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Empfindungen

von

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Verständnis


 

Verständnis
 

Er sah stillschweigend auf die leise schluchzende Elbin herab.

Das Gespür des Königs vermittelte ihm den Schmerz ihres Herzens, als sei es sein eigener.

Er hatte von Anfang an gespürt, dass diese Affäre wohl genau dieses Ende nähme.

Es gab kein größeres Leid, als der Verlust eines Geliebten.

Die Pein als wurde man seiner eigenen Seele entrissen, ohne etwas dagegen tun zu können, war man nur in der Lage nachzuvollziehen, wenn man es selbst erfahren hatte.

In solchen Zeiten gab es keine Ideale. Es gab keine guten Gründe oder Erklärungen für einen solchen Schicksalsschlag. Dahinter steckte nicht einmal eine dunkle Absicht.

Es gab keine Gründe.

Nichts.
 

Begleitete man jemanden, der seine Jahre aufgebraucht hatte, war schwer genug,

doch der geliebten Seele eines geschätzten Geschöpfes auf diese unselige Weise beraubt zu werden, war noch viel grausamer.

„Kili… Kili!“

Die junge, rothaarige Elbin wiederholte immer nur den einen Namen. Egal wie viele hundert Mal sie nach ihm rief, seine Seele würde nicht zurückkehren. Selbst wenn sie ihn für tausend Jahre in ihren Armen wog um seinen Körper zu wärmen.

Seine dunklen Augen würden sich nie wieder öffnen um ihr entgegen zu leuchten.

„Tauriel.“

Thranduil trat der Frau gegenüber. Nicht wissend ob er den Eindruck machte, sich wenigstens ein wenig in sie hineinversetzen zu können, steckte er sein Schwert zurück in die Scheide.

„Mein Herr Thranduil…“, brachte sie unter Tränen hervor, als sie ihr bleiches Antlitz, müde vom vielen Wehklagen dem König zuwandte. Sie hatte keinerlei Regung des kalten Königs erwartet. Schon deshalb erschien ihm Tauriel überrascht, einen leichten Schimmer von Mitgefühl in seinen Augen erkennen zu können.

„Wenn das die Liebe ist, dann will ich sie nicht“, wisperte sie, „Warum tut es nur so weh?“

Thranduil schloss für einen Moment die Augen.

Ja.

Es tat weh.

Sie erfuhr es nun. Die wahre Grausamkeit der Welt.

Zitternd, weinend und bemitleidenswert wiegte sie den toten Zwerg in ihren Armen. Auf Thranduil wirkte Tauriel wie ein verletztes Kitz, kurz vor dem eigenen Ende.

„Weil es wahrhaftig war“, erklärte die Stimme des Königs, wobei sie eine leichte Regung zeigte. Tauriel war zu aufgewühlt um es als Verständnis verstehen zu können. Thranduil ging auf sie zu, wobei die Elbin innerlich dem Ende bereits entgegensah: „Befreit mich davon. Bitte!“

Es war ein Flehen. Ein verzweifeltes Flehen, das Thranduil nicht zu erhören gedachte. Anstatt sein Schwert zu ziehen kniete der König sich neben den Zwerg, welcher noch immer von Tauriel gehalten wurde.

„Lass uns diesen Zwerg zurück zu seiner Sippe bringen.“ Der silberblonde Elb entfernte sanft die Hand der jungen Frau, die sich noch immer an Kili klammerte und sich sträubte ihn loszulassen. Dennoch löste Thranduil sie von ihm und hob die sterblichen Überreste des jüngsten Zwerges auf. Tauriel brauchte noch eine Weile, bevor sie sich ein Herz fasste und sich ebenfalls erhob. Das sonst erstarrte Gesicht des Königs war sanfter geworden, dennoch hielten sich seine Worte des Trostes in Grenzen.

„Tauriel, du musst durchhalten.“

Was hätte er ihr sagen sollen?

Es brauchte Zeit?

Sie käme irgendwann darüber hinweg.

Alles, was bei Mensch, Zwerg oder den meisten anderen Bewohnern Mittelerdes Sitte war, erschien zu einfach und leichtfertig dahingesagt. Niemand konnte ihr Leiden verstehen. Selbst Thranduil nicht.

Tatsache war, dass Tauriel nun alles durchleben musste. Eine Notwendigkeit, die sie früher oder später erleben musste.

„Tauriel. Komm.“
 

Es wurden keinerlei Worte gewechselt. Die Stille wog schwer auf ihren Gemütern und Thranduil meinte hören zu können, dass die Schritte der jungen Silvanelbin schwerer klangen als gewöhnlich. Vielleicht lag es daran, dass ihr Körper vor Schock und Trauer wie Espenlaub bebte. Auch wenn Thranduil es nicht sehen konnte, da Tauriel hinter ihm ging, er wusste, dass ihre müden Augen ständig auf Kili gerichtet waren.

Die Zwerge in Erebor waren bereits um deie leblosen Körper von Thorin Eichenschild und Fili versammelt, als der anmutige Elbenkönig, gefolgt von der Silvanelbin ebenfalls hinzustieß. Ein entrüstetes Raunen ging durch die Zwergenmenge und auch Gandalf der Graue, sowie der Hobbit warfen dem Silberblonden schockierte Blicke zu. Einerseits galten die entsetzten Stimmen dem dunkelhaarigen Zwerg, der wie sein König und Bruder viel zu jung war um von dieser Welt zu gehen. Andererseits lag es an dem Anblick Thranduils. Selten, wenn es überhaupt jemals vorgekommen war, hatte man gesehen dass ein königlicher Elb einen Zwerg trug. Dabei machte er sich nichts aus dem Dreck, der seine Haut und vornehme Kleidung besudelte und achtete auch nicht auf das Blut, welches auch ihn teilweise benetzte. Auf beiden Händen gebettet, lag der jüngste Zwerg wie ein kleiner Junge nur in des Königs Armen. In jeder anderen Situation wäre ein heftiger Streit zu etwas Schlimmeren ausgeartet, sähe man diesen Mann einen toten Zwerg tragen, welcher mit der zwergischen Königslinie verbunden war. Gandalf hielt Gloin zurück, welcher im Begriff war, sich aufzubauen und schüttelte den Kopf. Deutlich war im Gesicht des Silberblonden zu erkennen, dass es sich nicht um eine Situation handelte, die er genoss. Thranduils kalte Augen waren voller trauriges Mitgefühl für den Schlag, den die Zwerge ertragen mussten. Oder war es nur Tauriels Trauer, die sein Herz erweichte.

Balin reagierte als erster und ging auf den König zu. Wie es sich gehörte verbeugte er sich kurz um ihm Respekt zu erweisen und streckte seine Arme aus um Kili an sich zu nehmen. Doch bevor die Übergabe stattfand, besann Balin sich darauf seinen Dank auszusprechen: „König Thranduil, habt Dank für diese Geste.“

„Schon gut.“

Sie waren sich alle einig, dass Kili niemals durch Thranduils Schwert gestorben sein konnte. Nicht bei diesen trüben Augen, die beinahe gefühllos erschienen, in die Runde sahen. Es vergingen nur wenige Sekunden, bevor die Zwerge, die leicht bedrückte Stimme des Elben vernahmen. Thranduil bemühte sich stets darum keine Emotionen durchdringen zu lassen. Umso schockierter waren die Zwerge, als sie seine Worte vernahmen, während Balin sich um den Toten kümmerte und ihn genau untersuchte.

„Ich bringe den Liebsten meiner Ziehtochter in sein rechtmäßiges Heim zurück.“

Die rothaarige Elbin war noch immer ein paar Schritte hinter dem König geblieben. Betrachtete man sie in diesen Momenten, war Tauriel u nichts anderem in der Lage, als vor Kummer leise, aber doch hörbar zu weinen. Noch nie hatte ein Elb Tränen für das Leben eines Zwerges vergossen.
 

Kili ward königlich zum Abschied aufgebahrt. Seine Haut und Kleidung gesäubert und mit reinen Waffen geschmückt in die großen Hallen von Erebor gebracht. Obwohl Thranduil es nicht selbst betraf, er begleitete Tauriel bis hinunter in den Berg. Etwas anderes zu tun stand nicht in seiner Macht.

Balin, dessen stattliches Alter durch einen langen, weißen Bart gekennzeichnet war, empfing die beiden Elben da man ihn für den diplomatischsten hielt. Jedenfalls wenn man Gandalf Glauben schenkte. Die Halle, in welcher Abschied genommen wurde, war dunkel und nur von gedämpftem Kerzenlicht erleuchtet. Es waren viele Zwerge anwesend, die sich verabschieden wollten. Sogar der Hobbit schien nicht zu wissen, wie er seine Tränen verbergen sollte, als er vor dem toten Thorin stand.

„Meine Herrin“, brachte Balin im Flüsterton hervor und streckte seine Hand aus. Tauriel schnappte hörbar nach Luft, als sie sah um was es sich handelte. In der kleinen Hand des alten Zerges, lag ein Kleinod.

Ein Stein.

Der Runenstein, den Tauriel ihm in die Hand gegeben hatte.

Langsam begann auch Thranduil zu verstehen, was es damit auf sich hatte.

„Herrin, es wäre uns eine Ehre wenn Ihr ihn annähmt. Kili… hätte es sich sicher so gewollt.“

Tauriel aber sah auf den Stein hinunter und schüttelte leicht den Kopf. Ihre schlanke Hand schloss die des Zwerges, worauf ihre tränenunterdrückte Stimme ihm entgegnete: „Bitte, wenn es irgendwie möglich ist, dann sendet den Stein bitte wieder zurück zu Kilis Mutter. Es ist ein Versprechen an sie gewesen und ich möchte nicht, dass es mir auf diese Weise zukommt.“

Balin nickte bedächtig und verbeugte sich tief vor der Elbin, die nicht mehr als die Anführerin der Krieger war, welche den Düsterwald verteidigen sollten.

„Herrin…“, begann Balin erneut. „Mein Name ist Tauriel.“

Er nickte mit einem leichten Lächeln: „Tauriel, was gedenkt Ihr zu tun? Werdet Ihr Eure Reise antreten?“

Tauriel schüttelte ihren Kopf und auf eine Weise erleichterte es den Elbenkönig ihre Entscheidung zu hören.

„Ich werde nach Seestadt gehen und den Menschen dort beim Wiederaufbau der Stadt helfen. Von dort aus werde ich meinem König treu bleiben und sowohl meinem Volk als auch das Volk der Menschen verteidigen. Damit kein Mensch, kein Zwerg oder Elb leiden muss. Ich brauche keine Andenken an Kili um mich an ihn zu erinnern. Er wird stets in meinem Herzen ein zu Hause haben und auf diese Weise werde ich für immer an seiner Seite verweilen und kämpfen.“

Auch wenn die junge Elbenfrau den Anflug eines Lächelns zeigte, so waren ihre Augen noch immer von Tränen getränkt. Auch Balin schaffte es, ihr ein trauriges, aber gleichermaßen ermutigendes Lächeln zu schenken. „Ich schätze, dass Zwerge und Elben miteinander auskommen können. Nicht wahr?“

Tauriel war nicht in der Lage zu antworten. Sie schloss ihre Augen und nickte stumm.
 

Thranduil ließ die Elbin gewähren und so verfahren, wie es ihr beliebte.
 

Sie war dazu verdammt mit ihrer ewigen Liebe zu diesem Zwerg bis in alle Ewigkeit zu leben.
 

Entweder bis Mittelerde eines Tages verging, oder ob sie selbst die letzte aller Reisen antrat.
 


 

Ende



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