vorbau (durch beide Teilschichten hindurch!) eingelassen werden, die dann von schwerem Metall in Form von bemutterten Schrauben [7] ausgefüllt werden.

Wichtig ist hier: Die Schrauben sind keine Schrauben! Sie werden nicht als Schraubverbindung benutzt (und dementsprechend auch nicht ins Holz geschraubt), sondern dienen nur als Stifte, welche die Verbindung halten und schliessen. Die Bohrung muss daher etwas dicker ausfallen als der Durchmesser der Schrauben, damit man diese einfach durchstossen kann! Damit die Schrauben selbst nicht rausfallen, werden sie am anderen Ende durch eine Mutter gesichert. *mal hofft dass man das auf [8] und [9] erkennen kann* Das hält erstaunlich gut und lässt sich dennoch leicht und rasch lösen, wenn denn Bedarf daran besteht^^

(Für den Schliessmechanismus genügt eigentlich eine Schraube, die zweite ist nur Zierde, weil Soma das so hat. Für Regal könnte man das also durchaus mit einzelner, mittigen Schraube basteln, wonach es auf dem Referenzbild auch irgendwie aussieht...)

Der Rest ist Makulatur und viel Farbe. Will sagen, das Ding muss noch entsprechend angemalt werden. Bei Soma war da eine Grundierung in Feuerrot [10] und danach eine Schicht Weiss (die Farbdose meint „Lichtgrau“, warum auch immer...) für den Streifen [11] und die Umfassung [12], [13] sowie ganz wenig Schwarz (Anthrazitgrau, um genau zu sein) für den Kreis auf der Umfassung notwendig, für Regal würde wohl einheitlich Schwarz genügen...

Übrigens hat das L. Regals Nachnamen bislang immer falsch ausgesprochen...
*fest davon überzeugt war, der würde Byrant heissen* Oops...

Salzsäure + Aceton =! Terrorismus. Kritische Bewertung der beginnenden Hausdurchsuchungsorgie 5.0 aus chemischer und juristischer Sicht. Chemikalien, eidgenössisches, Recht, SOKOMeise, Strafprozessrecht, Strafrecht

Autor:  Eru-Jiyuka
Und grade als man dachte, Politik und Justiz geht es bei diesem herrlichen Wetter der letzten Tage zu gut, um allzuviel Unsinn anzustellen und man könnte sich endlich mal etwas ausgiebiger den viel zu lange vernachlässigten Hobbys widmen, schneit (ja, Ende Juli. Das Wetter war dieses Jahr genug seltsam, um diese klimatisch unpassende Wendung zu rechtfertigen^^) schon wieder ein Fall rein, bei dem man sich einfach nur noch ganz schnell der nächstgelegenen Tischplatte hingeben möchte...

Wie immer, erst die gesammelte Medienberichterstattung zum Thema:
http://bazonline.ch/basel/stadt/Um-Mitternacht-auf-Balkon-Salzsaeure-gemischt/story/30283596
http://www.20min.ch/schweiz/basel/story/16110848
http://www.bluewin.ch/de/index.php/1926,852883/Nachts_auf_Basler_Balkon_atzende_Chemikalien_gemischt___Festnahme/de/news/regio/nor%E2%80%8Bd/?regio=&langRegio=
http://soaktuell.ch/index.php?page=/News/Basell-Chemikalien-um-Mitternacht-auf-dem-Balkon-gemischt-verhaftet_12427
http://www.badische-zeitung.de/basel/chemikalien-auf-dem-balkon--73637225.html

Also, versuchen wer mal ein bisschen Ordnung in das Chaos reinzubringen. Zunächst kurz den Sachverhalt aufzeigen, dann ausgiebiger die chemischen und juristischen Fehlschlüsse zerfetzen...

Nun dann: X, ein 31 Jahre alter Schweizer, hat um Mitternacht auf einem Balkon Salzsäure und Aceton in einem Eimer vermischt, um dieses Gemisch seinen Angaben nach als Reinigungsmittel zu benutzen. Dabei soll eine chemische Reaktion erfolgt sein, die dazu geführt haben soll, dass ätzender Dampf entstanden sei, der von einem Nachbarn bemerkt wurde. Dieser rief die Polizei, welche die offenbar entstandenen Geruchsemissionen für derart gravierend hielt, dass sie zunächst die Feuerwehr alarmierten, welche den Dampf mit Lüftern zerstreute, dann den X verhafteten, seine Wohnung durchsuchten und alle aufgefundenen Chemikalien sicherstellten.
Der Nachbar soll durch den Dampf geringfügig verletzt worden sein. (Atembeschwerden, starke Übelkeit und Augenreizungen, alles vorübergehend) Gefunden wurden bei der Hausdurchsuchung dann „einige Deziliter Salzsäure und Aceton“, sowie irgendwas anderes, was die Staatsanwaltschaft offenbar für wichtig genug hielt, mitzunehmen, natürlich aber nicht für so wichtig, auch die Öffentlichkeit ordnungsgemäss darüber zu informieren, was es denn nun war...


Wie man an dem vielen Konjunktiv ersehen kann, ist da schon mal chemisch sehr viel falsch. Und da das L. seit Dezember letzten Jahres ja keine praktische Chemie mehr betreiben darf, dankt es Major, die sich damit (also mit der Chemie^^) von Berufs wegen auseinander setzen darf, ganz herzlich für das Bereitstellen der im folgenden dargelegten fachlichen Fakten.

Erstmal zu den behaupteten illegalen Verwendungen der Substanzen
(Salzsäure und Aceton „werden im Herstellungsprozess von Sprengstoff sowie von Kokain und Methamphetamin verwendet“ -> 20min):

Äh, nein, SO stimmt das nun wirklich nicht. Ecgonylbenzoat ist, wie der Name überhaupt nicht andeutet, ein Extrakt des Coca-Strauches. Dieser enthält 0.5-2.5% an Alkaloiden, die zu 75% aus dem eben hier relevanten Kokain bestehen. Extraktionen von Alkaloiden werden üblicherweise mit einer Apparatur nach Soxleth durchgeführt und erfolgen unter Rückfluss des Extraktionsmittels, um Lösungsmittel zu sparen und effektiver extrahieren zu können etwa als bei einem „Kaltaufschluss“ oder offenem Verdampfen des Lösungsmittels.

Zu den üblichen Extraaktionsmitteln zählen Hexan, Chloroform, Dichlormethan, Diethylether und Ethylacetat. Aceton ist zwar ein Lösungsmittel, und könnte damit theoretisch auch Verwendung in einem Soxlethextraktor finden, doch ist das sehr unüblich. Spontan kann sich das L. nicht einmal an eine Vorschrift aus VC und Konsorten erinnern, welche Aceton als Extraktionsmittel benutzt... (falls jemand doch noch eine findet, bitte in der Kommentaren anfügen, ja?)

Wahrscheinlicher ist aber ohnehin, dass beim Kokain gemeint war, dass HCl(aq) für die Herstellung benötigt würde. (Das wäre auch von der Sprachstellung her passender...) Dummerweise ist auch das so nicht wirklich korrekt. Ja, es gibt von diesem Alkaloid auch ein gut lösliches Hydrochlorid-Salz und ja, dies wird auch als gängige Darreichungsform illegal kommerziell vertrieben, doch wird dafür nicht zwingend Salzsäure benötigt. Bei der üblichen Darstellungsweise werden die extrahierten Alkaloide (Ecognine) mit Natronlauge verseift, dann mit Benzoylchlorid und Methanol zum Kokain verestert.

Man kann das Ausgangsmaterial natürlich auch schlicht mit Kerosin, Salzsäure und ungelöschtem Kalkschlamm zusammenwerfen und diese Schlamperei dann wohlfeil und chemisch ungenau „Säure/Base-Extraktion“ nennen, aber dass da was brauchbares im Sinne von reiner Substanz bei rauskommt, darf wohl eher bezweifelt werden...
(60% Reinheit ist eine Beleidigung für jede noch so unsaubere ordentliche Darstellung und erinnert mehr an alchemythische Panscherei)

Aber auch das mit dem n-Methylamphetamin ist nur über viele Ecken und mit genügend penetranter Ignoranz stimmig. Mit Aceton bekommt man dort nämlich nur zu tun, wenn man die Syntheseroute über Phenylaceton und Methylamin wählt. Dabei ist Aceton aber immer noch kein Edukt sondern allenfalls ein (nicht notwendiger) Vorstoff, weil man Phenylaceton, wie es der Name nahelegt, auch (aber nicht ausschliesslich) durch Reaktion von geeigneten Substanzen [Benzol, Mangan(III)Acetat als Kat] mit Aceton herstellen kann. (Man kann dementsprechend Phenylaceton auch retrosynthetisch in Aceton zerlegen...)

Eine weit gängigere Methode zur Labordarstellung ganz ohne Aceton (dafür mit mehr Gift!) beschreibt Major hier: http://animexx.onlinewelten.com/weblog/14411/655300/

Und Salzsäure hat bei diesem Molekül schon gleich gar nichts zu suchen, wenn man mal davon absieht, dass es auch hier wieder ein Hydrochlorid-Salz von gibt und auch dieses verbotenerweise gehandelt wird...

Was leider in allen Medienberichten vergessen geht, obwohl für die Verhältnismässigkeit der Massnahme sehr wichtig, ist, dass Salzsäure und Aceton sehr viele legitime Anwendungsmöglichkeiten haben, so etwa:

HCl(aq)
Spoiler
1. Reinigungsmittel für anorganischen Schmutz
2. Kalkreiniger
3. Darstellung diverser Salze
4. Neutralisierung von Laugen
5. Lösen von Metallen (Überführung in die entsprechenden Metallchloride)
6. Lebensmittelzusatzstoff (E 507)
7. Darstellung von Wasserstoff (mit Zink)
8. Darstellung von Chlor (mit Kaliumpermanganat)
9. Ätzen von Platinen (mit Wasserstoffperoxid)
10. Herstellung von PVC (mit Ethin)
11. Beizen von Holz und Metallen
12. Entfernung von Mörtelresten
13. Flussmittel beim Löten
14. Säure/Basen-Titrationen
15. Scheidewasser in der Edelmetallverarbeitung (mit Salpetersäure)
16. Hilfsstoff bei der Verarbeitung von Bergwerkerzeugnissen (Roherze)
17. Holzverzuckerung
18. Regulierung des Ph-Werts von Aquarien/Pools.
19. Analytischer Trennungsgang (schwer lösliche Chloride)
20. Regeneration von Ionenaustauschern
21. Rostentferner
22. Gegenmittel für Iodflecken auf Haut und Kleidung
23. Gegenmittel für Brandflecken in Porzellan


H3C-C=O-CH3
Spoiler
1. Herstellung von Plexiglas
2. Nutzung als Nagellackentferner und zum verdünnen anderer Nitrozelluloselacke
3. Kleber für Polystyrol, Polyethylenterephthalat und ähnliche Polymere
4. Entfernung von durch Bauschaum verursachten Verunreinigungen
5. Edukt in chemischen Reaktionen zur Herstellung komplexer organischer Substanzen (Adoladditionen und Adolkondensationen)
6. Reinigungsmittel für Lack/Öl-Flecken
7. Reinigungsmittel für Leiterplatten
8. Exzellentes Lösungsmittel für Ethin sowie auch gut für Harze, Fette und Kolophonium
9. Komplexbildner mit geeigneten Kationen
10. Darstellung von Mesitylen (mit Schwefelsäure)
11. Darstellung von Iodoform (mit I/KI(aq) und Natronlauge)
12. Entfernung von Pflasterrückständen
13. Herstellung von Spachtelmassen (mit Epoxidharzen)


(Die Spoiler sind nur wegen den vielen Möglichkeiten gesetzt, die das Layout des Eintrags nicht zerfetzen sollen^^)

Weder der Besitz von Aceton noch derjenige von Salzsäure deutet daher in irgendwelcher Weise auf Drogendelikte oder ähnliche Straftaten hin.(Sie sind beide entgegen der Behauptung in Bild von BaZ und SoAktuell übrigens auch nicht giftig...)


Dann zu der Beschreibung des Desasters, dass da passiert sein soll:
Eine chemische Reaktion zwischen Salzsäure und Aceton soll dazu geführt haben, dass ätzender Dampf ausgetreten ist, dieser soll derart toxisch gewesen sein, dass ein umstehender Nachbar ohne direkten Kontakt zu den Substanzen körperliche Schäden davongetragen haben will und das ganze soll auch noch mit wenigen Dezilittern Substanz durchgeführt worden sein.

Auch dazu ist zu sagen, nein, so wie geschrieben kann das zweifelsohne nicht geschehen sein. Eine chemische Reaktion ist dadurch definiert, dass eine – wie auch immer geartete – Umwandlung von chemischen Stoffen vor sich geht, also dass zumindest ein Atom einer Substanz nach der Reaktion irgendwo anders befindet, als es zuvor war. Verlassen die Substanzen den Vorgang hingegen unverändert und allenfalls in einem anderen Aggregatzustand, so handelt es sich NICHT um eine chemische Reaktion.

Aceton lässt sich aber durch Salzsäure gleich welcher Konzentration jedoch weder dazu überzeugen, zum Chloraceton zu werden (dafür brauch man schon „richtiges“ Chlor, also Cl2, ob gasförmig oder als gekühlte Flüssigkeit ist wohl egal...), noch dazu, sich zum Isopropanol reduzieren zu lassen (dafür werden nicht Protonen benötigt, sondern starke Reduktionsmittel wie etwa Hydride. Wäre für Aceton m.E aber Verschwendung, NaH ist teuer...). Eine chemische Reaktion zwischen den beiden Stoffen kann daher definitiv ausgeschlossen werden.

Was aber ist denn dann da erfolgt? Nun, wenn die eine Naturwissenschaft nicht mehr weiterhelfen kann, ist es hilfreich, sich der anderen, in diesem Fall der Physik zuzuwenden. Da begibt sich das L. zwar wieder mal (Fn. 24) auf ziemliches Glatteis *hust* 2.4 in der Abschlussprüfung hatte *hust*, aber, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, daher wenden wer uns mal ganz kurz dem wunder-fürchterlichen Gebiet der Thermodynamik zu. Diese kennt nämlich das Phänomen der sogenannten Mischungswärme, die von der Enthalpie der zu mischenden Stoffe abhängt. Auf deutsch – je nach dem, was man miteinander mixt, wird's also unterschiedlich warm oder kalt in der Lösung... Wie warm genau, dass wäre noch zu beweisen. Da man dazu rechnen muss und das L. dies von Berufs wegen schon nicht können darf (Judex non calculat), muss der Nachweis dafür, dass die Mischung von Salzsäure und Aceton allenfalls eine sehr geringe Hitze produzieren kann, aus fachspezifischen terminlichen Gründen ausnahmsweise nachgereicht werden.

Und an die BaZ, die Stärke einer Brönsted-Säure (HX + H2O -> H3O+ + OH-) bemisst sich nicht danach, welche Materialien sie auflösen kann, sondern wie gerne sie ihre Protonen abgibt, sprich zu wie viel Prozent sie in Wasser in Ionen zerfällt. (Dissoziation) Schon herkömmlicher Speiseessig kann etwa wunderbar Kupfer zum entsprechenden Acetat verbasteln. Deshalb behaupten zu wollen, Speiseessig sei eine „scharfe Substanz“ im Sinne von gefährlich, ginge aber wohl relativ deutlich fehl...

Um damit zum juristischen Teil des Eintrag zu kommen: Lassen wer das unsägliche neue Chemikalienrecht [1] doch einfach mal liegen und schauen stattdessen in die Strafprozessordnung, dort steht nämlich, welche Anforderungen allgemein an die Beschlagnahme von Gegenständen und an Hausdurchsuchungen zu stellen sind. [2]

Für ersteres ist Art. 263 StPO zuständig. Dieser besagt im wesentlichen, dass nur all die Dinge beschlagnahmt werden dürfen, und das die Beschlagnahme grundsätzlich auch von der Staatsanwaltschaft durchgeführt werden muss und nur ganz ausnahmsweise durch die Polizei qua eigener Kompetenz erfolgen darf. [3] (Die Staatsanwaltschaft kann sich freilich auf Art. 15 Abs. 2 StPO [4] berufen und dann im Endeffekt dennoch die Polizei losschicken, aber das ist ein anderes Problem.)

Zu prüfen ist also, ob den einkassierten Substanzen in casu Beweiswert zukommt oder ein Einziehungsgrund besteht. Zum ersten, Beweiswert hat etwas analog zum strafrechtlichen Urkundenbegriff nur dann, wenn es dazu geeignet ist, eine rechtserhebliche Tatsache zu belegen [5] und dieser Beleg nicht bereits anderweitig erbracht worden ist rsp. noch werden kann. [6] Der Beweiswert eines Gegenstands hängt sodann integral davon ab, was er überhaupt beweisen soll, sprich, welcher Straftatbestand überhaupt im Raum steht und ob der Gegenstand zum Nachweis dessen Erfüllung etwas beitragen kann.

In casu können, soweit man der nicht unzweifelhaften These folgen mag, dass die Mischung unmittelbar [7] zu körperlichen Schädigungen beim Nachbarn geführt hat, fahrlässige Körperverletzung nach Art. 125 StGB sowie fahrlässige Gefährdung von Leib und Leben mittels giftigen Gasen nach Art. 225 StGB vorliegen.

Letzteres mag nicht unbedingt einleuchten. Also, warum ist Salzsäure in flüssiger Form (und natürlich auch Aceton) juristisch gesehen ein „giftiges Gas“? Das liegt daran, dass diejenigen Strafrechtler, welche die Definition geschrieben haben, offensichtlich nichts von Chemie verstanden haben. Die allgemeine Kommentierung geht nämlich davon aus, giftige Gase seien „alle gasförmigen Stoffe, die in ihrer konkret verwendeten Menge geeignet sind, eine Leib oder Leben gefährdende Vergiftung hervorzurufen.“ [8]

Damit gilt folglich jeder Stoff als „giftiges Gas“, welcher eine gasförmige Phase hat und der in beliebiger Menge lebensgefährlich sein kann. Also auch Kochsalz...
(Sdp. 1465°C, LD50 3000mg/kg). Eine gewisse wissenschaftliche Korrektur wäre da bei der Neuauflage der Standartwerke zu wohl angebracht^^

Allerdings ist der Artikel trotzdem nicht einschlägig. Dies liegt daran, dass auch Fahrlässigkeit ein Mindestmass an persönlich vorwerfbarem Verhalten des Beschuldigten erfordert. Kann diesem gar kein Vorwurf gemacht werden, so ist sein Tun auch nicht fahrlässig! Netterweise ist die Fahrlässigkeit beim 225er sogar relativ klar definiert, so hantiert jemand nur dann fahrlässig mit „giftigen Gasen“, wenn er dabei eine objektive Sorgfaltspflicht verletzt, oder eine Aufgabe übernimmt, die fachlichen Sachverstand erfordert, über welchen er nicht verfügt. (spezifizierte Ingerenz)
Dafür muss er aber zuvorderst einmal selbst nach der allgemeinen Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge vorhersehen können, dass es bei der fraglichen Handlung voraussichtlich zu einer konkreten Gefährdung von Menschen oder Sachen kommen könnte. [9]

Anhand der obigen Berechnung ist dazu folgendes ersichtlich:
Muss man damit rechnen, dass sich die Substanzen beim Mischvorgang erwärmen -> Ja!
Muss man damit rechnen, dass durch die Wärme gasförmiges HCl entweicht -> Ja!
Muss man damit rechnen, dass bei wenigen Dezilitern Substanz derart viel HCl-Gas entweicht, dass dieses einen Nachbarn in einiger Entfernung körperlich schädigen kann?
-> Eindeutig NEIN!, weil kaum bis gar nicht plausibel
Damit fehlt es an der Adäquanz der Kausalität, mithin an der Fahrlässigkeit und die Strafbarkeit nach Art. 225 StGB ist folglich zu verneinen.

Die Verneinung von Art. 125 StGB verläuft analog. Die Kriterien sind dabei zwar etwas unbestimmter, doch der strafrechtliche Fahrlässigkeitsbegriff bleibt derselbe, sodass kein fahrlässiges Verschulden nach Art. 125 StGB vorliegen kann, wenn Vorliegen von Fahrlässigkeit zuvor bereits anderswo verneint wurde. Aber selbst wenn man gleichwohl irgendwo Strafbarkeit bejahen möchte, war die Mitnahme der Substanzen als Beweismittel unnötig. Diese können nämlich nur belegen, dass X. sie in Besitz hatte und allenfalls lässt sich am Füllstand noch erkennen, ob sie verwendet wurden. All dass ist aber völlig unerheblich, weil X. die Verwendung gar nicht erst bestreitet, er gab ja gerade zu Protokoll, dass er die Substanzen vermischt habe (um das Gemisch als Reinigungsmittel einzusetzen). Daher hätte es gereicht, auf die übereinstimmenden Aussagen von X., dem Nachbar sowie den Polizeibeamten abzustellen und allenfalls noch ein Foto der Substanzen für die Galerie sprich Asservatenkammer anzufertigen.
Aus dem Besitz dieser Chemikalien kann ohnehin auf nichts geschlossen werden. [10]

Bleibt noch die Möglichkeit, dass die Substanzen beschlagnahmt wurden, weil sie einzuziehen wären. Die Einziehung richtet sich Nach Art. 69 Abs. 1 StGB und darf nur für all jene Gegenstände erfolgen, „die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind“ und dies auch nur, wenn aus dem Gegenstand selbst eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit, Sittlichkeit oder Ordnung hervorgeht. Nach einem (m.E klar zu weit gehenden) alten Bundesgerichtsurteil [11] kann zwar schon ein Destilierkolben eingezogen so werden, doch ist sich die Lehre [12] mittlerweile recht einig darin, dass es nicht genügt, wenn ein Gegenstand in irgendeiner Weise in eine Straftat involviert war, sondern es muss vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass der Gegenstand weiter deliktische Verwendung finden wird, falls er nicht eingezogen würde. Dementsprechend ist auch eine Schusswaffe nicht bloss aufgrund des ihr innewohnenden Gefahrenpotential einzuziehen. [13]

Auf den Fall angewendet bedeutet dies, dass keine Chemikalie eingezogen werden darf,
von der nicht mit „suffisamment vraisemblable“ (hinreichender Wahrscheinlichkeit) angenommen werden darf, sie werde zukünftig in sicherheitsgefährdender Weise eingesetzt, auch dann nicht, wenn die betreffende Substanz allenfalls bereits in strafbarer Weise verwendet wurde.

Da es äusserst unwahrscheinlich ist, dass sich X. nach diesem Vorfall angesichts der negativen Konsequenzen nochmal dazu hinreissen lassen wird, Salzsäure und Aceton ohne Kühlung zu vermischen, handelt es sich bei seinem Verhalten nicht um ein hinreichendes Anzeichen künftiger Gefahr sondern allenfalls um eine "einmalige Entgleisung", "die sich aller Voraussicht nach nicht mehr wiederholen wird", was nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung für eine Einziehung klar nicht ausreicht.

Damit fehlt eine Rechtsgrundlage für die Beschlagnahme der Substanzen, diese ist rechtswidrig erfolgt.

Die bezeichneten Substanzen, und was auch immer sonst noch an Chemikalien eingepackt wurde sind dem Beschuldigten X. folglich gem. Art. 267 Abs. 1 StPO unverzüglich zurückzugeben.

Im Übrigen ist sowohl der Verwendungszweck als auch die Zeit der Ausführung entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft sehr wohl plausibel. Salzsäure ist, wie oben bereits angemerkt, ein gängiges Reinigungsmittel, welches sich durchaus auch in Kombination mit Aceton (oder halt einem anderen Lösungsmittel, Ethanol/Isopropanol dürfte als Zweitkomponente wohl noch gängiger sein...) in Fachkreisen grosser Beliebtheit zur Reinigung von Laborgerätschaften erfreut. [14] Auch das nächtliche Treiben kann dem X. nicht zur Last gelegt werden, das ist nämlich nicht verdächtig, sondern eher rücksichtsvoll.

Wer einen chemischen Versuch durchführen möchte, der von Emissionen begleitet sein könnte, hat mit Vorteil nicht nur für allfällige Unfälle entsprechende Gegenmittel bereit zu halten, sondern wählt Ort und Zeit auch nach der kleinstmöglichen Beeinträchtigung für umliegende Anwohner. 24 Uhr ist dafür geradezu prädestiniert, weil man um Mitternacht grundsätzlich auch damit rechnen darf, dass niemand in unmittelbarer Nähe rumfleucht, der sich durch etwaig entstehende Gerüche/Rauch belästigt fühlen könnte. [15]

In diesem Sinne ist auch die Zulässigkeit der Hausdurchsuchung zu prüfen. Diese wird durch Art. 244 Abs. 2 StPO geregelt. Demnach sind Hausdurchsuchungen (ohne Zustimmung des Bewohners) nur zulässig, wenn sie dazu dienen, eine zur Fahndung ausgeschriebene Person aufzufinden, zu beschlagnahmende Gegenstände sicherzustellen oder eine sich im Gang befindliche Straftat zu beenden rsp. ihr Ziel zu vereiteln. (Gefahr im Verzug)

Die Anwendung der ersten Regel scheitert daran, dass keine Fahndung nach der Person X. gem. Art. 210f. StPO vorliegt. Möglichkeit zwei erledigt sich, weil der Beweiswert der beschlagnahmefähigen Gegenstände gleich null ist und daher der Beweis nicht geführt werden darf. (Art. 139 Abs. 2 StPO)

Bleibt noch die dritte Rechtfertigung, und die ist leider nicht von der Hand zu weisen. Theoretisch muss dafür zwar ein hinreichender Verdacht bestehen, der auf tatsächlichen Anhaltspunkten basiert, de facto genügt aber ein Anfangsverdacht (02:32ff.), also die bloss gefühlte Vermutung, dass jemand eine bestimmte Straftat begeht.

Aufgrund der Aussagen des Nachbarn lässt sich kaum bestreiten, dass zumindest der Eindruck entstanden sein konnte, dass da Straftaten im Gang seien. Dass die Polizeibeamten ausgerückt sind und sich den Balkon mal angesehen haben, ist daher wohl nicht zu beanstanden.

Jedoch muss sich eine Durchsuchung nach Art. 244 Abs. 2 lit. c StPO strikt auf die vermutete Straftat beschränken, von der Durchsuchungskompetenz sind nur all jene Räumlichkeiten und Gegenstände umfasst, die mit der vermuteten Straftat voraussichtlich zusammenhängen.

Zwar dürfen Zufallsfunde sichergestellt werden (Art. 243 Abs. 1 StPO),
die reine Verdachtsausforschung hingegen ist nicht zulässig (Art. 141 Abs. 2 StPO).
Eine gezielte Suche nach Zufallsfunden nach dem erfolgreichen Sicherstellen der gesuchten Gegenstände (oder wie hier der Klärung der Sachlage) ist demnach genausowenig erlaubt, wie die Durchführung einer Hausdurchsuchung ohne konkreten Anlass, die rückwirkend mit den aufgefundenen Gegenständen begründet wird.

Soweit die Hausdurchsuchung also über eine Begutachtung des Balkons und der Beseitigung der störenden Dämpfe hinausging, war sie demzufolge ebenfalls rechtswidrig.

X. kann gegen die Hausdurchsuchung Beschwerde nach Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO wegen Rechtsverletzung gem. Art. 393 Abs. 2 lit. a StPO einlegen. Er kann damit insbesondere die Unverwertbarkeit der rechtswidrig erhobenen Beweise sowie die Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände erzwingen lassen.

Und wie kommt nun der Nachbar schliesslich zu seinem Recht (Ersatz notwendiger Heilungskosten), unter der (physikalisch wohl unhaltbaren) Prämisse, er sei durch den Mischungsvorgang direkt verletzt worden?

Als Zivilanspruch direkt aus einer strafbaren Handlung nach Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO i.v. mit Art. 49 OR lässt sich dies mangels entsprechender Strafbarkeit des X. nicht ableiten.

Ebensowenig greift die allgemeine ausservertragliche Haftpflicht nach Art. 41 OR oder das Persönlichkeitsrecht nach Art. 28 ZGB, da diese beiden Anspruchsgrundlagen für Schadenersatz jeweils das Verschulden des Anspruchsgegners und damit zumindest leichte Fahrlässigkeit voraussetzen. [16] Bleibt folglich nur eine zivilrechtliche Kausalhaftung, welche definitionsgemäss kein Verschulden benötigt, sondern nur den Nachweis des Schadens und der natürlichen Kausalität, also nur die Zuordnung des schädigenden Verhaltens zur Verantwortung des Anspruchsgegners erfordert.

Kausalhaftungen sind aufgrund des ihnen innewohnenden Durchbruchs des Grundsatz der Haftung nach individuellem Verschulden zur Wahrung der Rechtssicherheit entsprechend selten, und werden immer nur zugunsten besonders gefährdeter Personen rsp. zu lasten ständiger Betriebsgefahren erlassen.

Erstaunlicherweise gibt es für Nachbarschaftsstreitigkeiten dennoch eine solche.
Sie versteckt sich sehr weit hinten im ZGB und wird gerne vergessen. (Jedenfalls kann sich das L. nicht daran erinnern, dazu in der Vorlesung über Haftpflichtrecht etwas gehört zu haben...) Nach Art. 684 Abs. 1 ZGB hat sich jedermann „übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.“ Zu diesen Einwirkungen gehört gem. Art. 684 Abs. 2 ZGB neben vielem anderen ausdrücklich auch „Luftverunreinigungen“ und „üblen Geruch“, halt eben alles, was man so unter dem Begriff „Emissionen“ verstehen mag. Art. 684 ZGB enthält allerdings nur ein Verbot, keine Rechtsfolge, sodass sich aus diesem Artikel selbst keine Anspruchsnorm für Haftung entnehmen lässt. Dafür existiert Art. 679 Abs. 1 ZGB als Generalnorm, der eine Kausalhaftung des Eigentümers für Schäden, die dadurch entstehen, dass jener sein Eigentumsrecht überschreitet, begründet.

Systematisch nicht ganz logisch (ZGB 679 steht in Kapitel A (Inhalt), die Beschränkungen und ZGB 684 aber in Kapitel B), aber von der h.L. aus Gründen des Rechtsgüterschutzes wohl zu Recht befürwortet, wird die Kausalhaftung nicht nur auf Überschreitungen des Eigentumsrecht, sondern auch auf das Nichtbeachten von Eigentumsbeschränkungen angewendet. [17] Damit kann der Schadenersatzanspruch von Art. 679 Abs. 1 ZGB auch gegenüber Schäden, die durch nach Art. 684 Abs. 2 ZGB unzulässigen Emissionen entstanden sind, durchgesetzt werden.

Sofern die körperlichen Schäden des Nachbars also tatsächlich ursächlich auf das Salzsäure/Aceton-Gemisch zurückführen lassen, was zumindest unwahrscheinlich klingt, hat er gegenüber X. zivilrechtlich Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten.

Das L. gibt gerne zu, dass dieser letzte Schluss nun wirklich nicht mehr offensichtlich war und man das wohl als StA auch nicht in 15 Minuten rausgebastelt bekommen kann. *das auch nur wusste, weil ein Kommilitone sich schon mal erfolgreich drauf berufen hat* *für die Argumentationsbasis hier auch erst mal im Kommentar nachschlagen musste* Die in casu getroffenen Massnahmen sind dennoch, wie oben dargelegt, klar überzogen und weisen in eine unschöne Richtung, wieder hin zur allgemeinen Chemikalienhysterie...

Und nun abschliessend die Quizfrage: [18]
Sind das jetzt „sachdienliche Hinweise“ im Sinne der Internetzeitung Aargau-Solothurn, die man der Kriminalpolizei Basel-Stadt dringend mitteilen sollte? Meinungen dazu gerne in die Kommentare^^

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[1] Ob dieses mittlerweile auch schon das Mischen von Salzsäure und Aceton verbietet, ist nicht wirklich klar ersichtlich (teilweise sind die Rechtswirkungen über vierfache Querverweise zu entnehmen, die sich dabei lustig gegenseitig widersprechen...), es steht aber wohl zu befürchten. Zumindest darf man keine Anleitungen dazu schreiben, wenn die Mischung nicht auch kommerziell erhältlich sein darf. (Art. 75 Abs. 5 ChemV)

[2] Die Verhaftung überspringen wer jetzt einfach mal gnadenhalber, weil X. ja nur vorübergehend festgehalten und laut Sachverhalt auch zu keiner Zeit Haftantrag gegen ihn gestellt wurde. Aber so wirklich toll gemacht war das natürlich trotzdem nicht...

[3] Relevanter Wortlaut der Norm (Kürzungen vom -L.-, Original hier):

Art. 263 – Grundsatz

(1) Gegenstände einer beschuldigten Person können beschlagnahmt werden,
wenn die Gegenstände voraussichtlich:
a. als Beweismittel gebraucht werden
d. einzuziehen sind.

(3) Ist Gefahr im Verzug, so können Polizei Gegenstände zuhanden der Staatsanwaltschaft vorläufig sicherstellen.

[4] Relevanter Wortlaut der Norm (Kürzungen vom -L.-, Original hier):

Art. 15 – Polizei

(2) Die Polizei ermittelt Straftaten im Auftrag der Staatsanwaltschaft.

[5] Relevanter Wortlaut der Norm (Kürzungen vom -L.-, Original hier):

Art. 110 – Begriffe

(4) Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen.

[6] So können Beweisanträge etwa mit dem Argument abgeschmettert werden, sie würden ohnehin nur bereits bekannte Tatsachen hervorbringen. (Art. 318 Abs. 2 StPO)

[7] Im Recht spricht man bei einer solchen Ursachen-Wirkungskette vom sogenannten „adäquaten Kausalzusammenhang“. Grundlegendes dazu in verständlich bei MÜNCH/BORTOLANI-SLONGO „Praxisorientierte Einführung ins Privatrecht“ S. 47ff.
Wer sich mehr zutraut (oder vom Fach ist^^), kann auch mal in HONSELL „Schweizerisches Haftpflichtrecht“ reinschnuppern, das ist dann aber wieder hochjuristisch... (danke an Jim für die Wortschöpfung)

[8] Leider übereinstimmend und voneinander abschreibend:
DONATSCH/WOHLERS „Strafrecht IV“ S. 49
ECKERT/FLACHSMANN/ISENRING/LANDSHUT
„Tafeln zum Strafrecht – Besonderer Teil II“ T. 5
NIGGLI/WIPRÄCHTIGER „Strafrecht II“ S. 1302 die sich allerdings offen widersprechen, wenn sie einen Satz danach Bromdämpfe (T+!) aufgrund ihrer „industriellen Nutzung“ nicht als „giftiges Gas“ zählen lassen wollen.
[9] NIGGLI/WIPRÄCHTIGER S. 1307f.
Man merkt anhand der Kommentierung allerdings SEHR deutlich, dass Art. 225 StGB eigentlich allein auf Sprengstoffe ausgelegt ist und die „giftigen Gase“ da eher zufällig, möglicherweise sogar versehentlich hineingerutscht sind, zumal der Sprengstoffbegriff dadurch eigentlich tautologisch wird, da diese nach h.L. ja auch als „giftige Gase“ eingestuft werden können. (vorhandene Gasphase + kann tödlich wirken)
M.E wäre es deshalb dringend angezeigt, den Begriff „giftige Gase“ ersatzlos zu streichen.

[10] Der reine Besitz von Chemikalien ist, soweit SprstG oder BetmG nicht einschlägig, glücklicherweise immer noch nicht verboten, auch wenn ein entsprechendes europarechtliches Papier existiert, welche den Besitz von Salz-, Schwefel- und Salpetersäure in grösseren Konzentrationen als 3% für Privatpersonen unter Strafe stellen möchte. Also zukünftig keine Prüfsäure mehr für Juweliere und Goldschmiede... Knicklichter sind ja schon länger phöse -.-

[11] BGE 81 IV 217
Leider nur auf Französisch erhältlich, daher muss das L. dem Kommentar einfach mal glauben, dass da richtig übersetzt wurde. Zwischen „Destillierkolben“ (NIGGLI/WIPRÄCHTIGER) und „Brennapparat“ (Regeste BGer) besteht m.E aber ein grosser Unterschied, auch wenn es wohl bei beidem überzogen wäre...
Falls jemand von den Lesern gut Französisch kann und das übersetzen mag,
das L. wäre dafür unendlich dankbar^^ Gibt auch ne Belohnung für...
*sich dann noch was für ausdenkt*

[12] NIGGLI/WIPRÄCHTIGER „Strafrecht I“ S.1435
REHBERG „Strafrecht II“ S. 175ff.
MÜLLER „Repetitorium zum schweizerischen Strafrecht Kap. III F. 461
REHBERG/FLACHSMANN/KAISER „Tafeln zum Strafrecht – Allgemeiner Teil“ T. 83

Bestätigung dieser (zutreffenden!) Rechtsansicht durch das Bundesgericht in BGE 116 IV 117 E. 2a

[13] BGE 129 IV 81 E. 4.1 Satz 3f.

[14] Das Schwetlick-Organikum (S. 122f., 742) listet sowohl Salzsäure als auch Aceton als unverzichtbare Hilfsmittel zur korrekten Aufbewahrung und Entsorgung von Chemikalien sowie zur Reinigung von Glasgeräten.
(Und meine Güte, hat dass jetzt viel zu lange (mehrere Stunden Echtzeit o.O) gebraucht, das nach zu schlagen... Danke Adobe fürs nicht mehr richtig funktionieren und bei jedem Seitenwechsel 3 min freezen in neuster Version -.- So viel zum Sinn vom Updates^^)

[15] Auch das L. hat seine Schandtaten (etwa die unweigerlich von der Produktion sehr giftiger Stickoxide begleitete Herstellung von rauchender Salpetersäure aus Kaliumnitrat) aus nachbarschaftlicher Rücksicht bevorzugt zu Zeitpunkten durchgeführt, in denen es mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen konnte, dass es niemanden mit allenfalls anfallenden Emissionen belästigen würde. Dafür eignet sich die Nacht aus dem natürlichen Grund, dass dann üblicherweise die Leute schlafen, einfach am besten...

[16] Art. 41 OR erwähnt das in Abs. 1 ausdrücklich „sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit“, bei Art. 28 ZGB ergibt es sich erst aus der Klagebefugnis nach Art. 28a Abs. 3 ZGB, welcher der Kommentierung nach auf Art. 41 OR verweist und demnach die selben Anforderungen an einen Schadenersatzanspruch stellt.

Nachzulesen etwa bei TUOR/SCHNYDER/SCHMID/RUMO-JUNGO
„Das schweizerische Zivilgesetzbuch“ S. 105f.

[17] Ausführlich zum Komplex der Grundstücksverantwortung und dem Emissionsrecht:
TUOR/SCHNYDER/SCHMID/RUMO-JUNGO S. 882ff.

[18] Weil noch eine Schleichwerbung fehlt, hin und wieder wäre es vielleicht doch ganz gut gewesen, in Rechtsgeschichte/Römisches Recht mal nicht zu schlafen...

Das notwendige Tatsubjekt als Täter – Definitionsprobleme und Wertungswidersprüche im Eistee-Fall eidgenössisches, Recht, Sexualstrafrecht, Sinn?, Strafprozessrecht

Autor:  Eru-Jiyuka
0. Einleitung und Sachverhaltsdarlegung

Keine Ahnung, ob das auch nach Deutschland durchgedrungen ist, aber hier in der Schweiz hatten wer in den letzten Monaten einen sehr hoch gekochten Sachverhalt im Sexualstrafrecht, der sich im (un)sozialen Netzwerk Facebook abspielte. Es ging dabei um ein Sexvideo, dass von einem Unberechtigten eingestellt wurde und von Dritten weiter verbreitet wurde. Interessant am Verfahren war vornehmlich, dass auch gegen diejenige Person ermittelt wurde, die allein im Video zu sehen war. (Im folgenden Darstellerin genannt)
Vor einigen Tagen wurde dieser Fall nun abgeschlossen, wobei das Verfahren gegen die Darstellerin eingestellt wurde. Elf Jugendliche, welche das Video verbreitet hatten, haben geringe Jugendstrafen (Sozalstunden) erhalten.

Hier mal die gesammelte Medienberichterstattung dazu:
http://www.heise.de/tp/blogs/5/154062
http://www.tagesanzeiger.ch/panorama/KinderPornografie-Download-mit-rechtlichen-Konsequenzen-/story/19045531
http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/Junge-Frau-mit-privatem-Sexvideo-gemobbt-/story/12760436
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Diese-Jugendstrafen-haben-Signalwirkung--27869991
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/24755122
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/29484258
http://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/29118954

Hm, ja... klingt im Ergebnis gut, auch das L. plädiert nachdrücklich auf Straflosigkeit der Darstellerin. Warum das L. mit der Arbeit der Staatsanwälte dennoch nicht zufrieden ist (und daher auch diesen Blogeintrag erstellt hat...)? Das liegt vorallem an der Begründung der Einstellung, die mehr schlecht als recht konstruktiv zusammengewürfelt wirkt. Ausserdem kommt sie zu spät, weil der Fall hinsichtlich der Darstellerin m.E direkt mit Nichtanhandnahmeverfügung erledigt hätte werden müssen, womit alle Beteiligten um vier Monate Stress erleichtert gewesen wären^^

Damit hat das L nun schon wieder den Schlusssatz vorweggenommen...
*sich das endlich mal abgewöhnen sollte* Konsequent wäre es jetzt zwar, den Anfang der Geschichte an den Schluss des Blogs zu setzen, dann versteht dass aber definitiv niemand mehr...

Daher, beginnen wir stattdessen doch mal munter locker-flockig (Hurray für die Schleichwerbung!) mit der Schilderung des Sachverhalts:

X, ein 15-jähriges Mädchen hat sich bei sexuell expliziten Handlungen (Masturbation mit der namensgebenden Flasche) selbst gefilmt. Dieses Video hat sie ihrem Freund Y zu dessen privatem Gebrauch überlassen. Y hat nach Beendigung der Beziehung zu X das Video auf Facebook veröffentlicht. Es wurde von den Jugendlichen A-L verbreitet. Das Verfahren gegen X wird nach Jugendstrafrecht aufgrund starker eigener Betroffenheit gem. Art. 21 Abs. 1 lit. d JStG eingestellt. Die Jugendlichen A-L wurden wegen Verstoss gegen Art. 197 Ziff. 3 StGB bestraft, wobei die Strafe gem. Art. 23 JStG aus einer persönlichen Arbeitsleistung in einer sozialen Einrichtung bestand. Gegen Y wurde (noch) nicht ermittelt.[1]

1. Keine Anwendbarkeit von Art. 197 Ziff. 3 StGB, Sinn und Zweck der Strafnorm

Der Sinn der Strafbarkeit der Kinderpornographie liegt ursprünglich darin, sexuellen Missbrauch besser aufzuklären und die daran beteiligten Täter leichter fassen und verurteilen zu können, weil nicht mehr der Missbrauch als solches bewiesen werden musste, sondern es genügte, den Umgang mit durch den Missbrauch hervorgebrachtem Bildmaterial zu belegen.

Bezeichnenderweise wurde die Norm vor dem Siegeszug der Internets erlassen[2], sodass damals noch mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, dass bei Fund grosser Zahl derartiger Bilder auch tatsächlich ein am Missbrauch beteiligter Täter gefunden war.

Das moderne Sexualstrafrecht soll eben gerade nicht mehr dem Aufrechterhalten fragwürdiger Moral dienen[3], sondern die sexuelle Selbstbestimmung des einzelnen schützen.

Es ist letztlich wieder ein klassisches Definitionsproblem. Der fragliche Film ist „Kinderpornographie“ im Wortsinne, nämlich Pornographie VON einem Kind, nicht aber in demjenigen Bedeutungssinne, welcher die Strafwürdigkeit begründet.[4]

Niemand hat die Darstellerin zu den erwähnten Praktiken gezwungen, diese hat vielmehr sogar den Film selbst angefertigt und diesen (mit ihrem Einverständnis) ihrem Freund zu dessen Privatgebrauch überlassen.

Es gibt im Sexualstrafrecht für solche Fälle das Rechtskonstrukt des sogenannten notwendigen Tatsubjekts.[5] Dem reinen Wortlaut nach wäre nämlich das Opfer einer Sexualstraftat bei einem jugendlichen Täter grundsätzlich ebenfalls nach Art. 178 StGB strafbar. Da dies ganz offensichtlich dem Schutzzweck der Norm zuwider laufen würde, wird der Täterkreis, also die Anzahl möglicher Täter mittels teleologischer Reduktion auf diejenigen Tatsubjekte beschränkt, die zur Ausführung der Straftat nicht notwendig sind, mithin weggedacht werden können, ohne dass die Rechtsgüterschutzverletzung entfällt.

Dieses Rechtskonstrukt hat auch Indizierungswirkung, sodass die unmündige Person sich selbst auch nicht in strafbarer Weise nach Art. 195 StGB der Prostitution zuführen oder sich selbst darin festhalten kann. Ebensowenig macht sich ein Kind nach Art. 178 StGB strafbar, in dem es an sich selbst sexuelle Handlungen vornimmt. Auch sind Jugendliche, die sich pornographische Darstellungen im Sinne von Art. 197 Ziff. 1 beschaffen, nicht strafbar, obwohl ihnen die entsprechenden Medien nicht überlassen werden dürfen. [6]

Eine Begründung dafür, weshalb die Anwendung dieses Prinzips auf Art. 197 Ziff. 3 StGB in vorliegendem Fall nicht greifen soll, erfolgt seitens der Staatsanwaltschaft nicht, es scheint vielmehr so, als hätte sie sich mit diesem Problem gar nicht erst befasst. Wendet man die Lehre von der Straflosigkeit des notwendigen Tatsubjekts an, so ist die Herstellung eines sexuell expliziten Videos für die alleinige Darstellerin auch nach Art. 197 Ziff. 3 StGB zwingend straffrei.

Das steht zugegebenermassen so (leider) nicht im Gesetzestext, ist aber geltende Rechtsprechung und wird vom Bundesgericht regelmässig dazu herangezogen, die Strafbarkeit von Kinderpornographie vor Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 19 Abs. 2 UNO-Pakt II überhaupt zu rechtfertigen.[7]

Und bevor jetzt wieder jemand ankommt, und behauptet, es bestehe ein rechtserheblicher Unterschied zwischen der Ausführung einer sexuellen Handlung und deren Dokumentation, die von der Privatheit nach Art. 8 Abs. 1 EMRK umfasste sexuelle Selbstbestimmung hat auch meinungsrechtlichen Charakter, weshalb auch die Anfertigung von Informationsdokumenten über solche Handlungen nach Art. 10 Abs. 1 EMRK grundfreiheitlichen Schutz geniesst.[8] Soweit die Dokumentation einvernehmlich (oder wie hier selbständig) erfolgt, ist das demnach unerheblich.

Daher sollte man sich m.E vom Komplex des Art. 197 Abs. 3 StGB lösen und besser fragen, ob, wenn man gedanklich einmal den Straftatbestand der verbotenen Pornographie komplett streicht, nicht gleichwohl eine Grundlage für die Bestrafung des Verhaltens der fraglichen Jugendlichen besteht.

Und weil solche Gedankenspielereien immer etwas theoretisch anmuten, macht das L. das mit dem durchstreichen jetzt illustrationshalber mal wirklich. *Leuchtstift zück* So, das sieht dann so aus:



Sehr hübsch^^ [9] Also, Art. 197 StGB ist damit jetzt weg, aber es gibt da ja noch andere Artikel im
Gesetz...

Das eigentliche Problem i.c. ist ja das Einstellen und die Verbreitung des Videos auf Facebook, der damit verbundene Vertrauensmissbrauch und die Verletzung der Privatsphäre der Y. Dass Y als junges Mädchen ihre Sexualität erkundet und dies – warum auch immer – bildlich festhält, nimmt ihr hingegen – hoffentlich – niemand krumm. Jedenfalls aber lässt sich von rechtlicher Seite her nichts einwenden, weil das Verfügungsrecht über ihren Körper gem. Art. 10 Abs. 2 BV bei der Y selbst liegt.

Das verletzte Rechtsgut ist demnach gerade NICHT die sexuelle Integrität, sondern der Geheim- und Privatbereich! Damit erledigt sich die Zuständigkeit des Fünften Titels[10], welchen das L. da gerade auszugsweise experimentell rausgeworfen hat, eigentlich auch rechtlich endgültig...

2. Fehlerhafte Begründung der Einstellung, Möglichkeit zur Nichtanhandnahme verpasst

Da Art. 197 Ziff. 3 StGB nicht anwendbar ist, kann der Darstellerin kein strafrechtliches Fehlverhalten vorgeworfen werden. Was bedeutet dies nun strafprozessual? Nun, der Strafprozess wird gegen Beschuldigte geführt, also gegenüber Personen, bei denen ein begründeter Verdacht besteht, sie hätten eine bestimmte Straftat verübt. (Art. 111 Abs. 1 StPO) Offensichtlich Unschuldige können, sollen und dürfen nicht Gegenstand eines Strafprozess sein. Deshalb gibt es bei „Irrtümer“ der Strafverfolgungsbehörden, also dann, wenn diese versehentlich eine unschuldige Person verdächtigen oder beschuldigen, mehrere Möglichkeiten, das Verfahren aus Gründen der Effektivität vor der Verhandlung mit förmlichen Freispruch abzubrechen, um beiden Seiten die Auswirkungen unnötiger Ermittlungen zu ersparen.

Eine dieser Möglichkeiten ist die Einstellung des Verfahrens. Diese richtet sich nach Art. 319 StPO und kann beispielsweise dann erfolgen, wenn der Tatverdacht nicht erhärtet werden konnte, oder der Anwendung eines Strafartikels ein Rechtfertigungsgrund entgegen steht. Die Einstellung erfolgt gem. Art. 318 Abs. 1 StPO erst nach Abschluss aller Unterschuchungshandlungen der Staatsanwaltschaft.

Die besondere Betroffenheit des Täters an der eigenen Tat ist kein direkter, in der StPO geregelter Grund für eine Einstellung, er ergibt sich jedoch sowohl im Erwachsenen- wie auch im Jugendstrafrecht aus den Strafbefreiungsgründen des materiellen Strafrechts. Sowohl Art. 54 StGB wie auch Art. 21 Abs. 1 lit. d JStG listen die besondere Betroffenheit des Täters an der eigenen Tat als Strafbefreiungsgrund. Gem. Art. 319 Abs. 1 lit. e StPO ist ein Verfahren einzustellen, wenn nach Massgabe des Gesetzes auf Verfolgung oder Bestrafung verzichtet werden kann, sprich, wenn ein Strafbefreiungsgrund vorliegt.

Eine andere Möglichkeit ist die Nichtanhandnahme des Verfahrens. Gem. Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO hat die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme unmittelbar zu verfügen, wenn aufgrund des Vortrags des Anzeigenden oder der polizeilichen Vorermittlungen klar ist, dass das fragliche Verhalten des Verdächtigen keine Straftat darstellt. Diese Form der Nichtanhandnahme erledigt das Verfahren wie eine Einstellung wegen Strafbefreiung mit der Ausnahme, dass die verdächtige Person dabei nicht bloss straflos ausgeht, sondern auch gar nicht erst als Straftäter gilt.

Wie man die Nichtanhandnahme in der Praxis korrekt zu verfügen hat, erläutert eine Weisung der Schwyzer Oberstaatsanwaltschaft hier sehr schön.
(Offenbar ist die Schwyzer Oberstaatsanwaltschaft wesentlich rechtsstaatlicher ausgestaltet als die dortige Polizei...)

Demnach ist nicht nach Abschluss der Ermittlungsarbeiten einzustellen, sondern ohne weitere Untersuchungshandlungen der Staatsanwaltschaft durch diese direkt Nichtanhandnahme zu verfügen, wenn schon aufgrund der Aktenlage klar ist, dass keine Strafratsbestände verwirklicht wurden

In casu wäre daher spätestens nach Kenntnisnahme des Inhalts des fraglichen Videos sowie der Feststellung der Tatsache, dass selbiges von Y allein und ohne jeglichen äusseren Druck freiwillig aufgenommen wurde, die sofortige Verfügung der Nichtanhandnahme des Verfahrens gegen Y angezeigt gewesen.

Dies wäre für beide Seiten vorteilhaft gewesen. Y wäre vom Tatverdacht befreit worden und sie hätte damit nicht über vier Monate darum bangen müssen, ob ihr – an sich völlig natürliches – Verhalten nicht doch eine möglicherweise empfindliche Strafe nach sich zieht. Voraussichtlich wäre sie wohl auch nicht im Kollegenkreis derart gehänselt worden, wäre ihr Name direkt zu Beginn des Verfahrens reingewaschen worden. *das L. hätte das jedenfalls getan...*

Die Staatsanwaltschaft hätte sich auf die Ermittlung gegen X und die fraglichen Jugendlichen, welche das Video weiterverbreiteten, konzentrieren können und hätte sich nicht darin verzettelten müssen, entlastende Tatsachen oder Rechtsnormen für die Straffreiheit der Y zu finden.

Das zuständige Staatsanwalt hätte zudem Y als Zeugin gem. Art. 162ff. StPO befragen und dann zur Mitarbeit und zur Aussage, insbesondere über die Identität ihres ehemaligen Freundes X direkt anhalten können.(Bei einer Beschuldigten ist dies aufgrund deren Verweigerungsrechten nach Art. 113 Abs. 1 StPO nicht möglich...) Zudem wäre Y sicherlich weit kooperativer gewesen, wenn direkt zu Beginn des Verfahrens die Strafdrohung für sie weggefallen worden wäre und sie nicht als Sexualstraftäterin verunglimpft worden wäre... [11]

3. Anwendbarkeit von Art. 179quater StGB, Sinn und Zweck der Strafnorm

Wenden wir uns also dem einschlägigen Rechtsgut und damit dem Dritten Titel[12] zu. Dort bietet sich Art. 179quater StGB an, welcher die Aufnahme von Tatsachen aus dem Geheim- und Privatbereich ohne deren Einwilligung, sowie die Aufbewahrung und Zugänglichmachung an Dritte von solchen Aufnahmen unter Strafe stellt.

Zu prüfen ist also, ob sich die Handlung von X (Veröffentlichung des Videos auf Facebook) und diejenige der Jugendlichen A-L (Weiterverbreitung des Videos) unter diese Strafnorm subsumieren lässt.

Dass nicht nur die Ehre, sondern auch die Privatsphäre strafrechtlich geschützt ist, und der staatliche Schutz derer sich keineswegs nur in Art. 28 ZGB und damit in zivilrechtlichen Handlungsmöglichkeiten erschöpft, geht leider nur all zu gerne vergessen. Art. 179quater StGB ist daher ein bedauerlicherweise häufig übersehener Tatbestand, dementsprechend besteht relativ wenig Literatur und Rechtsprechung hierzu. (Ganze 3 Urteile in 43 Jahren, kein einziger BGE, kein einziges Urteil vor 2000...) Immerhin bestätigt das Bundesgericht in BGer 6B_131/2012 die Verurteilung des Obergerichts Zürich in einem sehr ähnlichen Fall.

Dort ging es um mittels Mobiltelefon und Fotokamera aufgenommene sexuelle Nötigung, die durch die Penetration einer schlafenden Frau mit Fingern, einer Banane und einer Karotte begangen (fragt nicht, wie das gehen soll, es steht so im Urteil...) und von den Tätern gefilmt wurde. Damit ist immerhin schon mal geklärt, dass sexuelle Aktivitäten zum „Geheim- und Privatbereich“ im Sinne der Norm zählen. Ebenso wird klargestellt, dass auch Handykameras Aufnahmegeräte darstellen. Fraglich ist aber, ob der Unwertsgehalt auch dann noch genügend hoch ist, wenn die Aufnahme mit Einwilligung der Darstellerin rsp. durch diese selbst erfolgt, dann aber unbefugt veröffentlicht und verbreitet wird, um die Strafwürdigkeit der Handlung zu begründen.

M.E ist dies klar zu bejahen. Auch vor dem Bestimmtheitsgebot des Art. 1 StGB ist es vertretbar, Art. 179quater StGB nicht nur auf Aufnahmen anzuwenden, die entgegen des Willens der Betroffenen erstellt wurden und dann verbreitet werden, sondern auch auf solche Aufnahmen, die zwar mit Willen der Betroffenen erstellt wurden, aber entgegen deren klarem Willen verbreitet wurden.

Der Verstoss gegen das Rechtsgut der Privatsphäre wird nicht schon deshalb inexistent, weil für die Aufnahme eine Einwilligung zu Privatgebrauch vorliegt. Art. 179quater StGB verlangt nicht zwingend eine strafbare Vortat. Insoweit besteht deshalb m.E klar keine Akzessorietät von der Einwilligung zur Aufnahme/Gebrauch auf die Erlaubnis zum veröffentlichen/verbreiten.

Diese Auslegung wird teilweise auch von der Lehre gestützt. Der Schutzzweck der Norm wird nämlich einvernehmlich darin gesehen, dass dem einzelnen einen Bereich zur Zurückgezogenheit zugesprochen wird, der von der Kenntnis der Öffentlichkeit absolut ausgeschlossen ist. Geschützt sei auch das Recht am eigenen Bild bei intimen Betätigungen.[13] Wenn dem so ist, kann es nicht darauf ankommen, auf welche Art und Weise dieses Kenntnisverbot unterlaufen wird, solange es durch die wie auch immer geartete unbefugte Verwertung einer Aufnahme erfolgt.

Demnach hat sich X wegen Zugänglichmachens einer den Privatbereich verletzenden Aufnahme gem. Art. 179quater StGB strafbar gemacht. Die Jugendlichen A-L haben wegen Aufbewahrung und Zugänglichmachung derselben Aufnahme gegen Art. 179quater StGB verstossen.

4. Problematische Kombinationswirkungen nach künftigem Recht

Man könnte letztlich auch einwenden, dass es sich bei der Frage, ob Art. 179quater StGB oder Art. 197 Ziff. 3 StGB einschlägig ist, um ein rein semantisches Problem handle, weil das Ergebnis (Milde Bestrafung der Jugendlichen) ja gleich sei. Dem ist jedoch keineswegs so. Die Verurteilung nach Art. 197 Ziff. 3 StGB zieht nämlich mittlerweile einen regelrechten Rattenschwanz an kombinierten Rechtsfolgen[14] nach sich.

Das beginnt mit der unsäglichen Lanzarote-Konvention. Diese sieht in Art. 37 Abs. 1 vor, dass die Identität und der genetische Fingerabdruck (DNA) jedes Sexualstraftäters zu Präventionszwecken aufgezeichnet werden muss und diese Informationen jedem Mitgliedsstaat für deren Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt werden müssen.

Die Schweiz sträubt sich mit ihrem Umsetzungsversuch glücklicherweise zwar noch gegen die Einrichtung eines solchen Registers, aber es ist auch nur eine Frage der Zeit, bis auch dies kommen wird, weil gegen diesen Artikel kein wirksamer Vorbehalt angebracht werden kann. (Dem L. persönlich hätte der Schwachsinn schon genügt, um die Konvention nicht zu unterzeichnen, aber das hatten wer ja schon mal...)

Das ist aber – natürlich – noch längst nicht alles. Es sind zurzeit nämlich zwei weitere Gesetzgebungsprozesse im Gange, die Auswirkungen auf Personen haben, welche als Sexualstraftäter verurteilt wurden. Einerseits ist dies der direkte Gegenentwurf des Ständerats zur sogenannten Pädophilen-Initiative. Dieser sieht in einer sehr komplizierten Kaskadenordnung (der Entwurf hat 27 Artikel, die Initiative nur einen einzigen!) vor, dass jedem, der eine Strafe nach Art. 197 Ziff. 3 verwirkt, ein Berufsverbot von mindestens einem Jahr droht (Art. 67 Abs. 2 nStGB, Art. 67 Abs. 3 lit. c nStGB).

Dieses gilt für alle „Tätigkeiten in Ausübung eines Haupt- oder Nebenberufs oder -gewerbes oder eines Handelsgeschäfts.“ (Art. 50a Abs. 1 nMStG), was auch immer das im Kontext nun heissen mag...

Die Höchstdauer dieses Verbots beträgt ordentlich 10 Jahre, kann aber vom Gericht ausserordentlich auch lebenslänglich ausgesprochen werden. (Art. 67 Abs. 6 nStGB) Diese Normen sind ausdrücklich auch auf Jugendliche anwendbar. (Art. 16a nJStG) Solche Massnahmen können auch nachträglich angeordnet werden. (Art. 67d nStGB) Ob sie entgegen Art. 2 Abs. 1 StGB auch rückwirkend anwendbar sein werden, ist noch nicht absehbar, aber wohl aufgrund des emotional aufgeladenen Themas nicht sehr unwahrscheinlich... (Und mal wieder werden Pädophile mit Kinderschändern verwechselt -.-)

Irgendwie hat das L. das Gefühl, dass dieser Entwurf ein Referendum geradezu herbei bittet^^ (Von ihm gibt's jedenfalls ein schallendes NEIN! In die Urne, sowohl für den Entwurf als auch die Initiative... Wäre wohl auch allgemein keine schlechte Idee, falls jemand noch unschlüssig ist... )

Andererseits die Einführung von Staatstrojanern als zulässige Überwachungsmethode in die StPO. (Man muss der NSA und der dortigen Postüberwachung natürlich technologisch sofort nacheilen -.-)
Nach Art. 269bis nStPO sowie Art. 269ter nStPO soll es neu der Staatsanwaltschaft gestattet sein, sogenannte „besondere technische Geräte“ zur Überwachung einzusetzen sowie „besondere Informatikprogramme“ in ein Datenverarbeitungssystem einzuschleusen. Angewandt werden dürfen diese neuen Massnahme für jedes Delikt des Katalogs von Art. 269 Abs. 2 lit. a nStPO, damit also auch für vermutete Verstösse gegen Art. 197 Ziff. 3 StGB.

Leider kann man gegen Bundesgesetze keine öffentlich-rechtliche Beschwerde erheben (Art. 190 BV), ansonsten würde das L. dagegen mal wieder prozessieren^^ Die Piraten (und andere junge Parteien) haben aber immerhin bereits eine Petition (die schon mit einer Gegenstimme abgeschmettert wurde) und ein Bündnis zum politischen Sturm auf das Gesetz zusammen gestellt: https://buepf.ch/

Wer künftig die falschen (auch fiktionalen!) Pornos guckt, oder versehentlich auf eine Seite mit solchen, neu strafbaren Daten gerät, muss also neben der ordentlichen Strafverfolgung auch mit folgendem Rechnen:

a. Eintrag ins (noch zu schaffende) Register für Sexualstraftäter
b. Abnahme und Speicherung von Personendaten und genetischem Fingerabdruck (DNA)
c. Weiterleitung dieser Informationen an alle Mitgliedsstaaten, die der Konvention angeschlossen sind
d. Allfällige zusätzliche und erneute Strafverfolgung nach weitergehendem Recht dieser Nationen.
e. Entzug der Lehrberechtigung sofern vorhanden und Berufsverbot für wenigstens ein Jahr in diversen Professionen, die irgendwas mit Kinderbetreuung zu tun haben.
f. Ständige Überwachung von Post- und Fernmeldeverkehr durch den Staatstrojaner


Beim Verstoss gegen Art. 179quater StGB tritt all dies hingegen nicht in Kraft, es hat sich (wie bei beinahe allen anderen Verurteilungen auch) mit der Verbüssung der Strafe... Und da es ganz offensichtlich ausser jedem Verhältnis stünde, sowohl X als auch die Jugendlichen A-L wegen ihren relativ gering wiegenden Rechtsgutsverletzungen die Zukunft durch solche Massnahmen vollständig und nachhaltig zu verbauen, erachtet das L. eine Verurteilung der vorgenannten wegen Art. 179quater StGB für wesentlich sinnvoller, als die Verurteilung bei selber Bestrafung nach Art. 197 Ziff. 3 StGB.

5. Zusammenfassung

I. Das Veröffentlichen und Verbreiten eines Sexvideos entgegen dem ausdrücklichen Willen der Darstellerin ist eine Straftat gem. Art. 179quater StGB.

II. Die Darstellerin eines sexuell expliziten Videos kann sich nicht selbst der Herstellung von Kinderpornographie gem. Art. 197 Abs. 3 StGB strafbar machen, weil sie zugleich notwendiges Tatsubjekt ist. (Sie wird künftig allerdings nach Art. 197 Abs. 8 nStGB e contrario strafbar sein, weil das Rechtskonstrukt des notwendigen Tatsubjekts durch die Umsetzung der Lanzarote-Konvention insoweit aufgegeben wird und die Ausnahmevorschrift nur für Jugendliche über 16 Jahren gilt)

III. Die Einstellung des Verfahrens gegen die Darstellerin ist im Ergebnis zu begrüssen, die Begründung über Art. 21 Abs. 1 lit. d JStG wegen besonderer Betroffenheit der Darstellerin erscheint hingegen verfehlt. Angemessener (und schneller) wäre eine Nichtanhandnahmeverfügung nach Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO (keine Tatbestandserfüllung) gewesen.

IV. Strafart und Strafmass der im Eistee-Fall Abgeurteilten erscheinen angemessen.

V. Die Stigmatisierung der Abgeurteilten als Sexualstraftäter hingegen erscheint unangemessen, und ist insbesondere in Hinsicht auf die künftig damit verknüpften Massnahmen (Entzug der Lehrbefähigung, Eintrag in ein entsprechendes Register sowie Überwachung durch Staatstrojaner) klar sinnentstellend.
Es verstösst wohl auch gegen Art. 11 Abs. 1 BV.

Übrigens, wem die Grundaussage (schnelle Nichtanhandnahme statt langwieriger Einstellung = doppelplus sinnvoll) bekannt vorkommt, ja in einer ähnlichen Verfahrenskonstellation hat sich das L. auch schon mal dafür ausgesprochen...

Und nur um dies noch einmal klar zu stellen, das L. ist keineswegs gegen harte Bestrafung tatsächlicher Sexualstraftäter. So hat er sich etwa über dieses Urteil, welches gegen einen Mann, der durch Nötigung und geschickte Täuschung sexuelle Dienstleistungen von etlichen (männlichen!) Kindern erzwungen hat, eine Freiheitsstrafe von acht Jahren verhängte, sehr gefreut. Das L. begrüsst den Entscheid sowohl im Ergebnis wie auch in der Begründung und von Strafart und Strafmass her in vollem Umfang.

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[1] Die Berichterstattung hierzu ist nicht sehr eindeutig. Laut einigen Medien wurde Y gar nicht erst strafrechtlich verfolgt, andere sprechen davon, das Verfahren sei (ohne Strafe) abgeschlossen, wieder andere halten eine künftige Verfolgung für ausgeschlossen oder zumindest unwahrscheinlich. Der Tenor der Kommentare jedenfalls drängt mehrheitlich auf Strafverfolgung von Y, was – wie im folgenden aufgezeigt – rechtlich wohl geboten wäre.

[2] Der bundesrätliche Entwurf samt zugehöriger Botschaft stammt aus dem Jahre 1985. (BBl 137 II 1091)
Laut Wiki begann der Aufstieg des Internets frühestens um 1993, es fand gegen Jahrtausendwende mehrheitliche Verwendung und soll sogar erst seit 2007 überwiegend allgemein verbreitet sein.

[3] Zustimmend NIGGLI/WIPRÄCHTIGER „Basler Kommentar, Strafrecht II“ S. 1197, REHBERG/SCHMID/DONATSCH „Strafrecht III“ S. 452

A.M. noch BGE 128 IV 201 E. 1.4.2 Satz 2, welcher m.E zu unrecht darauf abstellt, dass „Die Strafbarkeit pornographischer Darstellungen gemäss Art. 197 Ziff. 3 dem Schutz der öffentlichen Moral“ dient. (Und m.E ebenfalls zu unrecht subsumiert, der Verkauf harter Pornographie, die nicht unter Verletzung eines Rechtsguts hergestellt wurde, ausschliesslich an einen Kreis interessierter Erwachsener sei strafwürdig)

[4] Vgl. § 10 KO (und ja, das ist ein selbst gebasteltes Gesetz... ändert aber an der Grundaussage nichts^^)

[5] NIGGLI/WIPRÄCHTIGER S. 1103 bezeichnen es als „mitwirkendes Opfer“

[6] Inwiefern solche Täuschungsmanöver allenfalls Einfluss auf die strafrechtliche Verantwortung des
zu Unrecht Überlassenden haben können und insbesondere, ob irgendwann der agent-provocateur Vorbehalt zu dessen Gunsten greift, ist eine sehr spannende Rechtsfrage, die im Rahmen dieses Beitrags jedoch nicht behandelt werden kann... Ideen dazu gerne in die Kommis^^

[7] So etwa BGE 131 IV 64, E. 11.2 Satz 3:
Spoiler
Das Verbot kann seinen Zweck in diesem Bereich daher nur umfassend erfüllen, wenn ein Werk in jedem Fall als kinderpornographisch betrachtet wird, sobald daraus erkennbar ist, dass seine vorsätzliche Herstellung in der Schweiz nach Art. 187 StGB strafbar wäre

Neuer auch BGE 133 IV 31, E. 6.1.2 Satz 2:
Spoiler
Ein Werk ist schon als kinderpornographisch zu betrachten, wenn daraus erkennbar ist, dass seine vorsätzliche Herstellung in der Schweiz nach Art. 187 StGB strafbar wäre.

Das Bundesgericht geht dabei jeweils davon aus, dass jede Darstellung, die nach Art. 197 Ziff. 3 StGB strafbar ist, von einem sexuellen Missbrauch nach Art. 178 StGB geprägt wird.

Und nur ums nochmal deutlich festzuhalten: Soweit es dabei um die bildliche Darstellung echten, sexuellen Missbrauch an kindlichen Opfern geht, hält das L. die Begründung für überzeugend und die Kriminalisierung für dringend geboten, lediglich die Bezeichnung als Pornographie ist dann halt immer noch verfehlt. (Die Piraten haben dafür mal „Dokumentierter Missbrauch“ als Straftatnamen vorgeschlagen...) Für den fiktionalen Rest gelten §§ 1f. KO und da ist die Begründung des Bundesgerichts dann Kokolores, weil offensichtlich unzutreffend.

[8] Sogar der unbefugten Veröffentlichung und Verbreitung des Videos kommt ganz streng genommen der Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit nach Art. 10 Abs. 1 EMRK zu. Diese wird jedoch durch das Rechtsgüterschutzprinzip durchbrochen, weil gem. Art. 10 Abs. 2 EMRK zum Schutz von Rechten anderer Einschränkungen der Meinungsäusserungsfreiheit zulässig sind und diese Einschränkung gem. des bedingten Anspruchs auf staatliches Handeln durch Art. 35 Abs. 1 BV i.v. mit der Informationellen Selbstbestimmung nach Art. 13 Abs. 1 BV auch tatsächlich erfolgen muss.

[9] Bevor jemand aufschreit, das ist ein altes StGB (2006), welche ohnehin schon fast auseinanderfällt und daher bedenkenlos für solche Zwecke benutzt werden kann *sonst ja recht penibel im Umgang mit Gesetzbüchern ist*

[10] Kapitelüberschrift der Artikel 187-200 des schweizerischen Strafgesetzbuchs.
Die Kapitelüberschrift zeigt jeweils das geschützte Rechtsgut an, hier die sexuelle Selbstbestimmung

[11] Die Strafbefreiung erledigt auch bei Einstellung des Verfahrens nicht die Tatbestandsmässigkeit. Rein formal gesehen hat Y demnach bei diesem Verfahrensausgang gegen Art. 197 Ziff. 3 StGB verstossen und ist demnach (obwohl noch selbst Kind!) Sexualstraftäterin geworden. Immerhin bleibt ihr dank fehlendem Urteil Art. 37 Abs. 1 Lanzarote-Konvention erspart. Zu diesem künftigen Nonsens sogleich Punkt 4 dieses Beitrags.

[12] Kapitelüberschrift der Artikel 173-179octis des schweizerischen Strafgesetzbuchs.
Die geschützten Rechtsgüter sind die Ehre, die Privatsphäre sowie die informationelle Selbstbestimmung

[13] REHBERG/SCHMID/DONATSCH S. 345 fordern Straflosigkeit bei Einwilligung der Betroffenen, geben als Beispiel aber nur „TV-Aufnahmen nach dem Muster <<Big Brother>>“ an, womit sie wohl aussagen möchten, dass sich die Einwilligung sowohl auf Aufnahme als auch auf Veröffentlichung/Verbreitung erstrecken muss.

NIGGLI/WIPRÄCHTIGER S. 946 stimmen bezüglich des Rechtsguts zu, geben auf S. 948 aber zu bedenken, dass Verbreitungen nur im Rahmen von Photokopierer, genutzt zur Vervielfältigung von Tagebüchern, Bildern oder Plänen als Aufnahmegeräte angesehen werden können.

[14] „Kombinierte Rechtsfolge“ ist kein eigentlicher juristischer Terminus, sondern ein vom L. geschaffener Neologismus. Er erscheint jedoch insofern passend, als dass er den Sinn, nämlich den nicht mehr allzu seltenen Fall, dass eine Norm bei Erfüllung der Voraussetzung für ihre Anwendung nicht nur die von ihr selbst vorgeschriebenen Auswirkungen (Rechtsfolgen) zeigt, sondern auch diejenigen anderer Gesetzesartikel auslöst, klar wiedergibt und gleichzeitig sowohl kurz als auch prägnant ist.
Wie immer, falls jemand ne bessere Bezeichnung für das Phänomen hat, immer her damit^^ Vorschläge werden dankend angenommen...











Für einen kurzen Abriss zu den Kommentaren des letzen Blogeintrags:

Das Ende vom Anfang: Akute Bedrohung für Anime und Manga in der Schweiz! (Samt Unterstützungsaufruf, verfassungsrechtlicher Analyse und einem kleinen Spielchen) eidgenössisches, Grundrechte, Mangas, Recht, Referendum

Autor:  Eru-Jiyuka
Der Europarat hat mit der sogenannten Lanzarote-Konvention beschlossen, dass künftig in allen Mitgliedstaaten Jugendpornographie strafbar werden soll. Die Schweiz hat diese Konvention – warum auch immer – unterschrieben. Sie legt nun einen Umsetzungsentwurf vor, mit dem schönen Titel: „Bundesbeschluss über die Genehmigung des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) sowie über seine Umsetzung (Änderung des Strafgesetzbuchs)“ Dieser hat mittlerweile (am 23.10.2012) die Rechtskommission des Ständerates passiert, ist also auf dem Vormarsch durch die politischen Instanzen.

Klingt gut, ist es aber gar nicht. Die Schweiz schafft es nämlich, nicht nur alle schlechten Elemente der Konvention zu verwirklichen, wie Prof. Niggli völlig zu recht schon zum Vorentwurf bemerkte, sondern geht sogar noch darüber hinaus, indem selbst der Konsum von Medien mit „nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen“ bestraft werden soll.

Was ist denn nun aber das Problem? Das ist relativ einfach, wenn man sich einmal ansieht, was die unglückliche Formulierung „nicht tatsächliche sexuelle Handlungen mit Minderjährigen“ alles umfasst.

Verboten werden so:

Unter dem Titel der Kinderpornographie:
Hentai,
Yuri,
Yaoi,
Eroges,
Yiff

Unter dem Titel der sexuell aufreizende Darstellungen (Posingfotos):
Ecchi,
Shonen-Ai,
Shojo-Ai,
Furry-Artwork
Nightcore

Zudem verboten wird auch die Darstellung von Nacktheit an sich...

sobald die dargestellten fiktiven Charaktere (aufgrund des Zeichenstils) als Minderjährige angesehen werden können.

Es genügt, dass sich ein einziger übermotivierter Staatsanwalt findet und wir werden wieder massenhaft Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen erleben, diesmal statt für den Besitz von Chemikalien für den Besitz von Anime und Mangas. Offenbar sind die Bezeichnungen „Terrorist“, und „Kinderschänder“ unabhängig von den konkreten politischen Sache beliebig austauschbar und sie wollen mit allen nicht angebrachten Mitteln den unmöglichen, weil unzutreffenden Vorwurf beweisen, dass jeder Jugendliche beides ist, damit auch alle noch so sinnlosen Massnahmen durchgeprügelt werden können!

Kindesmissbrauch, also Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung von Kindern ist ein schweres Verbrechen mit entsetzlichen physischen wie psychischen Folgen für die Opfer. Dieser Beitrag wendet sich nicht gegen die Bestrafung von Kinderschändern, auch nicht gegen das Verbot des dokumentierten Missbrauchs, der nach geltendem Recht als Kinderpornographie bezeichnet wird. Gerade deshalb muss aber mit dem Begriff der Kinderpornografie äusserst vorsichtig umgegangen werden, er darf nicht verwässert werden. Aus der Umdefinierung von Anime/Manga mit sexuellen Darstellungen zu Kinderpornographie gewinnt jedoch niemand etwas, weder die tatsächlich missbrauchten Opfer, noch die Strafverfolgungsbehörden, noch die Gesellschaft insgesamt.

Die Umsetzung des neuen Strafrechts legt die Strafverfolgungsbehörden nämlich unnötigerweise völlig lahm. Aufgrund des Offizialdeliktscharakters der Formulierung im Strafgesetzbuch werden die Staatsanwälte künftig dazu gezwungen sein, selbständig Ermittlungen in diesem Bereich anzustellen, sobald sie von entsprechenden Vorgängen Kentniss erhalten (theoretisch also bei jedem Post im Internet, bei dem was von Yaoi et al. gelabert wird), zudem müssen sie auf Strafanzeige hin ermitteln. Dadurch fehlt die Kapazität für die Verfolgung tatsächlicher Verbrecher, weil die Gerichte mit abertausenden Bagatellfällen belastet sein werden. Man kann nur hoffen, dass sich genügend Strafverfolger mit der Formel „de minimis non curat praetor“ behelfen und schlicht weigern werden, was angesichts der emotionalen Thematik aber nicht zu erwarten steht und zudem die schreckliche Rechtslage im Gesetzesentwurf kein Stück besser macht.

Die Darstellung von „nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen“ in welcher Art und Weise auch immer ist Ausdruck von sexuellen Fantasien, nichts mehr und nichts weniger. Es steht weder der Politik noch dem Recht zu, darüber zu befinden, welche sexuellen Fantasien die Menschen haben dürfen, und welche nicht. Analoges muss für die Nachfrage nach sexuellen Fantasien, also auch nach Darstellungen von „nicht tatsächlichen sexuellen Handlungen“ gelten. Pönalisierungen in diesem höchstpersönlichen, intimen Bereich sind mittelbares Gedankenstrafrecht und jedem demokratischen Rechtsstaat unwürdig.

Frei nach LAUER: Es kotzt mich an! Es kotzt mich an, wie hier aus politischem und juristischem Unverstand und Unvermögen die Freiheitsrechte dazu missbraucht werden, genau selbige für einen weiten Teil der Bevölkerung – wenn nicht gar für alle – abzuschaffen! Und alle jubeln auch noch darüber...

Und was tut man, nachdem man sich ausgekotzt hat? Richtig, man engagiert sich mit allen rechtlich und politisch zulässigen Mitteln dagegen. Das sind in diesem Fall einerseits eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem Bundesgericht – die aber, das ist jetzt schon klar, wegen fehlender Verfassungsgerichtsbarkeit in der Schweiz nicht zum Erfolg führen kann, wohl aber die Tür zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte öffnet. Diese wird vom L. sowie hoffentlich einigen weiteren Straf- und Verfassungsrechtsexperten ausgearbeitet und nach Erlass des Gesetzes im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle eingereicht werden.

Andererseits ist auch ein Referendum gegen die Neuerungen möglich. Als halbdirekte Demokratie verfügt die Schweiz glücklicherweise über einen Kontrollmechanismus gegenüber überbordender Politik. Auf Verlangen von 50'000 schweizer Stimmberechtigten muss über eine Gesetzesänderung das Volk entscheiden. Das sind zwar hohe Anforderungen, aber grundsätzlich möglich, wie die E-Petition gegen das Zensursula-Gesetz sehr schön gezeigt hat. Die Referendumsbegründung wird unter der Leitung des L. noch ausgearbeitet werden müssen. Mitglieder für das Referendumskomitee werden dringend gesucht, am besten solche, die im Gegensatz zum L. schon mal ein Referendum koordiniert haben, aber das ist selbstverständlich keine Voraussetzung. Unmittelbar nach Inkrafttreten der Norm werden die Unterschriftenlisten hier zum Download angeboten werden. (dazu wird ein seperater Blogeintrag erscheinen um dessen ausgiebige Kenntnisnahme das L. jetzt schon mal bittet... *sich dafür endlich mal ein Postfach anschaffen gehen muss*) Bitte unterzeichnet dann zahlreich, damit wir diesen gefährlichen Unfug wieder weg kriegen^^

Es ist sehr leicht, einen einzelnen Idealisten zu verunglimpfen, aber eine gesamte Community, die aufbegehrt, kann – wie im ACTA-Fall exemplarisch gezeigt – niemand ignorieren. Daher brauche ich alle nur irgendwie mögliche Unterstützung und bettle zum ersten Mal inständig darum, diesen Weblog überall weiterzuempfehlen, verbreiten etc. (Und ja, das schliesst Facebook ein, wenn's denn der Sache hilft...) Dieser Text, die juristische Analyse sowie die noch zu erstellenden Listen voraussichtlich inkriminierter und inkriminierbarer Medien werden zudem jeweils als frei bearbeitbare Version auf dem Piratenpad bereitgestellt. Feel free to edit, rate and comment^^(*schleichverbung verteil*)

Letztendlich geht es um unser aller Freiheit, auch und gerade im Internet.
Wir müssen sie uns zurückholen! We'r gonna change the World!


Ach ja, nur, damit dies nicht zur Straffalle wird: Jeder, der am Referendum teilnimmt (und insbesondere das Referendumskomitee!) sollte – unabhängig davon, was drauf ist – seinen Computer mit Truecrypt wirksam (PW >20 Zeichen, Grosskleinschreibung, Zahlen, Sonderzeichen) vollverschlüsseln, um bei (wohl unwahrscheinlichen) allfälligen polizeilichen Störaktionen lästige Zufallsfundsstreitigkeiten ausschliessen zu können! Verschlüsselte Back-Ups können latürnich auch nichts schaden...

Und weil wir ja dank Little Brother (S. 156 ff.) wissen, dass politischer Widerstand verbunden mit Wettbewerben gut funktioniert, machen wer dass doch gleich mal nach^^

Daher: Falls jemand sich mal darin versuchen will, Drachen ein bestimmtes, auf ein Jahr genaues Alter zuzuweisen, hier einige Testkandidaten:
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=453735
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=453667
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=453517
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=453228
http://www.sofurryfiles.com/std/content?page=452564

*auf das Ergebnis gespannt ist* Der Versuch mit der lustigsten Begründung erhält 45 KT als Belohnung^^ Allein für's Teilnehmen am Versuch gibt's zudem jeweils 5 KT (Solange der Vorrat reicht...) (*Dann hinterher die Zeichner anschreiben und um eine eigene Einstufung bitten wird* Dann sehen wer mal exemplarisch, ob solch eine Alterseinstufung fiktiven Materials überhaupt jemals objektiv zutreffend geschehen kann...)

ES IST STATISTISCH WICHTIG, DASS DIE ZEICHNER KEINE MÖGLICHKEIT HABEN, VORAB VOM ERGEBNISS DIESER ERHEBUNG KENTNISS ZU ERLANGEN.

Sendet eure Lösungsvorschläge darum BITTE per ENS, die Weblogkommis hier sind öffentlich einsehbar! (Allerdings dürft ihr gerne hier im Weblog hinspammen, dass ihr dran teilgenommen habt, dann sieht das L. das schneller und kann euch auch gleich die KTs hinterher werfen^^)

Die AD&D-Kriterien sind dabei wie folgt:

I. Nestling (0-5)
II. Sehr jung (6-15)
III. Jung (16-25)
IV. Jugendlich (26-50)
V. Junger Erwachsener (51-100)
VI. Erwachsener (101-200)
VII. Älterer Erwachsener (201-400)
VIII. Alt (401-600)
IX. Sehr alt (601-800)
X. Ehrwürdig (801-1000)
XI. Wyrm (1001-1200)
XII. Grosser Wyrm (>1200)

Und bevor jetzt jemand mit: „AD&D ist aber phöse!!!!11111elf(entod)“ ankommt, lest euch das hier durch und dann uruse ō!

*weil er gerade schon am Zitieren ist. Für das, was hier gerade passiert, ist abschliessend folgende Passage einschlägig*: (S.111-113)
Spoiler
Zuerst war ich erleichtert, als ich merkte, dass Fred Benson nicht dauerhaft für meinen Gesellschaftskunde-Kurs zuständig war. Aber die Frau, die ihn ersetzen sollte, war mein schlimmster Alptraum.

Sie war jung, vielleicht 28 oder 29, und auf so eine gesunde Weise hübsch. Sie war blond und ließ einen leichten Südstaaten-Akzent durchschimmern, als sie sich bei uns als Mrs. Andersen vorstellte. Das ließ bei mir sofort die Alarmglocken klingeln: Ich kannte keine Frau unter sechzig, die sich selbst „Mrs.“ nannte. Aber darüber wollte ich hinwegsehen. Sie war jung, hübsch und klang nett.

Sie würde schon okay sein.

Sie war nicht okay.

„Unter welchen Umständen sollte die Regierung bereit sein, die Bill of Rights außer Kraft zu setzen?“, fragte sie und drehte sich dabei an die Tafel, um die Zahlen von eins bis zehn untereinanderzuschreiben.

„Gar nicht“, sagte ich, ohne abzuwarten, dass sie mich aufrief. Das war ja wohl leicht.

„Verfassungsrechte sind absolut.“

„Das ist keine sonderlich fortschrittliche Ansicht.“ Sie schaute auf ihren Sitzplan. „Marcus. Nimm zum Beispiel einen Polizisten, der eine unzulässige Durchsuchung durchführt und dabei seine
Befugnisse überschreitet. Dabei stößt er auf erdrückende Beweise, dass ein Krimineller deinen Vater getötet hat. Diese Beweise sind die einzigen, die existieren. Sollte der Kriminelle ungeschoren davonkommen?“

Ich wusste, wie die Antwort lauten musste, aber ich konnte es nicht recht erklären. „Ja“, sagte ich schließlich. „Aber die Polizei sollte keine unzulässigen Durchsuchungen durchführen ...“

„Falsch. Die richtige Reaktion auf polizeiliches Fehlverhalten sind Disziplinarmaßnahmen, aber es wäre falsch, die ganze Gesellschaft für das Fehlverhalten eines einzelnen Polizisten zu bestrafen.“ Sie schrieb „Verbrecherische Schuld“ unter Punkt eins an die Tafel. „Andere Anlässe, bei denen die Bill of Rights ersetzt werden kann?“

Charles hob die Hand. „In einem überfüllten Theater Feuer schreien?“

„Sehr gut, ...“ – sie konsultierte den Sitzplan – „Charles. Es gibt viele Umstände, unter denen das First Amendment keine absolute Gültigkeit hat. Lasst uns noch ein paar davon zusammentragen.“

Charles hob die Hand noch mal. „Einen Exekutivbeamten in Gefahr bringen.“

„Ja, die Identität eines verdeckten Ermittlers oder Geheimdienstlers offenlegen. Sehr gut.“ Sie schrieb es auf. „Noch etwas?“

„Nationale Sicherheit“, sagte Charles, ohne nochmals aufs Aufrufen zu warten. „Verleumdung. Obszönität. Missbrauch Minderjähriger. Kinderpornografie. Bombenbauanleitungen.“ Mrs. Andersen schrieb zügig mit, hielt aber bei Kinderpornografie inne. „Kinderpornografie ist nur
eine Unterart von Obszönität.“

Mir wurde langsam schlecht. Das war nicht das, was ich über mein Land gelernt hatte oder woran ich glaubte. Ich hob die Hand. „Ja, Marcus?“ „Ich verstehe das nicht. Wie Sie es sagen, klingt das, als ob die Bill of Rights optional wäre. Aber es ist die Verfassung. Und der sollen wir uneingeschränkt Folge leisten.“

„Das ist eine verbreitete Übervereinfachung“, sagte sie mit aufgesetztem Lächeln. „Tatsache ist, dass die Gestalter der Verfassung sie als ein lebendiges Dokument verstanden, das durchaus im Lauf der Zeit revidiert werden sollte. Ihnen war klar, dass die Republik keinen dauerhaften Bestand haben konnte, wenn die jeweilige Regierung nicht den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend regieren konnte. Sie hatten nicht vorgesehen, dass man an die Verfassung glauben solle wie an eine religiöse Doktrin. Immerhin waren sie auf der Flucht vor religiöser Doktrin hierher gekommen.“

Ich schüttelte den Kopf. „Was? Nein. Sie waren Kaufleute und Handwerker, und sie waren dem König so lange loyal verbunden, bis er Gesetze erließ, die ihren Interessen zuwiederliefen, und sie mit Gewalt durchzusetzen versuchte. Die religiösen Flüchtlinge waren schon viel früher.“

„Einige der Framer5 stammten von religiösen Flüchtlingen ab“, sagte sie.

„Und die Bill of Rights ist doch nicht etwas, aus dem man sich nach Belieben rauspicken kann, was man möchte. Die Framer hassten Tyrannei. Und genau das soll die Bill of Rights verhindern. Sie waren eine Revolutionsarmee, und sie wollten ein Regelwerk, dem jeder zustimmen konnte. Leben, Freiheit und das Streben nach Glück. Das Recht des Volkes, seine Unterdrücker zu beseitigen.“

„Ja, ja“, sagte sie gestikulierend. „Sie glaubten an das Recht des Volkes, seine Könige zu beseitigen, aber ...“ Charles grinste, und als sie das sagte, grinste er noch viel breiter.

„Sie erarbeiteten die Bill of Rights, weil sie dachten, es sei besser, absolute Rechte zu haben, als zu riskieren, dass irgendjemand sie ihnen wegnimmt. Wie beim First Amendment: Das ist dazu gedacht, uns zu beschützen, indem es der Regierung untersagt, zwei Sorten von Meinungsäußerung zu unterscheiden, die erlaubte und die kriminelle. Sie wollten nicht das Risiko eingehen, dass irgendein Idiot auf die Idee käme, die Dinge, die ihm nicht passten, als illegal zu deklarieren.

Sie drehte sich um und schrieb „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ an die Tafel. „Wir sind dem Lehrplan schon ein bisschen voraus, aber ihr scheint eine fortgeschrittene Gruppe zu sein.“ Die anderen lachten nervös. „Die Aufgabe der Regierung ist es, die Rechte der Bürger auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück zu gewährleisten. In dieser Reihenfolge. Das ist wie ein Filter. Wenn die Regierung etwas unternehmen möchte, das uns ein wenig unzufriedener macht oder unsere Freiheit teilweise einschränkt, dann ist das okay, vorausgesetzt, es dient dazu, unser Leben zu schützen. Deshalb dürfen Polizisten euch einsperren, wenn sie glauben, dass ihr eine Gefahr für euch oder andere darstellt. Ihr verliert eure Freiheit und eure Freude, um Leben zu schützen. Wenn ihr Leben habt, dann bekommt ihr vielleicht später noch Freiheit und Freude dazu.“

Ein paar von den anderen hatten die Hände oben. „Aber bedeutet das nicht, dass sie tun können, was immer sie wollen, solange sie behaupten, dass es jemanden davon abhält, uns irgendwann in der Zukunft zu verletzen?“ „Genau“, meinte ein anderer. „Es klingt, als ob Sie sagen, dass nationale Sicherheit wichtiger ist als die Verfassung.“

In diesem Moment war ich so was von stolz auf meine Mitschüler. Ich sagte, „wie können Sie denn Freiheit schützen, indem Sie die Bill of Rights außer Kraft setzen?“

Sie schüttelte den Kopf, als ob wir unglaublich dumm seien. „Die ‚revolutionären‘ Gründerväter haben Verräter und Spione erschossen. An absolute Freiheit haben sie nicht geglaubt, nicht wenn sie die Republik bedrohte. Nehmt zum Beispiel diese Xnet-Leute ...“
Es fiel mir schwer, nicht zu erstarren.
„... diese so genannten Jammer, die heute früh in den Nachrichten waren. Nachdem diese Stadt von Leuten angegriffen worden war, die diesem Land den Krieg erklärt haben, machten die Xnetter sich daran, die Sicherheitsmaßnahmen zu sabotieren, die dazu dienten, Bösewichter zu fangen und sie von Wiederholungstaten abzuhalten. Das taten sie, indem sie ihre Mitbürger gefährdeten und ihnen Ärger bereiteten ...“

„Das taten sie, um zu zeigen, dass unsere Rechte geraubt wurden unter dem Vorwand, sie zu schützen!“, sagte ich. Okay, ich schrie es. Oh Gott, hatte die mich in Fahrt gebracht. „Sie haben es getan, weil die Regierung jeden wie einen Terrorverdächtigen behandelt hat.“

„Ach, und um zu beweisen, dass man sie nicht wie Terroristen behandeln sollte“, brüllte Charles zurück, „haben sie sich wie Terroristen benommen? Deshalb haben sie ihren Terror ausgeübt?“

Ich kochte. „Jetzt komm mal runter. Terror ausgeübt? Sie haben bloß gezeigt, dass allgegenwärtige Überwachung gefährlicher ist als Terrorismus. Denk mal an den Park letztes Wochenende. Die Leute da haben getanzt und Musik gehört. Was ist denn daran Terrorismus?“

Die Lehrerin kam durch den Raum auf mich zu und postierte sich über mir, bis ich still war. „Marcus, du scheinst noch zu glauben, dass sich in diesem Land nichts geändert hat. Aber du hast zu begreifen, dass die Sprengung der Bay Bridge alles geändert hat. Tausende unserer Freunde und Verwandten liegen tot da unten in der Bay. Dies ist die Zeit für nationale Einheit angesichts dieser Gewalt, die unser Land erleiden musste ...“

Ich stand auf. Dieses „Alles hat sich geändert“-Geseiher ging mir bis hier. „Nationale Einheit? Was Amerika ganz wesentlich ausmacht, ist doch wohl, dass wir ein Land sind, in dem Dissens willkommen ist. Wir sind ein Land von Dissidenten und Kämpfern und Uniabbrechern und Aktivisten für Meinungsfreiheit.“ Dann dachte ich an Ms. Galvez‘ letzte Stunde und an die Tausende von Berkeley-Studenten, die den Polizeiwagen eingekesselt hatten, als dieser eine Typ für das Verteilen von Bürgerrechts-Literatur
abtransportiert werden sollte. Niemand hatte versucht, die Trucks aufzuhalten, die mit all den Tänzern aus dem Park davonfuhren. Ich hatte es nicht versucht. Ich war weggelaufen.
Vielleicht hatte sich ja wirklich alles geändert.

„Ich glaube, du weißt, wo Mr. Bensons Büro ist“, sagte sie zu mir. „Du wirst dich unverzüglich dort melden. Ich werde es nicht dulden, dass mein Unterricht von respektlosem Verhalten gestört wird. Für jemanden, der behauptet, die Meinungsfreiheit zu lieben, wirst du ziemlich laut, sobald irgend jemand nicht deiner Meinung ist.“

Ich schnappte mein SchulBook und meine Tasche und stürmte raus. Die Tür hatte eine Gasfeder, deshalb konnte ich sie nicht hinter mir zuknallen; ich hätte sie gern zugeknallt. Ich ging zügig zu Mr. Bensons Büro. Kameras filmten mich auf dem Weg dorthin. Mein Gang wurde aufgezeichnet. Die RFIDs in meinem Schülerausweis funkten meine Identität an die Sensoren im Flur. Es war hier wie im Knast.

„Schließ die Tür, Marcus“, sagte Mr. Benson. Dann drehte er seinen Monitor herum, so dass ich den Videostream aus der Gesellschaftskunde-Klasse sehen konnte. Er hatte zugeschaut.

„Was hast du zu deiner Entschuldigung vorzubringen?“

„Das war kein Unterricht, das war Propaganda. Sie hat uns gesagt, dass die Verfassung belanglos ist.“

„Nein. Sie hat gesagt, dass sie keine religiöse Doktrin ist. Und du hast sie angegangen wie irgendein Fundamentalist und damit genau ihren Standpunkt bewiesen. Marcus, du solltest als allererster
wissen, dass sich alles geändert hat, seit die Brücke gesprengt wurde. Dein Freund Darryl ...“

„Wagen Sie es nicht, auch nur ein verdammtes Wort über ihn zu sagen“, sagte ich schäumend vor Ärger. „Es steht ihnen nicht zu, ihn auch nur zu erwähnen. Ja, ich habe verstanden, dass sich alles
geändert hat. Wir waren mal ein freies Land. Jetzt nicht mehr.“

„Marcus, weißt du, was Null-Toleranz bedeutet?“

Ich zuckte zusammen. Er konnte mich wegen „bedrohenden Verhaltens“ rauswerfen. Eigentlich war die Regel als Maßnahme gegen Gang-Kids gedacht, die ihre Lehrer einzuschüchtern versuchten. Aber natürlich würde er keinerlei Hemmungen haben, sie auch gegen mich einzusetzen.

„Ja, ich weiß, was das bedeutet.“

„Ich glaube, du schuldest mir eine Entschuldigung.“

Ich sah ihn an. Er unterdrückte sein sadistisches Lächeln nur unzureichend. Ein Teil von mir wollte kuschen. Dieser Teil wollte, Scham hin oder her, um seine Verzeihung winseln. Aber ich unterdrückte diesen Teil von mir und beschloss, dass ich mich lieber rauswerfen lassen würde, als um Verzeihung zu bitten.

„daß, um diese Rechte zu sichern, Regierungen eingesetzt sein müssen, deren volle Gewalten von der Zustimmung der Regierten herkommen; daß zu jeder Zeit, wenn irgend eine Regierungsform zerstörend auf diese Endzwecke einwirkt, das Volk das Recht hat, jene zu ändern oder abzuschaffen,
eine neue Regierung einzusetzen, und diese auf solche Grundsätze zu gründen, und deren Gewalten in solcher Form zu ordnen, wie es ihm zu seiner Sicherheit und seinem Glücke am zweckmäßigsten
erscheint.“ Ich erinnerte mich Wort für Wort daran.

Er schüttelte den Kopf. „Etwas auswendig zu wissen ist nicht dasselbe wie es zu begreifen, Kleiner.“ Er bückte sich über den Computer und klickte ein paar Mal. Der Drucker surrte. Dann reichte er mir ein noch warmes Blatt mit dem Behörden-Briefkopf, auf dem stand, dass ich für zwei Wochen vom Unterricht ausgeschlossen war.

„Ich schicke jetzt deinen Eltern eine E-Mail. Wenn du in einer halben Stunde noch auf dem Schulgelände bist, wirst du wegen Hausfriedensbruchs verhaftet.“

Ich blickte ihn an.

„Du willst nicht wirklich in meiner eigenen Schule Krieg gegen mich erklären. Diesen Krieg kannst du nicht gewinnen. RAUS!“

Ich ging.


Wir hatten einmal illegale Mathematik in diesem Land.
Wir haben illegale Chemie in diesem Land.
Lasst es nicht dazu verkommen, dass wir auch noch illegale Kunst in diesem Land bekommen!



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