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Abyss

von

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Goal

Enjis Nacht ist unruhig. Er schafft es kaum, zwei Stunden am Stück zu schlafen. Entweder kommen seine Gedanken nicht zur Ruhe oder er wacht schweißgebadet auf. An seine Träume kann er sich nicht wirklich erinnern und darüber ist er auch ganz froh. Mit müdem Blick rollt er sich auf den Rücken und starrt in die Finsternis. Wie sehr er sich an Hawks‘ Nähe gewöhnt hat, wird ihm erst jetzt bewusst. Jetzt, als ihm bewusst ist, wie schnell es vorbei sein könnte.

Obwohl der Jüngere nebenan im Wohnzimmer schläft, fühlt es sich für Enji an, als sei er unerreichbar. Irgendwie ist er das auch. Hawks will nachdenken und das ist sein gutes Recht. Dass er nach seiner Offenbarung nicht direkt gegangen ist, ist mehr, als Enji sich erhofft hat. Trotzdem weiß er, dass das nicht heißt, dass Hawks mit seinem Ballast klar kommen kann…oder will. Er benötigt Bedenkzeit und die muss Enji ihm nun geben, wenn er nicht will, dass der andere verschwindet.

Es ist so ironisch, dass alles in die Brüche geht, kaum dass er sich eingestanden hat, dass er Gefühle für den jungen Mann hat. Vielleicht ist das seine Strafe. Verdient hätte er es wohl. Nach allem, was passiert ist, hat er nicht damit gerechnet, eine Chance auf ein bisschen Glück zu haben. Er hätte das mit Hawks nicht anfangen dürfen, aber das hat er und nun will er ihn nicht verlieren.

Er hat sich zu sehr an den ungezwungenen Umgang gewöhnt. Daran, dass er nicht aufpassen muss, was er sagt. Dass ihn jemand einmal nicht verurteilt. Daran, dass ihn jemand mag. Es ist einfältig gewesen, zu glauben, dass das ewig halten würde.

Wenn Enji sonst nicht schlafen kann, greift er zum Alkohol, bis seine Nerven beruhigt sind. Allerdings sind Hawks‘ Worte deutlich gewesen. Dass er ein Problem hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Er trinkt mal mehr, mal weniger – aber regelmäßig. Es gibt ihm Halt. Nicht lange, aber immerhin etwas.

Hawks‘ Blicke während seiner Erzählung gehen ihm nicht aus dem Kopf. Ebenso wie seine Worte zu Touya. Er gibt ihm nicht die komplette Schuld für alles, so wie es Natsuo tut, aber er verhehlt auch nicht, dass er sich falsch verhalten hat. Dennoch…da ist etwas in Hawks‘ Mimik, das ihm sagt, dass er weiß, wovon er spricht. Dass er mit gewissen Dingen selbst zu tun gehabt hat.

Enji will nicht spekulieren, aber er kann nicht viel gegen seine Gedanken machen. Hat Hawks ein Suchtproblem gehabt? Oder jemand aus seiner Familie? Dass er ihm ausgewichen ist, ist offensichtlich gewesen. Geht ihn das überhaupt noch etwas an, jetzt, da nicht mal klar ist, ob Hawks bei ihm bleiben wird?
 

Er dreht sich wieder auf die Seite, schließt für einen Moment die Augen und atmet tief durch, während er versucht, die Gedanken zu verdrängen und wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. Es bringt nichts. Er kann nicht zur Ruhe kommen. Langsam setzt er sich auf, blickt für einige Sekunden still in die Dunkelheit und überlegt, was er tun kann. Fernsehen schon mal nicht, da er Hawks dann wecken würde. Eine Runde joggen? Eher nicht, sonst entzündet sich vielleicht sein Fuß. Er spürt das leichte Brennen in der Sohle, als er aus dem Bett steigt und sich eine Jogginghose überzieht, bevor er so leise wie möglich ins Wohnzimmer schleicht.

Der Drang, an die Bar zu gehen, ist so stark, dass er spürt, wie sein Herz bei dem Gedanken rast. Er hat sich daran gewöhnt, in Stresssituationen zu trinken. In seinem Kopf hält sich die Überzeugung, dass ihn das beruhigt. Umso schwerer ist es, den Barschrank zu meiden und stattdessen in Richtung Balkon zu gehen. Er ist nicht sonderlich groß, aber für zwei Korbstühle und einen kleinen Tisch reicht es. Die frische Luft tut gut, auch wenn sie nicht gegen den inneren Drang hilft. Er setzt sich auf einen der Stühle und fährt sich über das Gesicht, versucht, sich auf etwas anderes zu fokussieren. Er braucht das nicht. Zumindest will er es nicht brauchen. Aber dann sieht er die Blicke seiner Kinder vor sich. Sieht Touya vor sich. Rei…und er hat Angst, dass Hawks ihm genau wie alle anderen den Rücken kehrt. Es bricht über ihn herein wie Wellen und es nimmt ihm die Luft, lässt ihn hektischer atmen. Ruhig bleiben. Nicht in Panik verfallen. Hawks ist hier. Nebenan. Aber wer weiß, wie lange noch.
 

„Kannst wohl auch nicht schlafen.“

Er zuckt zusammen, als er die Stimme hinter sich hört, und sieht zur Tür, in der Hawks in Shorts und einem grauen Shirt, auf dem Thor abgebildet ist, steht. Seine blonden Haare sind noch zerzauster als sonst und er sieht müde aus. Dafür, dass er es sonst ist, der die Nähe offensichtlicher sucht, hält er gerade viel Abstand. Es trifft Enji, vor allem, da Hawks recht verloren in der Tür steht. Er strahlt nicht die typische Sicherheit aus, sondern scheint selbst nicht zu wissen, was er machen soll.

„…nicht wirklich“, erwidert er bloß und sieht wieder vor sich hin.

Es ist Vollmond. Nun, daran wird es nicht liegen, dass sie kein Auge zubekommen. Es gibt genügend andere Gründe. Als Hawks sich nach ein paar Sekunden der Stille auf den freien Stuhl setzt, ist Enji regelrecht erleichtert. Die Stimmung ändert sich jedoch nicht. Es ist belastend.

„Endeavor-san.“

Enji blickt auf, sieht in die Bernsteinaugen des Jüngeren.

„Deine Hände zittern.“

Enji muss nicht hinsehen, um zu wissen, dass er Recht hat. Stress und Verzweiflung, weil er den Kummer diesmal nicht ertränken kann. Es ist gut für seine Nerven, auch wenn es nichts ändert und die nüchternen Zeiten härter macht. Dass Hawks der Grund dafür ist, dass er nichts trinken kann, macht es nicht besser. Aber er will ihn nicht wieder anschnauzen oder handgreiflich werden.

Stattdessen reibt er sich die zitternden Hände und antwortet nicht darauf. Warum auch? Sie beide wissen, was los ist.

„Ist es so hart für dich?“, hört er Hawks fragen.

Will er ihn provozieren, um zu sehen, wie weit er gehen kann? Ob er zuschlagen würde? Es reizt Enji empfindlich, weil er es nicht versteht. Sucht Hawks einen Weg, um mit ihm brechen zu können?

„Was willst du von mir hören?“, knurrt er schlecht gelaunt, doch Hawks sieht ihn weiterhin ruhig an.

„Weiß nicht“, meint er ehrlich und zieht die Beine an die Brust, sodass er nun wie ein Vogel auf dem Stuhl hockt. „Ich hab das mit der Sucht nie wirklich verstanden. Nicht in Bezug auf Alkohol oder Drogen. Es macht so viel kaputt. Man erkennt die Menschen gar nicht mehr wieder. Sie verändern sich. Stürzen ab. Ziehen andere mit sich hinunter. Irgendwie ist das doch traurig, oder?“

Enji starrt ihn einfach nur an, weil er Hawks noch nie so hat reden hören. So voller Bitterkeit. Es ist eine Seite von ihm, die er bisher vor ihm verborgen gehalten hat.

„Hawks. Was willst du mir damit sagen?“

Anscheinend weiß er das selbst nicht, so entrückt, wie er plötzlich angesehen wird. Enji wird klar, dass Hawks einfach geredet hat. Nicht wie sonst, nicht sein übliches Geplapper. Er hat einfach das ausgesprochen, was ihm auf dem Herzen gelegen hat. Etwas Privates. Vermutlich ist er genauso übermüdet, wie Enji selbst es ist.

„Nichts, ich-“

„An wen?“

„…an wen?“, wiederholt Hawks irritiert.

„An wen erinnere ich dich?“, wird Enji deutlicher und sieht ihn ernst an.

Daraufhin herrscht abermals Schweigen. Anhand von Hawks‘ perplexer Miene kann er sich denken, dass er ins Schwarze getroffen hat. Ihm wird mit einem Mal klar, dass er rein gar nichts über den Jüngeren weiß. Dieser hat die ganze Zeit abgeblockt. Immer, wenn sie ein Thema angeschnitten haben, hat Hawks es rasch gewechselt.

„Ist das wirklich ein guter Zeitpunkt, um über mich zu reden, Endeavor-san? Ich glaube, wir beide haben schon genug zum Nachdenken. Da muss ich nicht auch noch mit meinem Ballast kommen, hm?“

Er lächelt schief, aber es wirkt unehrlich. Erzwungen. Enji hasst es. Es macht ihn wütend, obwohl er weder wütend werden darf, noch will. Mittlerweile glaubt er tatsächlich daran, dass Hawks ihn auf eine gewisse Weise testet.

„Das tust du immer. Ausweichen. Ablenken“, wirft er ihm vor, weil er so wenigstens ein bisschen seinem Ärger Luft machen kann. „Ich weiß kaum etwas über dich – und vielleicht ist das ja auch nicht mehr nötig, aber…Scheiße, Hawks, ich bemühe mich! Ich will mich wirklich bemühen. Nicht nur jetzt. Ich…“

Irgendwie ist es erbärmlich. Vorhin noch hat er ihn vertreiben wollen. Nun, da er eine Chance sieht, kann er nicht einfach loslassen. Hawks ist das Beste, das ihm seit langem passiert ist. Er ist auch der Einzige, den er noch hat. Wie gesagt. Erbärmlich.

Hawks sieht ihn mit einem undefinierbaren Blick an, den Enji nicht deuten kann. Dann seufzt er leise und legt den Kopf auf den Knien ab, sieht vor sich hin.

„Pass auf“, beginnt er schließlich. „Ja, du erinnerst mich an jemanden. Darüber will ich aber nicht sprechen. Nicht jetzt. Was ich dir sagen kann, ist, dass ich einen Plan für mein Leben habe. Ich werde nicht für immer strippen. Ich möchte etwas erreichen. Dafür arbeite ich nachts und lerne tagsüber.“

Er hebt den Kopf wieder und sieht ihm diesmal fest in die Augen.

„Was ich gesagt habe, meinte ich auch so. Ich habe Gefühle für dich – und deswegen will ich das mit uns auch nicht einfach aufgeben. Ich glaube nicht, dass du ein schlechter Mensch bist. Du hast bloß schlechte Dinge getan, die du aber bereust. Mehr als an dir zu arbeiten, kannst du nicht tun und…ich denke, dass ich damit klarkommen kann. Ich brauche nur ein bisschen Zeit für mich, um das zu verarbeiten.“

Kurz atmet er durch, ehe er wieder ansetzt.

„Ich weiß aber auch, wie das mit der Sucht läuft, und ich habe genug davon, dass mich Leute runterziehen. Ich kann mir das nicht mehr erlauben, wenn ich mein Ziel erreichen will. Was ich also damit sagen will, ist, dass sowas wie gestern nicht mehr passieren darf. Dass du die Kontrolle verlierst, mich anschreist oder so anpackst. Ich bin nicht zart besaitet oder so, aber ich lass mich auch nicht wie Dreck behandeln. Das war eine einmalige Ausnahme, weil ich verstehe, dass das gestern alles zu viel für dich war.“

Bei den Worten wird Enji heiß und kalt, weil er sich schämt. Er hat seine aufgestauten Gefühle an Hawks ausgelassen, obwohl dieser zu helfen versucht hat. Sein Mund ist trocken, sodass er schlucken muss, um seine Sprache wieder zu finden, aber Hawks ist noch nicht fertig.

„Und kein Alkohol mehr. Ich bin echt überrascht, dass du gerade nicht zur Flasche gegriffen hast, aber das heißt noch nichts. Ich will, dass du es ernst meinst. Keine Ausflüchte mehr. Kein ich trink doch nur ein Glas am Abend. Jedenfalls nicht, wenn du’s nicht unter Kontrolle hast, und das hast du eben nicht. Ich kann und will nicht auf dich aufpassen müssen…oder dich kontrollieren. So stell ich mir das nicht vor. Verstehst du das?“

Was Enji versteht, ist, dass Hawks ihm keine weiteren Chancen geben wird und dass er selbst es sich nicht verspielen will. Es setzt ihn unter Druck. Weil er nicht gerade für seine gute Beherrschung bekannt ist. Weil er nicht weiß, ob er den Erwartungen gerecht werden kann. Nicht nur seine Kinder zweifeln an ihm, sondern auch er selbst.

Er nickt, denn verstanden hat er es. Er weiß nur nicht, was er noch sagen soll, außer dass er sich bemüht. Hawks möchte nicht heruntergezogen werden. Enji möchte ihn nicht herunterziehen, aber darin ist er leider ziemlich gut.

Hawks‘ Blickt liegt eine Weile stumm auf ihm, dann lächelt er wieder so schief.

„Tut mir leid, dass ich dir so die Pistole auf die Brust setze, Großer…aber anders funktioniert das nicht. Nicht für mich.“

Enji schnaubt leise, während er wieder vor sich hinsieht.

„…schon gut. Ist nicht so, dass ich eine Belastung sein will“, erwidert er mit Bitterkeit.

„Endeavor-san…“

„Ich habe es verstanden“, meint er knapp.

Er ist nicht wütend. Dazu hat er auch kein Recht. Hawks‘ Forderungen sind legitim und er will ihn nicht enttäuschen, so wie er alle anderen Menschen um sich herum enttäuscht hat. Auch wenn er das Gefühl nicht loswird, dass das bereits geschehen ist.

„Okay.“

Mehr als das sagt Hawks nicht mehr dazu. Auch er lässt den Blick in die Ferne schweifen und eine Weile spricht keiner von ihnen mehr.
 

„Was hast du überhaupt vor?“

Hawks sieht ihn verwirrt an, als er ihr Schweigen bricht.

„Hm?“

„Dein Plan. Was ist das Ziel?“

Den Ausdruck in Hawks’ Gesicht kann er schwer deuten. Ist es ihm unangenehm? Es kann doch unmöglich etwas sein, das den Stripclub übertrifft…oder? Irgendwie wird ihm gerade mulmig.

„Hakws?“

Dieser atmet tief durch, ehe er sich wieder in eine halbwegs gerade Position begibt. Er lehnt sich im Korbstuhl zurück und streckt die Beine aus.

„…wenn du lachst, ist Schluss mit uns“, brummt er dann und schaut ihn ernst an. „Das habe ich noch keinem erzählt. Nicht mal Mina.“

„Ich lache nicht.“

Enji ist weder zum Lachen zumute, noch glaubt er, dass Hawks‘ Lebensplanung witzig sein könnte. Vielmehr befürchtet er, damit nicht klarkommen zu können. Sie haben schon genügend Differenzen. Ihm gefällt ja nicht mal Hawks‘ jetziger Job.

„Polizist.“

„…huh?“

Mehr kann er nicht von sich geben, denn er muss erstmal realisieren, was Hawks gerade gesagt hat. Was?

„Ich werde Polizist. Bulle. Ein Cop. Gesetzeshüter und so, du weißt schon“, fährt Hawks mit ernster Miene fort, während er mit der rechten Hand dazu gestikuliert. „Dafür die Abendschule. Ich hole meinen Abschluss nach und dann lege ich los. Alles, was dazu gehört. Ich habe mich informiert. Ich bin geeignet, wenn ich mir keine Patzer erlaube.“

„…wie als Stripper zu arbeiten?“, entkommt es Enji ungewollt.

„Damit höre ich ja dann auf. Das Kind ist eh schon in den Brunnen gefallen, klar? Ich mache jetzt das Beste draus, verdiene genug Kohle und dann kremple ich mein Leben um, auf dass aus mir ein ordentlicher Kerl wird!“

Bei den letzten Worten nimmt seine Stimme wieder den lockeren Ton an, den er von ihm gewohnt ist, und er grinst sogar.

„Und mal ehrlich, wenn mich einer von denen aus dem Club kennt, ist das ja wohl ein ziemlich dummer Zug, sich selbst zu outen, oder nicht? Ich bin in dem Szenario wohl eher der Leidtragende als ein Kerl, der mir Geld in die Unterwäsche schiebt. Muss eigentlich nur aufpassen, dass mich kein Stalker findet und zu erpressen versucht – aber das bekomme ich schon hin.“

Er lehnt sich im Stuhl zurück, scheint von dem Gedanken daran, seine Ausbildung bei der Polizei beginnen zu können, ganz angetan zu sein. Da ist so ein Leuchten in seinen bernsteinfarbenen Augen, das Entschlossenheit ausdrückt.

Enji hat ehrlich gesagt nicht mit solch einem hohen Ziel gerechnet. Eigentlich hat er nicht mal mit einem halbwegs anständigen Job gerechnet.

Polizist. Hawks möchte Polizist werden. Und nun versteht Enji umso mehr, warum er dafür einen freien Kopf braucht. Auch wenn Hawks es herunterspielt, ist es kein einfaches Ziel ohne Hindernisse. Es kann viel schiefgehen. Aber er zweifelt nicht daran, dass Hawks es erreichen kann, so hartnäckig, wie er ist.

In ihm steckt mehr als ein Kerl, der sich für Leute halbnackt an einer Stange räkelt. Daran hat er nie gezweifelt. Enji versteht ebenfalls, was für ein großes Vertrauen er gerade in ihn gesetzt hat. Er hat ihm etwas anvertraut, das ihm unfassbar wichtig ist. Weil er nicht glaubt, dass Enji ihm Steine in den Weg legen wird. Weil er…an ihn glaubt? Daran, dass sich Enji in den Griff kriegt und das zwischen ihnen weiter funktionieren kann.

Sonst hätte er es ihm nicht erzählt. Wenigstens ist sich Enji dessen sicher.
 

„Okay.“

„Okay?“, hakt Hawks nach und legt den Kopf schief.

Enji nickt und erwidert seinen Blick fest.

„Du konzentrierst dich auf dein Ziel…und ich auf meins. Kein…Alkohol mehr und ich…reiße mich zusammen.“

Der Blonde hält inne, öffnet leicht den Mund, sagt aber dann doch nichts.

„Ich…will dich nicht runterziehen. Ich will dich unterstützen“, spricht Enji daher weiter. „Ich denke…du kriegst das hin. Auf jeden Fall.“

Er hat nur noch diese eine Chance und die will er sich nicht verbauen. Er muss seinen Scheiß auf die Reihe kriegen und sich zusammenreißen, damit er nicht das Einzige verliert, das ihn noch irgendwie über Wasser hält. Hawks hat ihm schon mehrmals bewiesen, dass er sich auf ihn verlassen kann. Dass er nicht einfach verschwindet.

Hawks sieht ihn für ein paar Sekunden nur an. Als sich seine Lippen zu einem Lächeln formen, das nicht so gestellt wie zuvor aussieht, fühlt Enji Erleichterung.

„Ja. Das denke ich auch“, erwidert er und verschränkt die Arme hinter dem Kopf, was ihn direkt entspannter wirken lässt. „Wie gesagt…ich möchte das hier mit uns und ich glaube daran, dass wir die Kurve kriegen können. Ich muss das alles nur verarbeiten. Wenn ich also morgen nach Hause gehe, kannst du mir dann versprechen, dass du nicht durchdrehst? Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn etwas ist. Egal wann. Ansonsten melde ich mich bei dir, in Ordnung? Ich glaube einfach, wir sollten beide etwas runterkommen.“

Das versteht Enji, auch wenn es ihm vorkommt, als wäre es ein Abschied. Dass das von seiner Angst herrührt, wieder allein zu sein, weiß er selbst, weswegen er es nicht erwähnt. Hawks ist bisher immer ehrlich mit ihm gewesen – auch wenn er Dinge verschweigt. Und er ist verlässlich. Enji muss beweisen, dass er das ebenfalls ist.

„Ja. Ich komme klar…und guck nicht so.“

„Schon gut, schon gut…ich habe Vertrauen in dich, Endeavor-san.“

Er zwinkert ihm dabei frech zu, was Enji unheimlich guttut; vielleicht können sie wirklich wieder ungezwungen miteinander umgehen. Er hofft es. Das tut er wirklich. Vielleicht bekommt er auch das mit seinen Kindern wieder hin, wenn er an sich arbeitet.

„Enji.“

„Hm?“

„…du kennst meinen Namen und…wir stehen uns nahe genug. Du kannst ihn benutzen. Wenn du willst“, erklärt er es knapp und sieht wieder zum dunklen Himmel, weil ihm das etwas unangenehm ist.

Dennoch hat er es anbieten wollen. Hoffentlich ist es kein Fehler, denn Hawks erwidert nicht sofort etwas darauf, sondern ist ungewohnt zurückhaltend.

„Ich möchte ihn benutzen. Es ist ein schöner Name“, kommt es von ihm. „Nur…möchte ich nicht Keigo sein.“

Enji sucht seinen Blick, denn Hawks gibt selten private Details von sich heraus. Erst sein Plan, Polizist zu werden, und nun sein richtiger Name. Keigo. Er wiederholt ihn gedanklich und stellt fest, dass es sich seltsam anfühlt. Weil Hawks nie einen anderen Namen für ihn gehabt hat. Es klingt so normal.

„Schätze, du wirst mir den Grund dafür nicht sagen.“

„…nicht jetzt. Irgendwann bestimmt, End- Enji. Aber nicht mehr heute. Ich will nur nicht, dass du denkst, dass ich es nicht zu schätzen weiß. Es…hat einfach Gründe, dass ich lieber Hawks bin – und ich liebe es, wie du Hawks stöhnst, wenn wir-“

„Ist gut. Ich habe es verstanden“, schneidet er ihm das Wort ab, woraufhin Hawks grinst. „Hawks ist gut. Passt zu dir.“

„Nicht wahr?“

Danach reden sie nicht mehr wirklich viel. Belangloses, während sie die Nachtluft genießen und einfach nur beieinandersitzen, bis sie müde genug sind, wieder hineinzugehen. Sie schlafen getrennt, wie sie es besprochen haben. Diesmal fällt es zumindest Enji nicht allzu schwer, Schlaf zu finden. Auch wenn noch nicht alle Probleme aus der Welt geräumt sind, hat er wieder etwas Hoffnung.



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