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Ein Schritt nach dem anderen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen Samstag Mittag euch allen.

Ich bedanke mich sehr für so viele Favoriten und für die Kommentare.
Heute geht es noch etwas dramatisch weiter, ehe wir wieder ruhigere Momente finden.

Ich wünsche euch viel Spaß.
Eure Shary Komplett anzeigen

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Kapitel 4

Kapitel 4

 

-Sanji-

Es war der erste Morgen nach Tag Null.

Am vergangenen Abend hatte er noch relativ lange mit Zorro gesprochen. Hatte versucht ihn umzustimmen, hatte versucht mit ihm zu diskutieren ohne zu streiten, hatte versucht rational und nicht emotional zu bleiben.

Aber es war unmöglich Zorros Ansicht zu wiedersprechen ohne emotional zu werden. Denn rein objektiv betrachtet hatte der verdammte Spinatschädel leider nicht Unrecht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte er dem anderen was zu essen holen wollen, aber als er zurück kam war der Schwertkämpfer bereits eingeschlafen.

Die restlichen Crewmitglieder waren alle irgendwann zu Bett gegangen. Zumindest vermutete er das.

Ruffy hatte er erst gar nicht mehr gesehen. Lysop und Franky hatten ja die Nacht durchmachen wollen mit irgendwelchem Bastlerkram, was ihn nur minder interessierte.

Brook war schon weg gewesen als er nach dem Gespräch zurückgekommen war. Laut Robin hatte er den übermüdeten Chopper ins Bett gebracht.

Er hatte noch lange mit den beiden Frauen am Tisch gesessen, das spärlich berührte Abendessen vergessen und über die Zukunft ihrer Crew gesprochen.

In kurzen Worten hatte er ihnen Zorros Entscheidung und somit den Grund für Ruffys Ausraster erklärt und genau wie er waren die beiden Damen absolut dagegen, konnten jedoch sachlich betrachtet dem Schwerkämpfer kaum etwas entgegensetzen. Zumindest nicht, wenn man das Wohl der Crew objektiv betrachtete. Zumindest nicht, wenn man Zorros eigenes Wohl bedachte.

Jetzt war es relativ früh am Morgen und Sanji fragte sich, wie es nun weiter gehen sollte.

Obwohl die Moosbirne und er nicht beste Freunde waren, konnte er sich eine Strohhutbande ohne den dauerpennenden, miesgelaunten, säbelschwingenden Idioten nicht vorstellen.

Er konnte gut verstehen, warum Ruffy dessen Entscheidung ablehnte.

Aber Zorro hatte Recht, von nun an würde er nichts mehr von dem tun können, was er bis dahin getan hatte. Und selbst wenn sie alle damit klar kommen würden, wäre es nicht grausam für ihn tatenlos mit zusehen zu müssen, wie sie ihre Träume erfüllen würden, wohl wissend, dass er seinen nie mehr wahrmachen können würde?

Sanji schluckte schwer und konzentrierte sich auf das brutzelnde Ei in der Pfanne.

Es schockte ihn, wie gefasst der andere gewesen war. Wie selbstverständlich er sein Schicksal angenommen hatte. Während ihres langen Gespräches war der andere nicht ein Mal laut geworden, nicht einmal emotional, nicht einmal verzweifelt.

Wenn er es wäre, wenn seine Hände plötzlich nutzlos wären, würde er durchdrehen. Alleine die Vorstellung erfüllte ihn bereits mit purer Verzweiflung.

Warum also war der andere bis auf kurze Momente so ruhig? Wieso schien es ihm so wenig auszumachen? Wieso erfüllte ihn die Vorstellung seinen Traum, für den er bereit gewesen war zu sterben, nie erreichen zu können nicht mit unvorstellbarer Trauer, während es selbst schon Sanji so sehr bedrückte?

Vielleicht war er wirklich so stark, so reif, es einfach so zu akzeptieren, aber wenn Sanji ganz ehrlich war glaubte er das nicht.

Er glaubte nicht, dass der andere sich so aufgeben würden, einfach sein Schicksal annehmen würde. Zorro würde kämpfen, so wie er immer kämpfte.

Wie jeden Morgen kam irgendwann Robin herein, grüßte ihn wie immer freundlich und begann Kaffee zu kochen. Trotz ihres immer noch bandagierten Armes, half sie ihm so gut sie konnte.

Sie unterhielten sich ruhig, doch Sanji verfolgte diese Unterhaltung nur halb so aufmerksam wie er sonst würde.

Er bemerkte kaum, wie Brook und Nami dazukamen, beide sich am Gespräch beteiligten und Robin halfen den Tisch zu decken.

Erst als so ziemlich alles fertig war, stellte er überrascht fest, dass die Hälfte ihrer Crew noch fehlte.

„Wo sind denn alle?“, fragte er missmutig und besorgt.

Er mochte es nicht wenn jemand dem Essen fortblieb, insbesondere da das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages war.

„Chopper wollte direkt zu Zorro gehen“, antwortete Brook äußerst gelassen. Er schien die meiste Ruhe an den Tag zu legen. Vielleicht zeigten sich hier seine Erfahrung und sein Alter.

„Franky und Lysop sind noch in der Werkstatt.“ Namis Stimme war kratzig, sie hatte vermutlich viel zu wenig geschlafen. „Ich war gerade unten, sie sagten sie kommen später.“

„Woran arbeiten die denn die ganze Zeit“, fragte Sanji nach und stellte sich an den nun fertig gedeckten Tisch.

„Wer weiß.“ Sie zuckte nur mit den Achseln.

„Nun gut, ich werde dann mal Ruffy wecken gehen“ bemerkte Robin in ihrer ruhigen, mysteriösen Art, als hätte sie gerade überlegt wie sie einen von ihnen umbringen würde.

Unglücklich starrte Sanji auf sein Frühstück. Es bestand aus unglaublich vielen Resten des vorherigen Abendessens. Er wollte nichts verschwenden, aber es machte ihn noch unglücklicher, dass seine Crewmitglieder so wenig am vergangenen Tage gegessen hatten.

„Okay. Legt schon mal los. Ich guck noch gerade nach Chopper und bring dem Marimo was zum Essen.“

Mit schnellen Griffen hatte er dem Schwertkämpfer einen Teller zusammengestellt und begab sich ins Krankenzimmer.

Chopper saß an seinem Arbeitstisch und sah noch nicht einmal auf.

Der Schwertkämpfer lag auf dem Krankenbett, die Augen geschlossen, ruhig am atmen, offensichtlich schlafend, was kaum verwunderlich war. Um diese Uhrzeit pennte er meistens noch.

Für den Bruchteil einer Sekunde erinnerte er sich an den so weit entfernten Morgen, an dem er den anderen aus einem Alptraum gerissen hatte.

Dann fiel sein Blick auf das kleine Beistelltischchen neben dem Bett, dort stand der Teller vom Abendessen, unberührt.

Mit einem Seufzen wechselte er die beiden Teller aus, Chopper bemerkte ihn und sah ihn ernst an, einen Huf an den Lippen. Eindeutiges Zeichen, dass er den Schwerkämpfer schlafen lassen sollte.

Er nickte und deutete auf die Tür zum Esszimmer. Das Rentier nickte ebenfalls und hüpfte von seinem Drehstuhl.

Im Esszimmer waren die anderen, nun inklusive Ruffy, bereits am essen. Dieser wirkte überdies deutlich fröhlicher als am vergangenen Abend. Er grinste und lachte und aß ohne Pause. Wahrscheinlich musste er die Kalorien vom verpassten Abendessen nachholen.

Als sie fast fertig waren tauchten auch endlich die beiden Handwerker auf, tiefe Augenringe und blasse Wangen. Der Lügenbaron gähnte ausgiebig und der Cyborg strich sich seine Mähne aus dem Gesicht.

Wortkarg setzten sie sich an den Tisch und aßen was noch da war.

Doch sie blieben nicht lange. Nach wenigen Minuten seufzte Lysop auf.

„Auf ein Neues?“, fragte er den Blauhaarigen, dieser nickte nur und weg waren sie.

„Was ist denn nur mit denen los?“ Nami klang recht verstimmt.

Plötzlich stand auch Ruffy auf, immer noch breit am grinsen.

„So.“

Die anderen sahen ihn an.

„Und was hast du vor?“ Nun klang Nami mehr als verunsichert.

„Ich gehe zu Zorro.“ Ruffy grinste wie ein Honigkuchenpferd.

„Denkst du wirklich, dass das eine gute Idee ist?“ Es war selten, dass Robin die Vorhaben ihres Kapitäns in Frage stellte.

„Ja klar. Warum auch nicht?“ Und somit verschwand ihr Gummijunge im Krankenzimmer.

„Na, ob das gut geht?“

„Viel schlimmer als gestern kann es ja nicht werden.“ Brook versuchte den jungen Arzt auf seine Art zu beruhigen.

Doch es blieb ruhig.

Selbst als Sanji gemeinsam mit dem Skelett den Abwasch bewältigt hatte, war es immer noch ruhig.

Irgendwann tauchte Ruffy wieder draußen auf und spielte Angeln. Sanji weigerte sich, es als ernsthaftes Angeln zu betrachten, schließlich lachte der Strohhut laut und wackelte alle paar Sekunden an seiner Angelroute, so dass da nie etwas anbeißen würde.

Nach einer Weile tauchten auch Lysop und Franky aus den Tiefen des Schiffs aus und gingen schnurr stracks in die Männerkajüte um zu schlafen.

Chopper saß währenddessen auf der Schaukel und las ein großes, schweres Buch.

Robin war wohl oben im Ausguck, wie Nami Sanji mitteilte, während er mit Cocktails übers Schiff wanderte.

Brooks Geigenspiel begleitete ihn übers gesamte Schiff, auch wenn er nicht wusste, wo der Knochenmann sich aufhielt.

Er selbst versuchte sich mit mehr oder weniger wichtigen Aufgaben zu beschäftigen, versuchte die seltene Ruhe zu genießen, aber es war unmöglich. 

Wie vermutlich jeder ihrer Crew, dachte er unablässig an den Schwertkämpfer.

Immer noch versuchte er sich auf seine Vorratsliste zu konzentrieren, die auf dem aktuellsten Stand war nebenbei bemerkt, aber nach zwei weiteren Seufzern legte er seine Lesebrille zur Seite und stand auf.

Er hatte noch ein bisschen Zeit bis er mit dem Mittagessen anfangen musste, da konnte er auch mit seinem Lieblingsfeind plaudern. Etwas was er vorher nie getan hätte, oder zumindest nie zugegeben hätte, dass er das getan hätte.

Zu seiner Überraschung lag der Schwertkämpfer diesmal nicht im Bett sondern saß aufrecht, die Arme erst nach oben gestreckt und sich dann ganz langsam nach vorne beugend, bis die Arme den Boden berührten, dabei musste er wohl unglaublich auf sein Gleichgewicht achten.

„Was willst du, Koch?“

Der andere sah ihn nicht mal an, sondern wiederholte die seltsame Bewegung.

„Was tust du da?“

„Wonach sieht es denn aus?“

„Nach Männerballett für Arme, beziehungsweise mit Armen und ohne Beine.“

Verdammt! Er hatte es sich einfach nicht verkneifen können. Macht der Gewohnheit.

Doch der andere schien noch nicht einmal beleidigt,

„Nicht ganz, aber mindestens genauso peinlich.“

„Krankengymnastik?“

Der andere murrte nur zustimmend, offensichtlich nicht in der Lage oder nicht in der Stimmung auf seinen Angriff einzugehen.

Über seinen Rücken hinweg konnte Sanji das unberührte Frühstück auf dem kleinen Tischchen erspähen.

„Du solltest mal was essen.“

„Machst du dir etwa Sorgen um mich?“

„Ich will nur nicht die ganze Zeit gute Lebensmittel wegschmeißen müssen.“

Der Ältere streckte sich ein weiteres Mal, ehe er sich zu Recht rückte gegen die Wand lehnte.

„Du musst mir ja nichts hinstellen.“

„Da du dir ja nichts holen kannst, muss ich es wohl für dich tun.“

Zorro reagierte nicht.

Hatte er ihn nun doch ernsthaft verletzt? Verdammt!

Wenn es um den Marimo ging war es ihm fast unmöglich seine Zunge im Zaun zu halten, er sprach schneller als er dachte.

Er war da nicht dran gewöhnt. Er war selbst noch so geschockt von dem Geschehenen, hatte es noch nicht einmal ansatzweise begonnen zu verarbeiten und nun warf er es dem anderen an den Kopf ohne überhaupt auf seine Gefühle zu achten.

Verdammt!

Doch zu seiner Überraschung grinste der andere nur sachte und schüttelte den Kopf.

Steckte er das tatsächlich so gut weg?

„Worüber hast du dich mit Ruffy unterhalten? Diesmal hat er dich ja nicht durchs Zimmer katapultiert.“

Nun sah der Grünhaarige ihn das erste Mal an.

„Eigentlich das Gleiche wie gestern, nur diesmal hat er zugehört.“

Sanji biss sich auf die Unterlippe.

„Und das Ergebnis?“

„Ich werde bleiben.“

Erleichterung flutete Sanji. Kein Wunder, dass Ruffy so gut gelaunt gewesen war. Zorro würde bleiben. Alles andere würden sie schon irgendwie hinbekommen.

„Bis wir die Red Line erreichen. Von dort aus wird es mir einfacher fallen, in den East Blue zurückzukehren.“

Er erstickte an seinem eigenen Atem.

„Was?“

„Tu nicht so geschockt. Wir beide wissen, dass die neue Welt so oder so gefährlich genug wird. Diese  Crew braucht nicht noch zusätzlich einen Krüppel, auf den ihr alle Rücksicht nehmen müsst.“

Fassungslos starrte er den anderen an, doch dieser schien nur zu entspannt.

„Und wenn du mich nun entschuldigen würdest. Ich bin ziemlich müde und möchte mich etwas ausruhen.“

Seine Reflexe arbeiteten schneller als sein betäubtes Gehirn.

„Du pennst doch eh nur.“

„Als wäre das etwas Neues.“

All das hörte sich so falsch an. All das war nicht richtig.

Irgendetwas an der Art wie Zorro sich benahm passte nicht, wie falsch zusammengesetzt.

Er ging, doch dieses leere Gefühl etwas verloren zu haben blieb.

 

-Zorro-

Als die Tür zufiel atmete er tief durch und ließ sich einfach zur Seite fallen.

Sein Rücken schmerzte kaum noch, seine Wunden verheilten gut.

Er war so erschöpft, er war so müde.

Er war die ganze Zeit müde.

Es war so anstrengend, er war an dieses Bett gefesselt, konnte sich kaum eigenständig in eine sitzende Position bringen. Er konnte nicht gehen, wenn ihm etwas nicht passte, konnte seine Gedanken nicht durch sein tägliches Training ordnen.

Er vermisste das Trainieren, es war das, was ihn beruhigte, befreite, beflügelte.

Es war anstrengend. Jedes Mal, wenn sich eine der beiden Türen zum Krankenzimmer öffnete, musste er sich zusammenreißen, musste seine Gefühle kontrollieren. Chopper war so fragil wie aus Glas, ein lautes Wort wäre genug um ihn in tausend Scherben zerbersten zu lassen.

Doch das war etwas, was er nie zulassen würde. Alles was er noch tun konnte, war seinen jungen Freund vor seinen wahren Gefühlen zu bewahren.

Ruffy war da ganz anders, aber genauso zerbrechlich. Es war seine Aufgabe Ruffy zu beschützen, selbst wenn das bedeuten würde, dass er gehen musste… Verdammt! Selbst wenn das bedeuten würde, dass er die Crew verlassen musste.

Den Rest der Crew hatte er seit dem Unfall kaum gesehen, zumindest nicht alleine. Vermutlich wussten sie nicht, wie sie mit ihm umgehen sollten.

Doch ihm war das nur Recht, besser als diese mitleidigen Blicke und heuchlerischen Worte.

Die einzige Ausnahme bildete der nervige Smutje, der gefühlt alle paar Minuten hereingeschneit kam um mit ihm irgendwelche tiefen Gespräche zu führen.

Eigentlich war er der Schlimmste von allen. Er konnte genau sehen, wie der andere versuchte seine eigenen Gefühle in den Hintergrund zu schieben um ihm Raum zu geben. Er konnte sehen, wie Sanji versuchte seine Gedanken und Gefühle zu erahnen, und jedes Mal meilenweit daneben lag.

Aber dadurch musste er sich noch mehr zusammenreißen, musste noch mehr darauf achten, was er sagte und tat. Er war daran gewöhnt auf Ruffy und auf Chopper zu achten. Er war daran gewöhnt den anderen Crewmitgliedern nicht zusätzliche Sorgen aufzubürden.

Aber er war einfach nicht daran gewöhnt auch noch darauf achten zu müssen, dass er den Koch zerbrechen könnte. Das überforderte ihn, er wusste nicht wie lange er das noch aushalten konnte.

Sein leerer Blick lag auf seinen Knien, die noch genauso da standen wie er sie vorher abgesetzt hatte.

Choppers Worte vom vergangenen Abend waberten in seinem Kopf herum, doch der letzte Funke Hoffnung war schon lange verflogen.

Und ganz leise spürte er, dass er selbst nun brach.

Er würde nie wieder laufen können, nie wieder trainieren können, nie wieder kämpfen können.

Er streckte eine Hand nach seinen Schwertern aus, die an Choppers Arbeitstisch lehnten.

Er kam nicht dran, doch plötzlich war der Drang sie zu halten zu groß.

Mühsam richtete er seinen Oberkörper auf und lehnte sich soweit nach vorne wie er konnte, irgendwann rutschten seine Beine weg und er fiel zu Boden.

Mit der Kraft seiner Arme zog er sich nach vorne, bis er schließlich seine geliebten Schwerter halten konnte.

Schwerfällig lehnte er sich in die Ecke gegen die Wand und schloss die Augen, die Waffen in seinem Schoß. Sein Kopf ruhte an der Kante des Tischs.

Hart und kalt traf ihn erneut die Erkenntnis.

Es war vorbei!

Er hatte immer gekämpft, nie aufgegeben, aber nun gab es nichts mehr zum kämpfen.

Er würde niemals mehr gegen Falkenauge antreten. Er würde seinen Traum nie erfüllen können.

Er war kein Schwertkämpfer mehr.

Er würde sein Versprechen nie wahr machen können.

Sein Atem brach und er spürte die Tränen.

All das, wofür er gelebt hatte, all das, was ihm wichtig war, war nun verloren.

Einst hatte er nur für seinen Traum gelebt, nun für acht weitere, für acht großartige Träume und nun hatte er das alles verloren. Hatte seinen Anteil in der Geschichte verloren.

Er konnte zurück in den East Blue, konnte vielleicht zurück zu seinem alten Meister Koshiro und ihn bei der Ausbildung seiner Schüler unterstützen. Vielleicht würde er irgendwann an irgendetwas anderem Interesse finden.

Aber er wusste, dass er nie wieder glücklich werden konnte. Das, was sein Leben ausgemacht hatte, das, wofür er sogar bereit gewesen war zu sterben, war nun fort.

Mit einem Finger strich er die obere Kannte seiner Narbe entlang.

Er hatte Mihawk versprochen ihm diese Narbe eines Tages zurück zu geben, dieses Versprechen würde er nicht halten, auch nicht halten.

Sein Blick lag auf seinen Füßen, sah die Narben von damals.

Ohne Beine wäre er besser dran, als mit diesen leblosen Anhängseln.

Sein Blick lag auf Kitetsu. Nur zu gerne wäre es ihm behilflich bei dieser Tat, das konnte er spüren. Aber er würde diesem Drang nicht nachgeben, so wie er keinen ehrlosen Selbstmord begehen würde. Er war zu stolz dafür, er würde nicht den feigen, einfachen Ausweg nehmen, das würde er sich nie verzeihen.

Aber während er so dalag, an die Wand des Krankenzimmers gelehnt, seine Schwerter wie kleine Kinder am hin und her wiegen, rann eine einzelne Träne seine Wange hinab und er wünschte sich, dass er doch gestorben wäre.

Dass er den Absturz von der Klippe nicht überlebt hätte. Dass er keine Last für seine Freunde sein würde.

Er konnte diese erbärmlichen Gedanken nicht verbannen.

Sie waren nicht stark genug ihn wegzuschicken, dass wusste er. Deswegen musste er gehen, deswegen wäre es für alle einfacher gewesen, wenn er gestorben wäre.

Vor langer Zeit hatte es mal diese kleine Hoffnung gegeben, dass er genauso nie enden würde. In einer dunklen Nacht, nach viel Alkohol und einer großen Feier hatte er eine Abmachung getroffen, eine Absprache zugunsten der Crew, um sie zu beschützen. Er hatte Vorkehrungen getroffen um zu verhindern, dass er je als Krüppel enden würde, aber…

„Du wirst es nicht tun, oder?“, flüsterte er, den Kopf gegen die Wand gelehnt, Augen geschlossen.

Er wusste, dass die Person im Türrahmen ihn traurig ansah und den Kopf schüttelte.

„Es tut mir leid.“

Er sagte nichts, hörte wie die Türe sich leise schloss. Sanfte Schritte hallten über das Holz.

„Ich wünschte ich könnte es.“

Er konnte hören wie ihre Stimme brach und als er aufsah konnte er sehen, wie leise Tränen ihren Weg ihre Wangen hinunter suchten.

„Ich wünschte so sehr ich könnte es noch tun.“

Er schüttelte den Kopf.

Lange sahen sie einander an. Sie war wohl die Einzige, die seine Wahrheit ertragen konnte, die ihn ertragen konnte. Seine Gefühle und seine Ansichten.

Verstehen konnte, dass er so nicht leben konnte. Verstehen konnte, dass der Tod ihm gnädiger wäre. Verstehen konnte, dass er sich nie verzeihen konnte, dass er die anderen im Stich gelassen hatte.

Sie sah zu ihm hinab, rang laut nach Luft und presste sich eine Hand auf ihre Lippen, ehe sie auf die Knie sank.

Nun kniete sie zu seinen Füßen, so nah und doch so fern.

Keiner von ihnen würde vor den anderen schwach werden, aber hier und jetzt waren es nur sie beide, und er erlaubte ihr zu trauern, so wie er trauerte, um den Mann, der er hätte sein  können.

„Bitte vergib mir“, flüsterte sie.

Er seufzte leise.

„Es gibt nichts, was ich dir vergeben müsste. Es ist lange her, die Dinge haben sich geändert. Wir haben uns verändert.“

Sie sah weg, einzelne Tränen tropften zu Boden, während ihr Pony ihr Gesicht verbarg.

„Aber es war unsere Abmachung. Unser Deal.“

Ihre Stimme war so viel schwächer als sonst.

„Aber wie könnte ich dich darum bitten das zu tun, wenn ich es doch damals auch nicht getan habe.“

Nun sah sie auf.

„Das war etwas anderes.“

„Ja, das war es.“

Für sie hatte er noch kämpfen können. Es hatte noch eine Chance gegeben.

Er sah ihr zu wie sie sich langsam wieder aufsetzte, ein verbissener Ausdruck im Gesicht. Sah ihr zu wie sie ihm ernst zunickte und stumme Tränen ihre Augen füllten. Sah ihr zu wie sie die Arme kreuzte und ihn mit bebenden Lippen ansah.

Plötzlich tauchten zwei Arme aus der Wand neben ihm auf und begannen ihn zu würgen.

 Sie weinte immer mehr, biss sich auf die Lippe und hatte die Hände zu Fäusten geballt, während er einfach nur da saß und spürte wie es immer schwerer wurde zu atmen.

Er wusste, dass sie es nicht schaffen würde.

Er schloss die Augen, genoss den Schmerz, genoss die Vorstellung dass seine Qualen ein Ende haben könnten. Genoss die Vorstellung von seinen eigenen Gedanken nicht mehr gejagt zu werden, keine Enttäuschung mehr zu sein, doch dann ließ der Druck nach.

Laut schluchzte sie auf und er wusste, dass die fremden Arme verschwunden waren.

„Ich kann es nicht!“ Sie unterdrückte einen Aufschrei indem sie sich beinahe selbst in den Arm biss. „Es tut mir leid!“

Erneut floh eine Träne aus seinem Auge, als er die Hand nach ihr ausstreckte. Es war nichts weiter als eine Vorstellung gewesen. Er hatte gewusst, dass es keinen einfachen Ausweg für ihn geben würde, dass er diesen Weg nie gehen würde, dass sie es letzten Endes nicht tun würde.

Er würde nicht wie ein Feigling sterben.

„Ist schon okay. Es ist alles in Ordnung.“

Auf allen Vieren robbte sie vorwärts, äußerst unelegant für die sonst so bezaubernde Dame, und nahm seine Hand in die ihre, immer noch schluchzend, immer noch weinend.

Sie war wie er, sie waren einander sehr ähnlich.

Sie sprachen über Dinge, die die anderen nicht verstehen konnten, vielleicht noch nicht einmal ertragen konnten.

Vor langer, langer Zeit hatten sie eine Abmachung getroffen. Eine Abmachung zum Schutz der Crew, aber auch um ihrer selbst willen. Um einen jeden von ihnen vor ihrer größten Furcht zu bewahren.

Doch damals, in jener Nacht nach dem Anschlag auf Eisberg, als sie ihn so flehentlich angesehen hatte, in dieser Nacht hatte er sich nicht daran gehalten und er hatte gewusst, dass sie es nun auch nicht mehr tun konnte.

Gefühle waren schon etwas ziemlich störendes. Wenn Menschen einem wichtig wurden, verlor man jeden Bezug zur Objektivität.

Er hatte schon sehr früh gewusst, dass er die Abmachung nicht einhalten würde, spätestens als sie den Admiral getroffen hatten, vielleicht aber schon früher, da war er sich nicht mehr sicher.

Doch sie hatte bis gerade gedacht, dass sie es schaffen könnte.

Sie war wirklich stark.

Sie war überzeugt davon gewesen, ihre eigenen Gefühle in den Hintergrund zu stellen um ihre Abmachung zu erfüllen, doch letzten Endes konnte sie es nicht.

Er wusste nicht was ihn mehr bewegte, ihre Loyalität oder ihre Herzlichkeit.

Beides Dinge, die er ihr bei ihrem ersten Treffen nie zugetraut hätte.

Er zog sie zu sich und nahm die sonst so starke Frau in seinen Arm.

„Ich danke dir.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  pbxa_539
2017-07-13T05:51:01+00:00 13.07.2017 07:51
Geheimnis um Geheimnis.
So wirklich fehlen mir bei diesem Kapitel die Worte.
Ist schwierig, etwas zu sagen, wenn man doch nichts zu sagen hat.
So sei dir gewiss, ich habe das Kapitel gelesen, verstehe es aber nur teilweise.
Dafür bringst du die Gefühle jedes einzelnen aber verdammt gut rüber.
Schauen wir mal, ob Zoro tatsächlich die Sunny verlässt (was ich so recht nicht glauben kann und will).
Der Kerl ist so ehrgeizig, der müsste eigentlich auf seinen Händen weiter durchs Leben laufen. Wie er den Schwertkampf bewerkstelligen will, erschließt sich mir aber auch nicht.
Antwort von:  Sharry
15.07.2017 21:53
Hey,
danke dir für deinen Kommi.
Ich weiß, dass diese Storry nicht wirklich Kommentarfreundlich ist, sehr düster und makaber, daher freut mich dein Kommentar umso mehr^^
Sagen wir mal so, auch Zorro muss da erst einmal hintersteigen, aber das wird er mit Sicherheit noch;-)
Alles Liebe
Sharry


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