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Dämonische Herrschaft

Der Kampf von Elben,Dämonen und Menschen mit-und gegeneinander
von

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Prolog

Einige Sonnenstrahlen beleuchteten die Waldlichtung. Die Umgebung wurde von einer wohltuenden Stille erfüllt. Eine Elbin kniete auf dem frischen Gras, das von dem Blut der unendlichen Schlachten rein geblieben war. Selina senkte andächtig den Kopf. Ihre Hände ineinander gefaltet, betete sie an diesem heiligen Ort zu Anarcia, der Elbin des Lichtes, welche einst an dieser Stelle das Leben durch einen Wassermagier verlor. Luna, die Stute der Elbenanführerin, graste friedlich abseits der Lichtung, da selbst ein Tier die Heiligkeit des Platzes verspüren konnte. „Beschütze mein Volk. Behüte uns vor den Menschen, die beständig unsere Dörfer einnehmen und nicht zurückscheuen sinnlos Blut zu vergießen und meinen Stamm skrupellos zu töten.“, begann die Anführerin zu sprechen. Eine leichte Brise wehte um die engelgleiche Gestalt und schien ihre Worte weit in die Welt zu tragen. Schritte unterbrachen die angenehme Ruhe. Das Pferd witterte die Anwesenheit eines Unwürdigen. Leise scharrte es mit den Hufen in der weichen Erde, mit dem Ziel seine Herrin zu warnen.

Die Frau erhob sich. Leichtfüßig schritt sie über das Gras zu ihrem Reittier. Mit den Augen die Gegend abtastend, schwang die Erwachsene sich auf die Stute. Blätter raschelten, ein Knacken, der das Durchbrechen eines Astes verriet, ertönte. Die Elbin zielte mit dem Bogen in Richtung des Geräusches. „Beweg dich nicht, sonst wird mein Pfeil dir das Leben nehmen“, drohte sie den für sie noch Unbekannten. Den schwarzen Schatten im Visier lassend, trieb sie Luna zu der Person. Ein Menschenjunge, nicht älter als sechs, erschien in ihrem Blickfeld.

Das Kind zitterte am ganzen Körper aus Angst das Bevorstehende nicht überleben zu dürfen. Allerdings zog die Schönheit der Reiterin seine Aufmerksamkeit an.

„Was hat ein Mensch in deinem Alter hier zu suchen.“, vernahm das verängstigte Kind eine sanfte Stimme. Jedoch gab er keine Antwort, sondern drängte seinen Körper näher an die Fichte. Die Ewiglebende wartete geduldig bis der sechsjährige seinen ersten Schrecken überwunden hatte. Mit misstrauischem Gesichtsausdruck deutete er wortlos auf die Waffe, die bedrohend auf ihn gerichtet war. Selina schenkte ihm ein ehrliches Lächeln, zugleich ließ sie den Bogen lautlos auf die Erde fallen. „Ich hoffe das genügt die als Beweis, dass ich kein Interesse habe dir das Leben zu nehmen. Außerdem würde ich niemals an so einem Ort sinnlos unschuldiges Blut vergießen“, beteuerte sie vertrauenswürdig.

Der Junge zog einen Dolch, welchen er in Augenhöhe hielt, bereit jeden Augenblick zu zustechen. Furchtlos stieg die Herrin der Elben von der Stute. Mit einer schnellen Handbewegung hatte sie dem Kind die Waffe entrissen. Bewundernd drehte sie den Dolch in ihren Händen. „Er ist nicht von Menschenhand gemacht. Sag, woher hast du ihn.“, forschte sie argwöhnisch nach. Der Kleine zuckte mit den Schultern. Vorsichtig gab sie ihm die Waffe wieder. „Du solltest nach Hause zurückkehren, denn in diesen Wäldern gibt es viele Späher, die nicht zögern würden dich zu töten.“, erklärte die Frau.

Der Mensch schüttelte trotzig den Kopf. „Ich hatte genügend Probleme hierher zu gelangen. In unserem Land gibt es keine Wälder und die Straßen sind mit Dreck bedeckt. Außerdem kommt es mir immer so dunkel dort vor. Ich will es genießen solange ich hier bin.“, rebellierte er widerspenstig.

Die Unsterbliche fuhr ihn lächelnd mit den Fingerspitzen durch die Haare, währenddessen ihre Augen ihn genau bemusterten:„Zudem fürchtest du dich zurück zukehren. Du weißt nicht ob es dir ein weiteres Mal gelingen wird die Grenzen unbemerkt zu passieren.“ Der Mensch nickte bestätigend. Sein Blick verriet die Verwirrung, welche er in diesem Moment empfand. Die Erwachsene nahm ihn fürsorglich auf den Arm. „Deine Augen zeigen mehr als du zu glauben vermagst“, flüsterte sie ihn leise zu. Eine weiche Berührung lenkte ihn von den Worten der Anführerin ab. Luna beschnupperte misstrauisch den Kleinen. Winzige Haare kitzelten ihn sanft im Gesicht. Seine kleinen Hände ausstreckend, streichelte er den schönen Kopf des Tieres. Das Pferd schnaubte leicht, so dass ein kaum wahrzunehmender Windzug die Haare des Jungen nach hinten blies. Lächelnd setzte die Ewiglebende den Menschen auf das Tier. „Darf ich deinen Namen erfahren“, erkundigte sie sich freundlich.

„Ich heiße Kai.“, vernahm sie die kindliche Stimme.

Selina schwang sich auf die Stute. „Ich werde dich nach Hause bringen. Hier ist es zu gefährlich für jemanden in deinem Alter. Mach dir keine Sorgen. Keiner wird erfahren, dass du hier gewesen bist.“, erklärte sie, während sie das Tier in den Galopp trieb.

Die Hände des Kindes umklammerten fest die wehende Mähne, die sich im Takt mit der Bewegung des Pferdes im Wind bewegte. In ständiger Angst vom Rücken des Tieres zu fallen, bekam er nicht mehr die Gelegenheit die blühende Natur zu bewundern, welche er doch so sehr liebte. Die Sonne verschwand bereits hinterm Horizont, als die Reitenden die gewaltigen Zinnen der Mauern weit über den Baumwipfeln erkennen konnten. Der Mensch atmete erleichtert auf, denn nun würde er bald zu Hause sein, bei seinen Eltern die er mehr als alles andere begehrte.

Die 2 Personen verließen den schützenden Wald und ein offenes Feld erstreckte sich weit vor ihren Augen. Automatisch verfiel Luna in den Trab. Nur der Hand der erfahrenen Elbin war es zu verdanken, dass das Tier innerlich ruhig blieb und nicht Angesicht der bevorstehenden Gefahr panisch die Flucht ergriff. Durch den Druck der Reiterin getrieben, näherten sie sich zügig den Mauern. Kurz bevor sie das riesige Tor erreicht hatten, legte die Anführerin ein weißes Laken über den 6jährigen, welches sie als Pferdecke mitgenommen hatte. Männer erschienen auf der Mauer. Mit neugierigen Blicken beobachteten sie die Elbin. Die nach oben gezogene Zugbrücke verhinderte das Weiterkommen der Zwei. Drei Männer tauchten über dem Eingangstor auf. Von der unbeschreiblichen Schönheit der Königin abgelenkt, achtete keiner auf die Decke. Wortlos genossen sie den Anblick der Unsterblichen. „Ich bitte euch, öffnet das Tor.“, vernahmen sie eine sanfte Stimme.

„Es tut uns Leid, aber es ist uns verboten, die Brücke für einen Feind hochzuziehen.“, antwortete der Älteste unter ihnen.

Wassermassen schlugen gegen das raue Gestein, allerdings geschah dies nicht zufällig. 2 Wachen wichen erschrocken zurück. Der 3. schaute fragend auf seine Kameraden. Die Männer verschwanden für eine Weile. Geduldig verharrte Selina bis die Soldaten sich beraten hatten. „Hör zu Anführerin der Elben. Wir lassen dich nicht herein. Außerdem, selbst wenn wir einwilligen würden, würdest du nicht lebend zu deinem Ziel gelangen. In dieser Stadt gibt es viele erfahrene Krieger. Aus dem Hinterhalt wäre es ein Leichtes dich zu töten. Und wir wollen doch nicht, dass deinem hübschen Gesicht etwas passiert.“, erläuterte der Erfahrenste, wobei sich ein gehässiges Grinsen auf seinem müden Gesicht ausbreitete.

Selbstsicher blickte die Angesprochene dem Redner in die Augen. „Das lasst doch bitte meine Sorge sein. Seid gewiss, dass ich euer Land wieder unversehrt verlassen werde“, prophezeite die Königin.

Kai lauschte aufmerksam dem Gespräch. Sein Herz raste wie wild. Er hatte nicht gewusst, dass seine Retterin die Anführerin der Elben war. Plötzlich verspürte er den Drang hier wegzukommen. Einzig seine Vernunft zwang ihn ruhig zu bleiben. Fragend starrte er auf seine Hände, Menschenhände. Wieso riskierte sie ihr Leben für ein Kind ihrer Feinde. Dem Jungen wurde unangenehm heiß. Ein Feuer von innen schien in ihm zu entfachen. Seine Finger umfassten fest den Griff des Dolches. Einen Moment dachte er daran sie zu töten, sogleich verwarf er den Gedanken wieder.

„Gestattet ihr mir nun einzutreten“, hakte die Frau nach.

Zwei der Männer stiegen die Treppen hinab und ließen die Zugbrücke hinunter. „Wir willigen ein. Du kommst schließlich allein. Allerdings werden wir dich zur Burg führen. Der König soll entscheiden was mit dir geschieht.“ Selina nickte dankbar.

Kaum befand sie sich innerhalb des gegnerischen Gebietes, gab sie ihren Mitreiter einen leichten Stoß. Die Soldaten, die ihren Blick starr zum emporragenden Schloss gerichtet hatten, bemerkten nicht wie das Kind vorsichtig vom Pferd glitt und so schnell wie möglich hinter der nächsten Hausecke versteckte. Ebenso unbemerkte trennte die Erwachsene die Trense ab, um Luna aus dem Griff der Wache zu befreien. Bevor der Führer reagieren konnte, lenkte die Reiterin ihr Tier um und galoppierte zurück in ihre Heimat.

Kai hastete durch die dunklen Gassen zu dem Ort an dem er seine Freunde zu finden hoffte. Felix und Jan erwarteten bereits ihren Gefährten. Nach einer herzlichen Begrüßung von Seiten Felixs erzählte der Gleichaltrige von seinem Ausflug. Jan, der ein Jahr älter war als seine Kameraden, hörte im Gegensatz zu Felix nur mit halbem Ohr zu. Im Grunde interessierte er sich nicht wirklich dafür. Deshalb verabschiedete er sich eine viertel Stunde später von den beiden. Mit teils mitfühlenden Gesichtern schauten sie ihrem Kumpel nach, der seit seiner Kindheit in einem Waisenhaus lebte. Schließlich vertieften sie sich wieder in ihre Diskussion über Elben.

Die 1. Begegnung

Achtsam streifte der 17jährige zum ersten Mal seit 11Jahren durch die Wälder der Feinde. Dabei mied er die Umgebungen, an denen es besonders viel Späher wahrnehmen konnte. Vogelgezwitscher begleitete ihn auf seinem Weg.

Hufgetrappel näherte sich dem Jugendlichen in rasender Geschwindigkeit. Mit einem Satz versteckte er sich auf dem im Blättermeer eingehüllten Ast. Durch das Grünzeug spähend, entdeckte er zwei Krieger der Elben, die auf starken Rossen das Gebiet absicherten. Geduldig wartete er bis das Geräusch sich entfernt hatte.

Vorsichtig sprang er auf das weiche Gras, welches sofort unter seinen Füssen nachgab. Ein Fiepen ließ ihn ein weiteres Mal aufhorchen. Aus einem Gebüsch erschien ein Eichhörnchen. Aufatmend wendete er seine Aufmerksamkeit ab von dem Lebewesen. Jedoch näherte das Tier sich zögernd dem Menschen. Als es merkte, dass der Teenager nicht aus feindlichen Absichten in ihr Gebiet eingedrungen war, kratzte es unaufhörlich am Hosenbein des 17jährigen. Verwundert beobachtete der Junge das Geschöpf. Er überlegte kurz, dann packte er den Nager am Nacken und hob ihn in Augenhöhe. Vergebens zappelte das Tier um sich aus dem festen Griff zu befreien. Seine Krallen ausfahrend schlug es nach dem Krieger. Lachend ließ Kai die Kreatur fallen. Das Eichhörnchen landete unsanft auf den kleinen Pfoten. Mit großen Sätzen brachte es sich in sichere Entfernung, schien allerdings nicht an eine völlige Flucht zu denken. Wiederum schritt der Kämpfer auf das Säugetier zu, dass sich, den Menschen nicht aus den Augen lassend, langsam rückwärts bewegte.

Nachdem sich das Spiel mehrere Male wiederholt hatte, hockte der 17jährige sich ins Gras. „Ich habe das Gefühl du willst mir was zeigen. Solltest du mich aber zu einem Elben, euren Freunden führen, muss ich leider umkehren“, sprach er die Kreatur an. Ein Schrei unterbrach ihn. Ohne nachzudenken rannte der Teenager in Richtung des Geräusches.

Leise Hilfe Rufe führten ihn zu einer steilen Klippe. Der 17jährige fiel auf die Knie. Vorsichtig spähte er über den Rand des Felsen. Ein Elbenmädchen hielt sich mühevoll an einer hervorstehenden Gesteinskante fest. Wortlos streckte der Mensch ihr hilfsbereit seine Hand entgegen. Ebenso schweigend ergriff die Gleichaltrige seinen Arm. Der Krieger stemmte sich gegen den steinigen Untergrund und zog die Gestürzte nach oben. Fast gleichzeitig erhoben sich die beiden Jugendlichen. Stumm blickten sie sich in die Augen. Ein Windstoß umfuhr die beiden. Erst jetzt bemerkte Kai, dass er sie immer noch am Arm festhielt. Leicht verlegen ließ er sie los und trat einen Schritt zurück.

„Bist du verletzt?“, lenkte er von der unangenehmen Lage ab.

„Dank dir nein. Ich wurde von einem Ork angefallen. Mein Name ist Maia“, stellte sie sich vor.

„Ich heiße Kai“, erwiderte ihr Retter knapp.

Traurig schaute die Elbin in den wolkenlosen Himmel. „Aber du bist nicht aus meinem Volk. Also musst du ein Mensch sein.“ Die Elbin sprang mit einem Salto nach hinten. Blitzschnell hatte sie den Bogen zur Hand und einen Pfeil eingespannt.

Der Kämpfer zuckte mit den Schultern. „Hast du ein Problem damit?“, fragte er gleichgültig. Maia lachte spottend auf.

„Wahrscheinlich bist du ein Spion. Das ist für mich allerdings ein Problem.“, fuhr sie ihn an.

„Deshalb habe ich dich eben gerettet“, gab er zu bedenken. Als er den misstrauischen Blick der Gleichaltrigen bemerkte, zog er seufzend sein Schwert aus der Scheide.

„Keine Bewegung oder du bist Tod!“, drohte die Bogenschießerin.

Unbeirrt stieß er die Waffe gewaltvoll in die Erde, nachdem er die Luft vor seinen Augen zerschnitten hatte. „Bist du nun zufrieden?“, forschte er nach. Das Mädchen schüttelte stumm den Kopf. Verzweifelt fuhr sich der Entwaffnete durch die Haare: „Wie soll ich dir denn dann beweisen, dass ich nichts Böses im Sinn habe?“

„Das wird dir nicht gelingen. Ich vertraue unseren Feinden nicht.“

Der Jugendliche lächelte leicht. „Das ist Schade. Dennoch würde ich dir nichts tun. So hübsch wie du bist, wäre es gegen meinen Willen, dich zu verletzten“, ergriff er wieder das Wort.

Maia wurde rot. „Was, was soll das jetzt?“, stotterte sie verlegen.

„Ich meine ja nur. Dein Volk hat ein begehrenswertes Aussehen. Mein Stamm hingegen ist nicht so mit Schönheit gesegnet. Es wäre Schade wenn ich dein Gesicht verunstalten würde.“, fuhr der Kämpfer fort. Ein Pfeil flog knapp an seinem Kopf vorbei. Jedoch zeigte der 17jährige keine Anzeichen von Angst.

„Sei sofort ruhig! Das nächste Mal treffe ich!“, schrie sie ihn an.

Ein Scharren unterbrach die beiden. Kais Augen folgten Maias zum Rand des Waldes. Ein Pferd lugte ängstlich zwischen den Bäumen hervor. Der junge Krieger lächelte.

Diese Geste wurde allerdings von der Jugendlichen falsch gedeutet. Erneut spannte sie einen Pfeil ein. „Wage es nicht Lumina anzurühren. Sonst wirst du diesen Ort nicht mehr lebend verlassen.“, bedrohte sie ihren Feind.

Ihre Worte nicht beachtend schlenderte der Teenager zu dem Tier. Aufmerksam verfolgten die großen Augen des Lebewesens jede seiner Bewegungen. Die Ohren nervös in die Höhe gerichtet, schritt es langsam rückwärts.

Beruhigt atmete die Ewiglebende ein. Ihr wurde bewusst das Pferde große Angst vor Menschen hatten, deshalb würde die Stute rechtzeitig die Flucht ergreifen. Wenige Augenblicke später musste die Bogenschießerin jedoch feststellen, dass sie sich getäuscht hatte. Das Reittier blieb regungslos an der Stelle stehen. Nicht weil es starr vor Angst war, sondern je näher der Mensch kam, desto mehr fühlte es sich zu ihm hingezogen.

Lange Zeit hielt der Mensch neben dem Tier inne. Nur langsam hob er die Hand. „Gestatte mir dich zu berühren“, flüsterte es dem Geschöpf in die aufgerichteten Ohren. Zaghaft streichelte der Junge über den schönen Kopf. Erstaunt beobachtete Maia das Schauspiel. Fassungslos legte sie den Bogen beiseite. Vielleicht hatte sie sich in Kai getäuscht. Lumina war nicht dumm und wusste wem sie vertrauen konnte. Zu diesem Zeitpunkt überkam sie der sehnliche Wunsch, dass der junge Kämpfer anders wäre als sein Volk.

Der Sterbliche packte das Tier an den Zügeln und brachte es zu seiner Besitzerin. „Sie ist hübsch.“, lenkte er verträumt ein. Seine Gedanken schweiften zu den wenigen Tieren dieser Art ab, welche in seinem Land brutal behandelt worden. Pferde, die in den unzähligen Kriegen den Elben entrissen wurde und daraufhin unter schwerster Arbeit ihr Leben lassen mussten. Eine sanfte Berührung auf die Schulter holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Elegant schwang die junge Elbin sich auf ihre Freundin: „Ich hoffe ich sehe dich nicht das letzte Mal hier.“ Mit diesen Worten trieb sie die Stute in den Wald zurück. Kai schaute ihr noch lange nach bis auch er sich auf den Heimweg begab.

Die Strafe

Gelangweilt schlenderte er durch die dunklen Straßen seiner Heimatstadt. Jan und Felix waren noch beim Training. Dunkle Wolken hingen über dem Land und kündigten Regen an. Neben seinem Haus kam er zum Stillstand. Unentschlossen blieb er stehen. Geräusche aus der Hütte zeigten, dass zumindest ein Elternteil zu Hause war. Würde er jetzt eintreten, würde seine Eltern Verdacht schöpfen. Schwermütig schlenderte er zum Stall.

Wolfsgeheul drang an sein Ohr. Erregtes Scharren mit den Pfoten und leises Knurren ertönte aus allen Ecken. Das Kind setzte seinen Weg fort zu dem dunkelsten Teil des Gebäudes. Fast Automatisch glitt seine Hand in einen Beutel und fischte zwei nicht mehr ganz frische Äpfel raus. Je tiefer er in die Stallung eindrang, desto deutlicher konnte er das erschütterte Wiehern zweier Pferde aus dem Geheul der Wölfe heraushören. Der junge Krieger öffnete die Boxen der abgemagerten Tiere, dessen Rücken mit Narben von unzähligen Peitschenhieben geprägt waren. Mitleidig betrachtete er die Tiere. Die Wölfe erhielten eine weitaus bessere Verpflegung. Das Jüngere der beiden konnte durch irgendeine Krankheit, die er nicht kannte, nicht mehr stehen. Allerdings zwangen ihn Stricke aufrecht zu bleiben. Kai zwängte sich an dem Älteren vorbei, dabei schob er einen der Äpfel seitwärts ins Maul des Hengstes. Die matten Augen glänzten kurz auf. Liebevoll fuhr er dem Lebewesen durch die verklebte Mähne. Schuldbewusst senkte er den Kopf. Wie gern hätte er mehr für die zwei getan. Seufzend befreite er das Kranke von den Seilen. Der Befreite sank erschöpft auf den Boden. Ihm war deutlich anzusehen, dass er bald nicht mehr existieren durfte. Der 17-jährige gab dem Wallach ebenfalls etwas Nahrung, dann verließ er die Box. Der Geruch von verschimmelten Essen und Kot verursachte Übelkeit bei dem Menschen.

Nachfolgend betrat er den großen Stall eines Wolfes. Kamui begrüßte seinen Herrn ausgiebig. Die raue Zunge fuhr mehrer Male über das Gesicht des Jugendlichen. Seine Pfoten auf die Schultern stützend hätte er beinahe seinen Besitzer umgeworfen. Der Kämpfer streichelte über den struppigen Kopf des Tieres. Ruckartig stellte sich das Geschöpf schützend vor seinem Freund auf. Schritte hallten mehrfach im Haus wieder. Kurz darauf kamen vier Wachen des Königs um die Ecke gebogen. Der Vorderste erblickte das Kind zuerst. Pflichtbewusst baute er sich vor der Box auf. Der Krieger schob den Wolf sanft zur Seite und verließ den Stall.

„Bist du Kai Almasy?“, donnerte die Stimme durch den Raum.

Der Gefragte bejahte die Frage und sofort wurde er von den Soldaten eingekreist.

„Der König will mit dir sprechen.“, setzte die laute Stimme wieder ein.

„Mit mir?“, erwiderte er ungläubig.

„Komm mit!“, befahl der Anführer.

Die Männer führten ihn in den Thronsaal des Schlosses. Erstaunt betrachte der Junge die riesigen Räume und Skulpturen. Im Königszimmer ließen sie ihn alleine. Gelassen lief Kai bis vor an den Thron. 2 Wachmänner begaben sich an seine Seite. Würdevoll stellte er sich vor die Treppen zum Herrschersitz. Der 36jährige König funkelte ihn wütend an.

„Verbeugen!“, zischte einer der beiden Männer.

Der Jugendliche rührte sich nicht. Einer der Krieger, mit Namen Falken, stieß gewaltvoll die stumpfe Seite seiner Lanze in den Bauch des Kindes, so dass dieser kurz zusammen sackte. Diesen Augenblick nutzte der Andere und verdrehte ihm die Hände auf den Rücken. Gezwungenermaßen fiel der Angegriffene auf die Knie.

„Wieso nimmst du nicht am Unterricht teil?“, begann der König das Gespräch.

Kai blickte auf, antwortete aber nicht.

Falken boxte ihn mit dem Knie. „Antworte wenn du gefragt wirst!“, forderte er. Kais Augen blitzten kaum merklich auf. Blitzschnell befreite er sich aus dem Griff, zog sein Schwert, und schwang es so, dass die Erwachsenen zurückweichen mussten. Plötzlich spürte er einen brennenden Schmerz auf seiner Hand. Klirrend fiel die Waffe auf den Boden. Erschrocken starrte der Attackierte den König an. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb er die wunde Hand. Die Soldaten stürmten ein weiteres Mal auf ihn zu, doch der Anführer des Menschenvolkes gebot ihnen Einhalt. Der 17-jährige erhob sich.

„Du vergisst dich Kai. Bedenke wo du bist. Ich könnte dich mit einer Handbewegung töten lassen.“, vernahm er die Stimme des Mannes.

Der Angesprochen zuckte mit den Achseln. „Mein Leben ist mir egal. Meinetwegen können sie damit machen was sie wollen.“

Der Erwachsene lachte auf. „Das habe ich mir gedacht. Aber wäre es dir genauso egal, wenn ich deine Familie töten lasse.“

Zögernd schüttelte er den Kopf. „ Meine Eltern haben nichts damit zu tun, also halt sie daraus.“

„Warum warst du nicht beim Training?“, wiederholte er die Frage.

„Es ist zu einfach. Ich langweile mich dort.“

„Trotzdem. Du bist nicht der Einzige dem es leicht fällt und die anderen kommen auch.“, gab der König zu bedenken. „Wo hast du dich denn dann Rumgetrieben?“, fügte er noch hinzu.

Kai überlegte. Wahrscheinlich wusste er inzwischen von seinen Ausflügen. „In der Elbenwelt“, entgegnete er wahrheitsgetreu.

„Du weißt, dass das verboten ist?“, erkundigte sich der Mann.

„Mir egal. Ihr Lebensbereich ist weitaus schöner als unsere. Warum gibt es hier kaum Pflanzen?“, rebellierte der Junge.

„Grünzeug verdirbt den Charakter. Es macht weich, verträumt und unachtsam. Wenn ein Mensch im Gras sitzt, beginnt er zu träumen, ist er aber auf steinernen Boden so bleibt er bei vollen Sinnen.“, rechtfertigte der Herrscher sich.

„Kann ich jetzt gehen“, konterte der Junge genervt.

„Denkst du, dass ich dich ungestraft gehen lasse. Dann würde ja jeder über die Grenze schleichen.“, hörte er den 36jährigen sagen. „Dein Reittier heißt Kamui. Richtig.“, erwähnte der Erwachsene. Der Teenager blieb stumm. Er ahnte was nun kam. „Wir werden ihn töten. Sozusagen als kleines Opfer“, berichtete der Anführer der Menschen.

Kai hob sein Schwert auf. Bereit zum Angriff stellte er sich hin. „Er hat gar nicht damit zu tun. Was kann er dafür, wenn ich dieses verdammte Land verlasse. Tötet ihn und ich bringe euch um.“, protestierte der Krieger.

„Versuch es. Allerdings wäre das sinnlos. Deine Fähigkeiten reichen nicht im Entferntesten an meine heran. Ich biete dir eine Alternative an. Wir nehmen dir das Augenlicht und dein Wolf bleibt verschont.“, stieß er großherzig hervor.

In diesem Moment wurde die Tür gehaltvoll aufgestoßen. Jan betrat, dicht gefolgt von Felix, den Raum.

Der gleichaltrige Freund rannte auf seinen Kumpel zu. „Geht es dir gut?“, fragte er besorgt. Der Angesprochene nickte. Jan lief zielstrebig zu dem König. Er wollte die Treppen betreten, doch die Wachmänner sprangen ihm in den Weg. Sie hielten die Lanze dicht an seine Kehle. „Keinen Schritt weiter! Niemand darf dem König zunahe treten!“, befahlen sie zu zweit. Mit einer schnellen Handbewegung entwaffnete der Bedrohte die Soldaten und stieß sie von sich weg. Die Kämpfer zogen ihre Schwerter.

Der König schüttelte den Kopf. „Das reicht! Lasst ihn gewähren.“, ordnete ihr Gebieter an. Jan verbeugte sich kurz und ging dann weiter. Der Erwachsene setzte sich wieder auf seinen Thron und wartete geduldig bis der 18jährige da war. Der Jugendliche sprach leise, so dass niemand außer dem Herrscher selbst ihn hören konnte.

Nach einer Weile nickte der Mann zustimmend und äußerst zufrieden. „Sei froh, dass er dein Freund ist“, sagte er zu Kai gewandt. „Ihr könnt gehen, die Strafe wird dir erlassen.“, fügte er noch hinzu. Die drei wurden weggeführt.
 

Sie liefen schweigend durch die Straßen. „Was hast du ihm gesagt?“, unterbrach Felix nach einer Weile die unangenehme Stille. „Das ich bei den Dark Heroes beitrete”, antwortete er knapp. Felix blieb entsetzt stehen. Kai schaute seinen gleichaltrigen Freund fragend an, während Jan stumm weiterging und bald hinter der nächsten Ecke verschwand. Keiner von seinen Gefährten rannte ihm nach. Er wollte sowieso lieber allein sein.

„Dark Heroes? Wer ist das?“, fragte der Jugendliche.

Sein Kumpel schaute ihn ungläubig an. „Weißt du das nicht?! Das ist die Spezialeinheit des Königs. Dort dürfen nur die Stärksten sein.“, erklärte er seinen Kameraden.

„Aber das ist doch nicht schlimm, wieso war er so still?“

Felix packte ihn bei den Schultern. „Er hasst die Typen dort. Der König hatte ihm schon mal ein Angebot gemacht, dass er abgelehnt hatte. Für ihn ist was die machen kaltherziges Blut vergießen. Außerdem werden die den ganzen Tag trainiert. Im Klartext bedeutet das, dass er nie mehr mit uns rumhängen kann. Verstehst du was er für dich geopfert hat?“, erläuterte der 17-jährige.

Kai stieß die Arme seines Gegenübers weg. „Aber das will ich doch gar nicht. Kann ich nicht statt ihm dort hin gehen.“, brachte er aufgebracht hervor.

„Das geht nicht. Zutritt erst ab 18.“, beteuerte der Teenager. „Vielleicht machen sie eine Ausnahme. Soviel stärker als ich kann er schließlich nicht sein.“

„Hast du ne Ahnung. Du bist nicht schlecht, aber an Jan kommst du noch lange nicht ran“, konterte der Krieger. Kai schlug wütend mit der Faust gegen die Wand. „Verdammt, dass ist meine Schuld. Ich sollte bestraft werden, nicht er.“, fluchte der Junge wütend.

Felix blickte in den Himmel. „Warum besuchst du auch diese Elben. Die bringen nichts als Unglück. Wenn ich die Gelegenheit hätte, würde ich jeden einzelnen von denen abschlachten bis keiner mehr lebt.“, stieß er zornig hervor.

Kais Blick fiel nachdenklich auf den Boden. „Die können genauso wenig wie Jan was dafür. Es ist ihr Leben und das dürfen wir ihnen nicht nehmen. Jeder sollte das Recht haben zu entscheiden, was mit seinem Leben geschieht“, fiel er seinen Kumpel ins Wort.

Mit einer Handbewegung schob Felix die Worte zur Seite. „Du redest Schwachsinn. Wahrscheinlich sind deine Gedanken benebelt.“, fuhr er seinen Begleiter an. Gereizt ließ er ihn alleine stehen. Der 17jährige kehrte ebenfalls nach Hause zurück.

Zuneigung und Tod

Ein Jahr verstrich ohne das Kai die Elben wieder besuchte. Nun befand er sich endlich wieder in ihren Wäldern. Nachdenklich saß er auf einem Ast. Seit jenem Tag hatte er Jan nicht gesehen. Das stimmte ihn traurig. Aber seine Sehnsucht hierher zukommen war zu groß, als das er für immer darauf verzichten konnte.

Pferdegewieher weckte ihn aus seinem Gedanken. Vorsichtig kletterte er auf einen der oberen Äste und versteckte sich zwischen dem Blättermeer. Die Reiterin hielt unter dem Baum. Geschmeidig sprang sie vom Pferd. Kai lächelte als er sie erkannte. Mit einem Satz stand er neben der Elbin, die anfangs erschrak, dann aber den Jungen liebenswürdig anlächelte.

„Ich habe dich vermisst. Wo warst du solange?“, hauchte sie andächtig.

Der Mensch ergriff ihre Hand und trat an sie heran, so dass sie seinen Atem spüren konnte. Das Mädchen fühlte sich auf seltsame Art und Weise geborgen. „Ich...“ Er redete nicht weiter, stattdessen küsste er sie auf die Stirn. Sein Kummer, sein Schmerz, seine Sehnsucht, all das veranlasste ihn dazu. Er suchte Trost und wusste hier konnte er es finden.

Die Elbin ließ es mit sich geschehen. Sie hatte ihn fürchterlich vermisst, weshalb konnte sie nicht sagen, aber das Glück ihn wieder zu haben, duldete alles. Sie lehnte den Kopf gegen seine Schulter. Sie hoffte innig, dass niemand sie so sehen möge. „Ich wünschte du wärst kein Mensch.“, flüsterte sie.

Er schloss die Arme um sie und zog ihren hübschen Körper dichter an sich ran. Zufrieden legte sie ihre Handflächen an seine Brust und barg ihren Kopf darauf. Kai umarmte sie fester. „Würdest du mich dann immer noch mögen?“, fragte er mit gedämpfter Stimme. Sie hob ihren Kopf leicht an. „Natürlich. Glaubst du ich mag dich weil du vom anderen Volk bist?“.

Lumina scharrte unruhig mit den Hufen auf der Erde. „Jemand kommt!“, warnte der Jugendliche alarmierend. Maia schwang sich auf den Rücken der Stute. Zärtlich strich ihre Hand über seine Backe.

„Hoffentlich kommst du bald wieder.“, erklärte sie.

„Ich bin nicht das Letzte mal hier.“, versicherte der Kämpfer.

Die Elbin nickte. Lumina sprang in den Trab über und das Mädchen verschwand.
 

Ein seltsames Gefühl machte sich in ihm breit, als er langsam die Türklinke herunterdrückte. Kaum hatte er die Wohnung betreten, verstärkte sich diese Vorahnung. Der Geruch von Blut schlug ihm entgegen und betäubte seine Sinne. „Mutter, Vater!“, rief der Teenager besorgt. „Kai?!“, vernahm er eine schwache Stimme aus seinem Zimmer. Mit großen Schritten durchquerte er den Raum und lief in seine Kammer.

Das erste was er sah, war seine Erziehungsberechtigte. Die Frau hockte schwer blutend an seinem Bett. Der Krieger stürmte zu ihr. „Was hast du Mutter?“ Miranda blickte auf.

„Ich bin so froh, dass du da bist“, stöhnte sie.

Besorgt ging der Jugendliche in die Hocke. „Du darfst nicht sprechen“, warf der Junge mit zitternder Stimme ein. Liebevoll umfasste er die kalte Hand der Verletzten. Für einen Moment wirkte es so, als würde die Sterbende der Forderung ihres Sohnes Folge leisten. Erschöpft legte sie den Kopf auf das mit Blutverschmierte Bett. Ihre Augen leicht geschlossen. Ihr schwerer Atem wurde deutlich leiser. Schweigsame Sekunden verstrichen, so dass das Kind bereits befürchtete seine Mutter würde nicht mehr Leben. Unbewusst verkrampften sich seine Hände um die der Leidenden. Die 37jährige stöhnte.

„Ach bitte verlass mich nicht, ich brauche dich.“, flehte der Junge leise, obwohl er selbst nicht mehr daran glaubte dass sie nicht sterben würde.

Die Erwachsene lächelte leicht. Jedoch merkte ihr Sohn, dass sie sich dieses Lächeln aufzwang. Diese liebevolle Geste versetzte ihn einen Stich im Herzen. Mit letzter Kraft zog sich die Sterbende am Bettlaken hoch und schenkte dem Trauernden eine letzte innige Umarmung. Bevor Kai reagieren konnte sank sie zurück auf das Bett. Ihr Kopf fiel matt auf das Lager. Die blassen Hände glitten aus dem Griff des Teenagers und die fast geschlossenen Augen sahen zum letzten Mal das Licht der Welt und ihren heißgeliebten Sohn. Mit weit aufgerissenen Augen starrte der Kämpfer seine Mutter an. Es schienen Stunden zu vergehen, obgleich es nur wenige Minuten waren, in denen er fassungslos versuchte das grauenhafte Bild zu verarbeiten. Dennoch gelang es ihm nicht seine Gefühle und Gedanken zuordnen. Erinnerungen drängten sich in sein Unterbewusstsein und verschwanden genauso schnell wieder wie sie gekommen waren.

Unachtsam fiel er auf das Bett, wobei er die Verstorbene von seinem Lager unbemerkt weg schob. Verzweifelt zog er sein Schwert. Nachdenklich hielt er es vor seinem Gesicht. Tränen tropften auf das kalte Metall. Der seltsame Wunsch Jan wieder zu sehen drängte sich ihm unaufhörlich auf. Doch seinen Freund würde er durch sein eigenes Verschulden nie wieder sehen. Noch bevor er einen richtigen Entschluss gefasst hatte, umfassten seine Finger die gut verarbeitete Klinge. Warmes Blut tropfte auf die weiße Decke. Der Mensch schloss gequält die Augen. Die Erinnerungen wurden stärker. Verzweifelt raufte er sich die Haare. Sein Blick fiel auf den regungslosen Körper seiner Mutter. Ohne zu überlegen hielt er das Schwert an seine Adern. Ein schrecklicher Schmerz breitete sich rasend schnell im ganzen Arm aus. Bewusstlos sank Kai in sein Kissen.

Rache

Dunkelheit erfüllte den Raum. Ein dicker Nebel lag über der Stadt der Menschen. Nur langsam erwachte der Jugendliche. Gleichzeitig kehrten die Erinnerung an das Geschehene zurück Sein Arm blutete zwar nicht mehr, schmerzte aber dennoch enorm. Gedankenverloren starrte der Krieger die Decke an. Seine Kräfte reichten noch nicht aus um wieder aufzustehen. Leise Geräusche von außen drangen an sein Ohr. Ein schwermütiger Seufzer erfüllte den Raum. Kai rollte sich auf den Bauch. Dabei versuchte er den verletzten Atm so wenig wie möglich zu bewegen. „Ich werde mich rächen“, schoss es ihn durch den Kopf.

Vorsichtig richtete er sich auf. Es dauerte nicht lange bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Der Kämpfer schleppte sich zu einem Koffer mit Verbänden. Sorgfältig verarztete der 18jährige die Wunde. Anschließend ließ er sich auf dem Bett nieder. Er war sich inzwischen sicher, dass der König die Schuld an dem Tod seiner Eltern trug. Wahrscheinlich hatte er mitbekommen, wie er sich nach draußen geschlichen hatte. Die Drohung von vor einem Jahr fiel dem Jungen wieder ein. Wütend schlug er auf den weichen Untergrund. Erst wurde Jan für sein Verhalten bestraft und nun auch noch seine Eltern. Nur mit Mühe gelang es ihm die Tränen zu unterdrücken. Entschlossen hob er das auf dem Boden liegende Schwert auf.

Mit großen Schritten passierte Mirandas Sohn die nebeligen Straßen der großen Stadt Richtung Burg. Obgleich sein Verstand ihm Einhalt gebot, ließ er sich von seinen Gefühlen hinreißen. Die kalte Luft hatte eine beruhigende Wirkung auf den Aufgebrachten. So gelang es ihm an den Wachen vorbeizukommen und in den Saal des Königs vorgelassen zu werden.

Der Herrscher begrüßte ihn mit einem Lächeln. „Was treibt dich zu solch später Stund noch zu mir?“, eröffnete er das Gespräch.

Kai blieb stumm. Für einen Moment kam es ihn sinnlos vor, was er tun wollte. Seine Eltern würde er dadurch auch nicht wiederbekommen. Doch schon im nächsten Augenblick hatte er seine Waffe gezogen. „Du hast meine Eltern umgebracht. Dazu hattest du nicht das Recht“, schrie er den Mann zornig an.

Der Ältere der Wachmänner zog seine Waffe. Sein Gebieter schaute ihm ernst in die Augen und schüttelte den Kopf. „Weshalb sollte ich deine Eltern getötet haben?“, fragte der 37-jährige an den Jungen gewandt.

Kais Blick verfinsterte sich. „Tun sie nicht so unschuldig. Sie haben gemerkt, dass ich wieder bei den Elben war.“ „Nehmen wir an, du hättest Recht. Was würdest du dann machen?“, konterte der Anführer der Menschen.

Drohend zerschnitt der Gefragte die Luft vor seinem Gesicht. „Ich fordere dich heraus. Ich will Rache für meine Eltern“, ergriff Mirandas Sohn das Wort.

Der Herrscher lehnte sich entspannt in den Stuhl zurück. „Ich mache dir ein Angebot. Kämpfe gegen einen meiner Untergebenen. Wenn du ihn besiegst, gestatte ich dir gegen mich anzutreten.“

Falken trat in den Vordergrund und zog, als wäre es selbstverständlich, sein Schwert. „Also Kleiner. Entweder du gewinnst gegen mich oder dein Schicksal liegt in unseren Händen.“, erinnerte der Soldat ihn. Sein Kamerad lächelte. Für ihn war es anscheinend ein Spiel, dessen Sieger von vorne rein klar stand.

Kai ließ sich durch diese Gestik nicht beirren. Der Erwachsene startete den Angriff. Anfangs gelang es dem jungen Krieger nur zu verteidigen. Nachdem er es geschafft hatte in den Angriff überzugehen, musste er feststellen, dass sein Gegner jeden Schlag mit Leichtigkeit abwehrte. Noch im Kampf überkamen ihn heftige Zweifel, ob seine Entscheidung richtig war. Vielleicht hatte er doch zu voreilig gehandelt. Eine unbeschreibliche Müdigkeit überkam ihn. Die Anstrengungen des Tages holten ihn ein. Unwissend was er eigentlich tat, trat er einen Schritt zurück.

Verwundert brach sein Feind den Angriff ab. Für ihn ergab dass, was der Junge tat keinen Sinn. Ein Seitenblick verriet, dass sein Kamerad genauso wenig verstand. Geistesabwesend ließ der 18jährige das Schwert fallen. Falken nutzte die Gelegenheit und holte zum letzten Schlag aus. Die scharfe Klinge näherte sich rasend schnell dem jungen Körper.

„Warte!“, mischte der Regent sich plötzlich ein. Gerade noch rechtzeitig bevor die Klinge das Leben des Jungen beendete

„Aber Gebieter…“, beschwerte er sich. Der König winkte ab. Mit wachsendem Interesse beobachtete er Kai. Obwohl die Waffe ihn nicht berührt hatte, sank er auf die Knie und hielt die Hand auf seine Brust. Ein zunehmender Schmerz, scheinbar aus den Inneren kommend, verhinderte dass der Junge sich bewegte. Der Anführer der Menschen gab Daniel ein Zeichen.

Ehrfürchtig verbeugte die Wache sich. „Was wollt ihr mein Herr?“, flüsterte er leise. Der Besitzer der Burg stieg zu seinem Untertan herab, befahl ihm mit wenigen Worten, in einer Lautstärke, dass die anderen es nicht hören konnten was er tun sollte und ließ sich dann wieder auf seinem Thron nieder. Der Soldat gab die Anweisungen an seinen Kamerad weiter.

Während Falken neben dem 18jährigen in die Hocke ging, hielt sein Gefährte das Kind fest. Obgleich der Jugendliche keine Anstalten machte sich zu wehren. Mit seltsam glasigen Augen stierte der Teenager auf den Steinboden, wobei sein Atem immer unregelmäßiger wurde. Unsicher legte der Älteste der Krieger die Klinge an das Bein des Jungen an. Fragend wartete er was sein Gebieter sagen würde.

Nachdenklich hafteten die Augen des Herrschers auf Mirandas Sohn. „Kai“, hallte die Stimme befehlerisch durch den Raum. Der 18jährige zeigte keine Reaktion. „Du hast Recht ich habe deine Eltern töten lassen“, donnerte der Erwachsene durch den Raum.

Wie aus einem Schlaf erwachend, erhob der Angesprochene seinen Kopf. Der Schmerz war verschwunden. Mit kräftigen Bewegungen versuchte er sich zu befreien. Vergebens musste er feststellen, dass die beiden weitaus kräftiger waren.

„Jetzt könnt ihr“, erklärte der 37-jährige.

Der Teenager hielt inne, als er einen stechenden Schmerz an seinem Bein verspürte. Falken hatte mit seinem Schwert tief in die Haut rein geschnitten. Fast Bewusstlos ließ er sich von einem der Wachmänner nach draußen bringen. Der Zurückgeblieben wischte sich mit einem Taschentusch den Schweiß von der Stirn. Das Kind besaß mehr Kraft als er gedacht hatte. „Gestattet mir eine Frage. Aus welchem Grunde habt ihr behauptet, dass ihr seine Eltern töten ließet? Laut den Berichten sind sie doch in einer Schlacht am Genesis See gestorben“, wandte er fragend an seinen Herrn.

Der König zuckte mit den Schultern. „Mag sein, aber ich wollte etwas testen. Es ist spät, geh jetzt. Vielleicht erklär ich dir das Morgen“, erwiderte der 37-jährige. Der Soldat nickte untertänig.
 

Voller Demut verbeugte die Frau sich vor dem Anführer der Menschen. „Ihr rufet mich. Was kann ich für euch tun?“, erkundigte sie sich ehrfürchtig.

„Sie sind doch die Tante von Kai Almasy.“ Die Erwachsene bejahte die Frage. „Sicher haben sie von dem Tod seiner Eltern gehört. Der Junge steht zurzeit alleine da und ich möchte sie bitten sich um ihn zu kümmern.“

Die 32jährige schüttelte den Kopf. „Tut mir Leid. Ich habe für so was keine Zeit.“, lehnte die Alleinlebende ab.

„Sie hätten wirklich nicht viel Arbeit mit ihm. Er ist bereits achtzehn und kann gut auf sich selbst aufpassen. Ich möchte ihn lediglich in guten Händen wissen.“, hakte der Mann nach.

Doch Saskia blieb stur. „Es geht wirklich nicht. Darf ich dann jetzt wieder gehen?“

Der König strich sich überlegend über den Bart. So leicht ließ er sich nicht abwimmeln. „Sie haben doch vor zwei Jahren ihren Mann in einer Schlacht verloren. Seitdem befinden sie sich in einer finanziellen Notlage. Ich würde ihn eine Menge Geld geben, wenn sie ihn nehmen“

Für einen kurzen Augenblick verfinsterte sich der Blick von Kais Verwandten. Ebenso schnell setzte die Frau ein beinahe scheinheiliges Lächeln auf. „Mit Verlaub. Wir Reden hier von einem Menschen und nicht von einem Ding, welches mit Geld käuflich ist. Ohne sie beleidigen zu wollen, mit Geld kann man nicht alles bekommen“, berichtigte sie die Worte des Königs. „Dennoch werde ich mit dem Jungen sprechen. Ich komme dann wieder und teile ihnen meine Entscheidung mit.“ Würdevollen Schrittes verließ sie den Thronsaal.
 

Der Ältere Kerkerwächter führte die schlanke Person zu dem Verlies des Jungen. Fackeln spendeten das zum Sehen benötigte Licht. „Wie lange ist er eigentlich schon hier?“, fragte Saskia beiläufig, während ihre Augen mitleidig auf die erbärmlich aussehenden Gefangenen, die aus den Zellen schauten, haften blieben.

„Schätze Mal zwei Wochen. Aber so hübschen Besuch hat der wirklich nicht verdient, so stur wie der ist.“, antwortete die Wache.

Die Frau drehte ihr Gesicht von ihm weg, um den lüsternen Blick des Mannes zu entkommen. Abrupt blieb der Erwachsene stehen. Seine Begleiterin tat es ihm nach.

„Hier drin ist er. Ich lass sie dann mal alleine.“, erklärte der Soldat. Gleichgültig öffnete er die Tür und verschwand.

Alleingelassen stand die 32jährige auf dem Gang. Unentschlossen bemusterte sie den Jugendlichen, der auf dem Holzbett lag, den Blick starr auf die Decke gerichtet hatte und die Arme hinterm Kopf verschränkt. Zögernd betrat die Erwachsene den Kerker.

Mit einem Seitenblick resignierte der Teenager ihre Anwesenheit, zeigte allerdings kein Interesse an die für ihn fremde Person. Stattdessen verfiel er wieder in seine alte Position.

Durch diese abweisende Gestik verunsichert, blieb Saskia regungslos im Raum stehen. Schließlich fasste sie doch Mut und setzte sich auf eine kleine Kante des Bettes. „Darf man mit dir Reden?“, ergriff sie das Wort. Kai drehte sich genervt zur Wand. Dabei bemerkte seine Tante eine tiefe Verletzung am Bein, die von Eider überzogen war. Die aufgerissen Hose versperrte ihr den Blick auf die gesamte Wunde. „Mag sein, dass du mich nicht mehr kennst, aber ich bin die Schwester deiner Mutter und werde mich ab heute um dich kümmern“, setzte sie ein weiteres Mal an.

„Und wenn ich das gar nicht will?“, erklang die Stimme des Jungen.

„Was nicht will?“, hakte die Frau nach.

„Das sich jemand um mich kümmert.“

Seine Verwandte stand auf und klopfte sich den Staub von den Sachen. „Du hast nicht die Wahl. Zuhause kann ich mich erst Mal um deine Verletzung kümmern. Hier kann sie ja nie richtig verheilen.“, erwiderte sie. Ohne ein weiteres Wort verließ sie die Zelle. Eine Bewegung hinter ihren Rücken ließ sie noch mal zum Stillstand kommen. Kai hatte sich hingesetzt. Deutlich konnte sie den zweifelnden Blick des Jungen im Nacken spüren.

„Bist du nicht traurig, dass deine Schwester Tod ist?“, forschte er kritisch nach. Die Frau drehte sich zu ihm um. „Ich kannte sie ja kaum. Wir wurden schon im Alter von zehn getrennt. Deswegen weniger. Aber ich verstehe wie du denkst. Mein Mann starb auch im Krieg.“ Eine peinliche Stille trat ein. Der Hauch von Trauer in ihrer Stimme ließ den Krieger verstummen.

Der Gefangene erhob sich. „Tut mir Leid, aber meine Eltern starben nicht im Kampf.“, konterte der Kämpfer.

Saskia schüttelte verwundert den Kopf. „Natürlich. Ein Bekannter, der selbst mit dabei war berichtete mir davon. Doch fand man die Leiche deiner Mutter nicht an der Kriegsstelle sondern…“ Die 32jährige errötete. „Na du weißt bestimmt wo.“

Nachdenklich wandte Mirandas Sohn sich von ihr ab. Schließlich begab sich die Erwachsene auf den Rückweg.
 

„Wie lautet nun eure Entscheidung?“

„Ich werde ihn zu mir nehmen. Besser als dass er hier verrottet.“

„Das ist schön. Dann dürft ihr beide mein Schloss verlassen“, gestattete der König.

Lächelnd streckte Saskia ihre Hand aus. „Trotzdem verzichte ich nicht auf das Geld.“, erwiderte sie.

Der Mann grinste. „Verstehe, nun denn Daniel wird dir das Geld überreichen und nun geh bitte.“ Zufrieden ließ sie sich nach draußen führen.

Die Probe

Genüsslich streckte Felix die Beine aus. „Und wie ist es bei deiner Tante?“, wandte er sich an seinen Trainingspartner.

Kai zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“

Der Gleichaltrige bemusterte seinen Freund schräg von der Seite. „Ich bitte dich. Du lebst fast 3 Wochen dort. Da musst du doch wissen, ob es dir gefällt.“, kritisierte der Jugendliche. Mirandas Sohn versuchte zu lächeln. „Die Pause ist gleich um. Lass uns lieber weiter machen, sonst flippt unser Lehrer aus.“

Felix winkte ab. „Ach lass nur. Der hat genügend mit den Neuen zu tun“, erklärte er. Lustlos stocherte der Sprecher mit dem Schwert im Boden. „Außerdem ist mir sowieso langweilig.“, fügte er noch hinzu.

„Das wird sich gleich ändern“, flüsterte sein Gefährte leise.

Verwundert blickte der 18jährige auf. Ein Soldat des Königs kam in großen Schritten auf sie zu. Die jungen Krieger erhoben sich.

„Ihr beide kommt mit mir!“, fuhr der Mann sie an.

Kai wollte etwas erwidern, doch sein Freund stieß ihn in die Seite. „Du hattest schon oft genug Ärger mit dem König. Lass mich das lieber machen“, zischte er ihn zu, da auch ihm der Ton mit dem der Erwachsene sie ansprach missfiel.

„Verzeiht, ich lasse so nur äußerst ungern mit mir Reden“, wandte der Junge sich nun an den Wartenden.

Der Angesprochen machte ein verdutztes Gesicht. „Willst du mir etwa Befehle erteilen Kleiner.“, schrie er in einem lauteren Tonfall als vorher. Die Umstehenden starrten die drei erschrocken an.

Der 18jährige schüttelte den Kopf. „So war das nicht gemeint, ich wollte sie lediglich darauf verweisen, dass…“

Weiter kam er nicht, denn der Soldat boxte ihn brutal in den Bauch. Wortlos drehte er sich von den Gleichaltrigen weg. „Ich dulde keinen Widerspruch und jetzt kommt mit“ Der Junge griff wütend nach seinem Schwert. Zu seinem Glück sah der Kämpfer das nicht. In letzter Sekunde packte Kai seinen Kameraden an der Schulter. „Das hat doch keinen Sinn. Tun wir lieber was er sagt. Im Moment können wir eh nichts machen“, beruhigte Mirandas Sohn den Aufgebrachten. Mürrisch stimmte dieser zu.
 

Schweigend liefen sie dem Krieger hinter her. Insgeheim versuchte jeder zu ergründen was der König von ihnen wollte. Schließlich stoppte ihr Führer. „Hier rein. Unsere Majestät will euch alleine sprechen.“ Ohne Vorwarnung stieß er sie in den Thronsaal. Stolpernd betraten sie das Zimmer. Bevor der Hauptmann die Tür geschlossen hatte, wirbelte Felix herum. „Sanfter geht’s auch!!“, rief er den Soldaten nach.

Ein Räuspern unterbrach ihn. Verlegen drehte der 18jährige sich um. Sofort fiel er in die Knie. „Verzeiht meine Unhöflichkeit. Ich wollte nur…“

„Schon gut du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich weiß Matthias ist manchmal etwas grob, aber dennoch zuverlässig“, kam der König ihm entgegen.

„Wieso ließet ihr uns rufen?“, ergriff Saskias Verwandter das Wort.

„Ich habe euch ein Angebot zu machen, von dem ich hoffe, dass ihr es annehmt. Aus zuverlässiger Quelle weiß ich das eure Fähigkeiten, der euer Gruppe weit überragen. Deshalb würde ich euch gerne bei den Dark Heroes haben.“, erklärte der Anführer der Menschen.

Felix riss die Augen weit auf. „Ihr Angebot ehrt mich. Nichts würde ich lieber tun“, warf er erfreut ein.

„Das ist schön. Einer meiner Diener wird dir gleich alles erläutern. Verlass jetzt bitte das Zimmer“, befahl der Erwachsene. Schweigend kam der Junge der Aufforderung nach.

Seufzend schenkte der Mann seine Aufmerksamkeit dem anderen Kind. „Du scheinst nicht so erfreut zu sein wie dein Freund. Dennoch hoffe ich du wirst nicht ablehnen“ „Dürfte Jan dann gehen?“, erkundigte der Jugendliche sich.

Der Herrscher lachte auf. „Das wäre ein ziemlicher Verlust. Versteh Jan ist der Beste. Allerdings kam er nicht ganz freiwillig rein, deshalb würde ich einwilligen.“, behauptete der Besitzer der Burg.

Kai nickte zufrieden. „Dann willige ich ein.“

„Vorher würde ich dich aber gern testen. Immerhin gab es in der Vergangenheit ein paare Streitigkeiten zwischen uns.“, gab der Erwachsene zu bedenken.

„Was soll ich tun?“

„Ganz einfach. Ich möchte dass du ein Elbendorf zerstörst. Natürlich würde ich dir dafür einige Soldaten bereitstellen.“, verkündete der 36jährige.

Entsetzt starrte der Junge ihn an. „Das kann ich nicht machen. Wieso sollte ich ohne jeglichen Grund ein ganzes Dorf auslöschen.“, protestierte er geschockt.

„Damit biete ich dir auch gleich die Gelegenheit Rache für deine Eltern zu nehmen. Oder hast du schon vergessen wer an den Tod von ihnen schuldig war?“ Das Kind ballte die Hände zu Fäusten. Der Gebieter lächelte. Seine Worte hatten genau die gewünschte Wirkung. Die Wut, welche sich bei dem jungen Krieger angestaut hatte, reichte aus um ihn gegen seine Feinde aufzuhetzen. Wie erwartet willigte der Teenager ein. Abgesehen davon, dass es ihn nach Rache dürstete, war das die einzige Möglichkeit Jan zu helfen.
 

„Nein. Ich lasse dich nicht gehen! Du bist erst 18! Deine Erfahrung langt bei weiten nicht aus um ein Heer anzuführen. Außerdem ist so was gefährlich. Ich habe die Verantwortung für dich und würde dir so was nie erlauben“, fuhr die aufgebrachte Frau ihn an.

Lässig ließ sich Kai auf einen Stuhl nieder. „Du hast mir nichts zu sagen. Schließlich bist du nicht meine Mutter.“, entgegnete der Jugendliche.

Schockiert verstummte die Erwachsene. Der Junge spürte wie die Worte sie trafen und noch im selben Augenblick tat es ihm Leid so hart gewesen zu sein. Aufgelöst sank Saskia ebenfalls auf einen Stuhl. Den Kopf in die Hände gestützt, verbarg sie die Tränen, die ihre Wange hinab liefen. Leise schlich der Kämpfer nach draußen. Er konnte ihr nicht helfen. Seine Entscheidung stand ja doch schon fest.
 

Verträumt saß die Elbin am Fluss, der wenige km von ihrem Dorf entfernt in einem See mündete. Verschiedenste Vögel sangen ihr ein Lied.

Hufgetrappel unterbrach die angenehme Ruhe. Ismael brachte sein Tier neben Maia zum Stehen. „Endlich habe ich dich gefunden. Eine Armee der Menschen nähert sich unseren Dorf. Wir sollen so schnell wie möglich dorthin gehen.“, ergriff er völlig aus Atem das Wort.

Das Mädchen blickte suchend in den bis jetzt wolkenlosen Himmel. Ihre Hand schütze sie vor den grellen Strahlen der Sonne. „Was haben wir ihnen denn getan, dass sie uns so plagen“, seufzte die Jugendliche leise.

Ismael bemusterte mit betrübtem Blick das grüne Gras. „Es sind Menschen. Sie brauchen keinen Grund solange sie nur Spaß dabei haben.“; konterte er traurig.

„Kommen sie wieder mit Wölfen, denen es durch Magie gestattet ist wie Vögel durch die Luft zu gleiten“, forschte sie weiter nach.

„Laut unserer Späher ja. Möge Anarcia uns beistehen.“

Die Bogenschießerin bestieg besorgt ihre Stute. „Wenn nur niemanden etwas geschehen würde“, sprach sie ihren Wunsch laut aus. „Schön wäre es. Jedoch ziemlich undenkbar.“, räumte er ein. Zusammen trieben sie ihre Pferde Richtung Heimat.

Der Angriff

Die schwarze Wolke kam rasant näher. Die Anführerin der Elben griff entschlossen nach ihren Bogen. Auf ihren Befehl hin, hatten sich die besten Bogenschützen in den Bäumen verteilt. Kampflos würden sie ihr Reich nicht bekommen. Selina selbst kletterte auf das Dach ihrer Wohnung.

Die Wölfe rannten hechelnd durch die Luft. Vornan Kamui, der seinen Herrn zu dem Dorf trug. Die ersten Dächer erschienen. Mit einer Hangbewegung brachte Kai sein Heer zum stehen.

Zum selben Zeitpunkt erreichten Ismael und Maia die Siedlung. Angespannt blickte das Mädchen in dem Himmel um den Anführer zu finden. Auf den ersten Blick erkannte sie nur, dass er sehr jung sein musste. Erst bei näherem Hinsehen, wurde ihr klar, gegen wenn sie kämpfen würden.

Auch Kais Augen wanderten suchend durch die Landschaft. An der Elbin blieben sie haften. Die Jugendliche wich dem Blick aus, der ihr so entfremdet vorkam. Außerdem konnte sie den kalten Augen ihres Feindes nicht standhalten. Eine Erinnerung drängte sich unaufhörlich in das Bewusstsein des jungen Kriegers. Nur mit Mühe gelang es ihm sie zu verdrängen. Seine Wut ließ ihn erblinden. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, dass die Soldaten ungeduldig auf den Befehl zum Angriff warteten. Ein seltsamer Schmerz breitete sich in dem 18jährigen aus. Das unangenehme Gefühl gelähmt zu sein, hinderte ihn sich zu rühren. Für einen kurzen Augenblick verlor er sein Bewusstsein. Ohnmächtig kippte er zur Seite. In letzter Sekunde kam er wieder zur Besinnung und klammerte sich an das Fell des Tieres. Kamui wurde zunehmend unruhiger, denn auch ihm entging nicht, dass sein Reiter in einer schlechten Verfassung war. Kai presste seinen Körper dicht an den des Wolfes. Die Schmerzen wurden unerträglich. Die Landschaft verschwamm vor seinen Augen.

Aufmerksam beobachtete Selina den Jungen. Sein Verhalten war für sie unerklärlich. Dennoch wusste sie wie sie ihm helfen konnte. Mit ihrer Waffe nahm sie den Menschen ins Visier. Ein Pfeil, abgeschossen von der Elbenanführerin, jagte durch die Luft und streifte den Kämpfer an der rechten Bauchseite, der daraufhin endgültig bewusstlos in die Tiefe stürzte. Ein älterer Soldat schrie etwas und kurze Zeit später wendeten die Männer ihre Wölfe und verschwanden am Horizont.

Mit angehaltenem Atem hatte die 18jährige das Geschehen beobachtet. Nun trieb sie ihr Pferd zu der Stelle, an der Kai aufgekommen sein musste. Ismaels bittende Rufe auf sie zu warten, fand bei dem Mädchen kein Gehör. Noch während Lumina zum Stehen kam, sprang Maia von der Stute. Flotten Schrittes näherte die Ewiglebende sich dem regungslosem Körper. Ein schwarzer Schatten ließ sie zurückweichen. Ein Wolf baute sich vor dem Menschen auf. Knurrend verteidigte er den Jungen. So leicht würde das Mädchen seinen Herrn nicht bekommen. Die Unsterbliche hockte sich kurz vor dem Tier hin. Freundschaftlich streckte sie ihre Hand aus. „Bitte lass mich vorbei. Ich will deinem Freund nur helfen“, versuchte sie Kamui zu beruhigen. Doch das Geschöpf fletschte hasserfüllt die Zähne und unternahm den erfolglosen Versuch das Mädchen zurückzudrängen. „Bitte ich muss zu ihm. Sonst wird er sterben.“, flehte sie. Die Kreatur horchte auf. Diesen besorgten Unterton hatte er nicht erwartet. Dennoch dachte er nicht daran ihren Worten folgen zu leisten. Auch Maia musste einsehen, dass sie so keine Chance hatte. Dessen ungeachtet startete sie einen neuen Versuch das Wesen von ihrer guten Absicht zu überzeugen.

Ein sanfter Druck auf ihre Schulter ließ sie zusammenfahren. „So wirst du es nie schaffen“, hörte sie die Stimme ihrer Königin.

Mit gesenktem Haupt warf die junge Elbin sich vor die Füße ihrer Herrin. „Verzeiht wenn ich zu aufdringlich wirke, aber könnt ihr nicht versuchen zu ihm zu kommen.“

Selina warf einen flüchtigen Blick auf den Ohnmächtigen. „Du forderst fiel. Er wollte gerade unser Dorf zerstören. Mein Volk verlangt seinen Tod“, fiel sie dem verzweifelten Kind ins Wort.

Maia blickte an ihrer Gebieterin vorbei. Mehrere Elben hatten sich inzwischen an diesen Ort begeben. Die 18jährige sprang auf. Flehend ergriff sie die Hand der Anführerin. „Aber niemand ist zu Schaden gekommen. Ich verbürge mich für ihn.“, bettelte sie.

Die Erwachsene lächelte. „Ich werde versuchen ihm zu helfen.“, verkündete sie laut. „Außerdem ist auch mir an seinem Leben sehr gelegen“, fügte sie mit gedämpfter Stimme hinzu. Mit diesen Worten schritt sie an dem Mädchen vorbei. Das Tier ließ sich hechelnd auf die Hinterläufe nieder. Die Herrscherin ging neben dem Freund des Menschen in die Hocke. In den Augen des Wolfes funkelte etwas Bösartiges auf. Nur knapp entkam die Frau den Klauen der Kreatur, indem sie rechtzeitig zurückgewichen war.

Einer ihrer Untergebenen spannte einen Pfeil ein. „Wir sollten es töten.“, schlug der Mann vor.

Seine Herrin schüttelte stumm den Kopf. „Nein ihm darf nichts geschehen“, hauchte sie erschrocken. Enttäuscht ließ der Erwachsene die Waffe sinken. Vorsichtig rappelte die Gefallene sich auf. „Gestatte mir deinen Freund zu helfen.“, sprach sie auf das Wesen ein. Der angenehme Klang ihrer Stimme flösste Kamui Vertrauen ein. Sich seiner Sache nicht ganz sicher, legte er sich neben seinen Besitzer. Selina untersuchte den Jugendlichen gründlich. Dabei spürte sie, wie das Geschöpf, jede ihrer Bewegung aufmerksam beobachtete.

„Ihr wollt ihm doch nicht etwa das Leben retten?“, protestierte ein älterer Krieger.

Die Unsterbliche lächelte ihn offen an. „Selbst wenn es euch nicht passt, aber das ist meine Absicht. Jetzt helft mir bitte tragen. Ich will ihn in mein Haus bringen.“
 

Kai erwachte spät in der Nacht aus seinem unruhigem Schlaf. Seine Arme waren an den Seiten von Eisenketten gefesselt, so dass er gezwungen war auf dem Boden zu Knien. Leise Schritte erfüllten den Raum. Ohne die Augen zu öffnen wusste er, dass man ihn verbunden hatte. Innerlich verfluchte er die Elben. Wieso hatten sie ihn nicht einfach sterben lassen? Dann wäre ihm das erspart geblieben. Der Teenager legte den Kopf in den Nacken. Trotz das die Wunde behandelt worden war, brannte sie schrecklich. Ein leises Stöhnen erklang im Zimmer.

Die Erwachsene drehte sich zu dem Verletzten, der inzwischen die Augen geöffnet hatte. „Hast du gut geschlafen Kai?“, fragte sie spöttisch. Allerdings vernahm er den wütenden Unterton.

Verlegen schaute der Kämpfer zur Seite. Nach so vielen Jahren konnte sie sich immer noch an ihn erinnern. Mit einer Wasserschale in der Hand, packte sie ihn bei den Haaren. Grob zog sie seinen Kopf zurück und gab ihm etwas zu trinken. Die kalte Flüssigkeit rann erfrischend den ausgetrockneten Hals hinunter. Die Anführerin der Elben stellte das Gefäß sachte ab. „Wahrscheinlich kannst du mir nicht sagen, weshalb du uns töten wolltest. Ich will es auch gar nicht wissen. Wahrscheinlich war es so en sinnloser Grund wie es immer bei euch Menschen ist.“, warf sie vorwurfsvoll ein.

Der Angesprochen biss sich auf die Lippen. Er fühlte sich schuldig, jetzt wo er eine Elbin so nah vor sich hatte und sah wie sie sich doch kaum von ihm unterschied, wie sie lebte und atmete. Er hatte kein Recht sie zu töten.. Sicher waren seine Eltern durch Elben gestorben, allerdings konnte er dafür nicht dutzende von ihnen bestrafen. Zudem wusste er ja nicht mal ob sie aus diesem Gebiet der Elbenwelt kamen.

Der Ewiglebenden entging nicht, dass der Krieger peinlich berührt war von ihrer Frage. Zwar hatte sie kein Mitleid, dennoch überlegte sie, wie sie vom Thema ablenken konnte. Es lag schließlich nicht in ihrem Sinne seiner Seele noch mehr weh zu tun. „Verzeih, dass mein Pfeil dich traf. Ich wollte dir helfen. Du schienst ziemliche Schmerzen zu haben. Es interessiert mich woher diese Schmerzen kamen“, ergriff die Unsterbliche das Wort.

Kai blickte auf. Auch er hatte sich bereits gefragt, weshalb er nicht kämpfen konnte. Allerdings war ihm bewusst, dass er hier die Antwort nicht finden konnte.

Selina verließ würdevoll ihr Haus. Sie brauchte jetzt unbedingt Ruhe. Dank des in seinen Trunk gemischten Schlafkraut müsste ihr Gefangener bald wieder schlafen.

unerwünschte Besucher

Sonnenstrahlen drangen durch das Fenster in das Zimmer. Mirandas Sohn erwachte aus einem tiefen Schlaf. Die Abwesenheit der Elbenanführerin gab ihm Zeit zum Nachdenken. Selinas Nähe löste in ihm eine gewisse Unruhe aus, die er nicht erklären konnte. Leise Schritte ließen ihn aufblicken. Ein Junge, kaum älter als 8, stand im Eingang. Die Augen des Kindes waren mit einer erschreckenden Leere gefüllt, die den Jugendlichen vermuten ließen, was geschehen war. Ein Dämon hatte von dem Jungen Besitz ergriffen. Sicher waren die Wesen der Dunkelheit leicht aus Körper auszutreiben, aber die Tatsache dass er gefesselt war, verhinderte dieses Eingreifen.

Mit erhobenem Haupt schritt Kinneas auf den Verletzten zu. Der Dolch in seiner Hand blitzte dabei gefährlich auf. Hilflos musste Kai mit ansehen, wie der Besessene ihm immer näher kam. Die Augen schließend, stach der Kleine zu. Der Teemager schrie vor Schmerz auf. Nur knapp hatte der Angreifer die alte Wunde verfehlt.

Der Elb, welcher für kurze Zeit die Oberhand über das Monster gewann, rannte angsterfüllt aus dem Haus.

Der Attackierte wollte auf die Knie sinken, doch seine Fesseln hinderten ihn daran. Leise fluchend schloss er die Augen. Er musste unbedingt von den Fesseln loskommen. Niemand außer ihm wusste von dem Dämon. Das Monster würde sich nicht mit einem Opfer zufrieden geben. Den Schmerz in eine dunkle Ecke schiebend, riss er sich unter Aufbietung all seiner Kräfte von den Ketten. Geschwächt sank er auf den Boden. Jedoch verdrängte er den Schmerz ein weiteres Mal. Das Monster durfte auf keinen Fall entkommen. Mühsam rappelte er sich auf. Wie ein Blitz durchzog der Schmerz seinen Körper. Stolpernd hielt er sich an der Wand fest. Glücklicherweise landete er genau neben seiner Waffe. Den Griff des Schwertes fest umklammernd, rannte der Krieger dem Angreifer hinterher.
 

Das Kind hatte nur einen geringen Vorsprung, deshalb gelang es Kai, es am Rande des Dorfes einzuholen. Da die Siedlung in einem Tal lag, würde sie niemand hier oben sehen können.

Der Kleine hielt ruckartig an.

Sein Gegner verspürte etwas Böses, folglich hatte die Schattenkreatur wieder die völlige Kontrolle über den 8jährigen bekommen. Mit wilden Augen sprang der Besessene auf den Jugendlichen zu. Der Teenager packte den Angreifer bei den Haaren und drückte ihn zu Boden. Kinneas schlug um sich. Trotz allem konnte er sich nicht gegen den Älteren wehren. Sorgsam suchte der Mensch den Arm nach einem Zeichen ab. Am Ellebogen fand er den kleinen schwarzen Kreis, der das Zentrum der Kontrolle des Dämons war. Nur leicht schnitt seine Klinge in den zarten Körper des Elben. Eine schwarze Wolke entwich brüllend aus den Jungen. Ihr folgte ein eisiger Windhauch. Kai baute sich kampfbereit auf. Drohend schwang er die Waffe in der Luft. „Komm wenn du dich traust“, schrie er dem schwarzen Ding zu, welches inzwischen eine beinahe menschliche Form angenommen hatte. Allerdings bestand es nicht aus Haut und Knochen, sondern eher aus einer Art zähen Flüssigkeit.

Das Monster kroch schlängelnd auf den 18jährigen zu.

Geduldig wartete Mirandas Sohn bis der Dämon nah genug ran war. Kraftvoll rammte er die Waffe in den Rücken des Wesens. Dieses grinste hämisch. Der Arm schellte nach vorne. Eine seltsame Macht nahm dem Kämpfer das Gleichgewicht. Sein Gegner erkannte seine Chance. Dampf ähnlich umschlang es den Körper des Verletzten. Dabei galt seine Aufmerksamkeit vor allen der Wunde. In engen Kreisen umfuhr es die beschädigte Stelle. Kai überkam das Gefühl, dass seine Verletzung größer wurde. Der Ohnmacht nahe rollte er auf den Rücken. Das Monster blieb fest an ihm hängen. Als es ein zweites Mal über die Wunde fuhr, musste der Krieger Blut spucken.

Besorgt drehte er seinen Kopf zur Seite. Das Kleinkind war verschwunden. Sicherlich hatte es Angst bekommen. Seine letzten Kräfte zusammennehmend schlug er den Kopf des Ungeheuers ab, welches nun endlich von ihm anblies und in Form einer Flüssigkeit in die Erde sickerte. Erleichtert atmete der Sterbliche auf. Müde fiel sein Kopf auf das weiche Gras, das ein willkommenes Lager zum Ausruhen, nach den Anstrengungen des Kampfes bot. Und ob er es wollte nicht, sofort nach dem er die Augen geschlossen hatte verfiel er in einen unruhigen Halbschlaf, der teils auch zustande kam, weil er nicht bei völligen Bewusstsein war.
 

Der Hengst hielt schnaubend neben dem Ruhenden. Knurrend hievte der Elb den Gefangenen auf das Tier. Kai stöhnte. „Na warte Freundchen, das war dein letzter Fehler“, brummte er schlecht gelaunt. Matthäus, einer der Mitglieder des hohen Rates, trieb sein Pferd zum Haus seiner Herrin. Endlich hatte er einen Grund den Tod des Jungen zu fordern. Von Anfang an war er dagegen gewesen, diesem Kinde das Leben zu lassen. Jetzt wo er versucht hatte zu fliehen, konnte selbst seine Königin den hohen Rat nicht mehr davon abbringen den Menschen zu töten. Schließlich hatte er es nicht verdient unter dem Schutz Selinas zu stehen.
 

Seufzend bemusterte die Elbenanführerin die aufgerissenen Ketten. Sie konnte einfach nicht begreifen, dass sie sich so in den Jungen geirrt hatte.

„Selina“, donnerte die Stimme eines Mannes durch den Raum.

Erschrocken fuhr die Frau zusammen. „Matthäus was führt dich zu mir?“, begrüßte sie ihren Besucher freundlich.

„Ich hab etwas mitgebracht.“, knurrte er zornig. Der Erwachsene verschwand kurz und tauchte wenige Atemzüge später mit dem Kind unterm Arm wieder auf. Grob warf er es auf den Holzboden. Kais Körper zuckte zusammen. „Sicherlich bist du dir darüber im Klaren, was unsere Aufgabe ist“, erinnerte der Elb sie.

Die Königin nickte. Besorgt wanderte ihr Blick zu den Verletzten. Jedoch durfte sie jetzt nicht zu ihm. Würde der Mitglieder des hohen Rates ein Zeichen der Schwäche bemerken, würde er den Jugendlichen selbst töten. „Ich werde mich darum kümmern, doch nun verlass mein Haus“, forderte sie ihn auf.

Der Bogenschießer nickte.

Achtsamen Blickes wartete sie ab bis er weit genug von der Hütte entfernt war. Ein Mitleideregendes Stöhnen erweckte ihre Aufmerksamkeit. Fürsorglich beugte sie sich zu den Verwundeten, der unbewusst die Verletzung verdeckte. Mit Bedacht strich sie das T-Shirt nach oben. Ebenso behutsam untersuchte sie den Teenager. „Du hast Glück gehabt. Sie ist nicht so schlimm wie ich vermutete, allerdings brauche ich eine Heilpflanze zur völligen Genesung. Ich bin bald wieder da“, flüsterte sie leise. Bevor sie den Weg in den Wald antrat, bettete sie den Menschen in eine warme Decke und schob ein weiches Kissen unter seinen Kopf.
 

Der König der Menschen packte den Wachmann am Kragen. „Wenn ihr ihn nicht bald findet werdet ihr es bereuen“, schrie er den Soldaten an. „Weit kann er nicht gekommen sein. Seien sie versichert wenn Jan noch in unsrem Land ist, werden wir ihn bald haben“, keuchte der Kämpfer atemlos. Der Herrscher ließ ihn los. „Dennoch schicke ich lieber meine Sonderelite los.“, dachte der Mann laut und begab sich sofort zu den Dark Heroes.
 

Sorgfältig trennte die Elbin die Blüte von dem Rest der Pflanze. Ihre Bewegungen absichtlich langsam ausführend um genügend Zeit zum Nachdenken zu bekommen. Aus den Augenwinkeln konnte sie den Mensch sehen, welcher die Arme verschränkend und an einem Baum gelehnt, sie beobachtete. Sicherlich war er bereits 4 Minuten hier. Hätte er ihr das Leben nehmen wollen, würde er es schon längst getan haben. Allerdings war sie sich nicht sicher ob er harmlos war. Noch einen ihrer Gegner konnte sie nicht ungestraft davonkommen lassen. Schweren Herzen sammelte sie die Kraft des Wassers in ihren Arm. „Verzeih wenn ich es zu unrecht tue“, dachte sie leise. Ruckartig wirbelte sie herum. Ein Wasserstrahl flog auf den Feind der Elbin zu.

Ohne zu zögern zog der Angegriffene sein Schwert. Der kalte Stahl teilte den Zauber in der Mitte, welcher daraufhin in kleinen Tropfen zu Boden fiel. Erschrocken blieb der Blick der Frau an dem 19jährigen haften.

Der junge Mann ließ, entgegengesetzt ihrer Erwartung seine Waffe zurück in die Hülle gleiten. Ehrfürchtig verbeugte sich ihr Gegner kurz. „Bitte entschuldigt, ich wusste nicht wen ich vor mir habe“, warf er schnell ein.

Ungewollt breitete sich auf dem Gesicht der Ewiglebenden ein Lächeln aus.

„Weshalb lächelt ihr?“, hörte sie ihren Gegenüber fragen.

„Es ist das erste Mal, dass ein Mensch vor mir auf die Knie fällt.“, entgegnete die Unsterbliche.

Jan zuckte mit den Schultern: „Mag sein.“

Ihr Lächeln erstarb. „Dennoch. Menschen haben hier nichts verloren, also verlasse meinen Wald“, befahl sie dem Krieger. Trotz das er nicht antwortete, wusste sie, dass er ihrer Aufforderung nicht Folge leisten würde. „Solltest du nicht gehen, werde ich meine Sucher losschicken. Dann ist es nur eine Frage der Zeit bis sie dich gefunden haben. Willst du es wirklich darauf anlegen gegen ein ganzes Dorf zu kämpfen.“, fügte die Bogenschießerin hinzu.

Der Jugendliche blieb stumm auf der Stelle stehen.

Die Anführerin der Elben seufzte. „Denk bitte nicht, dass ich scherze. Dies ist meine letzte Warnung.“, setzte sie im ungeduldigen Tonfall nach. Zu ihrem Leidwesen schien ihm die Drohung gleichgültig zu sein.

„War das alles? Denn auch ich habe eine Frage. Wie geht es Kai?“ Während er sprach trat er einen Schritt näher an die Erwachsene heran.

Reflexartig wich Selina zurück. Dabei berührte ihr Rücken den Stamm eines Baumes. „Ich kenne keinen Kai“, verstellte sie sich.

„Er war der Führer der Gruppe, die euch vor kurzen Angriff“, erläuterte der Junge.

Die Ewiglebende schaute verbissen zu Boden. „Der lebt nicht mehr. Oder glaubst du wirklich wir schenken einen Menschen, der uns töten wollte, das Leben.“, erwiderte die Anführerin.

Der Kämpfer zog sein Schwert. „Lüg nicht. Ich will die Wahrheit!“, fuhr er die engelsgleiche Gestalt an.

Die Angesprochene schüttelte den Kopf. „Wieso sollte ich lügen. Das hätte keinen Sinn.“, widersprach sie den Worten des jungen Menschen.

Mit großen Schritten stand ihr Gegner vor ihr. Gewaltsam drückte er sie gegen den Baum. Mit der linken Hand umfasste er ihren Hals und schob sie leicht nach oben, so dass ihre Füße wenige cm über dem Gras schwebten. „Ich bin nicht hierher gekommen um jemanden zu töten. Sag mir sofort die Wahrheit.“, drohte der Sterbliche. In Selinas Hand blitzte für einen kleinen Augenblick etwas Blaues auf. Blitzartig steckte der Mensch seine Waffe ein und legte seine freigewordene Hand auf die der Elbin. „Lass das“, zischte er der Königin zu Zugleich verstärkte er seinen Druck.

Die Bedrängte musste einsehen, dass sie die Ehrlichkeit sagen musste, wenn sie überleben wollte. „Kai geht es gut. Bis auf einige Verletzungen hat er die Sache gut überstanden.“, erklärte sie.

Der 19jährige ließ sie los.

Röchelnd sank die Ewiglebende auf die Knie.

Der Junge ging ebenfalls in die Hocke. „Danke. Bitte pass ein wenig auf ihn auf. Ach und sei das nächste Mal schneller, dann kannst du mich auch töten“, flüsterte er ihr ins Ohr. Mit diesen Worten stand er auf und verschwand im Schatten der Bäume.

Die Herrscherin hob ihre Hand. Würde sie jetzt einen Wasserstrahl loslassen, würde sie ihn sicher treffen. Doch ohne genau zu wissen warum, verschonte sie sein Leben.
 

Unkonzentriert bestrich sie den Verband mit dem vorbereiteten Gemisch. Egal wie sehr sie auch über den Nachmittag nachdachte, es gelang ihr nicht mal wenigstens eine Antwort auf die vielen Fragen zu finden. Wie konnte er wissen, dass sie gelogen hatte? Nachdenklich betrachtete sie ihre Hände. Als Anführerin der Elben hatte sie die Kraft des Wassers bekommen. Aber dieser Junge, obgleich er nur ein einfacher Mensch war, hatte ihre Magie abgewehrt. Kai drehte sich auf die Seite. Lächelnd betrachtete sie den Verletzten. „Du machst mir ganz schön Probleme“, seufzte sie leise.

Der Junge umkrallte die Decke. Diese verdammten Schmerzen ließen einfach nicht nach.

Selina legte ihm, sorgfältig das Verband um. Mit teils geöffneten Augen beobachtete der Jugendliche sie. Liebevoll legte sie die Decke über den Körper des Kindes. Ein tiefes Mitleid ergriff sie dabei. Jetzt, da er aufgewacht war, musste er sich mit den Schmerzen abfinden. Es konnte ewig dauern, ehe der Schlaf ihn erneut überkommen würde. Geduldig kniete die Königin sich neben dem Lager des Verwundeten. Und auch wenn sie nichts für ihn tun konnte, so würde sie ihn nicht alleine lassen. Obgleich Mirandas Sohn kein Wort des Dankes aussprach, spürte sie, dass er sich über diese Gestik freute.

Orks!

2 Tage verstrichen in denen der 18jährige Gelegenheit hatte sich zu erholen. Obwohl er das untätige Herumliegen satt hatte, hörte er auf die Warnung der Anführerin jegliche Art von Bewegung zu vermeiden. Außerdem sehnte er sich danach in den Wald zugehen. Seit Selina ihn von der Begegnung mit dem jungen Mann in der Nähe des heiligen Sees erzählt hatte, brannte er darauf sich auf die Suche nach den Menschen zu machen. Die Tatsache, dass der Sterbliche nach seinen Wohlbefinden gefragt hatte, ließ Kai hoffen, seinen Freund Jan wieder zu treffen. Sein Blick fiel auf die Elbin, die scheinbar schlief. Er hatte ihr viel zu verdanken. Dennoch sobald es ihm gut ging, wollte er hier weg.

Unruhig drehte sich die Erwachsene auf die andere Seite. Trotz das diese Begegnung mit dem Menschen schon zwei Tage zurücklag, bereitete sie ihr noch immer Kopfzerbrechen. Seufzend erhob die Frau sich. Kai schlief endlich. So konnte sie wenigstens lästige Fragen vermeiden. Schweren Herzens trat sie hinaus in die kühle Nacht. Überdies hatte sie ihren Gefangenen noch nicht gesagt, was ihre Pflicht war. Der Rat hatte ihr fünf Tage Aufschub gewährt. Und wenn kein Wunder geschehen würde, dann gab es für das Kind keine Zukunft mehr. In Gedanken versunken spazierte sie zum heiligen See.
 

Das bezaubernde Angesicht der Elbin spiegelte sich im ungewöhnlich klaren Wasser des Sees. Ein verzerrtes Bild des Mondes auf der Wasseroberfläche beruhigte die Königin ein wenig. „Du kannst wohl nicht schlafen. Ich hoffe es ist nicht meinetwegen.“, unterbrach eine Stimme die Stille.

Die Anführerin wirbelte herum. Der Sprecher saß auf einem Baum, den Rücken gegen den Stamm gelehnt und seinen Blick gen Himmel gerichtet.

„Du bist ja immer noch hier. Ich sagte dir doch bereits, dass es deinem Freund gut geht. Oder spionierst du mir nach?“, entgegnete die Ewiglebende.

Jan wandte seinen Blick vom Himmel ab und schaute ihr in die Augen. „Ich warte auf ihn. Das du mir über den Weg läufst ist dabei nicht meine Schuld. Außerdem musst du dir keine Sorgen machen. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“

Selina verschränke die Arme. „Na da kannst du lange warten“, schoss es ihr durch den Kopf. Für einen kurzen Augenblick wurde es so still, dass der Wind, welcher im vorbeiziehen sanft die Blätter streichelte, deutlich zu hören war. Schließlich lachte die Elbin auf. „Bildest du dir ein, ich vergeude meine Zeit damit, mich um einen Menschen, wohlgemerkt meinen Feind, Sorgen zu machen.“, ergriff sie erbittert das Wort.

Der Krieger lächelte, ersparte es sich aber zu antworten.

„Willst du mich ärgern? Denkst du es macht Spaß sich ständig um Typen aus deinem Stamm kümmern zu müssen und nebenbei immer unbeliebter bei meinem Volk zu werden?“, fuhr sie den Kämpfer aufgebracht an.

Nachdenklich beobachtete der junge Mann die Erwachsene. Selina wich seinem prüfenden Blick aus. Leise fluchend kehrte sie dem Jüngeren den Rücken zu. Schweigend fiel sie auf die Knie. Ihre Hände umkrampften wütend das Gras. Wieso erzählte sie das ihm überhaupt? Ein Gefühl der Schwäche machte sich in ihr breit. War sie überhaupt fähig ein Volk zu führen, wenn sie unaufhörlich sich um das Wohlbefinden der Menschen sorgte? Dutzende Elben verließen sich auf ihre Entscheidung. Doch konnte sie sich richtig entscheiden, wenn ihr Blick so getrübt war. Eine Bewegung hinter ihr riss sie aus dem Gedanken. Aus den Augenwinkeln konnte sie erkennen, wie der 19jährige sich neben ihr hin stellte.

„Du bist schwächer als du aussiehst“, erklärte der Jugendliche, den Blick nicht von dem Wasserfall lassend.

„Das geht dich überhaupt nichts an. Warum kehrst du nicht in dein Land zurück?“, zischte die Elbin dem Jungen wütend zu.

Der wandte sich zum Gehen ab. „Das kann ich nicht so einfach. Dennoch solltest du dir nicht soviel Gedanken machen. Dein Volk würde dir kaum Vertrauen schenken, wenn sie nicht an dich glauben würden.“ Mit diesen Worten ließ er sie allein zurück.

Selina ballte die Hände zu Fäusten. Bildete er sich ein, dass sie seinen Trost benötigte. Überdies musste sie sich nicht von einem Menschen sagen lassen, dass sie schwach war. Was verstand er schon davon, wie es ist über ein Land zu gebieten?
 

Laute Stimmen drangen an das Ohr des Jungen. Nur langsam konnte er die Worte, welche sich ständig wiederholten, zu einem Satz zusammen fügen.

„Orks greifen an“, hallten die Ausrufe verschiedenster Elben ein weiteres Mal durch das ganze Tal.

Sofort war Kai auf den Beinen. Die überhastete Reaktion zerrte an der Wunde, die noch nicht völlig verheilt war. Der Mensch ignorierte den Schmerz. Auch wenn er ihn daran erinnern sollte, dass die Zeit in der er wieder kämpfen konnte, noch nicht gekommen war. Stattdessen griff er nach seiner Waffe. Dabei fiel sein Blick auf einen Bogen und den danebenliegenden Pfeilen. Automatisch schulterte er sich das Schussgerät über. Sein Gefühl sagte ihm, dass er es brauchen würde. Schnellen Schrittes verließ er die Unterkunft der Anführerin. Da Selinas Haus eines der höchsten Plattformen war, gelang es dem Kämpfer leicht einen Überblick über die Schlacht zu gewinnen. In einiger Entfernung entdeckte er die kämpfende Königin, welche zugleich von mehreren Orks angegriffen wurde. Abgelenkt von zwei ihrer Feinde, bemerkte sie nicht den von hinten herannahenden Gegner. Schlagartig wurde dem Sterblichen bewusst, dass seine einzige Chance sie zu retten, einen perfekt gezielten Pfeil abzufeuern, war. Aber aus dieser Entfernung gelang es nur Elben genau zu treffen, da ihnen diese Fähigkeit angeboren war. Sich seiner Sache unsicher spannte er einen Pfeil ein. Niemals zuvor hatte er mit solch einem Geschoß gekämpft. Würde er verfehlen, bestand die Möglichkeit, dass er statt des Ungeheuers die Elbin tötete. Durfte er so ein Risiko überhaupt eingehen? Vielleicht würde jemand aus ihrem Volk sie retten. Der 18jährige schloss die Augen. Und noch bevor er wirklich wusste was er tat jagte der Pfeil durch die Luft.

Selina erschrak als das Geschoss knapp an ihrem Kopf vorbeischoss und ein Ork, der gerade mit seiner gewaltigen Axt ausgeholt hatte, sofort tot umfiel. Verwundert suchte sie mit ihren scharfen Augen die Umgebung aus welcher der Pfeil gekommen sein musste ab. An einer Leiter hinabkletternd entdeckte sie den Menschenjungen. Doch seine Rasse konnte niemals so scharf und mit solch einer Genauigkeit aus dieser Entfernung schießen es sei den er… Ihr Gedanke wurde von einem angreifenden Feind unterbrochen.

Kai versuchte zu dem angrenzenden Wald zu gelangen. Dabei wich er soviel wie möglich den Kämpfen aus. Denn die aufgerissene Wunde zerrte an seinen Kräften, die er sich nun für den Anführer der Meute aufheben musste. Sobald der Leiter des Angriffs besiegt war, würde sie sich instinktiv von alleine zurückziehen. Um dies zu vermeiden, versteckte sich der Haupt-Ork meist. Eine gewaltige Axt schlug knapp vor seinem Körper ein. Erschrocken starrte der Junge dem Geschöpf in die mordlustigen Augen. Das Monster holte ein weiteres Mal aus. Ein schwarzer Schatten verdeckte sekundenlang die Sonne.

Die Kreatur schrie auf. Seine Hände umklammerten den Wolfskörper. Mit aller Kraft wollte er das lästige Anhängsel loswerden. Allerdings blieben seine Versuche erfolglos und so verließ ihn, nachdem das Tier seine scharfen Zähne tief in die Haut gebohrt hatte, das Leben. Nach einer freudigen Begrüßung von Seiten Kamuis bestieg der Jugendliche seinen längst vermissten Freund. „Wir haben jetzt keine Zeit für so etwas. Bitte bringe mich so schnell wie möglich zum Boss, wenn du seine Fährte aufgenommen hast.“, befahl er dem Gefährten. Geschickt bewegt Kamui sich durch die Menge. Jedoch lenkte er kurz vorm Beginn des dichten Gehölzes ab, da seine feine Nase den Geruch von Blut eines Mädchens aufgenommen hatte. Jenes Mädchen welches sich in der Abwesenheit seines Herrn so liebevoll um ihn gekümmert hatte. Neben einer jungen Elbin kam der Wolf endlich zum Stillstand. Hechelnd wartete er bis sein Besitzer abgestiegen war und neben der sitzenden Bogenschießerin in die Hocke ging.

Überglücklich fiel Maia dem Krieger um den Hals. „Es ist so schön dich wieder zu sehen“, hauchte sie beseligt.

Der Teenager befreite sich aus ihrer Umarmung. „Bist du schwer verletzt?“, lenkte er besorgt ein.

Die Angesprochene schüttelte den Kopf. „Mir geht es gut. Die Kämpfe sind zurzeit mehr im inneren des Dorfes. Deswegen bin ich hoffentlich erstmal sicher. Aber die anderen .“ Selinas Stammesangehörige hielt inne. Tränen stiegen in ihr hoch. Betrübt wendete sie ihren Blick von dem Menschen ab und es schien als würde allein der Gedanke daran mehr Schmerzen als jede ihrer Wunden verursachen.

Mirandas Sohn erhob sich. „Ihr werdet es schaffen. Sei unbesorgt.“, munterte er die Trauernde auf, obwohl er seinen Worten selbst keinen Glauben schenkte. Er hatte gesehen das die Bewohner des Dorfes bald am Ende ihrer Kräfte waren. „Kamui“

Das Tier hörte auf, als er seinen Namen aus dem Munde seines Kameraden vernahm.

„Bleib hier. Pass auf Maia auf. Und wage es dir nicht mir zu folgen“, kommandierte er das Geschöpf. Trotz dass das Wesen spürte, dass Kai nicht bei völliger Gesundheit war,

akzeptierte er den Befehl des Jungen. Sein Instinkt sagte ihm, dass er ihm vertrauen musste.

Ohne ein weiteres Wort verschwand der Kämpfer zwischen den Bäumen.
 

Ismael zog zum wiederholten Male den Dolch aus einem Ork. Für einen kurzen Augenblick betrauerte er das sinnlose Blutvergießen. Aber ihm blieb keine Wahl. Er musste seine Heimat verteidigen. Ein weiterer Feind kam auf ihn zugestürmt. Leider bemerkte der elbische Kämpfer erst zu spät die herannahende Bedrohung zu seiner rechten. Mit der Angst lebend, in wenigen Atemzügen nicht mehr am Leben zu sein, schloss er die Augen. Erst das Geräusch zweier aufeinander schlagender Waffen gaben ihn den Mut die Augen zu öffnen. Ein ebenfalls junger Krieger drückte mit Hilfe seines Schwertes der gewaltigen Macht der Axt entgegen. Anfangs gewann der Ork welcher durch die Energie und die Geschwindigkeit mit der er zugeschlagen hatte, dem verteidigenden im Vorteil war die Oberhand.

Der 19jährige stemmte sich gegen den Boden, sodass es ihm schließlich gelang den Gegner kraftvoll zurückzuschlagen.

Mit offenem Mund bestaunte der Elb seinen Beschützer. Schon allein die Tatsache, dass ein Mensch in diesem Dorf war, verwunderte ihn. Doch das er ihn auch noch rettete, schien nahezu unglaublich.

Blitzschnell tötete Jan den Ork und noch bevor Ismael ihn seinen Dank überbringen konnte, verschwand er wieder.

Verletzungen

Da ich bis jetzt nur eine Leserin hab, vielen Dank übrigens dafür Dat_Minni_Chi, dass du es überhaupt liest, spar ich mir die großen Vorworte und wünsch wenigstens dir viel Spaß beim Lesen:
 


 

Allmählich verlangsamte Kai sein Tempo. Sein Gefühl sagte ihm, dass sein Gegner ganz in der Nähe war. Wachsam umherblickend wanderte er durch den dichtbewachsenen Wald. Besorgt streifte sein Blick den Weg von welchen er gekommen war. Hoffentlich würden die Elben solange durchhalten bis er den Anführer gefunden hatte. Mit gesenktem Haupt folgte er weiter dem engen Pfad, in dem Glauben, dass auch der Ork diesen Weg gegangen war. Ein Scharren ließ ihn aufhorchen. Noch im selben Augenblick spürte er den fauligen Atem des Orkes in seinem Nacken. Ruckartig wirbelte Kai herum. Jedoch reagierte die Kreatur schneller. Seine großen Hände umfassten den Hals des Kriegers.

Wütend hob das Monster den 18jährigen in die Höhe. Mit seiner freien Hand boxte es den bereits Verletzten in den Bauch.

„Verdammt!“, fluchte der Angegriffene leise. Er durfte auf keinen Fall verlieren. Die Bilder der verletzten Elben, von Maia, die ihr Volk schon aufgegeben hatte und Selina, welche er damals so enttäuscht hatte, drangen in sein Unterbewusstsein. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er würde sich bestimmt nicht von einem Ork besiegen lassen. Weder heute noch in der Zukunft.

Sein Gegner, dessen IQ scheinbar nicht sehr hoch war, überlegte eine Weile ratlos, was er jetzt mit seiner Beute tun könnte um noch ein wenig Spaß mit ihr zu haben.

In diesem Moment gelang es dem Krieger an sein Schwert heran zu kommen. Die Spitze der Klinge bohrte sich in den Schädel des Monsters.

Blind vor Wut schleuderte der Getroffene den Jungen gegen einen Baum. Das Blut rann über die Stirn in eines der Augen der Kreatur. Aufschreiend schlug der Anführer mit seiner Axt nach Mirandas Sohn, dem es nur knapp gelang sich zur Seite zu rollen. Knarrend fiel der Baum um. Das Geschöpf schwang seine Waffe ein weiteres Mal. Hier ging es ums überleben und er würde den Menschen töten. Koste es was es wolle!

Während der Boss gehässig grinste, überlegte der Sterbliche fieberhaft nach einem Ausweg. Seine Verletzungen waren zu stark, als dass er weiterkämpfen konnte, sein Schwert lag zu weit weg. So unbewaffnet gab es keine Möglichkeit sich zu wehren. Unbewaffnet? Er besaß noch die Pfeile. Eilends nahm er einen zur Hand.

Abwertend betrachtete der Ork das Geschoss. Auch wenn er keine große Intelligenz aufwies, war ihm doch klar, dass der am Boden liegende aus der Entfernung mit einem Wurf keinen nennenswerten Schaden anrichten konnte. Dafür war seine Haut zu hart.

Selbst der Jugendliche setzte keine große Hoffnung auf seine Idee, dennoch schleuderte er den Pfeil so kraftvoll wie möglich gegen seinen Konkurrenten.

Der Anführer lachte.

Bittend schloss der Junge die Augen.

Das Lachen erstarb. Das Holz hatte sich, sei es Zufall oder Schicksal, in die bereits vorhandene Wunde gebohrt. Das Wesen taumelte rückwärts. Für einen Moment sah es so aus, als würde das Geschöpf tot umfallen. Doch dann schüttelte der Getroffene benommen den Kopf.

Geschafft fiel Kais Haupt in das weiche Moos. Noch einmal würde ihm so ein Treffer nicht gelingen. Die Kreatur wollte einen erneuten Angriff starten, doch ein Schwert vollendete sein Leben.

Ruckartig zog Jan seine Waffe wieder aus dem Ork. „Mistvieh!“, verdammte er das Monster. Sich nicht weiter um seinen Feind sorgend, stürzte er zu seinen Freund.

Mit letzter Kraft griff der Verwundete nach der Hand des Älteren. „Schön dich zu sehen Kumpel.“, brachte er stöhnend hervor.

Widerwillig befreite der 19jährige sich aus dem Griff. „Red nicht, du musst dich schonen. Wir können uns später noch unterhalten.“, erklärte der junge Mann.

„Ich habe dich vermisst.“, sprach Kai, die Warnung missachtend, weiter.

Der Sterbliche seufzte. „Sei endlich still! Oder willst du gerne sterben?“, wiederholte der Junge besorgt.

Der Jüngere schloss die Augen.

Vorsichtig legte sein Gefährte die Wunde frei. Mit seinem Schwert entfernte er dabei den älteren Verband.

Kai biss sich in den Arm um nicht schreien zu müssen.

Ein Scharren ließ seinen Retter aufhorchen. Ruckartig wirbelte der Krieger herum. Dennoch traf die schwere Axt seine rechte Schulter. Das Geschöpf hatte seine letzten Kräfte gesammelt nur um Rache nehmen zu können. Reaktionsschnell hatte der Attackierte sein Schwert zur Hand und schlug dem Boss den Kopf ab. Endgültig besiegt stürzte das Wesen zur Erde. Doch sein Angriff hatte einen tiefen Einschnitt in der Schulter des Jugendlichen verursacht. Schmerzerfüllt sank der Teenager auf die Knie. Mit seiner Hand verhinderte er, dass er flach auf den Boden fiel. Die Zeit schien stillzustehen. Seine Umgebung entfernte sich vor seinem Auge. Erst ein tiefer Seufzer seines Kameraden holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Mühevoll verdrängte er den Schmerz. Sein Freund brauchte seine Hilfe.

Hufgetrappel erfüllte den Wald. Jan griff nach seinem Schwert. „Ausgerechnet jetzt!“, schoss es ihm durch den Kopf. Aber als ein Wolf aus dem Gebüsch auftauchte, legte er die Waffe beiseite. Dicht hinter dem Tier her folgte Selina auf ihrem Pferd und eine weitere Elbin, die der Mensch nicht kannte.

Das Mädchen nahm sofort nachdem sie den Sterblichen erblickt hatte ihren Bogen zur Hand. „Was hat noch ein Mensch hier zu suchen?“, fragte sie an ihre Herrin gewandt.

„Mach dir keine Sorgen Maia, er wird niemanden etwas tun. Ich erkläre dir später alles.“, antwortete die Königin. Wortlos stieg sie vom Pferd und half Kais Gefährten den Verletzten auf Luna zu heben. Daraufhin ritt der Mensch mit seiner Wölfin Seraphime davon. Selina schaute ihm nach. Sie war sich sicher ihn an ihrem Haus wieder zu treffen.
 

Seufzend erhob die Ewiglebende sich. „Ich fürchte mehr kann ich nicht für ihn tun. Ob er überleben wird, hängt von ihm ab.“, erklärte die Erwachsene Maia und Jan, die sich kurze Zeit später in ihrer Hütte eingefunden hatten.

Die junge Elbin nickte dankbar. „Schläft er wenigstens?“, entgegnete das Mädchen. Traurig schüttelte die Anführerin den Kopf.

„Jan, ich muss…“, unterbrach Kais zitternde Stimme ihr Gespräch.

Sein Freund, der scheinbar in Gedanken versunken gewesen war, schaute den Verletzten kurz an. Dabei spürte er Selinas und Maias prüfenden Blick. Genervt stieß er sich von der Wand ab. Konnten sie ihn nicht in Ruhe lassen?

Die junge Elbin schenkte ihre Aufmerksamkeit wieder dem 18jährigen.

Ihre Herrin hingegen schaute dem jungen Mann nach. Entschlossen trat sie ebenfalls an die Tür. „Pass bitte kurz auf Kai auf. Ich bin gleich wieder da.“, bat sie die Angehörige ihres Volkes. Ihre Untergebene nickte zwar ergeben, fragte sich jedoch insgeheim was ihre Königin vorhatte. Wie der Mensch sich verhielt, konnte der Herrscherin doch egal sein.
 

Leicht tauchte der Jugendliche seine Hand in das klare Wasser. Die kalte Flüssigkeit schien seine Lebensgeister wieder zu wecken. Besorgt betrachtete er die Wunde. Sie schien tiefer zu sein als er anfangs vermutet hatte. Bis jetzt war es ihm zwar gelungen den Schmerz zu ignorieren, aber es war nur noch eine Frage der Zeit, dann würde die Verletzung ihm das Bewusstsein nehmen. Allerdings müsste die Zeit ausreichen um die Schulter zu verarzten. Selinas Spiegelbild erschien im Wasser. Automatisch nahm der Mensch die Hand von der Wunde, in der Hoffnung die Elbin möge sie nicht gesehen haben. „Was willst du?“, ergriff er das Wort.

Die Angesprochene lächelte. „Dir helfen.“, konterte sie

Der Krieger lachte spöttisch auf. „Wie kommst du darauf, dass ich deine Hilfe benötige?“, erkundigte er sich spitz.

Die Unsterbliche zuckte mit den Schultern. „Es ist nur eine Vorahnung, aber ich glaube du bist verletzt.“ Noch während sie sprach wanderte ihr Blick zu seiner Schulter.

Der Kämpfer erhob sich. „Danke ich kann auf mich selber aufpassen.“, erwiderte der Junge. Die Frau schüttelte den Kopf. „Du solltest deine Verletzung ernster nehmen. Lass mich sie verbinden.“, versuchte sie es erneut.

Jan stöhnte. „Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt. Ich benötige keine Hilfe und erst recht nicht von einer Elbin!“, fuhr er die Erwachsene an.

Verwundert betrachtete die Ewiglebende den 19jährigen. „Wäre es denn von einem Menschen etwas anderes.“, spielte sie überrascht an. Bis jetzt hatte sie gedacht, er würde keine Unterschiede zwischen den Völkern setzten. Ansonsten hätte er sich in dieser Welt nicht so friedlich verhalten oder gar ihrem Stamm seine Kampfkünste in der Schlacht zur Verfügung gestellt.

Die Frage blieb unbeantwortet. Der Sterbliche wandte sich zum Gehen ab. „Häng dich nicht in Angelegenheiten rein, die dich nichts angehen.“, fügte er noch hinzu, bevor er verschwand. Selina schaute ihm wütend nach „So ein sinnloser Stolz nützt dir auch nichts, wenn du stirbst. Vielleicht solltest du ihn einfach mal überwinden.“, schrie sie in die Richtung, in welche er gegangen war. Schlagartig wurde ihr wieder klar, warum sie keine Menschen mochte.

Aus dem See ertönte ein seltsames Grollen. Die Königin verengte ihre Augen zu Schlitzen. „Du brauchst nicht zu lachen!“, fuhr sie das Geräusch an. Mit diesen Worten kehrte sie zu ihrer Hütte zurück.
 


 

Seraphime trottete langsam neben ihren Herrn. Der Wald verdichtete sich allmählich und über dem Elbenland brach gleichzeitig die Dunkelheit heran. Ein unerwarteter Schmerz durchzog den Körper des jungen Kriegers. Jan musste sich eingestehen, dass er die Verletzung unterschätzt hatte. Obwohl erst wenige Stunden seit ihrer Entstehung vergangen waren, zerrte sie an seinen Kräften. An einer über den Boden wuchernden Wurzel ließ er sich nieder.

Die Wölfin drehte ein paar Runden um den Baum, bevor auch sie sich zu seinen Füßen niederließ.

Der Mensch atmete tief durch.

Das Tier blickte auf. Besorgnis spiegelte sich in ihren Augen. Die Unsicherheit ob es ihrem Besitzer gut ging und wie sie ihm helfen konnte, ließ ihr Herz nicht zur Ruhe kommen. Liebevoll fuhr der 19jährige dem Geschöpf über den weichen Kopf.

Fiepend leckte das Wesen die ihr entgegen gestreckte Hand.

„Mach dir keine Sorgen, wir legen nur eine kleine Rast ein.“, flüsterte er der Kreatur zu. Das Tier legte den Kopf zwischen die Pfoten.

Jan sah ihre zweifelnden Augen, aber er konnte es ihr nicht verübeln, er glaubte es sich noch nicht einmal selbst.

Leichte Tropfen fielen vom Himmel und schon kurze Zeit später erfrischte ein heftiger Regenguss den alten Wald. Ein weiteres Mal durchfuhr ein schrecklicher Schmerz den Körper des Jungen, so dass er reflexartig die Wunde mit der Hand. verdeckte. Den Kopf in den Nacken legend, schloss er kurz die Augen. Wie ein Gedankenblitz erschien Selinas Bild. Wütend verdrängte er die Erinnerung. Wieso musste er ausgerechnet jetzt, wo er genügend andere Probleme hatte, an sie denken Auch wenn sie mit ihren Worten nicht ganz Unrecht hatte, musste sie sich nicht in fremde Angelegenheiten einmischen. Außerdem war es inzwischen sowieso zu spät ihren Rat zu befolgen. Egal wie sehr er gegen die herandrohende Ohnmacht ankämpfte, lange konnte er sie nicht mehr zurückhalten.

Seraphime sprang auf. Ihre empfindlichen Ohren hatten ein fremdes Geräusch wahrgenommen. Doch noch bevor der Auslöser dieser Laute den Menschen erreichte, verlor Kais Freund sein Bewusstsein.
 

Nachdenklich beobachtete Selina vom Fenster aus den Regen, der seit mehreren Minuten über das Dorf fiel. Nach langem Zureden war es ihr endlich gelungen das Mädchen nach Hause zu schicken. Allerdings hatte sich während des Gespräches mit Maia ihre Vermutung bestätigt, die Elbin war in Kai verliebt. Und auch wenn der Mensch für ihr Volk war, konnte sie es dennoch nicht gestatten. Abgesehen davon musste sie aufpassen, dass sie nicht den gleichen Fehler wie ihre Stammesangehörige beging. Denn aus unerklärlichen Gründen machte sie sich Sorgen um Jan, der seit ihrem Gespräch am See verschwunden war. Wieso hatte sie ihm geraten seinen Stolz zu überwinden, obgleich es nicht mal ihr gelang. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie ihn suchen sollte, Aber wenn sie das tun würde, käme der Verdacht auf, dass sie ihm nachliefe. Trübselig stütze sie ihren Kopf in die Hände. Anderseits war er alt genug um auf sich selbst aufzupassen. Sicherlich würde er bald wieder auftauchen, zumindest hoffte sie das.

Der Auftrag

Leises Tropfen verriet das der Regen durch eine Spalte in die Höhle gelang. Der Verletzte legte seine Hand unbewusst auf die Schulter.

Seine Retterin, die den größten Teil der Zeit an seinem Lager verbracht hatte, erhob sich. Endlich nach dem zwei Tage verstrichen waren, erwachte der Mensch aus seinem unruhigen Schlaf. Und auch wenn er anfangs ein wenig benommen sein würde, so könnte sie dennoch bald mit ihm reden.

Jan drehte sich erschöpft auf die Seite. Sein Körper schien noch immer nicht bei vollen Kräften zu sein. Die Schritte der Person, die ihm geholfen hatte, hallten in dem Bau wieder. Der Jugendliche öffnete die Augen einen Spalt, so dass er nur das Moosbett auf welchen er lag im Blick hatte. Auch wenn er dem Wesen sein Leben verdankte, war es nicht in seinem Sinn sich mit ihm zu unterhalten. Er hasste es, wenn er so schwach war. Allerdings nützte ihm dieses Gefühl ja doch nichts. Bis er nicht wenigstens wieder stehen konnte, musste er Geduld haben.

Das weibliche Geschöpf beobachtete aus den Augenwinkeln das Menschenkind. Trotz das er die Augen geöffnet hatte, schien er noch nicht bereit zu sein, sich mit ihr zu unterhalten. Aber sie wollte ihn zu nichts zwingen. Schon allein dass seine Augen so traurig, so gequält aussahen, hielten sie von einer übereilten Handlung ab. Wahrscheinlich musste er erst mit sich selbst im Klaren sein, bevor er ihr zeigen würde, dass es ihm besser ging. Solange würde sie warten. Mit diesen Gedanken ging sie ihrer Tätigkeit geduldig nach.
 

Jans Helferin, welche für kurze Zeit ihre Behausung verlassen hatte, kehrte zufrieden in ihren Unterschlupf zurück. Als sie das Zentrum der Höhle betrat, musste sie überrascht lächeln. Der Junge saß, die Beine an den Körper gezogen, auf seinem Bett. Dennoch war er mit dem Gedanken weit weg. Die Frau verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Eine kleine Wasserfontäne schoss knapp neben dem Krieger in die Höhe.

Der junge Mann sah auf und somit direkt in die Augen seiner Pflegerin. Erst jetzt, wo er die ungewöhnlich schöne Gestalt anblickte, spürte er, dass es weder Mensch noch Elb war. „Was willst du?“

Das Geschöpf lächelte zwar, blieb aber dennoch stumm.

„Ich danke dir für deine Hilfe, auch wenn ich nicht weiß, warum du das getan hast.“, ergriff der Sterbliche wieder das Wort.

„Braucht es einen Grund jemanden zu helfen?“, erwiderte die Angesprochene.

Der Kämpfer verfiel wieder in seine alte Position zurück. „Eigentlich nicht. Und trotzdem helfen viele nicht freiwillig“

Das Wesen lachte freundschaftlich. „Da hast du wohl Recht Doch ich bin für das Elbenland verantwortlich. Sicherlich bist du der Erste dem ich direkt das Leben gerettet habe, aber alles hat seinen Grund.“, konterte die Frau.

„Du bist diese Göttin Anarcia die einige der Elben noch anbeten.“, stellte der Verletzte trocken fest.

Die engelsgleiche Gestalt schwebte neben ihm und ging in die Hocke. „Du scheinst nicht sonderlich beeindruckt. Andere wären froh wenn sie der Behüterin des Landes gegenüber stehen dürften.“

Jan lachte verbittert auf. „Ich kann ja noch nicht mal stehen“, behauptete er ungerührt. Anarcia drehte den Kopf des Kriegers in ihre Richtung. Obgleich Jans solche Art von Berührung nicht leiden konnte, wehrte er sich nicht dagegen. Die Aura, die die Göttin ausstrahlte zog ihn in einem Bann.

„Sag mir wieso du mich gerettet hast?“, versuchte er die Stille zu stören.

„Ich war mir nicht sicher, aber als du vor mehreren Tagen unser Land betratest, vernahm ich die Ankunft einer neuen Kraft. Noch schläft sie und wir können nur hoffen, dass sie rechtzeitig erwacht. Aus diesem Grunde konnte ich dich nicht sterben lassen.“, erklärte die Ewiglebende.

Grob schlug der Mensch die Hand des Geschöpfes zur Seite. „An so einen Unsinn glaube ich nicht. Neue Kraft. Du müsstest dich selbst mal Reden hören.“

„Du spottest meiner. Vergiss nicht wer ich bin“, drohte die Frau.

Der 19jährige warf einen Seitenblick auf die Verletzung. Anarcia verstand die Gestik und atmete tief durch. „Schone dich noch ein wenig. Deine Wunde bereitet dir noch zu große Schmerzen. Lass uns zu einem anderen Zeitpunkt darüber reden.“ Mit diesen Worten verschwand sie vor seinen Augen. Doch selbst wenn er sie nicht sehen konnte, sagten ihm seine Sinne, dass sie dennoch anwesend war. Dessen ungeachtet ließ er sich zurück ins Lager sinken.
 

Im wilden Galopp durchforstete Luna die Wälder. Nachdem sie drei Tage Ruhe gehabt hatte, genoss sie die Bewegung. Unbemerkt streifte der Blick der Königin am Gebüsch entlang. Ihr Mitreiter durfte nicht bemerken, dass sie nach einen Menschen suchte.

Ismael, der die Anführerin überraschend zu einem Ausritt eingeladen hatte trieb sein Reittier auf gleicher Höhe mit der Erwachsenen. „Selina ich muss dringend mit dir Reden“, ergriff er das Wort.

Wie auf Kommando verfielen die Pferde in den Schritt.

Die Frau lächelte aufmunternd. „Was ist Ismael? Deine Stimme klingt besorgt.“, kam die Elbin ihm entgegen.

Betreten schaute der Junge in den Himmel.

Die Herrscherin spürte wie unangenehm ihm dieses Gespräch war. Deswegen wartete sie geduldig bis ihr Stammesangehöriger die richtigen Worte gefunden hatte.

Der junge Elb dankte es ihr innerlich. „Vor kurzen, als Orks unser Dorf angriffen, wäre ich beinahe gestorben.“, fing er schließlich an zu erzählen.

Selina nickte. Auch wenn es für den Jugendlichen ein Schrecken gewesen war, so geschah derartiges des Öfteren. Aus diesem Grund überraschte sie diese Nachricht nicht sonderlich. „Mach dir keine Sorgen. Du hast es überlebt, dazu noch unverletzt, es hätte auch schlimmer kommen können“, versuchte sie ihren Mitreiter zu beruhigen

Der Ewiglebende schüttelte den Kopf. „Du verstehst mich falsch. Darum geht es mir nicht. Ich überlebte, weil ein Mensch mich rettete. Ausgerechnet ein Mensch.“

„Dann wurdest du wahrscheinlich von Kai beschützt. Er war an diesem Tag mit beim Kampf dabei.“, erläuterte die Unsterbliche.

Der Elb biss sich auf die Lippen. „Das hatte ich auch gehofft, anfangs zumindest. Doch nach reichlichem Nachdenken fiel mir das Gesicht, welches auf Grund des Schreckens in Vergessenheit geraten war, wieder ein. Er war es nicht. Das allerdings ist es nicht was mich stört. Mein Retter trug ein Zeichen auf dem Arm und obwohl ich es noch nie zuvor gesehen habe, bin ich mir sicher dass es zu der königlichen Familie gehört.“ Ismael hielt im Reden inne um die Reaktion der Älteren zu sehen.

Selina fuhr ihrem Pferd liebevoll durch die Mähne. „Glaubst du wirklich, dass der König, bzw. ein Nachfolger von ihm in unserem Wäldern herumstreunt und dazu noch einen Elben rettet?“, stellte sie als Gegenfrage.

„Ich hoffe es zumindest nicht. Wenn ich mich aber nicht getäuscht habe, könnte unser Volk ziemliche Probleme bekommen.“

„Sicher irrst du dich. Immerhin konntest du nur einen kurzen Blick darauf werfen.“, entgegnete sie ruhig.

Der Junge nickte verunsichert. Dennoch würde er in nächster Zeit wachsamer sein.
 

„Steh auf Jan“, hauchte eine angenehme Stimme leise.

Der Jugendliche erhob sich langsam. Die Verletzung war dank Anarcia schnell geheilt. Wenn er in nächster Zeit nicht kämpfen würde, dürfte die Wunde bald vollständig verschwunden sein.

Die Göttin entfernte sich abermals von dem Lager des Jungen.

„Wieso hast du mich geweckt?“, fragte er an die Bewacherin der Elben gewandt.

Die legte den Finger auf die Lippen und deutete an ihr zu folgen. Wortlos führte sie den jungen Krieger durch ein kompliziertes System von Hohlengängen.

Aufmerksam beobachtete der Mensch die Zeichen, welche er nicht entziffern konnte. Scheinbar stammten sie aus einer längst vergangenen Zeit. Vor einem Wasserloch blieb die Ewiglebende stehen. „Ich will dir etwas zeigen. Sieh bitte in das Wasserloch“, erklang ihre wohltuende Stimme.

Der 19jährige ging in die Hocke. Ein schlangenähnliches Tier lag regungslos in der Flüssigkeit. Fragend blickte der Teenager auf.

„Was du hier siehst ist der neue Wassergott. Der Alte ist zu schwach um weiter über das Wasser zu wachen. Zwar sieht er nicht besonders stark aus, aber sobald er die Kräfte seines Vorgängers erhalten hat, kann er für das Wohl der Völker sorgen.“

„Weshalb zeigst du mir das? Denkst du ich interessiere mich dafür“, konterte ihr Gegenüber genervt.

„Ich möchte dich um einen Gefallen bitten. Der Kräfteaustausch kann nur zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeführt werden. Jedoch hat eurer König davon gehört. Sicherlich wird er versuchen das Ereignis zu verhindern, denn damit würde er die Elben erheblich schwächen. Deshalb möchte ich dich bitten auf den Kleinen aufzupassen.“

„Vergiss es, ich spiele nicht den Beschützer für ein Baby. Abgesehen davon kannst du das auch selber machen“, protestierte der Kämpfer.

„Ich wünschte ich könnte auf ihn aufpassen, aber zu diesem Zeitpunkt werde ich nicht anwesend sein. Und du schuldest mir noch einen Gefallen, immerhin habe ich dir dein Leben gerettet. Noch dazu habe ich den Verband so gelegt, dass er dein Zeichen vor den Blicken der Elben verdeckt. Oder was glaubst du wie sie reagieren würden. wenn sie deine wahre Identität kennen würden. Dann müsstest du nach Hause zurückkehren, denn kein Elb würde deine Anwesenheit dulden, nicht Mal Selina.“, erklärte sie sicher.

Jan drehte sich von ihr ab. „Wenn du doch weißt, wer ich bin, wieso verlangst du dann das ich mich gegen meinen Verwandten stelle. Außerdem gehöre ich noch immer dem Volk der Menschen an. Wenn ich dir diesen Gefallen tun würde, verrate ich mein Volk.“, fiel er der Göttin ins Wort.

Für einen Moment zweifelte die Frau ob es richtig war einen Menschen zu retten. Aber als sie in die Augen des Kriegers blickte gewann sie ihre alte Sicherheit wieder. „Ich hätte dich nicht am Leben erhalten, wenn ich nicht geglaubt hätte, dass du mir nützlich bist. Dein König will die Elben auslöschen und du musst es verhindern. Ich weiß das du nichts gegen dieses Volk hast.“, versuchte sie es erneut.

Der Sterbliche griff sich an die Stirn. „Was erwartest du von mir. Soll ich den Herrscher meines Volkes auch noch töten.“, fuhr er die Göttin an.

Anarcia blickte die kleine Kreatur mitleidig an. „Überleg es dir noch mal.“ Ihre Worte wurden durch eine Erschütterung unterbrochen Entsetzt schloss die Unsterbliche die Augen. „Oh nein, er ist hier. Du musst jetzt verschwinden.“, mahnte sie den jungen Mann.

Blitzschnell zog der Mensch seine Waffe. Eine unglaubliche Macht näherte sich den beiden.

Die Behüterin des Landes baute sich vor dem Jugendlichen auf. „Tut mir Leid, noch ist es nicht die Zeit dafür.“ Noch bevor sie zu Ende gesprochen hatte, berührte sie Jans Kopf und der Teenager verschwand vor ihren Augen. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass sie sich nicht in ihn getäuscht hatte.
 

Unsanft landete der 19jährige an dem heiligen See. Besorgt blickte er in den wolkenlosen Himmel. Hoffentlich ging es Anarcia gut. Dieses Wesen, was immer es auch war, schien nicht in guter Absicht gekommen zu sein. Wahrscheinlich musste er warten, bis er wieder ein Lebenszeichen von der Göttin vernahm. Bis dahin hatte er genügend andere Probleme. Denn die Entscheidung wie er nun handeln sollte, bereitet ihn Kopf zerbrechen.
 


 

Kai schlenderte durch den Wald. Seit die Elben dachten, er habe den Orkanführer getötet ließen sie ihn frei gewähren. Eigentlich wäre er schon längst in die Menschenwelt zurückgekehrt, doch vorher wollt er seinen Freund ausfindig machen. Zwar teilte er nicht Selinas Sorge, da er Jan gut genug kannte, um zu wissen, dass er selbst auf sich aufpassen konnte, dennoch wollte er ihn schnellstmöglich finden. Denn die Aussicht mit seinen Kameraden, welchen er solange nicht gesehen hatte, vereint zu sein, trieb in ihm eine Vorfreude wie die eines kleinen Kindes hoch. Hufgetrappel riss ihn aus seinen Gedanken. Kurze Zeit später hielt Selina neben ihm. Liebevoll streichelte Kai über Lunas Kopf.

„Endlich habe ich dich gefunden. Ich möchte mit dir sprechen“

Angesichts der ernsten Stimme der Elbin erstarb das freundliche Lächeln des Jugendlichen. Die Anführerin stieg vom Pferd und ließ es in Ruhe grasen. Die zwei setzten sich auf einen umgekippten Baumstamm.

„Schieß los“, eröffnete der 18jährige das Gespräch.

Die Erwachsene zog die frische Luft verbittert durch die Zähne. „Du musst in dein Land zurückkehren, heute noch.“, erklärte sie.

Mit offenem Mund starrte der Teenager die Frau an. „Aber wieso?“, forschte er erschrocken nach.

„Du bist ein Mensch und gehörst nicht hierher. Der hohe Rat duldet dich nicht länger“, verkündete die Königin.

Mirandas Sohn kickte einen abgebrochenen Ast gegen einen Baum. „Verdammt Jan ist doch noch hier“, überlegte er laut.

„Sei dir da nicht so sicher. Ich meine er ist schon ziemlich lange weg, wahrscheinlich ist er schon wieder zu Hause.“, widersprach sie dem Jungen. Während sie dies sagte, fielen ihr die Worte von Jan wieder ein. In dieser Nacht am See hatte er ihr gesagt, er könnte nicht so einfach zurückkehren. Bis heute wusste sie nicht, wie er das gemeint hatte.

„Ich kann wohl nichts gegen das harte Urteil deines Volkes sagen. Allerdings habe ich noch eine Frage. Als ich euer Dorf, verzeih das ich wieder davon anfange, angreifen wollte überkam mich ein Schwächeanfall. Kannst du mir vielleicht inzwischen erklären weshalb meine Kräfte mich gerade in diesem Moment verließen?“

„Tut mir Leid, dass weiß ich noch immer nicht. Frag deinen König, ich habe die Vorahnung er kennt die Antwort auf deine Frage.“

Mirandas Sohn lächelte dankbar. Schweigend stand er auf und begab sich auf den Weg seinen Wolf zu holen.

„Ach ich habe noch eine Bitte. Denk nicht dass ich dir böses will, aber wage es dir nicht Maia als Freundin zu nehmen. Sie gehört zu meinem Stamm und ich werde es nicht erlauben, dass ein Mensch ihr weh tut. Vergiss nicht sie ist unsterblich im Gegensatz zu dir.“, rief sie ihm nach.

Ruckartig blieb der Krieger stehen. Musste sie ihn daran erinnern, dass er ein Mensch war. „Es geht dich nichts an in wen ich mich verliebe. Sie ist alt genug um selbst zu entscheiden“, fuhr er die Elbin gekränkt an. Wütend verschwand er Richtung Dorf. Trotz seiner Reaktion verspürte Selina, dass er sie verstanden hatte.

Herkunft?!

Verträumt schmiegte die Elbin ihren Kopf an Kamuis weiches Fell. „Du bist so niedlich Kleiner“, flüsterte sie dem Tier in die aufgerichteten Ohren. Die Kreatur spähte an dem Mädchen vorbei. Sein Herr pfiff kurz und der Wolf befreite sich aus ihrem Griff und rannte zu ihm. „Schön, dass du wieder da bist. Hast du deinen Freund gefunden?“, begrüßte sie den Gleichaltrigen.

Der erfreute Unterton in ihrer schönen Stimme erschwerte ihm den Abschied. Dennoch ignorierte er ihre Worte. Schweigend bestieg er sein Reittier.

„Ist alles in Ordnung?“ Maia stand inzwischen direkt neben ihm.

„Lass mich in Ruhe!“, knurrte der Teenager verbittert.

Das Mädchen baute sich vor der Kreatur auf, so dass Kamui nicht vorwärts gehen konnte. „Gibt es einen Grund für dein Verhalten? Du kannst mit mir darüber Reden.“, entgegnete sie. Der Junge spürte einen Kloß im Hals. Es tat ihm Leid sie ohne jegliche Erklärung zurück zu lassen. Aber sie würde, auch wenn sie ihre Königin verehrte, ihrem Herzen anstatt ihrem Verstand folgen.

„Geh zur Seite!“, befahl er grob.

Widerspenstig packte sie ihn beim Arm. „Sag mir was los ist!“, verlangte die Bogenschießerin bestimmt.

Wortlos starrte Kai nach vorne. Er hatte nichts was er ihr in diesem Moment sagen könnte. Selina wollte verhindern, dass er Maia wehtat, dafür war es zu spät. Das einzige was er tun konnte, war zu verschwinden ehe auch sein Herz sich nicht mehr von ihr losreißen konnte. Ihre Augen füllten sich mit Wasser. „Ich dachte du seiest mutig und jetzt kannst du mir nicht Mal gestehen, dass du Abschied nimmst und in deine Welt zurückkehrst.“, schrie sie den Jugendliche mit zitternder Stimme an.

Mirandas Sohn blickte auf. In letzter Sekunde unterdrückte er zu sagen, was er empfand. Ihre Tränen brannten sich tief in seine Erinnerung ein. So traurig hatte er niemals zuvor eine Elbin gesehen. Und das ausgerechnet er der Grund war verschlimmerte die Situation noch. Blitzartig schlug er ihre Hand beiseite. „Du verstehst überhaupt nichts“, fuhr er die Ewiglebende an. Ohne Kommando rannte der Wolf los.

Maia wischte ihr Gesicht trocken. Sie hätte es von Anfang an wissen müssen.
 

„Mein Herr, Kai Almasy meldet sich zurück“, kündigte der Diener den Besuch an. Der König überlegte kurz, dann nickte er verständig. Längst hatte er das Kind für Tod geglaubt. Es nach einer so langen Zeit wieder im Schloss zu haben, grenzte beinahe an ein Wunder. Nur die Zeit in welcher er auftauchte war ungünstig. Denn in der Abwesenheit des Jungen hatte er dessen Stammbaum genauer betrachtet. Was Kai nicht wusste, er aber spätestens bei dem nächsten Zusammentreffen mit der Elbenanführerin erfahren würde, da sie ebenfalls an die Ahnentafel des Kriegers gelangt war, war dass er kein Mensch war. Die Zeit, in der sein Untertan Mirandas Sohn herein bat, gab ihm Gelegenheit zum Überdenken der Situation. Es wäre nicht klug es dem Kämpfer zu erklären. Zum ersten weil er nicht genügend Vertrauen in den König hatte und zum zweiten weil sein unerwünschter Besuch ihr Gespräch hören konnte. Dieser Gast würde keine Minute verschwenden den 18jährigen zu töten. Das Geblüt des Teenagers stellte immerhin eine Gefahr für den Besucher dar. Knarrend öffnete sich die riesige Tür ein weiters Mal. Kai betrat ehrfürchtig den Raum, geleitet von einem Wachmann. Der Sterbliche verbeugte sich bis der Gebieter der Menschen befahl sich zu erheben. „Es freut mich wirklich dich wieder zu sehen. Auch wenn es mich doch sehr in Staunen versetzt, dass du solange bei den Elben überlebt hast. Hoffentlich warst du schon bei deiner Tante.“, eröffnete der Mann das Gespräch.

„Macht euch darum keine Gedanken. Ich habe eine Frage.“ Während er sprach fiel ihm wieder ein warum er damals die Menschenwelt verlassen hatte. Demütig warf er sich auf die Knie. „Es tut mir Leid ich habe versagt.“, gestand er geknickt.

Der Wachmann beugte sich zu dem Kinde runter. „Junge wie geschieht dir?“, fragte er besorgt. Der Jugendliche war so plötzlich auf den Boden gefallen, dass der Soldat befürchtete der Jüngere sei krank.

„Ich bitte dich, du bist nicht Mal zwanzig. Glaubst du ich habe wirklich mit einem Sieg gerechnet.“, konterte der Anführer gütig.

„Aber nun kann ich meinen Freund nicht mehr helfen“, ergänzte er traurig.

Das Gesicht des Gebieters verfinsterte sich schlagartig. „Zurzeit könnte ich ihn sowieso nicht gehen lassen. Dein Freund ist geflohen. Wahrscheinlich befindet er sich längst nicht mehr in unserem Land.“

Kai musste sich ein Lächeln verkneifen. Der König durfte auf keinen Fall herausfinden, dass er den Aufenthaltsort seines Kameraden kannte.

„Ich möchte euch gerne etwas fragen.“, versuchte er schließlich von dem Thema abzulenken. Der Mann, der bereits im Voraus die Frage erahnt hatte, winkte ab. „Es fällt mir schwer dass zu sagen, aber wenn du darauf eine Antwort haben willst, solltest du zu den Elben zurückkehren. Es ist genug Zeit verstrichen. Inzwischen kennen sie die Lösung.“

Verwundert nickte der Junge. Selbst wenn sie die Antwort kannten, verstand er nicht warum ausgerechnet der Mann, der sie jahrelang bekriegte, ein Volksmitglied zu ihnen sandte. Eine eisige Kälte stieg in ihm hoch. Das Gefühl schien aufgrund eines Lebewesens hervorgerufen zu sein. Wachsam blickte der Krieger sich um. Dennoch konnte er niemanden außer dem König und seine Diener sehen. Kopfschüttelnd wandte er sich ohne ein weiteres Wort zum Gehen ab. Hatte er sich die Anwesenheit eines Dämons nur eingebildet? In dem Moment als er die Tür des Thronsaales aufstieß, spürte er eine Bewegung hinter dem Sitz des Herrschers. Ruckartig wirbelte er herum. Ebenso schnell hatte er sein Schwert zur Hand. Irgendetwas stimmte hier nicht.

Der Gebieter, der angesichts der plötzlichen Handlung des Kindes erschrocken war, zwang sich ein Lächeln auf. „Was ist, wolltest du nicht gehen?“, hallte seine laute Stimme durch den Raum.

Der 18jährige ließ das gewaltige Tor zurück ins Schloss fallen. „Verzeiht aber in diesem Raum...“

„Ich habe jetzt keine Zeit mehr für dich, du solltest jetzt wirklich gehen“, unterbrach der Erwachsene ihn aufgeregt.

Kai verstummte. Das blasse Gesicht des Mannes und der nervöse Tonfall warnten ich nichts zu unternehmen. Mit großen Schritten verließ er vorerst den Raum.
 

Saskia umarmte ihren Verwandten fest. „Du bist erst seit drei Tagen hier. Wieso willst du schon wieder verschwinden?“, wollte sie traurig wissen.

Stumm erduldete Kai die Umarmung. Selbst wenn er versuchen würde es ihr zu erklären, sie würde es nicht begreifen können, begreifen wollen, weshalb er ein weiteres Mal zu den Elben aufbrach.

Endlich ließ sie den Jungen los. „Nimm doch wenigstens Begleiter mit, die dich beschützen können“, schlug sie voller Sorge vor.

Lächelnd schüttelte der Krieger den Kopf. „Ich will nicht, dass jeder Elb, den ich begegne, sofort getötet wird. Keine Sorge. Mir wird nichts geschehen. Dennoch rechne nicht zu bald mit meiner Rückkehr.“, entgegnete er.

Seine Tante band sich eine Schürze um. „Dann koche ich dir wenigstens noch Mal etwas Leckeres.“, erklärte die Frau, während ihre Hände bereits begannen die ersten Zutaten zu zerschneiden.

Geduldig sank der 18-jährige auf einen der am Tisch stehenden Stühle. Den Gefallen konnte er ihr ja wenigstens tun.
 

Gemächlich trottete Kamui durch den Wald. Die unerträgliche Hitze ermüdete den Wolf schnell. Sein Reiter hatte ihn aufgetragen Selina aufzuspüren. Für ein Tier mit solch ausgeprägten Sinnen war das natürlich keine Schwierigkeit. Dennoch tat er so, als müsste er ihre Spur ständig aufs Neue aufnehmen, indem er in unregelmäßigen Abständen stehen blieb und seine Nasenspitze bis an den Boden drückte. Sicherlich konnte er ihren Geruch in der Luft wahrnehmen, doch dies wusste sein Besitzer ja nicht. Ansonsten müsste er bei dieser schwülen Luft durch den Wald hetzen und danach stand ihm nun wirklich nicht der Sinn. Dank der Unwissenheit der Menschen konnte er dieses Spiel spielen bis sie die Anführerin der Elben gefunden hatten.

Endlich stoppte das Tier. Am Fuße des Hanges kniete die Königin am Ufer des heiligen Sees. Ohne abzuwarten legte Kamui sich ins frische Gras. Ein zufriedenes Knurren erklang aus seiner Kehle. Seufzend stieg Kai ab. Freundschaftlich klopfte er der Kreatur auf den Rücken. „Möchte wissen seit wann du so faul bist?“ Mit diesen Worten wandte er sich ab. Beim Anblick der Ewiglebenden änderte sich seine Laune schlagartig. Obwohl es nicht die erste Begegnung mit ihr war, stieg seine Aufregung mit jedem Schritt. Nie zuvor war es ihm bewusst gewesen, was für eine Ehre es war ihr zu begegnen.

Das verräterische Rascheln des Grases verriet lange bevor er sie erreicht hatte seine Anwesenheit. Mit einer einladenden Gestik zeigte sie ihm, dass er sich neben sie niederlassen sollte.

Verwundert nahm Kai zur Kenntnis, dass sie scheinbar gewusst hatte, dass er kommen würde. Anderseits, wenn sie die Antwort auf seine Frage kannte, hatte sie wahrscheinlich erahnt, dass er sie ein zweites Mal fragen würde.

„Lange hast du es wohl nicht ohne uns ausgehalten?“, begrüßte sie den Menschen. Ihre angenehme Stimme beruhigte seine aufgewühlte Seele ein wenig.

„Da du die Frage bereits kennst, muss ich sie nicht erst wiederholen.“

Die Elbin rückte näher an das Kind heran. „Lass mich nur noch einen letzten Test vollziehen.“ Geschickt entwendete sie dem sterblichen einen Dolch, den sie schon einmal in den jungen Jahren des Menschen bewundern durfte. Eine winzige Eingravierung, welche ihre Augen damals nicht erblicken konnten, verrieten seine Herkunft. Traumelfen hatten es in ihren Feuern geschmiedet. Da dieses Volk vor Jahren ausgerottet wurde, war dies ein Überrest ihrer Zivilisation. Andächtig reichte die Ewiglebende die Waffe zurück. Diese Geschichte war ihr fast entfallen. Obgleich es unmöglich schien, so was zu vergessen „Ich gebe dir die Antwort, aber bitte unterbrich mich nicht. Wenn du Fragen hast, warte bis ich fertig bin.“, verlangte sie bestimmt.

Mirandas Sohn nickte untertänig.

„Vor vielen Jahren verliebte sich ein Elb in einen Menschen. Dieser Elb hieß Asmus. Nachdem er sich schon mehrere Monate heimlich mit ihr getroffen hatte und seine Gefühle für sie alles übertrafen, kam er endlich zu mir. In einem langen Gespräch fragte er mich um Erlaubnis mit Lavina, so lautete der Name des Menschen, eine Familie zu gründen. Doch ich begann den Fehler, dass ich ihn auf die Falsch Art und Weise verbot Lavina wieder zu sehen. Daraufhin versteckte er sich mit der Frau im Wald. Erst 2 Jahre später erfuhren wir, dass er sogar ein Haus gebaut hatte und die Magie einer Traumelfe beide vor unseren Blicken schützte. Allerdings hörte auch Lavinas Volk von dem Vorfall. Den Eltern der Frau gelang es eine Armee zusammen zu bekommen um den Schmach den ihr Kind ihnen auferlegt hatte zu rächen. Dank eines Spähers erfuhren wir rechtzeitig genug von dem Plan. So versammelten sich Elben und Menschen um das Haus des Paares. Ein erbitterter Kampf tobte. Die Elfe begang den Fehler, dass sie den Elben, aufgrund eine früheren Bündnis, helfen wollte. Wie viele aus meinen Stamm schaffte sie es nicht zu überleben. Mit ihren Tod wurden auch Asmus und Lavina für uns sichtbar. Ohne Skrupel nahmen die Sterblichen den beiden das Leben. Kaltherzig plünderten sie die kleine Hütte. Vollrichteter Dinge kehrten sie in ihr Land zurück und ließen ein Bild der Zerstörung zurück. Nur ein Mann nahm sich die Zeit beide, obgleich Asmus ein Elb war, ehrenvoll zu begraben. Lavinas Bruder durchsuchte das Gebiet gründlich, denn aus ihren Briefen in denen sie anscheinend beschrieb in welcher Angst sie täglich leben mussten, erwähnte sie öfters ihr Kind, dass sie zur Welt gebracht hatte. Unter den Ruinen der Hütte fand er das Neugeborene. Es schien einem Wunder zu gleichen, dass es überlebt hatte und auch noch gesund war. Der Erwachsene fühlte sich verantwortlich für den Jungen. Neben dem Baby lag die Traumelfe, welche anscheinend versucht hatte den Kleinen zu beschützen. Der Mensch entriss ihr den Dolch den sie noch immer fest in den Händen hielt. Das wertvolle Stück sollte dem Kind gehören. Erst als ich vor kurzem die Briefe zugestellt bekam, erinnerte ich mich wieder daran. Der Junge war ein Halbelb der das Aussehen eines Menschen, aber die Bogenfertigkeit der Elben erhielt. Des Weiteren erzählen alte Aufzeichnung der Traumelfe, dass der Halbmensch weder Menschen noch Elben töten kann es seiden er hat sich entschieden auf wessen Seite er kämpfen würde.“

Geistesgegenwärtig erhob sich Kai. In seinen Kopf schwirrten tausende von Fragen, aber zunächst wollte er allein sein und über die Worte der Anführerin nachdenken. Schweigend wandte er sich zum Gehen ab.

„Wo willst du hin?“, drang die warme Stimme der Königin an sein Ohr. Obwohl seine Augen an ihr haften blieb, hatte sie das Gefühl sein Blick würde durch sie hindurch gehen.

Mit gesenktem Haupt schlenderte er zu seinem Tier zurück. Das war nicht die Antwort die er erwartet oder gar gehofft hatte.
 

Die Sterne strahlten hell am Himmelszelt. In der Nähe sangen Grillen. Dennoch war das Geräusch, welches beim aufeinander treffen der rauen Zunge Seraphimes und des klaren Wasser erscholl, das lauteste von allen. Nachdem die Wölfin ihren schrecklichen Durst gestillt hatte, rollte sie sich zufrieden zusammen und ließ sich von ihrer Müdigkeit überwältigen.

Ihr Besitzer beobachtete das Tier gleichgültig. Jetzt wo sie endlich eingeschlafen war, ließ auch er sich in das weiche Gras sinken. Seine Arme hinter dem Kopf verschränkend, genoss er die angenehme Ruhe. Sein Gefühl sagte ihm, dass ihm nur noch wenige Tage verblieben um sich zu entscheiden. Entweder er verriet sein Volk oder er würde es zulassen, dass die Elben ausgelöscht werden. Beides schien ihm nicht richtig. Nachdenklich betrachtete er die Sterne. Es musste doch auch einen Mittelweg geben.

Herannahende Schritte unterbrachen seinen Gedankengang. „Jan?“, erklang die Stimme seines Freundes. Der Ältere wartete bis sein Kamerad neben ihn Platz genommen hatte und setzte sich ebenfalls hin.

Kai zwang sich ein Lächeln auf. Das Glück seinen lang vermissten Freund wieder zu sehen, ließ ihn vorerst seine Sorgen vergessen. Aber auch wenn er seinen Kameraden solange nicht gesehen hatte, fielen ihm nicht die richtigen Worte ein, wie er zu ihm sprechen sollte. Ein kurzer Seitenblick verriet ihm, dass der 19jährige nicht in der Stimmung war ein Gespräch zu führen. Kai seufzte. Innerlich hatte er gehofft, sich endlich mal wieder mit ihm unterhalten zu können.

Jan wandte, aufgrund des Seufzers sein Blick von dem See ab. „Schön das es dir gut geht.“, ergriff er schließlich das Wort.

„Ohne dich wäre ich nicht mehr am Leben.“, entgegnete sein Gefährte.

Jan zuckte mit den Schultern. „War doch selbstverständlich.“ Mit diesen Worten legte er sich erneut ins Gras, wobei er die Arme hinter seinem Kopf verschränkte.

Lavinas Sohn tat es ihm nach. „Bist du abgehauen von der Menschenwelt?“, wandte er sich fragend an den 1 Jahr älteren nachdem sie eine lange Schweigepause eingelegt hatten.

Jan schüttelte den Kopf.

„Aber du hattest keine Erlaubnis. Außerdem sagte der König…“

Der Angesprochene warf seinem Vertrauten einen wütenden Blick zu. „Lass ihn aus dem Spiel. Oder denkst du wirklich er erzählt die Wahrheit“, konterte er grimmig.

„Ich weiß nicht was ich denken soll, aber Fakt ist niemand wusste das du gehst, also ist es dasselbe wie feige abhauen“, kritisierte er zweifelnd.

„Ach glaub was du willst wenn es dich zufrieden stimmt.“

Der Halbelb biss sich auf die Unterlippe. Der wütende Unterton seines Freundes verdeutlichte, dass er das Thema auf sich beruhen lassen sollte. Abgesehen davon kannte er Jan lange genug um wissen zu müssen, dass er nicht feige war.

„Entschuldige, ich wollte dich nicht verletzen.“, lenkte er beschwichtigend ein.

Der Jugendliche winkte ab. „Hast du dich schon entschieden?“

Fragend schaute der Jüngere den Sprecher an. „Auf wessen Seite du kämpfen wirst.“, fügte der junge Mann schnell hinzu, als er den fragenden Ausdruck in den Augen des Halbmenschens erkannte.

Der Teeanger stemmte sich auf. „Woher weißt du das“, forschte er erstaunt nach.

„Ich war heute Nachmittag ebenfalls am See. Ihr habt euch ja nicht unbedingt Mühe gegeben leise zu sprechen.“, erklärte der Gefragte.

Ein Knurren unterbrach ihr Gespräch. Die zwei Jugendlichen schenkten ihre Aufmerksamkeit Seraphime die in großen Sätzen auf sie zukam. Blitzschnell war der 19-jährige Kämpfer auf den Beinen. „Ich muss gehen. Elben sind im Anmarsch. Deine Anwesenheit akzeptieren sie zwar, aber von mir wissen erst die wenigsten. Abgesehen davon glaub ich nicht, dass ich so erwünscht bin wie du“, erläuterte er schnell.

Der Halbelb erhob sich ebenfalls. Mit einer Handbewegung packte er seinen Freund am Handgelenk. „Bitte sag mir wie ich mich entscheiden soll?!“, flehte er. Sicher hatte die Frage auch noch bis später Zeit. Doch die Entscheidung lag ihm so sehr auf den Herzen, dass er keinen weiteren Aufschub duldete.

Der Kämpfer schaute genervt auf den Waldrand ob die Kundschafter in der Nähe waren. „Wenn du meine Meinung hören willst. Egal welches Volk du wählst es hat keinen großen Einfluss auf den Ausgang des Krieges. Außerdem verrätst du wenigsten kein Volk“, antwortete er kurz.

„Aber bei den Menschen lebt meine Tante und hier gibt es gleichfalls Personen, die mir am Herzen liegen“, stieß er erregt hervor.

„Dann hilf den Elben. Deine Tante musst du ja nicht töten. Außerdem haben sie noch zusätzlich Probleme mit den Orks.“ Kaum hatte er ausgesprochen, riss er sich los und ritt davon. Wütend stampfte Kai auf. Trotz der Worte seines Gefährten konnte er sich nicht festlegen, zumindest wollte er sich nicht eingestehen, dass sein Herz schon längst das Volk der Elben erwählt hatte.
 

Der junge aber dennoch erfahrene Krieger führte seine 6 Anhänger durch den Wald. Der König hatte ihn einen wichtigen Auftrag gegeben, den er auf keinen Fall vermasseln wollte. Der alte Wassergott der Elben würde heute seine Kräfte übergeben. Wenn sie dieses Ereignis verhinderten, war ihnen der Sieg des Krieges zwischen Elben und Menschen gewiss. Dank der Geheimwaffe, die sie extra mitbekommen hatten, konnte an und für sich nicht schief gehen. Eigentlich war der Anführer ja dagegen gewesen die Waffe mitzunehmen. Schon allein weil sie nur unnötiger Ballast war, welche zwei Männer zugleich tragen mussten. Noch dazu wusste kein Elb von dem Ereignis. Also durften sie keine Bedrohung erwarten. Aber der König hatte gemeint, dass dies die sicherste Variante sei.

Endlich nach einem langen Fußmarsch erreichten sie ihr Ziel. Obgleich kein Feind zu sehen war, deutete er den Soldaten an im Schutz der Bäume zu bleiben.
 

Jan drückte seinen Körper an den Stamm eines Baumes. Die Krieger des Königs durften ihn auf keinen Fall erblicken bevor der Wassergott erschienen war. Aus den Augenwinkeln prüfte er den Verband, welches auf Grund Anarcias Segen nicht gewechselt werden musste. Zumindest schütze es ihnen vor den Blicken seiner Mitmenschen. Auf keinen Fall sollten sie das königliche Zeichen auf seinen Arm erkennen. Der Jugendliche atmete tief durch. Auch wenn er gekommen war, fühlte er sich nicht wohl dabei. Seine Aufgabe war es seinem Volk und nicht den Feinden seines Stammes zu helfen. Aber die Tatsache, dass die Göttin sein Leben gerettet hatte und er ihr es schuldig war, hatte am Ende dazu beigetragen, dass er diese Aufgabe erfüllen würde. Innerlich hoffte er nur die Behüterin des Waldes erwartete nicht noch mehr von ihm.

Feind? Freund? Verbündeter?

Nervös behielt der junge Anführer den See im Auge. Die Sonne verschwand langsam hinterm Horizont und noch immer gab es kein Anzeichen dafür, dass der Wassergott erscheinen würde. Trotz seinem Vertrauen zu ihrem König, zweifelte er mit jedem Augenblick der verstrich mehr an der Richtigkeit seiner Aussage. Aus den Augenwinkeln konnte er erkennen, dass seine Untergebenen ungeduldig auf den Befehl zum Aufbruch warteten. Nicht einmal die Hälfte von ihnen glaubte an die wirkliche Existenz dieses Wesen und der Rest dachte, dass es diese Kreatur zwar gab, aber sie unsterblich war, wie viele Legenden es berichteten.

„Mitglied der Dark Heroes Felix und Anfüher der 11 Einheit“, vernahm er die Stimme eines Soldaten, der kameradschaftlich seine Hand auf die Schulter des 18jährige gelegt hatte.

„Was ist?“, forschte dieser zornig nach. In Wirklichkeit ahnte er was nun kam und das machte ihn wütend.

Angesichts des zornigen Tonfalls verstummte der Kämpfer.

„Es hat keinen Zweck noch länger zu warten. Wir sind müde. Wenn es diesen Gott wirklich gibt, wäre er schon längst gekommen. Ich bitte sie höflichst den Heimweg anzutreten.“, kam ihm ein ältere Krieger zu Hilfe.

„Schweigt ich will davon nichts hören“, schrie er die zwei mit wutverzerrten Gesicht an. Aus den Baumkronen der umstehenden Bäume flogen die erschrockenen Vögel davon. Beschwichtigend legte der Jüngere der beiden seinen Finger auf den Mund. „Seien sie nicht so laut. Elben haben gute Ohren. Ein Angriff wäre das Letzte was wir jetzt gebrauchen könnten.“

Sein Gegenüber wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem See zu. „Wir warten noch bis die Sonne vollständig verschwunden ist“, verkündete er.

Zufrieden traten die Krieger wieder an ihre alte Position.

Doch in diesem Augenblick schoss wie aus dem Nichts eine gewaltige Wasserfontäne in die Höhe. Gebannt starrte die kleine Gruppe auf die Fontäne. In kleinen Tropfen ergoss sich die Flüssigkeit über den Rasen. Als die Sicht endlich frei war schwebte eine riesige schlangenähnliche Kreatur über dem Gewässer. Leise flüsternd betrachteten sie ehrfurchtsvoll das Wesen. Eine zweite, aber wesentlich kleinere Fontäne, folgte kurz darauf. Das Geschöpf sah im Gegensatz zu seinem Vorgänger klein und zierlich aus. Erst bei näheren hinsehen erkannte Felix, wie der Kopf des alten Wassergottes schwach nach unten hing. Scheinbar war er nicht mehr in der Lage seine Kräfte zunutzen und auch der Kleine wirkte nicht wie eine echte Bedrohung.

Siegessicher betrat er dicht gefolgt von seinen Untergebenen das waldlose Gebiet. Noch im Rennen zogen sie ihre Waffen. Nur langsam resignierten die Bewahrer des Wassers die Anwesenheit der Menschen. Der ältere Gott, welcher unter den Elben mit dem Namen Aquarion bekannt war, schob seinen riesigen Körper vor das Baby. Seine Augen funkelten wütend auf. Niemals würde er zulassen, dass dem Kleinen etwas geschah.

Die Krieger hielten inne. Die plötzliche Regung des Wesens flößte ihnen Angst ein. Lächelnd zerschnitt ihr Anführer die Luft. „Willst du ihn mit deinem Leben verteidigen? Wenn du Tod bist, erhält er deine Kraft nicht und stirbt ebenfalls. Außerdem bist du zu schwach. In deinem Alter sollte man sich nicht übernehmen“, provozierte er das Geschöpf.

Erhobenem Schwertes schritt er auf den Wächter des Wassers zu.

„Halt ein.“, unterbrach die Stimme eines alten Freundes sein Vorhaben. Mit großen Schritten überquerte Jan den Platz und baute sich vor seinen ehemaligen Kameraden auf.

„Jan wie schön dich gesund und munter zu sehen. Die meisten glauben du seiest Tod.“, freute sich der Jüngere.

Der 19jährige zeigte keine Gefühlsregung. Mit ernster Mine stand er seinem Gefährten gegenüber.

Schließlich erstarb auch das Lächeln des Jugendlichen. „Was ist? Habe ich dir etwas getan?“, wollte er besorgt wissen.

Der junge Mann warf einen abwertenden Blick auf die Waffe des jungen Hauptmann. „Was hast du vor?“

Verständnislos schüttelte Felix den Kopf. „Was glaubst du? Den Sieg für unser Volk bringen indem ich den Wassergott ermorde“

„Mit welchem Recht?“, entgegnete der Freund der Elben.

„Ich brauche kein Recht um zu töten. Was willst du von mir? Ich tue meine Pflicht im Gegensatz zu anderen.“, beschwerte sich der Anführer.

„Falls du es noch nicht verstanden hast. Ich beschütze diese Kreaturen.“, verdeutlichte der Krieger.

Lachend klopfte Felix seinen Kumpel auf die Schultern. „Guter Scherz. Denkst du etwa ich glaube dir? Du bist ein Mensch. Es gäbe keinen Grund für dich den Elben zu helfen. Sie sind deine Feinde.“, spottete er.

Unsanft schob der Angesprochene die Hand beiseite. „Was hat sie zu meinen Feinden gemacht?“, fragte er verbittert.

„Wir kämpfen schon seit Jahren gegen sie. Außerdem hat der König es so angeordnet. Inzwischen ist es doch selbstverständlich. Abgesehen davon haben sie unzählige Menschenleben auf dem Gewissen.“, antwortete der Gefragte.

„Soll ich dir sagen wieso wir gegen sie kämpfen. Weil unser verfluchter König sein Land erweitern will, damit seine Macht wächst. Und die Menschen sind natürlich blöd genug auf den Befehl und irgendwelchen Gerüchten zu hören statt sich ein eigenes Bild zu schaffen. Woher willst du wissen wie schlecht sie sind? Hast du schon mal mit einem von ihnen gesprochen.“ Noch während er sprach wurde sein Tonfall deutlich schärfer und lauter.

Verdutzt schaute der Jüngere seinen Kameraden an. Seit wann setzte er sich für das Wohl der Elben ein? „Dennoch haben sie Menschen getötet.“, versuchte er sein Volk zu verteidigen

„Gibt es eine andere Möglichkeit sich zu verteidigen. Wir haben ja kein offenes Ohr für ihre Reden“, fuhr er seinen Freund wütend an.

Beleidigt kehrte der Krieger ihn den Rücken zu. „Du bist nur neidisch. Weil du lieber den Auftrag bekommen hättest und nun willst du ihn mir vermasseln.“, erwiderte er empört.

Der junge Mann schlug sich gegen die Stirn. „Hast du mir überhaupt zu gehört?“

Nachdenklich fuhr sich der Kämpfer über sein Kinn. „Eine Frage hätte ich. Wenn du so für Gerechtigkeit bist, ist es denn richtig seinen Stamm zu verraten?“

Die Antwort blieb der Teenager ihm schuldig.

„Also geh mir aus dem Weg.“, fügte der Anführer noch hinzu. Gereizt wollte er den Jungen umgehen, doch der versperrte ihm den Weg, indem er seinen Arm ausstreckte.

„Es tut mir wirklich Leid. Ich weiß du bist mein Freund, aber wenn du nicht verstehen willst, werde ich dich eben anders belehren.“

Verärgert trat der Gehinderte zurück. Wütend zog er die frische Luft scharf durch die Zähne. Von niemandem würde er sich seine Chance zur Beförderung entgehen lassen.

Langsam zog der Ältere sein Schwert, obgleich es ihm Leid tat, gegen seinen ehemaligen Freund kämpfen zu müssen.

Felix ließ ihn gewähren. Noch glaubte er nicht, dass sein Kumpel wirklich einen Angriff starten würde. Abgesehen davon hatte er im Notfall noch seine Einheit hinter sich. Doch entgegengesetzt seiner Erwartung holte der Ältere aus. In letzter Sekunde gelang es dem jungen Hauptmann den Angriff abzuwehren. „Du spinnst wohl!“, schrie er erschrocken den Angreifer an. Kraftvoll schlug er den 19jährigen zurück. „Hast du vergessen wer ich bin? Wir sind seit klein auf Freunde. Willst du das der Elben wegen wirklich aufgeben?“, polterte er verärgert.

Jan warf einen nachdenklichen Blick auf die Götter, welche noch immer regungslos die Menschen beobachteten. „Mir bleibt leider keine andere Wahl“, beantwortete er die Frage. Erneut startete er eine Attacke. Wiederum wehrte der Jüngere ab. „Bitte Hör auf.“, versuchte er ein letztes Mal seinen Kameraden umzustimmen.

Der junge Mann drückte das Schwert des Hauptmanns nach unten. „Versteh unsere Wege haben sich getrennt“, erwiderte Jan.

Felix Blick verfinsterte sich blitzartig. „Das wirst du bereuen“, fuhr er seinen ehemaligen Freund an. Ein unbekannter Hass fraß sich in seine Seele. Mit erbosten Augen wandte er sich seinen Untergebenen zu. „Ihr zerstört den Wassergott. Benutzt die Waffe des Königs, wenn ihr euch nicht traut ihn direkt anzugreifen. Ich kümmere mich solange um den Störenfried.“, befahl er den Soldaten, welche daraufhin untertänig eine kanonenähnliche Waffe aufstellten. Befriedigt nickend schenkte er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Feind. „ Was gedenkst du nun zu tun? Gegen alle gleichzeitig zu kämpfen, wird dir wohl kaum gelingen und bis du mich besiegt hast, sind die Wassergötter längst tot.“, klärte er auf.

Wütend kniff der Freund der Elben die Augen zusammen. „Ich werde schon eine Möglichkeit finden.“, erwiderte er verbittert.

Felix lachte bösartig auf. „Da bin ich aber gespannt.“ Noch während er sprach attackierte er den Älteren erneut. Mit spielender Leichtigkeit wehrte sein ehemaliger Gefährte den Angriff ab. Gegen seinen Willen musste er sich nun mit seinem einstigen Kumpel bekriegen. Jedoch musste der 1 Jahr jüngere schon nach kurzer Zeit feststellen, dass sein Gegner weitaus besser war als er. Dennoch wollte er nicht aufgeben. Sobald die Geheimwaffe aktiviert war, konnte er den Kampf beenden. Ein leises Surren verriet ihm, dass das Gerät bald abschussbereit war. Auch Jan entging das Geräusch nicht. Aus den Augenwinkeln konnte er eine schwarze Kugel vor der Waffe schweben sehen. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Aber der junge Hauptmann war kein schlechter Kämpfer. Es würde ihm niemals gelingen seinen Gegner rechtzeitig zu besiegen. Die nächsten Sekunden vergingen wie im Flug und das Geschoss löste sich von der Waffe und raste auf Aquarion zu. Jan fluchte leise, trat zur Seite um dem Angriff des Anführers entgehen zu können und warf sein Schwert vor die schwarze Kugel. Wie ein gieriger Dämon umschlang der Ball den Gegenstand. Gebannt starrte die kleine Gruppe auf die immer kleiner werdende dunkle Blase, welche letztendlich in feinem Staub zur Erde fiel. Von dem Schwert war nichts übrig geblieben. Einen Moment lang herrschte totenstille.

Schließlich fasste sich Felix wieder und hielt seinem ehemaligen Kameraden die Waffe an die Kehle. „Das war dumm von dir. Jetzt hast du nichts mit dem du dich verteidigen könntest. Stattdessen darfst du zusehen wie ich die Wassergötter töte.“, ergriff er das Wort.

Einer der Soldaten streckte ein weiteres Mal die Hand aus um den Schalter zu betätigen. In diesem Augenblick jagte ein Pfeil über das Feld und bohrte sich durch die Hand des Menschen, welcher sich daraufhin schreiend auf den Boden warf und mit schmerzverzerrtem Gesicht die Hand bedeckte. Fassungslos beobachteten die Umstehenden den Verwundeten. Die zwei Jugendlichen suchten währenddessen mit ihren Augen den Waldrand ab. Zum Vorschein kam die Anführerin der Elben, dicht gefolgt von Kai, der entsetzt seine Freunde ansah.

Selina hatte bereits den nächsten Pfeil eingespannt, jederzeit bereit erneut zu schießen. Auch wenn sie nicht wusste, was hier vor sich ging, hatte sie dennoch begriffen, dass ihr Land in Gefahr war. „Ergreift sie!“, donnerte die Stimme des Hauptmannes über den Platz. Drei der Männer stürmten los. Doch kaum, dass sie wenige Schritte gegangen waren, baute sich eine riesige Wasserwand vor ihnen auf. Erschrocken wichen die Menschen zurück.

Selina lächelte und ließ den Wasserwall wieder verschwinden.

Starr vor Schreck wagten es die Angreifer nicht sich zu rühren. Wütend boxte Felix seinem Gefangenen in den Bauch, so dass dieser auf die Knie sank. „Königin der Elben, solltest du dir noch mal erlauben dich zu wehren, mach ich diesen Menschen einen Kopf kürzer“, schrie er zu der Frau. Im selben Moment kamen ihn seine Worte lächerlich vor. Weshalb sollte ein Elb sein Leben für einen Menschen aufs Spiel setzen? Schließlich war Jan ebenso wie er ein Feind der Elben. Abgesehen davon würde sie wohl kaum für das Leben eines Unbekannten ihr ganzes Volk in Gefahr bringen.

Doch entgegen gesetzt seiner Erwartungen hielt die Anführerin inne. Sie begriff zwar nicht weshalb der Jugendliche einen Stammesangehörigen töten wollte, aber der Gedanke, dass Jan versucht hatte ihrem Volk zu helfen, kam in ihr hoch. Wenn das wirklich der Fall war, so konnte sie ihm nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Anderseits war die Vorstellung, dass ein Mensch sich gegen seinen Stamm stellte um seinen Feinden zu helfen und zudem noch so töricht war gegen eine ganze Gruppe kämpfen zu wollen, ziemlich abwegig. Nachdenklich sah sie den 19jährigen, dessen Blick starr aufs Gras gerichtet war, an. Sie freute sich innerlich ihn zusehen, obgleich sie sich schon mit dem Gedanken, dass er tot sei, angefreundet hatte. Die Minuten zogen sich hin. Die Ewiglebende wollte weder das Leben des Menschen noch das ihres Volkes in Gefahr bringen.

Kai betrachtete sie von der Seite. Er konnte nur hoffen, dass ihr etwas an dem Überleben seines Freundes lag. Obwohl er wusste wie unsinnig dieser Wunsch war. Sicher kannte Selina ihn flüchtig, aber nicht gut genug um ihn retten zu wollen. Außerdem verstand er nicht warum sich seine zwei besten Freunde bekriegten.

Erstaunt nahm Felix das Zögern der Elbin hin. „Ergreift sie jetzt!“, forderte er seine verängstigten Leute auf. Vorsichtig näherten sich seine Untergebenen der Frau, die noch immer unschlüssig dastand.

Kai zog sein Schwert. Schließlich hatte die Warnung nicht ihm gegolten. „Ach Kai, ich vergaß für dich gilt natürlich das Gleiche.“, warf der Gleichaltrige schnell ein. „Was soll das Felix? Wir sind Freunde. Willst du Jan wirklich umbringen?“, versuchte er seinen Freund zu überzeugen.

Der 18jährige lächelte verächtlich. „Wir waren Freunde und jetzt lass mich in Frieden meine Arbeit machen, dann lass ich dich vielleicht am Leben.“, entgegnete er kalt.

Der Halbelb verstummte. Daraufhin wurden die Zwei von den Soldaten ergriffen und zu ihrem Führer gebracht.

„Was soll nun mit ihnen geschehen?“, wandte sich einer der Männer an den Teenager.

„Die Königin nehmen wir mit. Unser König hat sicherlich Verwendung für sie. Den anderen könnt ihr sobald die Wassergötter tot sind gehen lassen.“, ordnete er siegessicher an.

Die drei Gefangenen wurden in die Knie gezwungen. Die Erwachsene versuchte in die Augen des 19-jährigen zu sehen. Als sie jedoch merkte, dass er ihrem Blick auswich, beließ sie es dabei.

Jan schloss die Augen. Selinas traurige Augen schmerzten mehr als das Gefühl die Göttin des Waldes enttäuscht zu haben. Es gab nur noch einen Ausweg, aber der konnte bedeuten, dass er nie mehr hierher zurückkehren konnte. Anderseits war es die einzige Möglichkeit. Wenn er nicht eingreifen würde, dann würde er diesen Ort nie wieder so wie er jetzt ist, sehen können. „Felix ich befehle dir aufzuhören!“, unterbrach er den jungen Hauptmann bei seiner Tätigkeit.

Ruckartig wirbelte der Angesprochene herum. Im ersten Moment wusste er nicht wie er reagieren sollte. Sein ehemaliger Freund schien verrückt geworden zu sein, wenn erglaubte er würde nun einfach aufhören, weil ein Dahergelaufener es ihm so befahl.

So oder zumindest so ähnlich waren auch die Gedanken der anderen zwei Gefangenen, die ihren Mitstreiter fassungslos anblickten.

„Du warst wohl zulange bei den Elben. Nenn mir einen vernünftigen Grund, weshalb ich auf dich hören sollte.“, sprach er im verächtlichen Tonfall den Jugendlichen an.

„Der König wäre nicht besonders erfreut, wenn mir etwas geschehen sollte“

„Nur weil du ein guter Kämpfer bist. Glaub mir, ihm ist es bestimmt lieber, dass dieser Auftrag ausgeführt wird.“, erklärte der Jüngere selbstsicher.

„Vielleicht aber auch weil ich der Thronerbe bin.“, erwiderte der Mensch.

Lachend schüttelte Felix den Kopf. „Du bist tatsächlich verrückt geworden.“

Auch Kai schenkte den Worten des Gefährten keinen Glauben. Wahrscheinlich versuchte er nur eine aussichtslose List.

Einzig Selina sah in die ernsten Augen des Sterblichen, welche aufmerksam auf den Stammesangehörigen haften blieben. Sie zweifelte nicht an dem was er sagte. Das würde auch erklären, wieso er ihrer Wasserattacke standhalten konnte. Mitglieder der königlichen Familie wurden meist einem besonderen Training unterzogen. Jedoch verwunderte sie die Tatsache, dass der Nachfolger des Throns versuchte den Feinden seines Volkes zu helfen. Obgleich in ihr gleichzeitig eine Art Glücksgefühl über die Tatsache aufstieg, den zukünftigen Menschenkönig auf ihrer Seite zu haben. Vielleicht gab es doch noch ein Fünkchen Hoffnung.

„Ich war Jahre lang mit dir zusammen. Wenn du auch nur mit dem König verwandt wärst, müsstest du das Zeichen der Familie auf deinem Arm tragen. Doch hab ich in all den Jahren nie eins sehen können.“, konterte Felix der Behauptung, in der Hoffnung richtig zu liegen.

„Du weißt längst nicht alles. Zwar wird das Zeichen bei der Geburt durch einen Magier eingebrannt, verschwindet allerdings bis zum achtzehnten Lebensjahr. In diesem Alter bin ich den Dark Heroes beigetreten. Selbst dort konnte es niemand merken, da ich meist allein trainierte.“, entgegnete sein Freund. Mühselig rappelte er sich auf.

Der Soldat trat ängstlich zurück. Die Worte hatten Eindruck geschindet und er wagte es nicht am Thronerben Hand an zu legen.

Blitzschnell streckte der Hauptmann dem ehemaligen Kameraden sein Schwert entgegen. „Keinen Schritt weiter. Ich glaub dir kein Wort.“

Achtlos trat Jan an ihn heran. „Los trau dich, stich zu. Wenn du wieder zu Hause bist, wirst du schon merken ob du richtig gehandelt hast.“, forderte der junge Mann ihn gelassen auf, Als er merkte, dass der Anführer nicht wusste, was er tun sollte, schob er ungerührt die Waffe beiseite.

Erschrocken wich der Teenager zurück. „Aber wenn du wirklich mit ihm verwandt wärst, wieso lebtest du dann im Waisenhaus. Sicherlich hätte er dich großgezogen.“, mutmaßte der 18jährige.

Der Krieger zuckte mit den Schultern. „Mein Vater wollte nicht, dass sein Bruder mich großzieht. Wahrscheinlich hatten die beiden kein besonders gutes Verhältnis.“, beantwortete er die Frage.

Der Angesprochene wirkte noch immer nicht überzeugt. „Wenn du wirklich die Wahrheit sagst, dann zeig mir das Zeichen.“ Während er sprach fand er zu seiner alten Sicherheit zurück. Sicherlich konnte sein einstiger Freund ihm das Mal nicht vorweisen und er konnte in Ruhe weiterarbeiten. Es konnte, nein es durfte schließlich nicht sein, dass der, den er Jahre lang kannte, einst über ihn herrschen würde. Dieses Gefühl behagte ihm überhaupt nicht. „Mach schon!“, drängte er den Älteren.

Jan zögerte einen Moment. Noch hatte er die Möglichkeit seine verhasste Herkunft zu verbergen. Als er jedoch auf die Wassergötter sah, die sich seit seiner Ankunft nicht gerührt hatten, stand seine Entscheidung fest. Er hatte es Anarcia versprochen. Langsam löste er das Verband, dass vom Wind getragen zu Erde schwebte.

Bestürzt erkannte sein Gegner das Mal .Die Soldaten bauten sich widerstandslos vor ihm auf. „Verzeiht Prinz Jan. Bitte sagt nichts unserem König. Es soll auch nicht wieder vorkommen.“, ergriff ein Mann mittleren Alters das Wort

Der Krieger winkte ab. „Geht nach Hause. Mein Onkel wird nichts erfahren.“, versprach er.

Eiligen Schrittes verließen sie das Gebiet und ließen ihren Hauptmann allein zurück.

„Wieso hast du uns das nicht erzählt?“, mischte sich nun auch Kai in das Geschehen ein. Sein Gefährte antwortete nicht, sondern wartete stumm bis der Anführer eine Reaktion zeigte. Erst ein verdächtiges Geräusch hinter seinem Rücken, ließ ihn sich wieder der Elbin zuzuwenden. Die Königin hatte ihren Bogen zur Hand genommen. „Was soll das?“, fuhr der Sterbliche sie an.

„Er ist mein Feind und wollte mein Volk auslöschen. Ich werde ihn nicht ungestraft entkommen lassen“, erwiderte sie kühl.

Der Nachfolger des Königs stellte sich ihr in den Weg. „Nein ihm wird nichts geschehen.“, verkündete er.

Zu seinem Erstaunen ließ die Erwachsene ihren Bogen sinken. „Gut ich bin dir was schuldig. Aber vielleicht solltest du dich langsam entscheiden auf wessen Seite du stehst.“, giftete sie den Menschen an.

Jan tat als hätte er sie nicht gehört und wandte sich wieder an den Zurückgelassenen. In diesen Moment lenkte ein Donnern die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich.

Aquarion berührte mit seinem Kopf die junge Kreatur. Ein bläuliches Glühen erfüllte die Umgebung.

Fasziniert starrten die vier auf die Wesen. Je mehr Zeit verstrich, desto heller wurde das Licht. „Wunderschön“. hauchte der Halbelb andächtig. Doch kaum hatte er ausgesprochen, gab es einen lauten Knall und das Licht erlosch. Die Machtübergabe war beendet. Ein letztes Mal drehte die alte Gottheit seinen Kopf zu den Umstehenden. Dankbar blinzelte es den 19jährigen an, während sein Körper sich schon langsam auf die Reise zum Seelenfluss machte. Sein Auftrag war hiermit erfüllt. Nun konnte er gehen. In kleinen Funken löste sich der einstige Behüter des Wassers auf. Eine betretene Stille trat am heiligen See ein als der letzte Funke zum Himmel schwebte. „Danke für alles.“, flüsterte die Elbin leise.

Das kleine Tier fiepte erbärmlich. Mit einem lauten Schrei tauchte es ins Wasser. Ohne ein weiteres Wort verschwand die Anführerin im Schutz der Bäume und zurück blieben die drei ehemaligen Freunde.

„Wir sollten gehen.“, schlug der Hauptmann vor.

Jan nickte zustimmend.

„Begleitest du uns Kai?“, bot er mit leicht milderem Ton an.

Der schüttelte stumm den Kopf.

„Mach was du willst, wenn es dir hier so gut gefällt. Als Mensch solltest du zwar zu uns halten, aber wahrscheinlich seid ihr beide inzwischen nicht mehr ganz dicht“, behauptete er, bevor er sich Richtung seiner Heimat abwandte und gefolgt von Jan den Platz verließ.

In die Menschenwelt und wieder zurück

Als die Sterne ihr helles Licht auf den Wald warfen, wurden die großen Türme der Festungsstadt am Horizont sichtbar. Schweigend liefen die beiden nebeneinander.

Jan seufzte. Nach so vielen Tagen musste er nun nach Hause zurückkehren. Es wäre zu gefährlich gewesen, jetzt wo die Soldaten wussten, wo er sich aufhielt, länger dort zu bleiben. Sicher hätte sein Onkel nicht gezögert und das Dorf angreifen lassen.

„Jan.“, brach der Jüngere das Schweigen. „Du hast mich doch gefragt, wieso ich töte. Willst du es immer noch wissen?“

„Meinetwegen.“

„Ich weiß nicht ob du es begreifen kannst, aber ich habe eine Familie, die ich über alles liebe. Wenn ich töte, dann tue ich es um sie zu schützen. Je mehr ich von unseren Feinden ausrotte, desto sichererer sind meine Eltern. Versteh, mein Vater kämpft in vielen Schlachten mit. Wenn ich die Gegnerzahl auch nur ein wenig verringern kann, so lebt er schon geschützter. Mir macht es nicht Spaß zu morden, aber wenn nur das hilft, bleibt mir keine andere Wahl. Ich habe schon meinen Bruder verloren, ich will nie mehr so einen Verlust erleiden.“

Jan blieb stehen. „Du willst keinen Verlust erleiden, aber die anderen sollen. Bist du denn wirklich so egoistisch? Außerdem würdest du sogar soweit gehen, deinen besten Freund zu töten.“, entgegnete der Kämpfer unbarmherzig.

Der Teenager scharrte schuldbewusst mit den Füssen auf der trockenen Erde. Nichts würde zwischen ihnen mehr sein können wie früher. Er selbst hatte es zu verantworten. Anderseits würde er an Jans Stelle wahrscheinlich nicht Mal mehr in die Nähe des ehemaligen Freundes kommen wollen. Er wunderte sich, dass der Junge überhaupt noch mit ihm verkehrte, obgleich er ihn vor wenigen Minuten noch töten wollte. „Mag sein, dass ich egoistisch bin. Doch es ist Krieg. Es bleibt mir keine andere Wahl.“, verteidigte er sich.

„Lass uns nicht weiter darüber reden. Sag mir eins. Woher hattet ihr diese Waffe?“, wandte er sich fragend an den Sterblichen.

Felix zwang sich ein Lächeln auf. „Du warst ziemlich lange nicht in unserem Land. Wir haben einen neuen König. Der voherige ist spurlos verschwunden, und da es keinen, zumindest dachten wir das, Thronfolger gibt, hat sich ein“ Der Sprecher räusperte sich. „Ein Dämon zum König gewählt. Die Waffe entstand aus seiner Schattenmagie“, erläuterte er.

Ungläubig schüttelte der Neffe des ehemaligen Königs den Kopf. „Was? Ihr lasst einen Dämon über unser Land regieren? Seid ihr völlig verrückt geworden? Wieso vernichtet ihr ihn nicht?“, forschte er kritisch nach.

Der Anführer zog die Luft scharf ein. „Was glaubst du wie viele ihn bezwingen wollten?! Keiner von ihnen wird die Sonne jemals wieder sehen. Es ist grausam. Die meisten unterwerfen sich lieber als zu sterben. Es ist ja auch verständlich.“, stellte der Mensch trocken fest.

Der junge Mann ballte die Hände zu Fäusten. „Verdammt. Es ist nur ein Dämon. Seid ihr alle so schwach, dass ihr ihn nicht besiegen könnt?“, überlegte er laut. Aufgebracht wollte er seinen Weg fortsetzen, doch sein Freund packte ihn an den Schultern.

„Tu nichts Unüberlegtes. Auch du kannst ihn nicht besiegen. Wir müssen uns seinen Willen beugen, anderseits….“ Der Teenager verstummte. Traurig senkte er das Haupt.

Langsam drehte sich Jan um. „Dann lass ich mir was anderes einfallen. Irgendwie kriegen wir ihn schon unter“, versicherte er.

Felix trat an ihn vorbei. „Lass uns weitergehen.“, lenkte er vom Thema ab. Der junge Mann folgte ihm wortlos.
 

Auf den Straßen waren nur noch wenige Menschen, die müde ihrer Arbeit nachgingen. Die große Burg ragte weit über den Häusern der Stadtbewohner. Nachdenklich blieb Jan stehen, den Blick starr auf das Schloss gerichtet. Er hatte das Gefühl, je näher sie dem Gebäude kamen, desto kälter wurde es. Außerdem war es selbst für eine Nacht ungewöhnlich dunkel. Mit einem Seitenblick beobachtete er seinen Gefährten, der scheinbar nichts von den Veränderungen bemerkt hatte.

„Können wir weiter?“, unterbrach die Stimme des Kämpfers ihn.

Gedankenverloren setzte der Ältere seinen Weg fort. Diese Empfindungen bezüglich der Temperatur und des Lichtes verwirrten ihn. Anscheinend fiel es niemanden sonst auf.

Kurz vor dem Schloss bog der 18-jährige überraschender Weise ab. In letzter Minute war ihn wieder eingefallen, dass sein Kumpel der Thronfolger war. Das hieß, er hatte das Recht auf den Thron. Der Dämon würde sicher versuchen ihn zu töten. Er konnte zwar die Begegnung nicht verhindern, aber wenigsten hinauszögern.

„Wo willst du hin?“, ertönte die Stimme des Sterblichen.

„Es ist schon spät. Vielleicht schläft der König schon. Besser wir gehen morgen erst hin. Bis dahin kannst du bei mir schlafen.“, antwortete er kurz.

Sein Gegenüber winkte ab. „Dämonen schlafen nie. Außerdem selbst wenn ich ihn störe, dass ist mir ziemlich egal.“, entgegnete der Krieger.

Die Augen des Jüngeren nahmen einen flehenden Ausdruck an. „Bitte es ist mir lieber“, bettelte er. Ohne eine Antwort abzuwarten, steuerte er mit großen Schritten auf sein Haus zu. Mit einer Handgeste beteuerte er den Stammesangehörigen ihm zu folgen. Leise öffnete er die Tür. Anscheinend aber nicht still genug, denn eine rundlichere Frau im Nachthemd und einer Kerze in der Hand stand aufgeregt im Flur. „Da bist du ja!“, quiekte sie erfreut.

„Hallo Mutter.“, begrüßte er die Erwachsene. Noch bevor seine Mutter etwas erwidern konnte, trat er zur Seite um Platz für seinen Freund zu machen.

Patrizia setzte ein gespieltes Lächeln auf. Zu so später Stund noch Besuch gefiel ihr nicht. „Jan. Nach so langer Zeit dich endlich wieder zu sehen. Wann warst du das letzte Mal hier?“, begrüßte sie den Kameraden ihres Sohnes.

Der Angesprochene blieb stumm. Seit er vor drei Jahren hier war, hatte sich nicht viel verändert. Jedoch roch es für eine bürgerliche Wohnung ziemlich gut.

„Er würde gerne bei mir schlafen, das geht doch in Ordnung?“, ergriff der Hausbewohner das Wort.

Die Frau nickte und verschwand dann wieder im Zimmer. Ihr Kind war nun ja da und sie wollte die Beiden nicht stören.

Felix ging zu einem großen Wandschrank, während der Neffe des rechtmäßigen Königs die Tür schloss. „Hier nimm.“, rief er dem 19jährigen zu.

Gekonnt fing der Junge die ihm zugeworfene Waffe.

„Ist zwar nicht so gut wie deine Alte. Dennoch besser als gar nichts.“, stellte er fest.

Aufmerksam betrachtete der Besucher das Schwert. Die Klinge war relativ gut verarbeitet wurden. Sicherlich das Beste was es hier im Haus gab. Der Beschenkte lächelte. „Schuldgefühle?“

„Quatsch“, bestritt der Jugendliche seine Gefühle.
 

Kurze Zeit später lagen sie beide im Bett. Für den Thronerben eine angenehme Sache. Es war eine Ewigkeit her, seitdem er diesen Genuss auskosten durfte. Im Wald war es zu gefährlich, als, dass er lange schlafen konnte. Allerdings beunruhigte ihn stark, dass es seit seiner Ankunft erheblich kälter geworden war.
 

Wenige Stunden später lag der junge Mann noch immer wach im Bett. Inzwischen war es eisig kalt geworden. Er fragte sich, ob er wirklich so empfindlich war. Weshalb spürte nur er diese klirrende Kälte, die immer mehr von ihm Besitz ergriff? Zitternd nahm er sein neues Schwert zur Hand. Ob es wohl an diesem Dämon lag. Doch weshalb niemand sonst? Müde rollte er sich zum x-Mal in dieser Nacht in die Decke ein. Er konnte nur hoffen, dass es irgendwann wieder wärmer wurde. Gegen Morgen gelang es ihn schließlich ins Land der Träume und Illusionen zu flüchten.
 

Gähnend erhob sich Felix.

Fast gleichzeitig erwachte sein Freund. Sein Körper fühlte sich erstarrt an. Es kostete ihn eine ungewöhnliche Anstrengung aufzustehen.

„Willst du etwas Essen?“, bot der Hausbewohner freundlich an.

Stumm schüttelte der Gefragte den Kopf. „Lass uns sofort gehen!“, bat er.

Der 18jährige nickte gleichgültig.

Schwankend wollte der Verwandte des einstigen Herrschers das Zimmer verlassen, stieß sich aber an einem Stuhlbein den Fuß. „Verdammt!“, fluchte er leise.

„Geht es dir nicht gut? Du siehst krank aus“, ertönte die Stimme des Jüngeren von weitem.

„Alles Okay.“, log der Gefragte schnell.
 

Wenige Minuten später verließen sie das Haus.

Besorgt beobachtete Patrizias Sohn seinen Gefährten. Der Blick des 19jährigen war seltsam abwesend. „Wir können den Besuch auch verschieben.“, erklärte er.

„Nein“

„Wie du meinst.“

Doch kurz vor der Burg schmerzte der Arm mit dem königlichen Zeichen schrecklich. Der Freund der Elben hatte das Gefühl, als würde sein Blut heftiger durch dieses Körperteil fließen. Taumelnd wäre er beinahe zu Boden gestürzt, wenn nicht sein Begleiter ihn stützend gehalten hätte. Unbemerkt legte der Leidende die Hand auf sein Mal.

Dennoch erkannte Felix ein schwaches Leuchten von dem Mal ausgehend. „Jan! Dir geht es nicht gut. Du brauchst einen Arzt oder willst du in diesem Zustand dem König gegenübertreten?“, predigte sein Helfer ängstlich.

Benommen stieß der Mensch seinen Gegenüber weg. „Wir gehen jetzt. Es geht schon“, versuchte er das Mitglied der Dark Heroes zu überzeugen.

„Du kannst kaum noch stehen. Lass uns doch einen Arzt aufsuchen.“, beratschlagte er den Thronerben.

Doch Jan ersparte es sich zu antworten. Zu seinem Glück kannten die Wachen die zwei und ließen sie ohne Probleme rein. Vor dem Königssaal hielt der Nachfolger des Herrschers abermals „Danke, den Rest gehe ich alleine.“

Nur widerwillig akzeptierte der Jüngere den Wunsch des Älteren. Zu Widersprechen hatte ja doch keinen Sinn.

„Pass auf dich auf.“, flüsterte er ihn noch ins Ohr, dann verließ er das alte Gemäuer.

Stöhnend ließ der Alleingelassene seinen Arm los. Die Bestie durfte nichts von seinem Zustand merken. Wie von Geisterhand öffnete sich die Tür.

„Tritt ein. Ich erwartete dich bereits“, raunte eine tiefe Stimme.

Zugleich folgte der Mensch der Auforderung. Eine menschenähnliche Gestalt saß auf den Thron seines Onkels.

„Du bist also der Nachfolger. Dir ist klar, dass du mir ein Dorn im Auge bist?“, setzte die Stimme erneut an.

„Ein Dämon sollte nicht über die Menschen regieren. Was willst du in meinem Land?“

„Ganz einfach. Eine neue Weltordnung schaffen. Ein Zeitalter der Dämonen mit mir als König. Die Menschen sind vorerst ein Mittel zum Zweck. Unsterblichkeit für mein Volk. Reicht dir das erst Mal?“

Jan zog sein Schwert. „Pech, so weit kommt es nicht“

Lachend schüttelte das Monster den Kopf. Dieser junge Sterbliche war bei weitem nicht der Erste, der sich gegen ihn stellte. Und auch er würde, wie alle anderen vor ihm, scheitern, selbst wenn seine Aura sich von den anderen seines Stammes unterschied. „Vielleicht ist es ja deine Bestimmung mich zu vernichten, sonst würde dein Körper wohl kaum so auf mich reagieren. Anderseits verträgst du meine Nähe nicht. Noch ein paar Stunden mehr und du stirbst von alleine. Oder glaubst du, du hältst diese Belastung lange durch?“, erläuterte der Anführer.

Kaum hatte das Ungeheuer zu Ende gesprochen, sank Jan stöhnend auf die Knie. Hatte diese Missgeburt etwa Recht? Vertrug er die Nähe des Lebewesens nicht? Wieso ausgerechnet er? War er denn so schwach?

„Was ist? Wolltest du mich nicht angreifen?“, hallte die Stimme des Monsters. „Oder verlassen deine Kräfte jetzt schon deinem Körper.“, spottete das Untier.

Der Junge versuchte sich aufzurichten, aber irgendwie gehorchten ihm seine Beine nicht richtig.

„Du hast Glück. Ich werde dich nicht sofort töten. Morgen lasse ich dich öffentlich für Hochverrat hinrichten. Falls du solange durchhältst“, verkündete der König gönnerisch.
 


 

„Hey Felix. Mach mal ne Pause“, rief ein älteres Mitglied der Eliteeinheit den Krieger.

„Wir müssen dir etwas erzählen“, erklärte sein Nachbar.

Verschwitzt setzte sich der Teeanger neben die beiden Erwachsenen. „Was geht ab?“, wandte er sich an die Männer.

„Hast du schon gehört, was heute Morgen im Thronsaal geschehen ist.“

Der Junge schüttelte den Kopf.

„Ein Typ, etwa dein Alter, ist zusammengebrochen.“

„Voll peinlich wenn ihr mich fragt.“

Der 18jährige brauchte eine Weile um die Information zu verarbeiten. Aufgebracht packte er einen der beiden am Kragen.

„Wo ist er jetzt?“, schrie er in heilloser Aufregung.

„Im Kerker. Wegen Verrat. Er wird Morgen hingerichtet“, hechelte der Bedrohte.

Patrizias Sohn ließ den Mann fallen. Beunruhigt fuhr er sich durch die Haare. „Bitte nicht.“
 

Jan rollte sich umständlich auf den Rücken. Er durfte nicht noch mal das Bewusstsein verlieren. Wenigstens war ihm nicht mehr so kalt. Von weither hallten Schritte. Wahrscheinlich wieder ein Wachmann, der nach ihm gucken kam. Kapierten sie denn nicht, dass er gar nicht in der Lage war zu flüchten. Doch zu seiner Überraschung wurde die Kerkertür geöffnet.

„Steh auf.“, befahl eine Stimme ihm.

Leichter gesagt als getan. Der Mensch wartete nicht lange, sondern hievte dem zum Tode verurteilten hoch. „Ich hab was wieder gut zu machen. Auch wenn es mir schwer fällt, ich muss dich zu den Elben bringen.“, erläuterte er.

„Felix“, stöhnte Jan.

Gestützt von seinem Freund, verließ er das Verlies. Es wunderte ihn, dass keine Wachen ihren Weg kreuzten, anderseits war Felix ein Dark Heroe. Die meisten unterstanden seinem Befehl und wenn er wollte, dass sie Pause machten, dann taten sie das auch.

Vor der Burg warteten zwei Wölfe, die die beiden außerhalb der Stadtmauern brachten.. Kaum hatten sie das Elbenland betreten, schöpfte der Geplagte neue Kräfte. Die frische Luft tat ihm gut. „Danke.“, keuchte er. „Aber jetzt geh zurück. Es ist zu gefährlich.“

Der Jüngere tippte sich gegen die Stirn. „Nein! Ich kann dich nicht allein lassen. Du brauchst Hilfe.“, wehrte er eilig ab. Schweigend trieb er die Wölfe voran, so dass sie in die Nähe des Elbendorfes gelangten. Dort angekommen half er dem Verletzten von seinem Reittier und ließ ihn sanft im Gras liegen. „Warte hier.“, befahl er den Jugendlichen. Mit diesen Worten entfernte er sich kurzzeitig um einen faustgroßen Stein zu finden. In diesen ritzte er das königliche Zeichen und band es einen der Wölfe um. „Bring das zur Elbenanführerin. Ich hoffe du findest sie.“, ordnete er an. Das Tier setzte sich knurrend in Bewegung. Der Kämpfer schaute ihm lange nach und hoffte, dass sie kommen würde und zwar möglichst bald.

Während Jan versuchte zu schlafen, schnürte sein Kamerad ein Feuer. Ein wahrhaft gefährliches Unternehmen in der Nähe des Dorfes. Bewohner könnten auf sie aufmerksam werden. Doch dessen ungeachtet musste er versuchen den Körper des Gefährten Wärme zuzuführen. Insgeheim hatte er gehofft, es würde dem Älteren besser gehen, wenn sie nur ihre Heimat verließen. Aber nun benötigte er auch noch die Hilfe der Frau, die er einst töten wollte.
 

Eine warme Zunge weckte die Erwachsene aus ihren tiefen Schlaf. Sanft, aber bestimmt stieß sie den Wolf beiseite. Der ließ sich auf die Hinterläufe nieder und wartete bis die Frau vollständig erwacht war. Langsam setzte sich die Anführerin auf die Bettkante. Ein Blick durch das Fenster verriet ihr, dass es tiefe Nacht war. Liebevoll schaute sie dem Tier in die aufmerksamen Augen. „Na mein Kleiner, hast du dich verirrt oder sind deine Besitzer in der Nähe“, sprach sie das Wesen ihrer Feinde an. Die Kreatur biss sich scheinbar ins Fell. Erschrocken wollte Selina aufstehen, doch das Geschöpf hob seinen Kopf. Zwischen seinen Zähnen hielt er ein Band mit einem Stein befestigt, welches er nun der Ewiglebenden zu Füssen legte. Verwundert nahm die Elbin den mitgebrachten Gegenstand zur Hand. „Von wem?“, dachte sie laut. Erst bei näheren hinsehen erkannte die Unsterbliche die schwache Eingravierung. Zwar war ihr klar, dass es das königliche Zeichen war, aber was hatte das zu bedeuten. War Jan zurück und wollte sich mit ihr treffen? Ihr Herz machte einen kleinen Freudenhüpfer. Doch sogleich verwarf sie den Gedanken wieder. Es konnte auch sein, dass sie in eine Falle gelockt werden sollte. Schließlich würde der Nachfolger des Königs sich auch am Tag mit ihr Treffen können. Nachdenklich ging sie zur Tür. Der Wolf, der es als Aufmunterung endlich loszugehen anerkannte, drängte sich mit großen Sätzen an ihr vorbei. Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden, rannte sie ihm nach. Dann musste sie eben ihrem Gefühl vertrauen.

Erholung

Jan hielt sich den schmerzenden Arm. Als sie das Land der Elben betreten hatten, hatte er gehofft es würde ihm besser gehen, allerdings musste er sich eingestehen, dass das nur eine Illusion war. Doch warum? Sie waren weit weg von dem Dämon. Sein Körper musste sich doch nun langsam erholen. Aber sein Mal brannte schrecklicher als zuvor. Nur durch einen Nebelschleier konnte er den sternenübersähten Himmel sehen. Und obgleich er im Moment nicht viel ausrichten konnte, wusste er eins. Sobald wie möglich würde er dieses Monster töten und nächstes Mal würde er sich nicht unterkriegen lassen.
 

Endlich tauchte das Tier zwischen dem Gebüsch auf. Dicht hinter ihm folgte die Elbin, den Bogen fest in ihrer Hand. Aus Vorsicht hatte sich Felix entfernt vom Lager der zwei gestellt. Schließlich wusste er nicht genau, ob die Königin mit seinem Gefährten befreundet war. Wenn er sich getäuscht hatte, würde es gefährlich werden.

Die Frau stand ihm nun direkt gegenüber. Einen Dolch in ihrer rechten Hand und den Bogen über ihr Schultern gelegt. Das dieser Junge in ihren Wäldern umherstrich war gefährlich. Er hatte schon einmal versucht sie gefangen zu nehmen, warum sollte er diesmal aus guten Gründen hier sein. Doch entgegengesetzt ihrer Erwartung warf der Jugendliche seine Waffe weg. Drohend kam sie auf ihn zu. „Was willst du?“, fragte sie ungeduldig.

„Deine Hilfe.“

Selina lachte. „Nenn mir einen Grund, weshalb ich meinem Feind helfen sollte. Du hast Glück wenn ich dich nicht töte.“, zischte sie ihm zu.

„Tu es. Jedoch solltest du dir vorher anhören, was ich zu sagen habe.“, bat er sie. Widerwillig schüttelte die Herrscherin der Elben den Kopf. „Vergiss es. Du bist für die Ausrottung meines Volkes.“ Während sie sprach trat sie dicht an ihn heran, den Dolch an seine Kehle gedrückt.

Der 18jährige zeigte keine Reaktion von Furcht. „Es tut mir Leid, was ich getan habe. Aber es gehört nun Mal zu meiner Pflicht. Dennoch flehe ich dich an. Hilf mir.“

„Ich fall auf deinen Trick nicht rein. Warum sollte ich dir Vertrauen?“, gab sie zu bedenken.

Felix antwortete zunächst nicht. Einem Moment dachte er daran, sie zu überwältigen und zu zwingen Jan zu helfen. Aber wahrscheinlich würde sie sich weigern, außerdem war ihre Magie zu stark für ihn. „Also gut. Dann beantworte mir nur eine Frage. Wie gut kennst du Jan?“

Die Elbin legte ihre Hand flach auf die Brust des jungen Menschen. Ein kleiner Wasserfunken bildete sich vor ihrer Hand. „Du fragst zuviel. Er ist einer meiner vielen Feinde. Nur etwas besser in der Kampfkunst. Wolltest du das hören?“, verkündete sie gereizt.

Die Augen des Sterblichen nahmen einen enttäuschten Ausdruck an. Der Weg war umsonst gewesen. Niemand konnte seinem Freund helfen. Und er würde sicherlich auch nicht mehr sein zu Hause wieder sehen. „Doch wieso hast du am See nicht geschossen? Hattest du nicht befürchtet, dass er stirbt?“, versuchte er verzweifelt die Wahrheit raus zu finden.

„Mag sein. Aber du solltest keine falschen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Sagen wir, ich war es ihm schuldig.“, fiel sie ihm ins Wort.

Der Teenager senkte betroffen sein Haupt. „Schuldest du ihm nicht vielleicht noch einen Gefallen?“, brachte er im Flüsterton hervor.

„Wem soll ich eigentlich helfen? Ihm oder dir?“

Der Krieger wandte sich, obgleich der ihm angehaltenen Waffe, von ihr ab. Er musste sie zu ihm bringen. Ansonsten würde sein Kamerad sowieso sterben. „Folg mir, wenn du willst.“ Mit diesen Worten setzte er sich in Bewegung.

Blitzschnell packte die Unsterbliche ihn bei den Schultern, drehte ihn herum und hielt den Dolch nun so nah heran, dass eine weitere Bewegung lebensgefährliche wäre. „Vergiss es. Ich lass dich nicht gehen.“, warnte sie eindringlich.

Trotz das sein Leben in Gefahr war, sah er verachtend auf sie herab. „Kapierst du es nicht? Jan ist krank. Er braucht Hilfe. Ich hatte gehofft du würdest ihm helfen, nachdem er sein Leben für dein Volk bereit war zu geben. Anscheinend ist dir sein Leben aber egal.“, erwiderte der Kämpfer.

Nachgiebig zog Selina ihre Waffe zurück. „Gut ich helfe ihm. Bring mich hin.“, forderte sie sichtlich ruhiger.

Patrizias Sohn wollte sich bücken um sein Schwert wieder aufzuheben, doch die Ewiglebende gab ihn einen sanften Stoß, dass er daneben griff. „Die lässt du hier. Denkst du denn ich vertraue dir?“, giftete sie den Jüngeren an.

Der zuckte mit den Schultern und führte sie darauf hin stumm zu dem Leidenden. Selina versuchte ihren Drang zu ihm hinzustürzen zu unterdrücken, da sie bemerkte wie ihr Führer sie beobachtete. Prüfend untersuchte sie ruhig und mit gespielter Gelassenheit den Körper des 19-jährigen. Nach einer viertel Stunde erhob sie sich schließlich und deutete Felix sich zu setzen.

Mit neugierigem Blick folgte der Mensch ihrer Aufforderung. „Also kannst du ihm helfen?“, forschte er interessiert nach.

Die Erwachsene ließ sich seufzend neben ihm nieder. „Sicher. Allerdings möchte ich vorher erfahren, wie es dazu kam. So eine Abwehrreaktion des Körpers kommt nicht einfach nebenbei.“, beantwortete sie seine Frage.

Der Sterbliche nickte. „Verständlich. Also gut. Wo fang ich am besten an…“
 

„Ich hoffe das reicht dir“, schloss er endlich seine Erzählung ab.

Die Ewiglebende sah nachdenklich in den Himmel. „Es wird bald hell. Solltest du nicht zurückkehren. Dein Freund kommt auch ohne dich zurecht.“

Verwirrt kratzte der Junge sich am Kopf. „Hä... Bald hell? Bis dahin dauert es noch einige Stunden“, bestritt er ihre Behauptung. Als er jedoch den ungeduldigen Ausdruck in den Augen der Königin erkannte, rappelte er sich auf. Anscheinend duldete sie ihn nicht länger. Er warf noch einen letzten besorgten Blick auf seinen Freund, dann bestieg er einen der Wölfe. „Wolltest du mich nicht töten?“, erinnerte er sie nochmals.

Selina sprang entrüstete über die Frechheit des Kindes auf, doch das Reittier verließ in großen Sätzen den Platz. Die Elbin zog die Luft scharf durch die Zähne ein, dann schenkte sie ihre Aufmerksamkeit den jungen Mann. Vorsichtig zauberte sie wenige Wasser auf ihre Hand und benetzte damit seinen trockenen Mund.

Jan erwachte aus seinem Halbschlaf und schlug die Augen einen Spalt auf. „Was machst du hier?“, stöhnte er leise.

Die Unsterbliche legte den Finger auf seinem Mund. „Spar dir deine Kräfte.“, mahnte sie ihn. In diesem Moment wurden ihre Worte durch ein Rascheln unterbrochen. Seraphime tauchte zwischen dem engen Gestrüpp des Waldes auf. Auf sanften Pfoten lief sie zu ihren Herrn. Fast fürsorglich leckte die Wölfin das Gesicht des Jugendlichen.

Lächelnd stand die Anführerin auf. Während sie das Tier liebevoll hinter dem Ohr kraulte, blickte sie sich suchend um. „Pass auf ihn auf. Ich brauch ein paar Kräuter, damit er schnell wieder zu Kräften kommt.“, bat sie die Kreatur. Das Wesen baute sich schützend vor ihrem Besitzer auf. Eilig begab sich Selina auf die Suche. „Seltsam.“, dachte sie während ihre Augen stets den Umgebung absuchten. Wieso hatte niemand bemerkt, dass zwei Menschen so nahe an das Dorf geraten waren. Fast überall gab es Späher und trotzdem waren sie fast bis an ihre Heimat vorgedrungen. Es sei denn natürlich die Göttin wollte es so. Aber warum, warum hatte sie ihre Reise begünstigt? Sie musste es unbedingt herausfinden. Allerdings musste sie vorerst den Jungen versorgen.
 

Ein feuchter Morgen brach schließlich an. Auf den Blättern sammelte sich der Tau. Und obgleich die Sonne am Himmel stand, war es kalt. Die Kräuter zeigten eine schnelle Wirkung, so dass Jan bereits am Morgen wach an dem schwach glimmenden Feuer saß. Die Schmerzen hatten vollends nachgelassen. Selina schlief noch. Verständlich, nachdem sie die halbe Nacht damit zugebracht hatte über ihn zu wachen. Selbst Seraphime lag zusammengerollt auf dem frischen Gras. Ab und zu öffnete sie ein Auge um zu prüfen, dass alles okay war und verfiel dann wieder in ihren wachsamen Halbschlaf. Der junge Mensch beobachtete aufmerksam die schlafende Elbin. Wieso hatte sie ihm geholfen? War ihr nicht klar, dass ,wenn ihr Volk das rauskriegen würde, sie wahrscheinlich niemals mehr regieren konnte?

Im selben Augenblick öffnete die Herrscherin ihre Augen. Verschlafen nahm sie zur Kenntnis, dass es ihrem Patient besser ging. Mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht setzte sie sich ebenfalls ans Feuer.

Jan senkte den Blick. „Danke für deine Hilfe.“, murmelte er leise.

Die Erwachsene winkte ab. „Ich war es dir schuldig.“, erklärte sie.

Geknickt nahm der Krieger sein Schwert zur Hand. „Aber warum musste mir das passieren? Bin ich so empfindlich?“, wandte er sich fragend an seinen Gegenüber.

Die Angesprochene schüttelte den Kopf. „Eher das Gegenteil. Dämonen haben nun Mal eine kalte und finstere Aura. Nur die wenigsten, und Menschen eigentlich schon gar nicht, verspüren sie. Es war lediglich eine Abwehreaktion des Körpers.“, erläuterte sie.

„Heißt das, dass mir das jedes Mal, wenn ich diesem Vieh gegenüberstehe, passieren kann?“

„Das kann ich dir leider nicht beantworten. Trotzdem solltest du vorerst nicht zurückkehren.“ Mit diesen Worten erhob sie sich. „Ich werde etwas zu Essen besorgen. Schließlich solltest du so schnell wie möglich wieder im Vollbesitz deiner Kräfte sein.“, fügte sie hinzu.

Der Kämpfer versank wieder im Gedanken und die Herrscherin machte sich auf dem Weg. Als sie jedoch an dem Menschen vorbeiging, hielt er sie grob am Arm fest. „Eins würde ich schon gerne Wissen. Hast du mir geholfen, weil du Mitleid hattest?“

Die Ewiglebende biss sich auf die Lippen. „Nein.“, log sie schnell.

Der Jugendliche betrachtete sie eine Weile kritisch, dann ließ er sie los. „Gut. Ich hasse Mitleid.“

Selina rieb sich das Handgelenk. Warum hatte sie jetzt gelogen? Es war ja nicht ihr Problem, dass er mit dieser Gefühlregung nicht zu Recht kam. Anderseits hatte er sicherlich genügend andere Sorgen. „Bis dann“, verabschiedete sie sich endgültig und verschwand zwischen den Bäumen.

Seufzend erhob sich der Zurückgelassene ebenfalls. Seraphime blickte kurz auf. Sie fragte sich, ob dieses Geräusch nur Zufall war oder ob er wirklich Sorgen hatte.

Der 19-jährige streichelte aufgrund der besorgten Augen kurz über den Kopf des Tieres. Schließlich entfernte er sich wenige Schritte von ihr und stemmte seine Hand gegen einen dicken Baumstamm. Noch nie war ihm die Schönheit dieses Ortes so bewusst geworden wie jetzt. An vielen Stellen schickte die Sonne ihr helles Licht durch das Blättermeer der überaus gesunden Bäume. Der Waldboden war von einer feinen Gras und Moosschicht überzogen. Ehrfürchtig blickte der Sterbliche an dem Baum nach oben. Die Blätter bewegten sich leicht im Takt mit dem Wind, der sanft durch den Wald fuhr. Gleichzeitig krampfte sich seine Hand um die Rinde. So sehr ihm der Zauber dieses Ortes auch gefiel, es passte ihm nicht länger hier bleiben zu müssen. Aber in seiner Welt war er nun ein Feind und es wäre zu gefährlich zurückzukehren. Obgleich er hier nicht viel besser dran war. Die Elben waren auch nicht gerade seine Freunde. Es bestand im Grunde die gleiche Gefahr entdeckt zu werden wie zu Hause. Sein einziger Vorteil war, dass die Königin der Elben ihm wohl gesonnen war. Doch wie war es eigentlich dazu gekommen? Weshalb ließ sie ihn frei gewähren? Glaubte sie, er wäre eine Hilfe für ihr Volk. Der Gedanke gefiel ihm nicht. Er gehörte einfach nicht hierher. Seine Überlegungen wurden durch lautes Gerede gestört.

Blitzschnell versteckte der Mensch sich hinter einem Baum. Gerade rechtzeitig um seinen Anblick vor einer Herde Orks zu verbergen. Zu seinem Glück stellte er fest, dass auch seine Wölfin schnell genug entkommen war. Etwa 15 Orks marschierten über den Platz. Vorsichtig spähte der Thronfolger zu den Kreaturen. Was hatten sie so nahe an einem Elbendorf zu suchen? Wollten sie die Umgebung für einen Angriff studieren. Verwundert fiel sein Blick auf die Waffen vierer dieser Monster. Armbrüste?! Für diese Wesen eine ungewöhnliche Waffe. Meist benutze dieser Stamm eigentlich Äxte oder andere Waffen dieser Art. Für Schusswaffen waren sie nicht geeignet. Es sei den jemand hätte ihnen eine Unterweisung darin gegeben. Sein Verdacht fiel auf den König der Menschen. Er war so sehr an der Zerstörung der Elben interessiert, dass er selbst ein Bündnis mit den Orks eingehen würde. Gleichzeitig erwachte ein zweiter Gedanke in ihm. Was war wenn diese Bestien nicht da waren, weil sie die Elben töten wollten, sondern weil sie ihn suchten.

Die Lebewesen blieben an dem erloschen Feuer stehen. Schnuppernd ließ der Führer die Asche zwischen seinen hornigen Fingern zu Boden fallen. Seine Augen drehten sich in die Richtung in der Jan stand. Vorsichtig näherte er sich dem Gehölz.

Der Mensch wagte es nicht zu atmen. Die Hand bereits am Griff des Schwertes, wartete er darauf, dass sein Feind ihn entdeckte. Auch wenn er keine Chance gegen die ganze Gruppe hatte, würde er nicht kampflos aufgeben. Zu seinem Glück sprang in diesem Moment die lauernde Wölfin aus dem Gebüsch hervor und biss sich an einem der Monster fest. Zwischen der Masse brach eine heillose Panik aus. Binnen kürzester Zeit war Seraphime wiederum im Gebüsch verschwunden. Der Nachfolger des Königs atmete erleichtert auf. Vorerst waren sie abgelenkt. Ein leises Knacken lenkte ihn von dem Geschehen ab.

Direkt hinter ihm stand Selina. Jan legte beschwörerisch den Finger auf ihren Mund. Mit einer schnellen, aber dennoch ruhigen Handbewegung hatte er sie an den Baum gedrückt und sich selbst nah an die Ewiglebende heran gestellt. „Sieh auf die letzten vier!“, befahl er ihr im Flüsterton.

Gebannt bemusterte die Anführerin die Orks. Auch sie verwunderte die Waffenart sehr. „Woher haben sie die?“, fragte sie leise den Menschen.

„Keine Ahnung.“, antwortete er mit gedämpfter Stimme. Noch während sie sprachen, wurde der Elbin bewusst, wie nah der Teenager hinter ihr stand. Aus einem unerklärlichen Grund wurde ihr unangenehm heiß. Sie wartete bis ihre Gegner weiter gezogen waren, dann stieß sie ihn sanft aber bestimmt weg.

Der Jüngere machte eine abwehrende Handbewegung. „Verzeiht, ich wollte euch nicht zu nahe treten.“, entschuldigte er sich.

Selinas Blick wurde fragend. Seit wann war er so förmlich?

„Was ist, habe ich etwas falsches gesagt?“, hörte sie die Stimme des Gegenübers.

Die Elbin schüttelte stumm den Kopf. „Es ist nur…“, mitten im Reden hielt sie inne.

Der Sterbliche unterließ es weiter darauf einzugehen. Stattdessen trat er hinaus auf die Lichtung. Mit ihm tauchte auch die Wölfin wieder auf. Liebevoll strich er über ihren Rücken. „Danke, das war Rettung in letzter Sekunde.“, sagte er im leisen Flüsterton. Seine Augen folgten der Richtung in der die Orks verschwunden waren. Zielstrebig setzte er sich in Bewegung.

„Warte, wo willst du hin?“, hielt die Stimme der Frau, welche sich inzwischen zu Seraphime gesellt hatte, ihn zurück.

„Was glaubst du? Ich folge ihnen. Ich will herausfinden wo ihr Lager ist und eventuell was sie vorhaben.“, erklärte er.

„Ich begleite dich, dass ist sicherer.“, bot sie an.

„Vergiss es. Ich geh allein.“, wehrte er genervt ab.

„Wieso? Denkst du ich bin dir im Weg?“, protestierte sie gekränkt.

Der Jugendliche verschränkte die Arme ineinander. „Das wäre einer der Gründe.“

Die Unsterbliche stemmte die Arme in die Hüfte.

„Außerdem solltest du dein Volk warnen. Sie planen einen Angriff. Wahrscheinlich wurden sie auch von Spähern gesehen, aber falls nicht. Überdies brauchen sie dich mehr als ich.“, fügte er noch hinzu.

Die weibliche Person drehte sich abrupt um. „Gut wie du meinst. Aber komm bald zurück.“, gab sie nach.

Seraphmie jaulte kurz auf.

Und als die Erwachsene sich nach hinten umblickte, war er bereits verschwunden. „Und pass auf dich auf.“, murmelte sie, bevor auch sie sich auf den Weg machte.
 

Wieso tat er das eigentlich? Warum half er schon wieder dem Stamm der Elben? Im Grunde ging es ihn ja nichts an. Gelangweilt kickte er einen Stein vom Weg ab. Die Spuren der Orks waren leicht zu folgen. Allerdings musste er acht geben, dass er in sicherer Entfernung blieb. Gegen einen ganzen Stamm würde er wohl kaum ankommen. Je näher er dem Lager seiner Feinde kam, desto aufgewühlter wurde die Erde.

Langsam schlenkerte er vom Weg ab und bewegte sich im Schutz der Bäume weiter. Nach einem längeren Fußmarsch erreichte er die Höhle der Orks. Eine Gruppe von 16 Mann stand vor der Höhle und beriet sich lauthals über einen bevorstehenden Angriff. Jan schenkte dem Gespräch kein Gehör. Da sich die Bestien meistens mit einem seltsamen Grollen unterhielten, verstand er sowieso nicht mal die Hälfte. Im Gedanken versuchte er abzuschätzen, wie viele dieser Monster sich in der Höhle befinden mussten. Er hoffte nicht zu viele. Wie hatten sie es überhaupt geschafft hier im Elbenland ein Lager aufzuschlagen? Gab es in diesem Gebiet keine Späher, weil es zu Nahe am Ödland, dem Heimatort der Orks, lag? Wahrscheinlich.

Ein plötzliches Rascheln im Gebüsch ließ ihn erschocken zusammenfahren. Ruckartig wirbelte er herum. Ein schwarzer Vogel schoss pfeilschnell in den Himmel. Reflexartig zog der menschliche Krieger sein Schwert. Jedoch gelang es ihm lediglich den Fuß des Tieres abzuschlagen. Mit einem gequälten Aufschrei entkam der Späher der Orks. Im nächsten Moment spürte der junge Mann einen Pfeil in seinem rechten Arm. Betäubungsgift gelangte somit in sein Blut und breitete sich im ganzen Körper aus. Der Getroffene biss sich auf die Lippe und zog mit einem kräftigen Ruck die Schusswaffe aus seinen Arm.

Erfolglos versuchte er die herannahende Müdigkeit zu unterdrücken. Dabei bemerkte er nicht, wie sich einer aus der Gruppe auf ihn zu bewegte. Und noch bevor der Angreifer zu dem Jugendlichen gelangt war, fiel er in einen erzwungenen Tiefschlaf.

Gefangenschaft

so erstmal ein ganz kurzes Dankeschön an meine zwei Kommischreiber. Ich freu mich echt, dass ihr diese Fanfic lest. Hoffe sie gefällt euch auch weiterhin.
 

Und jetzt viel Spaß beim Lesen
 

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„Lasst den Jungen am Leben. Der König der Menschen möchte ihn selbst töten. Angeblich soll er dadurch Macht bekommen. Er verspricht uns eine angemessene Belohnung.“ Diese Worte drangen an das Ohr des Gefangenen, als er endlich erwachte. Seltsamerweise gehörte die Stimme nicht zu einem Ork. Was hatte ein Mensch hier zu suchen? Falls es überhaupt einer war. Die Schritte des Sprechers entfernten sich schnell. Noch immer leicht benommen versuchte Jan seine Lage abzuschätzen. Zu seinem Glück hatten seine Feinde ihn nicht gefesselt. Warum wusste er nicht. Unter sich spürte er den harten Boden der felsigen Höhle. Ein kurzes öffnen der Augen verriet ihm, dass er neben einer feuchten Wand gelegt wurden war. In der Nähe brannte ein Feuer. Wahrscheinlich war das der Grund, dass es so stickig war und der Gestank von Schimmel, Blut und toten Tieren in seine Nase drang. Es dauerte eine Weile bis er sich an den Geruch gewöhnt hatte. Vorsichtig, so dass die Monster nicht merkten, wie er sich rührte, fuhr er an seinem Körper entlang. Erfreut stellte er fest, dass sie nicht daran gedacht hatten ihn zu entwaffnen. Langsam wurden die Sinne des Thronerben wieder aktiv. Die Geräusche um ihn wurden lauter. Seine Augen einen Spalt geöffnet betrachtete er nachdenklich die Wand. Es musste eine Möglichkeit geben zu fliehen ohne viel aufsehen zu erregen. Denn sich mit allen anzulegen wäre ziemlich dumm. Anderseits konnte ihm nicht viel geschehen. Der verschwundene Mann hatte angeordnet ihm am Leben zu lassen. Doch diese Rasse hatte meist ihren eigenen Kopf.

Der Anführer der Orks, Shanton genant, erhob sich von dem Feuer. Der Magier hatte ihm gesagt, dass der Gefangene nun wach sein musste. Jan spürte den großen Schatten des Lebewesens über seinen Körper. Sein Feind bückte sich umständlich und rüttelte heftig an dem Menschenjungen. Dennoch stellte der Krieger sich schlafend. Die Bestie packte ihn am Kragen und richtete ihn auf. Grob drückte er ihn gegen die Wand. Gezwungener Massen musste der Teenager die Augen öffnen. Ein unangenehmer Geruch schlug ihn entgegen und ließ Jan erahnen, was das Monster gerade gegessen hatte. Die Kreatur bleckte angriffslustig die gelben von blutübersähten Zähne. Der Kämpfer drehte seinen Kopf zur Seite. Ein weiterer Ork mit dem roten Umhang eines Anführers trat aus dem Schatten. Er brummte kurz ein paar Worte, die für den 19jährigen unverständlich blieben. Daraufhin schlug Shanton Jans Kopf gegen die Felswand und ließ ihn grollend fallen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sich der Sterbliche den Hinterkopf. „Verdammte Orks“, fluchte er leise. Als er aufblickte stand bereits der zweite Anführer vor ihm.

Natheniel deutete an, dass er aufstehen sollte. Der junge Mann weigerte sich.

„Komm doch zu uns an Feuer.“, knurrte das Geschöpf, allerdings klang es eher wie eine Aufforderung, als ein Angebot.

Der Nachfolger des Königs setzte sich, den Rücken an die Wand gelehnt, hin. Schweigend sah er dem Monster in die Augen.

„Du hast die Wahl. In wenigen Tagen wirst du sowieso abgeholt. Willst du dich wirklich solange widersetzen? Eine Dummheit, denn du bekommst nur was von unserem Essen, wenn du dich zu uns begibst“

Der Angesprochene staunte über die Wortgewandtheit des Redners. Jedoch unterließ er es zu antworten. Als würde er dieselbe Nahrung wie ein Ork zu sich nehmen

„So ein Dummkopf“. Schlürfend gesellte der Anführer sich wieder zu den anderen.

Seufzend lehnte der Freund der Elben seinen Kopf gegen die Wand. Mit der Handfläche drückte er sich sanft gegen die Stirn. Dank des Orks durfte er sich nun mit Kopfschmerzen rumärgern.
 

Spät am Abend erhob sich der Gefangene. In der Höhle war Ruhe eingekehrt. Nur jeweils zwei Orks blieben wach. Bei der kleinsten Bewegung des Menschen hatten sie ihre Waffen zur Hand. So standen sie auch jetzt in seiner Nähe und achteten auf jede seiner Bewegungen. Das war auch der Grund warum er jeweils nur wenige Schritte ging und sich dann wieder auf seinen alten Platz setzte. Er hoffte, dass die Orks irgendwann glauben würden, er vertrete sich nur die Beine und in ihrer Wachsamkeit nachließen. Schließlich war dieses Volk nicht gerade das Schlauste. Allerdings gab er das Spiel nach wenigen Stunden auf. Da die Wache abwechselte, schien es nicht wirklich Sinn zu haben. Stattdessen legte er sich selbst ein wenig hin um zu schlafen.
 

Noch bevor die Sonne den Morgen ankündigte, erwachte Jan. Inzwischen waren vier Anführer in der Höhle. Für das Elbenvolk ein erheblicher Nachteil. Wäre es nur eine gewesen, hätte er nicht gezögert und ihn erstochen, dann hätten sie sich zurückgezogen, aber so hatte es keinen Sinn. Am späten Nachmittag betrat ein Wassermagier die Höhle. Jan erkannte ihn an der Stimme wieder. Dieser Mann war am vorigen Tag schon Mal hier gewesen. Er wechselte ein paar Wörter mit den Anführern. Anschließend baute der Zauberer sich vor dem 19jährigen auf. „Na wie gefällt es dir hier?“, fragte er spöttisch. Sein Mund verzog sich zu einem ekelhaften Grinsen. „Wie konntest du auch nur so dumm sein dich in die Nähe eines Ork Lagers zu wagen?! Ist dir nicht klar gewesen, dass die vom König geschenkten Späher extra wachsam sind.“

Kais Gefährte erhob sich. „Kümmern sie sich um ihren Dreck“, erwiderte er schlicht.

„Hast du keine Angst? Diese Kreaturen sind nicht unbedingt deine Freunde. Sie könnten dich jederzeit töten, wenn ihnen danach ist.“

„Sollte ich denn Angst haben?!“

„Sei nicht zu frech! Morgen wird dich eine Einheit deines Stammes abholen. Was dich zu Hause erwartet, muss ich dir nicht erklären.“

„Seit wann arbeitet ihr mit den Menschen zusammen?“

„Es geht dich eigentlich nichts an. Aber wir erhalten die Hälfte des Elbenreiches und außerdem, wer außer den Elben wagt es jetzt noch den Menschen Widerstand zu leisten.“

„Also seid ihr einfach feige“, stellte der Gefangene trocken fest.

Der Zauberer spuckte verächtlich in den Sand. „Ich lass mir von dir nichts sagen. Außerdem solltest du lieber nett zu mir sein. Ich habe dir etwas zu Essen gebracht. Oder gefällt dir das Essen deiner Gastgeber besser?“, spottete er. Mit diesen Worten zog er einen Apfel aus der Tasche und drückte ihn sein Gegenüber in die Hand. Schließlich drehte er sich würde voll um und verließ mit großen Schritten die Höhle. Zähneknirschend aß Jan das Geschenk. Ihm blieb leider keine andere Wahl und die Zeit rann ihm davon.
 

Schwermütig betrachtete Felix den Sternenhimmel. Langsam schloss er seine Augen. Eine warme Brise wehte über die Stadtmauer. Er genoss sie mit jedem Atemzug. Wo immer seine Freunde auch waren, er hoffte es ging ihnen gut. Sein Blick schweifte über das Elbenland. Schon bald würde ein großer Angriff auf eines der Dörfer stattfinden. Die Menschen würden sich nicht daran beteiligen, dafür aber ihre neue Verbündeten, die Orks und die Wassermagiere. Am liebsten würde er in Selinas Dorf reiten und Jan warnen. Denn sicherlich befand er sich noch in der Nähe. Natürlich war sein Gefährte schlau genug sich aus Kämpfen, die aussichtslos schienen raus zuhalten, anderseits hatte er zwei Menschen die er beschützen wollte. Eine kameradschaftliche Berührung ließ ihn erschrocken zusammenfahren.

„Na alles klar mein Junge?“, hörte er die Stimme seines Vaters.

„Eine schöne Nacht heute.“, bemerkte Felix beiläufig, seinen Blick verträumt auf den Mond gerichtet.

Der bärtige Mann lachte. Es war ewig her seit er das letzte Mal auf so was Sinnloses geachtet hatte. In den vielen Jahren des Krieges hatten er sich abgewöhnt Träumereien nachzujagen. „Warum töten wir eigentlich die Elben?“, fragte der Jugendliche im leisen Ton.

„So eine Frage aus dem Mund eines Dark Heroes. Sie sind nun mal unsere Feinde. Sie haben viel Leid über unser Volk gebracht, dafür bestrafen wir sie jetzt.“, erklärte der Krieger.

„Aber was haben sie getan?“

Der Erwachsene strich sich über seinen Bart. „Meine Güte, du hast fragen. Das weiß ich doch nicht, irgendetwas wird es schon gewesen sein“, antwortete sein Vater unwirsch.

Das Kind ging nicht weiter darauf ein. Er wusste es sowieso nicht, außerdem verärgerte er seinen Vater nur damit. Stattdessen beschäftigte er sich weiter mit seinen eigenen Gedanken. Als der Mann merkte, dass sein Sohn keine Lust zu einem Gespräch hatte, kehrte er zurück zu seinen Posten.
 

Mit geschlossenen Augen saß der Krieger in der Orkhöhle. Die Erde bebte leicht unter seinen Füßen. Noch war er nicht auf die Ursache der Erdbewegung gekommen. Seine Feinde machten sich nichts daraus. Sie waren das erste Mal im Elbenreich und hielten es für einen normalen Zustand. Die Anzahl der Wesen hatte beträchtlich nachgelassen. Die meisten waren auf den Weg ins Dorf, denn der Kampf sollte heute beginnen. Wütend schlug er mit der Faust auf den Boden. Er konnte nichts tun um den Bewohnern zu helfen. Ein weiters Beben folgte. Überrascht schob sich der Kämpfer an der Wand nach oben. Ein Geräusch wie rauschendes Wasser näherte sich dem Unterschlupf. Selbst die Monster wurden langsam nervös. Lauernd rannten sie in der Höhle umher.

Wenige Augenblicke später schoss knapp neben dem Menschen eine Wasserfontäne hoch. Erschrocken trat der 19jährige zur Seite. Ein weiterer Strahl brach aus dem Boden heraus. Diesmal direkt neben einem seiner Gegner.

Innerhalb weniger Sekunden war die Hölle von dem blauen Element erfüllt. Zwischen den Orks herrschte ein heilloses durcheinander. Ein junger Ork rannte panisch quer durch die Hölle. Dabei geriet er in einer dieser Fontänen. Ein herzzerreißender Schrei folgte kurz darauf. Für einen kurzen Moment starrten alle gebannt auf den Auslöser des Geräusches. Da keine weitere Reaktion eintrat versuchten sie so schnell wie möglich den Bau zu verlassen. Jedoch gelang es nicht einem einzigen seinen wuchtigen Körper durch die dünnen Pässe zwischen den Strahlen zu schieben. Immer öfter ertönten laute Schreie. Ein Ork rannte, mit halben Arm an dem Sterblichen vorbei. Wahrscheinlich war er gerade noch einer Wasserfontäne entkommen. Der Nachfolger des Königs wartete bis keine neuen Strahlen mehr auftauchten, dann versuchte er langsam nach draußen zu gelangen. Keiner achtete mehr auf ihn. Vorsichtig umging er das gefährliche Wasser. Leichter als gedacht erreichte er den Ausgang. Ein kalter Windzug empfing ihm. Zu gerne wäre er hier stehen geblieben um die frische Luft zu genießen, aber ihm verblieb nicht mehr viel Zeit.
 

„Seid ihr euch sicher, dass die Orks einen Angriff planen“, erkundigte sich ein Mitglied des hohen Rates.

Mit ernsten Augen sah die Königin ihn an. „Sagt, Vertraut ihr mir nicht mehr Thaisen?“, forschte sie spitz nach.

Der Mann warf sich auf den Boden. „Verzeiht, ich wollte eure Weisheit nicht in Frage stellen. Aber ich habe ein ungutes Gefühl. Und damit bin ich nicht der einzige. Es war eine Hoffnung, besser gesagt ein Wunsch, den ich aussprach.“, erklärte er schnell.

Selina blickte zu den vorbeiziehenden Wolken. „Erhebt euch. Es könnte das letzte Mal sein, dass wir uns gegenüberstehen. Denn auch ich spüre es. Es liegt eine ungewöhnliche Spannung in der Luft, die ich hier noch nie erlebt habe. Beten wir dafür, dass es kein schlechtes Vorzeichen ist, dennoch sind die Kämpfer bereit.“ Der Erwachsene nickte. Ein plötzliches Beben erfüllte die Erde.

„Sie scheinen zu kommen. Anarcia schenke unserem Volk ihren Segen“, verabschiedete der Ewiglebende sich.

Anmutig bestieg die Frau ihre Stute. Ohne ein Kommando setzte Luna sich in Bewegung um an die Spitze der berittenen Kämpfer zu gelangen. Besorgt blickte sich die Anführerin in der Menge um. Insgeheim hatte sie Jan schon längst zurückerwartet. Drei lange Tage waren verstrichen, seit er sich auf dem Weg gemacht hatte. Sie hoffte nur, dass er noch am Leben war

Das Ende des Dorfes - Teil 1

Schnellen Schrittes folgte Jan den Spuren der Orks. Bis zum Dorf Selinas war es ein weiter Weg. Er musste seine Kräfte für den Kampf sparen. Dazu kam noch, dass er nichts gegessen hatte, was nicht unbedingt hilfreich war, wenn er in eine Schlacht ziehen wollte.

„Halt ein!“, rief eine Stimme ihn.

Der junge Krieger erkannte sie schnell wieder. Doch hatte er keine Zeit, auch für die Göttin des Waldes nicht. „Bitte es ist wichtig.“

Widerwillig stoppte der junge Mensch. „Ich habe es eilig, also fass dich kurz.“ Während er sprach, erschien Anarcias Gestalt vor seinen Augen.

„Du solltest mehr Respekt haben, aber es gibt wichtigeres.“, erklang die ruhige Stimme der Ewiglebenden.

„Wenn ich wieder etwas für dich erledigen soll, vergiss es!! Mach in Zukunft deinen Gram selber.“, fuhr er sie an.

Die Beherrscherin des Elbanlandes lächelte sanftmütig. „Ich habe mich noch nicht für damals bedankt. Ohne dich wäre dieses Land dem Untergang geweiht gewesen. Anderseits war es als Auserwählter natürlich deine Pflicht“

Genervt verdrehte der 19jährige die Augen. „Fang bitte nicht schon wieder mit diesem Unsinn an.“ Seufzend ging er an ihr vorbei.

„Bleib stehen!“, befahl die Göttin.

Der Kämpfer hielt inne, seinen Blick starr auf das Gras gerichtet. Diese Frau hatte eine Aura, die ihn nicht loszulassen schien. Selbst wenn er es noch so sehr wollte, er konnte nicht weitergehen. Dieses Gefühl hatte er schon einmal in der Höhle Anarcias verspürt und er hasste es aus tiefster Seele. Angefüllt von diesem Gefühl drehte er sich sein Schwert ziehend um und führte die Waffe an ihren Hals. Wie erwartet schnitt das kalte Stahl durch sie hindurch.

„Mit einer gewöhnlichen Waffe kannst du mich nicht töten. Allerdings, wenn es wirklich dein Wunsch ist, kann ich dir einen Trick verraten.“, redete sie weiter.

Der Sterbliche ließ das Schwert zurück in die Hülle gleiten. „Das will ich gar nicht wissen. Sag mir lieber, weshalb du mich nicht einfach in Ruhe lässt.“, unterbrach er sie.

„Sag Jan, weißt du eigentlich wer dich gerettet hat?“

„Ich bin nicht blöd. Die Magie des Wassergottes ist stark, aber wieso hast du ihn die Arbeit machen lassen?“

Das Lächeln der engelsgleichen Gestalt erstarb. „Ich brauche noch einmal deine Hilfe. Dafür würde ich dich auf den schnellsten Weg zum Elbendorf bringen.“, erklärte sie mit schuldbewusster Miene.

Der junge Mann überlegte kurz, dann setzte er wortlos seinen Weg fort.

Anarcia lief neben ihm her. „Ist das deine Antwort?“, fing sie erneut an.

„Ich sagte bereits, dass du mich in Ruhe lassen sollst. Hast du nichts Besseres zu tun? Zum Beispiel deinem Volk helfen. Ich bin sicher für deine Unterstützung wären sie dankbar. Immerhin beten sie und nicht ich dich an.“, konterte er genervt.

Die Behüterin des Waldes hielt ihn am Arm fest und zwang ihn somit ebenfalls stehen zu bleiben. „Aber genau darum geht es ja. Als du das letzte Mal bei mir warst, hast du doch auch diese Aura verspürt. Weißt du eigentlich wer das war? Euer neuer König. Er war an das Juwel des Lichtes gekommen.“

Mit erwachter Neugier drehte der Mensch sich um. „Was ist das?“, fragte er interessiert.

„Dieses Juwel stammt aus den Energien der Erde. In alter Zeit, als Verwüstung über das Land sich ausgebreitet hatte, beschlossen die Elfen und Elben einen Gegenstand zu erschaffen, der die spirituellen Energien sterbender Pflanzen oder Tiere absorbierte. Sie beschlossen eine Person auszuwählen, die das Schmückstück beherrschen konnte und wenn die Zeit reif ist, sollte der Auserwählte mit Hilfe des magischen Gegenstandes eine Erneuerung des Planeten heraufbeschwören. Jedoch erholte sich die Erde von alleine. Die Erschaffer des Edelsteins starben nacheinander im Laufe der Jahrhunderte. Bis zum Schluss nur noch ein Elb übrig blieb. Um die Gefahr zu umgehen, dass nach seinem Ableben der Juwel in die falschen Hände geraten könnte, vereinte der Überlebende seine Kraft mit dem Juwel des Lichts. Dies hatte allerdings zur Folge, dass ihre Seele selbst nach ihrem Tod nicht zur Ruhe kommen konnte. Zudem entwickelte sie ungeahnte Kräfte, welche zwar von dem Schmückstück abhängig, aber zum Nutzen des Volkes waren.“

Gedankenverloren lehnte sich der 19jährige gegen einen Baum. „Du hast dich also selber mit einem Fluch belegt.“, stellte er fest. Seine Stimme war dabei völlig gleichgültig, keine Spür von Mitgefühl und Mitleid.

Die Frau nickte. „So ist es. Aber dieser Dämon stahl mir das Juwel und brachte es in eine Zwischenwelt, die für fast niemanden passierbar ist. Er kann es nicht nutzen, aber ohne es besitze ich fast keine Zauberkraft mehr. So sehr ich auch helfen will. Selinas Dorf muss alleine zurechtkommen.“, schloss sie ihre Erklärung ab.

„Wie soll ich dir helfen?“

„Du musst den Edelstein zurückbekommen, indem du den aufspürst, der die Zwischenwelt durchschreiten kann. Wir sprechen später weiter. Du wolltest schließlich ins Elbendorf. Meine zurückgeblieben Kraft langt um dich in die Nähe der Siedlung zu bringen. Von da an bist du auf dich alleine gestellt, also pass auf dich auf und vermeide sinnlose Kämpfe.“ Ohne ein weiteres Wort legte sie ihre flache Hand auf seine Brust. Ein angenehmes Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Die Welt vor seinen Augen verschwamm zu einem Wirbel aus Farben, ehe alles weiß wurde.
 

Wenige Atemzüge später befand er sich hinter einer kleinen Behausung. Kampfgeschrei drang an sein Ohr, allerdings war in seinem Sichtfeld kein einziger Krieger. Anscheinend fanden die meisten Auseinandersetzungen im Inneren des Dorfes statt. Vor den Füssen des jungen Mannes breitete sich die Leiche eines Elben aus. Der Körper des Verstorbenen war bis auf die Haut durchnässt. Da keine Wunden den leblosen Körper prägten, lag die Vermutung nah, dass der Tode ertränkt worden war. Also waren die Wassermagiere bereits angetroffen.

Während Jan nachdenklich auf den Verstorbenen sah, kam ein junger Ork brüllend aus einem Hauseingang gerannt.. Scheinbar hatte er seinen neuen Feind durch eines der Fenster gesehen. Mit erhobener Axt stürmte er auf den wartenden Kämpfer zu. Dieser streckte rechtzeitig genug seine Waffe nach vorne aus. Der noch unerfahrene Angreifer rannte blindlings in die ihm entgegengestreckte Klinge. Röchelnd stürzte er zu Boden. Seine Augen unheimlich nach außen verdreht, unternahm die Kreatur einen letzten Versuch aufzustehen, der damit endete, dass ein weiterer Stich sein Leben endgültig abschloss.

Entschlossen bewegte sich der Teenager am Rande des Dorfes entlang um vorerst den Kämpfen entgehen zu können. Er musste zuerst Selina finden. An einem zerstörten Brunnen hielt er inne. Er wusste, dass das Haus der Anführerin hier in der Nähe war. Vielleicht hielt sie sich in der Umgebung auf, falls sie überhaupt noch lebte. Er glaubte nicht daran. Wenn sie wirklich noch unter den Lebenden weilte, würde sie sicherlich versuchen, sich zu den Befehlshabern der Orks durchzuschlagen.

In diesem Augenblick kam ein schreiender Wassermagier um die Ecke gerannt. Seine Augen fielen hilfesuchend auf den 19jährigen. „Rette mich!“, keuchte er atmungslos“, sie dürfen mich nicht finden.“ Mit letzter Kraft ergriffen seine blutbeschmierten Hände das T-Shirt des Jungen. Der Zauberer lehnte seinen Kopf gegen seinen Gegenüber.

Angewidert stieß Jan ihn weg. Der Mann geriet ins Taumeln und fiel ausgestreckt auf das niedergetretene Gras, wo er regungslos liegen blieb.

Der Nachfolger des Königs beugte sich zu ihm runter. Dabei fiel ihm ein Pfeil auf, der in der Hauptschlagader des linken Armes steckte. „Wo ist die Regentin dieses Landes?“, wandte er sich an den Sterbenden. Während er sprach, zog er das Geschoss heraus. Der Körper des Verwundeten zuckte zusammen. Das herausströmende Blut breitete sich wie ein roter Teppich auf dem Rasen aus.

Der Mann unterdrückte einen Schrei. Für einen kurzen Moment setzte sein Atem aus, so dass der Mensch annahm, dass der Verwundete Tod sei. Doch als er sich erheben wollte, begann der Liegende die klare Luft begierig einzusaugen. Der Gedanke an seine wartende Frau und seine lieben Kinder hielt ihm am Leben. Im Geiste sah er sie winkend vor ihrem Haus stehen. Seine Gemahlin hielt seinen jüngsten Sohn auf dem Arm und seine Tochter an der Hand. Wie immer schmunzelten die beiden Kleinen ihn harmlos an.

„Antworte!“, durchfuhr die Stimme des Jungen ihn.

„Sie wird gefangen gehalten, in ihrem eigenen Hause.“, stöhnte der Wassermagier. Nachdenklich wiegte der Kämpfer den Pfeil in seiner Hand. Sein Feind würde sterben, aber da die Wunde nicht tief genug war, konnte es Stunden dauern. War es gerecht, dass er unter diesen Schmerzen auf sein Ableben warten musste? Gequält schloss der Jugendliche die Augen und bohrte die Pfeilspitze in das Herz des Sterbenden. Der angespannte Körper erschlafft schlagartig. Mit einem, für den Zurückbleibenden unerklärlichem Lächeln, verließ der Gefallene diese Welt. Es tat dem Sterblichen in der Seele weh, den Verbündeten der Menschen, wozu er trotz allen irgendwie gehörte, vor ihm liegen zu sehen. Anderseits konnte er nicht mit jedem Toten Mitleid haben, dafür langte seine Zeit nicht. Er musste sich vorerst um die Lebenden kümmern.
 

Mit großen Schritten lief er zu dem Haus der Königin. Auf dem Weg begegneten ihm nur wenige Orks, die er mit Leichtigkeit besiegte. Da die Behausung der Elbin erhöht lag, musste er Umständlicherweise an den Ästen nach oben klettern um so wenig wie möglich Aufmerksamkeit zu erwecken. Vor dem Eingang hielt ein Wassermagier Wache. Da er den menschlichen Krieger erst zu spät bemerkte, erledigte der Thronerbe seinen Gegner schnell, indem er ihn in die Tiefe stürzte. Endlich war der Weg frei. Sein Blick fiel auf die Hütte. Mit sicherem Schritt wollte er eintreten, als ein schrecklicher Schrei die Luft erfüllte. Dicht hinter ihm schwebte eine weibliche Kreatur in der Luft. Ihr Blick verriet, dass sie nicht hier war um den Elben beizustehen.
 

„Bitte Maia. Es hat keinen Sinn länger hier zu bleiben. Unsere Feinde sind in der Überzahl.“, flehte der Halbelb seine Freundin an.

Das Mädchen versuchte sich aus seinem festen Griff zu befreien. „Nein, ich muss ihnen helfen. Außerdem… meine Herrin ist noch im Dorf.“, schrie sie aufgebracht. Ihre Stimme war ungewöhnlich schrill und Tränen rannen über ihre Wangen.

Verzweifelt schüttelte Kai den Kopf. „Selina ist stark. Sie wird schon zurechtkommen. Es nützt niemanden was, wenn du stirbst.“, versuchte der 18jährige sie zu überzeugen.

Die Gleichaltrige schluchzte leise. Sie wollte nicht gehen. Hier war ihr Zuhause. Wo sollte sie denn hin?

„Sei froh, dass du überlebt hast. Nimm das Geschenk des Lebens an und vergeude es nicht so sinnlos. Ich bin sicher, dass die meisten entkommen sind.“

Ein lauter Schrei unterbrach das Gespräch der beiden. Erschrocken starrten die beiden in den Himmel. Ein Geschöpf, das weder Ork, noch Wassermagier war, flog wenige Meter über dem Haus der Anführerin.

Maias Augen nahmen einen panischen Ausdruck an. „Ein Nephilim!! Verdammt das bedeutet das Ende für unser Dorf.“ Zitternd schwang sie sich auf Lumina. „Du hast recht, wenn wir jetzt bleiben, werden wir mit untergehen.“, brachte sie unter Tränen hervor. Noch nie hatte sie die Macht des menschlichen Königs so am eigenen Leibe gespürt. Selbst solche Geschöpfe standen unter seinem Furcht einflößenden Einfluss. Allein der Gedanke an diese Spezies jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Es gab viele Geschichten über die uralte Rasse der Nephilims. Noch nie war jemand lebend diesen Bestien entkommen. Schon eine Hand voll dieser Ungeheuer reichte aus um ein ganzes Dorf dem Erdboden gleichzumachen.

Der Halbmensch verstand zwar die plötzliche Anwandlung seiner Kameradin nicht. Aber sein Gefühl warnte ihn so schnell wie möglich hier wegzukommen. Eilig bestieg er Kamui. Ohne Befehl verließen die Tiere den Ort des Schreckens.
 

Der junge Krieger sah sich nun einem neuem Feind gegenüber. Das Wesen schwebte vor ihm. Ihr Blick haftete mordlustig an dem Jungen, der ihr furchtlos in die Augen sah. Schließlich wusste er nicht im Geringsten, was für ein Monster er vor sich hatte. In den vielen Schriften, die er studiert hatte, war nie eine derartige Kreatur vorgekommen. Er kannte ihre Macht nicht, schätzte sie aber nicht viel stärker als die eines Orks ein.

Ihm blieb keine Zeit um das Geschöpf genauer zu bemustern. Der Nephilim jagte im Sturzflug auf den Sterblichen zu.

Blitzschnell zog der Angegriffene sein Schwert und warf sich zur Seite. Die scharfe Schneide seiner Waffe glitt an der leichten Rüstung des Beines entlang. Und obgleich der Kämpfer schwören konnte, dass er gespürt hatte, wie die Klinge in das weiche Fleisch eingetaucht war, blieb sein Feind unverletzt.

Das weibliche Wesen flog erneut in die Höhe. Kraftvoll schlug sie mit ihren Flügeln. Ein starker Wind kam auf. Das menschenähnliche Ding streckte ihre krallenartigen Finger nach vorne aus. Zwischen ihren Händen entstand eine Windkugel. Ihre verwilderten Augen blitzten gefährlich auf. Ohne zu Zögern feuerte sie ihren Zauber ab.

Trotz, dass der Jugendliche zur Seite sprang, schleuderte ihn die Wucht des Angriffs von der Plattform. Nur eines herausragenden Astes hatte er es zu verdanken, dass er nicht in die Tiefe stürzte. Ein lauter Knall ließ ihn nach oben blicken. Die Hütte war in sich zusammengefallen. „Selina!“, schoss es ihm durch den Kopf. Kraftvoll versuchte er sich nach oben zu ziehen, bevor er dafür zu schwach war. Aber als er sich auf seinen linken Arm abstützte, durchzog ein brennender Schmerz seinen Oberarm. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sich ein Holzsplitter in seinen Arm gebohrt hatte. Stöhnend ließ er sich zurücksinken. Zu einem erneuten Versuch kam es nicht. Seine Gegnerin schien noch längst nicht genug zu haben. Wiederum wurde die Luft von ihren Schreien erfüllt.

Im Senkrechtflug nach unten packte sie den 19jährigen, mit ihren scharfen Klauen an den Schultern und ließ ihn kurz vor dem Boden fallen. Während er auf der aufgewühlten Erde lag, stellte das Wesen sich auf ihn oder besser gesagt sie hockte sich so, dass ein Knie rechts und eines links von seinem Körper war. Ihre Krallen grub sich tief in seine Schulter. Ihr Gesicht war seinem so nah, dass er deutlich ihren unruhigen Atem hören konnte. Der Mund der Kreatur, welcher von einem Tuch verdeckt war, berührte fast den seinen. Jan unternahm den Versuch sie von sich loszukriegen und sich zu erheben. Das hatte allerdings nur zu Folge, dass sie ihre Klauen noch tiefer in seine Haut eintauchen ließ um somit seinen Widerstand zu brechen. Der Teenager verstand. Es war sinnlos sich weiterhin zu wehren. Ihm blieb nichts anderes übrig als sich dem Monster zu beugen. Der Sterbliche hatte keine Angst vor dem Tod. Dennoch wollte er vorher Selina in Sicherheit wissen.

Das Ende des Dorfes - Teil 2

so für alle, bei denen das Lesen des letzten Kapitels schon länger her ist :D, nochmal ne kurze Wiederholung vom Ende
 

Im Senkrechtflug nach unten packte sie den 19jährigen, mit ihren scharfen Klauen an den Schultern und ließ ihn kurz vor dem Boden fallen. Während er auf der aufgewühlten Erde lag, stellte das Wesen sich auf ihn oder besser gesagt sie hockte sich so, dass ein Knie rechts und eines links von seinem Körper war. Ihre Krallen grub sich tief in seine Schulter. Ihr Gesicht war seinem so nah, dass er deutlich ihren unruhigen Atem hören konnte. Der Mund der Kreatur, welcher von einem Tuch verdeckt war, berührte fast den seinen. Jan unternahm den Versuch sie von sich loszukriegen und sich zu erheben. Das hatte allerdings nur zu Folge, dass sie ihre Klauen noch tiefer in seine Haut eintauchen ließ um somit seinen Widerstand zu brechen. Der Teenager verstand. Es war sinnlos sich weiterhin zu wehren. Ihm blieb nichts anderes übrig als sich dem Monster zu beugen. Der Sterbliche hatte keine Angst vor dem Tod. Dennoch wollte er vorher Selina in Sicherheit wissen.
 

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und jetzt viel Spaß beim Lesen
 

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Nachdem der Nephilim endlich resigniert hatte, dass sie den Willen ihres Gegners gebrochen hatte, wurde der Ausdruck in ihren Augen ruhiger. Ihr Blick wanderte nicht mehr, wie das eines verfolgten Tieres, beständig umher, sondern blieb auf ihren besiegten Rivalen liegen. Unendlich langsam entfernte das Geschöpf ihre Klauen aus seiner Schulter.

Jan zog die Luft scharf ein. Jetzt wo sie seine rechte Schulter freigegeben hatte, machte sich der Schmerz bemerkbar.

Seine Konkurrentin hob ihren Arm, bereit dem Leben des Menschen ein Ende zu setzen. Doch die Zeit verstrich ohne das etwas geschah. Seltsamerweise konnte sie sich nicht dazu durchringen ihm den Todesstoß zu verpassen. Zudem störte eine Tatsache sie erheblich. Sie liebte die vor Angst geweiteten Augen ihrer Opfer kurz bevor sie starben. Doch dieser Typ zeigte keine Anzeichen von Furcht. Sicherlich waren seine Augen traurig, allerdings nicht weil er gleich sterben musste. Es schien einen anderen Grund zu haben, den sie nicht zu interessieren hatte. Selbst als sie den Druck auf ihn verstärkte zeigte er keine Reaktion, außer leicht das Gesicht zu verziehen. Wütend stach sie zu.

Kurzzeitig schloss ihr Widersacher seine Augen. Ein leichter Windzug fuhr ihn um die Ohren. Statt in sein Herz hatte sie knapp neben seinem Gesicht, in die von Wasser durchweichte Erde gestochen.
 

Der Nephilim schüttelte den Kopf und stieß sich von dem Nachfolger des Königs ab. Überraschenderweise jagte sie in eine Gruppe Wassemagiere, die sich um die zwei versammelt hatten. Eigentlich sollte sie die Zauberer auf ihre Mission unterstützen. Dem ungeachtet packte sie zwei gleichzeitig und flog mit ihnen weit über die Köpfe der Umstehenden. Nachdem sie, die nach ihrer Meinung richtige Höhe erreicht hatte, ließ sie die Schreienden kaltherzig fallen. Genüsslich hörte sie das entsetzte Kreischen der Menge und den Aufprall der beiden Männer. Es gab ihr Genugtuung für die erlittene Schmach ihres Stammes. Natürlich war ihr bewusst, dass ihre Opfer nichts damit zu tun hatte, dennoch fühlte sie sich dadurch befriedigt. Ihre Aufmerksamkeit fiel wieder auf den Menschen, der sich inzwischen aufgerappelt hatte. Plötzlich bedauerte sie ihre Entscheidung ihm am Leben gelassen zu haben. Zum Glück konnte sie es noch rückgängig machen.
 

Jan sah sie in einem höllischen Tempo auf sich zukommen. Wie erwartet würde sie nicht von ihm ablassen, bis einer der beiden Tod war. Er verstand sowieso nicht, wieso sie ihn vor wenigen Minuten verschont hatte. Auch wenn er ihre Kraft unterschätzt hatte, würde er sich nicht ein weiteres Mal in die Knie zwingen lassen. Diese Bestie war für vielleicht für Selinas Ableben verantwortlich und das würde er ihr heimzahlen, egal wie. Schnell griff er nach einem in seiner Nähe liegenden Schwert. In seiner anderen Hand verbarg er trockene Erde. Kaum befand sich die Kreatur knapp vor ihm, streute er die Körner in ihre Augen. Gleichzeitig trat er zur Seite um nicht Opfer ihrer Klauen zu werden.

Zum dritten Mal an diesem Tag schrie der Nephilim seinen Schmerz in die Welt. Gequält rieb sie sich die Augen. Dabei schlug sie wild um sich, so dass der Mensch nicht an sie heran kam. Lauernd wartete dieser mit dem Schwert in seiner Hand auf eine günstige Gelegenheit. Je mehr Zeit verging, desto schrecklich wurde der von den Wunden ausgehende Schmerz. Kein Wunder. Ihre langen Krallen hatten sich tief in sein Fleisch gebohrt und er spürte, wie Blut sein Oberteil verklebte. Unbewusst zuckte sein Körper kurz zusammen.

Genau in diesem Augenblick wurden die Umrisse vor den Augen seiner Feindin wieder klar erkennbar. Knapp über den Boden fliegend, streckte sie ihre Arme nach vorne raus. Dafür sollte der junge Mann büßen.

Der Jugendliche warf sich flach auf das Gras. Zu spät bemerkte das Geschöpf die Strategie ihres Gegners. Vergeblich versuchte sie ihren Flug rechtzeitig genug abzubremsen. Der Sterbliche hielt sein Schwert in die Höhe und seine Rivalin flog mitten durch die offene Klinge. Über ihren ungeschützen Bauch wurde eine tiefe Schnittwunde erkennbar. Trotzdem stand sie mit dem Rücken zu ihm gewandt fest auf den Beinen. Der Kämpfer bewunderte zutiefst ihre Zähheit. Für einen Moment bedauerte er es, solch eine starke Bestie töten zu müssen. Doch dann drang wieder der Gedanke an Selina in sein Bewusstsein. Entschlossen erhob er sich.

Sein Widersacher verharrte noch immer in derselben Position. Sie atmete tief durch. Der Kampf strengte sie mehr an, als sie zu Beginn gedacht hatte. Ihre vorigen Gegner waren meist leichte Beute gewesen, umso mehr freute sie sich über einen Triumph.

Erst als Felix Gefährte sich ihr vorsichtig näherte, drehte das Monster sich ruckartig um. In ihrer Hand hielt sie eine Windkugel. Obwohl ihr Mund verdeckt war, kam es dem 19jährigen so vor, als würde sie Grinsen. Im nächsten Augenblick spürte er, wie der Zauber in seinen Magen einschlug. Getroffen wurde er zurück geschleudert und fiel rücklings zu Boden. Noch einmal würde er sicherlich nicht die Kraft aufbringen aufzustehen. Die Windmagie hatte zwar keine Wunden hinterlassen, ihn aber dafür wesentlich geschwächt.

Mit einem Satz stand der Nephilim wieder vor ihm. Ein weiteres Mal wendete sie die Position an, bei der sie schon mal gewesen war und hockte sich über ihn. Diesmal unterließ der Teenager es sich zu wehren. Er würde sowieso nichts damit errreichen.„Verrate mir eines, wie heißt du?“, flüsterte der Krieger leise. Sollte er sterben, wollte er wenigstens wissen durch wen?

Die Angesprochene legte den Kopf zur Seite. Zum ersten Mal hörte sie seine Stimme, seitdem ihre Auseinandersetzung begonnen hatte. Auf eine seltsame Art und Weise gefiel ihr der ruhige Tonfall in dem ihr junger Konkurrent zu ihr sprach. „Eigentlich brauchst du das nicht zu wissen. Ich sage es dir trotzdem: Mia“

Überrascht stellte der Nachfolger des Königs fest, dass sie nicht auf normalen Weg, sondern zu seinen Gedanken ihre Wörter versendete. Die warme Stimme, die er von dieser Kampfmaschine nicht erwartet hatte, zwang ihn zu einem kurzzeitigen Lächeln.

Plötzlich legte das Wesen ihre Stirn neben seinen Kopf auf die Erde.

Aus den Augenwinkeln konnte Kais Kamerad erkennen, dass ihre Augen geschlossen waren. Seine Chance sich zu befreien und dieses Problem aus der Welt zu schaffen. Doch er tat es nicht. Stattdessen tastete er vorsichtig ihren schlanken Bauch ab. Neben der Wunde, die sein Verschulden war, befand sich eine weitere tiefere Verletzung. Der Teil um die Wunde war feucht, also hatte sich ein Wassermagier eingemischt. Wahrscheinlich als Rache für die zwei Ermordeten. Selbst wenn er das Monster nun töten würde, könnte er niemals den Zauberern entkommen. Das Gleiche galt für Mia. Niemand würde sie leben lassen, nachdem sie ihre Gefährten getötet hatte.

Ihr letzte Kraft zusammennehmend riss die Kreatur ihren Kopf wieder nach oben. Es schien als wäre sie ihrer Schwäche wieder Herr geworden. Eigenartiger Weise lag ihr nichts mehr daran den jungen Menschen zu töten. „Weshalb hast du mich eben nicht ermordet?“; nahm sie ein weiteres Mal Kontakt mit dem Jugendlichen auf.

„Wäre ich nicht in so einer misslichen Lage hätte ich es auch sicher getan, aber so… Es ist mir lieber ich würde von dir, als von einen dieser Wassermagiere, endgültig besiegt werden.“, gestand er.

„Ich werde dir helfen zu entkommen. Dafür verlange ich beim nächsten Wiedersehen eine Revanche auf Leben und Tod.“, erklärte sie.

Jan verstummte.

„Entscheide dich, sie werden ungeduldig. Dir bleibt letztendlich eh keine andere Wahl. Außerdem bekommst du dann die Gelegenheit von mir getötet zu werden“, durchdrang ihre warme Stimme seinen Verstand.

„Meinetwegen. Aber wie willst du das anstellen. Du bist nicht mehr in der besten körperlichen Verfassung. Sie würden dich mit Leichtigkeit zum Seelenfluss schicken.“, gab er im leisen Tonfall zu bedenken.

„Lass das meine Sorge sein“ Ein letztes Mal begutachtete die Kreatur den Menschen, der verletzt unter ihr lag. Jetzt wo sie kurzzeitig Frieden geschlossen hatten, sah sie ihn unter einen anderen Blickwinkel. Sein Körper, seine Augen, seine Haare, sein Gesicht, hatte etwas Anziehendes. Geschickt entfernte sie mit einer schnellen Handbewegung ihr Mundtuch. Ebenso schnell küsste sie ihn auf den Mund. Es war nur ein sanfter und kurzer Kuss, dennoch schien die Zeit stehen zu bleiben. Zu ihrer Überraschung unternahm der Junge nichts um sie abzuweisen. Stumm ließ er es über sich ergehen. Zeitweise dachte sie sogar es gefiel ihm. Zufrieden setzte sie ihren Mundschutz wieder auf. „Vergiss unsere Abmachung nicht“, erinnerte sie den Freund der Elben. Schließlich stieß sie sich von ihm ab und flog in die Luft. Sofort hagelte ein Schwall Wasserzauber auf sie herab. Die Bestie stoppte in der Luft. Eine Art Tornado sog die Attacken auf und brachte die Männer in heillose Aufregung. Mit kräftigen Flügelschlägen verschwand sie im angrenzenden Wald. Die Masse rannte hinter ihr her.

Der Teil der zurückblieb, was eine Minderzahl von zwei Personen ausmachte, wurde von einer Wölfin zerfleischt, die nur auf diesen Moment gewartet hatte. Unterdessen war es Jan gelungen sich zu erheben. Anfangs geriet er ins Schwanken, fasste sich jedoch. Langsam schleppte er sich zu einem angebundenen Pferd.

Der vier Jahre alte Hengst spielte nervös mit den Ohren, als er den Menschen auf sich zu kommen sah. Zu oft war er nun dem Tode entronnen.

Jan blieb kurz stehen und sah dem Tier in die Augen. Sie zeigten deutlich Angst. Aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Er brauchte ein Reittier und Seraphime war verletzt. Doch zu seiner Verwunderung wurden die Augen des Hengstes ruhiger, nachdem er sanft seine Nüstern gestreichelt hatte. Das Pferd schien ihm aus einem inneren Instinkt heraus zu vertrauen. Gut, so ersparte er sich Ärger, wenn er es reiten wollte.

Geduldig blieb das Jungtier auf der Stelle stehen.

Der Mensch umfasste fest die herunterhängenden Zügel und löste den Knoten, der das Pferd festhielt. Zum Glück hatte man ihn mit den gefangenen Pferden beigebracht zu reiten. Schwerfällig bestieg er den Rücken des Reittieres und lenkte es zu Selinas Behausung. Seraphime untersuchte bereits die heruntergestürzten Trümmer. Ab und zu kümmerte sie sich um herumlungernde Orks, die nicht an einen anderen Ort der Siedlung weiter gezogen waren. An einen Baum gelehnt fand die Wölfin die Elbin. Neben ihr lag ein Stammesangehöriger, der sie mit seinen letzten Atemzügen gerettet hatte.

Der Jugendliche rutschte von dem Rücken des Tieres. Geschwächt sank er auf die Knie. Seine Hand tastete automatisch nach dem Puls der Ewiglebenden. Sie lebte noch. Anscheinend war sie lediglich betäubt worden, um sie später den Menschen auszuliefern. Was sie dort erwartet hätte, daran wollte er gar nicht denken. Vorsichtig schob er die schlafende Frau auf Tino, falls das Tier wirklich so hieß. Immerhin konnte der Sattel, auf welchen diese vier Buchstaben in feinen Leder standen auch einem anderen Pferd angehören. Aber das spielte im Moment sowieso keine große Rolle. Er musste jetzt erstmal hier weg. Auf Selina Rücksicht nehmend, stieg Jan ebenfalls auf. Und so verließen sie endgültig die Trümmer des Dorfes.
 

Die halbe Nacht trieb der Mensch das Tier zum beständigen Trab an, wobei er selbst gegen eine herannahende Ohnmacht ankämpfte. Schon allein die Einschnitte von Mias Krallen war tief genug um ihm das Bewusstsein nehmen zu können.

Ab und zu tauchte seine Wölfin zwischen dem Gebüsch auf. Der junge Mann wusste, dass sie über ihn wachte, in dieser Nacht mehr als je zuvor.

Gegen Mitternacht beschloss er eine Rast ein zu legen. Sein Körper sehnte sich nach einen erholsamen Schlaf. Viel länger konnte, besser gesagt wollte, er diesem Wunsch keinen Widerstand leisten. Aus diesem Grund brachte er Tino zum Stillstand. Behutsam bettete er Selina auf weiches Moos. Entgegengesetzt seiner Planung legte auch er sich auf den Boden. Sein Ziel, vorher noch ein Feuer zu machen fiel ins Wasser. Müde von den Anstrengungen des Tages verfiel er in einen festen Schlaf.
 

Die Flammen loderten hell in den Himmel. Im Halbschlaf lehnte sich das Mädchen an ihren Freund. Zärtlich umschloss er sie mit ihren Armen und schenkte ihr ein Gefühl der Geborgenheit. Ab und zu warf Kai ein Holzscheit nach, damit dass Feuer nicht erlosch. Gedankenverloren starrten sie in das rötliche Licht der Flamme. Seitdem sie das Dorf verlassen hatten, war kaum ein Wort gefallen. Selbst jetzt, wo die Morgendämmerung nicht mehr fern war, saßen sie schweigend beieinander. Die schrecklichen Bilder des Todes waren in ihren Köpfen gespeichert. Jeder musste sie auf seine Weise verarbeiten. Der Halbelb vernahm zeitweise das leise Schluchzen der Gleichaltrigen. Doch wusste er keine Worte der Welt konnten ihren Schmerz lindern. Sobald die Sonne hoch am Himmel stand, wollten sie ihren Weg fortsetzten. Seinen Wolf hatte er Selina suchen geschickt, in der Hoffnung, dass sie noch lebte. Aber nach der Reaktion Maias, als sie diese Bestie gesehen hatte, glaubte er nicht daran. Und je länger Kamui fernblieb, desto mehr wurde sein Glauben bestätigt. Der Elbin erzählte er seine Gedanken nicht. Ihr Kummer war so schon groß genug. Sie war noch so jung, dieses Leid hatte sie nicht verdient. Plötzlich kam er sich alt im Gegensatz zu ihr vor. Es war das erste Mal, dass sie den Schrecken des Todes direkt ins Auge gesehen hatte. Natürlich trauerte auch er, doch hatte er schon so viel gesehen, dass ihn das nicht mehr erschreckte. Gerade als die beiden aufbrechen wollten, tauchte Kamui wieder auf. Aufgeregt schlug er mit dem Schwanz auf den Boden, dann drehte er sich um und verschwand im Dickicht. Kai lächelte. Anscheinend hatte sein Freund Selina gefunden

Die Ruhe nach dem Sturm

so Leute. Es geht mal wieder weiter. Ich muss leider sagen, dass dies kein besonders spannendes Kapitel ist, trotzdem hoffe ich natürlich das ihr es lest und das es euch gefällt.
 

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Spät am Nachmittag erwachte Jan endlich. Der Schmerz seiner Verletzungen brannte noch immer tief in seinem Körper. Seine müden Knochen warnten ihn sich auszuruhen. Dennoch erhob der junge Krieger sich. Selina schlief noch immer. Wer weiß, wie viel Betäubung sie abbekommen hatte.

Seraphime beobachtete ihren Herrn aufmerksam. Zu ihren Füßen lag ein totes Kaninchen, welches sie bereits bis zur Hälfte verschlungen hatte. Blut klebte an ihrem Maul und ihren Tatzen.

Der Jugendliche warf einen Blick auf das Pferd. Tino graste friedlich etwas abseits der Gruppe. Gegen alle Erwartungen war er also nicht abgehauen.

Jan packte das Tier bei den Zügeln und streichelte es liebevoll über die Nüstern. Sein Gesicht verbarg er in der schwarzen Mähne. „Danke, dass du hier geblieben bist.“, flüsterte er leise. Der Hengst warf stolz seinen Kopf nach oben. Die Berührung schien ihm nicht sonderlich zu gefallen. Kein Wunder, er war ein Tier der Elben und die Abneigung gegen Menschen in ihm verankert. Zwar rannte der Vierjährige nicht weg, doch das hieß nicht gleich, dass er Vertrauen zu ihm gefasst hatte. Seufzend entfernte sich der Teenager. Seine Augen fielen noch einmal auf sein Reittier. Wahrscheinlich würde sie sich die nächste Zeit nicht von der Stelle rühren. Sie war stark genug Selina eine Weile zu beschützen. Zumindest konnte er so seine Beine vertreten.
 

Die Sonne schien durch das dichte Blättermeer und erwärmte die Luft leicht.

Langsam bahnte sich der 19-jährige seinen Weg durch das Unterholz. Jede Bewegung schmerzte, aber er wollte nicht nur untätig am Lager sitzen bleiben, nicht solange er sich nicht sicher war, dass keine Gefahr mehr drohte. Die Gegend ein wenig auszukundschaften würde ihm diese Gewissheit zwar auch nicht geben, dennoch war das auf jeden Fall besser als nichts zu tun.

Leider schien es in der Nähe kein anderes Dorf zu geben. Sonst hätte er Selina erstmal dorthin bringen können. Das war ein Nachteil an der elbischen Art zu leben. Ihre Siedlungen lagen meist sehr weit voneinander entfernt, so dass die Natur genügend Raum hatte.

„Anarcia komm her!“, forderte er.

Ein helles Lachen ertönte hinter ihm. „Nicht, wenn du so mit mir redest. Nur heute mache ich eine Ausnahme.“, vernahm er ihre warme Stimme, dabei spürte er eine sanfte Berührung auf seiner Schulter. Automatisch zuckte er zusammen. „Deine Verletzungen sind tief. Solltest du dich nicht lieber ausruhen?“, beratschlagte sie den Menschen.

Betont langsam schob dieser ihre Hand beiseite. „Ich kann auf mich selbst aufpassen. Ich habe ein paar Fragen. Zuerst, lebt Kai noch?“

„Er ist auf dem Weg zu euch. Während du dich ausruhtest, war sein Wolf bei euch. Spätestens heute Abend werden sie euch erreichen.“

„Was war das für eine Bestie, die in Selinas Dorf war?“, fuhr er fort, ohne sich für die Auskunft zu bedanken.

Der Blick der Göttin wurde ernst. „Eine der mächtigsten Kreaturen. Ein Nephilim. Noch nie hat jemand eine Begegnung mit ihnen überlebt… außer dir.“

Der Jugendliche schlug wütend gegen einen Baum. Die Rinde bröselte zur Erde. „Aber nur weil sie mich verschont hat. Und das auch noch zwei Mal in einem Kampf.“, entgegnete er verbittert. Der Gedanke daran, brachte sein Blut in Wallung. Sicher diese Kreatur hatte es nicht aus Mitleid, sondern aus Respekt getan, doch das war nur ein schwacher Trost.

Zärtlich legte die Ewiglebende ihre Hände auf seine Schultern und drehte ihn zu sich. „Sei froh. Zum ersten, dass du überlebt hast und zum zweiten, dass sie nicht mit ihrer ganzen Kraft gekämpft hat. Und außerdem..“. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „..hat sie dich geküsst. Ziemlich ungewöhnlich für so ein kaltherziges Wesen.“, fügte sie hinzu.

„Du hast es gesehen?“

„Ich sehe alles. Hat es dir wenigstens gefallen?“

Der Angesprochene verdrehte genervt die Augen. „Das hat dich nicht zu interessieren.“, fuhr er sie an.

„Weshalb so wütend?“, forschte sie belustigt nach, obwohl sie die Antwort kannte.

„Vergiss es!“, konterte der Sterbliche. Im Moment hatte er keine Lust ihr irgendwelche Erklärungen abzugeben. Zudem hatte er nun die Antworten auf seine Fragen. Es gab keinen Grund mehr, sich noch länger mit ihr zu unterhalten. Wortlos wandte er sich zum Gehen ab.

„Warte! Ich will dir etwas zeigen.“, hielt sie ihn zurück. Mit großen Schritten überholte sie den Kämpfer, der ihr zu ihrer Freude tatsächlich folgte, und führte ihn an einen Bach, an dem eine Stute ihren Durst stillte. „Das ist Luna, das Reittier deiner Geretteten.“, erklärte die Beherrscherin des Waldes.

Das Tier hob den Kopf, als es die Stimme hörte. Ihre Augen waren verschüchtert auf den Menschen gerichtet. Nicht einmal die Anwesenheit einer Göttin schien auf das Wesen beruhigend zu wirken.

Vorsichtig versuchte Jan sich zu nähern. Lunas Körper spannte sich an. Ihre Augen weiteten sich angstvoll. Sie wartete kurz, dann galoppierte sie in sichere Entfernung. Dieses Spiel wiederholte sie, sobald der Thronerbe ihr zu Nahe kam. Der Freund der Elben wandte sich ab. „Selina soll sie holen, sobald sie wach ist“, meldete er der Göttin, die verständnisvoll nickte. Jan unterließ es sie zu fragen, warum sie die Stute nicht zur Raststätte geführt hatte. Ohne ein weiteres Wort kehrte er zum Lager zurück.
 

Erschöpft ließ der Teenager sich nieder. Der Spaziergang war anstrengender gewesen, als er erwartet hatte. Am liebsten wäre er sofort wieder eingeschlafen. Aber jetzt wo er wieder klar denken konnte, schien ihm das zu gefährlich.

Stunden später erwachte die Elbenanführerin. Zunächst blieb sie stumm liegen. Sie hatte Angst, wenn sie die Augen öffnete, müsste sie der Wahrheit ins Auge blicken. Sie hatte versagt. Die meisten waren umgekommen. Eine Träne rann über ihr Gesicht, betropfte den Waldboden. Sie hatte mehr verloren als nur eine Schlacht. Konnte das nicht nur ein böser Traum sein? Ihr Kopf versuchte das Geschehene zu verarbeiten, doch gelang ihm das nicht wirklich gut. Immer wieder drangen die Bilder sterbender Freunde in ihre Erinnerung zurück. In ihrem Inneren fühlte sie eine Leere, die mit keinem Wort zu beschreiben war. Nur zögernd öffnete sie ihre Augen. Ihr Blick haftete auf Jan. Er hatte sie gerettet. Lieber wäre sie für ihr Volk gestorben. Und wenn ihr Tod noch so sinnlos gewesen wäre. Trotz der Trauer, die sie empfand, war sie froh, dass zumindest er, wenn auch nicht ganz unversehrt, überlebt hatte. Wieder einmal hatte ein Mensch für ihr Leben das seine riskiert. Schwerfällig setzte sie sich auf. Ihre Gedanken hingen bei ihren Stamm. Eine weitere Träne suchte sich ihren Weg.

Der junge Mann, welcher sich inzwischen wieder erhoben hatte und nun unmittelbar neben ihr stand, packe sie am Handgelenk. „Los steh auf!“, forderte er.

Widerwillig schüttelte die Elbin den Kopf.

Der Krieger ignorierte das und zog sie mit leichter Gewalt auf die Beine.

Die Frau befreite sich aus seinem festen Griff. „Was soll das?“, fauchte sie mit zitternder Stimme.

Der Junge zog sie dicht an seinem Körper. „Verzeih. Es war meine Schuld. Wäre ich nicht so unachtsam gewesen, dann…“ Seine Stimme erstarb.

Selina schaute auf. Meinte er das ernst? „Aber ich trage die Verantwortung. Sie haben mir vertraut und ich habe sie enttäuscht.“, stammelte sie leise.

Sanft strich ihr Begleiter eine Strähne aus ihrem Gesicht. „Das stimmt nicht. Du hast alles getan, was du konntest.“, erklang die ruhige Stimme des 19jährigen. Zärtlich umarmte er die Königin.

Die Erwachsene schloss die Augen. Seine Anwesenheit hatte etwas unerklärlich Beruhigendes. Sie wünschte er würde sie für immer festhalten. Es gab ihr Kraft und Mut. Doch durfte sie es überhaupt, durfte sie diese Berührung genießen? Ihre Vernunft schien von einem dicken Nebel umhüllt zu sein, der zurzeit nicht durchdringbar war. Sie wusste nicht was richtig oder falsch war und so ließ sie es einfach geschehen.

Erst Minuten später trat er zurück. „Komm mit. Jemand erwartet dich.“ Schweigend führte er sie zu dem Bach, an welchen Anarcia ihn vor wenigen Stunden gebracht hatte. Ab da an folgte er den Spuren des Tieres. Nicht weit entfernt fand er die Stute.

Mit einem erzwungenen Lächeln schritt die Ewiglebende an ihm vorbei. „Luna, meine Schöne, du hast überlebt.“, empfing sie den Schimmel.

Im langsamen Trab kam das Geschöpf ihr entgegen. Ein erfreutes Wiehern schallte durch den Wald. Liebevoll schlang die Anführerin ihre Arme um die Stute. „Meine Freundin.“, schluchzte sie leise. Schließlich wandte sie sich zu dem Kämpfer um. „Wie hast du sie gefunden?“

Jan zuckte mit den Schultern. „Ein guter Engel half mir.“, erläuterte er kurz, wobei er allerdings einen nicht sehr freundlichen Gedanken an die Göttin schickte.

Selina verstand zwar nicht, was er damit meinte, ging aber auch nicht weiter darauf ein. Stattdessen packte sie das Tier bei den Zügeln und führte es zu ihm. Diesmal schien die Stute ihre Angst im Griff zu haben. „Dass wir beide ein Reittier besitzen, wird uns die Reise erleichtern.“

„Fragt sich nur wohin?“

„Ich erkläre es dir sobald wir wieder am Lager sind“
 

Die Stute begrüßte ausgiebig den Hengst. Unterdessen setzte die Ewiglebende sich und deutete dem Jugendlichen an, es ihr gleich zu tun.

Schweigend gehorchte der Jüngere ihr. Insgeheim bewunderte er die Frau. Sicherlich fiel es ihr schwer ihre Trauer zu unterdrücken. Trotzdem versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen.

„Du weiß sicher, dass das Reich der Elben sich in fünf Gebiete teilt, die ähnlich einer Blume angeordnet sind An meinem Reich liegt die Grenze zu den Menschen und den Orks. Das Land in der Mitte, indem sich die meisten Elben aufhalten, gehört meinem Vater. Die übrigen drei sind unter meinen Geschwistern aufgeteilt. So ist das Hauptreich geschützt. Die einzelnen Abschnitte sind nach den Fähigkeiten ihrer Anführer benannt. So heißt dieses Land “Aquen“ in meiner Sprache. Am besten wäre es in das Land meines Vaters zu gehen. Wir müssen von da aus alle anderen Stämme warnen.“, erklärte sie.

Der junge Mann machte eine abwehrende Handbewegung. „Ich werde nicht mitkommen. Es ist zu gefährlich. Sie würden nicht mit meiner Anwesenheit einverstanden sein.“, gab er zu bedenken.

„Mach dir keine Sorgen. Erstens kann ich für dich bürgen und zweitens hast du mich gerettet. Sie werden es nicht wagen Hand an dich zu legen. Zudem scheinst du von unserer Göttin gesegnet zu sein, sonst wärst du kaum so weit in dieses Land gekommen.“, beruhigte sie ihn. Ein Geräusch unterbrach ihr Gespräch. Sofort griffen beide zu ihren Waffen. Doch wenige Augenblicke später erschienen Kai und Maia auf der Lichtung. Ein erleichterter Seufzer entglitt der Königin.

„Herrin!“, quiekte das Mädchen erfreut, als auch sie erkannte, wer sich auf der kleinen Lichtung befand. Aufgeregt sprang sie von Lumina und fiel ihrer Königin in die Arme. „Ich dachte ihr wärt tot. Ich bin so froh.“ Ihr Worte wurden von ihrem Schluchzen übertönt.

Erstaunt drückte die Erwachsene das weinende Kind an ihrem Körper. Auch sie war glücklich eine Überlebende ihres Stammes zu sehen. Es gab ihr Hoffnung, dass noch weitere entkommen waren.

Kai stieg ebenfalls von Kamui. „Jan?!“ In seiner Stimme lag eine Mischung aus Unglauben und Erleichterung. Wie lange hatte er seinen Freund nicht mehr gesehen? Ihn hier anzutreffen, in Begleitung der Königin, kam ihn wie ein Wunder vor. Ein kurzes Gefühl von Freude, welches den Schatten, den die letzten Tage über sie geworfen hatte, allerdings nicht übertrumpfen konnte, stieg in ihm hoch.

Erst jetzt resignierte die Gleichaltrige die Anwesenheit des Menschen. „Was macht er schon wieder hier?“, wandte sie sich an die Ältere. Aus ihrer Stimme war deutlich der Hass gegen den unerwünschten Besuch zu hören.

Jan überhörte ihre Worte.

„Er hat mich gerettet. Ohne ihn wäre ich nicht hier.“, verdeutlichte die Gefragte, in der Hoffnung damit Maias Misstrauen mildern zu können. Jedoch war sie dabei nicht sehr erfolgreich.

„Was beweist das schon? Wer sagt, dass er dich nicht reinlegt?“

„Was sollte er vorhaben? Nach meinem Leben trachtet er nicht“

„Dann kann er jetzt auch verschwinden“

„Maia sei nicht so ungerecht!“, mahnte die Stimme ihres Freundes sie.

„Tut mir Leid, aber ich traue ihm nicht. Wie konntest du dem Nephilim entkommen?“, forschte sie misstrauisch nach.

„Ich schulde niemanden Rechenschaft“, erwiderte der 19jährige ruhig.

„Wieso kannst du es nicht sagen? Gib es doch zu, du bist ein Verräter“

Jan zuckte mit den Schultern. „Ich weiß.“

Die Bogenschießerin raufte sich die Haare. „Du willst mich ärgern.“, entfuhr es ihr.

„Weshalb sollte ich? Ich habe mein Volk verraten.“, antwortete er gelassen.

„Es reicht! Sei ruhig Maia. Ich weiß wenn ich mein Vertrauen schenke.“, mischte sich ihre Anführerin ein.

„Aber..“

Der Nachfolger des einstigen Königs winkte ab. „Lasst sie doch. Es ist verständlich wenn man bedenkt was die Menschen ihr angetan haben.“, verteidigte der Jugendliche Luminas Besitzerin. „Falls es dich beruhigt, ich bin diesem Nephilim nicht begegnet. Wahrscheinlich kam er erst, als wir das Dorf verlassen hatten.“, belog er die Jüngere.

Die Ewiglebende nickte, auch wenn sie ihm kein Wort glaubte.

„Sollten wir nicht langsam aufbrechen. Ich weiß zwar nicht wohin, aber hier sind wir noch zu nah am Dorf. Orks könnten jederzeit auftauchen “, unterbrach Kai die beiden.

Selina bestieg Luna. „Ich werde euch den Weg zeigen.“

Zum Erstaunen aller schwang sich ihr Retter auf den Rücken des jungen Hengstes.

„Du hast doch dein eigenes Reittier. Wieso nimmst du ein Pferd?“, sprach Kai die Frage aus, die in diesem Moment allen in den Sinn gekommen war.

Sein Freund deutete auf die hintere Pfote der Wölfin. Eine blutige Wunde zog sich über das halbe Bein. „Sie muss sich schonen.“, gab er zurück.

Schließlich trieben sie die Tiere zum Gehen an.
 

Spät in der Nacht machten sie eine Pause. Die zwei Wölfe verschwanden im Wald, während die Pferde vor sich hin dösten. Maia und ihr Freund hatten sich schlafen gelegt. Selina kümmerte sich sorgsam um Jans Wunden. Zu ihrem Glück wuchsen viele Heilpflanzen in der Umgebung. „Diese Wunden können unmöglich von einem Ork oder einem Wassermagier sein.“, stellte sie fest. Gleichzeitig strich sie über die Einstiche von Mias Krallen.

Der Verletzte unterließ es zu antworten.

„Abgesehen davon hattest du es mit Windmagie zu tun. Ansonsten wäre dein Körper nicht so geschwächt. Nur wenige Wesen sind mit dieser Magie angefreundet. Dazu gehören die Nephilims.“, spielte sie an.

„Mag sein“

Seine Stimme klang gleichgültig.

Dennoch schien er etwas verbergen zu wollen. „Du hast gegen diese Kreatur gekämpft.“, setzte sie erneut an.

Der Krieger schüttelte den Kopf. „Ich sagte vorhin schon, dass ich diesem Geschöpf nie begegnet bin.“, stritt er die Behauptung ab. Im Inneren fragte er sich, warum er den Kampf leugnete. Weil er verloren hatte? Das war nicht der Grund. Doch wie sollte er erklären, dass er lebend entkommen war. Maia misstraute ihm sowieso. Wenn sie das wüsste, würde sie ihr Gefühl bestätigt bekommen. Außerdem sollten sie nicht wissen, dass ihm ein weiterer Kampf mit dem Nephilim bevorstand. Sie würden sich zu große Sorgen machen.

Selina ging nicht weiter darauf ein. Vielleicht irrte sie sich auch. Niemand konnte eine Begegnung mit dieser Rasse überleben. Außerdem gab es keinen Grund, weshalb er lügen sollte. „Die Verletzungen sind ziemlich tief. Ein Wunder, dass du es soweit von meinem Dorf weggeschafft hast. In nächster Zeit solltest du dich schonen. Dein Körper hat ziemlich viel mitgemacht in den letzten Wochen. Irgendwann wird es ihm nicht mehr gelingen sich zu regenerieren.“, lenkte sie auf ein neues Thema an.

„Ich werde mich in Acht nehmen“, schwor er.

Schließlich tauchten die Wölfe wieder auf. Die Königin bat sie Wache zu halten. Daraufhin legten sich die Elbin und der Mensch zum Schlafen hin.
 

Mitten in der Nacht erwachte Kai. In der Nähe hörte er ein leises Schluchzen. Zuerst glaubte er, es wäre Maia, doch als er sich umdrehte, erkannte er, dass Selina wach war. Anfangs dachte er daran sie zu trösten. Jedoch verwarf er seine Idee zugleich wieder. Sie musste von alleine damit fertig werden. Überdies hatte sein Freund ihn gebeten sie nicht darauf anzusprechen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (53)
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Von:  Mewney
2015-10-14T20:56:20+00:00 14.10.2015 22:56
Okay. Also ich hab angefangen es zu lesen.;-)
Von:  Suzame
2008-01-28T19:55:03+00:00 28.01.2008 20:55
hey
war wieder ein tolles kapitel

anarcia finde ich super...die is echt gut drauf^_^

ich fand es total süß, als Jan selina in den arm genommen hat und getröstet. Hat er sich in sie verliebt? ich glaube ja schon doer aber er mag sie zumindest sehr gerne.

ich kann verstehen, dass maia jan misstraut, aber ich denke sie solte selina urteil mehr trauen...
das jan nichts über sienen kampf mit dem nephilim erzählt damit die elben ihm nicht mistrauen finde ich sehr vernünftig von ihm^_^

so jetzt nochmal kritik bzw. etwas das mir aufgefallen ist^_^:

doch gelang ihm (<<<ihr) das nicht wirklich gut

Erst jetzt resignierte(<<<registrierte? passt vom sinn her besser ich denke das meintest du auch, oder^_^?) die Gleichaltrige die Anwesenheit des Menschen

so das wars malw eider von mir
hdl Suzame
Von:  night-blue-dragon
2008-01-28T18:15:54+00:00 28.01.2008 19:15
Ein schönes ruhiges kapitel,

es ist bestimmt nicht klug von Jan, seinen Kampf mit diesem Wesen zu verschweigen. Ich kann mir vorstellen, das seine Glaubwürdigkeit bei den Elben sehr leiden wird, wenn das rauskommt.

Alles in allem eine seltsame Truppe die sich da zusammengefunden hat, bin gespannt wie weit Jan mitgehen wird. Er scheint sich ja in Selina verliebt zu haben, naja, jedenfalls hat er sie sehr gern und sie ihn auch.

Also, schnell das nächste Kapitel her,
bin neugierig wie es weitergeht.

glg
night-blue-dragon
Von: abgemeldet
2008-01-28T10:46:03+00:00 28.01.2008 11:46
die ruhe nach dem sturm...
klingt irgendwie komisch
aber trotzdem hat mir das kapitel gefallen^^
und was bitteschoen hat maia gegen Jan,
mit Kai hat se doch auch kein problem
und der wurde auf die gleiche weise erzogen
also schreib schnell weiter, ja?

lg aus japan^^/
arkansaw
Von: abgemeldet
2008-01-04T11:20:16+00:00 04.01.2008 12:20
Schönes Kapitel =) Ich find die Geschichte so saugut, dass glaubst du gar nicht ^^
Und es werden immer weniger Fehler, die mir auffallen ^^

>Natürlich war ihr bewusst, dass ihre Opfer nichts damit zu tun >hatte<, dennoch fühlte sie sich dadurch befriedigt.

hatten

>Plötzlich bedauerte sie ihre Entscheidung >ihm< am Leben gelassen zu haben.

ihn

>Sollte er sterben, wollte er wenigstens wissen durch wen>?<

EIn Punkt wär besser ^^


Oh man. Das einzigste was mich ein wenig irritiert, ist das Maia und Kai sich sofort wieder verstehn, durch den ganzen Tumult. Ich meine zuvor ist er abgehauen und hat sie total verletzt und ohne, dass der Leser es mitbekommt, sind sie wieder Freunde. Vielleicht kommt dazu ja später noch eine Erläuterung ^^
Ich freu mich auf das nächste Kapitel ^^
Bis bald!

Minni

P.S.: Bei Seelenlos gibt es bald ein neues Kapitel, ich hab mich aufgerafft weiterzuschreiben ^^"

Von: abgemeldet
2008-01-04T11:02:47+00:00 04.01.2008 12:02
Dann geb ich auch mal wieder meinen Senf dazu ^.-
Wie immer, ein äußerst spannendes Kapitel!
Ich hoffe, du beschreibst die Nephilim später noch ein wenig genauer, oder bei den Charakteren. Eine genaue Vorstellung habe ich noch nicht ganz. Weiblich, Flügel, scharfe Krallen, Tuch vorm Mund.

Die kleinen Fehlerleins wieder:

>„Wenn ich wieder etwas für dich erledigen soll, vergiss es!! Mach in Zukunft deinen >Gram< selber.“, fuhr er sie an.

Kram

>Die Beherrscherin des >Elbanlandes< lächelte sanftmütig.

Elbenlandes ^^

>Anderseits war es als Auserwählter natürlich deine Pflicht> <“

Punkt

>In alter Zeit, als Verwüstung >über das Land sich ausgebreitet hatte<, beschlossen die Elfen und Elben einen Gegenstand zu erschaffen, der die spirituellen Energien sterbender Pflanzen oder Tiere absorbierte.

sich über das Land ausgebreitet hatte

>Der Halbmensch verstand zwar die plötzliche >Anwandlung< seiner Kameradin nicht>. Aber< sein Gefühl warnte ihn so schnell wie möglich hier wegzukommen.

Beim ersten klingt es irgendwie seltsam, nur fällt mir das richtige Wort dazu nicht ein. Umwandlung, Abwandlung, keine Ahnung, welches Wandlung jetzt richtig ist...
Beim zweiten, ein Komma und das aber klein ^^

>Während er auf der aufgewühlten Erde lag, >stellte das Wesen sich auf ihn< oder besser gesagt sie hockte sich so, dass ein Knie rechts und eines links von seinem Körper war.

stellte sich das Wesen auf ihn

Ja, das war es auch ^^ Maia und Kai scheinen sich ja wieder vertragen zu haben.. ^^find ich gut, die sind sooo süß >.<

Biba
Minni
Von: abgemeldet
2008-01-04T10:41:51+00:00 04.01.2008 11:41
Hey!
Erstmal, es macht mir nichts aus, dass so ausführlich zu machen! Ich find es gut, wenn ich damit anderen helfen kann ^-^
Das Kapitel war wieder super, freu mich schon gleich darauf jetzt das nächste zu lesen ^^
Sieben kleine Fehler:

>Seine Augen einen Spalt geöffnet> <betrachtete er nachdenklich die Wand.

Komma

>Der Anführer der Orks, Shanton >genant<, erhob sich von dem Feuer.

genannt ^^

>Als würde er dieselbe Nahrung wie ein Ork zu sich nehmen> <

Punkt

>Wäre es nur >eine< gewesen, hätte er nicht gezögert und ihn erstochen, dann hätten sie sich zurückgezogen, aber so hatte es keinen Sinn.

einer

>Ist dir nicht klar gewesen, dass die vom König geschenkten Späher extra wachsam sind>.<“

Fragezeichen

>Schließlich drehte er sich >würde voll< um und verließ mit großen Schritten die Höhle.

würdevoll

>Sie hoffte nur, dass er noch am Leben war> <

Punkt

Das war es dann auch ^^
Ich bin wirklich gespannt, wie die Geschichte mal enden wird. Ist sie eigentlich schon vollständig fertig? Ich meine, dass du nur die Kapitel ab und zu hochlädst und nichts mehr schreiben musst? Wenn ja, würde mich interessieren, wie viele Kapitel die ganze Geschichte hat ^^

Bis bald
Minni

Von: abgemeldet
2008-01-02T19:15:11+00:00 02.01.2008 20:15
Heyho!
Ich mag die Geschichte. Für mich persönlich ist es beim Schreiben immer ganz schön schwer, es spannend zu gestalten und genug Handlung sowie genug Gespräche hinein zu bringen. Ich finde bis hierher ist dir das schon wunderbar gelungen. Es wird einfach nicht langweilig =)

>„Folg mir> <wenn du willst.“

Komma

>Denkst du denn ich vertraue dir> <“, giftete sie den Jüngeren an.

Fragezeichen

>„Es wird bald hell. Solltest du nicht zurückkehren>.< Dein Freund kommt auch ohne dich zurecht.“

Fragezeichen

>Sie musste es unbedingt herausfinden> <Allerdings musste sie vorerst den Jungen versorgen.

Punkt

>und verfiel dann wieder in ihren wachsamen Halbschlaf> <Der junge Mensch beobachtete aufmerksam die schlafende Elbin.

Punkt

>War ihr nicht klar, dass ,wenn ihr Volk> <rauskriegen würde, sie wahrscheinlich niemals mehr regieren konnte>.<

Fehlt für mcih ein "das" und den Punkt am besten gegen ein Fragezeichen ersetzen.

>Hast du mir geholfen> <weil du Mitleid hattest?“

Komma

>Sie fragte sich, ob dieses Geräusch nur Zufall >wahr< oder ob er wirklich Sorgen hatte.

war

>Es >seiden< jemand hätte ihnen eine Unterweisung darin gegeben.

sei denn

Ich hoffe, ich konnte dir wieder ein wenig behilflich sein ^^
Bis bald

Minni
Von: abgemeldet
2008-01-02T18:03:21+00:00 02.01.2008 19:03
Dir auch erstmal ein wunderschönes neues Jahr! Ich hoffe, du bist nicht ausgerutscht. ^-^

Wunderschönes Kapitel. Diesmal waren auch weniger Zeichensetzungsfehler drin. Dafür sind mir einige andere Dinge aufgefallen.

>„Du hast mich doch gefragt> <wieso ich töte. Willst du es immer noch wissen?“

Ich bin mir nicht sicher, ob da ein Komma hingehört. Ich würde eins hinsetzen.

>Versteh> <mein Vater kämpft in vielen Schlachten mit.

Komma ^^

>„Du warst ziemlich lange nicht in >unsrem< Land. Wir haben einen neuen König. Der >vorige< ist spurlos verschwunden, und da es keinen, zumindest dachten wir das, Thronfolger gibt, hat sich ein“

An diesem Satz ist alles richtig, nur haben mich die zwei Wörter ein wenig stutzig gemacht, obwohl daran ja nichts falsch ist. Aber man könnten auch "unserem" und "vorherige" schreiben. Was dir lieber ist, es ist ja nicht falsch!

>Ungläubig schüttelte der >Enkel des Königs< den Kopf.

Nun hat Felix ja schon erklärt, dass ein Dämon den Thron an sich gerissen hat und dann denke ich bei diesem Satz einfach, er ist der Enkel vom Dämon. o.o Andererseits, könntest du ja auch "Enkel vom vorherigen König" gemeint haben, aber da ich es eigentlich so verstanden hatte, dass das der Onkel von Jan war, wäre es in dem Falle dann nicht Enkel, sondern Neffe.

>Das hieß> <er hatte das Recht auf den Thron.

Komma ^^

>während der >Enkel des Königs< die Tür schloss.

Das gleiche wie vorhin.

>Schwankend wollte >der Verwandte des Herrschers< das Zimmer verlassen

Da klingt es wirklich, als wäre er mit dem Dämon verwandt.

>Der Mensch wartete nicht lange, sondern hievte >dem< zum Tode verurteilten hoch.

den

>Während Jan versuchte zu schlafen, schnürte sein Kamerad ein Feuer.

schürrte

>Doch dessen >ungeachtete <musste er versuchen den Körper des Gefährten Wärme zuzuführen.

"ungeachtet,"

Wirklich ein sehr schönes und spannendes Kapitel!
Freu mcih schon das nächste zu lesen.
Bis bald!

Minni
Von: abgemeldet
2007-12-30T13:18:13+00:00 30.12.2007 14:18
Ich bin endlich mal wieder zum lesen gekommen ^-^
Ein wirklich sehr schönes Kapitel, was mir allerdings sehr auffällt sind die vielen Fehler bei der Zeichensetzung. Ich hab dir einige Stellen rausgesucht. Jede Kleinigkeit anzusprechen, wäre wohl etwas zu viel des Guten.

>„Seien sie >nichts< so laut. Elben haben >guten< Ohren. Ein Angriff wäre das Letzte was wir jetzt gebrauchen könnten.“

"nicht" und "gute"

>„Guter Scherz. Denkst du etwa ich glaube dir>.< Du bist ein Mensch. Es gäbe keinen Grund für dich den Elben zu helfen. Sie sind deine Feinde.“, spottete er.

EIn Fragezeichen wäre besser angebracht.

>Seit wann setzte er sich für das Wohl der Elben ein>.< „Dennoch haben sie Menschen getötet.“, versuchte er sein Volk zu verteidigen>"<

Ersteres ein Fragezeichen und beim zweiten einen Punkt. ^-^

>„Gibt es eine andere Möglichkeit sich zu verteidigen>.< Wir haben ja kein offenes Ohr für ihre Reden“, fuhr er seinen Freund wütend an.

Wieder ein Fragezeichen.

>Benutz die Waffe des Königs> <wenn ihr euch nicht traut ihn direkt anzugreifen.

Hier könntest du ein Komma setzten.

>„ Was gedenkst du nun zu tun>.< Gegen alle gleichzeitig zu kämpfen, wird dir wohl kaum gelingen und bis du mich besiegt hast, sind die Wassergötter längst tot.“, klärte er auf.

Wieder ein Fragezeichen

>Weshalb sollte ein Elb sein Leben für einen Menschen aufs Spiel setzen? Schließlich war Jan ebenso wie er ein Feind der Elben> <Abgesehen davon würde sie wohl kaum für das Leben eines Unbekannten ihr ganzes Volk in Gefahr bringen.

Du müsstest die zwei Sätze nur noch durch den Punkt kenntlich trennen..

>Sie begriff zwar nicht weshalb der Jugendliche einen Stammesangehörigen töten wollte, aber der Gedanke, dass Jan versucht hatte ihrem Volk zu helfen> <kam in ihr hoch.

Da noch ein Komma und alles ist gut ^-^



Ich hoffe, ich konnte dir damit wieder ein bisschen helfen. Ich mach mich mal ans nächste Kapitel. Vielleicht noch heute, aber mal schaun. ^^
Bis demnächst
LG

Minni



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