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Fremde Welten Spezial: Es gibt keine Zufälle (#3 1/2)

oder: "Fremde Welten" kommt auf den Hund!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Da ich es beim Prolog vergessen habe, hier nochmal der Hinweis: Diese Geschichte spielt im Laufe von Fremde Welten #3 (Unmöglich ist nichts) und berücksichtigt Umstände, die sich darin und in #2 (Das Schloss am Meer) noch ereignen werden.
Ich vermeide Spoiler, deute aber Dinge an. :)
Es gibt eine schöne Charabeschreibungsseite zu dieser Fanfiction und eine extra Beschreibungsseite, bitte beachten, zumindest die Charaseite könnte euch Spaß machen. ^^ Komplett anzeigen

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Sturzflug

Kuro landete auf Gandora auf der Waldlichtung, wo Soach ihn schon erwartete. Seine Hoheit hatte sich hier gut zwei Monate lang aufgehalten, Zeit, die Kuro genutzt hatte, um einen Pflichtbesuch im Kristallschloss einzulegen, weil sein Schlossherz sich nach ihm sehnte. Soachs Vorschlag, mit Gandora zu fliegen und den finsteren Drachen so lange bei sich zu behalten, hatte er zögernd angenommen, aber praktischerweise wusste er durch den Drachen, wann er den anderen abholen kommen sollte, damit sie ihre Reise planmäßig fortsetzen konnten.

Der Wind der mächtigen schwarzen Schwingen wirbelte Soachs Haar hoch, das er fast nie zusammenband. Der Mann trug Reisekleidung, die ihm vermutlich die Druiden gegeben hatten: Eine halblange Robe, unter der eine Hose und leichte Stiefel hervorschauten, alles in diversen Brauntönen. Nur der Reiseumhang war schwarzgrau.

Gandora landete mit dem Gesicht zu seinem Freund, neigte den großen Kopf und ließ sich ein wenig zur Begrüßung tätscheln, während er selbst ein gurrendes Geräusch ausstieß.

Kuro sprang von seinem Rücken und ging auf Soach zu. „Du siehst gut aus… sie haben dich wohl gut fit gehalten, aber du wirkst auch irgendwie zufrieden…“

Soach schenkte ihm ein offenes Lächeln. „Die Unterweisungen waren sehr nützlich. Sie haben mir sogar angeboten, bei ihnen zu leben, was ich als Ehre ansehe, aber ich glaube, das wäre auf Dauer nichts für mich.“

„Verstehe… zu ruhig, eh?“ grinste Kuro. „Wenn du willst, können wir direkt aufbrechen, du hast anscheinend nicht vor, nochmal zurück zu gehen.“

„Ich habe mich verabschiedet, ja. Lass uns aufbrechen.“

Kuro ließ Soach vor sich sitzen. Es war immerhin sein Drache. Früher hätte er es damit begründet, dass er den Kerl nicht im Rücken haben wollte, aber die beiden Männer hatten sich inzwischen einigermaßen zusammengerauft. Es wäre übertrieben gewesen zu sagen, dass sie Freunde waren, aber sie hatten ein kollegiales Verhältnis zueinander, das auf Respekt und gegenseitiger Achtung basierte. Diese Entwicklung freute vor allem ihre jeweiligen Söhne, Dark und Blacky.

Gandora hatte nicht übermäßig Platz auf der Lichtung, aber er konnte auf engem Raum fast senkrecht starten. Kuro krallte sich an seinem Vordermann fest, denn die Aktion war ziemlich brutal. Natürlich war der Drache der Zerstörung nicht eben für seine Sanftmut und sein Taktgefühl bekannt… Sie ließen das Waldgebiet rasend schnell hinter sich. Manchmal überlegte Kuro, dass Gandora das Konzept ‚langsam‘ vermutlich gar nicht kannte.

Sie hatten gar nicht darüber gesprochen, wo es als Nächstes hinging, aber Drachen hatten gute Gedächtnisse, also vielleicht hatte dieser den ganzen Reiseplan im Kopf. Als sie über ein Meer flogen, ging Gandora in einen Sturzflug und segelte auf das Wasser zu, um dann dicht darüber entlangzugleiten, in einer Spirale wieder aufzusteigen und das Ganze zu wiederholen. Soach stieß an strategisch passenden Stellen einen vergnügten Schrei aus. Na gut… vielleicht lag es einfach nur an seinem Kindskopf, dass sie diese Richtung eingeschlagen hatten. Kuro bezweifelte langsam, dass momentan ein bestimmtes Ziel angeflogen wurde.

Schließlich hatte Soach wohl genug von dem Spielchen und ließ den Drachen wieder an Höhe gewinnen, und zwar in einem Aufstiegswinkel, den jeder normale Mensch als Risiko eingestuft hätte. Zum Glück zählte Kuro sich selbst auch nicht zu den Normalen. Die gewählte Reisehöhe war über der manch anderer Drachen, und dementsprechend dünn war auch die Luft, aber dafür wurde der Flug jetzt auch ruhiger. Na endlich.

„Entschuldige, Kuro, aber das musste sein,“ sagte Soach und drehte sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht zu ihm um. „Die Ruhe in diesem Wald war klasse, aber das Fliegen habe ich doch vermisst.“

Der Finsternismagier verdrehte die Augen. „Bei dir wundere ich mich doch schon gar nicht mehr. Über gar nichts, wohlgemerkt. Vielleicht könntest du aber jetzt mal irgendwo landen, denn vom Kristallschloss aus war es doch ein gutes Stück und ich hätte gerne eine Pause.“

„Klar doch, kein Problem…“ Soach drehte sich nach vorne und sah nach unten. Gandora sank ein bisschen tiefer, denn aus dieser Höhe waren die Landmassen kaum zu erkennen.

Kuro gähnte und entspannte sich so weit wie möglich. Das war immer so eine Sache mit dieser Reisegesellschaft…

Plötzlich gab es eine heftige Erschütterung in der Luft. Er hatte nicht mitbekommen, was das verursacht hatte, doch er wäre fast gefallen – der Drache verlagerte sein Gewicht, so dass Kuro sich fangen und wieder an Soach festklammern konnte.

Gandora brüllte schrill. Das Geräusch klang nach Angst oder Schmerzen. Da Gandora vor nichts Angst hatte, blieb nur eine Erklärung… das machte wiederum Kuro Angst.

Er hörte, dass Soach unbekannte Worte vor sich hinmurmelte, und bemerkte, dass der Mann heftig mit beiden Armen gestikulierte. Er wollte ihn auf keinen Fall ablenken, aber was konnte Soach schon erreichen?

„Halt dich fest!“ kam dessen Stimme wie als Antwort. „Aufprallschutz, wenn du kannst…“

Es ging abwärts. Steil. Kuro klemmte die Beine um den Drachenkörper, die Arme um den Vordermann und murmelte die Beschwörung für einen Schild, der sie hoffentlich vor dem Aufprall retten würde. Er sah bunte Effekte um sich herum, verwirrende Farben, seltsame magische Erscheinungen, und die Umgebung änderte ihre Qualität. Anders wusste er es nicht auszudrücken. Die Luft selbst wurde anders.

Soach murmelte und gestikulierte. Kuro hätte seine blauen Hände lieber fest an irgendeinem Teil des Drachen gesehen.

Gandora schrie heiser. Sein Flügelschlag war unregelmäßig, und er bekam Schlagseite nach rechts.

Kuro konzentrierte sich auf seinen Schutzschild gegen den Aufprall und versuchte zu bremsen, aber die bewegte Masse war zu groß. Er richtete kaum etwas aus. Irgendwo im Hinterkopf bekam er mit, dass Soach sein Bestes tat, um irgendein geeignetes Landefeld zu finden. Es wäre für die Reiter ein Leichtes gewesen, abzuspringen und sich mit einem Schwebezauber zu retten, aber darin waren sie sich beide einig: Das kam nicht in Frage.

[Gute Idee… Schwebezauber!] vernahm er Soachs Stimme in seinem Kopf.

„Was? Nein…!“

[Vertrau mir!]

Nicht wirklich. Mangels einer angemessenen Gesprächssituation blieb Kuro aber keine andere Wahl, als auf Soach zu hören, also versuchte er, den Schwebezauber auf die ganze Gruppe anzuwenden. Und plötzlich war der Drache unter ihm verschwunden.

Es war gut, dass Kuro kein junger Hüpfer mehr war, denn das bewahrte ihn vor einer Panikattacke. Er konzentrierte sich auf sich selbst und Soach, aber sie waren zu schwer. Der Aufprallschutzzauber war noch aktiv, aber er bekam ihn nur ansatzweise mit den anderen Beschwörungen koordiniert. Sie wurden noch immer durch die Luft geschleudert und fielen, und schließlich schlugen sie auf.
 

Kuro hatte schreckliche Kopfschmerzen. Das fiel ihm als Erstes auf, als er wieder zu sich kam. Ein krampfartiger Anfall durchzuckte seinen Körper. [Onyxenia!]

Das Schlossherz antwortete nicht. Er konnte ihre Anwesenheit nicht spüren.

„Scheiße! Was zum Henker ist hier los?“ Er öffnete die Augen, denn vor seinen Lidern war es unnatürlich hell. Das Licht tat seinem Kopf nicht gut, daher schloss er sie reflexartig wieder.

[Kuro…] Die Stimme war nicht Soachs.

„Gandora?“ Er unterhielt sich nicht zum ersten Mal mit einem Drachen, auch nicht mit diesem. „Wo steckst du...“ Meistens sprach er seine Antwort laut aus, auch wenn der andere telepathisch kommunizierte. Seiner Erfahrung nach kamen die Gedanken trotzdem an, und er musste sich weniger stark konzentrieren.

[Kuro, ich... ich glaube, ich habe ein Problem... sogar mehrere... Steh auf!] Der Drache klang drängend.

Kuro erhob sich also und klopfte automatisch seine Kleidung ab, wobei er versuchte, sich an das grelle Licht zu gewöhnen. Seine Augen konnten im Dunkeln sehen, aber zu helle Lichtquellen machten ihnen zu schaffen. Wenn nur sein Kopf nicht so dröhnen würde!

Der Boden bestand aus sehr kurz getrimmtem Rasen. Es schien sich um einen größeren Platz zu handeln. Wo Kuro gelandet war, war der Boden aufgerissen und die gepflegte Struktur beschädigt. Er hielt den Blick gesenkt, da seine Augen noch nicht mit den Lichtverhältnissen klarkamen. Jedenfalls schien es keine direkte Bedrohung zu geben, soweit er das beurteilen konnte.

Knapp drei Meter entfernt entdeckte er Soach. Der Mann war bewusstlos, und bei ihm war ein... Kerl... Kuros Mund klappte auf, denn trotz aller Vehemenz, mit der sein Verstand die Tatsachen sogleich zu leugnen versuchte, war ihm sofort klar, dass er Gandora vor sich hatte: einen Hünen mit buschigem, schwarzen Haar, aschfarbener Haut und roten Flecken in regelmäßigen Abständen, die bei näherem Hinsehen wie geschliffene Rubine aussahen, die mit der Haut verwachsen waren. Er kauerte über Soach wie ein Raubtier, das sein Junges verteidigen will. Als Kuro sich näherte, knurrte er ihn an.

Der Finsternismagier überwand dennoch den Rest der kurzen Entfernung, vermied allerdings zu ruckartige Bewegungen, die sein Kopf ihm ohnehin übel genommen hätte. Wachsam hielt er Blickkontakt zu den reptilienartigen Augen. Sie hatten die Farbe von fließender Lava. Und er hatte den Eindruck, dass er gerade einen ziemlich verunsicherten Drachen vor sich hatte, aber einen, der das nie zeigen würde, solange er jemanden beschützen wollte.

Beim Kontakt mit Drachen musste er jedes Zeichen von Angst unterdrücken, das wusste Kuro, also streckte er die Hand aus und berührte vorsichtig die Wange, wie er es bei ihm in der Originalgestalt schon öfter getan hatte. Die Haut fühlte sich glatt und schuppig an, wie bei einer Schlange. Aus der Nähe waren tatsächlich kleine Schuppen zu unterscheiden.

Die Nasenflügel bebten, dann schloss Gandora kurz die Augen und gab dabei ein leises Grollen von sich. Das Geräusch entsprach dem Schnurren einer Katze, jedoch konnte ein Unwissender es leicht mit einer Drohgebärde verwechseln.

Nun, da sie das geklärt hatten, wandte Kuro seine Aufmerksamkeit Soach zu. Er hielt es wie der Chaosmagier und beschäftigte sich mit dem vorrangigen Problem, ehe er sich Gedanken darüber machte, wie oder warum es dazu gekommen war.

Gandora wich zurück, um ihm Platz zu machen, blieb aber wachsam in der Nähe. Kuro notierte sich in Gedanken, dass sie etwas wegen seiner Kleidung unternehmen mussten, die war nämlich nicht existent. Das konnte ein Problem werden, denn weder er selbst noch Soach hatten Kleidung in der passenden Große zu verleihen.

Kuro überprüfte die Lebenszeichen. Soachs Puls war vorhanden, er ging sogar ziemlich schnell. Das überraschte ihn. Auch sonst schien alles in Ordnung zu sein. Kuro konnte keine Verletzungen feststellen, die über die den Umständen geschuldeten Kleinigkeiten hinausgingen, aber Soach wachte nicht auf.

Also gut, nächstes Problem. Soachs Umhang war Gandora viel zu klein, aber besser als nichts. Er bedeckte den Rücken und die Arme, schloss aber vorne nicht, und natürlich ging er nur bis zu den Knien. Aus seinem eigenen Umhang bastelte Kuro einen behelfsmäßigen Lendenschurz für den Drachenmann. Selbiger beschwerte sich nicht, da er durchaus wusste, dass Menschen Kleidung zu tragen pflegten. Damit kamen sie zu Problem Nummer drei.

Gandora konnte offensichtlich das Gleichgewicht halten und auf seinen Beinen stehen, aber ob er auch gehen konnte, musste sich noch erweisen. Auch mit dem Sprechen schien es zu hapern. Im Moment war er damit beschäftigt, seinen veränderten Körper zu überprüfen und sich zu beschweren, direkt in Kuros schmerzenden Kopf hinein.

[Meine Krallen sind ganz kurz!] jammerte er.

Für einen Menschen hatte er gewaltige Fingernägel, fand Kuro, geradezu krallenartig, und das ließ er den Drachen auch wissen, indem er schlicht und einfach seine Gedanken nicht abschirmte.

[Ich habe keinen Schwanz!]

Oh doch, dachte Kuro, aber Gandora verstand den Witz nicht.

[Und noch nichtmal Flügel, geschweige denn Hörner!]

Das allerdings war definitiv so. Und vielleicht war das auch ganz gut, denn so fiel er etwas weniger auf als ohnehin schon. Kuro rieb sich die Schläfen. Er hatte noch gar nicht festgestellt, wo sie sich befanden. Sein Blick schweifte über Rasen… viel davon. Sein länglicher Schatten war ganz klar darauf zu sehen. Die Rasenfläche ging in einen schmaleren Bereich ohne Rasen über und schließlich in etwas, das wie Sitzreihen aussah, die ziemlich weit in die Höhe anstiegen… oh. Ein Stadion. Vielleicht waren sie auf der Insel des Duellantenvereins.

[Kuro?] Gandora zupfte ihn am Ärmel und lenkte seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung.

Auf einer der weiter unten gelegenen Sitzflächen saß ein Hund und sah mit steil aufgerichteten Ohren zu ihnen hinunter. Er hatte ungefähr eine Größe, die einem durchschnittlichen Mann bis übers Knie reichte, gehörte also zu denen, die Kuro als nützlich einstufte. Sein Fell war kurz und sandfarben bis gelblich. Kuro musste seine Augen mit der Hand abschirmen, um ihn besser sehen zu können.

Etwas blitzte auf dem Platz neben dem Hund auf. Der Magier runzelte die Stirn und sah genauer hin, wurde aber vom Licht geblendet. Das Ding bestand aus einer runden Fläche und je einer länglichen links und rechts davon. Manche Teile waren blau oder rot eingefärbt. Das sah aus wie…

„Eine Duel Disk…“ Kuro richtete den Blick an den Sitzreihen entlang nach oben, obwohl sein Kopf fast explodierte, als seine Augen die Helligkeit übertrugen.

Der Himmel war blau. Und damit war jeder Restzweifel ausgeräumt. Sie waren in der Welt des Blauen Lichts.

Telepathische Kommunikation

Yugi Mutou war einiges gewohnt, dennoch war er nicht ganz sicher, was er von der gegenwärtigen Situation halten sollte.

„Wer, sagten Sie, spricht da?“ rief er in sein Handy, denn der Gesprächspartner schien ihn nicht gut zu hören.

„Hier ist Kuro! Ich bin bei einem Stadion, glaube ich…“

„Äh… okay, bleib da… ich komme hin, ja?“

„Ja… gut… wir warten.“

Moment, wir? Naja, ein Unglück kam ja bekanntermaßen niemals allein. „Wie viele seid ihr?“

„Drei Männer und ein Hund!“ antwortete der Mann am anderen Ende der Leitung. Yugi hatte den starken Verdacht, dass er das Telefon falsch hielt.

„Ist jemand verletzt?“ fragte er ahnungsvoll.

„Ich glaube nicht. Soach ist bewusstlos. Yugi, wie lange dauert es, bis du hier bist?“

„Also… ich beeile mich. Aber eine Weile dauert es schon. Ich lege jetzt auf – bleib, wo du bist!“ Yugi legte auf und hoffte, dass Kuro auch wirklich dort blieb.

Yami blickte von seiner Spielezeitschrift auf. „Was war denn das? Hast du nicht gesagt, es wäre Joeys Nummer?“

„Ja, schon… aber Joey war nicht dran. Kuro hat drei Personen erwähnt, von denen jemand namens Soach bewusstlos ist. Und ein Hund ist dabei.“ Yugi starrte nachdenklich auf das Display, auf dem jetzt ein beweglicher Bildschirmschoner zu sehen war. „Sicherlich ist Joey der dritte von denen und konnte aus irgendeinem Grund nicht selber mit mir reden. Ich mache mir Sorgen.“

„Okay, lass uns aufbrechen,“ nickte Yami und faltete die Zeitung zusammen. „Ich fahre und du rufst Seto an.“

Yugi verengte skeptisch die Augen. „Warum fahre ich nicht und du rufst Seto an?“

Yami grinste. „Weil ich die Autoschlüssel habe!“
 

Obwohl Seto ihnen einen Mercedes aus Deutschland importieren wollte, hatten sich Yami und Yugi für einen einheimischen Kleinwagen entschieden – schlicht und einfach aus praktischen Gründen. Großvater hatte keinen Parkplatz für ein großes Auto, und ein kleines kam besser im Stadtverkehr zurecht. Nebenbei war es für einen Fahranfänger auch die bessere Lösung, wie Yugi fand. Yamis Meinung dazu war ein wenig anders, aber er nahm auf Yugis Bedenken Rücksicht.

Der Vorteil daran, dass Yami fuhr, war natürlich, dass sie schneller am Ziel waren. Dieses eine Mal ließ er ihn kommentarlos die Geschwindigkeitsbegrenzung ausreizen und dunkelgelbe Ampeln überfahren. Inzwischen telefonierte er mit Seto, damit dieser ein größeres Auto schickte. In den Suzuki Splash passten nur begrenzt Mitfahrer hinein, und sie wussten gar nicht, ob es vielleicht Gepäckstücke gab.

Das Stadion war normalerweise tagsüber öffentlich zugänglich, etwa für Jugendliche, die ein bisschen Fußball spielen wollten. Es mochte gut sein, dass Joey hier mit jemandem Duel Monsters gespielt hatte, denn er war mit seiner Duel Disk unterwegs, soviel wusste Yugi. Aber genauer hatte sein Freund es ihm nicht gesagt.

Yami hielt genau vor dem Stadioneingang, was eigentlich verboten war, aber er schaltete den Notblinker ein und schloss das Auto nicht einmal ab. Beide Jungen rannten in das Gebäude.

Schon nach wenigen Schritten kam ihnen der erwähnte Hund entgegen. Er kläffte und sprang aufgeregt an ihnen hoch, japste und jaulte und hechelte in unglaublich schneller Reihenfolge, als hätte er sie ewig nicht gesehen. Nur dass Yugi ihn noch nie gesehen hatte, und Yami zuckte auch nur hilflos mit den Schultern.

Ein unwilliges Seufzen kam von dem Hund, ein frustrierter Laut. Yugi vermutete, dass er ihnen irgendetwas sagen wollte, das sie nicht begriffen, also folgten sie ihm erst einmal, als er sich umdrehte und schwanzwedelnd im Inneren verschwand. Aber nicht zu den Sitzreihen, sondern auf die Rasenfläche.

Kuro, Vater des Schwarzen Magiers, kam ihnen tatsächlich leibhaftig mit energischen Schritten entgegen und schüttelte beiden die Hände. „Yugi! Und Yami – hallo! Ein Glück, dass ich euch erreicht habe... mit diesem Ding...“ Er holte Joeys Handy aus einer Tasche in seiner Robe.

„Woher hast du das?“ fragte Yugi sorgenvoll. Er warf einen Blick auf die anderen Männer. Ein muskulöser, großer, halbnackter Mann, der aussah, als ob... Yugi blinzelte, als der Typ lächelte und dabei ein unmenschliches Gebiss entblößte. Er konnte eine bekannte Berührung in seinem Geist spüren. Während er noch darüber nachdachte, fiel sein Blick auf den im Vergleich zu dem Hünen kleinen Mann, den dieser trug: Sorc.

Yugi runzelte die Stirn. „Sagtest du nicht, jemand Namens Soach sei bewusstlos?“ wandte er sich an Kuro.

„Oh... du weißt es gar nicht.“ Kuro streichelte automatisch den sandblonden Hund, der sich winselnd gegen ihn drängte. „Soach ist Sorcs richtiger Name. Ich dachte, das hättest du mitbekommen. Prinz Soach von den Eisigen Inseln.“

„Prinz?“ Yami verdrehte die Augen. „Irgendwer ist immer adlig, und wenn's nicht der Gute ist, dann eben der Darklord...“

„Einer ist auch immer der Sohn des Bösewichts,“ kicherte Yugi.

„Er hat den Namen Sorc abgelegt, weil seine... naja, aus verschiedenen Gründen,“ sagte Kuro. „Auch, weil man mit Sorc immer den Mann verbindet, der das Schattenreich vernichten wollte. Nennt ihn also nicht mehr so.“

„Von mir aus,“ meinte Yami achselzuckend. „Was ist mit ihm los?“

„Das wissen wir nicht, er war in diesem Zustand, als ich zu mir kam,“ antwortete Kuro. „Dies ist übrigens Gandora.“

Yugi und Yami starrten gleichermaßen den großen Mann an. Yugi wusste nicht, wie es Yami ging, er für seinen Teil war nicht einmal besonders geschockt – eher erstaunt, dass seine Ahnungen bestätigt wurden.

Dann erinnerten sie sich an ihre gute Kinderstube. Und daran, dass es als unklug galt, einen Drachen zu beleidigen. Sie verneigten sich auf japanische Art.

„Sehr erfreut...“ sagte Yami.

„Ich ebenfalls,“ fügte Yugi hinzu.

Gandora neigte würdevoll den Kopf und gurrte tief in seiner Kehle. Es klang glatt freundlich.

Yugi machte sich bereits Gedanken darüber, ob der Drache... Mann... ob der wohl in Setos Wagen passte. Dann fiel ihm ein, dass sie vom eigentlichen Thema abgekommen waren. „Wo ist denn nun eigentlich Joey?“

„Joey?“ Kuro hob verwundert die Augenbrauen.

Der Hund bellte und wedelte heftig mit dem buschigen Schwanz, aber niemand beachtete ihn sonderlich.

„Du hattest sein Handy,“ erinnerte Yugi ihn.

„Ach ja, das Ding...“ Kuro holte es hervor und warf einen Blick darauf. „Dieses magische Artefakt ist wirklich faszinierend! Aber Joey... das ist dein blonder Freund, nicht wahr? Der war nicht da. Das Artefakt lag da drüben bei den anderen Sachen.“ Er deutete auf die Sitzreihen, wo die Duel Disk auf einem der Plätze lag.

Yami und Yugi gingen dorthin und fanden auf dem Boden verteilt Joeys grüne Jacke, die Jeans und die restlichen Sachen inklusive Schuhe.

„Das ist Joeys Duel Disk,“ stellte Yami fest, der die Karten herausgenommen und durchgesehen hatte. Außerdem war ein Namensaufkleber an der Unterseite des Geräts angebracht. „Der Akku ist leer.“

Der Hund führte sich inzwischen auf wie ein Verrückter. Er sprang auf die Sitze, bellte in einer Tour und stieß die Jungs an, als würde er sie seit ewigen Zeiten kennen. Obwohl er kein Halsband trug, musste er den Umgang mit Menschen gewohnt sein. Vielleicht hatte er Hunger?

„Der Hund hat mir dieses Artefakt gezeigt,“ berichtete Kuro, der ihnen gefolgt war. „Gandora konnte ein bisschen verstehen, was er von mir wollte, und schließlich habe ich es geschafft, die Funktion zu aktivieren!“

„Gandora versteht den Hund?“ staunte Yugi.

„Hm... vielleicht ist das Joey,“ meinte Kuro und rieb sich den Zweitagebart.

Der Hund kläffte wild, die Ohren steil in seine Richtung gerichtet. Der Schwanz bewegte sich so schnell, dass man nur noch Schlieren von ihm sah.

„Das würde erklären, warum er bei diesen Sachen war und wusste, was in den Taschen ist,“ setzte der Magier seine Überlegungen fort, ohne sich an dem Umstand zu stören, dass ein Mensch auf einmal ein Hund sein sollte.

Andererseits, wenn jemand aus dem Reich der Schatten kam und mit einem Drachen in Menschengestalt unterwegs war... nicht zu vergessen, mit einem Chaosmagier... Vermutlich wunderte denjenigen dann nichts mehr.

„Seht mal!“ Yami hielt eine Karte aus Joeys Deck hoch. Es war eine Effektmonsterkarte, der Chaoshexer. „Ich wusste gar nicht, dass er den benutzt!“

„Er hatte die Karte in einem Päckchen, das er vor zwei Wochen bei Großvater gekauft hat,“ klärte Yugi seinen Partner auf. „Wir haben uns darüber amüsiert und gescherzt, was Sorc... Soach wohl sagen würde, wenn er ihn spielt.“

„Hat er die denn gespielt?“ hakte Kuro nach. Sein Gesicht hatte einen seltsamen Ausdruck angenommen.

„Sie war mitten im Deck, keine Karten im Friedhof und keine auf der Disk. Joey scheint sie nicht benutzt zu haben. Was auch logisch ist, wenn der Akku alle ist,“ analysierte Yami.

„Aber das ist seltsam, ich bin sicher, dass er die Disk erst gestern aufgeladen hat,“ wunderte Yugi sich. „Wir haben noch eine Cola getrunken und ich habe Joey mein Ladekabel geliehen, weil die rote Kontrollleuchte an gewesen ist. Außerdem funktioniert die Disk auch mit Solarenergie, wenn man draußen ist.“

„Dann muss sie kaputt sein, sie geht nicht an,“ beharrte Yami.

„Du benötigst nicht unbedingt eine Duel Disk, um dich zu duellieren,“ bemerkte Kuro.

Der Hund bellte wie zur Bestätigung.

Yugi fragte sich, was das für eine Rasse war... vielleicht ein Golden Retriever für die Farbe und der dann mit irgendetwas gemischt... etwas, das kurzes Fell und stehende Ohren hatte. Ein Dingo? Er kannte sich mit Hunden nicht besonders aus. „Mir scheint jedenfalls, das ist wirklich Joey... Hey, Joey! Bist du es? Gib uns ein Zeichen!“

Der Hund setzte sich flach auf die Hinterläufe und machte Männchen, wobei er beide Vorderpfoten hoch in die Luft hielt und leise bellte.

„Das reicht mir als Beweis nicht,“ sagte Yami. „Komm Joey, wo ist der Rotaugendrache?“

Der Hund sprang zu ihm hin und schnüffelte eifrig an dem Kartenstapel, den Yami nach wie vor in der Hand hielt.

Yugi seufzte. „Fein, dann ist das wohl geklärt... wir haben als nächstes Problem drei Duel Monster, darunter jemanden, der aus unerklärlichen Gründen bewusstlos ist...“

„Vielleicht hilft es, wenn ich ihm die Karte gebe.“ Yami machte eine Kopfbewegung in Gandoras und Soachs Richtung.

Yugi nickte und fing an, Joeys Sachen einzusammeln. „Ja, das könnte sein. Bei Blacky war es auch so, als er zum ersten Mal hier war. Allerdings konnte er lediglich in dieser Welt nicht zaubern, und wir nehmen nur an, dass die Karte was gebracht hat. Vielleicht war das auch nur Zufall.“

„Einen Versuch ist es immerhin wert...“ Yami stieg die Sitzreihen hinunter und ging zu Gandora zurück. Der Drachenmann zischte ihn warnend an und verstärkte demonstrativ seinen Griff an Soach, daher näherte er sich etwas vorsichtiger. Als er die Karte einfach nur auf den Körper des Bewusstlosen legte, passierte nichts. Auch nicht auf der Stirn oder als er die Karte in die schlaffe Hand drückte.

Inzwischen hatten Yugi, Kuro und Joey sich zu ihm gesellt.

„Gandora sagt, er könne gar nichts von Soach spüren... normalerweise empfängt er irgendwelche Gedankengänge im Hintergrund, selbst wenn er nicht bewusst mit ihm kommuniziert,“ übersetzte Kuro ihnen.

Joey legte den Kopf schräg und quiekte fragend.

„Hm, wenn der Geist von Menschen ins Reich der Schatten verbannt wird, sind sie auch in so einem Zustand,“ überlegte Yugi. „Das ergibt aber bei ihm keinen Sinn, oder?“

„Also vielleicht liegt es an seiner...“ setzte Kuro zu einer Erklärung an.

Seto Kaiba wählte diesen Moment, um in die Szene zu platzen. „Da bin ich. Erklärt mir jetzt einer, was los ist? Warum steht der Suzuki draußen offen herum? Was hat das... oh.“ Er blieb stehen und ließ die Szene auf sich wirken.

Der Hund knurrte ihn an und sträubte dabei das Fell.

Seto scheute mit einem mörderischen Blick auf ihn herab, scheinbar voller instinktiver Abneigung. „Wem gehört der Flohteppich?“

Yugi seufzte. „Das ist Joey. Er wurde aus unbekannten Gründen in einen Hund verwandelt.“

Seto verdrehte die Augen. „Yugi, bitte... ich bin im Stress und müsste eigentlich in der Firma sein. Für solche Witze habe ich keine Zeit. Also?“

„Das meine ich ernst! Die drei dort kamen aus dem Reich der Schatten, es hat irgendetwas damit zu tun!“ versicherte Yugi ihm. „Kuro kennst du doch...“

Der Braunhaarige blickte den Magier an und nickte grüßend. „Ja... flüchtig.“ Sein Blick wanderte zu Joey. „Das soll ich wirklich glauben, ja?“ Plötzlich warf er den Kopf zurück und lachte schallend. „Dann hat Wheeler jetzt also endlich die Gestalt, die ihm zusteht! Eine, die seinem Intelligenzquotienten entspricht! Ich werde persönlich eine Hundemarke anfordern!“

„Seto, sei nicht so fies zu Joey,“ verlangte Yugi in einem so ernsten Tonfall, dass Seto sich ein wenig beruhigte. Zum Glück war Yugi nicht mehr so klein wie früher, so dass er seinen Standpunkt besser deutlich machen konnte.

Sein Liebhaber verschränkte die Arme vor der Brust und rümpfte die Nase. „Aber ist doch wahr! So dumm kann auch nur Wheeler sein, welches intelligente Wesen lässt sich schon von irgendeinem fehlgeleiteten Zaubertrick erwischen und...“

Weiter kam er nicht, denn Gandora war mit zwei großen Schritten neben ihm und knurrte ihn bedrohlich an. Yugi hatte den Eindruck, dass nur die Tatsache, dass Soachs Sicherheit ihm wichtiger war, Seto vor Schaden durch die gefährlichen Klauen bewahrte.

Wenn man eins von Seto sagen konnte, dann dass er einen Drachen erkannte, wenn er einen vor sich hatte. Seine Augen weiteten sich. „Meine Güte! Was haben sie dir angetan?“ rief er aus, wobei er und die Hände ausstreckte, doch Gandora wich vor ihm zurück und zischte abweisend.

„Er meint, dass du gar nicht von Intelligenz zu reden brauchst, wenn du nichtmal verstehst, was er zu dir sagt,“ erklärte Kuro. Er rieb sich die Stirn und presste die Zähne zusammen.

Seto verengte die Augen – Yugi erkannte den leicht genervten Ausdruck – und verschränkte erneut die Arme. „Verzeihung, aber er sagt nichts Verständliches, oder soll ich in den Zischlauten Worte verstehen? Ich verstehe Drohgebärden oder sowas, aber...“

„Er lässt fragen, ob er damit nicht auf gleicher Stufe mit dem Hund ist, den du ja als dumm einschätzt, eben weil er ein Hund ist.“

Yugi bekam mit, dass Gandora Seto ganz genau beobachtete, und zwar mit glühenden Augen, so als lauere er auf einen Fehler von ihm.

Seto begriff dann aber wohl, in welcher Gefahr er schwebte und seufzte nachgebend. „Verzeihung. Ich wollte die Hunde dieser Welt nicht beleidigen, indem ich ihren Intelligenzquotienten mit dem von Wheeler vergleiche. Und natürlich haben sie gar nichts mit einem Drachen gemein, die bekanntlich die edelsten Geschöpfe überhaupt sind.“

Joey hechelte und bellte. Hoffentlich war das keine Zustimmung, Yugi jedenfalls schlug sich mit der Hand vor den Kopf und enthielt sich lieber eines Kommentars, damit es endlich weitergehen konnte. „Lasst uns zu den Autos gehen und heimfahren,“ drängte er. Ihm kam der Gedanke, dass sie vielleicht Hundefutter kaufen mussten, aber womöglich mochte Joey das nicht.
 

***
 

Zum Glück hatte Dark ihm viel von dieser Welt erzählt, sonst hätte Kuro sich vermutlich noch mehr blamiert, als es ohnehin der Fall war. Natürlich trug die Tatsache, dass Gandora nur sehr widerwillig und misstrauisch in den so genannten Autos fuhr, zu keiner Besserung bei. Kuro hielt es für besser, bei ihm zu bleiben, daher rückte er in die Mitte und half dabei, Soach auf den Platz am Rand zu bugsieren, bevor Gandora auf der anderen Seite herein krabbelte. Er war zu groß und musste deshalb in einer ziemlich unbequemen Haltung dasitzen. Seto setzte sich auf den vorderen Platz. Er hatte einen Mann dabei, der das Auto in Gang bringen konnte, also musste er ziemlich einflussreich sein, denn Yami und Yugi machten das selbst und ihr Auto war auch viel kleiner. Sie nahmen nur den Hund Joey mit.

Die Reise in diesem Ding war irgendetwas zwischen beängstigend und faszinierend. Kuro war alt genug, um sich gelassen zu geben, schließlich war diese Art der Fortbewegung offensichtlich völlig normal hier. Sie tat aber seinem Kopf nicht gut, in dem auch noch die ganze Zeit Gandoras Gemurmel erklang. Aber es war zu unsicher, die Gedanken des Drachen auszuschließen. Hoffentlich bekamen sie Soach wach, dann konnte er sich damit befassen.

Sie reisten zu dem Haus, in dem Yugi und Yami wohnten, denn Seto wollte bei sich zu Hause Aufsehen vermeiden. Das Haus war eher klein, und auch alle anderen darum herum. Aber das hatte Dark ihm schon erzählt.

Joey sprang aus dem Auto und auf den alten Herrn zu, der aus dem Haus trat, als sie ankamen. Das musste dann Yugis Großvater sein... Sukoroku. Kuro war froh über sein gutes Gedächtnis, aber er vermisste Onyxenias Informationsbereitschaft.

„Na, na, ja wer bist du denn? Hehehe...“ Der untersetzte Mann tätschelte den Hund freundlich lachend, während dieser ihn mit der Nase am Kinn anstieß und aufgeregt bellend um ihn herum hüpfte.

Gandora kam gut alleine damit zurecht, Soach aus dem Auto zu holen. Kuro war etwas unsicher, wie er Sugoroku begrüßen sollte, aber Yugi tauchte an seiner Seite auf und stellte ihn seinem Großvater vor. Als er dem Älteren die Hand schüttelte, fühlte Kuro sich in seine Jugend zurückversetzt und es kam ihm vor, als würde die Last der Verantwortung von ihm genommen, da eine erfahrenere Person aufgetaucht war. Jemand, der ihm sagen konnte, was zu tun war.

Sugoroku ging von neugierig und erfreut zu ernst und fürsorglich über, als er die Situation erfasste. Zunächst einmal lotste er alle nach drinnen und zeigte Gandora das Sofa im Wohnzimmer, wo er Soach ablegen konnte.

Kuro bekam kurz Yami zu fassen. „Verzeihung... gibt es hier wohl einen Heiltrank für meinen schmerzenden Kopf?“

„Bestimmt. Ich hole etwas.“ Yami verschwand in einen anderen Raum, und der Finsternismagier konnte sich endlich beruhigt in einen Sessel sinken lassen, den Yugi ihm anbot.

Sugoroku nahm den anderen Sessel und wartete, bis die übrigen ein paar Stühle geholt hatten, allerdings war Gandora damit zufrieden, sich hinter das Sofa zu stellen und über seinen menschlichen Freund zu wachen. Die Zimmerdecke reichte noch ganz gut für ihn aus, aber viel größer hätte er nicht sein dürfen.

Yami brachte Kuro ein Glas mit einer sprudelnden Flüssigkeit darin. Von solchen Getränken hatte Blacky ganz begeistert erzählt. „Hier, trink aber erst, wenn die Tablette sich ganz aufgelöst hat.“

Ach so... da war etwas drin, das sich auflöste und dabei das Sprudeln verursachte. Es wurde rasch kleiner, eine weiße Scheibe, die erst unten im Glas war und mit zunehmender Leichtigkeit aufstieg, um irgendwann ganz zu verschwinden. Das Getränk war dann still und leicht trüb. Es verströmte einen seltsamen Geruch und schmeckte auch anders als alles, was Kuro je probiert hatte. Er leerte das Glas schnell.

Während Yami an alle Anwesenden reguläre Getränke verteilte – offenbar handelte es sich um gelben Fruchtsaft –, berichtete Yugi seinem Großvater von dem, was er erlebt hatte. Kuro war bemüht, sich auf den Bericht zu konzentrieren, falls Fragen an ihn gerichtet wurden.

Tatsächlich ließen die Fragen nicht lange auf sich warten, denn einen wichtigen Aspekt hatten sie noch nicht geklärt. „Wie seid ihr denn nun eigentlich in unsere Welt gekommen?“ wollte Yami von ihm wissen.

Kuro dachte kurz nach, wo er anfangen sollte. „Also... ich erinnere mich, dass wir einen ruhigen Flug hatten...“ Gleich nachdem Soach sich mit Gandora ausgetobt hatte. „Dann... hatte ich das Gefühl, dass Gandora von etwas getroffen wurde oder so... Ich saß hinter Soach und konnte es nicht deutlich sehen. Wir stürzten, und ich versuchte, einen Schildzauber herzustellen, der den Aufprall dämpfen sollte. Soach beschwor auch irgendetwas, aber ich bezweifle, dass er Erfolg hatte. Ich spürte eine Veränderung, das war vermutlich, als wir in diese Welt übergingen. Soach hatte die Idee, es mit einem Schwebezauber zu versuchen, aber irgendwie klappte nichts richtig, und als nächstes fand ich mich auf dem Rasen in dem Stadion wieder. Vielleicht war ich eine Weile bewusstlos. Als ich zu mir kam, war der Hund da.“

„Wenn ich das richtig verstehe, konntet ihr noch kurz zaubern, nachdem ihr die Welten gewechselt hattet,“ stellte Yugi fest.

„Das kann sein... Restenergie, oder weil das Tor noch offen war,“ stimmte Kuro zu. Eigentlich hatte er keine Ahnung, was eigentlich wirklich passiert war, und hoffte deshalb noch mehr, dass Soach bald zu sich kam und es ihnen sagen konnte. Er hielt eine Hand vor sich und erschuf eine kleine Kugel aus finsterer Magie. „Oh... klappt ohne Probleme.“

Die Gruppe staunte. „Wow! Da wundert es mich doch, dass ausgerechnet Blacky damit Probleme hatte!“ rief Yugi überrascht aus.

Yami lachte. „Stimmt... ein Chaosmagier dürfte eigentlich noch am ehesten über solche Probleme erhaben sein. Und wo wir gerade davon reden...“

Aller Blicke richteten sich auf den bewusstlosen Soach, so dass sich Gandora gemüßigt fühlte, in die Runde zu knurren.

„Ich versuche es nochmal mit der Karte,“ beschloss Yami. „Vielleicht hilft eine Duel Disk.“

Joey sprang hinzu und hielt ihn mit dem Maul an der Jacke fest.

„Was ist denn?“ fragte Yami ihn und streichelte ihn automatisch am Kopf.

Der Hund ließ ihn los und schaute zu Gandora. Er und der Drache sahen einander eine Weile an, dann konnte Kuro Gandoras Kommentar vernehmen. Er sprach diesen laut aus für die anderen: „Seine Duel Disk ging kaputt, als er sie einschaltete, dann fehlen ihm einige Erinnerungen und danach war er ein Hund.“

„Untersteh dich, die Karten von dem Köter auf deine Duel Disk zu legen!“ rief Seto sofort. „Gib mir seine Disk mal...“

Das tat Yami, und Seto begab sich zum Esstisch, wo er konzentriert an der Duel Disk herum zu fummeln begann. Er holte dafür kleine Werkzeuge aus seinen Manteltaschen und öffnete eine Klappe. „Aha... da drin ist alles hinüber, seht euch das an!“

Er gab das Gerät herum, und als Kuro an der Reihe war, sah er im Inneren einige zusammengeschmolzene Drähte und Ruß am Gehäuse. Er wusste nur ungefähr, wie so etwas normalerweise auszusehen hatte, da er einige wenige Male in der Maschinenstadt gewesen war, aber einen funktionstüchtigen Eindruck machte es nicht.

„Sowas kann natürlich nur Wheeler schaffen,“ fing Seto erneut zu schimpfen an. „Mit wem hat er sich duelliert?“

Das wusste niemand, daher holte Seto ein Artefakt aus seiner Tasche, das dem ähnelte, das Kuro noch in seinem Besitz hatte. Der Magier bekam Gelegenheit, die Benutzung aus nächster Nähe beobachten zu können.

„Hallo, Mokuba,“ sagte Seto. „Prüf etwas für mich nach, die Daten von Duellen, die heute im Stadion stattgefunden haben. Stell fest, ob Joey Wheeler dabei war und mit wem.“ Der Braunhaarige lauschte eine Weile nur und nickte hin und wieder, wobei er kurze, zustimmende Laute machte. „Ja, danke. Nein, das war alles. Ja, du kannst die Seriennummer streichen, die Disk ist im Eimer. Hmmm... Nein, glaube ich nicht. Das ist Totalschaden. Ach... es hat vielleicht nichts zu bedeuten, aber überprüf die Daten von Chaoshexer, Gandora, Drache der Zerstörung und Erfahrener Dunkler Magier. Ja. Das kann hier noch dauern, bis später.“

Das war für Kuros Augen zu schnell gegangen, oder er hatte einfach nicht die richtige Perspektive gehabt. „Dein Kommunikationsartefakt sieht ganz anders aus...“

Seto zeigte es ihm. „Das ist ein supermodernes Smartphone. Wheeler hat ein Uralthandy. Ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht.“

Joey jaulte kehlig und schaute auf seine Füße, als wäre ihm das peinlich.

Kuro bekam von Gandora eine Antwort des Hundes übermittelt, gab sie aber lieber nicht an Seto weiter, denn sie fiel nicht freundlich aus.

„Ich habe erfahren, dass Mai Valentine die Gegnerin war,“ verkündete Seto. „Allerdings gibt es keine Daten des Duells außer, dass beide Dueldisks aktiviert wurden und Wheelers dann wohl ausfiel.“

„Ist das eigentlich noch mit den Datenschutzrichtlinien vereinbar?“ erkundigte Yugi sich.

„Mich würde viel mehr interessieren, wie das mit Mai ausgegangen ist,“ wandte Yami ein. „Joey, habt ihr ohne Duel Disk...“

Doch Joey verkroch sich mit angelegten Ohren und eingezogenem Schwanz hinter Sugorokus Sessel.

„Anscheinend hat sein Weibchen ihn nicht erwählt,“ übersetzte Kuro. Oh Mann... Weibchen? Gandoras Vokabular färbte auf ihn ab. „Können wir bitte endlich was wegen Soach unternehmen?“

„Ich hole meine Duel Disk und probiere nochmal, die Karte draufzulegen,“ nahm Yami sein Vorhaben von vorhin wieder auf. „Schließlich sind die drei doch jetzt hier... die Situation ist anders.“ Er würde sich nicht aufhalten lassen, also versuchten sie es erst gar nicht.

Kuro blickte dem Jungen nach, als er die Treppe zum Obergeschoss ansteuerte. Und er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache.

Bewusstseinsstörung

Nur zur Vorsicht hatte Yami kein Deck in die Dueldisk gelegt, sondern schaltete sie erst einmal einfach ein. „Ich teste es einmal,“ verkündete er und legte die Karte Erfahrener Dunkler Magier auf eins der Monsterfelder.

Die holografische Bilderzeugung war im Wohnzimmer nicht optimal, da die Möbel im Weg standen, aber der Magier wurde ausreichend dargestellt.

Kuro verzog das Gesicht. „Ah, hör auf damit… das ist gruselig, gleichzeitig hier und da zu sein.“

„Du meinst, ein Bild von dir selbst zu sehen,“ meinte Yami.

„Nein, ich meine es, wie ich es sage,“ bekräftigte Kuro seine vorigen Worte. „Wenn wir Duelle bestreiten, bei denen ein hingebungsvoller Duellant wie du beteiligt ist, bekommen wir es mehr oder weniger bewusst mit. Mit viel Übung kann das Duell im Hinterkopf ablaufen, während derjenige was anderes macht. Dark kann das, er ist dann bestenfalls leicht unkonzentriert, aber im Prinzip merkt man es ihm kaum an. Ich dagegen muss normalerweise unterbrechen, was ich gerade tue.“ Sein holografisches Bild nickte bestätigend.

Yami fand das sehr interessant. Klar, Yugi hatte ihm schon berichtet, was er bei seinem ersten Abenteuer zu dem Thema erfahren hatte, und er hatte sich bei seinem eigenen Urlaub im Reich der Schatten auch mal mit jemandem darüber unterhalten, aber nun hatte er direkt ein Anschauungsbeispiel. „Kannst du aus seinen Augen sehen?“ fragte Yami neugierig und deutete auf das Hologramm.

„Ja, ein Teil meines Bewusstseins ist in ihm. Es ist, als hätte ich einen Tagtraum,“ erklärte der Finsternismagier.

Yami nickte verstehend und nahm die Karte von der Disk. Er gab sie Kuro, der nichts dagegen hatte, sondern sie sich interessiert ansah.

„Mein Gesicht ist nicht zu sehen, das ist vielleicht besser so,“ lachte er.

Joey traute sich leise hinter Sugorokus Sessel hervor und legte winselnd eine Pfote auf Kuros Knie.

Kuro streichelte den Hund und zeigte ihm die Karte. Als Joey das Bild mit der Spitze seiner Zunge ableckte, lachte er und tat so, als wäre es sein Gesicht.

„Hört auf rumzualbern, Wheeler beschädigt die Karte ja!“ mischte Seto sich ein. Er hatte das Smartphone am Ohr. „Warte kurz, Yami, bevor du weiter machst.“

„Aber ich kann es wirklich ein bisschen spüren, wenn Joey das macht,“ sagte Kuro. „Er ist eben auch ein großer Duellant.“

Seto warf ihm einen mörderischen Blick zu, den der Ältere ungerührt erwiderte. Vielleicht war es Glück, dass in diesem Moment der Anruf angenommen wurde.

„Ich bin’s. Ja, genau. Mhm… Was?!“ Seto bekam einen verärgerten Gesichtsausdruck. „Wie konnte das passieren? Aber die anderen sind in Ordnung? Aha… Ja, versuch das.“

Einige Sekunden vergingen in Schweigen, während Yami mit der nächsten Karte in der Hand untätig dastand. Niemand wagte es, Seto zu stören.

„In Ordnung, danke… wir probieren die Karte aus, beobachte das weiter, ja?“ Seto legte auf und wandte sich der Gruppe zu. „Die Karten Erfahrener Dunkler Magier und Gandora, Drache der Zerstörung, sind in Ordnung… Allerdings hatte Chaoshexer einen Datenfehler, dessen Ursache nicht feststeht. Mokuba lässt derzeit das System auf Viren und Fremdverschulden prüfen und hat die Daten neu eingegeben.“

„Übertreibst du nicht etwas? Vielleicht ist es nur eine reguläre Datenpanne, sowas passiert doch manchmal,“ gab Yugi zu bedenken.

„Aber dann sehen die übrig gebliebenen Daten anders aus und normalerweise werden nur die Werte falsch angezeigt oder so,“ beharrte Seto. „Außerdem glaube ich nicht an einen Zufall, wenn der Betreffende bewusstlos auf dem Sofa liegt, wo er eigentlich nicht hingehört.“

„Da ist vielleicht was dran,“ musste Yugi zugeben. „Aber impliziert das nicht, dass dein System anfällig gegen Magie ist?“

Setos presste die Lippen zusammen und atmete hörbar ein. Joey gab ein Geräusch von sich, das irgendwie amüsiert klang.

Yami verdrehte die Augen und legte einfach die Karte auf die Disk, schließlich hatte Mokuba die Daten ja repariert, nicht wahr?

Das Gerät reagierte wie immer mit einem leisen Geräusch, als das Hologramm erstellt wurde. Alle starrten gebannt auf die Stelle, wo die Gestalt des Chaoshexers erschien. Am Anfang sah alles normal aus, aber dann flackerte das Bild wie bei einem fehlerhaften Film. Streifen durchzuckten es und es schien sich in Pixel auflösen zu wollen.

Trotz der undeutlichen Darstellung war aber eins zu erkennen: Die Gestalt wand und krümmte sich unter Qualen. Yami musste an jemanden denken, der von einem schmerzhaften Energiestrahl gefangen gehalten wurde.

Gandora knurrte bedrohlich.

Kuro sprang von seinem Platz auf. „Bitte aufhören!“

Die Entscheidung wurde Yami abgenommen, denn seine Disk fiel aus. Es roch nach Elektronik, dann nach kokelnder Elektronik. Er beeilte sich, das Ding vom Arm zu nehmen, jedoch nicht, bevor er die Karte in Sicherheit gebracht hatte.

„Aua, ich hab einen gewischt gekriegt…“ Etwas weißer Qualm stieg in einem feinen Band auf, doch nur kurz.

Joey bellte aufgeregt, aber falls seine Botschaft telepathisch bei Kuro ankam, beachtete dieser ihn im Moment nicht.

Der Magier trat auf Yami zu. „Bitte gib die Karte mir.“ Er streckte drängend die Hand aus.

Yami reichte sie ihm verwundert und beobachtete, dass Kuro wohl eine Idee gehabt haben musste: Er hielt die Karte in beiden Händen und schloss konzentriert die Augen.

Setos Smartphone vibrierte. „Ja, Mokuba?“ Seto lauschte angestrengt.

Yami konnte am Gesichtsausdruck seines Partners erkennen, dass es ein nicht sofort lösbares Problem gab. Er kannte den jungen Mann mittlerweile gut genug, um zu wissen, wie sehr er es hasste, wenn er etwas nicht gleich erledigen konnte. Noch schlimmer war es, wenn er es später auch nicht lösen konnte, weil ihm schlicht und einfach das nötige Hintergrundwissen fehlte. Dann konnte Seto wirklich unausstehlich werden. Yami tauschte einen Blick mit Yugi aus und vermutete, dass auch dieser die Tragweite des Problems erkannt hatte.

„Die Daten sind schon wieder hin!“ teilte Seto den Anwesenden mit. „Keiner weiß, warum!“

Sugoroku rieb sich den Bart. „Vielleicht solltest du dir keine Sorgen deswegen machen, die Karte aber bis auf Weiteres aus dem System nehmen. Bestimmt hat das einfach einen magischen Grund.“

„Holographische Technologie hat keinen magischen Grund!“ protestierte Seto heftig.

„Du würdest dich wundern,“ murmelte Kuro, ging aber nicht näher auf das Thema ein. Seine linke Hand bewegte sich mit geöffneten Fingern in Soachs Richtung, wobei er etwas in einer unbekannten Sprache sagte.

Es war, als hätte er Soach mit etwas getroffen, denn im nächsten Moment riss dieser die Augen auf wie jemand, der aus einem Alptraum erwacht. Er schien sich hinsetzen zu wollen, sank dann aber zitternd zurück auf das Sofa und schloss die Augen wieder, doch er war jetzt bei Bewusstsein.

„Gebt ihm einen Moment,“ kommentierte Kuro. „Sein Bewusstsein war im wahrsten Sinne des Wortes verloren gegangen, aber durch die Karte wurde es hierher gezogen und ich konnte es in seinen Körper übertragen.“

„Wie kann denn sowas passieren?“ wollte Yugi wissen. „Soach ist doch auch kein Anfänger mehr… er war sogar schon einmal in dieser Welt!“

„Damals war es aber ein richtiges Portal, nicht irgendeine Anomalie.“ Kuro lächelte entschuldigend. „Sowas passiert schonmal, selbst Leuten mit Erfahrung. Die meisten Betroffenen finden ihren Körper früher oder später einfach wieder und niemand erfährt je davon, aber bei einem Weltensprung ist das was anderes.“

Gandora gurrte langgezogen und wirkte erfreut, nachdem sein menschlicher Freund wieder zu sich gekommen war. Er war direkt süß durch sein Benehmen.

Yami wunderte sich, weil Kuro die Sache so einfach abtat. Verschwieg er etwas? Vielleicht wollte er seine Freunde nur nicht beunruhigen. Er schätzte ihn als verantwortungsbewussten Mann ein, daher ging er davon aus, dass er sie vor einer Gefahr warnen würde, wenn er davon wüsste. Wenigstens schien er sich inzwischen besser mit Soach zu verstehen, denn er warf diesem ab und zu einen besorgten Blick zu.
 

Soach war selten so froh gewesen, in seiner Haut zu stecken, im wahrsten Sinne des Wortes. Als losgelöstes Bewusstsein umherzuirren war eine beängstigende Erfahrung für jemanden, der gerne alles unter Kontrolle hat. Vor allem störte ihn die Hilflosigkeit. Natürlich war er vernünftig genug, Hilfe anzunehmen, aber er hasste es, davon abhängig zu sein und sich nicht selber helfen zu können.

Seine Effektmonsterkarte auf einer Duel Disk konnte sein Bewusstsein einfangen – wenn auch mit einigen unangenehmen Problemen. Und Kuro war glücklicherweise ein kompetenter Magier. Allerdings war es wahrscheinlich generell seine Karte in einer Duel Disk, die seine kleine Gruppe in diese Schwierigkeiten gebracht hatte.

Zu seiner Schande wusste Soach im Moment kaum, wo genau er sich befand, insofern war er dankbar, dass Kuro ihm noch Gelegenheit verschaffte, sich kurz zu akklimatisieren. Seine Fähigkeit, auf jede Situation gelassen zu reagieren, war derzeit etwas limitiert. Wenn er das richtig verstand, befand er sich nicht nur in der Welt des Blauen Lichts, sondern bei Yugi und Yami... eventuell in deren Haus. Feindliches Gelände also. Alle Freunde der beiden hatten ihn wahrscheinlich noch auf dem Kieker. Normalerweise hätte er das verkraftet, aber unter den gegebenen Umständen wünschte er sich woanders hin.

Die letzten Wochen und Monate hatten ihn deutlich verändert. Er hoffte nur, dass es niemand so sehr merkte wie er selbst, denn er fand es nicht unbedingt positiv. Er glaubte, dass er schwächer geworden war, trotz seiner Entschlossenheit, mit allem fertig zu werden. Die wankte nämlich zuweilen auch.

Positiv denken. Hatte er nicht in letzter Zeit neue Erfolge erzielt? Doch dieser Abstecher in die Welt des Blauen Lichts kam da denkbar ungelegen. Soach zog es vor, nicht zu lange weit von Schloss Lotusblüte entfernt zu sein. Eigentlich hatte er sich auf seine Rückkehr gefreut.

Bevor er weiter in Selbstmitleid versank, öffnete er lieber die Augen und stellte sich der Situation. Konfrontation war für ihn schon immer ein gutes Mittel gewesen, die eigenen Ängste zu überwinden. Schon peinlich, dass er überhaupt welche hatte, andererseits gehörte das wohl zu seinem menschlichen Wesen.

Das erste, was er sah, war ein befelltes Gesicht. Sein Gehirn brauchte eine Weile, um es als zu einem Hund gehörig zu erkennen. Dieser stand mit den Vorderpfoten auf seiner Liege und schaute auf ihn herab. Er hatte nicht die richtige Aura für einen Hund. Und Soach wusste, dass die hiesigen Hunde sich diesbezüglich nicht sehr von denen des Schattenreichs unterschieden.

Die Schnauze näherte sich ihm mit schnüffelnden Geräuschen. Soach beeilte sich, in eine sitzende Position zu kommen, bevor er sich einen haarigen Kuss gefallen lassen musste. Dabei identifizierte er die Liege als ein frei im Raum stehende Sofa und entdeckte Gandora hinter der Lehne. Den erkannte er gleich, obwohl er ihn noch nie so gesehen hatte. Trotz der Gestaltveränderung griff er aus Gewohnheit nach oben, worauf Gandora den Kopf senkte und sich am Unterkiefer streicheln ließ, wo er die Berührung gern hatte. Den Hund hingegen fasste er nicht an – der Blick aus den braunen Augen war wachsam, aber nicht einladend.

„Anscheinend geht es dir besser,“ stellte Yami fest und reichte ihm ein Glas Saft.

Soach nickte dankbar und trank schnell aus. Während des Vorgangs fiel ihm erst auf, dass seine Kehle ganz trocken war.

„Hervorragend,“ meldete sich Seto vom Tisch. „Dann kann er uns ja jetzt erklären, was hier los ist.“

Soach war versucht, den Braunhaarigen auf die Existenz besserer Umgangsformen hinzuweisen – das hatte er sich während seiner Zeit auf Schloss Lotusblüte angewöhnt. Aber er war nur Gast hier, und das wahrscheinlich nicht gerade auf freundschaftlicher Basis, auch wenn er mit Yami und Yugi zuletzt ganz gut zurechtgekommen war. Allerdings sah er es nicht ein, die Worte als Aufforderung zu interpretieren, schließlich hatte Seto ihn nicht persönlich angesprochen.

Er sah sich zunächst einmal genauer um und entdeckte außer den jungen Leuten und Kuro noch einen alten, breit lächelnden Mann, den Großvater von Yugi. Ihn hatte er nur während des Duells gesehen, das er und Malice gegen Marik und Blacky bestritten hatten. Sugoroku Motou, wenn er sich recht erinnerte. Lord Genesis hatte ihn ab und zu erwähnt.

„Hör nicht auf Seto,“ winkte der Großvater ab. „Nimm dir soviel Zeit, wie du brauchst, Soach.“

Der Blauhäutige neigte höflich den Kopf vor ihm. Er war froh, dass der Ältere zuerst das Wort ergriffen hatte, denn so konnte er passend reagieren. „Danke, Sugoroku,“ sagte er. „Ich bitte um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.“

„Ach was, ich freue mich über das Wiedersehen, wenn wir es mal so nennen wollten,“ entgegnete der alte Herr gut gelaunt.

Soach setzte ein Lächeln auf, das er aber nicht empfand. Das letzte Mal, als er Sugoroku gesehen hatte, war Yami in seiner und Malices Gewalt gewesen, eine Geisel in einem Schattenduell voller grausamer Regeln. Malice hatte es wirklich ein bisschen übertrieben, und doch hatte Soach ihn unterstützt, bis zum letzten Spielzug. Danach war für Soach die Zusammenarbeit beendet gewesen, das Unternehmen gescheitert. Er wusste, wann er sich geschlagen geben musste, Malice weniger.

Zum Glück waren die meisten Personen, mit denen Soach seither zu tun gehabt hatte, nicht besonders nachtragend. Bei Sugoroku war er noch nicht ganz sicher, wie er ihn einschätzen sollte. Der Mann gab sich heiter, aber er war offenbar das Familienoberhaupt. So jemand mochte durchaus einen Groll hegen, den er vor den jüngeren Familienmitgliedern nicht zeigte.

Der merkwürdige Hund starrte ihn an, als hätte das auch für ihn Gültigkeit. Er machte glatt den Eindruck, als wartete er nur auf einen Grund zum Zubeißen.

Soach rührte sich vorsichtshalber nicht vom Fleck. „Ihr habt mir nie gesagt, dass ihr einen Hund habt,“ sagte er in Yamis und Yugis Richtung.

Die beiden kicherten, was dem Hund ein leidendes Jaulen entlockte.

„Ich erklär es dir,“ bot Kuro an und berichtete von den bisherigen Vorkommnissen. Die telepathische Verbindung schien ein bisschen gelitten zu haben, aber Kuro gefiel es ohnehin nicht, mit ihm in solchem Kontakt zu stehen. Er hatte eine stärkere geistige Abwehr als früher, so dass Soach nicht mehr einfach daran vorbeikam. Soach respektierte das und war dazu übergegangen, sich zu erkennen zu geben, wenn er sich einschleichen wollte. Zuletzt hatte er über Gandora die Verbindung mit dem Magier hergestellt und so auch direkt mit ihm kommunizieren können, denn er konnte sich in jedes unachtsame Gehirn mogeln, mit dem er über irgendwelche Ecken verbunden war.

Inzwischen kam Kuro in seinem Bericht zu dem Teil mit Joey. Soach starrte entgeistert den Hund an. Dieser kniff die Augen zusammen und bellte einmal. Es war, als würde er lachen. Aber nun war auch geklärt, warum er keine hundetypische Aura hatte.

„Du hast mich also in deinem Deck gehabt,“ stellte der Schwarzhaarige fest. „Wie kommst du denn dazu? Das hätte ich von Yugi oder Yami erwartet, aber spielst du nicht eigentlich Drachen und Krieger?“

Joey schaute von ihm zu Gandora und wieder zurück. Auch Soach sah sich zu seinem Drachen um. War etwas mit ihm?

„Kannst du Gandora nicht hören?“ fragte Kuro. „Er übermittelt dir Joeys Antwort.“

„Ich, äh…“ Soach versuchte es. Vermutlich versuchte Gandora seinerseits, ihn zu erreichen. „Nein… ich höre nichts…“

„Mach keinen Mist!“ beschwerte Kuro sich. „Ich hab erwartet, dass du mir was von der Gedankenarbeit abnehmen kannst!“

Soach sprang auf und ging um das Sofa herum, um beide Hände auf Gandoras Brust zu legen, welche sich vor seinem Gesicht befand. Die plötzliche Bewegung ließ ihn ein wenig schwindeln, aber er ignorierte das. Angespannt blickte er nach oben in die glühenden Reptilienaugen und schickte seinen Geist zu ihm aus.

Gandoras Stirn legte sich in Falten. Der Hühne hob eine Hand, um mit dem Zeigefinger Soachs Kinn und den Kieferknochen zu streicheln. Er lächelte.

„Er sagt, dass er endlich den Gefallen erwidern kann, weil er klein genug ist,“ leitete Kuro die Nachricht weiter. „Er freut sich darüber.“

Im Hintergrund schnaubte Seto verächtlich. „Ein Drache, der sich freut, wenn er so erniedrigt wird?“

„Du meinst, wenn er in eine Gestalt gezwungen wird, die deiner ähnelt?“ entgegnete Kuro.

Gandora hatte sein Gesicht mit einem herausfordernden Grinsen, das all seine Zähne zeigte, Seto zugewandt, daher nahm Soach an, dass der Spruch von ihm kam.

Kuro bestätigte das, indem er kurz auf den Drachenmann deutete. „Und ja, er freut sich, weil er den Wert einer jahrelangen Freundschaft zu schätzen weiß.“

Soach war gerührt. Er kannte den Drachen schon ewig… eigentlich seit seiner frühesten Kindheit, seit er sich erinnern konnte. Für Gandora, der ja viel länger lebte als ein Mensch, war er im Prinzip nur so etwas wie ein Haustier, ein Zeitvertreib, aber er hatte es nie so empfunden. Soach war es gewohnt, die Stimme des mächtigen Drachen in seinem Geist hören zu können – es war nie anders gewesen. Doch jetzt war da nur eine ohrenbetäubende Stille. Zum ersten Mal in seinem ganzen Leben war er völlig alleine mit seinen Gedanken. Andere mochten das befreiend finden, er aber war entsetzt und hatte alle Mühe, sich nichts anmerken zu lassen.

Yugis Großvater erhob sich von seinem Sessel. „Kinder, ich wette, ihr habt Hunger,“ sagte er in die Runde.

Joey fing aufgeregt an zu bellen und rannte schwanzwedelnd zu dem alten Mann.

„Ja, du auch, Joey… wir überlegen uns was für dich. Aber ich glaube, wir haben gar nicht genug Lebensmittel im Haus. Seto, Yami und Yugi, wie wäre es, wenn ihr was holt? Ich nehme an, wir werden rohes Fleisch brauchen… viel davon. Und Reis, Nudeln, Curry… ah, ich mach euch einen Zettel. Am besten fahrt ihr mit dem Auto…“

Es sah ganz so aus, als wollte Sugoroku die Bande für einen Moment loswerden. Soach war das ganz recht, denn er rang um seine Fassung. Angestrengt versuchte er, an etwas anderes zu denken. Bestimmt war das Problem nur temporär, bedingt durch den Weltensprung, durch seine Entfernung vom Schloss, gewisse noch nicht lange genug zurückliegende Ereignisse und die Tatsache, dass sein Bewusstsein eben noch umhergeirrt war. Er war in diesem momentanen Zustand nicht er selbst. Ein Stimmchen in seinem Hinterkopf, das nichts mit Telepathie zu tun hatte, gab zu bedenken, dass es vielleicht nicht daran lag und sich auch nicht bessern würde, wenn er wieder zu Hause war.

Als die jungen Leute sich um Sugoroku scharten, um seine Anweisungen entgegen zu nehmen, wovon zumindest Seto sehr unbegeistert war, gesellte sich Kuro zu den beiden anderen. „Gandora macht sich Sorgen... alles in Ordnung?“

Soach schüttelte den Kopf. Aber er traute seiner Stimme momentan nicht, daher schwieg er, und diese Tatsache allein versetzte Kuro schon geringfügig in Alarmbereitschaft, wenn er den Gesichtsausdruck richtig deutete. Nun ja... der Finsternismagier hatte sich sicherlich Hilfe von ihm erhofft, die er jetzt nicht bekam. Wie erbärmlich.

„Entschuldigt, ich muss mich ein bisschen zusammenreißen. Ich möchte die Telepathie nicht auch noch verlieren,“ murmelte er schließlich.

„Aber das wird doch alles, du darfst jetzt nicht aufgeben, nur wegen eines kleinen Rückschlages,“ erinnerte Kuro ihn. „Soach, du bist einer der charakterstärksten Männer, die ich kenne, enttäusch mich ja nicht.“

Soach runzelte überrascht die Stirn. „Wirklich? Das hast du mir noch nie gesagt.“

„Bilde dir nichts darauf ein.“

Gandora machte dieses gurrende Geräusch, dass bei ihm Freude ausdrückte, und Soach straffte die Schultern. Seine Mutter wäre entrüstet, wenn sie wüsste, dass er sich so gehen ließ. Er konnte sich Lady Charoselles strenges, aber liebevolles Gesicht lebhaft vorstellen. Sie hatte ihn nicht zu einem Luschen erzogen. Niemals zweifeln. Alles geschieht aus einem bestimmten Grund, rief er sich seine eigenen Grundsätze in Erinnerung. Wenn das Schicksal dich vor einen Abgrund stellt, will es dir das Fliegen beibringen.

Der Prinz der Eisigen Inseln schaffte ein Lächeln und gab seinem Gesicht dann den neutralen, beherrschten Ausdruck, den er stets zur Schau trug.

„Besser. So kenne ich dich doch schon eher,“ kommentierte Kuro.

„Erinnere mich daran, wenn es wieder nötig werden sollte,“ bat Soach. Und er beschloss einfach, dass alles wieder in Ordnung kommen würde.

Situationsanalyse

Yugi, Yami und Seto nahmen Joey mit zum Einkaufen, weil er unbedingt mit wollte – obwohl Kaiba natürlich dagegen war.

„Ich bin es nicht, der seine Haufen vom Weg kratzt!“ teilte der Braunhaarige seinen Partnern mit.

„Wir sollten Tüten dafür besorgen,“ überlegte Yugi ernsthaft. Er war es, der aus den Beständen an Gürteln, die er und Yami besaßen, ein Halsband gebastelt hatte, das Joey passte. Sie benutzten ein anderthalb Meter langes Nylonseil, das eigentlich anderen Zwecken diente, als Hundeleine.

Das alles gefiel Wheeler nicht, aber die drei waren sich einig, dass er nicht unnötig auffallen sollte. Diesen Aspekt fand Seto direkt amüsant, obwohl die Situation an sich schon reichlich absurd war. Davon abgesehen bekam er beim Anblick des Nylonseils immer angenehm schlüpfrige Gedanken und war fast sicher, dass es Yugi und Yami auch so ging. Umso amüsanter war es ja, dass der Köter keine Ahnung hatte.

In diesem Zusammenhang drängte sich ihm auf einmal ein Bild von Joey in Menschengestalt und ans Bett gefesselt auf. Jede sexuelle Erregung, die er vorher durch seine Fantasien aufgebaut haben mochte, verpuffte augenblicklich. Schlüpfrige Gedanken dahin. Blöder Hund.

„Warum laufen wir nicht mit Joey ein Stück?“ schlug Yugi vor.

„Ich habe keine Lust, den ganze Einkauf nach Hause zu tragen,“ setzte Yami fest. „Außerdem ist das Joey und kein Hund… naja ihr wisst was ich meine. Vielleicht will er gar nicht so weit laufen.“

„Er hatte doch eigentlich auch als Mensch kein Problem mit einem kleinen Fußmarsch,“ wandte Yugi ein. „Hunde brauchen Bewegung!“

„Ihr könnt ja laufen – ich fahre mit dem Auto schonmal vor. Yami?“ Seto hielt auffordernd die Hand auf.

Yami gab ihm die Schlüssel. „Falls das nicht völlig unter deiner Würde ist, Chef.“

„Du steigst doch auch in die Knutschkugel ein, Pharao,“ entgegnete Seto. Er beobachtete amüsiert, wie Joey geradezu ungläubig zwischen ihnen hin und her blickte. Dann aber rief er sich in Erinnerung, dass er sich nicht so ausgelassen in Gegenwart des Köters benehmen durfte, das ruinierte sein Image total. Es war so leicht, die Anwesenheit eines Feindes zu vergessen, wenn dieser ein Hund war.

Naja… Feind war auch übertrieben, das würde voraussetzen, dass er ihn ernst nahm. Wheeler war bestenfalls lästig. Seto stellte fest, dass er in seinen Gedankengängen den Hund mit Joey betitelte, eben wie ein Tier, dass man so nannte, dabei nutzte er sonst immer den Nachnamen für den Typen. Es wurde immer absurder.

Er fuhr den Suzuki Splash zum nächsten Supermarkt, bei dem Familie Mutou standardmäßig einkaufte. Ein paar Leute zeigten tuschelnd auf ihn, als er ausstieg, aber er war es schon seit langem gewohnt, diese zu ignorieren. Wenn ihn jemand ansprach, ob er Seto Kaiba sei, sagte er immer, dass er oft danach gefragt wurde, somit war es nicht gelogen.

Yami hatte die Einkaufsliste, aber er hatte ein gutes Gedächtnis und fing schon einmal an. Es belustigte ihn ungemein, dass Joey draußen warten musste, bei den anderen Hunden. Als er an einer verspiegelten Wand vorbei kam, sah er das dümmliche Grinsen, das sich auf sein Gesicht geschlichen hatte, und glättete schnell wieder seine Züge. Herrje! So guckte er normalerweise nur, wenn er gleich einem gegnerischen Duellanten eins überbraten konnte.

Er würde sich gleich bei seiner Rückkehr diesen Chaoshexer vorknöpfen. Der hatte nämlich noch immer nicht erklärt, warum er Wheeler in einen Hund und Gandora in dieses… Etwas verwandelt hatte. Das musste einfach seine Schuld sein, denn Seto kam nicht damit zurecht, wenn sich auf ein Problem keine Antwort finden ließ. Normalerweise reichte es, ein paar Computer mit einem Kabel zu verbinden, jemanden zu feuern, einen Anruf zu tätigen oder die richtige Karte zu spielen.

„Hey, Kaiba!“

Seto erstarrte. Wer wagte es, seinen Namen quer durch den Markt zu brüllen?

„Hier bin ich…“ Jemand steuerte einen Einkaufswagen gemächlich auf ihn zu. Es war Marik Ishtar. „Was machst du denn hier, Kaiba?“

„Pscht!“ machte Seto möglichst unauffällig. Es drehten sich schon Leute zu ihnen um. Er hatte kein Problem mit Publikum, solange es sich dabei um Zuschauer seines eigenen Spieleturniers handelte. Wenn er anonym als Kaiba-Doppelgänger durchging, war es auch noch in Ordnung. Aber das vermasselte Marik ihm gerade.

„Wir haben Besuch bekommen... also Yugi, Yami und Großvater. Ich helfe dabei, genug zu essen zu besorgen, erklärte Seto.

Marik rieb sich nachdenklich das Kinn. „Besuch? Verflixt. Ich hatte gehofft, heute oder morgen mal vorbei kommen zu können, um dem alten Herrn ein Artefakt zu zeigen, das gestern angekommen ist. Ich möchte seine fachmännische Meinung dazu hören. Wer ist denn der Besuch? Jemand, den ich kenne?“

Jetzt war es Seto, der Aufmerksamkeit auf sich zog, denn er lachte laut auf. „Kann man sagen, ja. Es ist der Chaoshexer Sorc, er sich jetzt allerdings Soach nennt, und bei ihm sind Kuro, der Erfahrene Dunkle Magier, und Gandora, der Drache der Zerstörung.“ Aus Gründen, die ihm selbst nicht klar waren, hielt Seto es für besser, Wheelers äußerliche Gestaltanpassung an seinen Intelligenzquotienten nicht zu erwähnen. Vielleicht fand Marik auch, dass er alle Hunde damit beleidigte, wenn er sie mit dem Typen auf eine Stufe stellte. Aber natürlich war es auch nicht sein Ding, über Magie zu reden, sollten das doch Yami und Yugi machen.

Befriedigt beobachtete er, wie dem Ägypter alle Gesichtszüge entgleisten. „Du meinst... den Typen, der mit Malice...“ begann Marik stockend.

„Genau den.“ Seto wandte absichtlich einen gleichgültigen Tonfall an, um über die Situation erhaben zu wirken.

„Aber er hat keinen Stunk gemacht, oder?“ hakte Marik nach, deutlich beunruhigt.

„Nein, im Gegenteil, er war bewusstlos, daher hab ich auch noch keine Antworten von ihm, aber das wird sich noch ändern. Niemand bring ungestraft meine Kartendaten durcheinander.“

„Hat er das? Du setzt seltsame Prioritäten!“ lachte Marik.

Seto zuckte mit den Schultern und setzte seinen Einkauf mit dem Blonden auf den Fersen fort.
 

***
 

Sugoroku war recht aufgeregt, wieder ein Duel Monster im Haus zu haben, oder mehrere. Tatsächlich hatte er mit ihnen allein sein wollen, um ein paar Dinge in Ruhe klären zu können.

„Könnt ihr kochen?“ fragte er Kuro und Soach, als die beiden in der Küche auftauchten.

Sie tauschten einen Blick aus. „Ich kann ein Rezept befolgen,“ sagte Soach. „Kuro kocht ganz passabel.“

Sugoroku nickte, ließ sie sich an den Küchentisch setzen und gab ihnen ein Kochbuch, in das daraufhin beide neugierig ihre Nase steckten, während der Großvater ein bisschen Ordnung in der Küche schaffte. Nach einer Weile fing sein Besuch verhalten an zu kichern.

„Das tut uns wirklich Leid,“ erklärte Kuro. „Aber mit diesen Beschreibungen können wir nur wenig anfangen. Was ist denn zum Beispiel Wasabi?“

Sugoroku lachte. „Wartet, ich zeige es euch.“ Er holte ein 200ml Glas mit Wasabi aus dem Schrank und gab jedem der Männer einen Teelöffel voll davon. Mit einem ernsten Ausdruck baute er sich vor ihnen auf. „Passt auf! Wer von euch einen Löffel voll auf einmal isst, gewinnt die Wette. Der Verlierer macht nach dem Abendessen den Abwasch.“

„Ist wohl so eine Art Tradition,“ stellte Soach fest. „Die Substanz riecht etwas streng.“

„Willst du kneifen oder was?“ neckte Kuro ihn.

Sie tauschten erneut einen Blick aus, doch dieses Mal wirkte er wie eine Kampfansage.

Sugoroku stellte jedem ein Glas Milch hin und beobachtete, wie sie ihre jeweilige Portion ganz in den Mund steckten und kurz darauf schluckten. Es dauerte nicht lange, und er konnte den Herrschaften ansehen, dass sie versuchten, sich nichts anmerken zu lassen. Aber soweit er wusste, wurde im Reich der Schatten nicht übermäßig scharf gegessen.

Soach griff nach seinem Milchglas und trank es in einem Zug weg. Dann ließ er die Stirn auf die Tischplatte sinken. „Bevor das Zeug mir die Tränen in die Augen treibt, gebe ich lieber auf!“ stöhnte er.

Als Kuro sich daher seines Sieges sicher sein könnte, stürzte auch er die Milch hinunter. Er sah mindestens genauso fertig aus wie der Kollege, aber beide nahmen es mit Humor.

Sugoroku setzte sich breit lächelnd zu ihnen an den Küchentisch. „Ihr müsst schon verzeihen, dass mache ich mit jedem Besuch, der kein Japaner ist. Aber selbst Japaner essen Wasabi nicht löffelweise, davon mal abgesehen.“

„Was macht ihr dann damit?“ Soach konsultierte das Kochbuch. „Aha... eine Messerspitze verarbeiten... oder hier, als Dip... Nun, in kleinen Mengen schmeckt das vermutlich.“

Der Großvater stellte einige weitere Lebensmittel hin und erklärte sie ihnen. Die meisten Dinge waren in Dosen oder Gläsern, einige getrocknet und manche tiefgefroren. Soach und Kuro warfen aufgeregt einen Blick in den Gefrierteil des Kühlschranks.

„Ich habe gehört, dass Japaner eigentlich traditionell gerne frisch einkaufen, aber die modernen Zeiten... oh!“ Soach hatte eine grellbunte Packung Eis am Stiel entdeckt. „Kuro, sieh dir das an! Es gibt diese ulkigen Katzengesichter! Mit Vanille- und Schokoladengeschmack!“

Kuro beobachtete, wie er die Packung aufriss und dann ein einzelnes Eis herausholte, um ihm zu zeigen, wie man so etwas essen musste. Er ließ sich eins geben und versuchte es auch mal.

Sugoroku und die beiden Schattenreichbewohner verspeisten gemeinsam das Hello Kitty Eis, ohne sich darum zu scheren, ob dessen Fehlen vielleicht später jemand bedauern würde. Diese Sorte gab es seit Jahren zu kaufen, aber für die zwei Duel Monster war es anscheinend die Entdeckung des Jahrhunderts. Zumindest Sorc hatte offenbar schon Erfahrungen damit, oder jedenfalls mit Eis am Stiel generell.

Nachdem er so ein wenig die Stimmung aufgelockert hatte, befand der alte Mann, dass es an der Zeit für ein sachliches Gespräch war. Ernst biss er die Schleife von Kittys bereits fehlendem Ohr ab. „So, Soach... dann berichte mal. Ich glaube, du bist derjenige, der uns jetzt noch aufklären kann, was passiert ist.“

Der Blauhäutige hatte den Mund voll, signalisierte aber, dass er bereit war zu antworten. Bevor er das tat, leckte er noch schnell einige Tropfen von seinem neuesten Eis ab. „Ich weiß es auch nicht genau... wir flogen in keine bestimmte Richtung, und dann spürte ich den Sog des Duells... aber es war nicht wie sonst. Und es gab einen Riss in den Dimensionsgrenzen, der uns einsaugte... Ich wollte uns davor schützen, aber ich... ich konnte nichts ausrichten...“

Er starrte auf seine Hände, die er so hielt, als wäre zwischen ihnen eine Kugel, die die Antwort zeigte. Sein Blick schien aber gar nicht zu sehen, was direkt vor ihm war. Eis tropfte jetzt doch noch auf den Tisch.

Sugoroku räusperte sich, um Soachs Aufmerksamkeit zurück zu holen. „Ich weiß von deinem... Problem. Angelus hat davon geschrieben.“

„Angelus?“ hakte Kuro nach, während Soach aufstöhnend die Augen schloss.

„Er meint Lord Genesis. Sugoroku und er sind Brieffreunde. Genesis besitzt ein Weltentor.“

„Oh, ja, richtig... Dark hat es erwähnt.“ Kuro rieb sich die Bartstoppeln. „Der olle Vampir ist aber ganz schön redselig!“

„Ist schon gut,“ winkte Soach ab. „So wie es ist, muss ich nichts erklären. Darüber bin ich ganz froh.“

„Dann ist es wohl wirklich so, dass deine Karte bis auf weiteres nicht gespielt werden sollte,“ nickte Sugoroku nachdenklich. „Ich werde es Seto sagen.“

„Du hast es schon geahnt, nicht wahr?“ fragte Kuro. „Du hast ihm ja bereits vorgeschlagen, die Karte aus dem System zu nehmen. Soach! Dein Eis tropft!“

„Oh…“ Der Angesprochene leckte die verflüssigten Bestandteile schnell ab und passte auf, nicht in die Pfütze auf dem Tisch zu fassen.

Sugoroku holte einen Lappen und wischte die Bescherung weg. „Aber deine Geschichte erklärt noch nicht, warum Gandora so ein Mischwesen geworden ist und Joey ein Hund.“

„An mir kann’s nicht liegen, ich hab nur versucht, den Sturz zu bremsen,“ versicherte Kuro. „Und Soach kann nichts verbockt haben. Vielleicht liegt es an Gandora? Drachen haben auch Magie. Oder es war noch jemand da, den wir nicht bemerkt haben.“

Soach aß konzentriert sein Eis auf und leckte den Stiel ordentlich sauber. Er ließ sich Zeit mit seiner Antwort, aber sein Gesicht wirkte irgendwie schuldbewusst. „Gandora hat nur bedingt etwas damit zu tun,“ begann er. „Es ist vermutlich trotz allem meine Schuld. Die Chaosmagie bietet einen Zauber für Notfälle. Im Prinzip besagt der, dass man die Magie um das bittet, was gebraucht wird. Aber die Magie entscheidet, was das ist. Sie nimmt ihre notwendige Energie aus jeder Quelle, die sich anbietet. Also etwa ein anwesender Drache oder Magier, oder was auch immer in der Nähe zur Verfügung steht.“

„Also dann bittest du quasi um Hilfe und verlässt dich drauf, dass etwas passiert, das dir etwas nützt?“ fasste Kuro zusammen.

Soach nickte lediglich.

„Vielleicht erklärt das, warum mein Kopf so gedröhnt hat, aber ich dachte, das läge daran, dass ich Onyxenia verloren habe,“ seufzte der Finsternismagier.

„Da kann ich dich beruhigen,“ sagte Soach. „Du hast die Verbindung noch – ich kann sie sehen. Wenn du ein Schlossherz seit Jahren hast, geht das nicht so schnell in die Brüche… und außerdem hast du doch ein Zwillingsherz. Das mag auch helfen.“

Kuro atmete auf. „Okay… Aber warum hat die Magie entschieden, dass Joey ein Hund werden soll? Dass Gandora kein Drache bleiben kann, wenn er in diese Welt kommt, leuchtet mir ja noch ein, aber das mit dem Hund hat keinen Sinn.“

„Keinen, der uns sofort klar wird,“ korrigierte Soach ihn. „Es ist nicht immer ersichtlich, was die Magie damit bezweckt, aber als Chaosmagier… Also, ich muss daran glauben, dass es irgendeinen Sinn hat, weil es Zufälle nicht gibt. Es wird sich sicherlich mit der Zeit herausstellen, wozu das gut war.“

Sugoroku lachte. „Wie es aussieht, war es eine gute Entscheidung, diese Angelegenheit nicht zusammen mit Seto Kaiba zu besprechen, denn der hätte vermutlich einige unpassende Kommentare dazu abgegeben!“

„Seto denkt rein logisch,“ stimmte Soach zu. „Das bedeutet, er gibt sich nur mit Dingen ab, die er mit seinem Verstand erklären kann. Ich persönlich muss nicht unbedingt wissen, warum etwas funktioniert, solange funktionieren das ist, was es tut.“

„Dann aber mal rein hypothetisch… wie machen wir das wieder rückgängig?“ hakte Sugoroku nach.

Soach zuckte mit den Schultern. „Vermutlich müssen wir einfach warten, bis die Magie ihren Zweck erfüllt hat.“

Kuro blickte den Schwarzhaarigen alarmiert an. „Aber kannst du so lange so weit von Schloss Lotusblüte entfernt sein? Ich könnte auch einfach versuchen, ob ich Joey zurückverwandeln kann.“

„Das kannst du versuchen, aber möglicherweise ist es eine temporäre Verwandlung, die entweder nach einer gewissen Zeit oder aus einem bestimmten Anlass wieder aufhört,“ vermutete Soach.

Sugoroku räusperte sich und legte noch einmal dar, was sie vermuteten: „Also: Joey hat ein Deck gespielt mit der Karte Chaoshexer drin, welche aber defekt ist, wenn ich das so sagen darf. Soach wurde dennoch zu dem Duell gezogen, also quasi in Bereitschaft versetzt; dadurch ging die Duel Disk kaputt, obwohl die Karte nicht einmal gespielt wurde. Soach, der zu der Zeit zusammen mit Kuro auf Gandora gereist ist, erlebte so etwas wie eine magische Rückkopplung, bei der die Gruppe in eine dimensionale Anomalie stürzte, und versuchte, dagegen anzukämpfen. Sein benutzter Zauber bewirkte, das Gandora in seiner jetzigen Gestalt auf der anderen Seite ankam, und Joey, der sich vermutlich mit Mai Valentine duellieren wollte, wurde zu einem Hund.“

Hoffentlich hatte er sich verständlich ausgedrückt – die beiden Männer wirkten kurz etwas verwirrt, nickten dann aber.

„Ich vermute, dass es relativ einfach sein wird, euch ins Reich der Schatten zurück zu schicken,“ teilte Sugoroku ihnen mit. „Ich werde gleich eine E-mail an Angelus schicken. Sicherlich hat jemand bemerkt, dass ihr weg seid, wenn ich das richtig verstanden habe?“

„Mein Schlossherz muss es gemerkt haben,“ bestätigte Kuro. „Und Crimson müsste mittlerweile auch wissen, dass Soach verschollen ist, denn sein Schlossherz hat…“ Er zuckte und unterbrach sich. „Äh… naja sie haben auch eine telepathische Verbindung gehabt.“

Sugoroku konnte es nicht genau sehen, vermutete aber, das Soach ihn unter dem Tisch getreten hatte. Nun ja… dass jemand nicht alles preisgeben wollte, war ja auch verständlich.

„Jetzt gibt es ja gleich erstmal Essen!“ schloss der Großvater die Diskussion mit einem Lächeln. „Wenn jemand von euch schnell Fleisch zerkleinern oder Gemüse hacken kann, seid ihr hier gut aufgehoben. Ich weiß noch, dass Kay das nach etwas Übung ganz gut hingekriegt hat... Dein Sohn, nicht wahr, Soach?“

Sie fingen an, Geschichten über ihre Söhne oder Enkel auszutauschen, und konnten sich damit noch eine gute Weile angenehm beschäftigen...
 

***
 

Seto war ein sehr sachlicher und zweckmäßiger Einkäufer. Er hielt sich nicht ewig bei irgendwelchen Werbeaufstellern und Lockangeboten auf, sondern richtete sich streng nach der Liste. Aus diesem Grund war er auch schon fertig, als Yugi und Yami endlich mit Joey eintrudelten. Vermutlich waren sie nur langsam voran gekommen, weil der Hund sie aufgehalten hatte. Fremde Leute, die ihn streichelten, Kacke auf dem Gehweg... Schon allein deshalb hatte er nicht dabei sein wollen, sowas war doch total peinlich!

Marik konnte seine Eile nicht ganz nachvollziehen, zog aber mit. Seto konnte darauf verzichten, ihn am Hacken zu haben, aber was tat man nicht alles... und dann wurde er dafür belohnt.

Als sie draußen auf Yami und Yugi stießen, die gerade überlegten, wie sie mit dem Hund verfahren sollten, bekam der Ägypter ganz große Augen, stellte seine Einkaufstasche ab und hockte sich vor Joey hin. „Ooooch, ist der süß! Ein ganzer Kerl statt so ein Schoßkissen!“ Er zog neckend an den Ohren, wuschelte durch das kurze Haar auf dem Kopf und tätschelte anerkennend die Schulterpartie.

Joey ließ sich das alles gerne gefallen und stemmte sich noch extra gegen die Hände des Blonden.

Seto schüttelte den Kopf in Yamis und Yugis Richtung. Sagt ihm bloß nichts! Sie schienen seine wortlose Aufforderung zu begreifen.

„Ist das ein Pflegehund?“ fragte Marik, der ja wusste, dass sie keinen hatten.

„Wir haben ihn im Stadion gefunden,“ antwortete Seto, bevor andere Erklärungen kommen konnten. Er grinste schadenfroh. „Wir haben ihn Joey genannt, weil er die gleiche Fellfarbe hat.“

Marik lachte. „Weiß denn Joey Wheeler davon?“

„Äh, ja… er hatte nichts dagegen,“ ging Yami auf das Spiel ein.

Der Hund bellte und schaute zwischen ihnen hin und her, aber sie konnten nur erraten, was er ihnen sagen wollte, denn niemand von ihnen konnte gedanklich mit Joey reden. Seto konnte es sich gerade noch verkneifen zu behaupten, dass der Köter zum Glück nicht wusste, nach welchem Volltrottel er benannt war. Das wäre ja streng genommen gelogen gewesen, aber vor allem hätte es wieder zu Diskussionen geführt. Über das Thema würde er sich mit Yami und Yugi nie einigen können. Wheeler war für ihn nur ein drittklassiger Duellant, und sogar als Hund sah er aus wie ein Streuner aus Spanien. Völlig gewöhnlich.

Sie gingen die Liste durch und stellten fest, dass Seto nichts vergessen hatte, was in ihm ein kleines Triumphgefühl bewirkte. Bestimmt hatte jemand gehofft, er hätte einen Fehler gemacht. Seto meinte damit niemand bestimmten, nein.

„Ich wollte gerne noch etwas Eis,“ bemerkte Yugi.

„Wir haben noch,“ sagte Yami.

„Bist du sicher?“

„Ja, eine ganz neue Packung. Von Hello Kitty, Schokolade und Vanille.“

„Ach so, na dann sind wir fertig.“

Sie waren Seto behilflich, alles im Auto zu verstauen, dann quetschten sich alle samt Hund in den Suzuki. Seto legte Wert darauf, wieder zu fahren, so musste er nicht neben dem Köter sitzen, welcher sich in der Mitte der Rückbank befand. Marik ließ es sich nicht nehmen, rechts daneben einzusteigen.

Seto beugte sich zu Yami rüber, der auf dem Beifahrersitz saß. „Wenn wir ankommen, sieh zu, dass du schnell nach drinnen gehst und denen sagst, dass sie Marik nichts über Joey erzählen sollen.“

Yami hob eine Augenbraue. „Kein Problem, aber warum?“

Der Braunhaarige grinste. „Ist doch viel lustiger so.“

Das entlockte dem Pharao ein boshaftes Kichern. „Wie du meinst, aber etwas fies ist es schon.“

„Das muss Wheeler abkönnen.“ Seto startete den Wagen… nein, die Knutschkugel, und fuhr mit gemäßigtem Tempo zum Spieleladen, damit Marik auch genug Zeit zum Kuscheln mit Joey hatte.

Fütterung der Raubtiere

Marik hatte nie ein Haustier gehabt, schon gar keinen Hund. Hunde fand er besonders interessant, weil sie sehr auf den Menschen fixiert waren, mal so im Vergleich zu Vögeln, Mäusen oder Hamstern. Hunde konnten überall mit hin. Sie liefen nicht weg, sondern kamen auf Zuruf zurück. Sie waren die idealen Begleiter und sorgten für gute Gesellschaft, außerdem kam man durch sie leicht mit anderen Leuten ins Gespräch. Nun kam Marik aus dem Reich der Katzen, aber Katzen waren ihm zu unberechenbar. Er hatte vermutlich ein Problem mit Autorität, deshalb bevorzugte er einen Gefährten wie den Hund.

Yami und Yugi mit ihrem Findling brachten ihn sofort auf Ideen. Wenn nun der Besitzer sich nicht meldete? Marik hatte eine kleine Wohnung über seinem Geschäft, das mitten in der Stadt lag, aber für Spaziergänge war die Gegend geeignet und ein Park befand sich in der Nähe. Aber noch wagte er es nicht, seine Gedanken auszusprechen. Vielleicht war das ja alles nur eine fixe Idee von ihm, die er morgen schon nicht mehr so gut fand. Vielleicht meldete sich jemand, der den Hund vermisste.

Er durfte Joey an der Leine halten und probierte aus, wie es war, mit ihm umher zu gehen, während Kaiba und die beiden Mutous das Auto entluden. Yami ging als Erster rein. Er schien es eilig zu haben. Vielleicht wollte er Bescheid sagen, dass sie noch jemanden mitgebracht hatte. Oha... da fiel Marik der Besuch wieder ein. Er hielt die Leine fester, als könnte ihn der Hund vor einem Magier aus dem Schattenreich beschützen.

Im Haus löste er dann natürlich die Leine vom Halsband – eigentlich handelte es sich nur um ein Nylonseil. Joey rannte ins Wohnzimmer und sprang dort an einem verboten großen Mann hoch, der am Fenster gestanden hatte. Der Riese sah zwar ungewöhnlich und Furcht einflößend aus, wirkte aber dennoch relativ harmlos, denn er machte ein freundliches Gesicht.

Er sah sich zu Marik um und nickte zum Gruß mit dem Kopf, sagte aber nichts. Dann schaute er zu Joey hinunter, als könnte er sich mit ihm verständigen. Hm… vielleicht gar nicht so abwegig.

In der Küche, wohin die drei anderen die Einkäufe getragen hatten, erklang verhaltenes Gelächter. Marik konnte mindestens eine fremde Stimme ausmachen und schluckte. Sie gehörte nicht dem Chaoshexer. Aber Seto hatte drei Personen erwähnt. War nicht auch ein Drache dabei gewesen?

Jemand kam ins Wohnzimmer gestürmt und stürzte sich praktisch auf ihn. „Marik! Wie schön, dich wieder zu sehen!“ Der dunkelhaarige Mann schüttelte ihm aufgeregt die Hand. „Ich bin Kuro… vielleicht erinnerst du dich? Der Erfahrene Dunkle Magier! Du hast mich in dem Duell gegen Malice gespielt!“

Marik musste nicht lange nachdenken, das war zwar eine Weile her, hatte sich aber in sein Gedächtnis eingebrannt wie Daten auf eine DVD. Der Mann hatte nur andere Kleidung an und sein Gesicht war sichtbar, daher hatte er ihn zuerst nicht erkannt.

„Ach ja, natürlich – du hast nur heute keine Kopfbedeckung auf. Guter Auftritt von dir war das. Vielen Dank für die Hilfe,“ erwiderte Marik die Begrüßung.

„Wie ich sehe, hast du Gandora schon getroffen.“ Kuro zog ihn auf den Flur. „Ich will dir noch jemanden vorstellen… eigentlich kennt ihr euch ja schon, aber ihr seid euch noch nicht so richtig vorgestellt worden, oder? So von Mann zu Mann…“

Nein, nur von der anderen Seite des Spielfeldes aus. Marik war nicht sicher, ob er die Erfahrung nachholen wollte.

Aber Kuro ließ ihm keine Wahl. „Marik… ich möchte dir Prinz Soach von den Eisigen Inseln vorstellen, früher bekannt unter dem Namen Sorc.“

Der Magier schob ihn auf einen Mann zu, der Marik auf den ersten Blick sehr an Blacky erinnerte – aber soweit er wusste, war Blacky ja auch sein Sohn. Die Kleidung war ganz anders, einfache Stoffe in Brauntönen, und man sah nicht viel Haut.

Marik verkrampfte sich. Dies war zwar nicht Malice, erinnerte ihn aber stark an alles, was er durch sein dunkles Ich erlitten hatte… und was alle anderen hatten erleiden müssen. Und dann auch noch ein Prinz? Marik trat ungeschickt vor ihn hin, stolperte fast über seine eigenen Füße. Aber er war als Diener des Pharaos erzogen worden, und daher sollte ihn königliches Blut eigentlich nicht verunsichern. Er hielt genug Abstand von ihm, um sich einigermaßen sicher zu fühlen, ohne dabei unhöflich zu wirken.

„Äh... Eure Hoheit...“ brachte er hervor.

Soachs Mundwinkel zuckten. „So hat mich ja schon ewig niemand mehr genannt,“ meinte er. „Es gibt auch keinen Grund, so nervös zu sein, Marik.“

Sein Tonfall klang keineswegs spöttisch, sondern ganz seriös… und der Mann an sich machte auch einen Vertrauen erweckenden Eindruck. Marik beruhigte sich aber trotzdem nicht gleich. Denn seit er Malice kannte, wusste er, dass sein dunkles Ich noch existierte und vielleicht noch einmal zurückkehrte. Es gab nichts, wovor er sich mehr fürchtete. Und hier stand er vor dem ehemaligen Verbündetet von Malice...

Marik wagte es, Soach in die Augen zu sehen. Sie waren rot wie Blackys, und hatten einen leicht melancholischen Ausdruck. Er trug sein Haar ohne einen Pony, so dass er ernster wirkte. Alles in allem aber war eigentlich nichts Beängstigendes an ihm… genau genommen konnte Marik kaum etwas von ihm spüren, dabei erwartete er eine Aura der Gefahr oder etwas in der Art. Unglaublich, dass dies derselbe Mann war, dem er vor über einem Jahr als Feind begegnet war.

„Ähm… freut mich, dass wir… uns mal persönlich kennen lernen,“ brachte er schließlich hervor.

Gut, sie kannten sich, aber nicht so wirklich. Marik wusste durch Berichte seiner Freunde mehr über ihn als durch die persönliche Begegnung im Duell. Demnach war Soach zwar loyal und freundlich, aber durchaus gefährlich und strahlte das auch nach außen aus. Der Ägypter empfand es nicht so. Vielleicht hatte der Mann sich geändert, oder es lag daran, dass er hier nicht in seiner Heimatwelt war, oder... oder Marik war nicht mehr so gut darin, Leute einzuschätzen, seit er den Millenniumsstab nicht mehr besaß.

Von Soach bekam er irgendwie gar keine Einschätzung hin. Der Prinz war wie eine seiner Marionetten, als er sie unter Kontrolle gehabt hatte... Unter der Kontrolle des Millenniumsstabes wirkten Menschen wie seelenlose Zombies. Zumindest ein Zombie war Soach ja offenbar nicht, aber Marik konnte weder Vertrauen zu ihm fassen noch weiterhin Angst vor ihm haben. Aber gerade das machte ihn wiederum nervös, so dass sich im Prinzip an der Situation nichts änderte. Er musste einfach so gut wie möglich damit klarkommen.

Joey tauchte wieder neben ihm auf, und die Berührung des Fells an seiner Hand tat gut, gab ihm Halt. Dass so ein Tier das vermochte... er sollte sich wohl wirklich einen Hund anschaffen, ob nun den oder einen anderen.

„Kuro und ich müssen wieder in die Küche,“ entschuldigte Soach sich. „Wir haben versprochen, beim Kochen zu helfen.“

Marik bemühte sich, sich die Erleichterung nicht anmerken zu lassen. „Oh, ja... viel Erfolg.“

Die beiden gingen in die Küche, und Marik blieb etwas unschlüssig stehen. Im Wohnzimmer war ja noch Gandora. Mit ihm war es etwas kompliziert, sich zu unterhalten. Zum Glück kamen kurz darauf Yugi, Yami und Kuro hinzu und komplementierten ihn in den Raum.

„Wir haben Seto zur Küchenarbeit verdonnert, weil er schon den ganzen Tag etwas schräg drauf ist,“ grinste Yugi. „Kuro soll dafür bei uns bleiben, weil er Gandoras Gedanken hören kann.“

Joey bellte mehrmals, aber Yami wuschelte ihm einfach übers Kopfhaar und sagte: „Ja, ist ja gut, Joey. Du kriegst ja dann auch dein Futter.“ Das schien den Hund aber nicht zu beruhigen, erst nach einigen Minuten gab er es auf und legte sich mit einem frustriert klingenden Seufzen neben das Sofa.

„Wir müssen mal was wegen Gandoras Kleidung unternehmen,“ fand Yugi. „Ich hole mal was.“ Er rannte nach oben – Marik konnte seine Schritte auf der Treppe hören – und kam kurz darauf mit einem Stapel Bettwäsche wieder.

„Wäre das nicht eher ein Job für Ryou?“ fragte Marik.

„Ach was!“ winkte Yugi ab. „Das werden wir gerade noch alleine schaffen, außerdem ist er eh nicht im Land.“

Sie amüsierten sich für die nächste halbe Stunde damit, Bettbezüge und Laken in notdürftige Kleidung für einen Drachen in Menschengestalt umzuändern.
 

Sugoroku hatte Soach die Lebensmittel gezeigt und ihm erklärt, was die Angaben im Rezept zu bedeuten hatten. Er übergab ihm Schneidebretter und verschiedene Messer. Da er ein gutes Gedächtnis hatte, war Soach nach Erhalt der nötigen Informationen nicht mehr aufzuhalten. Er schnippelte das Gemüse und das Fleisch klein und füllte es in Schalen ab, damit Seto die Zutaten weiterverarbeiten konnte.

Seto bediente den Herd und andere Geräte, mit denen sich jemand aus dem Schattenreich nicht auskannte. Die beiden Männer arbeiteten größtenteils schweigend zusammen, aber durchaus effektiv. Die Kommunikation beschränkte sich auf wesentliche, zur Koordination nötige Absprachen.

Sugoroku beobachtete und half ein wenig, während er zugleich das Dessert zubereitete. Er amüsierte sich darüber, wie Soach das Kommando übernahm und Seto sich bemühte, es wieder an sich zu reißen. Doch Seto konnte nun wirklich nicht kochen, während Soach ab und zu auf Schloss Lotusblüte Essen zubereitete, keine Angst vor fremdem Gemüse hatte und selbst dann kompetent wirkte, wenn er eine Frage stellte, die jemandem aus dieser Welt dumm erschien. Er wusste sich zu verkaufen, und das konnte ihm niemand nehmen.

Nach einer halben Stunde waren Ramen mit Fleisch und Gemüse in der Brühe fertig für alle und wurden in traditionellen Portionsschälchen serviert. Nur Gandora bekam eine Obstschale voll und eine Fleischgabel sowie einen Soßenlöffel als Besteck. Kuro hatte übersetzt, dass Drachen durchaus nicht nur Fleisch essen konnten, und in seiner jetzigen Gestalt war er neugierig auf das unbekannte Gericht.

Sugoroku nahm mit hochgezogenen Augenbrauen zur Kenntnis, dass die Jungs dem Drachenmann eine Art Tunika aus einem blauen Bettbezug und einen togaähnlichen Überwurf aus einem grünen Laken gebastelt hatten. Der Gürtel bestand aus geflochtenen Stoffstreifen. Es sah nicht besonders professionell aus, aber zumindest besser als vorher, und jetzt konnte Soach auch seinen Umhang zurück haben. Kuro indessen versuchte, seinen durch ein Bettlaken zu ersetzen, was alle zum Lachen brachte. Noch lustiger waren aber seine und Soachs Bemühungen, Nudelsuppe mit Stäbchen zu essen.

Der alte Mann nahm Joey mit in die Küche, als er zuletzt sich selbst eine Portion holte. „Was isst du denn, rohes Fleisch oder willst du von den Ramen? Oder was von dem gekochten Fleisch?“ Er konnte sich einigermaßen mit dem Hund verständigen, da dieser jeweils passend bellte oder anders zu verstehen gab, ob er etwas wollte oder nicht. Schließlich einigten sie sich auf Nudeln mit Fleisch, aber ohne Gemüse und Brühe. Sugoroku gab ihm eine ausreichend große Schale mit dem Essen und eine mit Wasser.

Im Anschluss an die Ramensuppe gab es Schokopudding. Er war noch nicht richtig abgekühlt, aber das machte das Vergnügen nur umso größer. Zum allgemeinen Unglück fand Gandora den Pudding sehr lecker, so dass niemand eine zweite Portion bekam. Allerdings beklagte sich niemand.

Das gemeinsame Essen bewirkte, dass sich alle entspannten, besonders Marik. Auch Soach, der zeitweise einen etwas niedergeschlagenen Eindruck gemacht hatte, unterhielt sich gut mit den anderen und lachte auch oft. Wahrscheinlich spielte er seine gute Laune zum Teil, aber nicht alles davon konnte unecht sein. Auf jeden Fall verlief alles besser als gedacht – Sugoroku hatte schon befürchtet, dass es Probleme geben würde, weil Soach einmal der Feind gewesen war. Das wussten zweifellos auch alle noch, aber sie gaben jedem eine Chance, der sie sich redlich erarbeitete.

Danach war der Blauhäutige wegen seines verlorenen Wasabi-Wettessens mit Abwaschen dran. Dabei gingen wesentlich weniger Geschirrteile kaputt, als Yugis Großvater befürchtet hatte. Yami übernahm das Abtrocknen und Wegräumen.

Als auch das erledigt war, beratschlagte die Gruppe, wo all der Besuch schlafen sollte.

Seto war recht schnell mit einer Lösung bei der Hand. „Ich nehme Yugi und Yami mit nach Hause, dann können die Magier oben im Zimmer schlafen. Der Drache... ähm... auf dem Sofa, es lässt sich ausausklappen.“

„Warum nimmst du die drei nicht mit zu dir? Du hast doch genug Platz?“ widersprach Marik.

„Ach, sie können ruhig hier bleiben,“ warf Sugoroku ein, der sich diese Chance auf keinen Fall entgehen lassen wollte.

Ob es daran lag, dass er Soachs Geheimnis kannte, oder ob der Prinz der Eisigen Inseln einfach Seto nicht so gut leiden konnte, blieb unklar, aber er sprach sich für die Idee aus. „Ich bin damit einverstanden, hier zu bleiben. Kuro und ich können zur Not auf dem Boden schlafen.“

Kuro nickte. „Genau, das haben wir in letzter Zeit ständig gemacht.“

Da es auch nicht möglich war, die drei voneinander zu trennen, weil Kuro Gandoras Übersetzer war und Soach sich nicht von seinem Drachen trennen wollte (was auf Gegenseitigkeit beruhte), mussten entweder alle bleiben oder alle mit Seto gehen, somit wurde Setos Vorschlag stattgegeben.

Yugi und Yami mussten nicht einmal etwas einpacken, denn sie wohnten ohnehin zur Hälfte bei Seto. Sie gingen nur noch schnell etwas aufräumen.

„Ähm... was macht ihr mit dem Hund?“ fragte Marik. „Ich könnte mich um ihn kümmern... sonst hat Großvater Motou doch zu viel um die Ohren.“

Sugoroku tat so, als müsse er sich das durch den Kopf gehen lassen, beobachtete aber in Wahrheit, dass zwischen Kuro, Gandora und Joey ein gedankliches Gespräch stattfand. Zuletzt jaulte der Hund langgezogen und ließ den Kopf hängen.

Marik ging vor ihm in die Hocke. „Na was ist denn? Magst du nicht mit zu mir kommen? Du kannst auch auf dem Sofa schlafen, ganz alleine...“

Joey zögerte, doch schließlich stubste er Marik am Kinn an, was dem Blonden ein neues Lächeln ins Gesicht zauberte.

„Dann ist es abgemacht, Joey kommt mit zu mir,“ freute Marik sich.

Sugoroku hatte sich gefragt, ob das alles so eine gute Idee war, aber wenn er Marik so sah, verflogen seine Zweifel. Für den Jungen war es auf jeden Fall gut so. Vielleicht sogar für beide. Das Schicksal ging ja manchmal seltsame Wege.
 

Joey war grummelig. Seit Marik da war, benahmen sich alle seltsam ihm gegenüber. Sie hatten Marik nicht verraten, wer er war, das konnte er ja noch verstehen. Aber jetzt schoben sie ihn einfach zu dem Ägypter ab! Er hatte nicht einmal Gandora, mit dem er sich ja zumindest unterhalten konnte!

Als ebenfalls Betroffener war der Drache noch seine beste Bezugsperson. Und er konnte ebenso wenig sprechen wie Joey, weil, wie er erklärte, Drachen eigentlich vom Körper her kein Organ hatten, mit dem sie die menschliche Sprache artikulieren konnten. Dafür konnten sie brüllen, knurren und Feuer speien, oder irgendwelche anderen Strahlen ausspucken. Sie kommunizierten mit Magiern und sonstigen andersartigen Wesen durch Telepathie und hielten alle für beschränkt, die das nicht konnten.

Joey an sich hätte es vielleicht nicht geschafft, mit einem Drachen gedanklichen Kontakt aufzunehmen, aber er war empfänglich für den Kontakt von Seiten des Drachen. Diesen Zustand akzeptierte Gandora, zumal er zu den Drachen gehörte, die den Menschen recht zugetan waren, und irgendwie konnte auch Kuro ihn hören, wenn sie Gandora als Übermittler benutzten.

Seltsamerweise kam Joey in seiner neuen Gestalt ganz gut zurecht. Sein Verstand stellte allerhand Fragen, die er aber zur Seite wischte, denn was brachte es, sich den Kopf zu zerbrechen? Da war er ganz praktisch veranlagt und ließ die Menschen die Arbeit machen. Sie hatten inzwischen auch schon ganz gut analysiert, was mit ihm passiert war, und Joey verließ sich darauf, dass sie das Problem für ihn lösten. Schließlich waren ja zwei mächtige Magier da, oder? Sie konnten sogar Kontakt mit dem Schattenreich aufnehmen und weitere herbeirufen. Das sollte also nur eine Frage der Zeit sein.

Hin und wieder teilte Joey die Einstellung der Chaosmagier: Nicht fragen, sondern freuen. Nicht ewig nach dem Grund suchen, wenn in der Zeit auch das Problem beseitigt werden kann. Anders war es freilich, wenn der Grund zur Lösung nötig war, aber das war in vielen Fällen nicht so. Beispielsweise musste ja auch niemand wissen, wer Schuld hatte, Hauptsache, alles wurde wieder repariert.

Joey hatte nicht erzählt (bzw. an Gandora übermittelt), dass er sich mit Mai getroffen hatte. Das musste niemand wissen. Er hatte sich mit ihr zu einem Duell verabredet, aber eigentlich hatte er gehofft, hinterher mit ihr noch irgendwo hingehen zu können. Das beruhte leider nicht auf Gegenseitigkeit.

Mai musste wohl abgehauen sein… Joey wusste nicht einmal, wie er es bis in die Sitzreihen geschafft hatte, einige Minuten seiner Erinnerung fehlten ihm.

Zu dumm, dass jetzt doch alle Bescheid wussten. Nun ja… zumindest dachten sie wohl, es sei nur um ein Duell gegangen, damit konnte er leben. Schließlich gehörte Mai ja offiziell zum engeren Freundeskreis und es war nichts Verwerfliches daran, mit ihr Duel Monsters zu spielen.

Schön und gut, aber zurück zum Thema! Seto war es zu verdanken, dass niemand Marik Joeys Geheimnis verraten hatte. Irgendetwas hatten seine Freunde vor, Koru und Gandora sagten ihm aber nur, dass er sich nicht aufregen sollte. Sie machten ein ziemliches Geheimnis aus der Sache, hatten irgendetwas ausgeheckt, als sie zusammen in der Küche gewesen waren. Joeys Wunsch, Marik von ihm eine Botschaft zu übermitteln, war zwar von Gandora weitergeleitet, aber nicht von Kuro ausgeführt worden. Das ärgerte ihn, sie ließen ihn unwissend im Dunkeln, und nun sollte er auch noch zu Marik mitgehen!

Marik wusste doch gar nicht, dass er kein Hund war… das war unfair ihm gegenüber, denn vor einem Tier hatte man doch viel weniger Hemmungen! Aber gut… dann sah Joey eben weg, wenn es zu privat wurde.

Es war ja auch ganz offensichtlich, dass Marik sich freute. Joey wollte ihm das nicht vermiesen. Nachdem Marik das letzte Rette-die-Welt-Duell für sie alle bestritten hatte, empfand er Hochachtung für den Ägypter – wie vorher auch schon für Yugi. Joey hielt sich für keinen schlechten Duellanten, aber so ein großes, wichtiges Duell überließ er lieber den anderen und spielte den besten Freund des Helden, der sich um die rechte Hand des bösen Oberbosses kümmerte. Bei dem Gedanken flog sein Blick zu Soach und er fragte sich, ob das denn wirklich die Rolle war, die er sich wünschte.

Jemand hatte Marik die behelfsmäßige Leine übergeben und der Blonde befestigte das Seil an dem behelfsmäßigen Halsband. „Dann komm mal mit, Joey,“ strahlte er. „Wir können noch eine Runde gehen...“

„Er frisst aber kein Hundefutter... gib ihm einfach was von deinem Essen ab,“ sagte Yugi. „Wir, äh... haben das schon herausgefunden. Joey mag kein Dosenzeugs.“

Oh, danke, sehr hilfreich. Joey fragte sich ohnehin, wie er sich um die normalen Bedürfnisse seiner Person kümmern sollte... sicherlich erwartete keiner von ihm, dass er sich selbst mit der Zunge reinigte, oder? Ein Glück, dass er keine Katze geworden war...

Hundeperspektive

„War das wirklich richtig von uns?“ Yugi hatte seine Zweifel… und irgendwie war das mal wieder typisch für ihn, schalt er sich selbst, dabei hatte er sich doch vorgenommen, weniger über alles nachzudenken. Er sprach seine Bedenken aber erst aus, als Marik das Haus zu Fuß verlassen hatte. Und natürlich mit dem Hund.

„Wheeler wird sich bestimmt wohlfühlen bei Ishtar… da wird er umsorgt und gestreichelt.“ Seto grinste fies.

„Du wolltest ihn also nur ärgern,“ stellte Yugi fest.

Der Braunhaarige zuckte mit den Schultern. „Ich habe mir eigentlich nichts Besonderes dabei gedacht.“

„Du hast alle anderen angestiftet,“ beharrte sein Partner.

„Ihr fandet es doch auch alle lustig,“ verteidigte Seto sich und grinste breit.

„Naja, wir konnten deine Argumentation irgendwie nachvollziehen… auch wenn ich jetzt nicht mehr weiß, warum,“ mischte sich nun auch Yami in das Gespräch ein.

„Es war schon gemein, Joey nicht einzuweihen,“ meinte Kuro. „Er hat sich Sorgen gemacht, weil ich gar nichts mehr weitergegeben habe, was er sagen wollte.“

Großvater rieb sich den Bart. „Vielleicht hätten wir Joey doch sagen sollen, dass... ähm...“

Yugi runzelte die Stirn. „Geht es euch auch so, dass ihr euch nicht mehr so richtig erinnern könnt, was wir uns dabei gedacht haben? Wir fanden es nur irre lustig, Joey mit Marik zu schicken, ohne dass wir Marik sagen, wer der Hund ist.“

Sie saßen alle wieder in der Sofaecke und unterhielten sich, bis auf Gandora, der es stets vorzog stehenzubleiben. Er hatte nur beim Essen auf einem Stuhl gesessen, allerdings kaum auf ihn gepasst.

„Naja... kann ja nicht schaden, oder?“ überlegte Yami. „Sag mal, Kuro, hast du daran gedacht zu versuchen, ob du Joey zurückverwandeln kannst?“

„Nein... hab ich ganz vergessen...“ Nun rieb sich auch der Magier das stoppelige Kinn und sah dabei Großvater sehr ähnlich.

Was ging hier vor? Yugi war froh, dass er nicht der Einzige war, dem etwas auffiel. Als ob irgendeine Macht versuchte… ja… was eigentlich zu tun?

„Mein Prinz, hast du nicht irgendeine Erklärung dafür?“ wandte sich Kuro an seinen Begleiter.

Soach blickte zum Fenster, obwohl man dort gar nichts mehr sah, weil es schon dunkel war. „Können wir irgendwo hingehen, wo man die Sterne sehen kann?“

„Hey, hast du zugehört?“ beschwerte der Finsternismagier sich.

„Nein. Wie war die Frage nochmal?“

„Wir wundern uns, warum wir Joey mit Marik mitgeschickt haben. Vorhin war das ne tolle Idee, aber irgendwie finden wir es jetzt alle nicht mehr allzu logisch, keiner kann sich an die wirkliche Motivation erinnern,“ fasste Kuro für ihn zusammen.

Soach winkte ab, als wäre das kein Anlass zur Besorgnis. „Alles passiert aus einem bestimmten Grund, aber wir müssen ihn nicht verstehen. Was ist nun mit den Sternen?“
 

***
 

Marik ging nicht auf direktem Wege nach Hause. Das wunderte Joey, bis er begriff, dass der Blonde darauf wartete, dass der Hund sein Geschäft erledigte. Wie peinlich war das denn! Vielleicht war es doch ganz gut, dass Marik seine wahre Identität nicht kannte.

Joey konnte viel besser hören und riechen als sonst. Als Mensch hätte er gedacht, es wäre ganz ruhig in der nächtlichen Umgebung, aber in seiner jetzigen Gestalt vernahm er überall Geräusche – im Gebüsch, in der Luft, auf Dächern oder aus offenen Fenstern. Es war sehr interessant, und es verging eine Weile, bis er merkte, dass Marik sich amüsierte.

„Du bist ja ganz aufgeregt, Joey, warst du noch nie in dieser Gegend?“

Joey schaute zu ihm hoch und produzierte eine Mischung aus Jaulen und Knurren. Marik interpretierte das anscheinend als Skepsis und lachte. „Tja, ist vielleicht nicht die Supergegend, aber ganz OK. Hast du auf dem Land gelebt? Jedenfalls scheint dich dein richtiger Besitzer ja gut zu pflegen.“

Die gebräunte Hand streichelte ihn mit dem richtigen Maß an Druck und ging dazu über, den Hals und dann die Ohren zu kraulen. Dabei blieben Mensch und Hund kurz stehen. Joey erwischte sich dabei, dass er wohlig grummelte. Schnell ging er weiter und zog auch Marik mit. Nicht dass er sich noch daran gewöhnte!

An einer Häuserecke kam ihm ein Geruch in die Nase. Es roch nach Urin… allerdings nicht wie in von Menschen zweckentfremdeten Unterführungen, sondern irgendwie anders. Joey schnüffelte an der Stelle und stellte fest, dass der Geruch Assoziationen statt Ekel weckte, aber er konnte diese noch nicht deuten. Letztendlich hob er an der Stelle das Bein und pinkelte auf die anderen Duftmarken.

„So ist’s brav, guter Junge,“ sagte Marik, während sie weitergingen.

Erst da wurde Joey klar, was eben passiert war! Wäre das Fell nicht gewesen, hätte er wohl jetzt ein ganz rotes Gesicht gehabt. Mutierte er etwa zu einem von Instinkten gesteuerten Tier? Er durfte auf keinen Fall zulassen, dass er vergaß, wer er war! Am Ende fraß er noch Hundekuchen und gab Pfötchen! So weit durfte er es nicht kommen lassen, schon allein, weil Kaiba sich dann totlachen würde.

Zumindest war Marik jetzt wohl mit dem Ergebnis zufrieden und ging mit ihm nach Hause. Joey war ab und zu bei einem DVD-Abend in der Wohnung gewesen, nichts Besonderes, aber einigermaßen groß. Marik hatte damals erzählt, dass er es liebte, in der zweiten Etage zu wohnen, was vielleicht nicht verwunderlich war, wenn jemand sein Leben in Kellergeschossen verbracht hatte.

„Ich bin froh, dass du schon Abendessen hattest, ich habe nämlich gar nicht viel da,“ schwatzte der Blonde. „Rein mit dir, Joey… mein Haus ist dein Haus.“

Aus der Hundeperspektive sah die Wohnung anders aus und roch viel intensiver. Manche Geräusche musste Joey erst zuordnen, weil er sie nie wahrgenommen hatte. Marik machte ihm das Halsband ab und ließ ihn alles erkunden. Da es inzwischen schon spät war, zog er die Schuhe aus und ging ins Bad. „Bis später Joey… bell, wenn was ist…“ Bald darauf war laufendes Wasser zu hören.

Joey, nun allein zurückgeblieben, schaute sich im Wohnzimmer um. Mariks Gewinne von mehreren kleineren Motorradrallys hingen an den Wänden oder standen in den Regalen – es waren größtenteils Plaketten oder Urkunden. Auch Mariks Konsolenspiele waren von den Rennspielen beherrscht. Schnelles Fortkommen, die Kontrolle über das Fahrzeug, das war für den jungen Ägypter wichtig.

Es gab ein gerahmtes Foto vom Eröffnungstag seines Antiquitätenladens, eins im Kreis seiner Freunde, wo auch Joey drauf war, und eins zeigte ihn mit Blacky ein paar Tage, nachdem sie das schicksalhafte Duell gegen Malice und Sorc gewonnen hatten. Mariks Dueldisk und Schachteln mit Karten befanden sich auf dem Couchtisch. Er schien vor kurzem sein derzeitiges Deck überarbeitet zu haben. Hm, müsste es nicht möglich sein, Kuro anzurufen, indem sie seine Karte auf die Disk legten? Joey wusste, dass er ein Exemplar hatte. Aber diese Idee konnte er ihm wohl nicht übermitteln. Er stellte auch fest, dass die Entfernung zu groß war, um telepathischen Kontakt zu Gandora aufzunehmen, jedenfalls, wenn der Kontakt von Joey ausging. Der Drache konnte es vielleicht schaffen.

Es gab noch mehrere Bücher, für die er sich aber nicht im Einzelnen interessierte, dann schon eher für die DVDs, aber er kannte die Sammlung von seinen früheren Besuchen. Joey stieß einen Hundeseufzer aus und ging ins bisher unbekannte Schlafzimmer. Hier war es ziemlich unaufgeräumt, aber er war nicht in der Position, sich zu beschweren.

Die Wände hingen voll mit Postern von individuell getunten Motorrädern. Die Zeitschriften, aus denen sie stammten, lagen auf dem Bett, dem Nachttisch und dem Boden herum. Eine Schublade in einer Kommode stand offen. Mehr Motorradmagazine.

Mariks schmutzige Kleidung stapelte sich im Wäschekorb, ein paar Shirts und Hosen hingen in keiner erkennbaren Ordnung über einem Stuhl. Einen Korb mit sauberer Wäsche gab es auch, aber es sah ganz so aus, als würde der Besitzer sich den Zwischenschritt des Wegsortierens sparen. Dagegen war nichts einzuwenden, fast alle alleinstehenden jungen Männer lebten so. Ähem.

Vielleicht mal die Küche besichtigen? Joey machte sich gerade auf den Weg, als ihm die plötzliche Stille auffiel. Warum war es so still? Oh ja... das laufende Wasser war verstummt.

Der Hund blieb auf dem Flur stehen und starrte die Badezimmertür an. Seine feinen Ohren konnten hören, dass Marik sich in dem Raum bewegte und leise stöhnte. Ach herrje... hoffentlich war er nicht gestürzt! Er bellte einmal fragend.

„Oh... Joey...“ kam es von drinnen. „Uh... ooooh...“ Es klang seltsam gequält.

Joey kratzte an der Tür und versuchte, mit den Pfoten die Klinke herunter zu drücken. Es war nicht abgeschlossen, folglich schwang die Tür sogleich nach innen auf, und ihm kam eine Wolke aus Wasserdampf und der Geruch von Duschgel und Shampoo entgegen. Besorgt winselnd wagte er sich hinein.

Die Wohnung war modern eingerichtet und verfügte über eine Dusche. Die Plexiglasverkleidung der Kabine war durch ein eingearbeitetes Tropfenmuster etwas undurchsichtig und außerdem von innen beschlagen, aber Joey konnte erkennen, dass Marik sich an der Wand abstützte und leicht vornüber gebeugt war. Er atmete hektisch und bewegte die andere Hand im gleichen Takt... Oh.

Ach du Kacke. Joey wich etwas zurück. Offensichtlich war Marik nicht in Gefahr.

Er hätte sich wohl abwenden und voller Verlegenheit das Bad verlassen sollen... aber er tat es nicht, sondern starrte auf das beschlagene Plexiglas und sah zu. Allmählich wurde die Sicht dann auch klarer... und Joey erwischte sich bei dem Gedanken, dass es eine einmalige Gelegenheit war, einen Mann auf diese Art zu bespannen, ohne dafür gerügt zu werden. Denn wer konnte es einem Hund verübeln? Sogar in seiner jetzigen Gestalt verzogen sich seine Lippen zu einem Grinsen.

Erst Sekunden später ging ihm auf, was er da tat. Sollte er nicht wenn dann lieber mit Mai...? Aber Mai hatte ihn abblitzen lassen, und Marik war auch ganz sexy, musste er zugeben. Zu seinem Erstaunen fand er diese Gedankengänge nicht einmal verwerflich, gerade so, als wäre seine Verwandlung ein Schutzschild gegen alles. Zum Beispiel gegen übertriebene Moralvorstellungen von Menschen. Warum nicht seine Vorteile daraus ziehen? Wie praktisch wäre es wohl gewesen, wenn Mai ihn mitgenommen hätte, zu sich nach Hause, mit ins Bad, während sie in der Wanne saß...

In seiner Vorstellung wurde Mai automatisch durch Marik ersetzt, zumal jetzt ein Geruch an seine Nase driftete, den er kannte, aber als Mensch nicht so deutlich hatte wahrnehmen können. Marik seufzte erleichtert und drehte noch einmal kurz die Dusche auf.

Schließlich öffnete sich die Tür der Kabine, und der Blonde griff nach einem kleineren bereitliegenden Handtuch, das er für seine Haare brauchte. Er trat auf den Duschvorleger, während er die Hände an seinem Kopf hatte, somit konnte Joey alles unterhalb des Kopfes in seiner ganzen Pracht betrachten. Und sie waren schließlich unter Männern... also warum sollte er nicht hinsehen? Zwar erinnerte er sich, vorhin noch anders darüber gedacht zu haben, aber jetzt fand er es gar nicht peinlich. Seine Skrupel waren verflogen. Der Ägypter würde ja nie erfahren, dass er es nicht mit einem echten Hund zu tun hatte.

Als die frisch gewaschenen Haare nicht mehr trieften, hängte Marik das nasse Handtuch über eine Halterung an der Heizung und nahm sich ein Duschtuch, mit dem er kurz seinen Körper abrubbelte, bevor er es sich um die Hüften band. Er lächelte Joey an. „Oh, wann bist du denn reingekommen? Wolltest wohl nicht alleine bleiben, hm?“

Er ging breit lächelnd in die Hocke und streichelte den Hund am Kopf.

„Weißt du was? Falls ich dich behalte, muss ich dich umbenennen. Es wäre zu seltsam, wenn du weiterhin Joey heißen würdest... Wirklich zu seltsam...“ Er schaute zur Seite und biss sich auf die Lippe. Wurde er etwa rot? Warum denn?

Joey stupste ihn an und produzierte einen Ton, der fragend klingen sollte. Hoffentlich kam das auch so bei seinem Gegenüber an.

„Joey ist Yugis bester Freund...“ philosophierte Marik. „Jemand, der sein Leben für ihn aufs Spiel setzt. Dabei braucht er Joey doch jetzt gar nicht mehr... jetzt wo er Seto hat.“

Da war Joey aber ganz anderer Meinung. Gerade weil Seto Yami und Yugi um den Finger wickelte, brauchten sie beide einen Freund wie ihn. Er dehnte seine Freundschaft stets auch auf Yami aus, weil die beiden für ihn lange nicht zu unterscheiden gewesen waren und dann ja immer noch einen Körper geteilt hatten, wobei Yami die Freundschaften seines Wirts ebenfalls gepflegt hatte. Argh, vielleicht bezog sich das ja auch auf Liebschaften, und das war der Grund für diese Dreieckskiste! Joey konnte sie jedenfalls nicht einfach mit Seto allein lassen und ging dem Schnösel daher so oft wie möglich auf den Sack.

Marik putzte sich schnell die Zähne, kämmte einmal grob seine Haare und stellte in der Küche eine Schüssel mit Wasser auf den Boden. „Lass uns schlafen gehen, Joey, es sei denn, du musst nochmal raus?“

Nein, Joey war gewiss nicht scharf auf einen weiteren Spaziergang, und Marik sicher auch nicht. Also gähnte er demonstrativ und schlenderte mit dem Blonden ins Schlafzimmer, wo er gleich aufs Bett sprang und ihm beim Anziehen zusah. Er hielt sich eine Pfote vor die Augen, ohne sie wirklich zu verdecken, und Marik lachte ausgelassen darüber. Joey gefiel der Anblick von Marik, wenn er lachte. Aber das lag natürlich daran, dass er es generell bevorzugte, wenn Leute lachen konnten.

Der Ägypter zog nur ein Paar Shorts über und kroch dann in das ungemachte Bett, wobei er Joey nicht einmal wegschubsen musste. Der Hund fand einen Kompromiss zwischen Fußende und neben den Beinen, dort legte er sich gemütlich hin.

„Schlaf schön, Joey... weck mich einfach, wenn du mal musst...“

Joey machte dieses Geräusch, das wohl einen ähnlichen Sinn hatte wie das Gurren von Gandora, und schloss erschöpft die Augen. Der Tag war doch anstrengender gewesen, als ihm bisher bewusst gewesen war, denn er schlief fast sofort ein.
 

***
 

Die Sterne sahen am Meer besonders schön aus. Soach versuchte, weniger zu blinzeln, um sich länger an dem Anblick erfreuen zu können. Er stand bis zu den Waden im Wasser und starrte den Himmel an. Diese Nacht hatte keinen Mond. Das kam nur einmal in ungefähr dreißig Tagen vor, hatte Yugi ihm erklärt. Zu seinem Glück gab es auch keine Wolken. Eine Nacht wie für ihn gemacht. Alles, was jetzt noch gefehlt hätte, war ein Drache in Originalgröße, um ihn dort hinauf zu tragen. Das hatte er sich letztes Mal schon gewünscht. Aber es sollte wohl nicht sein.

Sie waren weit aus der Stadt hinaus gefahren, bis sie nicht einmal mehr die Lichter in der Ferne sehen konnten. Die Scheinwerfer des Autos waren abgeschaltet, genau wie der Motor. Soach hatte sich weit entfernt, um diesen Moment voll auszunutzen.

Durch das Licht der Sterne und den fehlenden Mond war die Nacht dunkel, aber nicht völlig schwarz. Ohnehin war Dunkelheit relativ. Soachs Augen sahen sie in all den Farben der Magie. Seine Ohren hörten das Lied der Sterne. Letzteres war natürlich eine eher poetische Aussage, aber das war nun einmal der Eindruck, den er hatte, auch wenn es wahrscheinlich eher so war, dass die Energien des Universums sich in einem akustischen Eindruck manifestierten, der von den Sternen zu kommen schien. Im Prinzip war ihm die wissenschaftliche Erklärung dahinter nicht so wichtig, so lange er dadurch ein schönes Erlebnis hatte.

Jemand kam zu ihm, deutlich zu hören durch das Platschen im Wasser und dem schweren Klang nach wahrscheinlich Gandora. Soach hoffte inständig, dass er die Gedankenverbindung zu dem Drachen zurückbekam.

Er vernahm das bekannte gurrende Geräusch. Gandora legte von hinten die Arme um ihn. Die Geste kam zögerlich, denn für ihn war sein neuer Körper noch gewöhnungsbedürftig und er probierte Dinge aus. Gleich darauf knabberte er an Soachs Ohr, so dass der Blauhäutige kichern musste. Gandora tat das manchmal, wenn er seine kleine Gestalt annahm, die gut auf seine Schulter passte, eine freundschaftliche, ja schon liebevolle Geste von einem Drachen. Manchmal brauchte es keine Worte, nicht einmal telepathische.

Er zog tief die Luft in die Lungen und ließ sie seufzend wieder entweichen. In letzter Zeit ertappte er sich ab und zu beim Zweifeln. Sein fester Glaube, dass für ihn wieder alles in Ordnung kommen würde, geriet ins Wanken. Geduld gehörte nämlich nicht zu seinen Tugenden. Erst recht nicht bei diesem Thema. Und der Verlust der Gedankenverbindung zu seinem langjährigen Drachenfreund hatte ihn schwerer getroffen, als er sich eingestehen wollte. Dabei gab es dafür mehr als eine logische Erklärung, schließlich war er durch ein Weltentor gereist.

„Gandora... ich habe mich gefragt, ob mich vielleicht ein unbewusster Wunsch hergebracht hat,“ murmelte er leise, damit es die anderen nicht hörten. „Ich hatte in letzter Zeit öfter mal die Idee, dass ich vielleicht in der Welt des Blauen Lichts leben könnte, falls... na du weißt schon.“

Der Drachenmann antwortete natürlich nicht, gab aber auch keinen Ton von sich. Allerdings spannte sich sein Körper kaum merklich ein wenig an.

Soach legte seine Hände auf die starken Arme, die ihn umschlangen. „Du willst mir die Entscheidung wohl ganz allein überlassen, mein Freund? Von dir habe ich auch nichts anderes erwartet. Aber ich könnte das Schattenreich gar nicht für immer verlassen, das weiß du doch. Ich habe nur manchmal... mit dem Gedanken gespielt.“

Deshalb war er auch dankbar für die Fügung, dass er sich jetzt davon überzeugen konnte, ob diese Welt sein Wunsch war. Die Sterne wären ein Grund... aber sie reichten nicht aus. Hätte er unter diesen Sternen leben wollen, hätte er früher einen Weg gefunden, doch nun war er an Schloss Lotusblüte gebunden. Im Prinzip wusste Soach im Moment gar nicht, was er sich wünschte... außer einer Sache natürlich, aber davon abgesehen... hatte er nicht alles gehabt, was er brauchte?

„Ich will, dass es wieder wie früher wird. Ich will der Chaoshexer von Schloss Lotusblüte sein, auf die kleinen Kinder aufpassen und Crimson mit allem unterstützen, was ich habe...“ Nachdem er es so formuliert hatte, fühlte Soach sich besser, denn er hatte sich entschieden.

Kaum waren seine Worte verklungen, kam eine kühle Brise auf, die sich schnell zu einem frischen Wind entwickelte. Er schaute wieder nach oben, und seine Augen weiteten sich: Die magischen Ströme gerieten in Aufruhr und bildeten einen Wirbel, um sich dann in lauter kleine Punkte aufzulösen und überall zu verteilen, während am Boden der Wind zu einem Sturm anwuchs. Die Meereswellen schwappten höher gegen Soachs Beine. Schon zuckte der erste Blitz über den Himmel, und fast im selben Moment war das Krachen des Donners zu hören.

„Soach! Komm ins Auto!“ rief Kuro. „Verdammt, was ist das für ein seltsamer Wetterumschwung? Da ist doch keine Wolke zu sehen!“ Der Finsternismagier kam keuchend neben ihm zum Stehen, nachdem er einige hundert Meter zu ihm gerannt war.

Gandora ließ von ihm ab und hielt Kuro auf Abstand. Soach konnte sich nicht von dem Spektakel losreißen. Erst nach fast zehn Minuten ließ er sich dazu überreden, mit den anderen zum Spieleladen zurück zu fahren. Zu dieser Zeit hatte das Unwetter besorgniserregende Ausmaße angenommen, aber Soach war einfach nur fasziniert.

Für ihn gab es keine Zufälle. Wenn also das Unwetter in dem Moment begonnen hatte, in dem er seinen Wunsch geäußert hatte, dann hatte die Magie auf ihn reagiert, so wie sie schon auf ihn reagiert hatte, um das Tor zu dieser Welt zu öffnen. Er ballte in einem Anflug von Entschlossenheit die Hände zu Fäusten, straffte die Schultern und hob das Kinn ein wenig. So. Fühlte sich gleich viel besser an.

Telekommunikation

Der Sound eines Harleymotors weckte Marik aus einem wirren Traum, den er gleich darauf vergessen hatte. Er griff nach seinem Smartphone. „Hmmm?“

„Marik! Warum gehst du nicht ran, verfickt nochmal!“

„Tu ich doch gerade, oder wie denkst du, reden wir jetzt miteinander?“

Marik mochte es, Bakura mit sprachlichen Feinheiten zu ärgern, allerdings ging der Weißhaarige darauf selten ein. Dabei arbeitete er mit Worten.

„Hast du meinen neuen Text schon fertig gelesen? Du wolltest mir bis heute früh deine Korrektur schicken!“ motzte der Gesprächspartner. „Jetzt ist es ein Uhr mittags und ich hab noch nichts gekriegt!“

Marik hangelte nach seinem Wecker. „Was? Quatsch, es ist… Moment… fünf Uhr früh…“

„Ja, in Japan, du Hirni!“

„Oh.“ Ach ja, das vergaß Marik immer. Es passierte auch oft, dass er und Bakura sich missverstanden, wenn sie Zeiten ausmachten. „Ich bin aber schon bei Sonntag. Bei dir müsste es noch Samstag sein. Also gib Ruhe und warte bis heute früh.“

„Für dich ist das doch wohl schon! Setz dich sofort an den Computer und---“

Doch Marik hörte sich Bakuras Antwort gar nicht bis zu Ende an. Vorsichtshalber schaltete er das Telefon aus, gleich nachdem er aufgelegt hatte, denn Bakura war für gewöhnlich sehr hartnäckig. Dabei sollte der Kerl mal froh sein, dass Marik seine Sachen durchlas.

Der Ägypter drehte sich wieder auf die Seite. Ihm war noch so, als hätte er irgendetwas vergessen, aber er schob den Gedanken beiseite und schloss die Augen, sehr darum bemüht, sich nicht über Bakura aufzuregen.

Im Bad ging die Klospülung.

Moment… hatte er gestern Besuch mitgenommen? Oh… natürlich! Marik war in Windeseile aus dem Bett und im Bad.

Joey schaute ihn unschuldig an und winselte, wobei er fragend den Kopf schräg legte. Mariks derzeit in Gebrauch befindliche Handtücher waren nicht mehr auf ihrem Ständer, sondern lagen auf dem Boden, und allem Anschein nach waren sie nass. Marik zählte schnell nach, aber keins fehlte – der Toilettendeckel war zu. Vielleicht hatte Joey seinem früheren Besitzer einfach abgeguckt, wie das funktionierte. Er thronte zwischen den nassen Handtüchern, als wollte er ein Lob.

Auch das Tier selbst war nass, und als Marik sich genauer umschaute, entdeckte er, dass die Dusche tropfte. Ach herrje… das war ja ein ganz gelehriges Exemplar. Der Blonde konnte sich nicht wirklich einen Reim darauf machen, was in dem Hundehirn vor sich ging, daher hob er einfach seufzend alle Handtücher auf, brachte sie in den Wäschekorb im Schlafzimmer und hängte dann neue auf.

Daran hatte er nicht gedacht. Hunde taten manchmal seltsame Dinge, die ihnen selbst vermutlich völlig logisch erschienen, ihren Besitzern aber ganz und gar nicht. Wahrscheinlich hatte er nur gespielt. Damit musste er sich arrangieren, wenn er einen eigenen haben wollte, und vor allem bei einem „gebrauchten“ war man nicht vor Überraschungen sicher.

Als Marik mit dem Aufräumen fertig war, stellte er fest, dass Joey vor seinem Bett lag und anscheinend noch weiter schlafen wollte. Marik runzelte die Stirn. Musste er denn nicht raus? Andererseits war es gut so… denn so bekamen sie beide noch etwas Schlaf. Wenigstens kroch der Hund nicht nass in sein Bett.

„Wie wär‘s, wenn wir nachher an den Stadtrand fahren, wo du genug Auslauf hast?“ fragte Marik das Tier. „Das gefällt dir bestimmt besser als die Stadt.“ Er hatte nämlich so den Eindruck, dass Joey sich gestern auf dem Spaziergang nicht recht wohlgefühlt hatte, aber das mochte daran liegen, dass er in einer neuen Umgebung war und mit einem unbekannten Menschen auskommen musste. Bestimmt konnten sie sich leichter miteinander anfreunden, wenn sie nicht so sehr auf andere Menschen achten mussten.

Joey bellte einmal leise und legte dann demonstrativ den Kopf auf seine Pfoten. Marik kroch zurück ins Bett, schlief aber erst nach einer halben Stunde noch einmal ein.
 

***
 

Um sechs klingelte das Telefon bei Sugoroku Mutou. An einem Sonntag ärgerte das den alten Mann ein bisschen, aber andererseits hatte er nicht so gut geschlafen. Das lag zum Einen an dem Gewitter, das sich erst in den sehr frühen Morgenstunden beruhigt hatte, zum anderen an dem Drachen in Menschengestalt, der so laut schnarchte, dass das Haus bebte.

Der alte Mann schaute auf das Display des kabellosen Geräts, und seine Miene hellte sich auf. „Angelus!“

„Guten Morgen, Sugoroku. Entschuldige, dass ich dich aus dem Bett klingle, aber ein gewisser Magier hier wollte nicht länger warten.“

„Huh? Welcher denn?“

„Na, der Rote.“

Sugoroku kicherte. „Hätte ich mir ja auch denken können.“ Schließlich war er genauestens über so manchen Vorgang im Schattenreich informiert – jedenfalls, soweit Lord Genesis davon Kenntnis hatte.

„Er möchte, dass du seine Karte auf die Duel Disk legst, damit er bei euch drüben erscheinen kann. Ich würde ihn ja in ein Flugzeug setzen und zu dir nach Japan schicken, aber das würde viel zu lange dauern,“ sagte der Vampir.

„Okay, das sollte wohl möglich sein, nur muss ich die Karte erst raussuchen. Die ist im anderen Schlafzimmer, und wahrscheinlich schlafen da noch alle – ich sitze ja auch gerade im Bett. Möchte er nicht lieber ans Telefon kommen?“

„Ich frag mal.“

Sugoroku hörte leise den Austausch zwischen seinem Vampirfreund und Crimson. Er hatte den Blutroten Magier, wie er ihn für sich immer nannte, noch nie persönlich getroffen, aber Yami und Yugi hatten viel von ihm erzählt, und natürlich auch Angelus, gerade im Zusammenhang mit Soach, über den sie ja ausführlich gesprochen hatten.

„Ähm… hallo? Kannst du mich hören, Sugoroku?“ erklang schließlich die neue Stimme. Sie klang ein bisschen härter als die von Dark, ansonsten aber ähnlich. Oh, da fiel ihm ein, dass er Crimsons Stimme ja doch schon einmal gehört hatte – damals im Duell, das Marik gegen seine dunkle Seite bestritten hatte.

„Klar und deutlich,“ sagte der alte Herr. Die Auslandsverbindungen waren wirklich inzwischen viel besser als noch vor einigen Jahren. „Freut mich sehr, dich persönlich sprechen zu können, Crimson.“

„Ähm… ja.“ Der eigentlich recht vorlaute Magier wirkte etwas unsicher. „Bei euch ist nicht zufällig Soach aufgetaucht? Mein Schlossherz dreht fast durch, weil es den Kontakt zu ihm verloren hat. Ich war beim Kristallschloss, um meinen Vater nach Onkel Kuro zu fragen, weil der mit Soach unterwegs war. Onkel Kuro hat anscheinend ein ähnliches Problem. Onyxenia, das ist sein Schlossherz, ist allerdings eher sauer, weil es sie ziemlich viel Energie kostet, die Bindung zu halten. Sie meint, Kuro hätte sie ja mal warnen können, dass er einen Weltensprung machen will.“

„Naja, das ist wohl nicht gerade geplant gewesen, soweit ich das verstanden habe,“ nahm Sugoroku seine Besucher in Schutz. „Aber sie sind hier, das stimmt. Samt Gandora, der eine menschlich anmutende Gestalt angenommen hat…“ Er berichtete ausführlich von den Ereignissen, wohl wissend, dass Angelus daneben stand und alles mit seinen empfindlichen Ohren hören konnte. Er erläuterte auch die Theorie, die Soach bezüglich der Gründe für die Umstände angegeben hatte.

„Bist du sicher, dass du das richtig verstanden hast?“ hakte Crimson nach, als er geendet hatte. „Ein Notfallzauber der Chaosmagie? Aber das ist unmöglich, er kann nicht---“

„Ich glaube nicht, dass es das Wort unmöglich im Vokabular eines Chaosmagiers gibt. Das zumindest hat Blacky ab und zu behauptet, als er hier war,“ warf Sugoroku ein.

„Stimmt, Blacky sagt immer, dass nichts unmöglich ist, und Soach hat das auch getan, aber das war vor der Sache mit dem Dieb. Er will es sich nicht anmerken lassen, aber er ist nicht mehr derselbe wie früher! Jeder von uns würde unter diesem Verlust leiden. Er… er war unterwegs, um eine Lösung für sich zu finden!“

Sugoroku war ein alter Mann, was den Vorteil hatte, dass er vieles gelassener sah. „Beruhige dich, Crimson,“ bat er. „Jemand wie Soach wird an diesem Problem nur wachsen. Menschen sind wie Bäume – man kann sie in Form ziehen, solange sie jung sind, oder mal einen Zweig kappen. Manchmal bricht ein Hauptast, aber jene, die das überstehen, bringen neue Zweige aus der Wunde hervor.“

Am anderen Ende der Leitung herrschte einige Sekunden Schweigen. „Das ist ein ziemlich merkwürdiges Bild,“ meinte Crimson schließlich. „Zumal Soach dann eher wie ein Baum ist, den der Blitz getroffen und verbrannt hat.“

„Das ist etwas sehr krass ausgedrückt,“ befand Sugoroku. „Es braucht seine Zeit, aber auch dieser Baum wird wieder Blüten tragen. Glaub mir – ich kann den Kampfgeist eines Mannes ungefähr einschätzen.“

„Na wenn du meinst...“ Crimson seufzte. „Ist es vielleicht möglich, dass du die drei mit so einem Flugzeug nach England schickst, damit wir durch Genesis' Weltentor zurück ins Schattenreich gehen können?“

„Ich werde mal fragen, was sie davon halten, aber ich glaube, sie werden es ablehnen.“

„Wieso das denn? Das wäre doch der einfachste Weg...“

„Manchmal ist der einfachste Weg nicht der, den jemand gehen muss. Du sagtest doch selbst, dass Soach nach einer Lösung für sich gesucht hat, nicht wahr? Etwas wurde hier in Gang gesetzt, und es muss von selbst wieder zum Stillstand kommen. Ich verstehe es nicht recht, aber ich habe so im Gefühl, dass wir es nicht stören sollten.“ Sugoroku lächelte... dann fiel ihm ein, dass Crimson das ja nicht sehen konnte. „Es ist wirklich sehr schön zu bemerken, dass du dich jetzt so gut mit Soach verstehst. Du machst dir ja ganz offensichtlich Sorgen.“

„Nun, ähm...“ Crimson wirkte verlegen, vielleicht errötete er gerade ein bisschen? „Es ist nur, weil... Ach, verdammt.“ Ein tiefer Atemzug. „Ja, du hast Recht. Soach war… wie eine Mauer, auf die ich mich stützen konnte und hinter der ich sicher war, wenn ich es wollte. Gleichzeitig musste ich niemals Angst haben, ihn in eine gefährliche Situation zu schicken. Eben weil für ihn nichts unmöglich zu sein schien.“

„Und jetzt fürchtest du um seine Sicherheit, wenn er außerhalb deines Wirkungskreises ist?“ neckte Sugoroku den Magier. „Was ist mit deinem Onkel? Nach dem fragst du ja gar nicht.“

„Das ist was ganz anderes! Onkel Kuro ist nichts Vergleichbares zugestoßen!“

„Streng genommen ist Soach aber im gleichen Alter wie er. Trau ihm zu, dass er zurechtkommt, Crimson. Er macht auf mich nicht gerade einen hilflosen Eindruck. Und ich passe schon auf die zwei Burschen auf... zusammen mit Gandora.“ Den würde er sicher beleidigen, wenn er sich anmaßte, auch auf ihn aufpassen zu wollen. Sugoroku nahm eine Bewegung in seinem Augenwinkel wahr.

Crimson lachte belustigt. „Ich mache mich wohl umsonst verrückt. Vermutlich kommt einiges davon auch von meinem Schlossherz – Cathy wird sich nicht damit abfinden, wenn ich allein zurückkehre.“

Soach trat lautlos neben den alten Mann und hob die Hand zum Zeichen, dass er auch einmal das Telefon haben wollte. Er reichte es ihm wortlos.

„Hallo, Crimson. Hier ist alles in Ordnung. Du kannst ganz beruhigt sein,“ sprach Soach mit ruhiger Stimme in das Gerät.

Sugoroku konnte Crimson jetzt nicht mehr hören, seine Ohren waren eben altersbedingt etwas schlechter als früher.

„Wir kommen bald zurück. Ein, zwei Tage dauert es aber schon noch.“ Ein Lächeln erschien auf Soachs Gesicht. „Ja, das sieht ihr ähnlich. Gib ihr einen Kuss von mir. Einen von den guten.“ Die Antwort war eindeutig amüsant, denn er fing an zu kichern. „Halt das, wie du willst. Und Cathy kriegt mich ja bald wieder. Nein, es ist kein Problem. Nur am Anfang… Crimson, ganz ruhig.“

Es entstand eine kleine Pause, in der er wohl nur zuhörte. Sugoroku musterte seinen Gast und stellte fest, dass dieser noch ziemlich zerknittert aussah, so als wäre er gerade aus dem Bett gekrochen. Die Haare waren zerzaust und die Kleidung bestand lediglich aus einer knielangen, ungefärbten Stoffhose, vermutlich Teil des Untergewands. Aber die Augen waren wach und klar, von einem glühenden Rot. Ansonsten fiel ein handtellergroßer Fleck mitten auf der Brust auf, der etwas heller war als die sonstige blaue Haut.

Sugoroku konnte keine Magie sehen, aber er nahm instinktiv Auren war, denn es war manchmal lebenswichtig für einen Spieler beziehungsweise Duellanten, seinen Gegner einschätzen zu können. Es gab hier einen deutlichen Unterschied zu gestern. Die ganze Haltung des Mannes war… aufrechter.

„Nein, du musst nicht in England bleiben,“ fuhr Soach schließlich fort. „Für Cathy ist es wahrscheinlich besser, wenn du so schnell wie möglich wieder im Schattenreich bist. Aber das überlasse ich ganz dir… nein, herkommen musst du nicht, ich weiß nicht, ob du mit uns zurückkehren kannst. Ja, dessen bin ich mir sicher. Genau. Crimson, es besteht kein Grund zur Beunruhigung. Ja, da hast du allerdings Recht – machen wir es so. Ich lasse dich jetzt nochmal mit Sugoroku reden.“

Damit bekam Yugis Großvater das Telefon zurück. „Da bin ich wieder.“

„Sugoroku! Der Kerl macht mich irre! Spielt den harten Kerl und…“

„Nein,“ unterbrach der Ältere seinen Gesprächspartner. „Du solltest ihn sehen. Nachdem wir gestern am Strand waren, um die Sterne zu besichtigen, ist er heute ein neuer Mensch.“

„Die Sterne? Ihr habt ihn die Sterne besichtigen lassen?“

„Ja… wieso?“

„Nichts… Nur, er sagte mir mal, dass er an der Welt des Blauen Lichts besonders die Sterne mag. Ich freue mich für ihn... und werde sie mir auch mal genauer ansehen. Sag mal, es soll in Japan ein unerklärliches Gewitter gegeben haben…“ Crimson führte den Satz nicht zu Ende, was automatisch eine Frage in den Raum stellte.

Sugoroku kicherte. „Ach herrje. Kam das in den Nachrichten? Tja, kann gut sein, dass die Chaosmagie dafür verantwortlich ist, obwohl das ja eigentlich unmöglich ist, nicht wahr?“

„Mach dich nicht über mich lustig.“

„Ich gehe gleich mal nachsehen, wie es dem restlichen Besuch geht. Ruft mich später wieder an, ja?“

„Uhm... na gut. Grüße Onkel Kuro von mir… und die anderen auch alle.“

„Sicher.“ Sugoroku drückte den roten Knopf und legte das Gerät zurück auf den Nachttisch. Er schlief jetzt immer in Yugis früherem Zimmer, denn nachdem sein Enkel mit einem eigenen Körper aus dem Schattenreich zurückgekehrt war, hatten die Jungs und er die Zimmer getauscht. So war dem Bedarf an Platz besser gedient und Besuch aus dem Schattenreich kam besser unter.

„In letzter Zeit benimmt sich Crimson wie eine Glucke,“ bemerkte Soach mit einem gerührten Lächeln.

„In letzter Zeit? Also seit etwa vier Monaten,“ schloss Sugoroku.

„Ja, er scheint zu denken, dass meine Welt zusammengebrochen ist.“ Soach zuckte mit den Schultern. „Das trifft es ganz gut. Aber ich überlebe. Lily wird bald unser Kind zur Welt bringen. Schon allein für meine Kinder muss ich stark bleiben. Ich gebe ihnen Halt und Sicherheit, ganz egal, wie es mir geht. So war es immer, und das werde ich nicht ändern. Es wäre gut, wenn mein Schlossherr mich darin unterstützen würde, statt an mir zu zweifeln.“

„Crimson meint es gut. Er befürchtet, dass du mehr leidest, als du zeigst.“

„Das tue ich, aber ich kenne meine Grenzen, Sugoroku. Crimson kann mir in dieser Hinsicht schon vertrauen. Vielleicht sollte ich ihn ein bisschen ärgern...“ Er rieb sich das Kinn, und ein schalkhafter Ausdruck trat auf sein Gesicht. „Kannst du für mich ein bisschen dieses Telegerät benutzen?“
 

***
 

Marik wurde gnädigerweise erst um sieben wieder angerufen, denn um diese Zeit war das Smartphone gerade seit zehn Minuten wieder an. Joey blinzelte träge vom Bett aus und hörte zu, als der Blonde den Anruf annahm. Wie er feststellte, konnte er den anderen Gesprächspartner gut hören. Es war Sugoroku, und der gab dann gleich an Soach weiter.

„Wow, du weißt, wie man das Telefon richtig benutzt,“ scherzte Marik, der sich müde im Schritt kratzte, während er versuchte, ein paar noch brauchbare Klamotten zu finden.

„Ich hab es mir bei Sugoroku abgeguckt,“ erklang Soachs Stimme aus dem Gerät. „Marik, könntest du mir wohl einen Gefallen tun und jemanden kontaktieren?“

„Ja, das wäre wohl möglich, wenn ich denjenigen kenne...“

„Ich glaube schon. Sag ihm, er soll bei Mutous anrufen. Ich erkläre ihm dann alles.“ Soach klang richtig aufgekratzt.

„Warte, ich geh an den Laptop, der muss in der Küche sein... da sind alle Telefonnummern gespeichert.“ Marik verließ das Schlafzimmer, so dass Joey den weiteren Gesprächsverlauf nicht richtig mitbekam, und er war auch zu faul zum Aufstehen, wenn er noch etwas liegen bleiben konnte. Hund zu sein hatte Vorteile.

Er hörte Marik in der Küche reden, machte sich aber auf dem Bett lang, jetzt wo er es für sich hatte. Die zerwühlten Decken waren noch ganz warm und rochen nach Marik. Seltsam. Joey brachte den Geruch automatisch mit dem Ägypter in Verbindung, dabei war er ihm noch nie zuvor bewusst aufgefallen. Aber er hatte mal gehört, dass auch Menschen unbewusst den Geruch des anderen wahrnahmen und sich deswegen manchmal buchstäblich nicht riechen konnten. Musste wohl bei Kaiba so sein.

Marik kam gar nicht wieder. Joey hatte noch etwas schlafen wollen, aber er hielt es dann doch im Bett nicht aus und ging nachsehen. In der Küche lief der Laptopcomputer mit etwas Musik, eine Datei war offen. Joey sprang neugierig auf den Stuhl.

‚Als die Helden in die Höhle vordringen, werden sie von Skeletten angegriffen, die noch blutige Fleischfetzen an den Knochen haben und Säbel schwingen. (dramatischer Kampf) Lorena wird von oben bis unten aufgeschlitzt und Kaduk, der neben ihr gestanden hat, kriegt all ihr Blut ab und sinkt schreiend auf die Knie, hält seine Geliebte fest, während sich ihre Gedärme…‘

Was war denn das für ein komischer Text?! Marik hatte in Rot als Anmerkung daneben geschrieben, dass die Beschreibung zu viele Einzelheiten enthielt. Das kam Joey auch so vor. Aha… das Dokument trug den Titel ‚Zombiegewölbe 4‘. Was auch immer… Er verzichtete auf eine weitere Lektüre und sah lieber nach, wo Marik steckte.

Der Ägypter stand im Bad vor dem Spiegel und stylte seine Haare. Das war anscheinend eine große Sache für ihn, obwohl seine Frisur Joeys Meinung nach nichts Besonderes war. Er selbst kämmte seine einfach fast jeden Morgen durch und ging alle zwei Monate zum Friseur, um sie schneiden zu lassen.

Marik achtete darauf, dass sein Scheitel gerade war und die Ponyfransen korrekt lagen. Er fixierte sie sogar mit Haargel! In dem Spiegelschrank über dem Waschbecken fanden sich Kosmetikartikel und Haarpflegemittel, wie man es normalerweise nur von Frauen kannte. Joey dachte an seine einsame Billigmarken-Duschgel-und-Shampoo-in-einem-Flasche zu Hause. Ein Rasierwasser hatte er manchmal noch, fertig.

Marik trug im Moment Jogginghosen und ein schlabberiges Shirt. In solcher Kleidung hatte Joey ihn noch nie gesehen. Er schien viel Wert auf seine äußerliche Erscheinung zu legen. Joey Nase gefiel der Geruch all der kleinen Mittelchen nicht, deshalb knurrte er vernehmlich, als Marik zum Deospray griff. Es war eins von der teureren Sorte, die waren meistens schon für Menschen gut zu riechen, und seine Hundenase nahm den Geruch schon übermäßig wahr, als lediglich der Deckel offen war.

„Huch?“ Der Blonde fuhr überrascht herum. „Joey… oh, soll ich auf das Deo verzichten, ja? Hm… hast Recht, ich bin vielleicht zu eitel. Für dich ist das bestimmt zu intensiv.“ Er beschränkte sich auf ein Anti-Transpirant, das er sich unter die Achseln strich. Es duftete nur dezent. Es gefiel Joey, dass Marik Rücksicht auf Tiere nahm… oder jedenfalls speziell auf ihn.

„Komm mit, ich mach dir was zu futtern,“ verkündete er dann. „Oder willst du erst vor die Tür?“

Nein, das wollte Joey nicht, deshalb rannte er in die Küche und bellte. Kurz darauf stand sein Gastgeber etwas ratlos vor dem mäßig gefüllten Kühlschrank und blickte abwechselnd von den Lebensmitteln zu Joey. Zuletzt rührte er etwas aus Wurst, Käse und gekochten Eiern zusammen und gab es dem Hund. Joey beäugte die Kreation skeptisch, entschied dann aber, dass man im Prinzip das Gleiche auch immer auf dem Pausensandwich hatte. Es schmeckte sogar ganz gut.

Marik war offensichtlich erleichtert. Er selbst aß Müsli und setzte sich dabei wieder an den Laptop, um den Text zu bearbeiten. Ach, das war dann wohl der, den er Bakura versprochen hatte. Na dann viel Spaß. Joey legte sich flach zu seinen Füßen unter den Tisch und wartete.
 

***
 

Die Schattenreichbewohner hatten viel Spaß im Badezimmer. Kuro war sich wage bewusst, dass sie Chaos anrichteten, aber das ging wohl nicht anders in Soachs Gegenwart. Der Typ versicherte immer wieder, dass er wusste, wie die Wasserzufuhr funktionierte, und dann passierte doch etwas anderes als gedacht. Zum Schluss hatten sie die Badewanne voll mit lauwarmem Wasser und die Bodenfliesen auch.

Gandora ließ sich gutmütig in die Wanne stecken und abschrubben. Sie testeten die Badezusätze und Körperreinigungsmittel, weil die Namen auf den Packungen ihnen nichts sagten. Dabei entstand ein Haufen Schaum. Sie freuten sich wie kleine Kinder, auch der Drachenmann.

„Man kauft das hier alles in einem Geschäft, die Leute machen fast nichts mehr selber,“ erläuterte Soach, während er aus einem Behälter ein Zeug auf seine Hand drückte, das angeblich nach Pfirsich roch. Kuro kannte keine Pfirsiche, aber es musste wohl eine Frucht sein. Er benutzte das Zeug, um es sich in die Haare zu reiben. Mehr Schaum. Aber wie er dann herausfand, brannte dieser in den Augen.

„Soach! Hilf mir und spühl mir das ab!“ rief er blind.

Soach drückte ihm einen feuchten Lappen in die Hand, mit dem er sich die Augen abwischen konnte, und bugsierte ihn mit dem Oberkörper über die Wanne, wo Gandora mit seinen großen Händen Wasser über seinen Kopf schaufelte, bis das Mittel rausgespült war.

„Warum benutzen die Leute hier sowas?“ beschwerte Kuro sich.

„Es gibt im Schattenreich auch Sachen, bei deren Benutzung man halt etwas aufpassen muss,“ entgegnete Soach.

„Gutes Stichwort.“

Alle erstarrten in ihren jeweiligen Bewegungen. Sugoroku stand in der Tür und ließ mit verärgertem Gesichtsausdruck seinen Blick schweifen.

„Ist ja toll, dass ihr euch so gut amüsiert, aber mittlerweile steht der Flur unter Wasser!“ schimpfte der alte Mann.

„Ach herrje.“ Kuro rannte aus dem Bad und fiel auf dem glatten Boden beinahe hin.

„Willst du dir nicht erst was anziehen?“ rief Sugoroku ihm nach.

Darauf konnte Kuro aber jetzt keine Rücksicht nehmen, denn das Wasser lief schon die Treppe hinunter. Außer der Männertruppe war doch eh niemand im…

„Waaaah!“

… Haus.

Kuro stand auf dem oberen Treppenabsatz, wobei seine triefenden Haare noch zur allgemeinen Katastrophe beitrugen, und starrte nach unten zu der jungen Frau, die vor Schreck die Hände vor den Mund gepresst hatte und nicht in der Lage war, den Blick von seinem Musterkörper abzuwenden.

„Ich wollte euch gerade sagen, dass Mai Valentine zu Besuch gekommen ist,“ bemerkte der Hausherr.

Hunde am Sonntag

Die Männer zogen sich eilig etwas über und trockneten notdürftig ihre Haare, nachdem Kuro das Wasser zurück in die Badewanne gezaubert hatte und alle mit Waschen fertig waren. Sugoroku wartete unten und unterhielt Mai solange.

„Ich hatte eigentlich gehofft, Joey hier zu treffen. Er geht nicht an sein Handy,“ sagte sie.

„Ach herrje… das muss oben irgendwo liegen,“ fiel es dem alten Mann ein. „Wahrscheinlich ist der Akku leer, wir haben das Klingeln nicht gehört. Er, äh… hat es hier vergessen.“

„Joey ist aber nichts zugestoßen, oder? Ist er mit den Jungs unterwegs?“ fragte Mai nach. „Wissen Sie, Herr Mutou, ich habe ihm einen Korb gegeben, und er scheint es etwas schlecht aufgefasst zu haben…“

„Dann hattest du Angst, dass er sich was antut?“

„Ja… ich habe heute früh versucht, ihn anzurufen, weil ich ein schlechtes Gewissen hatte, und jetzt mache ich mir ernsthaft Sorgen.“

Sugoroku rieb sich den Bart. „Kannst du dich an irgendwas erinnern, ich meine…“ Er konnte ja schlecht fragen, ob sie gesehen hatte, wie Joey sich in einen Hund verwandelt hatte! „Hat er sich seltsam benommen oder so?“

„Hm… ich weiß es gar nicht genau… nicht seltsamer als sonst,“ überlegte die junge, attraktive, vollbusige… äh, die junge Frau.

Sugoroku bemühte sich, den Blick von ihrer Oberweite abzuwenden, aber dadurch richtete er ihn automatisch auf ihren Rock. Mist. „Ach, soweit ich weiß, haben Yami und Yugi ihn gestern noch gesehen… dem geht es bestimmt gut…“

„Naja, ich wollte ja nur nachfragen.“

In diesem Moment kam Kuro die Treppe hinunter. Er grinste entschuldigend. „Guten Tag, meine Dame! Mai, nicht wahr?“

Sie schüttelte ihm errötend die Hand. „Ja, ähm…“

„Mein Name ist Kuro. Ich bin gestern mit meinen beiden Freunden aus dem Schattenreich angekommen.“

„Oh… ach wirklich?“ Mai schaute unsicher zu Sugoroku.

„Es stimmt, er ist der Erfahrene Dunkle Magier,“ bestätigte dieser. „Der Vater von Dark, den du ja neulich kennen gelernt hast, als er mit Blacky und Appi hier war.“

Mai nickte höflich. „Ah ja… und wer sind deine beiden Freunde?“

„Der Drache Gandora und Prinz Soach von den Eisigen Inseln – Blackys Vater.“

„Gandora hat allerdings die Gestalt eines großen Mannes angenommen,“ warf Sugoroku schnell ein.

Mai runzelte nachdenklich die Stirn. „Blackys Vater… hm… Blacky ist doch der Magier des Schwarzen Chaos, nicht?“

„Genau,“ nickte der alte Mann. „Das macht dann Blacky auch zu einem Prinzen.“

„Ah… das meine ich nicht…“ Mai schaute zur Treppe, von wo gerade auch Soach die Szene betrat. Ihre Augen weiteten sich und ihr Körper spannte sich an.

Sugoroku deutete ihr Verhalten als allgemeines Erstaunen, schließlich war der Blauhäutige schon eine ungewöhnliche Erscheinung, selbst wenn man den Sohn kannte. Die Situation war viel zu normal, als dass er sich Sorgen gemacht hätte. „Soach – Mai Valentine,“ stellte er die beiden einander vor. Dann nahm die Sache einen etwas anderen Verlauf als erwartet.
 

Soach hatte inzwischen nicht mehr mit der Reaktion gerechnet, die gegen ihn krachte, als er Mai begrüßte. „Freut mich,“ sagte er und wollte eigentlich mit einem Lächeln ihre Hand schütteln.

„Prinz Soach, ja?“ Sie schlug empört seine Hand weg. „Denk nicht, dass ich dich nicht wiedererkenne, du Scheusal!“ Wie eine Furie ging sie auf ihn los, den rechten Ellenbogen voran und auf seinen Brustkorb gerichtet.

Soach wich reflexartig aus, so dass sie an ihm vorbei stolperte, und versetzte ihr noch zusätzlich einen Schubs. Noch während sie lang hinfiel, stellte er sicher, dass sie nicht wieder hochkam: Innerhalb weniger Augenblicke kniete er halb auf ihr und hatte eine Hand in ihrem Nacken, die andere mit klauenartig gekrümmten Fingern erhoben. Das alles passierte, ohne dass er darüber nachdachte.

Hinterher wurde ihm bewusst, dass seine Reaktion vielleicht nicht dazu beitrug, Menschen von seinen guten Absichten zu überzeugen. Zum Glück war sonst nur noch Sugoroku da, denn Kuro und Gandora kannten seine Reflexe ja schon.

Mai atmete hektisch, wagte es aber offenbar nicht, sich zu bewegen. Und sie hielt den Mund.

Soach ließ zügig von ihr ab und erhob sich, verkniff sich dabei jeden Kommentar, obwohl ihm einige auf der Zunge lagen. Aber er wusste, warum sie so reagiert hatte… sie sah in ihm nur den Mann, der an der Seite von Malice gestanden hatte, während dieser nicht nur seinen Duellgegner, sondern noch diverse andere Personen gefoltert hatte, in einem Schattenspiel voller mieser Regeln. Im Prinzip konnte er froh sein, dass Yugis Truppe ihn so vorbehaltlos akzeptiert hatte.

Trotzdem entschuldigte Soach sich nicht – sie hatte ihn angegriffen, und er hatte reagiert. Seine Reflexe waren ihm von klein auf antrainiert worden. Davon abgesehen… er war nicht der nette Onkel von nebenan.

Kuro half Mai hoch. Sie ließ es sich gefallen, riss sich dann aber rigoros von ihm los. „So, das ist also einer Freunde? Ist dir klar, wer das ist?“

„Vollkommen,“ antwortete Kuro. „Ich weiß, wer er war, und ich weiß, wer er ist. Du solltest nicht so voreingenommen sein.“

„Du erwartest hoffentlich nicht von mir, dass ich mich mit ihm anfreunde? Er und Malice haben uns alle mit ihren Schattentricks terrorisiert!“ schrie Mai aufgebracht.

„Keiner kann von dir verlangen, dass du ihn von einem Moment auf den anderen magst, ich hab auch lange an meiner Meinung festgehalten und ihm das Leben schwer gemacht,“ entgegnete Kuro liebenswürdig. „Aber eigentlich ist er ganz in Ordnung.“

„Eigentlich, he?“ Mai schnaufte genervt. „Er hat mich zu Boden geworfen und mich wehrlos gemacht!“

„Selbstverteidigung,“ winkte Kuro ab. „Er macht da keine halben Sachen, und das ist in manchen Fällen auch gut so. Es ist doch im Prinzip nicht viel passiert.“

Soach fand es erstaunlich zu beobachten, wie sich Kuro für ihn ins Zeug legte. Mit ihm hatte er am Anfang auf Schloss Lotusblüte am meisten Probleme gehabt. Später hatte der Finsternismagier dann aber zugegeben, dass er nur einen Sündenbock gesucht hatte, weil er unter der Gedankenkontrolle von Malice seiner eigenen Familie geschadet hatte und damit nicht klarkam.

Mai gingen langsam aber sicher die Widerworte aus, so dass sie es schließlich dabei beließ, Soach noch einmal giftig anzuschauen und ihn dann zu ignorieren. Als Gandora noch hinzu kam, war für ausreichend Ablenkung gesorgt. Er benahm sich auch in seiner jetzigen Gestalt sehr wie ein Drache: Er saugte mit bebenden Nasenflügeln ihren Geruch ein, machte sein gurrendes Geräusch und ließ Kuro ein paar Komplimente übersetzen, die Mai ausreichend schmeichelten, um sie für ihn zu erwärmen. Alle verschwiegen ihr wohlweislich, dass er Soachs ganz persönlicher Drachenfreund war.

Als Sugoroku die Gruppe dazu aufforderte, sich doch ins Wohnzimmer zu setzen, lehnte Mai mehr oder minder höflich ab. „Danke, aber ich bin nur gekommen, um mich nach Joey zu erkundigen. Ansonsten möchte ich nicht länger als nötig mit dem da unter einem Dach sein...“ Es war klar, wen sie meinte. Soach hoffte nur, dass die anderen nun keine Minuspunkte bei ihr gesammelt hatten, weil sie ihn bei sich duldeten. Andererseits... was ging es ihn an? Das musste Mai schon akzeptieren und ihre Freunde nicht danach bewerten.

Als sie fort war, setzten sich die restlichen trotzdem ins Wohnzimmer.

„Die Jungs müssten eigentlich bald auftauchen... seit sie alle mit der Schule fertig sind, verbringen sie die Wochenenden oft bei mir, wenn auch nicht immer.“ Sugoroku verteilte Gläser und reichte Limonade in die Runde. „Bei so seltenem Besuch werden sie sich die Gelegenheit doch sicher nicht entgehen lassen... oder sie denken, dass ich sie ja dann nicht auch noch als Gesellschaft brauche, hohoho!“

„Wer weiß, was die gerade machen... wenn sie nur ansatzweise so sind wie unsere Jungen...“ murmelte Kuro. „Es ist direkt bedauerlich, dass nicht einer von ihnen eine Frau ist, dann hätten wir bestimmt schon mehrere Enkel. Aber so wie es aussieht, werde ich keine kriegen.“

„Das kann man nie wissen,“ widersprach Soach ihm. „Du bist ja auch noch nicht zu alt, um noch ein paar Kinder zu produzieren!“

„Ich soll mir wohl ein Beispiel an dir nehmen, was?“

„Würde jedenfalls die Chancen auf Enkel erhöhen, ansonsten darfst du dich nicht beschweren.“

„Wen hast du vorhin eigentlich an diesem Dingsda gesprochen, diesem...“

„Telefon.“

„Ja.“

Soach grinste hintergründig. „Sag ich nicht.“

Kuro sah aus, als platzte er vor Neugier, aber er wusste auch, dass er aus ihm nichts heraus bekam, wenn er sich in den Kopf gesetzt hatte, nichts zu sagen. Also schüttelte der Magier nur seufzend den Kopf und verstrickte Sugoroku in ein Gespräch über Enkelkinder.

Soach indessen suchte Augenkontakt mit Gandora, doch es gelang ihm noch immer nicht, die Gedankenverbindung wieder herzustellen. Vielleicht gab sich das, wenn sie wieder im Reich der Schatten waren und sein Freund seine Drachengestalt wieder hatte... nur nicht daran zweifeln.
 

***
 

Es war schon ziemlich ironisch, wie einen das Schicksal manchmal einholte: Joey saß in dem Beifahrerwagen von Mariks Motorrad und hatte eine Fliegerbrille auf und einen dünnen Schal um, was an ihm ungemein cool aussah. Allerdings hatte er sich früher immer ein bisschen über Leute lustig gemacht, die ihre Hunde so zurechtmachten. Das war jetzt wohl die Rechnung. Jedenfalls hatte er sich schon gefragt, wie Marik ihn zum Strand transportieren wollte, aber das war ja jetzt geklärt.

Der Ägypter achtete sehr darauf, dass seinem Mitreisenden nichts passierte, und war auch sichtlich froh darüber, dass die Fahrerei dem Hund nichts ausmachte. Joey bemühte sich im Gegenzug, ein guter Hund zu sein. Aber wehe, wenn er Yugi und die Sippschaft erwischte! Die hatten ihm das alles schließlich eingebrockt!

Seine Rachegedanken verflogen bald wieder, als sie ihr Ziel erreichten. Es war vielleicht etwas frisch um diese Jahreszeit, aber das Meer hatte nie so intensiv nach Salz und Algen gerochen. Begeistert stürzte er sich in die Wellen und schnüffelte auf dem nassen Sand an Tang, Muscheln und Krabben. Sogar der Wind roch nach den verschiedensten Dingen, als brächte er Andenken von weit entfernten Küsten mit. Die Geräusche waren auch viel besser zu hören: Möwen, Schiffe, Schritte in der Nähe. Und natürlich die Wellen selbst.

Als der Hund sich ein bisschen ausgetobt hatte, warf Marik einen Tennisball für ihn. Joey starrte den Blonden an, während Marik erwartungsvoll darauf hoffte, dass er hinter dem Ding her schoss. Sollte er ihm den Gefallen tun? Joey dachte darüber nach, aber er konnte sich nicht dazu überwinden. Der Ball war mit Sicherheit ganz nass und dreckig. Neee... er trabte los und fand den Ball auf einem Streifen nassen Sandes. Bellend zeigte er Marik, wo das Objekt war, aber apportieren kam nicht in Frage.

„Was denn, kennst du das Spiel nicht?“ Marik klang direkt enttäuscht und warf den Ball nochmal.

Joey setzte sich demonstrativ hin und sah in eine andere Richtung. Dafür tauchte ein kleinerer Hund aus dem Nichts auf und schnappte sich den Ball. Joey verspürte so etwas wie Besitzerehre, kämpfte dieses Gefühl aber nieder. Er würde sich nicht dazu herablassen!

Eine ältere Dame kam in Sichtweite. „Ach, entschuldigen Sie, ist das Ihr Ball, junger Mann? Maxi hat ihn sich einfach geholt, das tut mir Leid...“ Sie nahm dem kleinen Kläffer den Ball weg und reichte ihn Marik.

Dieser hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut, Maxi kann ihn behalten. Ich dachte, ich mache Joey eine Freude, aber er interessiert sich gar nicht dafür.“

Maxi rannte inzwischen um Joey herum, der aufsprang und der schnüffelnden Nase auswich. Aus irgendeinem Grund wusste er, dass das andere ein Rüde war... zumal man das auch deutlich sah, aber daran lag es nicht. Es war quasi Instinkt. Bedeutete das, dass er immer mehr zu einem Hund wurde?

Maxi versuchte, ihn am Hintern zu beschnüffeln, erkannte Joey nach einigen Sekunden. Soweit kam's noch! Joey sprang weg und schnappte nach dem Wadenbeißer.

„Ach, wie süß die miteinander spielen!“ schwärmte die Frau.

„Ich hoffe nur, sie tun sich nichts,“ murmelte Marik. „Wissen Sie, ich habe Joey nur in Pflege, deshalb kann ich sein Verhalten kaum abschätzen...“

„Oh... na, überlegen Sie denn, sich einen eigenen Hund anzuschaffen?“ fragte Maxis Besitzerin.

„Ja... insofern kommt es mir gelegen, dass ich mit ihm sozusagen etwas üben kann...“ sagte Marik nachdenklich.

Joey war noch damit beschäftigt, dem kleinen Kläffer auszuweichen, der sich mittlerweile bestimmt wie der König des Strandes vorkam, weil der größere Hund ihm wegsprang. Zum Glück trennten die beiden Menschen sich dann bald und pfiffen ihren jeweiligen Vierbeiner zu sich. In dem Fall gehorchte Joey nur zu gerne.

Maxi und sein Frauchen waren aber bei Weitem nicht die letzten Spaziergänger, die ihnen begegneten. Menschen allen Alters mit Hunden jeder Rasse waren unterwegs – unglaublich, dass nicht schon der ganze Strand zu einem Hundeklo verkommen war, aber vielleicht machten sie ja alle hinter ihren Hunden sauber...

Joey vermied es tunlichst, hier zu müssen. Er hob nur einmal das Bein an einem Wegweiser, damit Marik zufrieden war. Das war schon peinlich genug. Warum, verstand er nicht ganz... er war schließlich ein Hund, niemand würde sich etwas dabei denken. Aber wenn Marik jemals die Wahrheit herausfand, sollte er keine solchen Erinnerungen von ihm haben!

Die vielen Hunde waren ziemlich stressig. Joey wich ihnen erst aus, wie er es bei Maxi gemacht hatte, aber auf die Dauer war das zu anstrengend... und einige der anderen Köter waren echt groß! Zum Glück wurden diese meistens von ihren Besitzern an die Leine genommen.

Nach einer Weile begann er, die anderen Hunde anzukläffen, damit sie sich von ihm fern hielten, aber sie verstanden anscheinend seine Sprache nicht und wurden meistens erst recht neugierig. Joey kam zu dem Schluss, dass seine Verwandlung nicht vollständig war – zum Glück. Er sah aus wie ein Hund und hatte Sinnesorgane wie ein Hund, manchmal machte er auch etwas instinktiv, aber er verstand echte Hunde nicht. Er war also irgendwie doch noch ein Mensch, was ihn erleichterte.

Den Tag am Strand hatte er sich entspannender vorgestellt – an die Hunde hatte er nicht gedacht. So wie die Dinge lagen, war er froh, als Marik endlich zu seinem Motorrad zurückkehrte und sie den Heimweg antraten. Da war es dann auch schon fortgeschrittener Nachmittag und Joey hatte Hunger.
 

Marik hatte keine Erfahrung mit Hunden, aber was er über sie wusste, schien zu einem Großteil nicht auf Joey zuzutreffen. Er machte sich allerhand Gedanken, was dem armen Jungen wohl bei seinem richtigen Besitzer zugestoßen sein mochte und wie sein Leben wohl generell ausgesehen hatte. Anscheinend kannte er gar keine anderen Hunde. Vielleicht hatte nie jemand mit ihm Ballwerfen gespielt. Aber womöglich war das auch alles ganz normal, nur Marik wusste es nicht. Er beschloss, gleich am Montag ein Buch über Hunde zu kaufen oder sich heute noch in einem passenden Internetforum anzumelden.

Zu Hause angekommen, steckte er den sandverkrusteten Hund in die Dusche. Das wiederum ließ Joey sich gerne gefallen. Er hielt still, als Marik ihn mit Shampoo wusch und später mit einem großen Handtuch trocken rubbelte. Möglicherweise hatte er es mit einem reinen Haushund zu tun, der lediglich in der Stadt Auslauf gehabt hatte, oder er hatte weit weg von anderen Hundebesitzern gewohnt. Er kannte jedenfalls moderne Badezimmer. Vielleicht war der Besitzer ein reicher Schnösel, der weit ab vom Rest der Welt am Meer wohnte. Schließlich hatte Joey den Strand auch gemocht, aber seine Artgenossen nicht.

Es war schwierig. Marik fragte sich, ob er überhaupt der Aufgabe gewachsen war, sich um einen Hund zu kümmern. Er wollte nicht so schnell aufgeben, andererseits machte er sich vielleicht auch nur etwas vor. Denn wenn er ehrlich war, war die Idee, einen Hund zu haben, daraus entstanden, dass er sich einsam fühlte. Der Hund wäre nur ein Ersatz für...

Das Telefon klingelte. „Ishtar.“

„Hey, Marik!“ rief Yugi in den Hörer. „Wir wollen mit dem Besuch essen gehen, willst du mit?“

„Ähm... wenn ich darf?“ Das ließ er sich doch nicht entgehen... auf die Gesichter der Kellner war er schon gespannt.

„Wir holen dich in zwanzig Minuten ab!“ Yugi legte auf.

„Gute Nachrichten, Joey,“ wandte Marik sich an den Hund. „Unser Abendessen ist gesichert. Bestimmt gibt es in Domino ein Restaurant, wo Hunde bedient werden.“

Joey bellte zweimal kurz, was zustimmend klang. Marik suchte sich rasch bessere Kleidung zusammen und verschwand im Bad.
 

***
 

Seto fand es etwas problematisch, die ganze Gruppe aus dem Schattenreich und dann noch den Köter mit zum Essen zu nehmen, aber das lag nicht einmal an dem Hund. Seto kannte genug Restaurants, die mit Stolz auf die Wünsche der Gäste eingingen, die ihre Hunde mitbrachten. Aber er wollte sich nicht gerne blamieren.

Gandora hatte lediglich Kleidung aus Bettlaken, und in der Größe konnte man auch fast nichts kaufen. Nicht einmal Setos überbezahlter und deshalb sehr schnell arbeitender Lieblingsschneider konnte rechtzeitig eine Garderobe für den Drachenmann herbeizaubern, nachdem die Truppe spontan beschlossen hatte, dass sie außer Haus essen wollten. Mokuba, der sie heute ebenfalls begleitete, war da auch keine Hilfe, er unterstützte Yami und Yugi mit der Idee noch. Allerdings fand sich dann eine erstaunlich einfache Lösung.

„Illusionszauber,“ erklärte Kuro, nachdem er eine Minute lang konzentriert die Hände über Gandoras Kleidung hatte gleiten lassen. „Ich kann auch Kleidung zurechtzaubern – zum Beispiel vergrößern. Aber wir haben kein passendes Ausgangsmaterial. Und mit euren komischen Fasern kenne ich mich nicht aus.“

Seto blinzelte. Es sah so aus, als hätte der große Mann ein nettes Gewand im Mittelalter-Stil an, wie seine beiden Begleiter. „Kannst du auch seine Hautfarbe und diese... Juwelen verbergen, damit wir nicht mehr als nötig auffallen?“

„Klar...“ Kuro sorgte dafür, dass Gandora gleich darauf wie ein Profiboxer aussah, breitschultrig und riesig, aber ansonsten normal, wenn man von der voluminösen Haarpracht absah. Aber selbst die war noch normal genug – eigentlich nicht viel wuscheliger als Mokubas. Als Kuro sich dann aber zu Soach umdrehte, um bei ihm dasselbe zu machen, sah dieser ihn sehr böse an, worauf er seine Hautfarbe behalten durfte. Niemand diskutierte mit ihm darüber.

Seto beschloss bei sich, auf jeden Fall eine verborgene und möglichst dunkle Ecke in dem Restaurant auszusuchen. Ansonsten freute er sich auf den Abend – obwohl auch Wheeler dabei sein würde. Darauf war natürlich wieder Yugi gekommen. Der war viel zu gutmütig. Aber Seto sah es positiv – er konnte den Kerl den ganzen Abend ärgern! Das würde ihn dann auch davon ablenken, dass sich drei seiner Tischgenossen vermutlich wie die letzten Idioten anstellen würden. Er überlegte kurz, in ein unbekanntes Restaurant zu gehen, entschied sich dann aber doch für eins, das er kannte und wo man ihn kannte. Da stellte zumindest niemand Fragen, solange das Trinkgeld floss...

Pasta!

Kuro hatte zwar nicht Soachs Hautfarbe durch einen Illusionszauber verbergen dürfen, aber auf einen Reinigungszauber für die Kleidung hatten sie sich dann doch geeinigt. Und darauf, Soachs Haare mal ordentlich zu einem Zopf zu flechten.

Der Finsternismagier brauchte vier Versuche, ehe er die Frisur so hinbekam, wie er sich das vorstellte. „So siehst du richtig vornehm aus, eines Prinzen würdig,“ kommentierte er.

Seine Hoheit warf ihm einen schiefen Blick zu. „Ich finde es viel zu streng.“

„Ach was... wenn du die Haare so nach hinten gebunden trägst, betont das deine aristokratische Stirn.“

Soach verdrehte die Augen. „Von mir aus.“

Kuros eigenes, leicht welliges Haar reichte gerade bis auf die Schultern, so dass er es nur im Nacken zusammen band. Dann gingen sie nach unten, wo schon alle mit den Jacken über den Armen dastanden.

Yugi hatte vor einigen Minuten Marik und Joey abgeholt, weil die Wohnung des Ägypters nicht auf dem Weg lag und er Wert darauf legte, dass sie zusammen beim Restaurant ankamen. Marik ließ Joey sich noch kurz die Beine vertreten, und Seto zeigte sich erstaunlich liebenswürdig.

„Nun, Marik... wie kommst du denn mit dem Hund zurecht? Ist er auch brav, unser Joey?“ Er wuschelte dem Hund über den Kopf, bevor dieser sich ducken konnte.

Marik lächelte verlegen. „Alles in Ordnung... ich bin es nur nicht gewohnt, mich um ein Tier zu kümmern, es ist eine schöne Erfahrung.“

Als Joey Kuro sah, stürmte er auf ihn zu und sprang an ihm hoch, dann auch an Gandora. Kuro merkte, dass er versuchte, telepathische Informationen zu übermitteln, aber es waren ziemlich viele Eindrücke auf einmal, so dass er froh war, dass die Nachrichten über Gandora weitergeleitet wurden. Der Drachenmann funktionierte wie ein Dämpfer, bis der Junge in Hundegestalt sich ein bisschen beruhigt hatte.

[Warum habt ihr mich nicht hier behalten? Ich musste mit ihm gassigehen! Würdet ihr vor eurem Kumpel auf den Weg kacken? Echt mal!] beschwerte Joey sich.

[Er weiß es doch nicht,] wandte Kuro ein. [Hundebesitzer kennen das...]

[Also ob du das beurteilen könntest, bei euch ist das doch alles anders! Ich finde das voll peinlich! Hab dann bei ihm zu Hause versucht, das Klo zu benutzen, aber das war gar nicht so einfach... ich bin abgerutscht und ins Becken gefallen und musste dann alles trocken wischen und mich selbst etwas waschen... der hat bestimmt gedacht, ich wäre ein verzogener Köter!] Joey japste und winselte, als versuchte er, seine Gedanken durch Hundeworte zu unterstützen.

Kuro kraulte und tätschelte ihn, um keinen Verdacht zu erregen.

„Der scheint ja einen Narren an dir gefressen zu haben,“ stellte Marik lächelnd fest.

„Ach, das liegt sicher daran, dass wir ihn gefunden haben, als wir hier eintrafen,“ winkte der Magier ab. „Aber wir können ihn ja eh nicht behalten, weil wir bald wieder abreisen. Soach glaubt, das Weltentor wird sich in Kürze wieder öffnen... ist etwas kompliziert.“ Er sagte das vor allem auch, um Joey zu beruhigen. Der Versuch verfehlte aber ein wenig seine Wirkung.

[Ihr wollt abreisen? Und mich so lassen?!] Joey bellte und jaulte jeweils zur Hälfte, was in einem ziemlich jämmerlichen Ton endete. [Am Ende mutiere ich noch ganz zu einem Hund! Ich hebe schon automatisch das Bein, wenn es irgendwo nach Hundepisse riecht!]

[Das musst du positiv sehen... dann macht es dir zumindest nicht mehr so viel aus, ein Hund zu sein.] Kuro lächelte entschuldigend und kraulte Joey so intensiv hinterm Ohr, dass dieser nicht anders konnte, als genüsslich die Augen zu schließen und wohlige grummelnde Geräusche von sich zu geben. [Wahrscheinlich hört es von selbst auf, wenn wir weg sind.]

„Du kannst wirklich sehr gut mit Tieren umgehen,“ meinte Marik.

„Ich komme viel in der Welt herum,“ entgegnete Kuro lächelnd. „Da lernt man eine Menge über die Natur und die verschiedenen Völker... es ist nur wichtig, dadurch nicht zu viel von dem zu verpassen, was zu Hause passiert.“

„Leute, kann es dann losgehen?“ erhob Seto seine Stimme über die allgemeinen Gespräche. Er ging zur Tür und die anderen folgten brav.

[Mai war da und hat nach dir gefragt, sie hat sich wohl etwas gesorgt, aber scheinbar erinnert sie sich nicht daran, was mit dir passiert ist,] teilte Kuro Joey mit.

Der Hund gab ein fragendes Geräusch von sich.

[Sie machte sich Sorgen, weil sie dich abgewiesen hat. Wir haben ihr gesagt, dass du wohlauf bist... natürlich keine Einzelheiten,] versicherte der Magier.

Joey ließ schnaufend den Kopf hängen. Ob er enttäuscht war von dem Verlauf oder erleichtert darüber, war nicht zu erkennen, und er sagte dazu nichts mehr.
 

***
 

Soach hasste das Restaurant, gleich nachdem er eingetreten war. Er konnte nicht einmal sagen, warum er so empfand... vielleicht wegen der vornehmen Atmosphäre, die ihnen entgegenschlug. Vielleicht war er geschädigt durch seine Jugend in einem großen Schloss. Er bevorzugte Gasthäuser, in denen man locker an einem Tisch oder an der Bar saß und sich lautstark unterhielt. Hier aber waren alle Gäste schweigend mit Essen beschäftigt oder unterhielten sich ganz leise, als hätten sie etwas zu verbergen. Es war so ruhig, dass die gedämpfte Hintergrundmusik gleich auffiel. Woher die kam, war ihm nicht klar, aber in der Welt des Blauen Lichts nahm er das einfach so hin. Es musste sich um irgendeine technische Errungenschaft handeln.

Im Prinzip hatte er kein Problem damit... er war schließlich ein Meister darin, sich einer Situation anzupassen – meistens jedenfalls. Es war ihm nur unverständlich, dass die Menschen dieser Welt sich hier offenbar wohlfühlten und den ihnen zugewiesenen Tisch völlig erfreut in Beschlag nahmen. Gandora durfte an einem Ende der Tafel sitzen, weil er so breit war. Soach schnappte sich das andere Ende, bevor Seto das tun konnte. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, dem jungen Mann quasi den Herrscherplatz streitig zu machen. Dafür konnte der Braunhaarige ja dann zwischen Yami und Yugi platz nehmen. Mokuba landete links von Soach und warf ihm den ein oder anderen leicht unsicheren Blick zu. Marik, Sugoroku und Kuro saßen auf der anderen Seite – Kuro natürlich direkt zu seiner Rechten, weil er sich so vermutlich sicherer fühlte oder dachte, Soach fühlte sich dann besser. Joey bekam einen Platz in Form einer Plastikunterlage zwischen Marik und Gandora aufgebaut. Das war in diesem Etablissement anscheinend kein Problem.

Der Bedienstete kam mit der Speisekarte und entfernte sich wieder, um die Gäste in Ruhe einen Überblick über das Angebot gewinnen zu lassen. Soach war zwar nicht zum ersten Mal in der Welt des Blauen Lichts, aber es war sein erster Restaurantbesuch, und er kannte es gar nicht, dass es so eine riesige Auswahl gab. Zudem hatte er mitbekommen, dass hier italienische Speisen angeboten wurden, also Delikatessen aus einem anderen Land. Sugoroku ging hier gerne hin, weil er generell gerne Europäisch aß, und Yami schwärmte bereits von einem Dessert, das Tiramisu hieß. Faszinierend, es gab offensichtlich kein Problem damit, die entsprechenden Lebensmittel oder deren Zutaten zu beschaffen.

Es war hier genau wie im Schattenreich üblich, zunächst Getränke zu bestellen. Da Soach durchaus Wein kannte, aber nicht die Sorten aus dieser Welt, entschied er sich für einen Fruchtsaft. Er wusste auch, was Cola war – die Rare Hunter hatten es ihm bei seinem letzten Besuch gezeigt. Aber mit Fruchtsaft konnte man kaum etwas falsch machen. „Guavesaft,“ antwortete er, als er nach seinen Wünschen gefragt wurde.

Kuro nahm das gleiche. „Bist du sicher, dass du weißt, was du tust?“ flüsterte der Finsternismagier ihm zu.

„Es ist Fruchtsaft. Was soll daran schlimm sein?“ entgegnete er. „Guave klang lecker.“

Sie vertieften sich in ihre Speisekarten.

„Vielleicht sollten wir für Joey Nudeln mit Fleischbällchen bestellen,“ schlug Yugi vor.

Seto schnaubte abfällig. „Du hast wohl zu viele Kinderfilme gesehen! Eine Handvoll Küchenabfälle tut's auch!“

„Woher weißt du denn, was Hunde in Kinderfilmen essen?“ sprang Yugi auf die Provokation an. „Und sei nicht so fies. Gestern hat Joey auch Nudeln mit Fleisch gegessen, das passt schon. Oder guckt dich der Kellner dann blöd an? Wohl kaum.“

Kellner musste die Bezeichnung für den Bediensteten sein, speicherte Soach sich im Gedächtnis ab.

„Sag mal, warum hängen da schon wieder so viele Haare raus?“ Kuro steckte zwei lange Strähnchen hinter Soachs Ohr, die wohl zu kurz waren, um in dem Zopf zu bleiben.

„Lass doch... das sieht lockerer aus,“ grinste der Blauhäutige.

Der Bedienstete – der Kellner – lieferte die Getränke an den Tisch. Soach und Kuro betrachteten neugierig ihren Guavesaft. Er schmeckte angenehm tropisch, mit einer leichten fruchtigen Säure.

„Haben die Herrschaften schon gewählt?“ Der Kellner zückte einen Block samt Stift und wartete auf die Bestellungen für das Essen.

„Wir nehmen für den Hund Pasta mit Fleischklößchen – mehr Klößchen als Pasta bitte,“ riss Yami das Wort an sich, bevor Seto es tun konnte, der bereits den Mund aufgeklappt hatte. „Und für mich Gemüselasagne.“

„Pizza Hawaii,“ sagte Mokuba. „Wie wär's mit einem Vorspeisenteller für alle?“

Der Vorschlag wurde durch allgemeines Nicken und Murmeln angenommen.

„Was können Sie denn an Fischgerichten empfehlen?“ erkundigte Seto sich und verschaffte Soach und Kuro damit kurz Zeit, als der Kellner ihn beriet.

„Pizza? Das muss dieses flache, belegte Gebäck sein, das bei den Leuten hier so beliebt ist,“ informierte Soach den Magier.

„Hast du das schonmal gegessen?“ fragte Kuro aufgeregt.

„Ich glaube schon... vielleicht verwechsle ich es aber auch. Malice und ich haben damals wichtigere Sachen zu tun gehabt, als uns groß mit Essen zu befassen, aber Pizza hab ich schonmal gehört. Lass uns was Außergewöhnlicheres nehmen...“

„Canelloni Bolognese bitte,“ bestellte Yugi. „Und für meinen großen Freund hier das Rumpsteak mediterran. Eine doppelte Portion.“

„Gandora scheint sich schon irgendwie mit Yugi verständigt zu haben,“ stellte Soach fest.

Kuro nickte. „Ja, er teilt mir gerade mit, dass Yugi ihn gefragt hat, ob er ihm was bestellen soll. Oh... Gandora hat herausgefunden, dass er auch mit dem Jungen gedanklich kommunizieren kann.“

Soach seufzte, diese Information hob seine Stimmung nicht gerade. „Willst du was essen, das ohne Fleisch ist?“

„Nicht unbedingt...“ Kuro überflog hektisch noch einmal das Angebot.

„Soll ich euch behilflich sein?“ fragte Sugoroku.

Sie waren nicht zu stolz, sich helfen zu lassen, also nickten sie. Kuro wollte gern ein Stück Fleisch, da er sonst immer vegetarisch kochte. Sugoroku empfahl ihm das Putenschnitzel in Tomate-Mozzarellasauce mit Pastabeilage.

„Was ist Pasta?“ fragte Soach.

„Nudeln, ähnlich denen, die wir gestern hatten. Nur mit verschiedenen Soßen,“ informierte Yugis Großvater ihn und zeigte auf die Stelle auf der Speisekarte, wo die Pasta aufgeführt war.

Inzwischen hatte Marik eine Thunfischpizza bestellt und Sugoroku nahm Spaghetti Carbonara. Kuro deutete in der Speisekarte auf das Gericht, das sie gemeinsam für ihn ausgesucht hatten, und der Kellner schrieb mit.

Nun war nur noch Soach dran, und er hatte noch keine Entscheidung getroffen. Er war aber auch nicht bereit, einfach etwas zu bestellen, was einer der anderen genannt hatte, sondern fing an, den Kellner auszufragen.

„Ich habe noch nie Italienisch gegessen und kenne keine Pasta, aber die soll gut sein... was bitte bedeutet denn Spaghetti, Maccaroni und Rigatoni? Ah... Farfalle und Fusilli gibt es noch. Schmecken die unterschiedlich?“

Der Kellner sprach mit einem ausländischen Akzent und sah auch anders aus als die üblichen Japaner. „Spaghetti, mein Herr, sind lange dünne Nudeln, Makkaroni dagegen lang und röhrenförmig. Rigatoni sind ähnlich wie Makkaroni, aber kürzer. Farfalle sehen wie Schleifchen aus oder man sagt schmetterlingsförmig dazu, und Fusilli sind gedreht. Sie sehen anders aus, aber schmecken gleich.“

„Ach so... na dann... Bringt mir doch bitte von allem etwas und auch von jeder Soße... ich kann mich nun wirklich nicht entscheiden.“ Soach war nicht ganz sicher, ob sein Wunsch wohl mehr Arbeit bedeutete, aber darauf nahm er keine Rücksicht, schließlich konnte der Kellner ja verneinen. „Macht mir einen großen Teller mit Pasta und die Soßen extra!“

Es war wohl nicht so schlimm, denn der Kellner schrieb eifrig und lächelte. „Ich werde den Koch fragen. Sie kommen nicht aus Japan, oder?“

„Nein. Ich war auch noch nie in Italien. Ihr würdet mir einen großen Gefallen tun, wenn ich all diese Pasta kennenlernen könnte.“

„Gewiss.“ Mit einer angedeuteten Verbeugung eilte der Mann fort.

Soach blickte in die Runde und stellte fest, dass ihn alle sprachlos anstarrten, dann brach die Runde in gutmütiges Gelächter aus. Anscheinend hatte er nichts falsch gemacht und auch nichts zu Peinliches verlangt.

Das Gespräch drehte sich nun eine Weile allgemein um italienisches Essen und darum, ob blaue Haut wohl auffällig war oder nicht oder ob Kellner einfach nur geübt darin waren, ungewöhnliches Aussehen zu ignorieren. Sie einigten sich auf letzteres.

Nach knapp zehn Minuten kam der Vorspeisenteller. Genau genommen waren es zwei, damit an jedes Tischende eine Portion gestellt werden konnte.

„Der Koch schlägt vor, jede Pastasorte mit einer anderen Soße zu servieren,“ sagte der Kellner zu Soach. „Es sind beides gleich viele Sorten.“

„Klingt gut, bitte macht es so,“ nickte Soach den Vorschlag ab.

Der Mann ging dem Koch Bescheid sagen, und für die Schattenreichbewohner gab es italienische Vorspeisenvariationen, die sie neugierig probierten und sich von den anderen erklären ließen. Es gab viele eingelegte oder marinierte Dinge. Die roten Früchte namens Tomate waren in großer Zahl vertreten, ebenso wie grüne oder schwarze Oliven und ein weißer Käse, der hauptsächlich nach den Kräutern schmeckte, mit denen er zubereitet war. Es gab auch ein Körbchen mit hellem, knusprigem Brot, das ganz lecker war, aber mit Crimsons Eigenkreationen konnte es nicht mithalten.

Inzwischen musste Soach seinen ersten Eindruck von dem Restaurant revidieren... er fand es zwar immer noch zu vornehm, doch viel gemütlicher als erwartet. Sein Tisch war vermutlich der lauteste von allen, aber das interessierte ihn herzlich wenig. Von seinem Platz aus konnte er alle anderen Personen sehen und genoss diese Position.

Als sie alle Vorspeisen vertilgt hatten, holte der Kellner die Teller weg und brachte nach einer kleinen Pause die Hauptgerichte. Soachs bestand aus mehreren kleinen Tellern mit jeweils einer Portion Pasta mit unterschiedlichen Soßen. Der Kellner brachte sie so, dass er immer zwei oder drei gleichzeitig hatte, aber für mehr wäre der Platz etwas eng geworden. Das war auch ganz gut so, damit das Essen nicht kalt wurde.

„Hier haben wir die klassische Tomatensoße Napoli, und es folgen Fusilli mit Carbonarasoße...“ erklärte der Mann die jeweilige Variation.

Soach hatte Spaß dabei. Als der Guavesaft alle war, bestellte er Orange. Für eine Weile herrschte Ruhe am Tisch, bevor es ans Dessert ging.

„Ich bestelle einfach für euch mit,“ lachte Sugoroku. „Nicht dass du wieder die Küche durch Extrawünsche aufhältst, Soach.“

„Bestell einfach Tiramisu für alle, Großvater!“ rief Yami über den Tisch. „Und ich nehme noch einen Likör.“

Tiramisu wurde von allen angenommen, so dass sich Soach bald darauf mit einem Törtchen aus mehreren weichen Schichten konfrontiert sah. Die Farben reichten von Beige bis Braun und die Konsistenz varierte auch. Anscheinend bestand es zum Teil aus Gebäck und zum Teil aus einer Creme. Es schmeckte leicht alkoholisch und irgendwie etwas bitter, aber auch süß zugleich. Faszinierend.

Im Anschluss an das Dessert blieben sie aber noch sitzen – so kannte und mochte er das! Es wurde noch getratscht und gelacht und Alkohol getrunken. Kuro und Soach ließen sich einen Likör aufschwatzen, aber nur einen... dachte er jedenfalls. Als sie schließlich das Restaurant verließen, waren Gandora, Joey, Seto und Yugi die Einzigen, die noch gerade gingen. Sogar Mokuba hatte einen Schwips, was er krampfhaft zu verbergen versuchte, schließlich war er minderjährig – wenn auch in Begleitung Erziehungsberechtigter. Marik und Yami stützten sich kichernd aufeinander und Sugoroku sang mit Kuro Trinklieder, die sie sich gegenseitig beibrachten.

Soach atmete draußen die frische Luft ein und fiel fast lang hin, als die Sauerstoffzufuhr die Wirkung des Alkohols verstärkte. Er war nicht ganz sicher, ob er seine Gedanken dachte oder aussprach, daher beschränkte er sich auf eine Kernaussage: Bringt mich zu meinem Bett. Er schlief allerdings schon auf der Heimfahrt ein.
 

***
 

Marik fand nach dem fünften oder sechsten Versuch das Schlüsselloch. Seto wartete, bis er sicher in der Wohnung war, und verabschiedete sich dann. Zum Glück.

Marik ging noch kurz ins Bad. Joey hatte draußen sein Geschäft verrichtet, behauptete Yugi, also stellte Marik das nicht in Frage, schließlich hatte er dann weniger Arbeit mit dem Hund.

Der Blonde schlief fast auf dem Klo ein. Taumelnd brachte er den Weg ins Schlafzimmer hinter sich, wobei Joey sich dicht neben ihm hielt und winselnde Laute ausstieß. Marik warf einfach alle Kleidungsstücke außer Socken und Unterhose von sich und kroch unter die Bettdecke. Joey sprang zu ihm aufs Bett und stubste ihn an.

„Was denn,“ grummelte der Ägypter. „Oh... das Licht is' noch an... ich glaub', in der ganzen Wohnung... Scheiße...“

Doch Joey bellte kurz, sprang auf und schaltete alle Lichter aus. Wow! Nun war es auch im Schlafzimmer dunkel, nur die Straßenbeleuchtung schien durch die Ritzen im Rollo. Marik spürte, dass der Hund wieder auf das Bett kam.

„Du has' ja echt tolle Tricks drauf... man könnt' mein'n, du verstehst alles,“ lallte Marik. „Ich behalt' dich vielleicht echt... ist immer gut mit nem Hund, wenn man nen eigen'n Laden hat. Wegen Einbrechern und so... die überlege'n sich das dann sweimal. Aber ich nenn dich andas... Vielleicht... Mephisto. Hahaha. Das klingt ganz anders... Wie gefällt dir das?“

Joey jaulte tief in seiner Kehle.

„Nicht? Aber... Joey geht echt nich... Yugis Kumpel heißt so. An den mussich eh schon immer denken... nee, geht... nich...“ Mariks Augenlider wurden schwer.

Als er gerade am Einschlafen war, bellte Joey und weckte ihn wieder. Der Hund stubste ihn mit der Pfote an.

„Willste raus? Och nööö... Yugi war doch mit dir den Weg rauf... Joey, ich bin besoffen, du muss mich in Ruhe lass'n. Sonst... passiert noch was... Joey... ich will... ich sollte... ich sollt's Joey lieber sagen... was ich von ihm halte...“

Der Hund machte wieder das kehlige Knurrgeräusch.

Marik streckte die Hand aus und tätschelte Joeys Hals... oder Nacken, das war nicht so genau zu erkennen. „Ich find den Kerl geil, seit er... Uhm... weißich gar nich genau, aber... du kannst unmöglich so heißen, Joey... zu seltsam...“

Dieses Mal erlaubte Joey ihm einzuschlafen.
 

Als Marik nichts mehr sagte und regelmäßig atmete, sprang Joey vom Bett und rannte ins Wohnzimmer... die Küche... das Bad... schließlich stand er unschlüssig auf dem Flur und ließ sich auf den Bauch fallen. Marik fand ihn geil? Also... ihn als Mensch... nicht wahr? Oder hatte er das falsch verstanden?

Nein, Joey war sicher, dass das Mariks Worte gewesen waren, Worte, die er in nüchternem Zustand sicher nie ausgesprochen hätte. Aber er hatte schon gestern gesagt, dass er den Hund umbenennen wollte. Im Licht der neuen Information betrachtet ergab das durchaus Sinn... Joey würde auch kein Haustier haben wollen, das Mai hieß.

Aber Marik? Nun... er fand ihn durchaus sexy, aber weiter hatte er darüber noch nicht nachgedacht. Zu sehr war er hinter Mai her gewesen. Vielleicht hätte er Marik einfach schlafen lassen sollen, statt ihn wach zu halten, bis er auspackte... aber das ließ sich jetzt nicht mehr ändern und eigentlich bevorzugte Joey es auch, dass es so gekommen war. Damit wusste er wenigstens Bescheid. Aber... was fing er mit dieser Information nur an?
 

***
 

In England war es noch acht Stunden früher als in Japan und damit war für Crimson erst Nachmittag. Er trug einen roten Pullover und weiße Jeans – Kleidung, mit denen Lord Genesis ihn versorgt hatte, weil er einfach gerne Leute einkleidete. Crimson für seinen Teil bevorzugte es, wenn seine Familienjuwelen nicht ganz so eingeengt wurden, auch wenn die Hosen ihre Vorteile im Bezug auf Bewegungsfreiheit haben mochten.

Er ließ seine Haare im Wind wehen und genoss die Seeluft – Angelus hatte eine Villa an der englischen Küste. Es roch sehr nach Salz. Crimson konnte sich durch seinen Besuch hier erstmals davon überzeugen, dass die Meere dieser Welt salzig und damit kein Trinkwasser waren.

Das Haus lag ziemlich einsam, daher wurde er auch gleich aufmerksam, als sich ein Fahrzeug näherte. Er schaute kurz hin, doch der Wagen verschwand von seiner Warte aus hinter dem Gebäude, also setzte er einfach seinen Spaziergang auf den Felsklippen fort. Das Wetter war bewölkt, seit er sich hier aufhielt. Somit hatte er nur begrenzt einen Blick auf die Sterne werfen können, aber immerhin. Er glaubte zu verstehen, was Soach daran fand. Auch verstand er, warum der Vampirlord diese Gegend bevorzugte – schlicht und einfach wegen der geringeren Sonneneinstrahlung. Der Magier beachtete Angelus' Warnung und passte mit seinem hellen Haar auf, dass auch er sich nicht zu sehr der Sonne aussetzte.

Jemand kam vom Haus her auf die Klippen zu, allerdings hatte er diese Gestalt noch nie gesehen. Die Person trug einen dunkelroten Anzug – Jackett und Hose – und ein schwarzes Shirt darunter. Die dunklen Haare waren streng zurückgebunden. Crimson spazierte weiter an den Klippen entlang und blickte auf das Meer, ging aber dem Mann entgegen, da er wahrscheinlich von Angelus geschickt worden war.

Als der Fremde noch etwa zwanzig Meter entfernt war, blieb Crimson stehen und starrte ihn an. Er kannte ihn doch... jeden Moment musste es ihm einfallen. Aber wen kannte er in dieser Welt außer...

Die Entfernung schwand, und allmählich konnte er das Gesicht erkennen. Eine Hälfte war hässlich vernarbt, doch der Mann machte sich nicht die Mühe, den Bereich zu verdecken. Er blieb zwei Meter von ihm entfernt stehen.

„Hallo, Crimson.“

Der Weißhaarige bekam ganz große Augen. „Arcana.“

Drachenwochen

Soach und Kuro stießen vorsichtig mit den Gläsern an und kippten die aufgelöste Schmerztablette in einem Zug hinunter.

Sugoroku gab ihnen Toast mit Marmelade oder wahlweise Honig und dazu einen Vitamindrink. „Ein Likör, ja? Anscheinend zählt man im Schattenreich anders. In Sorten von Likören, nehme ich an.“

„Ich war's nicht, der obszöne Lieder gesungen hat,“ erwiderte Soach.

„Nein, du hast nur immer wiederholt, dass du ins Bett willst und mit wem alles,“ grinste der Alte.

„Was? Von wegen, mit wem! Als ob du dich noch an irgendwas erinnern könntest!“ verteidigte der Prinz sich.

„Ich war nicht ganz so besoffen wie ihr,“ lachte Sugoroku schadenfroh. Er wusste, dass Alkohol aus seiner Welt auf Wesen aus der anderen Welt stärker wirkte. Schließlich hatte er nicht zum ersten mal Besuch von da. Allerdings verschwieg er, dass er seine Portion Kopfschmerzmittel schon intus hatte.

Die Ladenglocke ertönte, und kurz darauf kam Yugi in die Küche. „Hallo, Großvater! Ich melde mich zur Arbeit! Soll ich schonmal aufmachen?“

„Ja, mach ruhig, wir kommen gleich, wenn die Herrschaften fertig gefrühstückt haben.“

Die Männer schienen sich quasi zum Essen zu zwingen, aber Sugoroku blieb hart. Essen war gut für sie, und davon abgesehen genoss er es, die ältere Respektsperson zu spielen bei zwei Typen, die eigentlich selber schon zu einer erfahrenen Generation gehörten.

Es war wieder Montag und damit ein Arbeitstag. Der Laden öffnete um sieben, aber schon vorher war meistens jemand anwesend. Auf diese Art konnten sie die Kinder bedienen, die gerne noch vor der Schule vorbei kamen. Es waren nicht viele und sie kauften nur Kleinigkeiten, aber diese wenigen betrachtete Sugoroku ebenso als wichtige Kunden wie jene, die nachmittags etwas Größeres kauften.

Oha... da fiel ihm etwas ein. „Sag mal, Yugi, sollten wir nicht bei Joeys Arbeitsstelle anrufen und Bescheid sagen, dass er nicht kommt?“ rief er in Richtung Laden.

„Nicht nötig – er hat den Job doch erst am Donnerstag wiedermal hingeschmissen!“ antwortete Yugi. Seine Stimme kam ziemlich leise an, wahrscheinlich kroch er gerade im Lager herum.

„Was echt?“ murmelte Sugoroku mehr zu sich selbst. „So wird aus dem Burschen nie was...“

Soach lachte. „Unterschätze nie diejenigen, die nutzlos erscheinen. Schließlich ist auch Kuro zu irgendwas gut.“

„Hey!“ Kuro boxte ihn gegen den Arm, so dass der Blauhäutige beinahe vom Stuhl kippte, sich aber dabei offensichtlich sehr amüsierte.

„Wo ist eigentlich unser Drachenfreund?“ fragte Sugoroku, das Thema wechselnd. „Den habe ich heute noch gar nicht...“

Wie auf Kommando unterbrach ihn ein ohrenbetäubendes Brüllen. Der alte Mann ließ erschrocken seine Teetasse fallen. Alle sprangen auf und stürzten nach draußen.

Gandora hockte auf dem Dach, dessen Dachziegel unter seinen Klauen splitterten. Seine Flügel standen weit von ihm ab, er schaute sich nach allen Seiten um, als wäre er nicht sicher, wo er hin sollte. Menschen unterschiedlichen Alters blieben neugierig stehen, seltsamerweise hatte niemand wirklich Angst.

Soach hob einen Arm, wie es Falkner zu tun pflegen. „Gandora!“ rief er mit fester Stimme.

Der furchterregende Kopf wandte sich ihm zu. Sugoroku, der neben dem Prinzen stand, wurde noch kleiner, als er ohnehin schon war – zu wissen, dass er es mit einem echten Drachen zu tun hatte, war schon etwas beängstigend.

Gandora stieß sich ab und riss eine Kerbe in den Dachfirst. Ziegel landeten neben der Tür des Ladens. Er stieß ein ziemlich hohes Brüllen aus und kreiste einmal über der Szenerie. Sugoroku sah schon die Schlagzeilen in der Tageszeitung.

„Kuro. Illusionszauber auf das Dach,“ sagte Soach zu dem Finsternismagier, ohne die Augen von dem Drachen abzuwenden. „Yugi. Denk dir eine logische Erklärung für die Leute aus.“

„Ist gut.“

Sugoroku drehte den Kopf und entdeckte Yugi neben sich. Er hatte gar nicht bemerkt, dass der Junge auch rausgekommen war.

Gandora kreiste wiederholt über ihnen und schrumpfte dabei rasch, bis er in der Größe eines Adlers auf Soachs Arm landete.

Yugi machte eine Handbewegung in Richtung des Drachen, und dieser wurde von einem leichten Schimmer umgeben. Dadurch wirkte er ansatzweise wie ein Hologramm. „Danke für Ihre Aufmerksamkeit!“ verkündete Yugi den Passanten, die neugierig zusahen. „Bitte sagen Sie es allen weiter: Bei Schildkröt-Games beginnen heute die Drachenwochen! Jeder Duellant, der uns seinen stärksten Drachen zeigt, bekommt zehn Prozent Rabatt auf seinen gesamten Einkauf von Duel Monsters Artikeln! Wer am Dienstag, Donnerstag oder Samstag meinen Großvater als Erster im Duell besiegen kann, gewinnt sogar noch einen Gutschein über 20000 Yen!“

Sugoroku klappte der Mund auf, aber er wagte nicht zu protestieren. Zehn Prozent? Er rechnete schnell nach... das konnten sie ohne Verluste verkraften... hoffte er wenigstens. Er musste seinen Lieferanten anrufen und Kartenpäckchen nachbestellen, außerdem Dueldisks von Kaiba... Moment, ihn im Duell besiegen? Nicht dass er sich deswegen Sorgen machte, aber damit war er dann sicher den ganzen Tag beschäftigt! Zwar brachte das wahrscheinlich großen Spaß, aber auf seine alten Tage traute er sich nicht mehr so viel Ausdauer zu. Er seufzte.

Während Yugi redete, trug Soach Gandora ins Haus. Kuro blieb neben dem Eingang stehen, und machte einen cooles Gesicht.

Sugoroku richtete sich kerzengerade auf und nickte bekräftigend, als wüsste er von alledem, was Yugi sagte. „Das ist mein Enkel... er wird einmal den Laden übernehmen, also kommt alle zu seinen ersten eigenen Aktionswochen!“

Die Menschen applaudierten. Es schien zu klappen – sie hielten das Ganze für einen Werbegag. Sugoroku winkte und sah zu, dass er ins Haus kam, während Yugi draußen noch ein paar Informationen zu seiner improvisierten Aktion weitergab. Kuro folgte ihm.

„Ich muss einen Dachdecker anrufen,“ murmelte er. „Oder könnt ihr das heile zaubern? Ist schließlich eure Schuld! Oder Gandoras... wie auch immer...“

Der Drache, den Soach inzwischen wie eine Hauskatze auf dem Arm hielt, quiekte in einem Tonfall, der sehr bedauernd klang.

„Er weiß auch nicht, warum er sich zurückverwandelt hat, es hat ihn überraschend getroffen,“ übersetzte Kuro.

„Meint ihr, Joey... ist auch...?“ begann Soach.

Sugoroku rieb sich den Bart. „Ich werde Marik anrufen...“
 

***
 

Das Smartphone ließ den Harleymotor aufjaulen. Marik griff schwerfällig nach dem Ding und hielt es sich ans Ohr. „Bakura, wenn du das wieder... oh, Sugokoku. Hallo. Ja, ich hab noch geschlafen...“

Das hatte Joey auch. Er gähnte und räkelte sich genüsslich in dem warmen Bett, aber irgendwie... irgendwie war ihm kalt. Angestrengt versuchte er zu hören, was Opa Mutou sagte, aber entweder schwieg der Mann gerade, oder seine Ohren waren schlechter geworden. Merkwürdig. Er wischte sich über den Kopf, vielleicht lag da ja was drauf. Seine Finger fuhren durch leicht verwuscheltes Haar... HAAR?

Joey riss die Augen auf und starrte auf seine Hände.

„Nein, alles in Ordnung... dem geht es...“ Marik drehte sich beiläufig zu ihm um. „...gut...“ Das Smartphone entglitt seinen Fingern. Seine Augen wurden größer als Yugis und der Mund klappte auf.

Joey hatte das Gefühl, in den Spiegel zu blicken, denn so wie Marik aussah, fühlte auch er sich. Dann blickte er an sich hinunter und seine schlimmsten Befürchtungen wurden Realität. „Ach du heilige Scheiße!“ Er schnappte sich die Bettdecke und versuchte, sich darin einzuwickeln, wobei er gleichzeitig zurückwich und an der Unterseite des schlichten Futonbettes ungebremst auf den Boden plumpste.

In Ermangelung der Decke riss Marik das Kissen an sich und bedeckte seine eigene Blöße damit – dabei hatte er ja noch seine Unterhose an. „Wa-wa-waaaaas! So besoffen war ich doch gestern auch nicht!“ schrie der Ägypter entsetzt. „Bei Hathor und Isis... was ist heute Nacht passiert?“ Er wich gegen die Wand zurück, als fühlte er sich von Joey bedroht.

Doch dieser schaute nur immer wieder seine Hände, Füße und alles andere von sich, was er derzeit erblicken konnte. Er betastete sein Gesicht. Kein Fell mehr! Endlich! Aber musste das ausgerechnet jetzt und hier passieren? Oh, er würde Yami und Yugi sowas von fertig machen, und Kaiba erst!

Oha, Marik war ja völlig aufgelöst. Der schien zu denken, dass er im betrunkenen Zustand irgendwas Dummes gemacht hatte. Joey schoss die Idee durch den Kopf, das auszunutzen und zu behaupten, dass sie eine schöne Nacht hatten... aber wie kam er nur auf sowas? Davon abgesehen benahm er sich ja selber auch ganz entsetzt, das wäre also kaum glaubwürdig gewesen. Der arme Marik hatte ja gar keinen Schimmer, er verdiente eine vernünftige Erklärung. Joey runzelte die Stirn. Wie vernünftig klang es denn, wenn er ihm erklärte, dass er gestern noch ein Hund gewesen war? Aber ihm blieb keine Wahl.

Joey setzte sich einigermaßen gemütlich zurecht, denn er traute seinen Beinen nicht. Beschwichtigend streckte er eine Hand in Richtung des blonden Ägypters aus. „Äh... ganz ruhig Mann... es ist alles gut... wir haben nichts gemacht, wirklich. Nur geschlafen. Ich kann das erklären... irgendwie...“ Er dachte fieberhaft nach – wo fing er bloß an?

Marik entspannte sich indessen ein bisschen. „Wirklich...? aber du warst gestern nicht mit beim Essen, oder?“

„Äh... doch...“ Da fiel Joey etwas auf: Er trug das Halsband noch! Es hing jetzt ziemlich lose an seinem Hals. „Hier... sieh dir das an! Ich war in einer anderen Gestalt... weil die Magier aus dem Schattenreich irgendeinen Müll fabriziert haben!

Mariks Stirn legte sich in Falten des Unglaubens. „J-Joey...?“

„Äh... ja?“

„Nein ich meine... Joey der Hund?“

„Genau!“ Joey strahlte ihn an. „Etwas war mit der Spielkarte von diesem Soach kaputt und dadurch kamen die Typen in unsere Welt und ich wurde ein Hund... hab mir die Einzelheiten nicht gemerkt, schließlich hatte ich andere Sorgen...“ Ihm gelang ein freches Grinsen, das für ihn so typisch war. „Findest du mich eigentlich wirklich geil, wie du gestern im Halbschlaf gesagt hast?“

„Das... habe ich gesagt? Oh ihr Götter!“ Marik hielt sich das Kissen vors Gesicht, dann schnell wieder vor seinen Unterleib. „Ehehehe... was man im Suff so alles sagt...“

Nun wurde Joey allerdings ziemlich ernst. „Ich glaube nicht, dass das nur Fantasien waren... vorher hast du schon immer gesagt, dass du mich... also den Hund... umbenennen musst. Hab ich zu dem Zeitpunkt nicht kapiert, aber seit gestern ist mir das klar. Ich hab... heute Nacht darüber nachgedacht...“

Marik blinzelte ihn erwartungsvoll an „Ähm... ja? Was kam dabei raus?“

Joey zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht... bin dabei eingeschlafen.“ Er rieb sich verlegen grinsend den Hinterkopf. „Aber ich bin anscheinend erst noch wieder ins Bett gekrochen...“

Marik fuhr sich mit einer zittrigen Hand durchs Haar. „Ah... okay... Was schließt du jetzt daraus?“

„Hm? Gar nichts, mir war wahrscheinlich einfach nur kalt.“ Joey sah sich um. „Meinst du, deine Klamotten passen mir? Kannst du mir was raussuchen, das du entbehren kannst?“

„Ähm... also...“ Mariks Finger verkrallten sich um die Zipfel seines Kissens und er wurde rot. Er blickte zur Seite. Zögernd stand er auf... ohne das Kissen loszulassen.

„Ey, Alter... du hast doch noch die Unterhose an, was zierst du dich so?“ neckte Joey ihn. Doch Marik stand da wie ein Bild des Jammers, und schließlich kam ihm die Erleuchtung. „Nee, oder?“

Der Ägypter ließ ganz langsam die Hände sinken und das Kissen fallen. Automatisch wanderten Joeys Augen nach unten. Der Kerl war hart wie ein Brett! Au weia! Jetzt war es an Joey, rot anzulaufen.

„Also... hast du wirklich die Wahrheit gesagt. Macht es dich etwa geil, dass ich hier mit dir im Zimmer bin?“ Er verkniff sich das Wort nackt.

„Du ahnst gar nicht, wie sehr,“ flüsterte Marik so leise, dass Joey es fast nicht hörte. Er wischte sich hektisch mit einer Hand durchs Gesicht. „Leg bloß das Halsband ab... du weißt ja nicht, auf was für Ideen mich das bringt! Ich glaub ich muss schleunigst ins Bad...“

„Warte, schließ nicht ab! Ich muss aufs Klo!“ rief Joey und hetzte hinter ihm her, so gut ihm das mit der um ihn gewickelten Bettdecke möglich war.
 

***
 

Sugoroku war ja anständig. Daher wartete er auch nur fünf Minuten oder vielleicht ein bisschen länger, bis er den Telefonhörer auflegte beziehungsweise den Knopf drückte – anscheinend beachtete keiner am anderen Ende der Leitung das Smartphone, das noch eine aktive Verbindung aufrecht hielt. Kichernd ging er in den Laden, um Yugi darüber zu informieren, dass Joey auch wieder seine normale Gestalt angenommen hatte.

Allerdings fand er nur Gandora vor, der auf den Glasvitrinen ausgestreckt war wie ein schlafendes Kätzchen. Er hütete sich aber, den Drachen als Tier zu betrachten. Gandora blinzelte, als der alte Mann vorbei ging, ließ sich aber ansonsten nicht stören.

Yugi war mit Soach vor dem Laden und half ihm, Dachziegel aufzulesen. Viele waren kaputt, aber sie füllten trotzdem alle in mehrere Eimer, die Yugi dann nach oben schweben ließ. Auf dem Dach nahm Kuro die Eimer in Empfang und puzzelte sie wieder auf die Balken. Letztere hatte er wohl schon in ihren Ursprungszustand versetzt.

„Yugi, werden die Leute sich nicht wundern?“ gab Sugoroku zu bedenken, bemerkte aber gleichzeitig, dass die wenigen Passanten dem Shop überhaupt keine Beachtung schenkten.

„Ich habe einen Ablenkungszauber um das Haus gewebt, deshalb sehen sie nichts Ungewöhnliches,“ versicherte Yugi.

Sugoroku hob anerkennend die Augenbrauen. „Wow... was du alles kannst, Yugi...“

„Ray hat es mir beigebracht. Du weißt schon, Soachs Bruder. Er ist auch Lichtmagier, deshalb verstanden wir uns gut.“

„Oh... ja, bei deinem letzten Besuch, natürlich.“ Beeindruckend. Sugoroku hatte seinen Enkel noch nie so in Aktion gesehen mit seiner Magie. Normalerweise machte Yugi immer nur Kleinigkeiten. Aber ein ganzes Haus zu verbergen, war schon eine Leistung.

„Hier ist der nächste Eimer,“ sagte Soach und hielt ihn Yugi hin.

Der Junge ließ ihn schweben und dirigierte ihn nach oben, bis Kuro den Henkel greifen konnte. „Du kannst das ruhig auch mal machen, Soach.“

„Wenn du willst, dass alle Ziegel noch in dem Eimer sind, wenn der Eimer sein Ziel erreicht, dann machst du es weiterhin,“ wiegelte Soach den Vorschlag ab. „Ich hole gleich mal einen Besen und fege die kleineren Splitter zusammen.“

Auf einmal ertönte ein bekanntes Lied aus den Radiocharts. Yugi griff in seine Hosentasche und hielt sein Smartphone ans Ohr. „Ja, Seto?“

Selbst Sugoroku, der annahm, dass er ein wenig unter Altersschwerhörigkeit litt, konnte die Stimme aus dem Gerät hören. „Sag mal was ist bei euch los? Drachen auf dem Dach? Habt ihr sie noch alle? Und was für Drachenwochen? Warum hast du das nicht mit mir besprochen?“

Yugi hielt das Telefon ein Stück von seinem Ohr weg, bis Seto verstummte. „Oh... du weißt es schon?“

„Allerdings! Ist alles auf Youtube! Sowas ist immer gleich bei Youtube, das weiß du doch! Ich schick dir einen Link!“

Das tat er, und kurz darauf drängten sich Yugi, Sugoroku und Soach um den kleinen Bildschirm, wo sie die Szene des Morgens sahen: Gandora, der verkleinert auf Soachs Arm landete, und Yugi, der die Aktionswochen ankündigte. Zum Glück war alles so verwackelt, dass keine allzu deutlichen Details zu erkennen waren. Besonders Soach war irgendwie immer unscharf. Ob das wirklich ein Zufall war?

„Au weia... da sind noch mehr Videos zu demselben Thema...“ stellte Yugi fest und wählte das nächste an. Es zeigte, wie Gandora über dem Haus flog, auf dem Dach landete und nach unten brüllte. Die Aufnahme brach dann plötzlich ab, als wäre der Akku leer gewesen.

„Was macht ihr denn da?“ rief Kuro. Er kletterte vom Dach und stand kurz darauf bei ihnen.

Einige Aufnahmen zeigten auch ihn, aber im Prinzip sah er nur aus wie ein Schauspieler in ungewöhnlicher Kleidung, und Gandora wurde anscheinend für ein Hologramm gehalten, wie man den Kommentaren entnehmen konnte. Insgesamt hatten die Videos alle eine eher schlechte Qualität und waren größtenteils von Kindern gemacht worden.

„Naja... kostenlose Werbung.“ Sugoroku nahm es leicht, was sonst? Wozu sich aufregen.

Schließlich rissen sie sich von Youtube los und sammelten die restlichen Ziegel auf. Als Soach mit dem Fegen fertig war, löste Yugi seinen Ablenkzauber auf.

Keine fünf Minuten später standen die Kunden noch vor dem Eingang Schlange. So etwas hatte Sugoroku noch nicht erlebt. Schnell verzog er sich an einen ruhigen Ort, um seine Warenbestellung von vorhin noch etwas zu ergänzen. Wenn das so weiterging, konnte er sich auf den Umsatz des Jahrhunderts freuen – auch wenn die Leute alle Rabatt bekamen.
 

Soach hätte ja seine Hilfe im Laden angeboten, wenn er sich mit den ganzen Artikeln ausgekannt hätte. Die Erfahrung wäre doch mal interessant gewesen!

So aber verzog er sich lieber auf den Dachboden und reichte dem auf dem Dach sitzenden Kuro die Ziegel an, die der Finsternismagier dann möglichst korrekt wieder einfügte. Soach stellte fest, dass er gut darin war, die Teile der zerbrochenen Ziegel korrekt zu sortieren. Die heilen hatte Kuro schon fast alle verbraucht, insofern war jetzt die richtige Bastelarbeit angesagt.

„Hat Sugoroku mit Marik gesprochen?“ fragte Kuro, sich über das Loch lehnend.

Soach hielt ihm einen Ziegel hin, der nur aus zwei Scherben bestand. „Er ist irgendwie nicht dazu gekommen, das zu erzählen. Aber ich gehe davon aus, dass auch Joey zurückverwandelt wurde.“

Kuro sprach einen Instandsetzungszauber über die Bruchstücke aus, die sich daraufhin nahtlos zusammenfügten. „Dann bedeutet das wohl, dass wir bald wieder zurückkehren. Das wird Onyxenia freuen. Ich befürchte die ganze Zeit, dass meine Verbindung zu ihr abreißt, wenn ich zu lange hier bleibe.“

„Da hätte ich dich schon gewarnt,“ versicherte Soach. Er sah die Verbindung des Mannes zu dem Schlossherz noch so deutlich wie bei ihrer Ankunft, doch sollten sie lieber nichts riskieren. „Ich dachte an heute Nacht, wenn niemand Gandora fliegen sieht. Die Nacht wird heller sein als die letzte, weil der Mond wieder zu sehen ist, aber man wird ihn einfach für eine Wolke halten. Vielleicht können wir uns ein Stück aus der Stadt raus fahren lassen.“

„Du bist schon recht vertraut mit dieser Welt, so scheint es mir,“ bemerkte Kuro. „Planst einfach diese Metallgefährte in deinen Tagesablauf ein, oder diese technischen Artefakte, mit denen man jemanden über weite Strecken erreicht...“

Soach zuckte mit den Schultern. „Ich muss nicht alles verstehen, um es für mich nutzen zu können. Komm mal hier runter, dieser Ziegel hat zu viele Einzelteile.“

Kuro kletterte durch das Loch und ließ sich vorsichtig auf die Holzbohlen fallen. „Diese Helligkeit da draußen... am liebsten würde ich einfach den Zauber auf das ganze Dach sprechen, aber das ist mir zu riskant.“

„Wovor hast du Angst? Dass das Loch noch größer wird?“ Soach grinste schief. „Du könntest mit Yugi zusammenarbeiten, er kennt sich besser mit diesen Dächern aus. Oder du lässt die Magie einfach machen.“

„Aha, so wie du das gemacht hast, als wir hier abstürzten und ---“ Kuro unterbrach sich und blinzelte stirnrunzelnd. „Wieso... hat die Magie überhaupt auf dich reagiert?“

„Weil ich sie darum gebeten habe. Das habe ich doch schon erklärt... es ist ein Zauber für Notfälle, der auch funktionieren kann, wenn der Magier all seine Kraft schon verbraucht hat oder aus sonstigen Gründen eigentlich keine Magie zur Verfügung hat. Die benötigte Magie wird aus der ganzen Umgebung gesammelt. Es passierte, als Joey meine Karte gespielt hat, also hatte der Notfallzauber sogar Zugriff auf die Magie dieser Welt.“ Nachdenklich rieb Soach sich das Kinn. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht überlegt, ich benutzte diesen Zauber instinktiv. Das Ergebnis ist wirklich ganz außergewöhnlich.“

Er stand auf und ging aus dem Weg, wobei er sich den Kopf an einem der viel zu niedrigen Balken anstieß. Sich den schmerzenden Bereich reibend setzte er sich an die Giebelwand. „So, Kuro... freie Bahn für dich.“

„Was?“ Der Finsternismagier starrte ihn entgeistert an. „Du meinst, ich soll...“

„Kuro. Du kannst es kaum schlimmer machen, als es jetzt schon ist. Und wenn doch, telekontakten wir den reichen Schnösel Kaiba und lassen ihn irgendwen herbeischaffen, der sich auf die herkömmliche Weise um das Problem kümmert.“

„Es ist zu gefährlich, da unten sind jede Menge Leute!“

Soach verdrehte die Augen. „Du bist der Schlossherr des Kristallschlosses, du kannst auf das Wissen all deiner Vorgänger zurückgreifen! Vater des berühmten Schwarzen Magiers – was sollte dich noch schocken?“ Seine Worte schienen nicht zu reichen, denn Kuro stand immer noch unsicher vor dem Loch im Dach und den Scherben der Ziegel. Also setzte Soach noch einen drauf. „Oder hast du Angst vor den großen Sachen, seit Malice in deinem Kopf rumgepfuscht hat?“

Ui, das wirkte. Er konnte eine deutliche Veränderung in Kuros Aura feststellen, die darauf hinwies, dass der Mann sich gerne wütend auf ihn stürzen wollte. Vielleicht unterließ er den Versuch nur, weil er wusste, dass Soach ihn niederringen konnte. Noch wahrscheinlicher war, dass er zugleich noch verunsicherter war – und dass seine Wut daher rührte.

Kuro atmete hörbar ein. „Ein Dach reparieren... ist keine besonders große Sache!“ zischte er. „Magie ist Magie... egal in welcher Welt!“

„Schon besser,“ nickte Soach. „Das versuche ich ja die ganze Zeit, dir zu erklären.“

„Klappe.“ Kuro nahm eine kniende Pose ein, denn auch er war groß genug, sich hier oben den Kopf anzustoßen. Er zog einen Dolch aus seinem Stiefel und malte mit der Spitze einen Kreis aus Runen um sich herum auf den Boden. Die Zeichen wurden nur leicht in das Holz geritzt, doch Soachs Augen sahen sie farbig schimmern, als die Magie auf das Ritual reagierte.

Kuro begann mit geschlossenen Augen zu murmeln und legte den Dolch vor sich, um die Finger in einer traditionellen Haltung verschränken zu können. Soach lehnte sich zurück und genoss das Schauspiel.

Der Dachziegel, den er vorhin aus Scherben zusammengesetzt hatte, verschmolz wieder zu einem Ganzen. Weitere unsortierte Scherben flogen von selbst in die richtige Konstellation und fügten sich zusammen. Magische Ströme, die ewig nicht mehr bewusst beansprucht worden waren, reagierten auf Kuros Ruf und versetzten das beschädigte Dach in seinen Ursprungszustand: Die Ziegel flogen an ihren Platz, dann schloss sich das Dämmmaterial darunter und die Holzverkleidung verbarg die Dämmung, indem sich gesplitterte Bretter wieder zusammensetzten.

Der Finsternismagier hatte die Augen geschlossen und war in einen steten Singsang der Beschwörung versunken. Als das Dach fertig war, sauste überschüssige Energie durch das restliche Haus und reparierte jeden Schaden, den sie finden konnte. Löcher von Nägeln, die nicht mehr in der Wand steckten. Risse im Putz. Einen verzogenen Türrahmen. Sprünge in Badezimmerfliesen. Zum Schluss verschwanden sogar die Runen, die Kuro in den Holzboden geritzt hatte.

Der Mann ließ die Hände neben sich sinken und atmete tief durch. „Wow... du hattest Recht, Soach...“ Er hatte einen seligen Ausdruck im Gesicht, als er sich dem Blauhäutigen zuwandte. „Sag mal, weinst du?“

Soach lachte, aber er hörte selber, dass es unecht klang. „Quatsch. Ich hab Krümel ins Auge gekriegt. Das war ein beeindruckendes Schauspiel.“ Schnell wischte er sich über die linke Wange.

Kuro öffnete den Mund, möglicherweise zu einer neckischen Bemerkung, aber Soach erfuhr es nie, denn er überlegte es sich anders und schwieg für einige Augenblicke, in denen er sein Werk betrachtete. Dann sagte er: „Danke. Ich glaube, ich brauchte wirklich einen kleinen Tritt, dabei dachte ich, ich wäre darüber hinweg.“

„Wir wissen nicht immer, ob wir über Dinge hinweg sind,“ entgegnete Soach kryptisch. „Über manches kommst du nie hinweg, aber du kannst daran wachsen.“

Kuro nickte bedächtig. „Merk dir deine eigenen Worte, Soach.“ Er kam etwas umständlich auf die Füße und passte auf, sich nicht ganz aufzurichten. „Boah... meine Beine sind ganz kribbelig... Lass uns runter gehen.“

Im Laden war noch so viel los, dass Yugi und Sugoroku höchstwahrscheinlich gar nicht mitbekommen hatten, was eben passiert war. Auch die Kunden machten einen arglosen Eindruck.

Kuro und Soach beschlossen, einen Spaziergang durch die Nachbarschaft zu machen und noch einmal kurz die Welt des Blauen Lichts zu erforschen.
 

***
 

Joey trug eine der schwarzen Cargohosen, die Marik bevorzugte, und ein rotes T-Shirt mit dem Aufdruck ,Domino Harley Festival'. Der Ägypter hatte ihm die Sachen hingelegt, während Joey geduscht hatte, und bei der Auswahl alle ärmellosen, hautengen Tops vermieden, um nicht wieder auf Ideen zu kommen. Das Ralleyshirt war ihm zu groß, denn seine richtige Größe war ausverkauft gewesen, und auch an Joey schlabberte es ein wenig.

Marik schob den Laptop zur Seite, mit dem er vergeblich versucht hatte, sich abzulenken. Er saß am Küchentisch, und Joey setzte sich einfach ungefragt dazu. Dessen Haare waren noch nass und lagen platter als sonst auf seinem Kopf.

„Ich habe nachgedacht...“ sagte der junge Mann.

Marik verspannte sich noch mehr, als er es schon war.

„Ich bin vielleicht nicht der Richtige für dich... Mai hat mich abblitzen lassen, deshalb suche ich vielleicht nur Trost... Ich weiß nichtmal, ob ich schwul bin! Also freu dich nicht zu früh... Ich hab mir überlegt, dass wir es mal miteinander versuchen können. Aber ich garantiere nicht, dass daraus was Längerfristiges wird!“

Was immer Marik erwartet hatte, das war es nicht. Er kannte Joey als einen sehr impulsiven Burschen und hatte sich immer ausgemalt, von ihm heftig zurückgewiesen zu werden, wenn er jemals über seine Gefühle zu ihm sprach. Doch jetzt saß besagter Bursche da, hatte sein Kinn auf eine Hand gestützt und starrte irgendetwas an der Seite intensiv an. Er machte keinen besonders forschen Eindruck, und Marik fand den Gesichtsausdruck unheimlich niedlich. Das sagte er aber lieber nicht laut.

„Du... willst dich auf eine Beziehung einlassen?“ hakte er vorsichtig nach. Etwas löste sich in seiner Brust, eine unterdrückte Angst. So ganz traute er dem Frieden noch nicht.

Joey zuckte mit den Schultern. „Ja... das soll es wohl heißen. Wenn dir das so recht ist... erstmal nichts für die Ewigkeit, sondern sozusagen... auf Probe.“

„Das ist mir sehr recht! Ich habe das ja kaum zu hoffen gewagt...!“ Marik merkte, wie das Angstgefühl einem breiten Grinsen auf seinem Gesicht wich.

Sie saßen für einige Sekunden wortlos da, weil keinem von beiden etwas zu sagen einfiel.

„Sollen wir Yugi anrufen?“ fragte der Ägypter schließlich. „Vorhin hat Sugoroku nach dir gefragt, aber ich kam irgendwie nicht zu einer konkreten Antwort.“ Er hatte das Smartphone später auf dem Boden gefunden... wahrscheinlich war die Verbindung beim Aufprall abgebrochen. Hoffte er.

Joey dachte kurz darüber nach. „Hm... nein. Die haben sich einen Jux daraus gemacht, mich als Hund mit dir zu schicken, ohne dir was zu sagen. Vielleicht rufe ich nach dem Mittagessen an. Das reicht noch.“

„Gutes Stichwort. Du könntest für uns einkaufen gehen,“ schlug Marik vor. So langsam musste er auch wirklich mal den Antiquitätenladen aufschließen. „Willst du etwas Müsli zum Frühstück?“

Joey nickte. Marik stellte Schüsseln auf den Tisch, dazu die Müslipackung und eine angefangene Milchtüte.

Sie aßen schweigend und spülten zusammen ab. Dann händigte Marik Joey eine Einkaufstasche und etwas Geld aus und beschrieb ihm den Weg zum nächsten Supermarkt, bevor sie gemeinsam die Treppen hinuntergingen.

Joey blieb noch kurz stehen, während Marik die Ladentür aufschloss. „Eine Frage ging mir gerade durch den Kopf.

Der Ägypter hob eine Augenbraue. „Und was?“

Joey grinste schelmisch. „Rein hypothetisch... irgendwann... würdest du wollen, das wir uns einen Hund anschaffen?“

Heimflug

Es wurde wieder telefoniert. Inzwischen konnte sich Kuro das Wort merken und auch die anderen Begriffe, die damit zu tun hatten.

Lord Genesis rief an, um Bescheid zu sagen, dass er mit Crimson ins Schattenreich zurückkehrte, weil der Magier sein Schlossherz nicht länger allein lassen wollte. Der Vampir deutete an, dass Crimson mit Soach ein paar Takte reden wollte... laut Sugoroku hatte es aber nicht so geklungen, als müsste der Prinz der Eisigen Inseln sich Sorgen machen.

Soach wurde auch kurz an das Gerät gebeten. Er machte ein ziemliches Geheimnis aus der Sache, aber Kuro ließ nicht locker.

„Sag schon... was hast du da ausgeheckt? Irgendwer ist doch da noch im Spiel!“ drängte er.

„Ich habe organisiert, dass Crimsons spezieller Freund ihn in England besucht,“ informierte Soach ihn.

„Drück dich deutlicher aus!“ Kuro war genervt von dieser Heimlichtuerei.

Schließlich ließ seine Hoheit sich zu der gewünschten Information herab: „Arcana, der Zauberer... er ist der Duellant, der immer Crimsons Karte gespielt hat. Ich fand, dass es eine gute Gelegenheit wäre, wenn die beiden sich mal treffen und aussprechen. Arcana hat sich bei mir für die Idee bedankt... er bleibt auch gleich noch in England, um sich von Fachärzten untersuchen zu lassen. Wegen seines vernarbten Gesichts, weiß du.“

„Ach, dieser Typ, von dem er immer nichts hören will... na wenn das mal gutgegangen ist...“

„Naja, scheint so. Das kann Crimson uns ja dann erzählen.“

Kuro verdrehte die Augen. „Falls er das macht. Wenn es um diesen Duellanten geht, ist er ziemlich schweigsam.“

Seto rief ab und zu an, und später am Tage kam er mit der Limousine und brachte eigenhändig mehrere Duel Disks mit, die dann im Laden verkauft werden sollten. Natürlich war Yami bei ihm. Sugoroku hatte den beiden schon erzählt, dass die Besucher abreisen wollten, also wollten sie sich verabschieden.

Auch Joey rief an und sagte, dass er wieder okay war. Er und Marik trudelten ein, als es schon dunkel wurde, denn der Antiquitätenladen hatte immer bis neunzehn Uhr auf. Der ehemalige Hund wurde überschwänglich begrüßt und ließ sich das auch gerne gefallen, aber dann klemmte er sich Yugi unter den Arm und knuffte ihn mit der Faust auf den Kopf. „Mich einfach Marik mitzugeben!“ Dasselbe wiederholte er mit Yami, dann blieb er unschlüssig vor Seto stehen, der ihn mehr als nur abweisend ansah.

Marik trat neben Joey. „Brauchst du Hilfe?“

Gemeinsam überwältigten sie auch Seto und unterzogen ihn einer ähnlichen Behandlung. Sugoroku hingegen kam mit ein paar scherzhaften Bemerkungen davon.

„Au weia... bestimmt sind wir auch gleich dran,“ murmelte Kuro, nur um festzustellen, dass Soach nicht mehr neben ihm stand. „Hey... Dieser Kerl!“

Doch gleich darauf entdeckte er den Gesuchten: Er verschwand gerade mit Sugoroku im mittlerweile geschlossenen Laden. Kuro eilte hinterher, ehe Joey ihn erwischen und für die Vorfälle verantwortlich machen konnte. Als der Magier den Laden betrat, wurde er Zeuge, wie Soach eine verpackte Dueldisk entgegennahm. Er trat neugierig näher.

„Du musst sie nicht bezahlen... es war so schön mit euch, da gebe ich sie dir gerne,“ sagte Sugoroku.

„Wenn sie ein Geschenk für mich wäre, würde ich das dankend annehmen, aber ich erwerbe sie für einen anderen. Also...“ Soach schien zu überlegen, griff an verschiedene Stellen in seiner Kleidung und zog schließlich ein kurzes Schwert aus einer versteckten Halterung an seinem Gürtel. Er reichte es Sugoroku mit dem Griff voran.

Der alte Mann hob abwehrend die Hände. „Nein, nein, das muss ein Vermögen wert sein...“ Zugleich leuchteten aber seine Augen vor Begeisterung, und als der Blauhäutige nicht von seinem Angebot zurücktrat, nahm er das Schwert ehrfürchtig an sich.

„Es ist gar nicht so unglaublich wertvoll... eher zweckmäßig,“ erklärte Soach. „Wie du siehst, ist der Griff sehr schlicht gehalten und nicht extra beschichtet, er ist lediglich mit einem Lederband umwickelt für besseren Halt und hat ansonsten die gleiche silberne Farbe wie die Klinge. Die ist allerdings extra stabil gearbeitet, damit der Benutzer damit sogar durch manche Rüstungen stoßen kann, oder durch Insektenpanzer und dicke Tierhaut. Die eingravierten Runen machen das Schwert stark gegen Unterweltler und Zombies.“

Und das nannte er nicht wertvoll? Eine Waffe von den Eisigen Inseln, getragen von einem Prinzen, war niemals Massenware. Kuro seufzte innerlich, aber ihm war auch klar, dass Soach mit seinen Worten Sugoroku ermutigen wollte, das Schwert anzunehmen. Für einen Archäologen musste die Waffe noch einen ganz besonderen Wert haben.

Damit war das Tauschgeschäft dann auch besiegelt und die Duel Disk wechselte den Eigentümer. Kuro glaubte nicht, dass Soach das Ding mit ins Schattenreich nehmen wollte, daher folgte er dem Mann zurück ins Wohnzimmer.

Aus sicherer Entfernung beobachtete er, wie Soach zu Joey ging und ihm die Duel Disk überreichte. Ob er sich dafür verantwortlich fühlte, dass Joeys alte Duel Disk kaputt gegangen war? Kuro musste lächeln, als er zusah, wie die beiden sich kurz gut gelaunt unterhielten. Dann aber nahm Soachs Gesicht einen ernsten Ausdruck an, der auch auf Joey abfärbte. Die beiden gingen zusammen vor die Tür, und der Finsternismagier spürte, dass er lieber nicht hinter ihnen her schleichen sollte.

Als alle sich im Wohnzimmer an den großen Esstisch setzten und bei einer Runde Saft einfach noch ein bisschen schwatzten und abwechselnd Gandora knuddelten, warf Kuro immer wieder nervöse Blicke zur Tür. Es dauerte gut eine halbe Stunde, bis Soach und Joey wieder zu ihnen stießen. Beide wirkten sehr ernst und Joey schien ein wenig blass zu sein, doch außer Kuro fiel es vielleicht niemandem auf, denn der Junge hatte gleich wieder ein Grinsen drauf, als er einen freien Stuhl beanspruchte und von seinen Freunden scherzhaft auf den Boden verwiesen wurde.

Kuro hatte einen Platz neben sich freigehalten. „Was hattet ihr zu bereden?“ erkundigte er sich halb besorgt und halb neugierig.

„Ich hatte den Eindruck, dass Joey eine Erklärung verdient... dafür, dass er den Chaoshexer nicht mehr spielen kann und sich als Hund durchschlagen musste. Also habe ich es ihm erzählt,“ sagte Soach.

„Was... alles?“ hakte Kuro nach. „Etwa auch... ich meine... darüber redest du doch sonst nicht!“

Soach seufzte und lächelte ansatzweise. „Naja... nicht mit jedem zumindest. Es... tat mal wieder ganz gut, das jemandem zu erzählen. Die ganze Geschichte, angefangen damit, dass der junge Bursche mit dem Diebesgut vor dem Schlosstor auftauchte.“

„Die ganze Geschichte also... ist alles in Ordnung?“

„Sicher...“

Kuro beobachtet, wie der andere den leicht traurigen Ausdruck von seinen Zügen verbannte, als ihn jemand ansprach. Seit wann sorgte er sich um den Kerl? Er benahm sich bald noch wie Crimson, wenn er nicht ganz schnell wieder damit aufhörte. Allerdings war es ja nicht verkehrt, ab und zu mal einen... Freund... nach seinem Befinden zu fragen. Aha. Sein Verstand nahm Soach jetzt als Freund wahr. Na großartig.

Sie saßen noch eine Weile mit den Duellanten am Tisch und amüsierten sich, aber allzu lange wollten sie die Gruppe nicht mehr vom Schlafen abhalten, denn soweit sie es mitbekommen hatten, mussten die meisten früh aufstehen.
 

Und so verabschiedeten sie sich gegen Mitternacht herzlich von allen und quetschten sich mit Joey auf die Rückbank des kleinen aquablauen Autos. Der Blonde wollte nämlich unbedingt mitfahren.

Das gleiche galt für Sugoroku, der auf dem Beifahrersitz Platz nahm und es sich nicht nehmen ließ, Gandora auf dem Schoß zu halten. Yugi fuhr den Wagen. Yami wollte auch gerne mit, ließ aber dem Großvater den Vortritt.

Sie hatten sich im Laufe des Abends darauf geeinigt, vom Stadion aus abzufliegen, um der ganzen Sache einen runden Abschluss zu geben. Außerdem war der Weg nicht so weit wie zum Stadtrand. Nun, da die Abreise unmittelbar bevorstand, erwischte Kuro sich dabei, dass er gerne diese Welt als Wanderer erkundet hätte.

Die Fahrt kam ihm viel kürzer vor als bei seiner Ankunft. Schon standen sie vor dem leeren Stadion und fanden keinen Grund mehr, um die Sache noch aufzuschieben. Kuro knackte das Schloss des vergitterten Eingangstores mit etwas Magie, während seine Freunde mit ihren Körpern die Sicht auf ihn verdeckten. Sie schlichen sich schnell ins Innere, als gerade niemand hinsah.

Hier hatten Soach und Kuro den großen Vorteil, dass sie im Dunkeln gut sehen konnten. Yugi erschuf eine schwache Lichtkugel, als sie sich etwas vom Eingang entfernt hatten. Ungefähr in der Mitte blieben sie stehen und ließen Gandora ausreichend Abstand zwischen sich und die Gruppe bringen, ehe er sich zu seiner wahren Größe zurückverwandelte.

„Besucht uns mal wieder,“ sagte Sugoroku mit seltsam emotionaler Stimme. „Ihr wisst ja, dass Lord Genesis ein Weltentor hat, es muss also nicht immer so ein Zauberding sein.“

„Bestimmt können wir es mal einrichten,“ versprach Kuro. „Viel Erfolg morgen, Sugoroku.“

„Ach du liebe Zeit!“ rief der Alte. „Ich habe ja ganz vergessen, mein Deck zu überarbeiten! Dabei hat Yugi mir ja morgen einen Duelltag eingebrockt! Ach herrje, ach herrjeeee!“

Die Gruppe lachte, schließlich wussten sie alle, dass jeder wahre Duellant stets ein einsatzbereites Deck hatte.

Gandora senkte seinen Kopf zu ihnen und stieß jeden der Zurückbleibenden noch einmal gurrend an. Für Soach und Kuro gab es noch eine Runde sentimentale Umarmungen. Dann aber kletterten sie auf den Rücken des Drachen und riefen noch ein paar Worte des Abschieds, bevor Gandora sich abstieß und mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft schraubte.

Es waren ein paar Wolken am Himmel, aber sie stiegen problemlos höher und starrten ins Firmament. Unten leuchteten die Lichter der Stadt wie ein zweiter Sternenhimmel.

„Ist schon klasse, was?“ murmelte Kuro. „Und was haben wir jetzt erreicht?“

„Du meinst, welches Ziel der Notfallzauber verfolgt hat? Ich glaube, es waren mehrere Dinge...“ Soach schwieg einen Moment, in dem er wahrscheinlich die Punkte in Gedanken zusammenstellte. „Erstmal haben wir etwas Abwechslung in den Alltag einiger Leute gebracht. Sugorokus Geschäft wurde angekurbelt. Du hast erkannt, dass du aufhören kannst, dir aufwendigere Zauber zu verkneifen, weil niemand mehr in deinem Hirn ist, der dich zu Gewalttaten verleitet. Crimson konnte mit Arcana sprechen. Und natürlich Joey. Durch seine Verwandlung hat er erfahren, dass Marik auf ihn steht.“

Kuro hob überrascht die Augenbrauen. „Ach ja, hat er dir das gesagt?“

„Ja. Als ich mit meiner Geschichte fertig war, erzählte er mir seine. Mai hat ihn nicht gewollt, und er hat Jahre darauf verwendet, bei ihr zu punkten. Also probiert er es jetzt mit Marik, denn der will ihn. Damit sind beide im Moment zufrieden. Joey wird jetzt übrigens eine Lehre als Händler anfangen... ich hab den genauen Begriff vergessen. Jedenfalls kann er dann für Leute, die ein Geschäft haben, den Papierkram erledigen. Das ist in dieser Welt ganz wichtig.“

„Verstehe. Und was hast du für dich erreicht?“

Wieder schwieg Soach einen Moment. Sein Gesicht war noch immer den Sternen zugewandt. „Ich wollte noch einmal die Sterne dieser Welt sehen und mit einem Drachen zu ihnen hinauf fliegen,“ antwortete er dann. Er streckte eine Hand aus, wie um einen zu greifen. „Sie haben mir geholfen, eine Entscheidung zu treffen. Jetzt werde ich daran arbeiten.“

Ja, Kuro hatte bemerkt, dass Soach wieder etwas mehr sein altes Selbst war, nachdem er die Sterne betrachtet hatte. Von dem seltsamen Gewitter mal ganz zu schweigen. Er fragte nicht nach, was das für eine Entscheidung war. Eins war ohnehin klar: Wenn ein Mann nach den Sternen griff, dann hatte er höhere Ziele, als mit seinem Schicksal ins Reine zu kommen.

Gandora flog schneller, und die beiden Männer legten sich flacher auf seinen Rücken.

„Es geht los – halt dich fest!“ rief Soach.

Kuro klammerte sich an seinem Vordermann fest und hoffte, dass dieser diesmal seine Hände an Gandoras Hals ließ, schließlich bestand ja kein Grund mehr, irgendwie herumzufuchteln, oder? Diesmal wussten sie, was mit ihnen passierte und waren darauf vorbereitet. Allerdings wurden sie dann trotzdem ziemlich durchgerüttelt, als das Weltentor sich auftat und sie schluckte, und Kuro hatte so eine Ahnung, dass er wieder Kopfschmerzen haben würde.

Sie landeten direkt in einem Regenschauer und waren Sekunden später durchgeweicht, aber die Situation war so banal, dass sie lachen mussten. Gandora brüllte langezogen, um seine Ankunft anzukündigen. Unter ihnen befand sich Schloss Lotusblüte. In vielen Fenstern brannte noch Licht.

Kuro spürte, wie seine mentale Verbindung zu seinem Schlossherz wieder sicher einrastete. Er würde Onyxenia schnellstmöglich besuchen müssen. Sie schien beleidigt zu sein, denn sie hielt sich im Moment noch mit Schimpftiraden zurück. Zweifellos sparte sie diese für später auf, wenn er persönlich anwesend war.

Aber noch eine andere Präsenz teilte sich ihm wieder telepathisch mit, während sie einen der Landetürme anflogen.

[Soach?]

[Ja. Ich bin wieder zu Hause.]


Nachwort zu diesem Kapitel:
Stockwerke in Japan werden so gezählt, dass das Erdgeschoss das erste ist, statt wie bei uns Erdgeschoss und dann erster Stock bzw. Obergeschoss. Nach deutscher Sicht wohnt Marik also im ersten Obergeschoss. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dies ist logischerweise das Ende. Aber nur das von dieser Geschichte!
Es hat mir großen Spaß gemacht, und manchmal, gerade zum Schluss hin, passierten Dinge, mit denen ich selber nicht gerechnet habe. Aber was will man erwarten... es geht schließlich um Chaosmagie.
Danke für's Lesen - wenn es Euch gefallen hat, lasst doch bitte einen Kommi da, darüber freue ich ich immer sehr. Schließlich ist meine Arbeit ohne euch Leser ziemlich bedeutungslos.
Wer wissen will, was für ein Problem Soach eigentlich die ganze Zeit hat und warum, ist herzlich eingeladen, Fremde Welten #3 zu lesen. :D Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (32)
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Von:  Hikari-Yumi
2020-08-27T22:56:54+00:00 28.08.2020 00:56

Ah, die aufheiterung nachdem ich fw3 beendet hatte... anscheinend spielt es an einem Punkt der in #3 noch nicht geschrieben ist... doch ich frage mich wie der kleine trip sich auf soachs entwicklung auswirkt. Denn er scheint neuen mit gefunden zu haben.. ah... ich wünsche mir so viel mehr content.. was dämlich ist nach wie vielen hundert tausend Wörtern?
Aber irgendwie möchte ich mich nicht von den Charakteren trennen die ich so lieb gewonnen habe...

Übrigens, soach beim Italiener ist ein Selbstbewusstsein das ich mir wünsche. Ich schaffe es nicht Mals um ein weiteres Getränk zu bitten.. währenddessen probiert er sich durch die ganze pasta Auswahl.

Nach dem emotionalen Kapiteln ist diese sidestory sonwunderdchön leicht und fröhlich. Marik und Joey taten mir leid... aber es lief ja am Ende noch gut für sie.

Soachs und crimsons Telefonat... war einfach nur süß...
Ganz ehrlich.. ich raffe nicht, dass die im Schattenreich immernoch mir Viren zufrieden sind. Dass sie noch nicht zu drachenpost oder so übergegangen sind...
wie auch immer.

Großvater hat die ruhe weg... Life goals... ganz ehrlich... ich denke würde man Neo mal für eine Woche zu ihm schicken würde er ganz schnell wieder in Ordnung kommen...

Achja... Yami und Yugi Sven den Führerschein... heißt die beiden haben jetztbseperate identiftäten... wen musste Kaiba bestechen um das möglich zu machen?

Nein, ich hab das spinoff sehr genossen... besonders weil soach es offenbar nötig hatte... ich kann es dem armen Kerl nicht verdenken...

~Hikari
Von:  jyorie
2013-10-14T15:21:28+00:00 14.10.2013 17:21
PLATZ 1 - <3-lichen Glückwunsch

Hallo ✌(◕‿-)✌

Ich habe mich echt tierisch gefreut, das du dir soooooo eine lange Geschichte ausgedacht hast. Wenn ich das bei mir rechne mit Tippen und Kontrollieren brauche ich für 1000 Wörter minimal 2 Stunden wenn alles gut läuft und ich zufrieden bin ... >35.161 Wörter, da kommt etwas zusammen. Mir hat deine Geschichte gut gefallen, damit du hast auch den Punkt mit der „großen Geschichte um das Drumherum“ gut gelöst. es ging um Joey und um viele andere. Was mir ebenfalls gut gefallen hat, das du auch immer wieder Joeys Sicht mit rein gebracht hast und auch viele humorvolle Szenen eingepackt hast. Und diese Geschichte sich perfekt in dein Fremde-Welten-Universum einfügt.

Vielen Dank für deinen Beitrag zum WB und die tolle Geschichte, es hat viel Spaß gemacht sie zu lesen.

✔ - Joey ist/wird zu einem echter Hund
✔ - Grund der Verwandlung sinnvoll geklärt (*ggg* Chaos ist logisch genug^^)
✔ - Joey find während er ein Hund ist seine Liebe/Schwarm
☐ - Suche nach der Lösung, um wieder ein Mensch zu werden
(indirekt, als die Besucher gegangen sind war es ja automatisch)
✔ - eine große(!!!) Geschichte um das Drumherum, wenn Joey ein Hund ist (ja, definitiv!!)
✔ - Shōnen-Ai
✔ - Die FF sollte min. 3 Kapitel lang sein
✔ - Die längen der Kapitel >2.000 Wörter
✔ - logischer Aufbau der Storyline


Liebe Grüße, Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
14.10.2013 19:48
Vielen Dank - schön dass die Geschichte dir gefällt. :D
Von:  jyorie
2013-10-07T14:55:44+00:00 07.10.2013 16:55
Hey ◠‿◠

wow. ... zum Ende hin hab ich ne Gänsehaut bekommen. ^^

Ob das wirklich alles war, was der Chaos-Zauber bewirkt hat, oder ob da noch mehr Dinge waren, von denen Soarch vielleicht nicht bemerkt hatte. :D das war schön ^^ die ganze Erklärung zu hören und das Sorach jetzt wieder er selbst ist und seine Selbstsicherheit zurück hat. ^^

Außerdem war es lustig, wie zwanghaft neugierig Kuro ist ^^

hat mir gut gefallen deine FF. Außerdem finde ich es beeindruckend, das du so hart am Ball geblieben bist um sie fertig zu stellen.

CuCu, Jyorie


Antwort von:  Purple_Moon
08.10.2013 20:10
Hallooo!
Wahnsinn, jetzt fühle ich mich echt geehrt... Gänsehaut!? Ein größeres Kompliment gibt es ja kaum!
Klar gab es da noch mehr Sachen. Ich könnte jetzt ein paar aufzählen... wäre aber zu lang. :P
Kuro musste neugierig sein, weil der Epilog sein POV war. Ganz einfach. XD Und das war wiederum so, weil er auch den Prolog in seinem POV hatte, so ist es rund abgeschlossen. Neugier ist ja sonst eher Soachs Ding, aber das dürfte auch auf Kuro zutreffen, warum sonst ist er ständig auf Wanderschaft?
Ja... ich staune auch, ne ff in 6 Wochen... es geht doch nichts über ne Deadline. War aber super zu schreiben und hat Spaß gemacht, obwohl ich gar nicht so ein Joey Fan bin.
Danke übrigens... du hast noch etwas verlängert, oder? Traf sich gut... ich sag nur: Carport.^^°

Danke für's Lesen und die regelmäßigen Kommis, damit macht es nochmal mehr Spaß. Demnächst werden dann mal wieder Merasfresser gejagt. ;)

LG
PM
Antwort von:  jyorie
10.10.2013 18:19
oh ... ich freu mich drauf, wie es im Schloss weiter geht^^
Und ob sie die Merasfresser besiegen und ob Olvin zufrieden sein wird ;-)

Ja, hat Spaß gemacht, das Lesen und Kommis schreiben^^
Von:  jyorie
2013-10-07T09:58:31+00:00 07.10.2013 11:58
Hey ◠‿◠

LOL das war gut – so schlecht wie sich Gandora vorgekommen ist, als er plötzlich in der menschlichen Gestalt gewesen ist, hat er sich jetzt sicher riesig gefreut, das er nun wieder ein Drache ist... es war ja nicht zu übersehen welche „Luftsprünge“ er gemacht hat. Am genialsten fand ich Yugi der einfach so an alles Mögliche gedacht hat, ein „Hologramm“ über Gandora legen, eine Werbekampagne ausdenken, und dann mal eben kurz einen Verbergungszauber für den ganzen Gameshop ... cool der Junge! ... Lacht und alles auf YouTube (*zwinkert* schickst du mir den Link?)

Auch das mit dem Reparieren des Restes vom Dach und mit der gerufenen Energie, das da mal kurzer Hand alles übrige im Haus repariert wurde war total krass :) Aber schön zu sehen, das damit das Selbstvertrauen wieder hergestellt wurde – wusste er wirklich nicht, das er auf so einen Wissensschatz zurück greifen kann?

LOL was auch lustig war, das Opa Muto am Telefon „gespannt“ hat, was den zwischen Joey und Malik abgelaufen ist, na ja man kann ihm zugutehalten, wäre etwas passiert, hätte er jemand zur Hilfe schicken müssen. Ich fand Joeys Entscheidung gut, das er sich nicht Hals über Kopf in etwas ein läßt, sondern, das er gleich sagt was ist und nicht weiß ob es klappen wird, aber ich kann mir vorstellen, das es ihm schon zu Herzen gehen wird, wie sehr sich Malik doch in ihn verguckt hat und er ihn bestimmt umgarnen wird.

Mal sehen was da noch draus wird.

*seuftz* dann geht es jetzt wohl zum Abschied* ...

CuCu, Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
08.10.2013 19:59
Seto hat inzwischen Youtube gehackt und alles davon gelöscht.^^
Ein bisschen verwirrt war Gandora allerdings - hat ihn überraschend getroffen. XD Schließlich hatter das Dach beschäfigt. Naja... keine Qualität in dieser Welt.
Wie schon bei Hikari-Yumi erwähnt, ich wollt eigentlich noch irgendwas seltsamerweise nicht mehr klemmen/quietschen lassen...
Kuros Aktion kam irgendwie völlig unerwartet für mich... passt aber in die Geschichte, wo ja jeder möglicherweise von diesem zauber beeinflusst wird.
Ja natüüüüürlich... das hat Opa nur aus reinem Pflichtbewusstsein getan! Was hast du denn gedacht? XD
Ich hab inzwischen festgestellt, dass ein paar Sachen einer anderen ff ähneln, aber die hab ich erst hinterher gelesen...^^° Ist also keine Absicht.

Danke sehr!
Antwort von:  jyorie
10.10.2013 18:16
So ein Käse, wie kann Seto nur, ich wollte doch mal Gandora in Aktion sehen^^

*schmunzelt* meinst du die andere FF aus dem WB?
Vielleicht liegt es ja auch nur daran das du dich an WB-Vorgaben gehalten hast^^
Was speziell meintest du das sich ähnelt?

CuCu
Jyorie
Antwort von:  Purple_Moon
10.10.2013 21:05
Naja z.B. gibt es jeweils jemanden, der Joey dann sagt, das er auf ihn steht, als er ein Hund ist, der alleine bei dieser Person zu Hause ist. Peinlichkeit den "Müssens". XD Dass er bei Rückverwandlung nackt ist, zähle ich nicht, das ist logisch.
Antwort von:  jyorie
10.10.2013 21:42
ich traue dir duchaus zu das du in der Lage bist alleine eine Geschichte zu schreiben und du nirgends abschauen mußt. :) Ich denke das solche dinge einfach "logisch" sind. Du hast dich in Joey hineinversetzt und dir überlegt wie du zu dem Ziel kommst^^ Und wie sonst hätte Joey von Maliks Gefühlen erfahren sollen, Das Joey hinterher Nackt ist, war auch in den Paar Geschichten die ich sonst noch zu den Hunden gefunden hatte ... na ja und zu den "Humor-Reichen" momenten gehört ja auch, das sich Joey für etwas schämt...

*schmunzelt* ich habe neulich eine Geschichte gelesen, die meiner fast bis aufs Haar gleicht^^ aber eigentlich ist es logisch, diese Abfolg... wenn du magst können wir ja mal das Experiment machen, wie du auf diese Geschichte kommen würdest....

Thema Gestandet auf einer Einsamen Insel. (Ich weiß du magst kein PuppySH)
Joey und Seto sollen sich verlieben.

- Was müssen Seto und Joey zusammen Zeit verbringen?
- Weshalb und wie landen sie auf der einsamen Insel?
- Welche Sachen würdest du auf der Insel beschreiben?

Ich hoffe du hast mein aller erstes OS noch nicht gelesen, wenn du Lust hast kannst du mir ja zurück tippen, wie du die Geschichten aufbauen würdest. Was für dich logisch ist. Denn genau der selbe Plot hat unabhänig von mir auch jemand anders beschrieben... Bin gespannt wie du es machen würdest...
Antwort von:  jyorie
10.10.2013 21:44
(die erste Frage solle Warum sein .. "statt Was"
Von:  Hikari-Yumi
2013-10-06T19:18:03+00:00 06.10.2013 21:18
Huhu :)
Tja fw3 :)
Ich kann ja von mir behaupten es zu wissen, obwohl im Letzten Kapitel doch einige Andeutungen gefallen sind.
Soach und kuro zusammen sind ein tolles paar, ganz ehrlich.
Und Schloss lotusblüte... Arme(r) cathy... So lange ohne die beiden! Schlossherren.
Ich wüsste gerne was noch mit arcana war...
Eine tolle sidestory, und ein gelungener Abschluss!
Antwort von:  Purple_Moon
06.10.2013 21:45
Leider hätte ich wohl die Deadline nicht eingehalten, wenn ich das Gespräch mit Arcana noch eingebaut hätte. Aber vielleicht kann ich dazu mal ein Extra schreiben.
Als nächstes können Cathy und Onyxenia gemeinsam über ihre Schlossherren lästern! Lassen sie einfach alleine! Also echt!
Ich lasse so gerne Andeutungen fallen... musste mich echt beherrschen. :P
So, das habe ich nun in ungefähr sechs Wochen produziert. Ganz gute Leistung, denke ich.^^
Danke für das treue Kommentieren!
Von:  Hikari-Yumi
2013-10-06T18:52:43+00:00 06.10.2013 20:52
Okaaaaaay
Schräges Kapitel
Bäm Urzustand.
Suguroku der Opi
Joey der nackte Typ mit Halsband (das klingt etc. etwas Porno)
Argh so viel so schnell
Yugi war auch ne Nummer
Kuro und soach X3
Shu so süß!
Den Epi les ich auch gleich...

P.s. Helfen Aspirin wirklich gegen Kater?
Antwort von:  Purple_Moon
06.10.2013 21:38
Hm irgendwie hab ich den Eindruck, dass dir dieses Kapitel nicht ganz so zugesagt hat... muss ich mit leben.
Schräg? XD Naja es hat sich teilweise völlig ungeplant so ergeben, und ich war dann auch etwas in Eile und hatte nicht viel Zeit, weil mein Mann unbedingt ein Carport bauen muss, während ich an einem FF-Wettbewerb teilnehme!
Keine Ahnung, wie das mit dem Loch im Dach passiert ist... ganz so bäm war's aber dann nun auch nicht. Das war schon eine gewisse Zeit, die sich jemand konzentrieren muss... ach, schade, ich wollte irgendwo erwähnen, dass sich jemand über eine nicht mehr quietschende Tür oder sowas wundert.^^ Jedenfalls schnippt man ja nicht einfach mit dem Finger und alles ist OK, das dauert schon etwas.
Aber eigentlich hat es mir gefallen, in dem Kapi noch mal so richtig Chaos zu verbreiten und ein bisschen sentimental zu werden. Ich mag Soach/Kuro auch, wobei das ja zur Abwechslung mal ne ganz normale Männerfreundschaft wird.

Ich hab nie behauptet, dass das Aspirin ist. Es hilft jedenfalls - ein bewährtes Mittel in der Familie Mutou, wie auch immer es heißt.^^
Antwort von:  Hikari-Yumi
06.10.2013 21:47
Doch das Kapitel hat mir efallen
Nur leider war mein müdes Hirn zu nichts anderem zu gebrauchen als meine Gedanken ungefiltert aufzuschreiben ,
Der zweite kommi ist da besser ^^
Lass dich nicht irritieren, ich fände toll! :)
Von:  jyorie
2013-10-04T17:07:52+00:00 04.10.2013 19:07
Hallo (◕‿◕✿)

lacht .. also das Joey ins Klo abgerutscht war, hab ich mir schon gedacht, aber ich dachte er war danach duschen, das er in wirklich keit sein Maleur sauber gemacht hat fand ich lustig, vor allem weil es unerwartet war. Wie ist eigentlich Gandora damit klar gekommen, was der kleine Hund da alles auf einmal von ihm wollte ... wahrscheinlich besser als Kuro und Soarch. Aber ich fand es klasse, wie er das dann übertünscht hat, das er in wirklichkeit mit Joey komuniziert und Malik steht die ganze Zeit staunend daneben – wie gut er mit Tieren kann *sweet*

Das Essen war auch gut, besonders hat mir der Kellner gefallen, der so über allem steht und sogar das Blau und die Bestellung elegant „übersieht“ und auf seine Art professionell ist^^ hi hi ... was eine tolle Bestellung mit den Nudeln :D Nur das mit dem Besoffen hab ich nicht ganz mitbekommen, wieviel sie noch getrunken haben. Aber es war eine gute möglichkeit, das Joey erfährt, was mit Malik ist, bzw. warum er den Namen nicht behalten darf.

Ich bin echt neugierig, was Joey jetzt macht, nachdem Mai ihn ja abgewiesen hat. (Ich habs heut früh gelesen, bin aber noch nicht an den PC gekommen zum tippen, ich hoffe ich habs noch richtig in erinnerung^^) War wieder lustig :D

CuCu Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
04.10.2013 19:25
Gandora ist ein Drache und damit in der Lage, wesentlich mehr Informationen als ein Mensch gleichzeitig zu verarbeiten und sich zu merken. Er sieht großzügig über die Schwächen der Menschen hinweg und leitet die Informationen auf ihre Fähigkeiten zugeschnitten weiter. XD Zum Glück ist er für seine Art eher tolerant.
Jetzt hatte ich auch eine Gelegenheit, das Badezimmerdesaster mal aus Joeys Sicht zu erklären.^^
Hehe ja so professionell wünscht man sich doch alle Kellner, aber manche sind schon mit geringeren Problemen überfordert.
Die alkoholischen Getränke werden gegen Ende des Teils mit dem Restaurant mal kurz angedeutet. Sie müssen sich wohl so gut amüsiert haben, dass Soach der Alkoholkonsom kaum aufgefallen ist. Und natürlich war das für mich ein schöner Vorwand, dass Marik endlich mal auspacken kann!
Ob das wohl der große Knall ist, auf den unser automatischer Notfallzauber gewartet hat? ;D
Eventuell wird das nächste Kapitel das letzte, bestimmt aber das vorletzte. Ein Epilog ist eingeplant. ^^
Von:  Hikari-Yumi
2013-10-04T08:22:27+00:00 04.10.2013 10:22
Huhu!
Der Restaurantbesuch war richtig spitze!
Ich freue mich für Joey, dass er was ordentliches zu essen bekommen hat X3
Die Bestellung war ja auch shr amüsant. Gandora kann doch bestimmt mit yugi reden, weil der darin so begabt ist?
Soachs Bestellung war etwas eigenwillig... (Und teuer...) aber Hey, ich kann das gut nachvollziehen.
Jetztn Endes waren sie alle ein bisschen heiter... Und Joey weiß das zu nutzen xD
Crimson für seinen Teil bevorzugte es, wenn seine Familienjuwelen nicht ganz so eingeengt wurden, auch wenn die Hosen ihre Vorteile im Bezug auf Bewegungsfreiheit haben mochten.<~ was hast du dir dabei gedacht? Mir drängst sich die Idee auf, Crimson im Röcke zu packen!

Super gelungen!
Antwort von:  Purple_Moon
04.10.2013 10:35
Schottenröcke wären doch super! *lach* Crimson trägt doch sonst immer Roben! Na gut, seine Kartenkleidung hat auch ne Hose, die ich mir aber immer elastisch vorstelle. Das nimmt er dann eben auf sich. Aber ansonsten mag er es *freischwingend* LOL
Naja dass Joey das direkt ausgenutzt hat, würde ich nicht sagen... erst hat er sich um Marik gesorgt (der hat ja das Licht angelassen und so) und dann wurde er neugierig... naja, genutzt im weitesten Sinne, wenn auch nicht mit Plan.^^ Schockierende Enthüllung - das hat er jetzt davon.
Das mit dem Essen war so ne recht spontane Idee in der letzten Episode, aber der perfekte Aufhänger, damit Marik endlich sagen kann, was er über Joey den Menschen denkt. Sowas brauchte ich noch.
Ja, Gandora kann mit Yugi "telepathieren". Ich hoffe das wird deutlich. Soach ist etwas gefrustet, weil er es ja derzeit nicht kann, obwohl das 'sein' Drache ist. So teuer dürfte sein Essen allerdings auch wieder nicht gewesen sein, er hat ja nicht von jedem eine volle Portion gehabt. Egal, landet eh auf Setos Spesenrechnung.
Antwort von:  Hikari-Yumi
04.10.2013 16:57
Jaja armer seto, erst darf er Joey nicht vernünftig ärgern , dann muss er auch noch zahlen :)
Wie Edgar, egal was du machst, so spontan es auch ist , es wirkt immer geplant :)
Von:  Hikari-Yumi
2013-10-01T15:58:59+00:00 01.10.2013 17:58
Huhu :)
Ein sehr sehr knufifges Ding, das kapi^^
Mai it blöd... Man kann sie zwar verstehen... Aber soach ist mir viel zu smpatisch geworden!
Maliks Exkurs und Umgang mit Joey finde ich sehr gelungen. Auch joeys (halb)Verwandlung und die daraus resultierenden Gedanken beiderseits sind toll.
Der Restaurantbesuch wird bestimmt interessant.
Ob Malik seto wohl davon abhalten wird Joey zu ärgern? Merkt er das überhaupt wenn er die Hintergründe nicht kennt?
Argh Spannung!
Soach möchte deine Haut behalten... Naja man kann es ja auf eine Krankheit schieben xD
Antwort von:  Purple_Moon
02.10.2013 19:30
Ich hatte gar nicht vor, Mai so unsympathisch zu machen, es kam halt so...
Tja, es ist eben nicht alles so einfach, und wenn ich mir vorstelle, dass Joey sich wie ein echter Hund benimmt, mit Po abschnüffeln und so... neee...
Vom Restaurantbesuch verspreche auch ich mir, dass er interessant für euch wird, aber genaue Gedanken hab ich mir noch nicht gemacht. Das kommt sowieso immer alles anders als ich wollte...^^
Ich liebe Soach mittlerweile auch. :D So kann's gehen... aber vorsicht mit Tippgehlern bei der Haut. Der hat schon seine eigene. *g*
Von:  jyorie
2013-10-01T09:55:39+00:00 01.10.2013 11:55
Hey ◠‿◠

deine Duellmonsters sind so schön normal, wie sie sich da über ihre Enkel unterhalten, so wie das eben „ältere“ Eltern tun. *lacht* aber stimmt schon, in der aktuellen Konstellation mit Blacky und Dark wird es wohl keine Enkelkinderchen geben^^

Ein wenig hab ich mich ja über Mais auftauchen geärgert, nur gut das Joey nix mitbekommen hat, so wie du Malik erzählst, kann er „Gesellschaft“ gut gebrauchen, und weil sie Joey vorher so abserviert hat, gönne ich ihr auch nicht den blonden Chaoten. Soarch hast du ebenfalls gut dargestellt, das er bei einem Angriff einfach aus refelx handelt und das er nicht ohne ist, hab man ja an dem Handgemenge mit Eria gesehen. Aber es hat auch zu ihm gepaßt, irgendwie, das er sich nicht entschuldigt, schließlich hat Mai angegriffen, als sie ihn gesehen hat.

Ich konnte mir Joey mit Schal, Brille und flatternder Zunge im Wind ziemlich gut vorstellen, das Motiv gibt es ja oft auf Postkarten *ggg* der Nachmittag am Strand war schön, ich glaube es tut Malik sehr gut, sich so viele Gedanken mal um jemand anderen zu machen, und woher all die „seltsamen“ Verhaltensweisen, seines 4-Beiners kommen. Ich fand die Theorien die er hat ziemlich amüsant. Aber es war auch lustig, das sich Joey gedanken über den dreckigen Ball macht, den er nun wirklich nicht in den Mu (ups.) ins Maul nehmen will, oder das er keine Lust hat sich von anderen Hunden beschnüffeln zu lassen und wie er sich freut, das er die anderen 4-Beiner nicht versteht.

Ein schönes Kapitel und ich freu mich, das noch ein paar kommen werden ^^

CuCu, Jyorie

Antwort von:  Purple_Moon
02.10.2013 19:48
Dass ihre Söhne zusammen sind, hat sicherlich dazu beigetragen, dass Soach und Kuro sich besser verstehen - gemeinsames Gesprächsthema. Aber ich hab noch was Niedliches in der Geschichte #3 vor, da dürfte dann auch Kuro ziemlich sympathisch werden.^^
Erst hatte ich überlegt, aus Mai noch so ne Zicke zu machen, die ihren Freund wiederhaben will und Marik deshalb irgendwie schikaniert. Aber erstmal kennt sie die Wahrheit ja nicht und zweitens wäre das zuviel des Guten für diese Geschichte gewesen. Ich hoffe, es ist genug Drama drin, obwohl es keinen Bösewicht in dem Sinne gibt.
Ich hab dann auch gedacht, dass vielleicht noch jemand den Vorfall mit Mai hätte kommentieren müssen, aber alle sind irgendwie darüber hinweggegangen... vielleicht hab ich es mir dann auch nur eingebildet. *freu*
Mal ganz im Ernst... so ein Hund wäre doch super für Marik und sein Mororrad! ^^ Coolnessfaktor +50!


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