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You and me and the devil makes three

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Teru mit seinen Eltern. Komplett anzeigen

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Coming Out, Pt. 3

Teru war fest davon überzeugt, dass ihm eine heiße Nacht mit seinen Kerlen bevorstand. Die beiden warteten schon auf ihn im Schlafzimmer, was seine Vorfreude in äußerst hohe Sphären katapultierte. Zumindest hatte dies die Nachricht besagt, die sie ihm hatten zukommen lassen, während er vom Studio nach Hause gefahren war. Nein, Teru bereute es nicht, dass Yoko und Ryo den Schlüssel zu seinem Haus besaßen. Wieso auch? Die beiden wohnten quasi eh hier, und Überraschungen dieser prickelnden Art hieß der DJ äußerst willkommen.

Gerade, als er darüber nachdachte, was ihn wohl erwarten mochte, klingelte es an der Tür. Mit einem verwunderten Stirnrunzeln hängte er den Schlüssel an den Haken im Flur und drehte sich um. Konnte eigentlich nur der Postbote sein.

Als er öffnete, fiel er aus allen Wolken. Ohne Übertreibung. Sein Herz sackte ihm in die Magengrube, so fühlte es sich zumindest an. Und in diesem Zustand musste er lächeln und erfreut tun - und nicht etwa aus der Wäsche gucken, als würde der Sensenmann vor ihm stehen, um ihn zu holen.

"Oh, h-hallo!", krächzte er und grinste wohl eher gequält, als er lächelte. "Mama, Papa! Ihr seid aber früh dran!"

Ach du Scheiße! Die beiden hatten sich eigentlich erst für das Wochenende angekündigt! Und jetzt standen sie zwei Tage früher auf der Matte! Teru war einer Panik nahe. Schließlich hatte er null Vorbereitungen getroffen. Zwar sah es in der Wohnung nicht aus wie in einem kompletten Saustall, aber das Gästezimmer war noch nicht hergerichtet und er hatte noch nicht einmal eingekauft. Aber am meisten Sorge machte ihm etwas ganz anderes...

"Tut uns leid, dass wir dich so überfallen, Sohn", sagte sein Vater in versöhnlichem Ton, gleichzeitig klang er aber auch so, als wäre es selbstverständlich, dass Teru es überhaupt nichts ausmachen dürfe, dass sie ihn schon jetzt mit ihrer Anwesenheit beehrten. "Wir müssen schon zwei Tage früher abreisen, da dachten wir, wir ziehen unseren Besuch ein wenig vor."

Teru lachte blöd und trat von der Tür weg.

"Kommt doch rein!"

Was sollte er anderes sagen? Seine Mutter sah ihn sowieso schon so schief an, wahrscheinlich wegen seiner Frisur. Mit über dreißig sollte man ihrer Ansicht nach nicht mehr mit einem Undercut herumlaufen, sondern schön spießbürgerlich aussehen. Teru kannte ihre Meinung, auch ohne, dass sie es offen aussprach. Noch ein Grund mehr, wieso ihm der Arsch auf Grundeis ging. Und es wurde nicht einen Dreck besser, als seine Eltern sich genauestens umschauten, überall, wo Teru sie hinführte. Sie kommentierten nichts, aber das allein reichte, um den DJ sich verurteilt fühlen zu lassen. Sein Wohnzimmer war schon reichlich protzig, und anstelle, dass seine Eltern sich freuten, dass er sein eigenes Geld verdiente und davon nicht zu knapp, rümpften sie ganz sicher noch immer die Nase über das 'Womit'. Und fragten sich wohl sogar, ob er nicht in unlautere Geschäfte verwickelt war. Dass auf dem Tisch eine leere und eine angefangene Whiskeyflasche standen, sprach wohl auch nicht gerade für Teru und seinen Lebensstil. Innerlich fluchte er auf und steckte wenigstens die Zigarettenschachtel ein, bevor er seinen Eltern einen Platz auf der Couch anbot.

"DARF ICH EUCH WAS ZU TRINKEN BRINGEN, MAMA, PAPA?", schrie er jetzt förmlich, allerdings nicht, weil seine Eltern schlecht hörten, sondern weil er so hoffte, dass Ryo und Yoko ihn hörten und das als Signal verstanden, dass die Kacke am dampfen war und es Terus Todesurteil gleichgekommen wäre, hätten die beiden nun auch noch nackt oder zumindest halbnackt das Schlafzimmer verlassen.

"Oh, ein Wein wäre nett", lächelte seine Mutter gütig, Terus Gebrüll ignorierend. Im nächsten Moment wanderten die Blicke der beiden schon wieder durch den Raum, als suchten sie etwas. Teru verdünnisierte sich schnell und atmete in der Küche durch, versuchte, seine Nerven zu beruhigen. Rasch nahm er einen Hieb aus seiner Whiskeyflasche (eine solche fand sich in jedem Raum, auch im Bad), bevor er die Weingläser herzusuchte.

"So ein schönes, großes Haus", meinte sein Vater, als er zurückkehrte. "Groß genug, um darin eine Familie zu gründen, findest du nicht auch?"

"Ja." Seine Mutter nickte entzückt. Teru presste die Lippen aufeinander und schenkte ihnen ein. "Du bist fast dreiunddreißig, Terufumi, als dein Vater in deinem Alter war, hat deine Schwester bereits laufen gelernt."

"Ich bin mit der Band beschäftigt", erklärte Teru, der dieses Thema genauso hasste, wie seine Eltern es liebten. Es war natürlich das einzig wichtige. Kein 'Wie geht es dir?' leitete das Gespräch ein. Nein, nein, alles, was zählte, war, dass Teru zu spüren bekam, dass seine Eltern nichts davon hielten, dass er noch immer diesem Lotterleben frönte. Mit einem Job, der die Bezeichnung Job nicht verdiente, ohne Frau und Kind und dafür mit viel zu viel Alkohol.

"Du solltest endlich anfangen, deine Prioritäten zu überdenken, Sohn." Sein Vater schwenkte das Weinglas. "Wir warten schon sehnsüchtig darauf, dass du uns endlich zu Großeltern machst, genau wie deine Schwester es getan hat. Sogar schon zweifach."

Der Vergleich mit seiner Schwester durfte natürlich ebenso wenig fehlen. Teru wusste gar nichts mehr zu sagen. Beinahe hätte er es deshalb schon als Glück bezeichnet, als die Schlafzimmertür aufging und seine Männer herauskamen. Ewig hätten sie sich schließlich nicht verstecken können. Teru, der in seinem Sessel saß, warf Yoko und Ryo einen so resignierten Blick zu, der unmissverständlich zeigte, dass er nun vollends am Arsch war.

"Guten Tag, Herr und Frau Tamano", übernahm Yoko das Begrüßen und verbeugte sich artig. Terus Eltern sahen reserviert-verwundert zwischen den Männern hin und her. "Ich bin Ryo Yokochi, und das ist Ryo Shimizu." Yoko lächelte höflich, und Teru liebte ihn so sehr dafür, dass er mit seinem ganzen Daddy-Charme versuchte, die Situation so gut wie möglich zu retten. Egal, ob es was brachte oder nicht. Auch wenn Teru nicht verstand, wie man nicht sofort von Yoko bezaubert sein konnte.

"Aha?" Seine Mutter blinzelte fragend in Terus Richtung, während Ryo die tätowierten Arme hinter dem Rücken versteckte und sich wohl auch recht eingeschüchtert fühlte von Terus Eltern, die einen sehr konservativen, um nicht zu sagen spießigen Eindruck machten, was schon bei ihrer Kleidung anfing. Anzug und Krawatte und ein elegantes Kostüm. Als wären sie auf Geschäftsreise...

Der Blick seiner Mutter kam einem Messer an seiner Kehle gleich. Teru bekam keine Luft mehr. Ihm war schwindlig. Jetzt würde er etwas tun müssen, was ihm sehr schwer fiel. Dass Yoko ihm die Hand auf die Schulter legte, gab ihm zumindest einen kleinen Halt. Und dass Ryo ihm bekräftigend zunickte, auch.

"Es wird keine Enkelkinder für euch geben, nicht heute, nicht morgen, gar nicht", erklärte Teru rasch und nüchtern. "Ich stehe nämlich nicht auf Frauen."

Ob das nun hundertprozentig korrekt war oder nicht, spielte keine Rolle. Fakt war, dass er Ryo und Yoko liebte und plante, ewig mit ihnen zusammenzubleiben. Und dass seine Sehnsucht nach einer Frau äußerst gering war. So hatte er es wenigstens formuliert, damit es seine altbackenen Eltern auch verstanden. Mit Relativierungen wäre er da nicht weit gekommen.

Das Schweigen fraß sich durch seinen Körper. Es tat ihm physisch weh. Seine Mutter zog sich rasch zurück. Ihr Lächeln war erstorben, und sein Vater schaute drein, als hätte er ihnen gerade gesteckt, dass er die Krätze hätte und sie alle würden sterben, wenn er nur einmal hustete. Vollkommen geschockt.

Dann standen sie auf.

"Du solltest dich in ärztliche Behandlung begeben", sagte seine Mutter kühl, die sich bei seinem Vater untergehakt hatte, welcher ihren Koffer zog. Das war alles. Dann waren sie weg. Und Yoko schlang seine Arme um Teru. Ryo tat dasselbe von der anderen Seite, hielt ihn ganz fest. Dem Jüngsten traten die Tränen in die Augen, vor Wut, vor Traurigkeit, vor Enttäuschung, und quollen über, benässten Yokos Shirt.

"Du hast uns", versuchte Yoko ihn zu trösten und strich ihm über den Kopf. "Wir lieben dich bedingungslos. Egal, was kommt."

Terus Hände krallten sich in Yokos Shirt, bevor Ryo eine von ihnen nahm und seine Finger behutsam an seine Wange drückte.

Ja, das hier war der Inbegriff von Familie für Teru. Geborgenheit, Unterstützung und Zuneigung, die nicht mit Auflagen einherging. Bei seinen Eltern hatte er all dies nie gefunden. Aber bei Yoko und Ryo fand er es und noch so viel mehr. Das rang ihm ein kleines, verheultes Lächeln ab, das jedoch ehrlich aus seinem Inneren kam. Er hatte keinen Verlust erlitten. Denn man konnte nichts verlieren, was man nie wirklich gehabt hatte.

Und dennoch hatte sich der Schmerz all die Jahre zu tief in ihn eingegraben, als dass er einfach vergehen würde.



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