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Outlaw

... die Macht der Machtlosen (NaruHina)
von

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Familientragödie

„Das waren für lange Zeit die letzten Worte, die sie miteinander sprachen.“

„Wieso?“

„Während Hinata den Anweisungen ihres Mannes folgte, blieb er zurück und spielte mit dem Feuer. Er befreite dutzende von Stammesmitgliedern, noch bevor der Konvoi das Reservat erreicht hat. Von den Gefangenen starben mehr als 10 Prozent auf dem Weg nach Bosque Redondo. Da es nur wenige Wagen gab, mussten sie über 480 km zu Fuß laufen. Kranke und Erschöpfte, sogar Frauen in den Wehen, wurden getötet. Wer endlich in der Reservation angekommen war, wusste von Entbehrungen und Verzweiflung zu berichten. Es gab nur wenige Lebensmittel und keine Decken. Auch für die Unterbringung der Menschen war unzureichend gesorgt. Krankheiten und Epidemien nahmen überhand und es war so trocken, dass die Saat nicht aufging. Ein Viertel der gefangenen Diné starb und binnen vier Jahren endete Carletons Plan in einer Katastrophe.“

„Davon habe ich gelesen. In dem Buch stand, dass die Menschen über das Schicksal der Diné so schockiert waren, dass ein Schrei der Endrüstung bis nach Washington gelangte.“ Bansai nickt beeindruckt. Offensichtlich hat er es hier mit einem sehr belesenen Halbwüchsigen zu tun, der nicht ganz so oberflächlich agiert, wie Bansai es zu Beginn befürchtet hat.

„Sehr gut. Viele der Weißen hatten keine Ahnung, was man uns antat und als, trotz großer Geheimhaltung, alles an die Öffentlichkeit gelangte konnten sie es kaum glauben. Ich denke, du hast eine Idee wem dieser Aufschrei zu verdanken ist.“

„Naruto.“

„Genau. Er versetzte Berge, um das Unmögliche möglich zu machen und nahm es sogar schmerzlich in kauf für ganze vier Jahre auf seine Familie zu verzichten. Dazu erzähle ich aber später mehr. Ich möchte erst ein wenig auf das Leben seiner Familie eingehen. Hinata wurde von Kakashi aus der Gefahrenzone gebracht ...“
 

***
 

„Ich wünsche dir alles Gute und viel Glück.“ Das waren die Worte, mit denen Kakashi sich von ihr verabschiedet hat und seitdem ist die vierfache Mutter alleine unterwegs.

Obwohl ihr Misstrauen gegenüber dem Soldaten nie wirklich abgeschwächt ist und sie seine Gegenwart mit größter Vorsicht genossen hat, so hatte seine Gegenwart etwas Beruhigendes an sich. Zu wissen, dass es jemanden gibt der auf einen aufpasst, ist erleichternd und angenehm. Die meiste Zeit hatten sie sich angeschwiegen, doch eine Gefahr ging nie von Kakashi aus. Stellenweise wirkte er sogar gelangweilt. Er hätte sie nicht begleiten müssen und dennoch tat er es. Er hat es Naruto versprochen und sich so einer vollkommen fremden Frau verpflichtet, nebenbei Verrat begangen und sich von seiner Truppe unerlaubt entfernt. Naruto hat seinen Platz dafür eingenommen. Es hat sie schon erschreckt, als der Soldat ihr mitteilte, dass sie ab jetzt alleine weiterreisen muss. Er schien in diesem Moment sogar ihre Unruhe und Unsicherheit zu spüren und schenkte ihr ein mitfühlendes, aber gleichzeitig ermutigendes Lächeln. Seine gesamte Art war liebenswert und aufrichtig. Er war wirklich um ihre Sicherheit besorgt und verabschiedete sich auch nur widerwillig von ihr. Sie hat ihm sogar noch lange hinterher geschaut, bis sie sich endlich zur Weiterreise überwinden konnte. Allein und ohne Schutz. Im Grunde fühlte sie sich schlecht, weil sie ihm solch ein Misstrauen entgegengebracht hatte.

Mit größer Vorsicht und zermürbender Aufmerksamkeit hält sich Hinata strikt an die vorgegebene Route auf der Karte und hat sich in ihrem ganzen Leben noch nie so einsam gefühlt, wie in der jetzi-gen Situation. Ohne Familie, ohne zuhause und ohne Freunde … nur sie, völlig allein in einer ver-schneiten Steppe, in der ihr einziger Gesprächspartner ein schnaubendes und erschöpftes Pferd ist. Sie war in ihrem Leben noch nie allein gewesen. Sie hatte immer irgendjemanden um sich herum. Egal ob Freunde oder Familie und seit sie Naruto kennt, scheut sie die Einsamkeit sogar. Sie braucht Nähe und Halt und auch wenn Naruto der Meinung ist, dass eine Kämpferin in ihr steckt, so sieht sie sich selbst nicht als Kriegerin. Die Scheu vor Konflikten und ihre Harmoniebedürftigkeit sind keine Auszeichnungen einer Kämpfernatur.

Die Nächte sind kalt und lang und der Weg scheint ihr immer beschwerlicher zu werden, obwohl sie dem Ziel mit jedem weiteren Tag näherkommt. Jede Meile ist für sie ein Ritt durch die Unendlichkeit. In ihrem Kopf herrscht eine endlose Leere, in der die Entwicklung von Gedanken noch nicht einmal möglich ist. Ihre Glieder fühlen sie so schwer an, wie eine Wagenladung Getreidesäcke. Sie fühlt sich unfähig etwas zu spüren oder zu empfinden. Sie fühlt sich, wie unter einer Glaskuppel, die jeden Versuch des Vordingens von außerhalb unmöglich werden lässt. Es erscheint beinahe wie ein Automatismus, der ein Hinterfragen gewisser Handlungen überflüssig werden lässt. Sie tut es einfach. Sie tut einfach das, was verlangt wird. Sie tut das, was ihr Mann von ihr erwartet. Sie folgt seiner Route, meidet die Straßen und ist zum Großteil nur im Schutz der Nacht unterwegs. Bis in die frühen Morgenstunden hat sie die letzten entscheidenden Meilen hinter sich gebracht, welche noch zwischen ihr und ihrem früheren Zuhause lagen, von dem nun nichts mehr übrig ist. Das Jahr neigt sich unaufhaltsam dem Ende, um das nächste einzuläuten und die Ruinen eines ganzen Stammes, dessen Bewohner hier lachten, weinten und stritten liegen unter einer dünnen Schneeschicht begraben, welche mit den voranschreitenden Stunden des Tages wieder verschwinden wird.

Es ist ein trügerisches Bild einer harmonischen Idylle, während die vierfache Mutter die ersten zer-störten Bauten passiert und es dabei kaum wagt, sich weiter umzuschauen. Zu viele Erinnerungen verbindet sie mit diesem Ort, der so viel mehr war als nur ein Zuhause. Nun ist dieser Platz ein Sym-bol für die Unmenschlichkeit eines ganzen Volkes. Ein Friedhof für eine Vielzahl an Stammesmitgliedern.

Ihr getrübter Blick wandert oberflächlich diese Szenerie ab, wobei sie die Stute weiterhin durch das Dorf lenkt, bis sie fest an den Zügeln zerrt um das Pferd zum sofortigen Stopp zu zwingen. Ein empörtes Schnauben und schmerzlichen Zucken sind die folge und dennoch finden die Schritte ein Ende, während Hinata ihre Augen verengt und die Ferne starrt. Ihr Augenpaar hat eine Bewegung erfasst. Eine Gestalt, die scheinbar ziellos umherläuft und in den Überresten des Dorfes nach brauchbaren Objekten Ausschau hält. Sein Körper ist umhüllt von einem recht ramponierten Poncho und eine Kapuze verdeckt das Gesicht dieser geheimnisvoll erscheinenden Person, doch etwas reißt Hinata vollständig aus ihrem tranceähnlichen Zustand. Es sind Bewegungen die sie kennt. Bewegungen die so spezifisch sind, dass sie nur zu einer einzigen Person gehören können. Es ist eine Erkenntnis, bei der sich ihre Gesichtszüge aufhellen und sie die Stute wieder nach vorne treibt. Sie kann sich nicht mehr beherrschen und beginnt schließlich laut zu rufen. „Takeo!“

Wie ein Echo ertönt dieser Name über dem Landstrich, so dass die gerufene Person in die Höhe schreckt und herumwirbelt, als würde sein schlimmster Albtraum herannahen. Diese kurze Bewe-gung ist so energisch, dass es ihm die Kapuze von seinem Kopf reißt und somit ein dunkelbrauner Haarschopf freigelegt wird, der früher weitaus länger gewesen ist und ihm bis zu den Schultern gereicht hat. Jetzt reichen sie ihm nicht einmal mehr bis zu den Ohren. Noch immer ist er unverkennbar der Sohn von Neji und obwohl er noch bis vor dem Überfall einige kindliche Züge innehatte, sind diese von ihm nun völlig abgefallen. Er ist längst selbst ein Mann und stolzer Krieger eines verblassten und verdrängten Stammes. Nicht so ernst wie sein Vater und auch nicht so analytisch wie seine Mutter. Er besitzt einen Charakter, der eine Mischung aus beiden dominanten Eigenschaften seiner Eltern darstellt. Er war ein starker, selbstbewusster junger Mann. Doch nun wirkt er anders. Gebrochen und traumatisiert, obwohl er in seinem jungen Leben schon viele Überfälle erlebt hat. Er hat es miterlebt wie Hoshi aus dem Dorf entführt wurde und wie Naruto sich daraufhin verändert hat. Er war da, als die Regierung damit begonnen hat, ihre Lebensgrundlagen zu vernichten. Er hat schon viele Tote gesehen und viel Entbehrung und Leid erfahren müssen. Seine Hoffnung war von all dem irgendwann Abstand gewonnen zu haben, doch nun wurden sie von diesen Dingen wieder eingeholt. Das friedliche Leben im Canyon hat ein schlagartiges Ende gefunden.

Er ist in sich gekehrt, ohne existierende Hoffnung in seinem Inneren und dieser Vernichtungsschlag der Regierung hat sichtbare Spuren an ihm hinterlassen. Auf seiner rechten Gesichtshälfte prangt eine großflächige Verbrennungsnarbe, die von seinem Haaransatz bis zum Kinn verläuft und es ist fraglich, ob er auf diesem Auge noch sehen kann. Er schont seine Mitmenschen vor diesem monströs wirkenden Anblick, indem er ein Stück Stoff benutzt und damit etwas von seinem Gesicht verdeckt. Eine Stoffmaske wohl auch aus dem Grund, um sich nicht selbst vor seinem Anblick zu erschrecken oder gar zu ekeln.

Hinata ist über den Gesamtanblick sehr schockiert und findet keine Worte dafür. Wie versteinert sitzt sie auf dem Rücken der Stute und starrt den Jüngling an, als hätte er gerade den unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang verkündet. Die vorher aufgeflammte Freude ist nur noch ein kleines Flämmchen und das Lächeln auf ihren Lippen verblasst zusehends. Ein Mimikspiel, welches von Takeo selbst in gleicher Form angewandt wird. Eben noch voller Freude über dieses Wiedersehen, erlahmen seine Bewegungen wieder und er fällt ein Stück weit in sich zusammen. Er erkennt den schockierten Ausdruck in den Augen von Hinata und blickt niedergeschlagen zu Boden. Für gewöhnlich empfinden die Männer stolz, wenn sie Wunden aus einem Kampf davontragen und daraus siegreich hervorgegangen sind, doch an dieser Schlacht gab es nichts Siegreiches. Es war nur ein Gemetzel, in dem jeder versuchte den Schaden gering zu halten. Diese Narbe ist nichts weiter als eine zusätzliche Demütigung, die ihn immer an diesen Tag erinnern wird. Der Tag, an dem er sein Zuhause verloren hat.

Betrübt tätschelt Takeo den Hals der Fuchsstute, ehe er seinen Blick anhebt und dabei ein recht gezwungenes Lächeln auf den Lippen trägt. „Yonn nan sòlda yo te bat m 'lanp lwil oliv l' nan tèt la.”

Heißes Öl. Daher hat er die großflächige Narbe und diese eine Äußerung genügt der vierfachen Mutter auch. Sie will nicht noch weiter in dieser Wunde bohren und nickt nur verstehend, ehe sie sich beinahe demonstrierend umschaut, als wolle sie ihm so symbolisieren, dass dieses Thema bereits wieder beendet ist. Es erscheint vielleicht taktlos und zu einem gewissen Teil ist es Hinata sogar unangenehm, nur durch ihr Anstarren Takeo dazu verleitet zu haben eine Erklärung für diese Verunstaltung in seinem Gesicht zu tätigen. Wenn sie nicht weiter darauf eingegangen wäre, dann hätte sie seine Erinnerungen daran gar nicht erst aufwecken müssen. Vermutlich leidet der junge Mann schon genug unter seinem eigenen Spiegelbild. Diese nicht definierbare Faszination. Der Ekel vor der eigenen Persönlichkeit, wenn es einem unmöglich erscheint den Blick von etwas Bestimmten abzuwenden. Egal ob Hautfarbe, Kleidung, Unfälle oder eben eine auffällige Vernarbung an sichtbaren Körperstellen. Es kostet unglaublich viel Willenskraft, um nicht wenigstens einen kurzen Blick zu wagen, wenn die Neugier einen erfasst. Das eigene Verhalten widert einen an und trotzdem gelingt es nur selten, die Neugier zu ignorieren und einfach vorbeizugehen. Hinata hat in diesem Moment nicht daran gedacht und den Sohn ihres Cousins auffallend lange und intensiv angestarrt. Ihr Blick viel nicht in seine Augen, sondern direkt auf die Stelle, die er zu verbergen versucht. Es ist ihr nicht gelungen Anstand zu zeigen, wofür sie sich in Grund und Boden schämt.
 

„Ist Tenten auch hier?“

Pa gen. Wir haben uns in einem Wäldchen ein paar Meilen von hier niedergelassen. Ich komme immer mal wieder hier her, um nach brauchbaren Sachen zu suchen.“ Demonstrierend hält Takeo die gefüllte Tasche empor, nachdem er zuvor in eine Richtung gedeutet hat in der sein neues, aufgezwungenes Zuhause liegt. Sie haben Kochstellen, wärmende Schlafstätten und sind um ein halbwegs normales, geregeltes Leben bemüht. Jagen, Putzen, Kleideranfertigung … eben alles, was zu einer Existenz am äußersten Rande der Gesellschaft von Nöten ist.

Vertriebene und Ausgestoßen. Das eigene Volk wird wie Vieh zusammengetrieben und die, die entkommen konnten, leben weit verstreut im ganzen Land. Niemand weiß wie viele es tatsächlich geschafft haben und eine genaue Zahl wird auch niemals angegeben werden, doch auch wenn es überhaupt keine Hoffnung mehr zu geben scheint, so ist ihr Leben das einzige, was sich noch in ihrem Besitzt befindet. Ein unterdrücktes Leben, aber ein Dasein in Freiheit. Versteckt zwischen Bäumen, Felsen und Gräsern haust Takeo mit seiner Familie unter schwierigen Witterungsbedingungen, in einem zusammengezimmerten Verschlag aus Ästen, Laub und Tierfällen. Es ist wahrhaftig nichts Besonders, doch das Einzige was ihnen im Moment ein wenig Schutz vor Wind und Wetter bietet. Es ist nicht einfach wieder eine Gemeinschaft zu bilden, nachdem das gewohnte Leben in seine Einzelteile zerschlagen wurde und doch funktioniert es irgendwie. Zusammen mit seine Mutter, seinen Schwestern und Ino mit ihrer Tochter, die dank der Hilfe von Shikamaru dem blutigen Gemetzel entkommen konnten, bilden sie eine Gruppe von hartnäckigen Überlebenden die aus ihrer Situation das Beste heraus holen. Ihr Kampfgeist erlischt mit jedem weiteren Tag jedoch mehr und mehr, weswegen die herrschende Atmosphäre eines sehr drückende und trostlose ist.

Takeo ist allein unter Frauen, auch wenn Shikamaru und seine Familie bei ihnen sind. Der erfahrene Indianer ist in seinem jetzigen Zustand keine sehr große Hilfe. Takeo versucht geradezu zwanghaft ihnen allen Halt zu vermitteln. Er tut sein Bestes, doch schon am Anfang hat er schnell festgestellt, dass ihm die Führungsrolle nicht liegt. Er hat keine Erfahrung und auch wenn er gewissenhaft und verantwortungsvoll ist, so ist diese Form der Verantwortung weitaus mehr, als er tragen kann. Er fühlt sich überfordert und alle zählen auf ihn. Sie verlassen sich blind auf ihn, weswegen er eine Enttäuschung vermeiden will und sich daher in Schweigen hüllt. Er leidet stattdessen lieber still in sich hinein und quält sich in den schlaflosen Nächten.

„Sind Shikamaru und Ino bei euch?“ Mit einer hoffnungsvollen Tonlage, wendet sich Hinata wieder dem jungen Indianer zu der darauf bestätigend nickt, jedoch alles Anderes als zuversichtlich aussieht.

„Ja, aber Shikamaru ist verletzt. Wir wissen nicht ob er den Winter überlebt.“ Eine schlechte Nach-richt, welche kaum Freude über die Tatsache aufkommen lässt, dass sie einige ihre Freunde wiedergefunden hat. Hinata gibt einen niedergeschlagenen Laut von sich und blickt gedankenverloren in die Ferne, ehe sie wieder zu Takeo schaut, welcher geduldig neben dem Pferd steht und ihr bisher zu allen Fragen Rede und Antwort steht.

„Kannst du mich zu ihnen bringen?“

„Sicher. Sie werden sich sehr freuen, dich wiederzusehen.“

Ein Lächeln huscht über die Gesichtszüge von Hinata. Ein Wiedersehen mit ihren schmerzlich ver-missten Freunden. Nach all diesem Chaos hat dieser Gedanke etwas sehr Beruhigendes und an sich, weswegen die vierfache Mutter etwas verträumt in die Ferne schaut und sich in diesem Moment ganz bewusst, die wenigen Augenblicke nimmt um all diese schönen Erinnerungen mit ihnen noch einmal zu erleben. Vergangene Szenerien, die wieder bewusst hervorgeholt werden können etwas sehr Belebendes bewirken. Takeo steht noch immer neben dem Pferd und streichelt gedankenverloren den Hals des Tieres entlang, während er zu Hinata emporschaut. Für diesen Moment ist der ganze Schrecken aus ihrem Gesicht gewichen. Nicht ein Gedanken aus der Gegenwart spielt in diesem Augenblick eine Rolle. Als hätte sie alles um sich herum vergessen. Nachdenklich blickt der junge Mann kurz zu Boden und scheint für einen Moment mit seinen Gedankengängen zu hadern, ehe er wieder hochschaut und mit den folgenden Worten auch Hinata zurück auf den grausamen Boden der Tatsachen holt. Die bittere Realität, die wenig Raum für Träume, Wünsche und Hoffnung bereitstellt.

„Mein Vater ist tot, nicht wahr?“

Erschrocken blickt Hinata zu Takeo herunter und wieder scheint dieser in ihrem Gesicht die Antwort ablesen zu können. Er lächelt bitter in sich hinein und streicht erneut über den Hals des Pferdes, während er verbissen versucht dieses Lächeln aufrecht zu erhalten. Er hat es gewusst. Die ganze Zeit über hat er es gewusst. Irgendetwas in seinem Inneren sagte ihm, dass er seinen Vater nie wiedersehen wird und so hat er sich insgeheim auf solch eine Botschaft schon vorbereiten können. Die endgültige Gewissheit darüber zu haben, ist jedoch um einiges schmerzhafter als der Schmerz der bloßen Vorahnung. Es fühlt sich an, als würde ihm jemand die Luft abdrücken. Als hätte irgendetwas sein Herz in einem festen Griff und würde diesen Griff immer mehr und mehr verstärken. Es ist, als hätte jemand einen Teil von ihm herausgerissen und würde auf diesem noch herum trampeln.

Takeo hat seinen Vater vergöttert. Zu niemandem hat er mehr aufgesehen. Von ihm hat er alles gelernt und Neji war es auch, der seinem Sohn bei dem Überfall vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Dank seines Vaters ist es nur bei dieser Verbrennung geblieben. Takeo wollte kämpfen. Er wollte das verteidigen, was ihm am Herzen liegt und er hat sich gut geschlagen, bis zu diesem einen Moment. Einen Augenaufschlag der Unachtsamkeit und schon spürte er diesen stechenden Schmerz im Gesicht. Es war ein unbeschreibliches Stechen, gepaart mit dem Gefühl als würde flüssiges Wachs sein Gesicht entlanglaufen. Es riss ihn zu Boden und ließ ihn aufschreien. Er konnte gar nicht sehen, dass sein Gegner bereits auf ihn zielte. Einzig und allein der Schmerz dominierte sein Denken. Er bemerkte nicht, wie Neji den Soldaten zu Boden riss und diesem schließlich den Schädel einschlug. Neji war es der seinen wimmernden Sohn wieder in die Höhe gerissen und zusammen mit seinen Schwestern und seiner Mutter aus dem Dorf getrieben hat. Er hat sie regelrecht gescheucht und keinerlei Wiederworte zugelassen. Das letzte, verschwommene Bild, welches Takeo von seinem Vater hat, ist wie dieser zurück in das Getümmel eilt. Sein Rücken und die mahnenden Worte, unter keinen Umständen aus ihrem Versteck zu kommen … das ist alles, was sie noch voneinander sahen und hörten. Es war dieser letzte Blick auf den breiten Rücken seines Vaters, der das Gefühl auslöste, ihn nicht mehr sehen zu werden. Das Gefühl eines unausgesprochenen Lebe wohl. Er hatte so sehr gehofft, sich zu irren.

Hinata erkennt deutlich, dass es keiner weiteren Worte mehr bedarf, denn das verbissene Lächeln verschwindet aus dem Gesicht von Takeo und ein tief trauriger Ausdruck macht sich stattdessen breit. Er weiß es und eine Bestätigung ihrerseits ist überflüssig. Vielleicht wäre nur ein weiterer, schweigsamer Augenblick nötig um die Dämme brechen zu lassen, doch der junge Indianer weigert sich diesen herrschenden Gefühlen in seiner Brust nachzugehen. Takeo richtet sich mit einem tiefen Luft holen wieder auf und schluckt alle gesammelten Tränen hinunter, ehe er die Tasche schultert und forschen Schrittes vorangeht.
 

Den gesamten Weg über schweigen sie sich an. Keiner sagt ein Wort und keiner wüsste, was sie einander erzählen sollten. Beide haben sie die Hölle durchlebt und noch immer scheinen sie in dieser gefangen zu sein. Es gibt keine Worte oder Taten, die ihr Empfinden beschreiben könnten. Keine Macht der Welt, egal ob irdisch oder übernatürlich wird sie jemals von diesen Erfahrungen erlösen können. Für den Rest ihres Lebens, wenn sie mit diesen Erlebnissen ihr Dasein führen müssen.

Die zurückgelegte Strecke erscheint ungewöhnlich lang, obwohl es kaum nennenswerte Meilen sind und eher einem Katzensprung gleicht, doch obwohl Hinata sich vorher noch auf ein Wiedersehen freute so zieht sich alles schmerzhaft in ihr zusammen, als sie Tenten erblickt. Noch während Hinata sich die Frage stellt, wie sie ihrer Freundin den Verlust des Ehemannes erklären soll, versteht Tenten die Gesamtsituation auch ohne irgendwelche Worte. Ihr freudig verzücktes Gesicht wandelt sich um in eine fassungsloses Mimikspiel und als sie dann auch noch den traurigen Blick ihres Sohnes erkennt, der dem ihren ausweicht bricht für die dreifache Mutter eine Welt zusammen. Keuchend sinkt sie in die Knie und verfällt in ein regelrechtes Klagelied. Die Zwillingsmädchen Nozumi und Natsuko scheinen in diesem Moment die Welt noch weniger zu verstehen. Die gerade mal sechsjährigen Mädchen blicken zu ihrer weinenden Mutter und beginnen selbst damit bittere Tränen zu vergießen, obwohl sie das Ausmaß dieser Trauer noch gar nicht kennen. Wie viel verstehen die Mädchen von diesem ganzen Leid? Bis vor einem Jahr war ihre Welt noch in Ordnung. Sie konnten Kinder sein und nun sind sie heimatlos, ohne Freunde und ohne ihren geliebten Vater. Verstehen sie schon, dass er nie zurückkommen wird? Verwirrt eilen die Mädchen zu ihrem großen Bruder, der ein Jahrzehnt älter ist als sie und der in den kommenden Jahren ein Stück weit die Rolle seines Vaters übernehmen müssen wird. Das tut er jetzt schon und so nimmt der junge Indianer seine Geschwister nur in die Arme, nachdem er in die Hocke gegangen ist, damit die Zwei sich an ihn klammern können. Noch immer weigert er sich seinen Gefühlen den benötigten Raum zu geben und um eben einen solchen Ausbruch zu verhindern, presst er die Zähne aufeinander wobei er sich selbst an seine Geschwister klammert, die schluchzend in seinen Poncho hinein weinen. Tenten kauert weinend am Boden, während diese Szenerie eine Familientragödie von Hinata, Ino und dessen Tochter mitfühlend beobachtet wird. Es gibt keine Worte, welches dieses Leid beschreiben könnte. Neji war der Fels in der Brandung für seine Familie. In jeder Situation standhaft und strukturiert. Ein strenger Vater, ja. Aber auch genauso liebevoll.

Ratlos streicht Hinata über die Nüstern der Stute nachdem sie abgestiegen ist. Sie hat unsagbare Angst davor, dass ihren Kindern genau das gleiche Schicksal blühen wird. Ein Erwachsenwerden ohne Vater und die Wahrscheinlichkeit ist erschreckend groß. Welche Chancen hat Naruto in seiner jetzigen Situation denn auch schon? Wie wahrscheinlich ist es, dass er irgendwann zu seiner Familie zurückkehren wird? Ängstlich blickt Hinata in den Himmel empor, während im Hintergrund die Klagelaute einer zerbrochenen Familie immer lauter zu werden scheinen. Sie fleht darum, dass ihrem Mann nichts passieren wird und dass sie ihre Kinder bald wieder in die Arme nehmen kann. Mit einer endlosen Schwere in ihrem Inneren wendet sich Hinata Ino zu, die von dem Verlust Nejis nichts weniger betroffen ist. Sie steht mit ihrer Tochter in einiger Entfernung und presst sich entsetzt eine Hand auf den Mund, wobei sie stumme Tränen vergießt. Ihre Tochter steht betrübt neben ihr und scheint diese Nachricht kaum erfassen zu können. Hinata fühlt sich in der Rolle des Überbringers dieser Hiobsbotschaft alles andere als wohl.

Nach einem kurzen Zögern tritt sie an die blonde Mutter heran, die sie auch sogleich in die Arme schließt. Die beiden Freundinnen verharren für eine Weile so und bedauern schweigsam die Allge-meinheit ihrer Situation, ehe sie voneinander ablassen, aber sich jeweils nur zu einem bitteren Lächeln im Stande sehen. Mitfühlend greift Hinata nach der Hand von Ino. „Wie geht es Shikamaru?“ Eine Frage auf die Hinata als Antwort nur zusammengepresste Lippen und ein schwaches Kopfschütteln erhält. Ino scheint kaum noch Hoffnung in sich tragen und die Nachricht von Nejis Tod ist ein weiterer Schlag, der sie in die Knie zwingt.

„Papa geht es nicht gut. Er wurde angeschossen.“ Shina hat sichtlich Angst um ihren Vater, was das Zittern in ihrer Stimme nur zusätzlich verdeutlicht und als Hinata den verwundeten Shikamaru selbst zu Gesicht bekommt, weiß sie, dass diese Angst nicht unbegründet ist. Shikamaru besitzt kaum noch Gesichtsfarbe. Er hat hohes Fieber und kämpft immer wieder mit der Bewusstlosigkeit, während er sichtlich unter Schmerzen leidet. Nun weiß Hinata warum Takeo Zweifel daran hat, dass der Indianer durch den Winter kommt. Sein Zustand ist äußert kritisch und der letzte Atemzug allgegenwärtig. Wieso wird alles nur noch schlimmer? Wieso gibt ihnen das Schicksal nicht einmal eine Verschnaufpause?
 

***
 

„Ich habe meinen Großvater vor zwei Jahren verloren. Er starb an einem Herzinfarkt.“ Konohamaru schluckt auf diese Worte hart und fühlt wieder diesen schmerzenden Klos im Hals, wie er immer aufkommt, sobald er an seinen Großvater denken muss. Er hat lange gebraucht, um diesen Verlust überhaupt akzeptieren zu können und wenn er jetzt daran denkt, seinen Vater in baldiger Zukunft zu verlieren … Konohamaru schaudert bei dem Gedanken, während Bansai nur zustimmend nickt.

Es gibt nichts Schlimmeres auf der Erde, als der plötzliche Verlust eines geliebten Menschen. Wenn eine Krankheit vorhergeht, so gibt einem das wenigstens die Möglichkeit sich auf den endgültigen Abschied vorzubereiten, doch wenn der Tod nicht zu erahnen ist, sich ein Ehepaar am Morgen ge-genseitig einen schönen Tag wünscht und das Haus verlässt, nur um am Abend eine solche Hiobsbotschaft zu erhalten, bricht die Welt auseinander. Es zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Solche Ängste dürften jedem Menschen bekannt sein und niemand setzt sich gerne mit dem Tod auseinander. Das ganze Leben versucht ein jeder Dinge wie Krankheit und Tod zu verstehen, doch Steven Hawking hat mal gesagt, dass Gott nur ein Name für die Dinge ist, die der Mensch nicht erklären kann. Unwissenheit erzeugt Unsicherheit und Angst und darum gibt es die Religion, ganz gleich in welcher Form sie auch praktiziert wird.

Konohamaru ist ein Bewahrer der alten Traditionen und Kultur seines Volkes, doch ein gläubiger Mensch ist er nicht mehr. Er sucht selbst nach dem Sinn des Lebens und hinterfragt viele Dinge, dennoch muss er zugeben, dass der Gedanke an ein Leben nach dem Tod etwas sehr Beruhigendes hat. Der Gedanke das etwas danach kommt und wenn es die Wiedergeburt ist.

Bansai räuspert sich und fährt in seiner Erzählung schließlich weiter fort. „Es dauerte lange, bis sich die kleine Gruppe für einen Aufbruch bereit fühlte. Shikamarus Leben hing auch weiterhin in der Schwebe. Dennoch wagten sie den Aufbruch ...“


Nachwort zu diesem Kapitel:
„Yonn nan sòlda yo te bat m 'lanp lwil oliv l' nan tèt la.” - Ein Soldat hat mir eine Öllampe an den Kopf geschlagen.

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  fahnm
2014-09-29T19:50:34+00:00 29.09.2014 21:50
Wenigstens ist Hinata jetzt in Sicherheit.
Freue mich schon aufs nächste kapi^^
Von:  narutofa
2014-09-28T11:56:09+00:00 28.09.2014 13:56
Das war ein gutes Kapitel. Ich hatte spaß es zu lesen.
Zum Glück hat es Hinata zurück geschafft zu ihren Freunden. Aber sie musste Leider eine traurige Nachrricht überbringen. Ich kann nur hoffen das sie es zu ihren Kindern schafft. Ich bin gespannt was noch so kommt. Macch weiter so
Von:  Kaninchensklave
2014-09-28T11:50:33+00:00 28.09.2014 13:50
Ein Tolles Kap

nun hat naruto es geschafft Hinata zu befreien und auch noch ein gutes Duzende von anderen Stammes angehörigen
und nur um dann Punlik zu machen was die Hoch gelobte Regierung da gemacht hat nur im Namen Gottes und des Fortschrittes was sie eindeutig als Heuchler entlarft hat dabei hätte eine freidlcihe Co existenz Locker mit etwas Respekt statt finden können

Das Neji´s Familie Trauert war klar immerhin wurde er schlicht und einfach seinem Schicksal überlassen
nur müssen sie ejtzt aufbrechen um Hinata´s Kinder zu holen um welche sich Sasuke und Sakura kümmern
und wer eiss vieleicht kann Sakura auch etwas für Takeo tun um Ihn einen teil der Narben zu nehmen
welche Ihm einer der  Soldaten zu gefügt hat

NAruto wird seine Fmailie sehr lange nicht sehen können nur dannw ird das wiedersehens hcöner als alles andere da er wohl auch dann zum Häuptling ernennt wird da er mit der Tochter des Letzten verheiratet ist

GVLG


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