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Outlaw

... die Macht der Machtlosen (NaruHina)
von

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Teilstrecke

Winter 1864
 

In den vergangenen Tagen ist es bedeutend kühler geworden und in der Nacht ist Neuschnee gefallen. Die gesamte Landschaft schlummert unter der weißen Schneepracht. Alles scheint in eine Art winterliche Starre verfallen zu sein, in der Eile keine bedeutende Rolle spielt. Eine kühle Hand, die Mensch und Natur in einem eisigen Griff zu halten scheint und welche die kahlen Äste der Bäume, wie klagenden Hände in den Himmel ragen lässt. Dennoch, trotz aller Starre, findet auch in dieser Jahreszeit Bewegung statt. Es sind nicht nur Tiere, die sich durch die weiße Pracht kämpfen, sondern auch die Menschen, die trotz erschwerten Bedingungen ihre Arbeiten verrichten müssen. Seit dem ersten Tageslicht bereitet sich Naruto auf den lang erwarteten Aufbruch vor. Den ganzen Sommer über hat er geplant und versucht jeden nötigen Schritt vorher zu sehen und neben all der Planung und der tiefen Sorge, hat er auch versucht seine Kinder zu erziehen. Unter den gegebenen Umständen wahrhaftig keine Leichtigkeit, denn die Mutter kann er ihnen nicht ersetzen und Hinata wird außerdem schmerzlich vermisst. Das Trauma ist tief in ihnen verankert und kann auch von ihm nicht beseitigt werden. Hinata besitzt in solchen Situationen die benötigte Feinfühligkeit, die er einfach nicht aufbringen kann. Zwar ist Naruto keinesfalls gefühllos, aber in solchen Situationen erscheint er oft plump und ungeschickt.

Den Kindern fehlt ihre Wärme und Fürsorge. Es fehlt ihnen, einfach zu ihrer Mutter gehen zu können, um sie in die Arme zu nehmen. Es fehlt ihre ganze Erscheinung und Naruto geht es in diesem Zusammenhang nicht anders. Die Sehnsucht, vermischt mit der Sorge, zerfrisst ihn förmlich. Die Nächte ohne sie erscheinen ihm unerträglich lang und ebenso ungewöhnlich kalt. Es ist immer Hinata gewesen, die das Familienleben am laufen gehalten hat. Sie hat immer alles zusammen gehalten und jedem ein offenes Ohr geschenkt. Es wäre faktisch der Untergang der Familie, wenn sie nie zurückkommen würde. Natürlich ist Naruto für seine Kinder da und versucht die Lage so erträglich wie möglich für sie zu gestalten, doch gelingt ihm dies nur bedingt. Er leidet nicht weniger unter den Umständen, doch kann er sich seinen Gefühlen nicht ergeben. Er hat niemanden, mit dem er seine Trauer teilen kann und auch niemanden, der ihn in den Arm nimmt. Seine Kinder haben es da leichter. Ein schlechter Traum und im Anschluss kriechen sie unter seine Decke, an seine Seite. Er muss stark für sie sein und dennoch ... Er ist eben 'nur' ihr Vater und um seine Kinder wieder lächeln zu sehen, nimmt er diese Reise auf sich. Eine Reise mit ungewissem Ausgang und obwohl er nicht die besten Aussichten auf Erfolg hat, ist er bereit dieses hohe Risiko zu tragen.
 

Die Uniform sitzt an seinem Körper wie für ihn geschneidert und sein Auftreten lässt das Trugbild an Perfektionismus herankommen. Gegen die Kälte fühlt er sich ausreichend gewappnet und er will nun auch keine weitere Minute verschwenden, weswegen der Outlaw sein weniges Hab und Gut für die Reise auf den Rücken von Ashkii schwingt und mit geübten Handgriffen sichert. Zusätzliches Gepäck hat er auf der Stute seines jüngsten Sohnes verstaut, welche er ebenfalls mitführen wird, um seiner Frau ein Pferd für die Flucht zur Verfügung stellen zu können. Er wird einige Wochen unterwegs sein und wenn alles planmäßig verläuft, den Konvoi noch vor dem Eintreffen in Fort Sumner erreichen. Der Plan ist simpel und gleichermaßen riskant. Hinata aufspüren, befreien und mit ihr flüchten. Naruto hegt jedoch starke Zweifel daran, dass es wirklich so einfach ablaufen wird. Es ist nie so einfach. Irgendeine unerwartete Hürde gibt es immer.

Mit einem tiefen Luftholen zieht sich der Outlaw die Jacke zurecht und führt die fertig gesattelten Pferde schließlich aus dem Stall, wo er die einzelnen Riemen noch einmal nachstellt und gerade aufsteigen will als er über den Rücken des Pferdes hinweg Minato heraneilen sieht. Seine Haare sind ganz zerwühlt und nur mit Nachthemd bekleidet und blanken Füßen springt er durch den knöchelhohen Schnee auf ihn zu. Er muss direkt aus dem Bett gesprungen sein, als er den dämmernden Tagesanbruch im Fernster erkannt hat.

Naruto wollte sich eine schmerzende Abschiedszeremonie ersparen, in der ihnen falsche Verspre-chungen macht. Er kann ihnen nicht zusichern zurück zu kommen, weswegen er niedergeschlagen seufzt und um sein Pferd herumgeht. Er hatte ihnen nicht einmal gesagt, dass er am heutigen Mor-gen aufbrechen wird und so bleibt nur die Möglichkeit, dass der Junge das Gespräch zwischen seinem Vater und Sasuke am vergangenen Abend belauscht hat. Ein Gespräch, bei dem Naruto auch den schlimmsten Fall geäußert hat und Sasuke ihm daraufhin zusicherte, dass er sich um die Kinder kümmern würde. Als Kind und auch später als Erwachsener, mag sich keiner ein Leben ohne die Eltern vorstellen. Der Gedanke daran beunruhigt einen. Es ist quälend, wenn sich die Gewissheit in den Vordergrund drängt, das eigene Leben irgendwann ohne die elterliche Fürsorge und Liebe bestreiten zu müssen. Es ist nur schwer vorstellbar und wenn eben jener Tag kommt, ist es ein Gefühl des freien Falls. Es dauert seine Zeit, bis dieser schmerzliche Verlust weitgehend überwunden ist und so wird Minato sich wohl die Nacht um die Ohren geschlagen haben, mit quälenden Gedanken in seinem Kopf und schlimmen Bildern vor seinen Augen. Hinata und Naruto waren in dem Leben ihrer Kinder bisher immer so präsent gewesen, dass nie der Gedanke aufgekommen ist, sie mal nicht mehr um sich zu haben. Es ist wohl diese speziellen Vorstellungen die Minato kaum noch klar denken lassen, als er vor seinem Vater stoppt und beunruhigt in dessen Augen blickt.

„Du gehst?“ Ein zustimmendes Nicken ist das Einzige was Minato auf diese Frage erhält, während sein Vater ein weiteres Mal die Gurte und Riemen überprüft und damit seinem Sohn faktisch aus-weicht. Eine Tatsache, die auch Minato mit seinen jungen neun Jahren bemerkt und entsprechend traurig reagiert. Er beißt sich auf die Unterlippe und knetet seine Hände, während er auf den Boden starrt und wegen der Tränen nicht einmal einen klaren Blick hat. Naruto spürt die Verzweiflung seines Sohnes regelrecht im Nacken und schließt seufzend die Augen, ehe er sich umdreht und sein Kind betrachtet, was einen völlig verlorenen Eindruck macht und unendliche Angst vor den Geschehnissen hat, die da kommen werden. Eine Angst die Naruto verstehen, ihm aber nicht nehmen kann. Ratlos geht der Outlaw in die Hocke und sucht die Augen seines Sohnes, der daraufhin nur noch krampfhafter zu Boden blickt, so das sein Kinn auf seiner Brust aufliegt.

Mit einem erneuten Seufzen streicht Naruto sich kurz über sein Gesicht, ehe er mit sanfter Gewalt seinen Sohn dazu zwingt ihn anzusehen. Minato hat dieselben ausdrucksstarken Augen wie sein Vater, die nun in Tränen zu schwimmen scheinen, tiefe Unsicherheit und Panik widerspiegeln.

„Ich muss gehen, Minato. Ich muss es wenigstens versuchen.“

„Ich weiß. Ich weiß das, aber ...“

„Aber was?“ Ein Zögern und Unsicherheit in seinem Blick sind für einige kurze Momente das Einzige, was Naruto als Antwort erhält, ehe sein Sohn hastig Luft holt und bettelnd in sein Gesicht blickt. „Stirbst du wirklich?“ Es gibt eine Tatsache, der Naruto sich schon immer bewusst gewesen ist, die aber nur wegen dieser einen Frage plötzlich einen ganzen anderen Stellenwert einnimmt.
 

Seit dem Verlust von Hoshi fällt es dem Familienvater unglaublich schwer körperliche oder emotionale Nähe zu zulassen, somit stellen schon simple Umarmungen eine große Herausforderung für ihn dar und sind, abhängig von der Situation, sogar unangenehm für ihn. Natürlich liebt er seine Kinder und er hat sie immer beschützt, doch emotional war er nie so für sie da, wie sie ihn gebraucht hätten. Es gab immer eine Distanz welche der Outlaw unbewusst produzierte und auch aufrecht hielt. Aus diesem Grund haben die Drei eine sehr viel intensivere Bindung zu ihrer Mutter, als zu ihrem Vater.

Für Naruto ist das bis zu diesem Zeitpunkt nie ein Problem gewesen, doch jetzt stellt er sich die Frage was genau er sich bei seinem Vorhaben eigentlich gedacht hat. Er stellt für seinen Nachwuchs den letzten Stützpfeiler in ihrem Leben dar und wenn er einfach so verschwunden wäre, hätte er diesen gefährlich beschädigt, wenn nicht sogar ganz eingerissen. Sie konnten sich schon nicht von ihrer Mutter verabschieden und ihren Vater auf gleich drastische Weise zu verlieren, würde sie in ein tiefes Loch fallen lassen. Es wäre dasselbe dunkle Loch, aus dem er sie mit viel Geduld und Mühe gerade erst wieder herausgeholt hat. Er hätte nur sich selbst einen Gefallen damit getan, seine Kinder jedoch vor vollendete Tatsachen gestellt. Als Vater darf er sich so nicht verhalten und er empfindet es schon als schlimm genug, dass ihm das jetzt erst klar wird.

Naruto fühlt sich wie vor den Kopf gestoßen und muss seinen Sohn so überrascht anblicken, dass dieser unaufgefordert zu einer Erklärung ansetzt und dabei nervös an seinem Nachthemd zupft. „Du hast zu Sasuke gesagt, dass du stirbst.“

„Ich meinte aber nicht, dass ich jetzt sterbe. Ich lebe noch eine ganze Weile.“

„Aber dein Papa ist gestorben, als du ein Kind warst.“ Wieder ist er überrascht und auch sprachlos. Mit einem solchen Argument hat er nicht gerechnet und doch hat sein Sohn recht damit.

Niemand weiß, wann sein letztes Stündchen geschlagen hat. Er könnte heute, morgen oder erst in zwanzig Jahren sterben. Es gibt kein Lebewesen auf der Erde, welches das vorhersagen kann. Der Tod ist ein ewiges Rätsel, auf dass die Kirche glaubt eine Antwort gefunden zu haben und welches für den Menschen niemals zu entschlüsseln sein wird.

Ja, Naruto ist ohne Vater aufgewachsen und auch ohne Mutter. Sie verschwanden aus seinem Leben, als er noch ein Baby war. Er war zu diesem Zeitpunkt weder in der Lage zu sprechen, noch konnte er krabbeln, geschweige denn laufen. Er konnte ja nicht einmal ohne Hilfe sitzen. Er hat keinerlei Erinnerungen an seine Eltern und sich häufig gewünscht, es wäre anders. Es hätte ihm vieles erleichtert, hätte er sich wenigstens an ihre Gesichter erinnern können. Was wäre aus ihm geworden, wenn er in einer Familie aufgewachsen und geliebt worden wäre? Auch das vermag niemand zu sagen. Es sind nur Spekulationen und auch wenn er sich in diesem Zusammenhang eine harmonische Szenerie vorstellt, so ist er für dieses Leben dankbar. Er hat eine wunderbare Frau und vier Kinder, für die er alles tun würde. Es gibt jedoch nichts was er sagen könnte, um dieses Argument abzuschwächen und so wählt er einfach die Worte, die ihm als erstes in den Sinn kommen. „Aber das muss dir ja nicht auch passieren.“

„Und wenn es doch passiert?“ Dieses Mal zögert er nicht. Dieses Mal handelt er so, wie ein Vater in solch einer Situation handeln sollte. Er überbrückt den letzten Abstand zu seinem Sohn und nimmt ihn einfach auf die Arme, wobei der Junge gleich die Arme um ihn schlingt und sich an ihn drückt, als würde sein Leben davon abhängen.

Minato ist so von Sorge und Angst erfüllt, dass er die Kälte in seinem Körper überhaupt nicht regis-triert und stattdessen nur die Berührung seines Vaters genießt, der wiederholt über seinen Rücken streichelt und keine Anstalten macht, ihn wieder auf die Beine stellen. Kinder brauchen Hoffnung. Sie brauchen eine Perspektive, um der kommenden Zeit etwas Positives abgewinnen zu können. Es widerstrebt Naruto jedoch Versprechungen zu äußern, deren Einhaltung er nicht mit absoluter Sicherheit garantieren kann. Er war noch nie ein Freund der leeren Versprechungen und das wird er auch in dieser Situation nicht ändern. In diesem Punkt ist er sich sicher seinen Kindern keinen Gefallen damit zu tun, wenn er ihnen eine Zusicherung machen würde, an welche sie sich zukünftig verzweifelt klammern und ihn schließlich mit jedem weiteren Tag, der unverändert ins Land zieht, mehr und mehr verfluchen. Was sind die Empfindungen welche aufkommen, sobald ein Versprechen unerfüllt bleibt? Enttäuschung, Trauer und schließlich sogar Wut und Hass. Eine solche Entwicklung will er vermeiden, denn wenn er sterben sollte, will er nicht dass seine Kinder mit Enttäuschung an ihn denken.

„Wenn mir etwas passieren sollte, dann seid ihr hier gut aufgehoben.“ Lächelnd und, nachdem er die Zügel von den Pferden noch einmal um den Anbindepfosten geschlungen hat, geht Naruto, mit seinem Sohn auf den Armen, zurück zum Haus, um sich auch von seinen anderen beiden Kindern zu verabschieden.
 

Das Zimmer, welches Sasuke ihnen zur Verfügung gestellt hat, dient in dem Haupthaus als Vorrats-kammer. Zwischen Kisten mit Obst und Gemüse, Getreidesäcken und einem verstaubten Regal mit lauter Einmachgläsern, nächtigen die Kinder auf aufgefüllten Heusäcken und sobald sie auch nur mit einem Muskel zucken, beginnen die Dielenbretter unter ihnen zu knarren, dass einem ein Schreck durch die Glieder fährt. Es ist jedoch kein Zustand, der den Kindern fremd oder unangenehm ist. Sie sind solch beengte Verhältnisse gewohnt und mit ihnen aufgewachsen. Ein Hogan hat nicht sehr viel mehr Platz geboten, als dieser Raum und dennoch hat sich dort das gesamte Familienleben abgespielt. Für die Drei ist es immer wieder erstaunlich, wie groß dieses Haus ist und dass in den ganzen Räumen immer andere Tätigkeiten praktiziert werden. In dem einen wird geschlafen, in dem anderen gegessen. Dort wird gekocht und dort kommt die Familie zusammen, während ein Feuer im Kamin prasselt. Sie lernen eine andere Welt kennen. Sie lernen das Leben und die Gesellschaft kennen, aus der ihr Vater ursprünglich stammt. Eine Welt, die sie bisher nur aus Erzählungen kannten und welche so unwirklich für sie erschien. Sasuke praktiziert ein ganz anderes Leben, als es ihnen bisher bekannt ist, aber der Farmer betreibt zumindest keine Sklavenhaltung.

Die ursprüngliche Befürchtung von Hanzo hat sich schon am nächsten Tag als grundlos herausge-stellt. Zwar sind die Bauten, die er in der Dunkelheit erkennen konnte, ähnlich konstruiert wie Skla-venhütten, doch fungieren sie als ein eigenes Zuhause für Sasukes Arbeiter. Sie haben Fenster, Mobiliar und werden auch nicht über Nacht eingesperrt. Sie bekommen Essen und eine faire Bezahlung. Dass es sich bei den Arbeitern tatsächlich um ehemaligen Sklaven handelt, ist zwar erwähnenswert, spielt aber keine Rolle. Sasuke hat sie freigekauft und ihnen die Wahl gelassen. Sie konnten bleiben und unter fairen Bedingungen für ihn arbeiten oder gehen und versuchen in Ungewissheit ein Leben aufzubauen, immer mit der Angst im Nacken, von Sklavenjägern geschnappt und zurück in die Sklaverei verkauft zu werden. Sie entschieden sich zu bleiben und alle sind mit ihren Leben auf diesem Land mehr als zufrieden. Wie sie selbst sagen, haben sie hier alles was sie brauchen. Sie sind zuverlässige und fleißige Angestellte, die jedoch unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Kinder allerdings, speziell Kushina, haben sie sehr schnell in ihr Herz geschlossen. Die Angestellten der Ranch liegen aber auch noch in den Federn und bekommen somit nichts von Narutos nahendem Aufbruch mit.

Der Outlaw kehrt mit seinem Sohn zurück in das Innere des Hauses und betritt auch Augenblicke später die Räumlichkeiten seiner Kinder. Kushina liegt zwischen zwei Getreidesäcken, die Decke fest um sich geschlungen, während Hanzo quer über ihr in einer Hängematte liegt. Die Decke liegt nur noch zur Hälfte über seinem Körper wobei ein Bein leblos aus der Hängematte baumelt. Das Kissen verdeckt die Hälfte seines Gesichtes und der Junge schnarcht so laut, als würde er einen ganzen Wald abholzen. Erstaunlich, dass seine Geschwister bei dem Krach überhaupt schlafen können. Schmunzelnd setzt sich Naruto auf ein kleines Fass, in dem Kartoffeln gelagert werden und setzt Minato dabei auf seinen Schoß, während Hanzo damit beginnt Geräusche von sich zu geben, wie ein wildes Tier. Hat der Bursche das schon immer gemacht? Naruto kann sich nicht daran erinnern jemals solch eine akustische Belästigung in der Nacht durchlebt zu haben.

„Das geht noch schlimmer. Ich drücke mir immer das Kissen auf die Ohren.“ Minato zieht eine Schnute und blinzelt verstimmt seinen älteren Bruder an. Naruto lacht amüsiert auf und ist gleichzeitig dankbar dafür, dass er selbst sein Nachtlager auf dem Sofa vor dem Kamin hat und von dieser Lärmbelästigung nichts mitbekommt.

Das amüsierte Lachen wird schließlich zu einem wehmütigen Lächeln, wobei er seine schlafenden Kinder eingehend beobachtet und feststellt, wie groß sie inzwischen geworden sind. Hanzo reift mehr und mehr zu einem Mann heran und ist auf seinen beginnenden Bartwuchs mächtig stolz. Er ist vor wenigen Wochen vierzehn Jahre alt geworden und trotzdem schon so groß, wie sein Vater mit seinen vierunddreißig Jahren. In dem vergangenen Jahr hat er einen unglaublichen Wachstumsschub hingelegt. Er war ganz aufgeregt, als er die ersten vereinzelten Barthaare spüren konnte und musste dies unverzüglich seinem Vater mitteilen, der diese Begeisterung sehr amüsant fand.

Irgendwie ist die Freude über den beginnenden Bartwuchs aber durchaus nachvollziehbar. Die Ge-sichtsbehaarung ist bei keinem Indianerstamm sonderlich weit verbreitet oder direkter ausgedrückt, gar nicht erst vorhanden. Shikaku und Naruto sind die einzigen im Dorf, die Bartwuchs präsentieren und in Hanzos Augen auch die Einzigen, die dadurch noch männlicher wirken. Die vereinzelten Bartstoppeln sind für den Halbstarken also ein Zeichen dafür, dass er dem Mann sein immer näherkommt.

Minato wird selbstständig und beginnt das Leben zu hinterfragen. Der Schrecken aus vergangenen Monaten steckt noch immer in seinen Knochen und es ist nicht zu leugnen, dass er sich verändert hat. Aus diesem lebensfrohen Jungen, der immer irgendwelchen Unsinn angestellt hat und kaum eine Minute ruhig sitzen konnte, ist ein schweigsamer und nachdenklicher Bursche geworden, dem es sehr schwer fällt noch Spaß am Leben zu empfinden. Und Kushina … nun, dass Mädchen hat noch etwas Zeit bevor sie den bitteren Ernst des Lebens kennenlernt, obwohl sie bereits einen Einblick in die Welt der Erwachsen gelangen konnte und Naruto ist ohnehin der Meinung, dass sich die Drei mit dem Erwachsenwerden ruhig Zeit lassen können. Es ist nicht so spaßig, wie es aussieht.
 

„Ihr seid das Beste, was ich in meinem Leben zustande gebracht habe. Ich wünschte nur, ich wäre euch ein besserer Vater gewesen.“ Gedankenverloren und mit dem empfinden von bitterer Reue streicht Naruto seinem Sohn durch die blonden Haare, die in alle Himmelsrichtungen abstehen und schon immer nur schwer zu bändigen sind.

„Aber … du bist doch ein toller Papa.“ Verwirrt blickt Minato seinem Vater in die Augen, der ihn einfach nur anlächelt.

Der Familienvater zweifelt an dieser Aussage, weswegen er auch nicht auf diese Worte eingeht. Er hat sich zu viel von ihrer Entwicklung entgehen lassen oder diese eben nicht gewürdigt. Er glaubt nicht daran, dass es perfekte Eltern gibt und dass jeder immer irgendeine erzieherische Maßnahme entdeckt, die im Nachhinein als Fehler betitelt wird. Ratschläge oder pädagogische Lektüre können einen nicht auf die Existenz als Eltern vorbereiten. Erziehung mag zum Teil eine Wissenschaft sein, doch in erster Linie sollte Erziehung intuitiv erfolgen. Handlungen, die sich an den Bedürfnissen und Wünschen des Kindes orientieren und gleichermaßen auf ein Leben in der Gesellschaft vorbereiten. Das ist seine Denkweise und diese hat er nicht selbst befolgt. Er hat sich von seinen Kindern distanziert und eine Entfremdung in Kauf genommen. Schweigend stellt Naruto seinen Sohn wieder auf die Beine und betrachtet lange seine kindlichen Gesichtszüge, die seinen so unwahrscheinlich ähnlich sind.

„Ich wünschte, ich könnte bleiben, aber,- Das Einzige, was ich euch versprechen kann ist, dass ich alles tun werde, um zurück zu kommen. Ich habe euch sehr lieb. Das dürft ihr niemals vergessen, egal was passieren wird.“ Minato nickt darauf und sucht erneut die Nähe zu seinem Vater, der für einen kurzen Augenblick mit dem Gedanken spielt, tatsächlich zu bleiben. Er könnte es tun. Einfach bei ihnen verharren und ein Leben als alleinerziehender Vater aufbauen. Ein Zuhause suchen, arbeiten gehen und seine Kinder zu rechtschaffenen und ehrlichen Menschen aufziehen, doch er zweifelt daran, dass er ohne Hinata auch nur für eine Minute eines solchen Lebens glücklich sein könnte. Schließlich löst er sich doch von seinem Sohn und verabschiedet sich auch von seinen anderen beiden Kindern, die davon zwar nichts mitbekommen jedoch von ihm dadurch nicht vergessen werden.

Nur wenige Augenblicke später reitet Naruto auch schon von dem Hof, beobachtet von seinem jüngsten Sohn, der sich die Nase an der kalten Fensterscheibe plattdrückt und seinem immer kleiner werdenden Vater hinterher schaut. Auch als dieser längst aus dem Sichtfeld verschwunden ist, harrt der Junge vor dem Fenster aus und schaut besorgt in die Ferne. Es ist Sasuke, der schließlich hinter ihn tritt und ihm eine Hand auf die Schulter legt. „Dieser Krieg tobt schon lange. Man muss zu solchen Mitteln greifen, um andere endlich wach zu rütteln.“

Betrübt senkt Minato den Blick auf die Fensterbank und lauscht in die nun wieder herrschende Stille hinein, ehe seine Augen wieder in die Ferne schauen und er einen Satz äußert, der eine unglaubliche Reife voraussetzt, um sich dieser Bedeutung überhaupt bewusst zu werden. Sasuke ist überrascht von einem siebenjährigen solche Worte zu hören, die er nicht einfach nur wiederholt, sondern auch wirklich so meint. Worte, deren Bedeutung ihm bewusst sind. „Einen Krieg gewinnt nicht der, der recht hat … es gewinnen nur die, die übrig bleiben.“
 

*~*~*
 

Die langersehnte Rast nach unzähligen Meilen durch unwegsames Gelände und getrieben, wie eine Viehherde. Erschöpft, ausgemergelt und unterernährt lassen sich die Indianer auf dem Boden nieder und versuchen sich mit den wenigen Mitteln die ihnen zu Verfügung stehen, ein behelfsmäßiges Nachtlager zu errichten. Kaum Lebensmittel, keine Decken oder Überdachungen und bei jeder einzelnen ihrer Handlungen werden sie von Soldaten beobachtet, die stets schussbereit mit ihren Gewehren drohen und aufmerksam patrouillieren.

Keuchend und am Ende ihrer Kräfte, lässt sich Hinata an einem kleinen Felsen zu Boden sinken, wo sie damit beginnt ihre geschundenen Füße zu massieren. Blutige Schrammen und schmerzende Blasen zieren ihre Fußsohlen, so dass jeder Schritt immer schmerzhafter und qualvoller für sie wurde. Wer noch bei Kräften war, hat einem anderen geholfen. Sie haben einander gestützt und sogar getragen. Die geringe Anzahl an klapprigen Karren, ließen sie für diejenigen, die keinen Schritt mehr tätigen konnten. Wenn sie einander im Stich lassen würden, wären viele von ihnen schon erschossen worden. Es sind nicht nur körperliche Schändungen, sondern auch ihre Seelen werden gequält. Es sind Blessuren, die sie alle tragen. Ein Blick in die erschöpfte Runde zeigt ihr deutlich, dass eine Vielzahl ihrer Stammesmitglieder an ihre Grenzen gekommen sind, doch Schwäche vor den Soldaten zu zeigen ist ein Todesurteil. Ein falsches Wort oder gar die Bitte um Rast, setzt dem Leid ein schnelles und drastisches Ende. Binnen weniger Stunden hat Hinata mehr Unmenschlichkeit zu Gesicht bekommen, als sie es je für möglich gehalten hat. Sie hat eigentlich gedacht, dass die Einblicke in menschliche Abgründe nicht tiefer hätten reichen können, als sie im Fort der Gefangenschaft ausgesetzt gewesen ist. Sie hat sich geirrt.

Noch bevor der erste Konvoi aufgebrochen ist, wurden die nicht reise fähigen Männer, Frauen und Kinder aussortiert. Vor den Augen aller anderen wurden behinderte, alte, kranke und schwache Diné einfach erschossen und ihre Leichen den Geiern überlassen. Sie haben kaum Verpflegung erhalten und mussten im Dreck schlafen. Viele sind verhungert und von Krankheiten dahingerafft worden. Als wäre all das nicht schon schlimm genug, geht die Barbarei während des Marsches weiter und scheint zusehends schlimmer zu werden. Der grausame Höhepunkt fand vor wenigen Stunden statt, als ein Vater die Soldaten verzweifelt um Rast bat, damit seine Tochter ihr Kind zur Welt bringen kann, doch auf Rücksicht hoffte er vergebens. Irgendwann war ein Schuss zu hören und ein Nachfragen war nicht nötig gewesen. In Hinatas Augen sind diese Soldaten keine Menschen. Es sind Monster, denn anders kann es sich einfach niemand erklären, wie jemand in der Lage ist eine hochschwangere Frau in den Wehen zu erschießen.

Voller Kummer, Angst und Verzweiflung richtet Hinata ihren Blick in den immer dunkler werdenden Nachthimmel, wo bereits vereinzelte Sterne funkeln. Sie betet jeden Tag darum, dass es ihren Kin-dern gut geht und dass Naruto bei ihnen ist, wobei sie zeitgleich unendliche Sehnsucht nach ihnen hat. Von den einen auf den anderen Moment brach ihre heile Welt in sich zusammen, so dass ihr die Möglichkeit einer vernünftigen Verabschiedung genommen wurde. Sie hat ihre Kinder regelrecht fortgejagt, ohne eine Erklärung für dieses Verhalten. Naruto wurde bei seiner Rückkehr vor vollendete Tatsachen gestellt und erlebt nun die gleiche Ungewissheit, wie sie noch immer präsent ist wenn er an Hoshi denkt.

Der Gedanke an ihn schmerzt. Nichts würde sie in diesem Augenblick lieber sehen, als sein liebevolles Lächeln. Der harte Stein in ihrem Rücken und der kalte Winterboden unter ihr, ist nicht vergleichbar mit seiner warmen und schützenden Umarmung. Sie findet nichts beruhigender und angenehmer, als sich am Abend an ihn zu schmiegen und seinem Herzschlag zu lauschen. Das einzige Geräusch, welches nun in ihren Ohren widerhallt, ist der pfeifende Wind, der ein Frösteln durch ihren Körper jagt. Zitternd schlingt Hinata ihre Arme um ihren Körper und zieht die Beine an. Der Poncho an ihrem Leib ist viel zu groß, für ihren zierlichen Körper und eine Gabe von Neji, der mit zu denen gehört, die versuchen alle anderen zum Durchhalten zu motivieren. Die bisher zurückgelegten 100 Meilen hat er einen alten Mann auf seinem Rücken getragen, der wohl sonst von den Soldaten erschossen worden wäre. Er musste für seine Hilfsbereitschaft jedoch schon teuer bezahlen. Sie hat gesehen, was die Soldaten mit ihm gemacht haben, als er sich auf die Seite der gebärenden Frau gestellt und die Uniformierten ebenfalls um Rast gebeten hat. Er war jedoch energischer und sehr viel direkter. Ein Fakt, den die Soldaten im Keim erstickt haben und so einen Präzedenzfall geschaffen haben. Wer aufmüpfig wird, der muss bezahlen. Mit Tränen in den Augen und einer erschreckenden Leere in ihrem Inneren, legt sich Hinata schließlich auf den gefrorenen Boden, rollt sich wie eine Katze zusammen und drängt sich gegen den harten Felsen, mit der vergeblichen Suche nach Wärme. Eine stumme Träne läuft ihr Gesicht entlang, als sie ihre Augen schließt und den Poncho enger um sich zieht.

Die Tränen werden mehr und mehr, bis sie ihr Gesicht in dem Stoff des Ponchos vergräbt und sich der immer finsterer werdenden Nacht hingibt. Sie versucht in ihre Träume zu flüchten. Der einzige Ort, an dem die zerstörte Idylle noch vorhanden und ihre Liebsten bei ihr sind. Der einzige Ort, an dem sie neue Hoffnung schöpfen kann, bis zum Moment des Erwachens. Bis zu dem Moment, wo der erste Augenaufschlag ihre entfachte Glut abkühlt. Dass Naruto dem ausgemergelten Konvoi bereits sehr viel näher ist, als sie glaubt, verraten ihr aber nicht einmal ihre Träume.
 

Gute vier Meilen östlich von dem errichteten Lager, befinden sich drei Soldaten auf ihren Pferden und harren in der Dunkelheit aus, während ihre Blicke durch die Umgebung gleiten und Ausschau halten. Sie warten. Sie warten auf eine Bewegung oder ein Geräusch, während hinter ihnen feine Rauchschwaden von Kochstellen und Lagerfeuern emporsteigen. Der einzige Schutz zwischen ihnen und ihren Kameraden ist die Entfernung, die kahlen Baumstämme des Wäldchens und das kleine Tal, in dem sie sich befinden. Sie begehen gerade eine Handlung, die ihnen eine Schlinge um den Hals garantiert, wenn sie auch nur von einem ihrer Kameraden entdeckt werden. Das Risiko sitzt ihnen im Nacken und jagt ihnen in regelmäßigen Abständen einen unangenehmen Schauer über den Rücken.

Einer der Soldaten hält sich die Hände von seinem Mund, um diese mit seinem Atem aufzuwärmen. Seine Haare schimmern fast silbrig in der Nacht, sein linkes Auge ist milchig-weiß getrübt und eine senkrecht verlaufende, feine Narbe dominiert von der Stirn, bis zur Hälfte seiner Wange das Erscheinungsbild. Er ist groß und kräftig, zittert unter den Witterungsbedingungen jedoch sichtbar, weswegen er den Kragen seiner Jacke, aufrichtet und enger um seinen Hals schlingt. Die Sehnsucht nach einem warmen Lagerfeuer wird immer größer und die Kälte dafür immer präsenter.

Ungehalten richtet der frierende Soldat seinen Blick wieder nach vorne und damit auf den Rücken seines Kameraden, der ausschlaggebend für diese nächtliche Aktion gewesen ist und nun selbst mit der bibbernden Kälte zu kämpfen hat. Nur auf seine Bitte hin, haben sie ihn hierhin begleitet und müssen nun befürchten zu erfrieren oder gar entdeckt zu werden. Der Mann, in dessen Rücken sich die ungehaltenen Blicke des Soldaten bohren, ist von der äußeren Erscheinung ein durchschnittlich großer Mann, mit kurzen schwarzen Haaren, die vorwitzig unter dem Saum seiner Mütze hervorschauen. Auffallend ist jedoch die stark vernarbte rechte Gesichtshälfte, welche sein Aussehen fast unheimlich wirken lässt.

„Obito wir sollten zurück. Unsere Abwesenheit fällt sonst noch auf.“

Der Angesprochene zuckt kurz zusammen und wirft einen Blick auf seinen silberhaarigen Begleiter, der seine Hände aneinander reibt und einen durchaus bettelnden Ausdruck in den Augen hat. Obito schweigt auf diesen Vorschlag und schaut stattdessen zurück in die Ferne, ehe er eine Taschenuhr hervorzieht. Er muss sich anstrengen, um die Zeit von dem Ziffernblatt ablesen zu können. Das regelmäßige Ticken verrät das Unbarmherzige Voranschreiten der Zeit und nach diesem überprüfenden Blick steckt der angesprochene Soldat seine Uhr zurück in die Tasche. Nach einigen schweigsamen Momenten mischt sich auch der dritte Uniformierte ein, nachdem auf den Einwand seines Gefährten keine Äußerung erfolgt. Er selbst hat bei der Äußerung bestätigend mit dem Kopf genickt und auf eine Einsicht gehofft. Bei ihm handelt es sich um einen Mann mit unvorteilhafter Frisur, die stark an die Form eines Pilzes erinnert, mit dichten, breiten Augenbrauen, großer Nase und hervorstechenden Wangenknochen. Eine recht kuriose Erscheinung, die wenig Respekt auslöst. Er lenkt sein Pferd neben Obito und pflichtet dem Hinweis schließlich direkt bei. „Kakashi hat recht. Wir haben den Zeitplan längst überschritten.“

Ein eigentlich unnötiger Hinweis, nachdem Obito die Zeit abgelesen hat und dennoch macht er keine Anstalten zurück zum Lager zu kehren. Er weiß selbst, dass dieses Unterfangen sehr riskant ist und dass sie das geplante Zeitfenster bereits um fünfzehn Minuten überzogen haben, aber dennoch will er nicht vorzeitig abbrechen und damit die Flinte ins Korn werfen. „Noch fünf Minuten.“ Darauf schauen sich seine beiden Begleiter kurz an und krümmen sich auf ihren Pferden etwas mehr zusammen, um der Kälte erfolgreich trotzen zu können. Dass werden die längsten fünf Minuten ihres Lebens werden – glauben sie.
 

Kakashi startet einen erneuten Versuch mit Hilfe seines Atems, seine inzwischen schmerzenden Hände zu wärmen, bis er ein Geräusch unmittelbar neben sich vernimmt. Er hat noch nicht einmal die Zeit seinen Kopf in die besagte Richtung zu drehen, denn im selben Moment wird er auch schon schwungvoll von dem Rücken seines Schecken gerissen, der erschrocken einen Satz nach vorne tätigt und leicht bockend davon trabt.

Überrascht landet Kakashi rücklings im Schnee, ehe er auch schon eine Waffe vor seinem Gesicht tanzen sieht und er, mit einem Fuß auf seinem Brustkorb, nach unten in den Schnee gedrückt und so am Boden fixiert wird. Obito und Maito reißen nur erschrocken ihre Pferde herum, die völlig aufgeschreckt auf der Stelle tanzen und kaum zu händeln sind. Die Revolver lassen die Herrschaften allerdings stecken, denn die Kälte und der pfeifende Wind hat ihre Finger bereits taub und steif werden lassen. Selbst wenn sie wollten, könnten sie ihre Waffen noch nicht einmal halten.

Sie haben diese Person weder kommen sehen noch kommen hören. Er war plötzlich einfach da und hat mit Leichtigkeit einen von ihnen überwältigt. Sie sind alle erfahrene Soldaten mit viel Kampferfahrung, was allein das Aussehen von Kakashi und Obito schon widerspiegelt. Ihre Narben haben sie sich nicht etwa bei einem Kirchgang zugezogen, sondern in Schlachten. In Anbetracht der Tatsache, mit wem sie es hier zu tun haben, ist es aber auch nicht verwunderlich.

Sasuke hat also nicht gelogen als er sagte, dass Naruto Uzumaki noch äußert lebendig ist und um Hilfe bittet. Die drei Soldaten haben es mit einem Mann zu tun, der genau weiß was er tut und der es über Jahrzehnte geschafft hat, der Justiz mit Leichtigkeit zu entkommen. Naruto ist ein Mann, der weiß was getan werden muss, um unsichtbar für alle anderen zu werden. Er kann verschwinden, wenn er das nur will. Wenn er nicht gefunden werden will, dann findet ihn auch niemand. Er besitzt die Fähigkeit mit seiner Umgebung zu verschmelzen. Die Fähigkeit jeden Schachzug seiner Feinde zu sehen, selbst jedoch zu jeder Zeit das Überraschungsmoment auf seiner Seite zu haben. Er ist wie ein Geist, der seine Gegner heimsucht, wann immer es ihm beliebt.

Das Licht des Mondes gibt das Gesicht eines totgeglaubten Mannes frei, der noch immer gefürchtet wird und in diesem Moment einen Diener des Staates mit einer Waffe bedroht, dass dieser sich nicht traut auch nur zu zwinkern. Kakashi liegt regungslos am Boden, die Hände leicht in die Höhe haltend und im angesichts des drohenden Todes, unregelmäßig und schwer atmend. Obito ist jedoch der Erste, der begreift dass diese Situation nicht so gefährlich ist, wie es ein Außenstehender vielleicht denken würde. Ein Schuss und jeder Soldat im Lager würde aufgeschreckt werden. Für Naruto würde das bedeuten, dass er binnen weniger Augenblicke ein paar dutzend Soldaten an den Hacken hätte. Er wäre unsagbar dumm, wenn er dieses Risiko eingehen würde. Daher lächelt Obito nur leicht in sich hinein, während Kakashi dem Tod noch immer wortwörtlich ins Auge blickt.

„Ich hätte wissen müssen, dass du kein Risiko eingehen und dich nicht direkt nähren wirst, aber wärst du wirklich so dumm, abzudrücken?“

„Nein, aber versteht meine Position. Ich musste halt sichergehen.“ Gelassen steckt Naruto seinen Revolver zurück in den Holster und streckt schließlich dem am Boden liegenden Soldaten die Hand helfend entgegen, welche dieser noch immer überrascht ergreift und sofort auf die Beine gezogen wird. Mit einer unglaublichen Ruhe geht der Familienvater auf Obito zu und blickt schließlich zu ihm hoch. Als wäre diese Begegnung eine ganz gewöhnliche, streckt der Outlaw ihm die Hand entgegen und bekommt diese Begrüßung auch gleich erwidert. „Naruto. Angenehm.“

„Obito. Der Mann mit dem offenen Mund ist Maito und der Herr, der sich den Schnee von der Hose klopft heißt Kakashi.“ Während dieser Vorstellungsrunde fängt Kakashi seinen Schecken wieder ein, wohingegen Maito sich darauf verlegt Naruto etwas genauer zu betrachten, dass es schon fast an Belästigung grenzt.

Sie alle kennen die ganzen Geschichten von dem Outlaw nur zu gut. Sie kennen seine Boshaftigkeit und die zahlreichen Morde, wo jeder grausamer als der andere gewesen ist. Diese ganzen Horrorgeschichten prägen die Vorstellungskraft und so erscheint es fast, als wäre Maito ein bisschen enttäuscht, weil der Anblick nicht mit seinem zurecht gelegten Bild übereinstimmt. Naruto wirkt so schrecklich … normal. Die Bestie von Monument Valley, sieht nicht aus wie eine Bestie und so reibt sich Maito nachdenklich das Kinn, wobei sein Blick erneut über den Körper des Outlaws gleiten lässt, der das einfach nur unkommentiert über sich ergehen lässt. Aus diesem Grund redet er auch ungeniert weiter mit Obito über die nun folgenden Schritte, während Kakashi, der wieder auf seinem Pferd sitzt, neben ihm stoppt und so derjenige ist der die gemurmelten Worte seines Kameraden vernimmt. „Der Teufel. Irgendwie hatte ich eine andere Vorstellung. Mehr monströser.“

„Wie denn? Mit Hörnern auf seinem Kopf und purpurfarbenen Augen?“

Kakashi verdreht die Augen, während Maito auf diese Frage tatsächlich mit dem Kopf nickt. Überra-schen sollte es den Soldaten allerdings nicht. Es entspricht seinem immer noch kindlichen und leicht nervigen Charakter, utopische Vorstellungen tatsächlich auf die Realität zu übertragen. So gesehe-nen, ist es nur normal, dass er sich den Teufel vom New Mexico Territorium auch tatsächlich als Teufel vorgestellt hat. Kakashi hingegen sieht nur einen Mann, der eine unglaubliche Gefahr auf sich nimmt, um seine Frau zu befreien und dafür sogar mit ihnen paktiert während Obito dem gesuchten Outlaw gerade erklärt, dass ein sehr erschreckender Anblick auf ihn warten wird, sobald sie zum Lager zurückkehren. Eine Vorwarnung, die Naruto mit einem Nicken annimmt, ehe er seine kleinen Finger in seine Mundwinkel steckt und einen schrillen Pfiff, vergleichbar mit dem eines Greifvogels, ausstößt.

Es vergehen nur wenige Augenblicke bis zwei Pferde antraben, wobei es eher ein Pferd ist. Das andere ist am Horn des Sattels befestigt und wird zwangsläufig mitgezogen. Die Stute seines Sohnes bindet Naruto an einer Astgabel an, ehe er sich auf den Rücken von Ashkii schwingt und signalisiert, dass es losgehen kann. Seine ganzen Handlungen wirken wohl überlegt und durchstrukturiert, so als würde er solche Unterfangen regelmäßig praktizieren.
 

Die Vorwarnung hat Naruto aber nicht ausreichend genug auf dieses Bild vorbereiten können, wel-ches sich ihm offenbart, kaum dass die drei Soldaten ihn erfolgreich in das Lager eingeschmuggelt und sich dann verabschiedet haben. Die ausgemergelten Gestalten zu seinen Füßen sind Nachbarn, Bekannte und Freunde. Wie soll er es schaffen all ihr Leid zu ignorieren und ohne schauspielerisches Talent eine Maskerade aufrecht halten? Er bewegt sich zwischen den Fronten und läuft damit Gefahr auf beiden Seiten erkannt zu werden. Er wusste, dass das ein Spiel mit dem Feuer ist und auch wenn es einfach war, sich unter die Soldaten zu mischen, so ist diese Szenerie mit einem Spaziergang auf einem zugefrorenen See zu vergleichen. Inwieweit seine nächsten Schritte das Eis belasten ist unvorhersehbar. Schockiert streift Naruto durch die Reihen seiner Stammesmitglieder und mit jedem Schritt mehr, kann er weniger verstehen, wie die Soldaten an ihren christlichen Werten festhalten können, nachdem sie solche Taten begehen und es dann noch fertigbringen ohne Gewissensbisse in den Spiegel zu schauen. Wie viel Ignoranz kann ein Mensch verkörpern, damit er zu solchen Dingen in der Lage ist? Er zweifelt an der Menschlichkeit dieser Leute, die christliche Werte predigen, diese aber selbst nicht umsetzen. Heuchler, allesamt.

Angewidert geht Naruto weiter durch dieses sehr provisorische Nachtlager und während die Solda-ten sich an Feuerstellen aufwärmen, sich gegenseitig schlechte Witze erzählen und Karten spielen, stoppt der Outlaw seine Schritte vor einer leblos wirkenden Gestalt zu seinen Füßen. Im Gegensatz zu den anderen, hat sich dieser Indianer nicht zusammengerollt um sich gegen die klirrende Kälte irgendwie zu schützen. Der Mann liegt rücklings im Schnee, ein Bein leicht angewinkelt und eine Hand auf dem Oberkörper ruhend. Er ist ungewöhnlich blass, sein Kopf leicht zur Seite geneigt und ohne jede Körperspannung. Das eigentlich Beunruhigende an diesem Anblick ist jedoch die Tatsache, dass es sich bei diesem Mann um Neji handelt, der wohl ziemlich viel von brachialer Gewalt einstecken musste. Sein Gesicht ist übersähet von blauen Flecken, Schrammen und Platzwunden. Sein rechtes Auge ist zugeschwollen und die Unterlippe aufgeplatzt. Die Knöchel an seinen Händen weißen blutige Abschürfungen auf, woraus sich schließen lässt, dass er sich zur Wehr gesetzt hat. Was haben sie ihm nur angetan?

Vergewissernd dreht sich Naruto zu der entfernt sitzenden Gruppe Kavalleristen um, die witzelnd am Lagerfeuer hocken und den erbärmlichen Gestalten um sich herum keinerlei Beachtung entgegenbringen. Erst als Naruto sicher ist, dass seine Handlung unbemerkt bleiben wird, geht er vor dem leblosen Körper in die Hocke und betrachtet das geschundene Gesicht des einst stolzen Kriegers, ehe er die Handfläche knapp über Mund und Nase hält. Eigentlich eine überflüssige Geste, denn auch ohne die Überprüfung eines Lebenszeichens ist schnell erkennbar, dass Neji nicht mehr am leben ist. Dass Naruto keine Atemluft an seiner Handfläche vernehmen kann ist nur der endgültige Beweis, ebenso wie der fehlende Herzschlag, als er seinen Kopf auf die Brust des Toten legt. Die fast gräulich wirkende Haut, die Kälte seines Körpers und die fehlende Körperspannung sprechen für sich und trotzdem ist es niederschmetternd. Seufzend richtet sich der Outlaw wieder etwas auf, bleibt jedoch am Boden hocken und betrachtet den leblosen Körper vor sich, bis sein Blick an einem zerrissenen Teil der Bekleidung hängen bleibt und er schließlich das Hemd von Neji nach oben schiebt. Er keucht entsetzt auf. Nejis Oberkörper sieht weitaus schlimmer aus, als sein Gesicht. Kein Fleck besitzt noch eine normale Hautfärbung. Von Blau bis Grün sind alle Farbvarianten vorhanden und einfach nur zu sagen, dass sein Körper angeschwollen ist, wäre noch eine viel zu milde Umschreibung des Zustandes. Es sieht aus, als wäre er von einem Felsen zerquetscht worden. Als hätte ihm jemand eine tonnenschwere Last auf den Körper gelegt und dabei zugehört wie seine Knochen brechen. Sie haben ihn totgeprügelt.

Fassungslos zieht Naruto das Oberteil wieder zurecht und blickt kurz zu Boden, ehe sein Blick sich auf die Gruppe der grölenden Soldaten richtet, die er am liebsten auf der Stelle erschießen würde. Sein Verstand schreit geradezu dass er die Waffe ziehen soll und das verlockende Kribbeln in seinen Fingerspitzen, macht es ihm ausgesprochen schwer es nicht zu tun. Er seufzt verbissen und mahlt energisch mit den Zähnen, ehe er wieder auf die Leiche schaut und sich nun die Frage in den Vordergrund drängt, wie er diesen Verlust Tenten oder Hinata erklären soll. Vor ihm liegt ein Mann, den selbst er für unbesiegbar gehalten hat. Stolz und direkt, stets mit Ordnung und Struktur. Ein liebender Ehemann und Vater. Auch die Zeit mag solch einen Verlust nicht erträglicher zu machen.

Mwen se konsa regrèt.” Bedauernd legt Naruto dem Toten eine Hand auf die Schulter und hält einen Moment lang inne.

„Warum entschuldigst du dich? Du hättest das auch nicht verhindern können.” Überrascht blickt Naruto zur Seite, wobei er sich wieder auf die Beine stellt und recht erstaunt darüber ist, als er einen der Dorfältesten aus dem Schatten treten sieht und der von seinem sonst respektablen Erscheinungsbild viel eingebüßt hat. Die Zeit der Gefangenschaft und mageren Verpflegung haben sichtbare Spuren bei Shikaku hinterlassen und so wundert es den Outlaw auch nicht, als sich das Mitglied der Dorfältesten sich auf dem Boden niederlässt und etwas in sich zusammenfällt. Die schwarzen Haare, die sonst immer zu einem strengen Zopf zusammengebunden sind, hängen platt und strähnig von seinem Kopf herab. Seine Körpermasse ist bedeutend weniger geworden und der ernste Blick hat definitiv an Ausdruck verloren. Einzig und allein die Narben in seinem Gesicht sind vollkommen unverändert. Hinterlassenschaften seiner Jugendsünden, wie er es selbst nennt.

Trübsinnig blickt Shikaku zu Neji und schließlich zu Naruto, der sich kurz zu den Soldaten umdreht, die nicht unbedingt den Eindruck von Wachsamkeit vermitteln. Scheinbar vertrauen die Kerle darauf, dass alle Indianer zu schwach für einen Fluchtversuch sind und mit dieser Ansicht haben sie gar nicht mal so unrecht. Die Wenigstens sind in der Lage sich zu bewegen. Unterernährung und Kälte scheinen sie zu lähmen.

„Er ist kurz nach Sonnenuntergang gestorben.“ Naruto schließt kurz die Augen, ehe er Shikaku an-sieht. „Was ist passiert?“

„Einen Grund haben diese Menschen noch nie gebraucht. Neji hat sich gegen die Soldaten aufge-lehnt, als er eine Frau in den Wehen verteidigen wollte. Ihn haben sie verprügelt und die Frau er-schossen. Sie könnten wegen so etwas nicht anhalten, haben sie gesagt.“ So etwas? Ist Kinder zur Welt bringen, etwa eine Kleinigkeit? Eine Nebentätigkeit, die zwischen Tür und Angel verrichtet wird?

Hinata hat sich bei jeder der vier Geburten über Stunden mit diesen Schmerzen herumgequält. Am längsten hat die Tortur bei Kushina gedauert, die auch nach einundzwanzig Stunden in den Wehen nur wenig Interesse daran zeigte, das Licht der Welt erblicken zu wollen. Über einen Tag lag Hinata in den Wehen, ehe sie ihre Tochter endlich in den Armen halten konnte und obwohl das Mädchen es ihr nicht einfach gemacht hat, hat sie nicht eine Sekunde daran gedacht, ihr irgendwelche Vorwürfe aufzuladen. Der ganze Schmerz und die Erschöpfung schienen vergessen, kaum dass Kushina sich an sie geschmiegt hat. Für Hinata war es eine einzige Quälerei bis zu diesem harmonischen Zeitpunkt und auch wenn Naruto selbst von den Schmerzen einer Geburt keine Ahnung hat und dafür sogar dankbar ist, so ist er sich absolut sicher, dass keine Frau auf dieser Welt, egal welche Hautfarbe sie hat und welchen Glauben sie praktiziert, eine Geburt als leichte Sache betiteln würde.

Das So etwas der Soldaten bezog sich aber nicht auf die Geburt selbst, sondern eher auf die Unwichtigkeit einer indianischen Existenz. Sie sind des Lebens unwürdig. Wer entscheidet eigentlich, wer das Leben und wer den Tod verdient?

„Sind die anderen auch hier?“

„Nein. Wir haben uns so verteilt, dass jeweils einer von uns in jedem Konvoi dabei ist. Chozua war im Ersten. Shibi wird im Dritten dabei sein und Inochi im letzten. Irgendwie müssen wir ja versuchen Halt zu vermitteln, seit Hiashi getötet wurde.“

„In welchem Konvoi ist Tenten?“

„In gar keinem. Takeo, ihr und den Mädchen ist die Flucht in die Wälder gelungen. Shikamaru konnte ebenfalls mit Frau und Kind fliehen“ Wenigstens eine gute Nachricht und auf lange Sicht wohl auch die einzige. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie alle auch in Sicherheit sind. Wie viele genau der Gefangenschaft entkommen konnten und wie viele Tote zu beklagen sind, bleibt wohl nichts weiter als eine grobe Schätzung. Diejenigen die fliehen konnten, werden aber keine Ruhe finden. Die Regierung wird so lange alle Stämme verfolgen, bis sie auch den letzten Indianer erwischt haben. Ein Leben in Angst und Schrecken und ständig auf der Flucht. Kaum erstrebenswert und doch das Einzige, was der Freiheit am nächsten kommt.

Ratlos stemmt Naruto die Hände in die Hüften und blickt schweigend zu Boden, während das erfreute Lachen der Kavalleristen ihn fast wahnsinnig macht. Shikaku hingegen mustert den Outlaw von oben bis und unten und hat eine entsprechende Ahnung, wieso dieser in solch einer Uniform steckt und wieso er überhaupt hier ist. Er hüllt sich in die Kleidung seiner Feinde, um denen zu helfen die er liebt und die ihm ein Zuhause gaben. Es ist einfach unglaublich, was er auf sich nimmt. Er stellt sich immer und immer wieder einer Übermacht in den Weg, ohne ein einziges Mal an sich selbst zu zweifeln. Selbst jetzt wirkt sein Auftreten zuversichtlich und überzeugend. Im Moment jedoch scheint er mit irgendeiner Idee zu hadern.

„Hinata ist dort hinten. Was genau hast du eigentlich vor?“

„Improvisieren, schätze ich.“
 

Unbewusst setzt Naruto seine Schritte immer schneller und schneller voreinander, kaum dass er glaubt die zusammengekauerte Gestalt seiner Frau ausgemacht zu haben. Eine Gestalt, die in der Dunkelheit nicht mehr als ein schwarzer Klumpen zu sein scheint, der Abseits von allen anderen liegt und versucht das Grauen zu verarbeiten, welchem sie alle ausgesetzt sind. Eine Gemeinschaft verbindet und macht einen auch stärker, doch eine geschwächte Gemeinschaft, in der Hoffnung nur eine Illusion darstellt, ist ein bröckliges Fundament aus lebensmüden Geistern, die immer wieder herausbrechen und zurückbleiben. Ein Schuttberg auf dem staubigen Pfad in eine ungewisse Zukunft, der niemand einen positiven Gedanken entgegenbringt.

Naruto hat in dieser kurzen Zeit so viel Resignation zu Gesicht bekommen, dass er selbst Zweifel verspürt welche er nur mit einer großen Willenskraft aus seinen Gedanken vertreiben kann. Er darf nicht daran denken, dass alles hoffnungslos erscheint und er darf auch nicht darüber nachdenken, was passiert wenn er scheitert. Um nicht selbst in einem tiefen Sumpf aus dunklen Gedanken und endloser Resignation zu versinken, muss er an sich glauben. Er muss daran glauben, dass alles gut wird und er ein Wunder vollbringen kann, welches an Göttlichkeit zu grenzen scheint. Wenn er nur seine Frau retten kann, dann ist das allein schon weitaus mehr als er überhaupt zu hoffen gewagt hat. Er muss sich selbst dazu zwingen nicht überhastet zu wirken, während er sich einen möglichst unauffälligen Weg durch die Reihen der Diné sucht, damit seine Tarnung nicht auffliegt. Eine Sorge, die vermutlich unberechtigt ist. Die meisten Soldaten sind damit beschäftigt Karten zu spielen oder im wärmenden Schein des Feuers einige Stunden Schlaf nachzuholen und die Indianer sind zu erschöpft, als dass einem umherlaufenden Soldaten Beachtung entgegenbringen.

Bisher war nicht ein einziger Mann unter ihnen, der Naruto viel Aufmerksamkeit entgegengebracht hat. Niemand fragte ihn nach seinen Namen, seiner Herkunft oder einer sonstigen Angabe aus seinem Leben, die ihn hätte in Schwierigkeiten bringen können. Diese Männer bringen ihm genau die verkehrte Aufmerksamkeit entgegen. Sie grüßen ihn und haben ihn bereits schon zu einer Partie Würfelpoker eingeladen. Sie glauben, er gehöre zu ihnen obwohl sie ihn eigentlich noch nie gesehen haben. Das spricht nicht unbedingt für sie und ist für den zurechtgelegten Plan des Outlaws nur von Vorteil.

Den letzten Abstand zu seiner Frau beinahe überspringend, hockt er sich schließlich vor sie und lässt nur einen hastig, überprüfenden Blick durch die Runde gleiten, ehe er Hinata seine Handfläche auf den Mund presst, um jede potenziell verdächtige Geräuschkulisse, welche von ihr ausgehen und die Soldaten alarmieren könnte zu verhindern. Seine Handfläche berührt nur leicht ihre Lippen, ehe sie schon erschrocken die Augen aufreißt und ihr damit verbundener Aufschrei, von seiner Handfläche verschluckt wird. Er hält sie bestimmt am Boden und gibt beruhigende Zischlaute von sich, während sie versucht diesem Griff zu entkommen. Die auflodernde Panik in ihrem Blick dominiert ihr gesamtes Denken, weswegen sie versucht sich nach Leibeskräften zu wehren. Es sind jedoch nur wenige Augenblicke, bis ihr Bewusstsein begreift, wer sie auf dem Boden hält und mit leisem Flüstern auf sie einspricht. Ihr Widerstand erlahmt zusehends, weswegen er seine Hand von ihrem Mund nimmt und die Panik weicht bodenloser Fassungslosigkeit, gepaart mit ebenso endloser Ungläubigkeit. Eine kleine Ewigkeit starrt sie in seine Augen, in denen sie sich nach all den Jahren noch immer verlieren kann, während er ein dankbares Lächeln auf den Lippen trägt und schließlich zärtlich eine Hand auf ihre Wange legt.

Hinata hat sie so nach seinen Berührungen verzehrt, dass es ihr in diesem Moment beinahe die Luft nimmt. Mit einem unterdrückten Schluchzen schmiegt sie sich an seine leichte raue Handfläche und ehe sich der Outlaw versieht, presst sich seine Gattin auch schon an seinen Oberkörper, klammert sich an ihn, während stumme Tränen in der Uniform versickern. Er lässt sie gewähren, legt die Arme um sie und drückt sie enger an sich heran, während eine Welle von Dankbarkeit und Erleichterung durch deinen Körper schwappt. Es ist schließlich das grölende Lachen eines Soldaten, welches ihn daran erinnert in was für einer Situation er sich gerade befindet. Er kann sich keine Unachtsamkeit erlauben, weswegen er entschlossen seine Frau auf die Beine zieht und im Schutz der nächtlichen Schatten einen Weg aus diesem provisorischen Lager sucht. Geschickt schleichen sie an den unaufmerksamen Soldaten vorbei, verstecken sich hinter Planwagen, Felsen oder schneebedeckten Sträuchern und Büschen, immer mit der bohrenden Angst im Nacken, mit dem nächsten Zwinkern entdeckt zu werden, bis sie im Schutz des dichten Waldes zum ersten Mal aufatmen können, nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit über eine freie Fläche sprinten mussten. Zeit zum Ausruhen, oder gar zum Genießen dieses kleinen Teilerfolges gönnt Naruto sich und seiner Frau nicht. Er läuft weiter durch den Wald, zieht seine Frau dabei hinter sich her und kämpft sich durch den knöchelhohen Schnee.
 

Die Freunde von Sasuke haben Wort gehalten und ihn nicht nur sicher in das Lager hineingeschleust, sondern ihm auch eine Möglichkeit geboten, es schnell und unauffällig wieder verlassen zu können. Ohne sie wäre dieses Unterfangen auch weitaus schwieriger gewesen, wenn nicht sogar unmöglich.

Kakashi wartet bereits bei der Fuchsstute, was Hinata kurz erschrocken auf keuchen lässt, da sie befürchtet entdeckt worden zu sein, doch da Naruto unbekümmert weiterläuft und dem Mann sogar noch zu nickt, als würden sie sich seit Jahren kennen, lässt diese Befürchtung sofort wieder verschwinden. Es ist eher Verwirrung, die bei dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit entsteht und die sie immer wieder zwischen den Herren hin und her schauen lässt.

Bei dem Pferd angekommen fixiert die vierfache Mutter den Soldaten regelrecht, als wenn sie nur darauf wartet, dass er seine Hilfsbereitschaft vergisst und sie auf der Stelle niederschießt, doch Kakashi lächelt nur beruhigend und vollzieht einen etwas halbherzigen Salut, der eher die Wirkung eines höflichen Grußes innehat. Er will ihnen wahrhaftig nichts tun, zu diesem Schluss kommt schließlich auch Hinata, die sich zu ihrem Mann herum dreht, der dabei ist eine Karte auszubreiten. Die Fuchsstute von Minato, welche ruhig und abwartend im Schnee steht, aber aufmerksam den Kopf anhebt als sie sich ihr genährt haben, lässt alles über sich ergehen und stört sich der Hektik um sie herum nicht. Minato hat ihr den Namen Espere gegeben. Übersetzt bedeutet dieser Hoffnung. Hoffen darauf, dass alles wieder in Ordnung kommt. Hoffen darauf, dass ihr Leben zurückkehrt und darauf, dass sie als Familie wieder zusammen kommen. Das hoffen darauf, dass dieses Pferd die geliebte Mutter wieder zu ihnen bringt. Unter den jetzigen Umständen könnte das sogar tatsächlich erfolgen.

Narutos wilder Atem bildet immer wieder kleine Wölkchen in der kalten Winterluft, während ein wolkenfreier Mond durch die Nacht scheint und die Sichtverhältnisse etwas besser erscheinen lässt. Hinata ist es möglich einen klaren Blick auf die Karte zu erlangen, die Naruto ihr demonstrierend hinhält und mit dem Finger schließlich eine eingezeichnete Route entlangfährt.

„Hier. Halte dich auf diesen Weg und meide die Straßen. Such in den Wäldern nach Tenten und Ino. Wenn du sie findest, oder auch nicht, dann begibt dich nach Cowboys Heaven. Das ist hier. Die Kinder sind dort. Kakashi wird dich eine Weile begleiten, bis du in Sicherheit bist.“ Naruto nickt nur kurz in die Richtung des grauhaarigen Mannes und auch Hinata schenkt dem Soldaten einen erneuten, wenn auch nur kurzen Blick, ehe sie wieder zurück zu ihrem Gatten schaut.

„W-was ist mit dir?“ Hinata traut sich kaum diese Frage zu stellen, denn bisher deutet alles darauf hin, dass sie sich alleine auf den Weg machen wird, während er zurückbleibt und versucht den Hel-den zu spielen.

Es fällt ihr schwer seinen Ausführungen zu folgen, während in ihrem Kopf die Erkenntnis herrscht, dass sie sich in wenigen Augenblicken wieder trennen werden. Sie haben gerade erst wieder zusammengefunden und als wäre das alleine noch nicht schlimm genug, beginnt ihr Herz zu rasen, als ihr Mann auf ihre Frage schweigend die Karte wieder zusammenfaltet und in der Satteltasche verstaut. Schweigen ist eine andere Form der Zustimmung. Sie hasst es, wenn er das tut. Sie rechnet ihm seine Hilfsbereitschaft sehr hoch an, doch hasst sie diese Eigenschaft sobald er sich deswegen ihn eine unkalkulierbare Gefahr begibt. Hinata schließt die Augen, um ihre Tränen daran zu hindern über ihre Wangen zu laufen, ehe sie eine Berührung an ihrer Hand vernimmt welche sie dazu veranlasst ihrem Mann in die Augen zu schauen, der mit einem entschuldigenden Blick in ihr Gesicht schaut. Kakashi hingegen wendet sein Augenpaar diskret zur Seite und hält sich im Hintergrund, denn es ist gut möglich, dass dieser Abschied für immer sein wird.

Hinata kennt den Charakter ihres Mannes. Er muss ihr keine weitere Begründung für sein Handeln abliefern, denn es liegt in seiner Natur alle Ungerechtigkeit bekämpfen zu wollen und eine Opferbereitschaft an den Tag zu legen, wenn es um seine Heimat, seine Familie und Freunde geht. Er kennt die kaum nennenswerten Erfolgschancen seines Unterfangens und lässt sich dennoch nicht entmutigen. Er sieht auch noch in der dunkelsten Stunde immer ein Licht in der Ferne brennen, auf das er hinarbeitet. In ihm steckt so viel Ehrgeiz, dass er es mit jedem Menschen auf der Welt teilen könnte. Kein Ziel ist ihm zu weit gesteckt und keine Hürde zu hoch. Wo Hilfe benötigt wird, bietet er seine bereitwillig an. Er ist die Verkörperung von Menschlichkeit. Ein leichtes Lächeln legt sich auf ihre Lippen, welches sowohl Stolz, als auch tiefe Sorge und Angst widerspiegelt. Obwohl es ihr widerstrebt ihren Mann zurück zu lassen … obwohl jede Faser in ihrem Inneren förmlich schreit, äußert sie kein Wort welches gegen seine Entscheidung sprechen könnte. Das Einzige was sie tut, worauf sie einfach nicht verzichten will und mit diesem drückenden Gefühl in der Brust, dass sie ihn für lange Zeit nicht sehen wird, nimmt sie sein Gesicht in seine Hände und zieht ihn zu sich herunter, für den ersten Kuss seit einer Ewigkeit.

Sie haben sich beide nach dieser Berührung verzehrt und so ist ein Feuerwerk der Gefühle, als sich ihre Lippen berühren. Es ist beinahe so früher, als sie sich das aller erste Mal geküsst haben. Es löst noch immer dieses wohlige Kribbeln in ihnen aus, welches auch mit tausenden von Worten nicht beschrieben werden könnte. Sie bedauern es fast, als sie sich wieder voneinander lösen, sich jedoch nicht vollständig voneinander trennen. Noch immer hält die vierfache Mutter das Gesicht ihres Mannes in ihren Händen und blickt in seine tiefen blauen Augen, wobei sie ihre Stirn gegen seine lehnt. Die folgenden Worte sind nicht mehr als ein leises Wispern in der Dunkelheit und somit nur für ihn wahrnehmbar.

„Ich liebe dich.“

„Und ich dich.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fahnm
2014-07-31T20:31:09+00:00 31.07.2014 22:31
Ich hoffe das Naruto erfolg haben wird.
Schreib bitte schnell weiter.
Von:  red_moon91
2014-07-30T18:57:09+00:00 30.07.2014 20:57
Sehr gutes Kapitel!
Naruto ist ein Meister der Improvisation, aber ich glaube nicht dass die Rettungsaktion ohne Opfer für die Indianer ausgeht.
Das mit Nei hat mich doch schon sehr getroffen, ich hoffe dass sie Tenten und die Zwilline finden werden.

mfg red_moon91
Von:  narutofa
2014-07-30T13:41:41+00:00 30.07.2014 15:41
Das war ein sehr gutes Kapitel. Ich hatte spaß es zu lesen.
Die armen Indianer. Sie werden von dem Soldaten wie dreck behandelt. Und jetzt müssen die Kinder von Neji ohne ihren Vater aufwachsen. Ich bin gespannt was noch so kommt. Mach weiter so
Von:  Kaninchensklave
2014-07-30T09:46:37+00:00 30.07.2014 11:46
Ein Tolles Kap

nun hat Anruto die Gruppe erreicht und da die Kavalaristen nuaufmerksam sind wäre das die Idelase gelgenheit si zu IMrpvisieren das  er die wenigen männer de noch in der Lange sind zu Kämpfen heimlich um sich Scharrt um Ihre Gerechtigekit zubesoregn
denn den Tod von Neji werden sie ncoh bereuen und das sie seine Frau wohl mehr als schelcht behandelt haben
nur müssen sie danach noch TenTen und die Zwillinge Finden
und ihnen sagend as Neji als wahrer Held gestorben ist

aber im vordergrund steht das er seine Frau und seine Kinder wieder vereint denn das hat erstmal vorrang
gegenüberallen anderen

GVLG


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