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Paraplegia

querschnittsgelähmter Held
von

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Der Anfang

Katsuya Jonouchi saß am Fenster und starrte hinaus. Doch er sah nicht den strahlendblauen Himmel, sah nicht die vorbeiziehenden weißen Wölkchen, sah nicht die grellscheinende Sonne.

Was er sah, war ein brennendes Haus, ein schreiendes Mädchen in der dritten Etage, eine offene Haustür, ein rauchiges Treppenhaus, meterhohe Flammen im zweiten Stockwerk, eine verschlossene Wohnungstür, aus der die Schreie kamen und die er kurzerhand eintrat, ein am Boden kauerndes Mädchen, das er auf seine Arme hob und zur Treppe brachte.

Er sah die Treppe unter sich zusammenbrechen, sah die große Fensterscheibe über sich zerbersten, sah das ängstliche Mädchen in seinen Armen, das er schützend an sich presste, sah aufgeregte Menschen auf ihn zu laufen.

Sah, wie sie ihn aus dem Holzbalkengewirr der alten Treppe zu befreien versuchten, sah, wie sie ihm das fast unverletzte Mädchen aus seinen blutigen Armen hoben, sah, wie eine weinende Frau das Mädchen schluchzend an sich drückte, sah, wie sie dankbar nickte, weinte und doch glücklich lächelte, sah, wie das Mädchen sich noch einmal umdrehte, sah, wie sich der kleine Mund zu einem ‚Danke, starker Held‘ verformte.

Und Katsuya lächelte selig.
 

Es war es ihm wert gewesen. Der Preis, den er dafür zahlen musste, war hoch, aber es war es ihm wert gewesen.
 

Katsuya spürte nicht die warmen Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht, spürte nicht die heißen Tränen aus seinen Augen treten, spürte nicht das kalte Zittern durch seinen Körper gehen.

Was er spürte, war die Angst, die von dem kleinen Mädchen in der dritten Etage ausging, spürte den Rauch aus dem Treppenhaus in seinen Lungen brennen, spürte die Hitze der Flammenwand im zweiten Stockwerk, spürte den Widerstand der Wohnungstür, als er sie eintrat, spürte das federleichte Gewicht des Mädchens, als er es auf seine Arme hob.

Er spürte ihre Tränen durch sein T-Shirt dringen, spürte den Fall, als die Treppe einstürzte, spürte seine Beine brechen, als er mit einem Teil der Treppe im untersten Treppenhaus landete, spürte die Glasscherben in seinen Rücken dringen, spürte, wie der Schmerz in seinen Beinen ganz plötzlich verschwand und durch eine unnatürliche Taubheit ersetzt wurde.

Spürte die Flammen an seiner Kleidung züngeln, spürte Holzsplitter, Nägel und Schrauben sein Gesicht und seine Arme zerkratzen, spürte, wie das Gewicht der Holzbalken auf ihm verschwand, spürte, wie das Mädchen aus seinen Armen gezogen wurde, wie es nach ihm griff, wie es sich an ihn klammerte, wie es letztendlich doch weggebracht wurde.

Und Katsuya weinte still.
 

Ja. Es war es ihm wert gewesen. Der Preis, den er dafür zahlen musste, war verdammt hoch, aber es war es ihm wert gewesen.
 

Noch immer mit einem Lächeln im Gesicht und Tränen in den Augen schob er sich ein Stück von der Fensterwand weg, drehte die Räder seines Rollstuhls und rollte zurück zu seinem Krankenbett. Er zog sich selbstständig in eine aufrechte Position und hievte sich mit erheblichem Kraftaufwand vom Rollstuhl auf das Bett. Seufzend legte er sich auf den Rücken, hob den Kopf, betrachtete kurz seine Beine und warf entschlossen die Bettdecke über sie.
 

„Querschnittslähmung von der Hüfte abwärts.“, murmelte er träge und ohne Emotion, als wäre er nur eine ausgeleierte Kassette, die ständig nur dasselbe wiederholte. „Querschnittsgelähmt mit 18.“

Das Angebot

Seit zwei Wochen lag Katsuya nun im Krankenhaus. Morgen würde er theoretisch entlassen werden können. Doch, wo sollte er hin?

Seine Freunde hatte er schon am ersten Tag nach der Diagnose des Chirurgen davongejagt, er ertrug ihre mitleidigen Blicke nicht. Seinen Vater hatte er zu einer Alkoholentziehungskur verdonnert, wenn der sich darauf einließ, war er mit Sicherheit selbst irgendwo in einer Klinik. Seine Mutter hatte er am Telefon angefaucht, dass sie sich gefälligst um ihren eigenen Scheiß kümmern soll, er könne sehr gut auf ihr geheucheltes Mitleid verzichten. Seine Schwester hatte er vor einer Woche zurück zu ihrer Mutter geschickt, er wollte ihr keine Belastung sein, sie war einfach noch zu jung für so eine Verantwortung, er wollte nicht, dass sie sich um ihn kümmerte. Und seine eigene Wohnung war alles andere als behindertengerecht.

Wohin also sollte er gehen? Wobei gehen wohl das falsche Wort war, denn das würde er nie wieder tun.
 

Mit leerem Blick schaute er wieder aus dem Fenster, wie jeden Tag, seit sie ihn in dieses Zimmer gerollt hatten. Es war zwar ein 2-Personen-Zimmer, aber er war die ganzen zwei Wochen alleine hier gewesen, wofür er überaus dankbar war. Auf diese Weise wurde ihm kein Gespräch aufgezwungen und er konnte ungestört seinen Gedanken nachhängen.

Immer wieder liefen dieselben Szenen wie eine Endlosschleife vor seinen Augen ab und immer wieder stellte er sich dieselbe Frage:
 

‚Was hätte ich sonst tun sollen?‘
 

Es war nicht so, als ob er bereuen würde, das kleine Mädchen gerettet zu haben, aber jedes Mal tauchten Fragen auf, ob er vielleicht zu langsam war beim Hinabsteigen der Treppe oder zu schnell beim Hinaufsteigen oder einfach nur zu schwer. Hatte er die Treppe mit Vibrationen oder seinem Gewicht zum Einsturz gebracht? Hatte es wohlmöglich noch einen anderen Ausweg aus dem brennenden Haus gegeben? Hätte er auf das Dach flüchten und von dort aus auf ein anderes Haus springen sollen? Es wäre machbar gewesen. Für ihn selbst auf jeden Fall. Mit dem Mädchen im Arm vermutlich auch. Vielleicht aber auch nicht.

Katsuya wusste es nicht. Und es brachte auch nichts, wenn er nun darüber nachdachte. Das war ihm klar. Aber, das änderte nichts daran, dass ihm trotzdem immer wieder diese Fragen durch den Kopf gingen.
 

Es klopfte an der Tür, Katsuya hörte es, reagierte jedoch nicht. Er erwartete niemanden. Sicher war es nur wieder eine Krankenschwester, die sich ankündigte und ohnehin nur aus reiner Höflichkeit vorher anklopfte, da sie sowieso gar keine Reaktion mehr erwartete. Sie würde einfach eintreten, sagen was sie wollte und wieder verschwinden. So wie jedes Mal.
 

Die Tür wurde geöffnet, Katsuya starrte weiterhin mit leerem Blick in den strahlendblauen Himmel. Als nach etwa fünf Minuten jedoch noch niemand zu ihm kam, um ihn anzusprechen, runzelte er leicht die Stirn und fixierte das Spiegelbild im Fenster. Er erkannte deutlich die offene Tür und die großgewachsene, schlanke Gestalt mit diesem typischen Mantel.
 

„Kaiba.“, sprach er völlig monoton und ohne jegliche Gefühlsregung den Namen aus.
 

„Jonouchi.“, kam es ebenso monoton und kalt zurück. „Mehr tot als lebendig, wie ich sehe.“
 

„Was willst Du?“, stellte Katsuya die Frage, ohne wirklich eine Antwort zu wollen.
 

„Was willst Du?”, kam die emotionslose Gegenfrage.
 

Katsuya lächelte.
 

„Laufen.“, sagte er, Kaiba schüttelte den Kopf.
 

„Kein Wunsch, den ich im Moment erfüllen kann.“, kam seine Erwiderung.
 

„Dann geh und komm nicht wieder.“, meinte Katsuya und sein Blick wurde wieder leer.
 

„Du solltest wirklich lernen, besser zuzuhören, Jonouchi. Ich sagte: im Moment.“, entgegnete Kaiba arrogant, schloss hinter sich die Tür, trat hinter Katsuya ans Fenster und verschränkte die Arme.
 

Katsuya fixierte überrascht Kaibas Spiegelbild und seine Augen wurden weit aufgerissen.
 

„Was soll das heißen?“, hauchte er leise.
 

Kaiba schaute sekundenlang nachdenklich aus dem Fenster, sein Blick war leer.
 

„Soll heißen, dass ich noch keine Lösung für das Problem gefunden habe, allerdings schon eine Weile daran arbeite. Und bevor Du nach dem Grund fragst, ich habe schon damit begonnen, bevor ich von Deinem Unfall erfuhr, genau genommen bereits vor zwei Jahren ungefähr. Der Grund dafür war damals Noah.“, meinte er nach einer Weile relativ sachlich, Katsuya legte überrascht den Kopf schief.
 

„Noah? Kam der nicht mit Gozaburo in der virtuellen Welt ums Leben?“, fragte er, Kaiba nickte.
 

„Der Noah, den wir kennenlernten, kam in der Tat um. Allerdings hatte Gozaburo noch ein Backup in den alten Archiven des Kaiba Satelliten und zwar von dem damals 10 Jahre alten Noah, kurz nach dessen Unfall und bevor er die Daten von Noahs Gehirn in die virtuelle Welt übertrug.“, erwiderte er.
 

„Und?“, fragte Katsuya.
 

„Und ich habe mit Hilfe von Pegasus in Amerika, in einem mir bisher unbekannten Labor der Kaiba Corporation, Noahs ziemlich mitgenommenen Körper gefunden, all die Jahre künstlich am Leben erhalten. Die meisten Verletzungen sind bereits verheilt, allerdings liegt eine eindeutige Querschnittslähmung vor, von der Hüfte abwärts.“, gab Kaiba emotionslos Auskunft, Katsuya runzelte die Stirn.
 

„Was hat das mit mir zu tun?“, fragte er, nicht sicher, ob er die Antwort hören wollte oder mögen würde.
 

„Ich kann mit Noahs Körper keine Experimente machen, solange er ohne eigenes Bewusstsein ist und selbst wenn er es hätte, wäre er nur 10 Jahre alt und ich könnte es alleine schon deshalb nicht.“, meinte Kaiba und Katsuya nickte verstehend.
 

„Ich bin 18, bei vollem Bewusstsein, ab der Hüfte gelähmt, vermutlich auch noch aus fast demselben Grund wie er…“, Kaiba nickte, Katsuya seufzte. „…und ich bin verzweifelt genug, um nach jedem kleinen Strohhalm zu greifen, nur um wieder laufen zu können.“
 

„Korrekt.“, stellte Kaiba fest.
 

Katsuya starrte kurz hinauf in den Himmel, schloss die Augen und lächelte melancholisch.
 

„Wann und wo sollen die Experimente stattfinden?“, fragte er, ohne die Augen zu öffnen.
 

„Wir reisen morgen nach New York. Mokuba und Noah sind bereits dort.“, erwiderte Kaiba geschäftsmäßig. „Nimm Abschied von Deinem alten Leben, ich kümmere mich um die Entlassungspapiere.“
 

Dann drehte er sich um und verließ ohne weitere Worte Katsuyas Krankenzimmer.
 

„Abschied nehmen von meinem alten Leben?“, fragte Katsuya in die entstandene Stille hinein. „Das habe ich doch schon längst getan, Kaiba.“
 

Sekunden später sah er wieder mit leerem Blick aus dem Fenster, als hätte er nie Besuch gehabt von Kaiba und als ob er nie von diesem ein Angebot bekommen hätte, vielleicht irgendwann doch wieder laufen zu können, wenn er sich dafür als Versuchskaninchen für Kaibas Experimente zu Verfügung stellte, damit irgendwann Noah wieder ins Leben zurückgeholt werden konnte.

Der Abschied

Es war früh am Morgen, als Katsuya bereits in Kaibas Helikopter auf dem Dach des Krankenhauses verfrachtet wurde, mit diesem würden sie direkt zum Flughafen fliegen, wo bereits Kaibas Privatflieger auf sie wartete, mit dem sie dann ohne Zwischenlandung direkt nach New York einfliegen würden. Katsuya hatte niemandem gesagt, was er gerade im Begriff war zu tun. Er hatte sich von niemandem verabschiedet.

Er wollte nicht, dass irgendwer versuchte, ihm diese ganze Sache wieder auszureden. Er wusste ganz genau, worauf er sich hier einließ, ihm war völlig klar, dass er sich Kaiba regelrecht auslieferte. Und das nur um den winzigen Hauch einer Chance zu haben, irgendwann wieder auf seinen eigenen Beinen zu stehen, zu springen, zu gehen, zu tanzen, zu laufen. Er hatte zwar keine Ahnung, was für Experimente Kaiba mit ihm machen würde, doch das war ihm egal. Er würde alles über sich ergehen lassen, nur für diese winzige Chance. Und Kaiba wusste das mit Sicherheit, denn genau aus diesem Grund hatte er Katsuya doch erst dieses Angebot unterbreitet.

Es war kein Mitleid, dass der Firmenleiter da zeigte, es war eine Notwendigkeit, ein Geschäft, ein simples Geben und Nehmen, wobei Kaiba wohl viel mehr nehmen würde, als er geben konnte. Denn Katsuya wollte eigentlich nur die Beweglichkeit seiner Beine zurück und war bereit dafür alles zu geben, außer sein Leben, aber er vermutete, dass Kaiba sein Leben gar nicht wollte, denn ein totes Versuchskaninchen würde diesem nicht viel nützen.
 

Der Helikopter startete und Katsuya starrte wieder aus dem Fenster, doch diesmal nicht in den strahlendblauen Himmel, ohne wirklich etwas zu sehen. Er sah hinab auf die Dächer seiner Heimatstadt, mit der er so viele schöne Erinnerungen verband und genauso viel Schmerz. Domino City war in den letzten Jahren stetig gewachsen, Katsuya hatte noch nie das gesamte Ausmaß erfassen können. Es würde seine letzte Möglichkeit dafür sein, denn er wusste, er würde nie wieder hierher zurückkehren. Er würde Abschied nehmen von seinem Zuhause, es würde ein Abschied für immer sein.
 

Während Katsuya in aller Stille Abschied nahm, saß Kaiba in Gedanken versunken neben ihm, doch blickte er nicht hinab auf die Stadt, sondern in Richtung des unbekannten Horizonts. Worüber er nachdachte, konnte man anhand seines reglosen Gesichts nicht erkennen, anders als Katsuya, der mittlerweile Tränen in den Augen hatte, ließ Kaiba keine Gefühlsregung erkennen, weder in seinem Gesicht, noch in seiner Körperhaltung. Er hatte lässig ein Bein über das andere geschlagen, seine Arme elegant verschränkt und starrte einfach nur scheinbar emotionslos hinaus, während sie dem Domino City Airport immer näher kamen.
 

Sie landeten direkt auf der Landebahn neben dem bereitstehenden Privatflieger der Kaiba Corporation und Katsuya war das ganz recht. Auf diese Weise würde er niemandem im Flughafengebäude begegnen, er musste nicht befürchten, dort erkannt oder gar auf seine Behinderung angesprochen zu werden.

Seine Heldentat ging eine ganze Woche lang durch sämtliche Zeitungen und selbst jetzt schrieb die eine oder andere Zeitung über Katsuya, über seine Heldentat, über seine Duell-Erfolge, über seine Freunde. Selbst Kaiba brachten einige Zeitungen mit Katsuya in Zusammenhang, allerdings wurden derartige Berichte recht schnell wieder aus der Öffentlichkeit verbannt, wobei Kaiba sicher seine Finger im Spiel hatte.

Das Einzige, über was bisher keine Zeitung berichtet hatte, war Katsuyas Querschnittslähmung. Das Krankenhaus war zur Verschwiegenheit verpflichtet und hatte gegenüber der Presse nie eine Aussage diesbezüglich gemacht. Die Presse hatte zwar herausgefunden, in welchem Krankenhaus Katsuya sich befand, doch hatte dieses der Presse jeglichen Zugang ins Krankenhaus verweigert und Katsuya wollte niemanden empfangen, erteilte also ebenfalls keine Erlaubnis.

Und heute würde er einfach spurlos verschwinden, sich still und heimlich davonstehlen.
 

Zwei von Kaibas Angestellten hoben Katsuya aus dem Helikopter in den bereitgestellten Rollstuhl, einer von ihnen schob ihn über die Laderampe, am Heck des Flugzeugs, ins Innere und durch eine Tür, am Ende des Laderaums, in die Kabine. Er wurde in einen der hinteren Flugzeugsitze gehoben und darum gebeten, sich anzuschnallen, was er auch sogleich tat. Kaiba ging an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen und ließ sich ganz vorne auf einem Flugzeugsitz nieder. Katsuya war es egal, er wollte Kaibas Gesellschaft nicht. Er saß an einem Fensterplatz und er nutzte diesen Umstand, um wieder hinaus zu starren, als hätte er nie etwas anderes getan.

Er besah sich das Flughafengebäude und fragte sich, wie viele Leute sich wohl gerade dort befanden und wie viele davon in den letzten beiden Wochen intensiv die Berichte in der Zeitung verfolgt und verschlungen hatten? Wie viele von ihnen hätten ihn wohl erkannt und wie viele von ihnen hätten auch den Mut gehabt, ihn anzusprechen, trotz der mehr als offensichtlichen körperlichen Einschränkung, die er durch den Rollstuhl zur Schau stellte? Wie viele mitleidige Blicke hätte er dort in diesem Gebäude wohl ertragen müssen? Katsuya war froh, dass er darauf wohl nie eine Antwort bekommen würde.

Das letzte Mal, als er sich im Domino City Airport aufgehalten hatte, kamen sie gerade aus Ägypten zurück und hatten Abschied von Pharao Atemu genommen. Nun nahm Katsuya erneut Abschied, diesmal allerdings von seinem Leben in dieser Stadt. Ein Leben voller Abschiede, Enttäuschungen, Erniedrigungen, Gefahren, Prügeleien, Hass und Gewalt. Aber auch ein Leben voller Wiedersehen, Erfolgen, Freude, Freundschaft, Liebe und Glück.
 

Katsuya wusste nicht, wie seine Zukunft nun aussah, was genau ihn in New York erwarten würde, aber er würde sich dennoch in dieses ungewisse Dunkle wagen und seine Vergangenheit hier und jetzt auf diesem Flughafen und in aller Stille hinter sich lassen. Er würde nicht vergessen, nein, aber er würde auch nicht mehr zurückdenken. Er würde einen Schlussstrich unter sein altes Leben ziehen und ein neues, besseres Leben beginnen, denn alles war besser als das Leben, das ihn als querschnittsgelähmter Held in dieser Stadt erwarten würde, sollte das an die Öffentlichkeit dringen und das wäre es, wenn er heute ganz normal und wie ursprünglich geplant aus dem Krankenhaus entlassen worden wäre und wenn Kaiba ihn nicht nahezu ungesehen aus dem Krankenhaus geschafft hätte. Katsuya war Kaiba jetzt schon heimlich dankbar, dabei hatte dieser noch gar nichts Großartiges getan.
 

Katsuya hatte seine Wohnung gekündigt und von Kaiba seine persönlichen Sachen holen lassen. Da Katsuya die Wohnung möbliert gemietet hatte, hatte er sich keine Gedanken um die Einrichtung machen müssen, er hatte die Wohnung nicht einmal mehr betreten, hatte allerdings von Kaiba bzw. dessen Angestellten protokolieren lassen, ob alle seine Sachen auch wirklich aus der Wohnung entfernt wurden, mit Ausnahme der Möbel. Soweit Katsuya beim Nachlesen erkennen konnte, war die Liste vollständig gewesen, zumindest war alles Wichtige dabei und wenn doch ein paar Kleinigkeiten fehlten, war es nicht weiter tragisch.
 

Der Pilot kündigte über Lautsprecher den Abflug der Maschine an und das Flugzeug setzte sich in Bewegung, wurde immer schneller und schneller und erhob sich schließlich in die Luft. Katsuya warf noch einen Blick auf Domino City, wandte sich dann entschlossen ab und starrte mit leerem Blick in den strahlendblauen Himmel.

Die Ankunft

Als sie endlich in New York ankamen, war der strahlendblaue Himmel einer grauen Wolkendecke gewichen, passend zu der trüben Stimmung von Katsuya, der die ganze Zeit nur ausdruckslos aus dem Fenster des Flugzeugs gestarrt hatte. Den ganzen Flug über hatte er sich nicht gerührt, er hatte auch nicht auf die Anfragen der privaten Stewardess reagiert, die ihm Essen und Trinken anbot. Katsuya hatte keinen Hunger oder Durst.
 

Seit ihm klargemacht wurde, dass er aufgrund seiner Lähmung nur wenig Kontrolle über gewisse Körperöffnungen hatte, nahm er nur noch das Nötigste zu sich. Die ersten zwei Tage nach der Diagnose musste er sogar künstlich ernährt werden, weil er die Aufnahme sämtlicher Nahrung und Flüssigkeit verweigerte. Er wollte unter gar keinen Umständen in diesen Urinbeutel machen oder sich von wildfremden Personen seinen Darm entleeren lassen. Es war so demütigend!

Die Krankenschwestern hatten damit gedroht, Katsuya eine Windel umzulegen, wenn er sich weiterhin so schwierig anstellte. Katsuya hatte sich gefügt, aß und trank aber nur wenig, außerdem bestand er darauf, sich die Einmalkatheter zur Blasenentleerung selbst legen zu dürfen. Ebenso verlangte er, dass er sich selbstständig um seine Darmentleerung und -säuberung kümmern durfte. Die Irrigation (Durchspülung des Darms) war zwar ein zeitaufwendiger Prozess, der manchmal bis zu einer Stunde dauern konnte, aber es war einer der sichersten Methoden, um peinliche Vorfälle zu vermeiden.

Da Katsuya seinen Oberkörper bis zur Hüfte frei bewegen konnte und auch in der Lage war ohne allzu große Schwierigkeiten eine aufrechte Sitzposition einzunehmen, war es ihm möglich, sich selbstständig zur Toilette zu begeben. Er leerte seinen Darm jeden Morgen und legte sich 4 bis 6 Mal täglich einen Katheter, an dem er einen Urinbeutel anschloss, um seine Blase zu entleeren und ungewollte Ausscheidungen zu verhindern.
 

Vor dem Flug hatte er alle nötigen Maßnahmen getroffen. Er hatte seine Blase und seinen Darm vor dem Flug vollständig geleert und weder Flüssigkeit noch Nahrung zu sich genommen. Er hatte sich einen Dauerkatheter gelegt, der mit einem Ventil versehen war und über die Dauer des Fluges das unerwünschte Austreten des Urins verhinderte. Über seine Darmentleerung müsste er sich erst wieder am nächsten Tag Gedanken machen.
 

Das Flugzeug rollte auf der Landebahn aus, die Kabinentür wurde geöffnet und Kaiba verließ über die bereitgestellte Treppe das Flugzeug, während Katsuya in seinen Rollstuhl gehoben und durch den Laderaum über die Laderampe hinausgerollt wurde, als wäre er nur ein einfaches Gepäckstück. Das Erschreckende war, dass es Katsuya nicht einmal etwas ausmachte. Vor seinem Unfall hätte es ihn noch wütend gemacht, so erniedrigt zu werden. Doch nun? Nun war alles etwas anders.
 

Diesmal war es kein Helikopter, der sie erwartete, sondern eine schwarze Stretchlimousine mit verdunkelten Scheiben. Kaiba hatte bereits Platz genommen, als Katsuya auf die seitlich eingearbeitete Sitzbank gesetzt wurde. Der Innenraum der Limousine war überaus luxuriös mit eingebauter Bar, doch Katsuya kümmerte es nicht, er sah nur wieder mit leerem Blick aus dem Fenster.
 

Es dauerte eine ganze Weile bis sie durch ein riesiges Eisentor fuhren und eine lange Auffahrt hinauf. Sie hielten vor einem großen Herrenhaus im amerikanischen Stil an und Katsuya wurde wieder in seinen Rollstuhl gehoben, während Kaiba ausstieg und auf die große Eingangstreppe zuschritt. Katsuya wurde von zwei Männern in Anzügen die Treppe hinaufgetragen und im Foyer in einen antikaussehenden Fahrstuhl geschoben, während Kaiba sich den Treppen zuwandte, die sich links und rechts des Fahrstuhls befanden und in die obere Etage führten. Katsuya war es egal. Ihm war alles egal. Er hatte nur noch einen Wunsch. Einen Einzigen. Und dafür würde er alles über sich ergehen lassen. Alles.
 

Ein Dienstmädchen empfing Katsuya in der zweiten Etage, als er aus dem Fahrstuhl gerollt wurde, Kaiba war nirgends zu sehen.
 

„Ich werde Sie in Ihr Zimmer bringen, Mister Jonouchi. Ihre persönlichen Sachen werden im Laufe des Tages ebenfalls eintreffen.“, sagte sie freundlich, Katsuya nickte nur abwesend und ließ sich von dem Dienstmädchen durch die Gänge und durch eine Tür in ein Zimmer schieben.
 

„Haben Sie noch einen Wunsch?“, fragte sie, doch Katsuya reagierte schon gar nicht mehr.
 

Er rollte seinen Rollstuhl zur Fensterwand und starrte hinauf in den wolkenverhangenen Himmel.
 

„Ich lass Sie dann allein, Mister Jonouchi. Ich werde später nochmal nach Ihnen sehen.“, seufzte das Dienstmädchen und verließ das Zimmer.
 

Katsuya interessierte es nicht. Er interessierte sich auch nicht für sein Zimmer oder für den Garten des riesigen Anwesens. Er starrte einfach nur aus dem Fenster, sein Blick leer. Kurze Zeit später begab er sich ins angrenzende Badezimmer und dort zeigte er das erste Mal seit seiner Ankunft eine Gefühlsregung. Er war überrascht, positiv. Und er war peinlich berührt. Denn das Badezimmer war tatsächlich behindertengerecht. Er seufzte leise. Er sollte dieser Sache nicht zu viel Bedeutung beimessen, es war nicht gerechtfertigt anzunehmen, dass dieses Badezimmer ausgerechnet für ihn behindertengerecht umgebaut worden wäre. Ganz sicher nicht.
 

Dennoch war Katsuya ungewollt beeindruckt von der Ausstattung dieses Badezimmers. Ebenerdige Dusche, um ihm den Einstieg in diese zu ermöglichen, großes Waschbecken, an dem er ganz bequem mit seinem Rollstuhl rollen konnte, WC mit klappbaren Stützgriffen und sogar eingebauter automatischen Wasch- und Trocknungsfunktion für eine hygienische Säuberung, Sitzbadewanne mit seitlicher Tür, die einen Einstieg auch für Rollstuhlfahrer möglich machte. Es war perfekt. Zu perfekt. Katsuya war geneigt, das Badezimmer so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Er hasste es!
 

Er rollte hinüber zum WC, zog die Bremse seines Rollstuhls an, öffnete seine Hose, zog sich am Haltegriff in eine halbaufrechte Position, um sich seine Hose und die Boxershorts mit der anderen Hand hinunterzuziehen. Schnaufend ließ er sich wieder in den Rollstuhl fallen, klappte den Haltegriff nach oben und griff stattdessen nach dem gegenüberliegenden Griff, um sich mit einiger Anstrengung auf den Toilettensitz zu platzieren. Er öffnete das Ventil des Dauerkatheters und ließ das Urin in das WC-Becken laufen, danach entfernte er vorsichtig den Katheter und ließ auch das restliche Urin ablaufen. Die Tatsache, dass er die Katheter direkt in die Harnröhre seines Gliedes einführen musste, störte Katsuya mittlerweile nicht mehr, zumindest solange er es selbst tat. Es war doch etwas anderes, wenn er es zuließ, dass fremde Hände an ihm herumfuschten, das würde er nicht noch einmal dulden. Er betätigte die Toilettendusche und seufzte leise.
 

Ein wenig Sensibilität war ihm geblieben, es war keine komplette Querschnittslähmung, er hatte zwar kein Gefühl in seinen Beinen und auch nicht immer volle Kontrolle über seinen Schließmuskel, aber er war fähig, eine Erektion zu bekommen und einen Orgasmus, auch wenn er es kaum noch spürte, wenn er kam und seine Erektion auch nicht willentlich steuern oder halten konnte. Er hatte es getestet und es danach gelassen, weil es ihn enttäuscht hatte. Eine Masturbation war einfach nicht mehr dasselbe wie früher. An richtigen Sex wollte Katsuya gar nicht erst denken, er war nur froh, dass er dieses Privileg schon genießen durfte und nicht vollkommen jungfräulich in diese Querschnittslähmung stolperte.
 

Das Wiederanziehen seiner Boxershorts und seiner Hose war schwieriger, als das Ausziehen, aber auch das bekam Katsuya mit einiger Anstrengung relativ schnell in den Griff. Dafür lehnte er sich auf dem Toilettensitz weit mit seinem Oberkörper zurück und seine Unterarme von außen durch die Haltegriffe auf die untere Stange, schob sich ein Stück nach oben und krallte sich in seine Shorts, die sich noch am leichtesten nach oben ziehen ließ. Er zog sich auch seine leichte Stoffhose hoch und ließ sich sekundenlang auf dem Toilettensitz nieder, um zu verschnaufen.
 

Es war anstrengend, sich so aufrecht zu halten, da seine Beine nicht wirklich als Stütze dienten, weil er sie nicht willentlich anspannen konnte. Ein Exoskelett war für Katsuya leider nicht bezahlbar. Selbst die monatliche Miete dieser ReWalk Exoskelette lag zwischen 1500 und 2000 Dollar pro Monat. Damit würde er zwar auf eigenen Beinen stehen und gehen können, geheilt war er damit aber nicht. Und für Kaiba käme das sicher nicht in Frage, er wollte Noah heilen, bevor er ihn ins Leben zurückholte. Exoskelette waren nicht die Lösung, die Kaiba wollte, das war Katsuya klar. Doch, was war die Lösung?

Die Ärzte

Katsuya hatte das Badezimmer verlassen und starrte wieder aus dem Fenster, als es an seiner Tür klopfte und diese auch sogleich geöffnet wurde.
 

„Mister Jonouchi? Das Mittagessen ist serviert. Master Seto und Master Mokuba erwarten Sie bereits.“, sagte ein Dienstmädchen freundlich, Katsuya seufzte und rollte mit dem Rollstuhl selbstständig hinter dem Dienstmädchen her in Richtung Esszimmer.
 

Er rollte durch eine für ihn offengehaltene Tür auf einen großen Tisch zu, ohne sich um die bereits im Raum befindlichen Personen zu kümmern. Er schob seinen Rollstuhl an das andere Ende des Tisches, weit weg von den Kaiba-Brüdern, zog sich einen Stuhl beiseite und rollte stattdessen mit seinem Rollstuhl an dessen Stelle. Sofort wurde ihm ein Gedeck bereitgestellt und Essen serviert. Katsuya hatte kaum Hunger.

Es interessierte ihn nicht, dass das Essen von bester Qualität war, er stocherte nur lustlos darin herum und aß kaum einen Bissen. Dafür trank er das ihm gereichte Rotweinglas in einem Zug leer, welches ihm ohne Aufforderung oder Kommentar sofort neu befüllt wurde. Katsuya wiederholte das Spiel drei weitere Male, ließ das vierte neu befüllte Weinglas dann aber unberührt, stattdessen stocherte er erneut ziemlich lustlos in seinem Essen herum.

Es schmeckte vorzüglich, das ließ sich nicht leugnen, aber er hatte wirklich keinen Appetit, auch nicht auf Lammkeule mit Kartoffelklößen und Prinzessbohnen im Speckmantel. Auch die Nachspeise, die er als Tiramisu Creme erkannte, schmeckte ihm und doch aß er nur ein paar Bissen davon und verschmähte den Rest.

Er trank das vierte Rotweinglas leer und auch das fünfte und sechste, ehe er sich freundlich bedankte und darum bat, sich auf sein Zimmer zurückziehen zu können. Kaiba brummte nur als Zustimmung, während Mokuba stumm und irgendwie schüchtern den Kopf nickte. Vermutlich wusste er nicht, wie er mit einem querschnittsgelähmten und sich betrinkenden Katsuya umgehen sollte, doch Katsuya kümmerte es nicht. Er rollte einfach wortlos aus dem Esszimmer, den Gang entlang und wieder in sein eigenes Zimmer, um sich erneut direkt vor das große Fenster zu rollen und mit leerem Blick in den grauen Himmel zu starren.
 

Am späten Nachmittag klopfte es erneut an Katsuyas Tür, er hörte es zwar, reagierte aber wie üblich nicht darauf. Kaiba trat ohne zu zögern ein, ihm folgten zwei Männer in weißen Kitteln, Katsuya beobachtete sie im Spiegelbild der Fensterscheibe.
 

„Bist Du aufnahmefähig, Jonouchi?“, fragte Kaiba eher gelangweilt, als wirklich interessiert, so als wäre es völlig egal, ob Katsuya irgendetwas von dem folgenden Gespräch verstand.
 

Katsuya drehte sich mit seinem Rollstuhl den eingetretenen Männern zu und nickte.
 

„Ich höre zu. Sind das die Ärzte, die für Dich experimentieren?“, fragte er, obwohl er sich die Antwort auch schon selbst denken konnte.
 

„Dr. Akari, Arzt und Wissenschaftler und Dr. Shamal, Arzt und … Killer.“, stellte Kaiba vor und zögerte nur Bruchteile von Sekunden beim letzten Wort.
 

Katsuya hob nur kurz seine rechte Augenbraue, musterte Dr. Shamal sekundenlang und nickte kommentarlos. Es überraschte ihn nicht sonderlich, dass Kaiba Kontakt zu einem Killer hatte und auch, dass dieser Killer zusätzlich Arzt war und scheinbar ein sehr guter, wenn Kaiba ihn brauchte um Noah zu retten, erschien Katsuya logisch. Ärzte, die sich perfekt mit dem menschlichen Körper auskannten, waren doch die perfekten Killer und er sah darin irgendwie auch nichts Widersprüchliches.
 

„Jung, blond, braune Augen.“, grummelte Dr. Shamal miesgelaunt. „Mit keinem Wort haben Sie männlich erwähnt.“
 

„Ich habe ebenso wenig das Wort weiblich benutzt.“, kam Kaibas gelangweilte Erwiderung.
 

„Sie wissen doch, dass er nur mit seinem Schwanz denkt.“, warf Dr. Akari beiläufig dazwischen.
 

„Tu ich gar nicht, Dr. Frankenstein!“, empörte sich Dr. Shamal.
 

„Ich bin nicht verrückt, Dr. Jekyll oder sollte ich besser sagen, Mr. Hyde?“, echauffierte sich im Gegenzug Dr. Akari.
 

„Alle Wissenschaftler sind verrückt.“, meinte Dr. Shamal überzeugt.
 

„Und alle Killer sind besessen.“, erwiderte Dr. Akari arrogant.
 

„Die mögen sich wohl nicht sonderlich, oder?“, fragte Katsuya in Richtung Kaiba gewandt, der die Szene nur stumm beobachtet hatte und als Antwort nur die Schultern zuckte.
 

„Spielt keine Rolle. Sie machen einen guten Job. In jeder Hinsicht.“, sagte er, Katsuya nickte.
 

Er hatte schon verstanden. Solange Katsuya für Kaiba nützlich war, hatte er kaum etwas zu befürchten, doch wenn er als Versuchskaninchen unbrauchbar wurde…nun ja, Kaiba würde Mittel und Wege haben, das Problem zu beseitigen.
 

„Aber sollten wir die Beiden nicht trotzdem zur Vernunft bringen?“, fragte Katsuya und deutete auf die beiden Ärzte, die sich drohend gegenüberstanden und so aussahen, als würden sie gleich mit Skalpellen oder schlimmeren Utensilien aufeinander losgehen.
 

Kaiba seufzte, trat aber trotzdem einen Schritt vor und auf die Männer zu.
 

„Meine Herren, darf ich Sie daran erinnern, wofür ich Sie bezahle?“, fragte er kühl und beherrscht, so dass er die beiden Ärzte ruckartig verstummen und mit einer angedeuteten Verbeugung in Richtung Kaiba auseinandertreten ließ.
 

„Sehr wohl, Mister Kaiba.“, sagten beide Ärzte synchron, Kaiba nickte zufrieden.
 

„Wie Sie sehen, ist Patient K. heute eingetroffen und steht Ihnen zur Verfügung. Die Krankenakten liegen Ihnen ja bereits vor, tun Sie was nötig ist, aber lassen Sie ihn am Leben, vorerst.“, meinte er herablassend, Katsuya runzelte die Stirn, allerdings nur wegen der Abkürzung.
 

„K. für Katsuya?“, fragte er neugierig, doch Kaiba schüttelte mit einem arroganten Lächeln den Kopf.
 

„Nein. K. für Köter.“, meinte er und verließ ohne weitere Worte das Zimmer, während die Ärzte zurückblieben und versuchten, nicht über Katsuyas geschocktem Gesichtsausdruck zu lachen.

Das Labor

Die Ärzte brachten Katsuya zum Fahrstuhl und fuhren mit ihm in den Keller der Villa, wo sich ein riesiges unterirdisches Labor befand. Katsuya hatte darum gebeten, Noah sehen zu dürfen, damit er sich ein Bild davon machen konnte, was hier eigentlich auf dem Spiel stand und wofür Kaiba ihn so dringend brauchte. Er wurde durch eine große Eisentür geschoben, die sich nur mit Hilfe einer Zahlenkombination auf einer Schalttafel und einer elektronischen Chipkarte öffnen ließ. Der Anblick, der sich Katsuya bot, war erschütternd.

Noah, oder dessen seelenloser Körper, wie Katsuya sich selbst berichtigte, lag in einer Art Kapsel, die mit einer merkwürdigen Flüssigkeit gefüllt war, in der Sauerstoffblasen aufstiegen. Etliche Kabel und Schläuche schienen aus dem kleinen und vollkommen nackten Körper zu ragen, ebenso liefen Kabel und Schläuche aus der Kapsel heraus und zu etlichen elektronischen Geräten, an denen zwei Mitarbeiter saßen, die anscheinend die Vitalwerte von Noahs Körper überprüften.

Katsuya erinnerte sich an den Noah, den er in der virtuellen Welt kennengelernt hatte und es fiel ihm schwer, diesen verzogenen, arroganten Bengel mit diesem bemitleidenswerten, hilflosen Jungen in Einklang zu bringen. Die Tatsache, dass sich Noah am Ende selbst in dieser virtuellen Welt geopfert hatte, um Gozaburo, seinen eigenen Vater, endgültig aufzuhalten, machte es Katsuya jedoch leichter, seinen aufkommenden Zorn zu verdrängen und stattdessen das Mitleid zuzulassen, das er gerade empfand.

Er fuhr selbstständig mit seinem Rollstuhl nah an die Kapsel mit Noahs Körper heran, darauf bedacht, dass er keine Schläuche oder Kabel beschädigte und legte seine rechte Hand auf das dicke Sicherheitsglas der Kapsel. Und er dachte an das kleine Mädchen, das er aus dem brennenden Haus gerettet hatte und das ungefähr so alt war wie Noah, der sich in diesem beinahe leblosen Zustand befand. Für das Mädchen, das er nicht einmal gekannt hatte, hatte er seine Beine aufs Spiel gesetzt, um es zu retten. Und jetzt würde er vermutlich auch den Rest seines Körpers aufs Spiel setzten, um Noah eine zweite Chance zu geben und gleichzeitig sich selbst zu heilen.
 

Vielleicht war er selbst als querschnittsgelähmter Held noch zu etwas nütze, vielleicht konnte er auch mit diesem an den Rollstuhl gefesselten Körper jemanden retten und selbst wenn die Experimente an ihm selbst keinen direkten Erfolg hatten, reichten sie vielleicht, um den beiden Ärzten, die Katsuya still beobachteten, die Möglichkeit zu geben, Noah aus diesem leblosen Zustand zu holen. Auch wenn er selbst dabei vermutlich drauf ging, wäre es ihm wert, um diesem bemitleidenswerten, hilflosen Jungen eine neue Chance auf ein Leben zu geben.
 

Katsuya seufzte leise, schob sich ein Stück von der Kapsel weg, drehte seinen Rollstuhl und fuhr zurück zu den Ärzten, die in der Nähe der großen Eisentür stehen geblieben waren.
 

„Danke, dass Sie mir die Möglichkeit dazu gegeben haben, ihn zu sehen. Das macht es mir leichter, mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Wie Kaiba bereits sagte: Tun Sie was nötig ist. Egal was.“, sagte er, fuhr an den beiden Ärzten vorbei und hinaus in den Gang.
 

Dr. Shamal warf einen herausfordernden Blick auf Dr. Akari, der diesen Blick mit einem kalten Lächeln erwiderte.
 

„Ein interessanter Patient.“, meinte er kühl, worauf Dr. Shamal zustimmend nickte.
 

„Ich kann verstehen, warum Mr. Kaiba ausgerechnet ihn ausgesucht hat. Selbst in diesem mehr oder weniger hilflosen Zustand denkt er nicht an sich selbst zuerst. Mr. Kaiba muss davon gewusst haben, von dieser Aufopferungsbereitschaft.“, erwiderte er, Dr. Akari zuckte beiläufig mit den Schultern.
 

„Aufopferungsbereitschaft in allen Ehren, aber in seinem Fall ist es einfach nur töricht und bemitleidenswert. Als hätte er mit seiner Fähigkeit auf seinen eigenen Beinen zu stehen auch jeglichen Lebenssinn verloren.“, stellte er klar.
 

Dr. Shamal warf einen Blick auf Katsuya, der mit seinem Rollstuhl mitten im Gang stehen geblieben war und sich nicht mehr zu rühren schien, als wäre ihm egal was jetzt mit ihm passierte.
 

„Vielleicht hat er das ja, Dr. Akari. Was wir hier sehen, ist mit Sicherheit nicht der junge Mann, den Mr. Kaiba einmal gekannt hatte. Das hier ist nur noch eine leere Hülle, wie unser Patient A. dort hinten in der Kapsel.“, sagte er, Dr. Akari runzelte die Stirn.
 

„Warum eigentlich Patient A.? Heißt der Junge nicht Noah?“, fragte er, Dr. Shamal lachte leise.
 

„Der Name war Mr. Kaibas Idee. Er bestand auf das A. für Arche Noah.“, erwiderte er und ging nun endlich in Richtung Katsuya, der sich noch immer nicht vom Fleck bewegt hatte.
 

Dr. Akari stand noch etwas unschlüssig im Labor, warf einen Blick zurück zu dem leblosen Körper des Jungen, den er retten wollte und ging dann entschlossen durch die Eisentür zurück in den Gang.
 

„Arche Noah also, unpassender Name für dieses Projekt. Andererseits überaus passend, wenn Mr. Kaiba gedenkt, nur seine Familie zu retten.“, murmelte er kopfschüttelnd und folgte Dr. Shamal, der Katsuya gerade durch eine andere kleinere Eisentür in ein anderes Labor schob.
 

Katsuya selbst bekam von der Unterhaltung der beiden Ärzte nichts mit, er starrte nur mit leerem Blick vor sich her und ließ sich von Dr. Shamal zu einer Krankenliege fahren. Er ließ es sogar zu, dass der Arzt ihn aus dem Rollstuhl hob, um ihn auf der Liege abzulegen. Selbst als der Arzt damit begann, Katsuya fast vollständig zu entkleiden, rührte er sich nicht. Katsuya hatte einen Entschluss gefasst und nichts konnte ihn mehr von diesem Entschluss abbringen. Sein eigenes Leben war ihm gleichgültig geworden, aber wenn er mit seinem Leben noch das Leben eines kleinen Jungen retten konnte, so würde er das tun.
 

Und das Einzige, was er noch vor Augen hatte, war, wie sich der kleine Mund von Noah zu einem ‚Danke, starker Held‘ verformen würde.

Der Mikrochip

Katsyua wusste nicht, was die Ärzte mit ihm machten, aber es war ihm im Grunde auch egal. Anscheinend hatten sie ihm einen elastischen Mikrochip in die Wirbelsäule gesetzt oder so ähnlich. Er hatte nicht wirklich auf die Erklärungen von Dr. Akari geachtet, er wusste nur, dass Dr. Shamal gerade dabei war, elektrische Impulse durch seinen Körper zu jagen, um seine Beine zu reaktivieren. Zumindest schienen seine Füße zu zucken, auch wenn er es selbst nicht spüren oder steuern konnte. Er konnte es sehen, wenn er seinen Kopf etwas anhob und in Richtung seiner Füße schaute.
 

Es war ein merkwürdiges Gefühl, seine Füße zucken zu sehen, ohne Kontrolle darüber zu haben, als wäre er nur eine willenlose Puppe, die von unsichtbaren Fäden gesteuert wurde. Katsuya hasste dieses Gefühl, es erinnerte ihn an die Gehirnwäsche durch Marik und an das Duell gegen Yugi, zu dem er gezwungen wurde. Er wollte nicht auf diese Weise kontrolliert werden. Nie wieder!
 

Die elektrischen Impulse wurden stärker und das Zucken seiner Füße ebenso.
 

„Das sieht doch schon mal ganz gut aus, aber wir sollten die Impulsstärke noch etwas erhöhen, oder, Dr. Shamal?“, fragte Dr. Akari neugierig, woraufhin Dr. Shamal zustimmend nickte.
 

„Ich bin dafür, dass wir austesten, wieviel Patient K. ertragen kann, damit wir einen Anhaltspunkt haben mit dem wir arbeiten können, Dr. Akari.“, erwiderte er und wandte sich wieder der Schalttafel zu, an der er stand.
 

„Da stimme ich zu. Testen wir seine Grenzen.“, meinte Dr. Akari und beobachtete weiterhin die Bewegungen von Katsuyas Beinen, während er sich immer wieder stichpunktartige Notizen auf einem Klemmbrett machte.
 

Katsuya fühlte sich ein wenig ignoriert, als wäre er nur ein seelenloses Testobjekt ohne eigene Meinung, aber irgendwie machte es ihm nichts aus, obwohl er es immer gehasst hatte, wenn jemand ihn ignorierte oder in seiner Gegenwart über ihn sprach, als wäre er gar nicht da.
 

Die elektrischen Impulse, die seine Füße zucken ließen, wurden erneut stärker, er spürte sie nun ganz deutlich in seinem Rücken, selbst in dem unteren Teil, in dem er eigentlich nichts mehr spüren konnte. Er wertete das als gutes Zeichen und teilte es sogleich den beiden Ärzten mit.
 

„Großartig, dann sind wir ja scheinbar auf dem richtigen Weg. Dr. Shamal? Erhöhen Sie die Impulsstärke auf das Maximum, schauen wir doch mal, was es bewirkt.“, sagte Dr. Akari erfreut, Dr. Shamal befolgte die Anweisung ohne zu zögern.
 

Ganz plötzlich durchzuckte Katsuya ein so stechender Schmerz, dass ihm die Luft zum Atmen fehlte. Aber innerhalb dieses Schmerzempfindens spürte er noch etwas anderes. Er konnte seine Beine unkontrolliert zucken spüren, ohne es sehen zu müssen. Die elektrischen Impulse schienen bis in seine Zehenspitzen zu gehen und sein ganzer Körper schien zu vibrieren. Katsuya bekam keine Luft, der Schmerz war schier unerträglich, er konnte nicht einmal schreien, sein Mund war geöffnet, aber kein Laut drang aus seiner Kehle. Sein ganzer Körper hatte sich verkrampft, zuckte aber weiterhin unkontrolliert.
 

„Meine Herren, bringen Sie ihn nicht gleich beim ersten Test um, wir brauchen ihn noch.“, hörte er ganz dumpf die Stimme von Kaiba, während er verzweifelt versuchte, Luft in seine Lunge zu ziehen, was ihm jedoch nicht gelang.
 

„Oh, Mr. Kaiba. Was führt Sie hierher?“, fragte Dr. Shamal, ohne einen Hauch von Reue und ohne die Impulsstärke zu korrigieren.
 

„Ich wollte sehen, wie die ersten Tests verlaufen. Aber was ich sehe, ist, dass Sie es mal wieder übertreiben. Mich wundert es nicht, dass Sie beide schon mehrfach fast Ihre Lizenz verloren haben, wenn ich es nicht verhindert hätte. Bei Ihnen sterben die Patienten schneller als die Eintagsfliegen.“, meinte er herablassend und trat näher an die Krankenliege, auf der Katsuya noch immer zuckte, heran.
 

„Aber, Mr. Kaiba. Wir wollten nur seine Grenzen austesten und er scheint ziemlich viel aushalten zu können, immerhin schreit er nicht vor Schmerz.“, erwiderte Dr. Akari und zuckte beiläufig mit den Schultern.
 

„Das kann aber nicht zufällig daran liegen, dass Ihr Patient keine Luft bekommt, um überhaupt schreien zu können, Dr. Akari?“, fragte Kaiba und deutete auf das immer blasser werdende Gesicht von Katsuya, der noch immer verzweifelt nach Atem rang und dessen Lippen schon blau anliefen, während sich seine Augäpfel nach innen zu drehen schienen.
 

„Oh! Sie haben Recht! Wie unschön. Dr. Shamal? Das genügt wohl für den ersten Test mit dem Mikrochip, sonst stirbt uns Patient K. doch noch vorzeitig weg.“, sagte Dr. Akari und legte eine Hand auf Dr. Shamals Schulter, der seufzend die Impulsstärke herunterdrehte und das Gerät dann komplett abschaltete.
 

Katsuyas Körper zuckte noch immer minutenlang, aber es gelang ihm nun endlich stoßweise zu atmen. Er fühlte sich, als hätte er gerade einen kilometerlangen Marathon hinter sich, den er im Rekordtempo hinter sich gebracht hatte. Seine Lunge rasselte, sein Rücken pulsierte vor Schmerz, sein Kopf dröhnte, seine Fingerspitzen kribbelten.
 

Doch in seinen Beinen spürte er nichts als Taubheit und es trieb ihm die Tränen in die Augen. Er fühlte sich leer und ausgebrannt, als hätte man ihm seine Eingeweide frittiert. Er hörte, dass jemand mit ihm sprach, doch verstand er die Worte nicht mehr, denn nur kurze Zeit später verlor er das Bewusstsein.

Die Frage

Katsuya erwachte in seinem Zimmer und war einen Moment lang völlig desorientiert. Er starrte minutenlang fast regungslos an die Zimmerdecke und versuchte zu ergründen, wo er sich eigentlich befand und was passiert war. Bis ihm einfiel, dass er unten im Labor gewesen war und die Ärzte diesen Test mit dem Mikrochip und den elektrischen Impulsen an ihm durchgeführt hatten. Kaiba war da gewesen. Er hatte ihn nicht gesehen, aber dumpf seine Stimme gehört. Kaiba hatte die Ärzte darauf hingewiesen, dass Katsuya keine Luft bekam, die elektrischen Impulse hatten aufgehört und dann musste er wohl das Bewusstsein verloren haben und irgendwer hatte ihn wohl zurück in sein Zimmer gebracht.
 

Katsuya schaute sich im Zimmer um. Ja. Das war definitiv das Gästezimmer, das Kaiba für ihn vorgesehen hatte, das mit dem behindertengerechten Badezimmer. Sein Rollstuhl stand neben dem Bett, die Vorhänge waren zugezogen und im Zimmer war es nur leicht dämmrig. Eine genaue Uhrzeit war also nicht auszumachen. Wie spät mochte es sein? Katsuya suchte nach einer Uhr, aber auf seinem Nachtschränkchen stand kein Wecker oder ähnliches und eine Armbanduhr trug er nicht. Sein Handy musste irgendwo in seiner Jackentasche sein und die Jacke hing an der Tür an einem Garderobenständer. Katsuya hätte sich aus seinem Bett in den Rollstuhl quälen müssen, um dorthin zu gelangen und dafür fühlte er sich momentan nicht in der Lage.
 

Noch immer dröhnte es in seinem Kopf und er konnte einen dumpfen Schmerz in seinem oberen Rücken spüren, seine Finger hatten aufgehört zu kribbeln und auch seine Atmung lief wieder regelmäßig, aber Katsuya war definitiv erschöpft von diesem ersten Test. Aber er war noch mehr verwirrt. Verwirrt aufgrund der Tatsache, dass er sich nicht erklären konnte, warum Kaiba beim Test dabei sein wollte. Das hatte er so nicht erwartet. Wollte Kaiba wirklich nur nach dem Rechten sehen, weil er befürchtete, die Ärzte könnten es mal wieder übertreiben? Oder steckte da mehr dahinter?
 

Hatte er sich Sorgen gemacht? Er hörte sich nicht besorgt an, viel eher machte er eine überaus sachliche Feststellung darüber, dass der Patient keine Luft bekam, um überhaupt schreien zu können. Fakt war allerdings, dass Katsuya ihm aufgrund dessen vermutlich das Leben verdankte, den Ärzten wäre Katsuyas Atemnot wahrscheinlich gar nicht rechtzeitig aufgefallen, da sie viel mehr damit beschäftigt waren, auf Katsuyas Beine oder auf den Monitor des Impulsgerätes zu starren.
 

Die Frage, warum Kaiba letztendlich unten im Labor gewesen war, blieb für Katsuya dennoch unbeantwortet, aber er würde fürs erste vermutlich einfach die Erklärung akzeptieren, die dieser den beiden Ärzten gegeben hatte. Und dennoch, Katsuya war Kaiba erneut dankbar und auch wenn er diese Dankbarkeit gegenüber Kaiba nicht in Worten oder Taten ausdrücken würde, es blieb eine Tatsache, die Katsuya mürrisch die Stirn runzeln ließ.
 

Seit wann war er Kaiba für irgendetwas dankbar? Kaiba war immer ein rotes Tuch für Katsuya gewesen. Was lief hier plötzlich schief? Was war jetzt auf einmal anders? Warum ließ er es zu, dass Kaiba ihn so in der Hand hatte? Warum hatte er ohne zu zögern Kaibas Angebot angenommen, ohne es irgendwie zu hinterfragen und ohne irgendwelche Absicherungen zu haben? Warum hatte er sich völlig ausgeliefert? War es wirklich nur aufgrund der winzigen Chance, wieder laufen zu können? Oder war da noch ein Grund? War es vielleicht die Tatsache, dass Kaiba ihn nicht anders behandelte, als sonst auch? War es, weil Kaiba keinerlei Mitleid für Katsuyas Situation zeigte? Sich noch nicht einmal die Mühe machte, Mitleid zu heucheln?
 

Katsuya wollte kein Mitleid, wollte nicht, dass sich jemand um ihn sorgte, es machte ihn krank und schwach. Es trieb ihm regelmäßig die Tränen in die Augen, wenn er an die mitleidigen Blicke von Yuugi, Anzu und Hiroto dachte und es machte ihn wütend, wenn er sich den schuldbewussten Blick seines Vaters und die stinkfreundliche Stimme seiner Mutter ins Gedächtnis zurückrief. Und er fühlte sich elend, wenn er an die Aufopferungsbereitschaft seiner kleinen Schwester Shizuka zurückdachte. Selbst der schüchterne Blick von Mokuba am Frühstückstisch war Katsuya zu viel.
 

Kaiba war anders. Er zeigte kein Mitleid, weder echtes, noch geheucheltes. Er sorgte sich auch nicht um Katsuya, zumindest hatte Katsuya nicht den Eindruck, dass Kaiba das tat. Er sorgte sich vielleicht höchstens darum, dass Katsuya als Testobjekt unbrauchbar wurde und er sich ein neues Versuchskaninchen suchen müsste oder in diesem Fall einen Versuchsköter. Katsuya hatte das Gefühl, dass es Kaiba völlig egal war, ob Katsuya nun im Rollstuhl saß oder nicht. An dessen Verhalten hatte sich insofern nur etwas geändert, dass er nun für Kaiba in gewisser Weise nützlich war, aber mehr auch nicht.
 

Katsuya war in Kaibas Augen vom nutzlosen Köter zum nützlichen Köter aufgestiegen, das war alles. Aber vielleicht war genau das ja der Grund, warum Katsuya sich so bereitwillig dazu entschlossen hatte, quasi sein Leben in Kaibas Hände zu legen. Er war für Kaiba auf einmal wichtig. Zumindest wichtiger als zuvor. Er war für Kaiba mehr als nur ein Dorn im Auge. Mehr als nur ein unwichtiger Loser. Mehr als nur ein unterbelichteter Idiot. Mehr als ein überdurchschnittlich schlechter Duellant. Mehr als ein dreckiger Straßenköter.
 

Er war für Kaiba nun Patient K., ein wichtiges Testobjekt, das er brauchte. Katsuya hatte die Worte deutlich vernommen.
 

‚wir brauchen ihn noch‘
 

Kaiba hatte nicht gesagt, dass er Katsuya brauchte, sondern wir, aber für Katsuya spielte es keine Rolle. Er wurde noch immer gebraucht. Trotz seiner Behinderung war er noch immer nützlich, er war nicht unbrauchbar, nicht völlig nutzlos. Der Gedanke daran brachte Katsuya zum Lächeln.
 

Und die Frage, warum Kaiba sich so wie immer verhielt, warum sich sein Verhalten ihm gegenüber absolut nicht verändert hatte, wurde von Katsuya in den Hintergrund gedrängt. Es war egal, warum Kaiba so war wie er war. Solange er es weiterhin blieb. Solange er weiterhin daran festhielt, Katsuya als nützlich einzustufen, anstatt als nutzlos.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe keine Ahnung, ob das mit dem behindertengerechtem WC so ablaufen kann, wie ich es hier dargestellt habe, wenn es Verbesserungsvorschläge dazu gibt, immer her damit. Alle anderen Informationen hab ich aus dem Internet ^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (33)
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Von:  Ice-Kyubi
2015-09-20T23:50:12+00:00 21.09.2015 01:50
Bis jetzt wirklich gut geschrieben und ich hoffe es kommt noch mehr. DIe Story ist interessant und ich weiß aus erfahrung das es für 'neu' Behinderte nicht grade leicht ist mit Mitleidigen blicken um zu gehen. Viele brauchen sehr lange dafür und grade die Freunde haben Anfangs große Schwirigkeiten jemanden dann Normal zu behandeln. Ich hab damals auch fast 2 Monate gebraucht. Daher an sich gut umgestzt^^

LG Ice
Von:  Herzloser
2015-05-25T02:55:36+00:00 25.05.2015 04:55
Joey ist irgendwie weniger "Puppig" wie vorher. Man kann sich gut in ihn hinein versetzen, finde ich. Bin gespannt wie es weiter geht :3
Von:  Lunata79
2015-05-23T16:18:02+00:00 23.05.2015 18:18
Na, der muss ja wirklich unter starken Depris leiden, wenn er sich als nutzlos sieht. *kopfschüttel*
Von:  Onlyknow3
2015-05-21T20:03:03+00:00 21.05.2015 22:03
Seto hat die seltene Gabe wirklich der Retter in letzter Minute zu sein. Was man hier wieder sehen kann, bin echt neugierig was da noch alles kommt, oder wie es sich zwischen den beiden Entwickelt.
Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Lunata79
2015-05-21T10:58:23+00:00 21.05.2015 12:58
Woah, das ist wirklich fies. Ich glaube, ich werde diese Ärzte hassen lernen.
Von:  Herzloser
2015-05-21T00:38:08+00:00 21.05.2015 02:38
Woah... sind die fies... Der arme Joey T_T
Von:  Kemet
2015-04-18T22:33:20+00:00 19.04.2015 00:33
Das ist nicht Katsuya! Dieser würde kämpfen, egal wie scher es wird und sich mit aller Macht gegen dieses Schicksal stemmen! Nein, es ist doch Katsuya. Irgendwo wird dieser Funke zu finden sein, dessen bin ich mir sicher.
Was mir seltsam vor kommt ist, dass die Ärzte seltsam betont von ihren Patienten sprechen, wenn es denn als solches zu betrachten ist. Versuchskaninchen trifft es eher. Auch denke ich nicht, dass Kaiba ihn einfach verrecken lassen würde... Nein... Jetzt vielleicht noch, aber nein... *grübel*
Der Name 'Arche Noah' passt sehr wohl. Im Grunde ist momentan der leblose Körper Noahs wie eine Hülle - ein Schiff - zu verstehen; Eine spätere Zuflucht für die Seele.

Wie dem auch sei, ich freue mich auf das nächste Chapter.

LG
Von:  Onlyknow3
2015-04-18T19:16:34+00:00 18.04.2015 21:16
Wenn Seto wirklich weiß wie Joey vor seinem Unfall war, dann wird er verhindern das Joey ernstlich Schaden nimmt bei den Test die die Ärzte vornehmen. Auch wird er nicht wollen das Joey sich einfach aufgibt, sondern weiter Kämpft.
Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Lunata79
2015-04-18T19:12:35+00:00 18.04.2015 21:12
Das ist wirklich schlimm.
Katsuya hat sich echt selbst aufgegeben.
Da weiß man echt nicht, was man schreiben soll. Ich bin fassungslos.
Bin gespannt, wies weitergeht.

Lg
Lunata79
Von:  Herzloser
2015-04-15T22:09:39+00:00 16.04.2015 00:09
Haha geil, das Ende vom 4. Chapter :'D Ich bin gespannt, wie sich die Story weiterentwickelt, da Joey an sich ja eher emotionslos ist, seit er gelähmt ist. Ein seh interessanter Anfang. Wird das eine längere FF? Macht bisher etwas den Anschein :)

LG Riku_
Antwort von:  Nightprincess
16.04.2015 18:00
Das wird in der Tat eine etwas längere Geschichte. Happy Birthday Joseph und auch Suche nach Mokuba neigen sich langsam dem Ende zu. Paraplegia rückt also an deren Stelle. Wie viele Kapitel ich für Paraplegia schreiben werde, steht jedoch noch nicht fest, aber ich rechne mit 40 oder 50, so ungefähr zumindest.
Antwort von:  Herzloser
17.04.2015 00:22
Sehr sehr cool :3 Da freue ich mich drauf ^_ ^


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