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Beyblade in Love

Staffel 2
von

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Kapitel 5

„…das waren die heutigen Nachrichten. Und nun zum Wetter. Die nächsten Nächte werden sich um den Nullpunkt bewegen, was dazu führt, dass es erneut zu mehreren Schneegestöbern kommen wird…“

Luna umfasste mit beiden Händen ihre Tasse mit heißen Kaba und kuschelte sich noch mehr in die Wolldecke, während Bryan barfüßig mit Shorts und T-Shirt auf der Couch neben ihr lümmelte. Kai übte in seinem Zimmer auf der Violine, während Tala von Spencer eingespannt worden war ein wenig Weihnachtsdeko anzubringen.

„Du mutierst noch zur Hausfrau wenn du so weitermachst“, scherzte Bryan und kratzte sich am Bauch.

„Einer von uns muss es ja tun…“, erwiderte Spencer abwesend und begutachtete sein Werk.

„Ist Luna nicht mittlerweile die Frau im Haushalt?“

„Im Ernst?“, strahlte das Mädchen, „komm ich dir echt als Frau rüber?“

„Ähm…ja?“

„Cool! Hat sich der Besucht beim Schönheitschirurgen doch gelohnt! Wenn man nicht mal mehr sieht, dass ich mal ein Kerl war.“

Tala brach in schallendes Gelächter aus, während Bryan Luna nur groß ansah.

„Das war ein Witz!“, klärte Luna in nach ein paar Minuten auf, „natürlich bin ich eine Frau!“

Bryan entspannte sich wieder und lümmelte sich erneut auf die Couch, diesmal mit mehr Abstand zu seiner Mitbewohnerin. Tala konnte sich bei dem Anblick nicht beherrschen und lachte immer wieder auf.

„Echt jetzt“, beruhigte ihn Luna, „es war ein Witz…“

„Ein verdammt mieser!“

„Ein verdammt guter!“

Tala biss sich auf die Unterlippe um weitere Lachanfälle zu vermeiden. Plötzlich klingelte es an der Tür. Spencer ging an die Sprechanlage und kam wieder zurück ins Wohnzimmer.

„Luna? Da ist ein Paket für dich.“

„Oh? Das ging aber schnell!“, strahlte das Mädchen und hüpfte zur Tür.

„Was hast du dir denn da bestellt?“, wollte Tala und Bryan im Chor wissen, als Luna stolz ihre Sendung durch den Flur schleifte.

„Wärmedecken.“

„Wärmedecken?“

„Naja in letzter Zeit war es nachts schon verdammt kalt. Ihr seid das anscheinend gewohnt…aber ich brauche es beim Schlafen mollig warm. Also habe ich mir Heizdecken bestellt.“

Die zwei Jungs beobachteten, wie das Mädchen ihre Matratze abzog und die Heizdecken auspackte, um sie sorgfältig unter das Laken zu legen.

„…und wie funktioniert das?“

„Ganz einfach. Es gibt drei Heizstufen. Mindestens eine Stunde bevor man sich schlafen legt werden die Decken auf oberste Stufen gestellt. Je nach Geschmack kann man die Wärme dann so lassen oder eine Stufe runterschalten.“

„Und dann ist das Bett warm?“

„Jupp! Schön warm.“

„Du hättest dir das Geld auch sparen können!“, knörte Bryan.

„Ach ja? Und wie?“

„Naja…“, druckste der Junge rum, „immer hin wohnst du mit uns den Blitzkrieg Boyz zusammen…und du bist oder warst zumindest mal ein riesiger Fan von uns…oder?“

Lunas Gesicht errötete heftig und sie vergrub sich unter ein paar Kissen. Tala stieß Bryan in die Seite und schüttelte den Kopf.

„Was denn?“

„Dezenter!“

„Warum?“

Tala verdrehte die Augen und schüttelte erneut den Kopf.

„WAS?“, rief ihm Bryan hinterher.
 

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Kai schnellte schweißgebadet in seinem Bett hoch, hastig atmend und verwirrt um sich guckend, bis er feststellte, dass er in seinem Zimmer war.

„Oh Gott…“, seufzte er außer Atem, „schon wieder dieser Traum…“

Er rollte sich von der Matratze und schaltete den Laptop an, während er sich sein verrutschtes T-Shirt zurecht zupfte und sich setzte. Das helle Licht blendete ihn, so dass er sich die Augen reiben musste, um wieder besser sehen zu können. Es dauerte nicht lange, bis plötzlich sein Vater auf dem Bildschirm erschien. Genauso verschlafen wie Kai guckte er drein, die Brille hing schief auf der Nase, die Haare leicht zerzaust und der Bart spross fröhlich vor sich hin.

„Morning“, grüßte Daniellé mit einem mitfühlenden Lächeln, „wieder schlecht geträumt.

„Ja…“, raunte Kai, „du auch?“

„Ich bin wieder mal im Krankenhaus eingenickt…“

„Wann warst du das letzte Mal daheim?“

Daniellé schien zu überlegen, Kai winkte jedoch ab.

„Schon so lange?“

„Hey…seit du nicht mehr bei mir wohnst…“

„Hab schon verstanden…“, gähnte Kai und rieb sich die Schläfen.

„Leg dich wieder hin…du hast morgen Schule…“

„Ich kann nicht.“

„Wieder Voltaire?“

Kai nickte stumm. Sein Vater seufzte besorgt und nahm die Brille von der Nase.

„Kai…ich kann dir nicht noch stärkeres Schlafmittel ausstellen…“

„Kannst du nicht mal ein Auge zudrücken?“, flehte sein Sohn.

„Ich habe das letzte Mal schon beide Augen zugekniffen! Ich kann es als Arzt und Vater nicht verantworten dich noch mehr unter Drogen zu setzen…“

Kai schlug die flachen Hände auf die Augenlider und stöhnte irgendetwas. Daniellé rieb sich die inneren Augenwinkel und stützte sein Kinn auf die geballte Faust.

„Hast du Alternativen?“, erkundigte sich Kai und setzte sich wieder normal hin.

„Warme Milch?“

„Ernsthaft?“

„Du hast mich gefragt. Außerdem wenn du mich um halb vier nachts anpiepst kann ich mir gut vorstellen, dass deine Alpträume und Schlaflosigkeit dein geringstes Problem sind…?“

Kai striff sich durch die zerzausten Haare und schnaufte schwer.

„Wenn du mich schon mal an der Strippe hast…willst du dann auch drüber reden?“

„Nein.“

Kai klappte schon fast hastig seinen Laptop zu und streckte sich ordentlich.
 

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„Guten Morgen Dornröschen!“, strahlte Tala schon fast, als er Kai ein paar Stunden später in die Küche torkeln sah, „was ist denn mit dir passiert?“

„Halt die Klappe, Tala“, gähnte Kai gereizt und drückte auf die Tassimomaschine.

„Du hast deinen Tee gestern geleert, falls du es vergessen haben solltest…“, raunte Tala und blätterte in der Zeitung.

„Ich schorr mir einen Kaffee von dir…“

Jetzt blickte Tala erschrocken auf. Er ließ Kais letzte Worte noch mal Revue passieren und hob schließlich die Augenbrauen.

„Du…tust…WAS?“

Kai setzte sich neben seinen Teamchef und nippte an der schwarzen dampfenden Brühe.

„Junge…du sollst nachts schlafen!“

Der Junge sah Tala herausfordernd aus dem Augenwinkel an und raunte: „Ach ja? Konntest du weiter schlafen, nachdem du vor drei Nächten schreiend aufgewacht bist?“

Tala hielt in seiner Anstalt ein Gegenkommentar zu machen inne. Seine grimmige Miene wich der einer besorgten.

„Oh…“

„Ihr habt verdammt dünne Wände hier…“, murmelte Kai und nippte erneut am Kaffee.

„Sorry?“

„Schon gut…“

Sie saßen für vielleicht zehn Minuten schweigend so da, nur das Schlürfen von Kai unterbrach diese schon fast unheimliche Stille.

„Ich wusste gar nicht, dass du auch noch von der Abtei träumst…“, warf Tala schließlich in die Runde.

„Reißt es auch so an deinen Nerven?“

„Jedes Mal…“

„Wird es irgendwann besser?“

Tala legte den Kopf schief und grübelte: „Ich hab mich mal bei so einer Therapeutin auf die Liege begeben…so drei…viermal. Seitdem…ist es nicht mehr sooft…“

Kai blickte erstaunt zu seinem Kollegen. Er trank den Rest des Kaffees in einem Zug leer und schwang den Rucksack über eine Schulter.
 

Luna erwiderte fragwürdig ihr Spiegelbild und zog verschiedene Grimassen. Bryan neben ihr, welcher sich gerade die Zähne putzte beobachtete das Schauspiel mit einem Schmunzeln.

„Alter…“, raunte Luna und zupfte sich ein paar Haarsträhnen zurecht, „ich seh so kacke aus!“

Bryan verschluckte sich beinahe am Zahnpasterschaum. Er Spuckte aus und sah das Mädchen fragend an.

„Guck mich doch mal an“, knörte sie und sah den Jungen durch den Spiegel aus an, „meine bunten Haare sind ausgewaschen, ich hab Ansatz wie blöd und meine Augenbrauen sind fast buschiger als deine!“

„Jetzt übertreib mal nicht…“

„Guck doch mal! Ich krieg sogar schon wieder Pickelchen! Ey ich mutier zu einer…zu einer…“

Bryan sah erwartungsvoll zu ihr rüber.

„Ich bin zu müde um mir jetzt auch noch ein Schimpfwort für mich selbst auszudenken…ich brauch nen Kaffee…“, murmelte Luna und watschelte aus dem Badezimmer.

„Du bist kein Morgenmensch…?“

„Siehst du meine Augenringe??“

Bryan konnte ein Grunzen nicht unterdrücken und folgte dem Mädchen in die Küche. Spencer und Tala waren gerade einkaufen, Kai war noch in der Schule.

„Kaffee“, jubelte das Mädchen und kippte einen Schuss Milch in die schwarze Brühe, „Held meiner frühen Stunden und durchgemachten Nächte!“

Bryan grinste und nahm einen kräftigen Schluck Wasser zu sich, während Luna mehrmals am Kaffee nippte und gleichzeitig die Jobangebote der aktuellen Zeitung durchging.

„Und was interessantes dabei?“

„Der selbe Scheiß wie letztes Mal…“, seufzte sie…, „auch fuck off! Ich kauf mir von meinem letzten Geld eine Kamera und mach Beauty Vlogs auf Youtube!“

„Und mit was willst du dich schminken?“

Luna ließ ruckartig die Schultern sinken und sah Bryan mit hochgezogenen Brauen an.

„Das ist der Moment, in dem du mich normal aufbauen und ermutigen solltest…“

„Echt?“

„Motivieren nicht kritisieren!“

„Ich kritisier dich nicht mal…ich sag die Wahrheit“, lachte Bryan, „sogar Kai hat mehr Schminke als du.“

„Autsch…“

„Hast du dir wehgetan?“

„Nein…deine Aussage hat es…“

„Ach so“, grinste der Junge und zuckte unberührt mit den Schultern.

Luna stellte die leere Tasse in die Spüle und kruschte ihren Geldbeutel hervor. Sie schien zu überlegen und schnaufte schließlich schwer.

„Und kannst du dir einen Mascara leisten?“, kicherte Bryan hinter Luna.

„Woher weißt du eigentlich, dass das so heißt?“

„Mädel ich guck Fern…da gibt’s sowas wie Werbung?“

„Ah…das erklärt einiges…“

„Und wie viel Schminke kannst du dir kaufen?“

„Ich müsste wahrscheinlich die nächsten drei Wochen aufn Strich gehen…aber ja ich könnte mir zurzeit sogar einen Mascara leisten.“

„Seit wann kann man Geld verdienen, wenn man aufn Strich geht?“

Luna drehte sich breit grinsend zu Bryan und erwiderte: „Weißt du überhaupt, was das ist?“

„Aufn Stich laufen?“

Luna konnte ein lautes Auflachen nicht unterdrücken und wischte sich eine Freudenträne aus dem Augenwinkel.

„Das…war anscheinend die falsche Erklärung…?“

„Allerdings…“, kicherte Luna immer noch.

Genau in diesem Moment ging die Tür auf und Tala und Spencer traten ein.

„Na ihr zwei?“, erkundigte sich der Riese, „was habt ihr in unserer Abwesenheit schönes angestellt?“

„Luna erklärt mir grade, was es heißt, wenn man auf den Strich geht um Geld zu verdienen“, strahlte Bryan wie ein aufgeregtes Kind.

Spencer und Tala hielten verdutzt inne und guckten das Mädchen argwöhnisch an.

„Versau mir den Jungen nicht noch mehr…“, bat Spencer und trug die Tüten weiter Richtung Küche.

„Ich geb mein Bestes, es ihm so harmlos wie möglich beizubringen…“, salutierte Luna grinsend.
 

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Kai schnaufte ruhig und gleichmäßig mit verschränkten Armen, als Luna ins Wohnzimmer eintrat. Sie hielt inne und betrachtete den Anblick, welcher sich ihr gerade bot. Schnell zückte sie ihr Handy und beugte sich leicht über Kai, um ein perfektes Bild von ihm machen zu können.

„Ich hoffe für dich, dass du den Auslöser noch nicht gedrückt hast…“, raunte der Junge plötzlich.

Luna zuckte zusammen, während Kai schon fast wie in Zeitlupe die Augen öffnete und sie herausfordernd ansah.

„Zu…aufdringlich…?“, fragte das Mädchen schon fast im Flüsterton.

„Definitiv…“, erwiderte Kai im selben Ton und richtete sich auf.

„Sorry!!“, entschuldigte sich Luna mehrmals.

„Versuch das ja nie wieder…“

„Habs verstanden!“

Kai knallte seiner Zimmertür hinter sich zu, so dass Luna noch mal heftig zusammen zuckte.

„Hast du ihn schon wieder verärgert…?“, erkundigte sich Spencer, als er mit einem Wäschekorb an ihr vorbeiging.

„Anscheinend hat noch was dagegen, wenn ich Bilder von ihm machen will“, schmollte Luna.

„Du weißt doch…Kai braucht für alles Neues etwas länger, um sich dran zu gewöhnen…“

„Was schläft der auch auf der Couch ein? Eine noch größere Versuchung hätte er mir doch gar nicht bieten können!“

„Die verbotene Frucht, hm?“

„Die Schokolade während deiner Diät“, kicherte Luna.
 

Der Schnee fiel heimlich still und leise auf Kais Haupt und bildete bereits eine dünne weiße Schicht. Den schien dies jedoch kaum zu kümmern und er wartete weiterhin an der Bushaltestelle. Ab und zu blickte er auf sein Handy, um zu sehen, wie viel Uhr es war und ob er den Bus möglicherweise verpasst haben könnte. Aber ein Kai Hiwatari verpasste doch nicht den Bus! Kai hielt kurz inne, um seinen letzten Gedanken noch mal durchzugehen. Na toll, dachte er sich, jetzt rede ich schon über mich, wie diese nervigen Fangirls…

„Hey Kai!“

Apropos Fangirls…

Luna winkte Kai von der anderen Straßenseite aus zu. Er tat so, als hätte er sie nicht gesehen und starrte weiterhin ins Leere.

„Ignorierst du mich schon wieder?“

Allerdings…

„Ich hatte grade ein Vorstellungsgespräch und fahr direkt heim…willst du mitfahren?“

Nein. Lass mich in Ruhe!

„Okay…“, belächelte Luna die Situation, „ich fahr dann jetzt los…ohne dich!“

Geh doch endlich!

„Deine Entscheidung!“

Luna stieg ins Auto ein und Kai seufzte erleichtert auf. Endlich hatte er wieder Ruhe für sich und just in diesem Moment fuhr der Bus an die Haltestelle. Der Junge klopfte sich den Schnee von der Kleidung und schüttelte kurz den Kopf, damit auch dieser schneefrei war, als er plötzlich das Kreischen aus dem Businneren vernahm.

„OH MEIN GOTT!! SIEH NUR ES IST KAI!!! KAI!!! HALLO!“, kreischte ein Mädchen aus dem Bus und lehnte sich so weit vor, dass sie beinahe von ihrem Platz fiel.

„HEEEEEEY!! Machst du ein Foto mit mir? Nur ein Selfie, bitteeeee!“, rief ihm die nächste entgegen.

„Kai ich will ein Kind von dir!!“

„KAI!!!!“

„Was muss ich für dich tun, damit ich einen Kuss bekomme?!“

Der Junge seufzte einmal tief durch und warf seinen Rucksack auf beide Schultern.
 

„Ich hätte nicht gedacht, dass du doch noch bei mir einsteigst“, grinste Luna siegessicher, „womit habe ich die Ehre schlussendlich verdient?“

„Ich brauche nicht lange zu überlegen, wenn ich mich zwischen einem Fangirl oder einer ganzen Horde entscheiden muss…“, erwiderte Kai kühl.

„Ach so…jetzt bin ich sogar schon fast enttäuscht…“

Kai warf ihr einen Blick aus dem Augenwinkel zu, sagte jedoch nichts mehr.

„Und wie war die Schule?“, fragte Luna und bog links ab.

Kai schwieg.

„Okay…wir spielen wieder das ich gebe auf nichts und niemanden eine Antwort, schweige die Leute weiterhin an und ich komme mir dabei auch nicht dämlich vor, weil ich plötzlich anfange Selbstgespräche zu führen, weil mein Sitznachbar sich anscheinend zu fein ist, sich mit mir zu unterhalten…“

Kai warf Luna einen fragenden Blick zu.

„Zu viel?“, erkundigte sie sich.

„Zu viel…außerdem solltest du dich lieber auf die Straße konzentrieren…“

„Ich bin eine Frau ich beherrsche Multitasking!“

Kai erhob beide Augenbrauen.

„Junge…jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt, um die Klappe zu halten!“, drohte Luna.

Er wand sein Gesicht von ihr ab, um nach draußen sehen zu können…und damit sie sein Schmunzeln nicht sehen konnte. Plötzlich machte sich Kai ganz klein auf dem Beifahrersitz und rutschte fast bis in den Fußraum runter.

„Kai…?“

„Fahr einfach bitte nur weiter…“

„Aber die Ampel schaltet gerade um…“

„Dann fahr drüber!“

„Kann ich nicht! Vor mir ist einer!“

„Verdammt!“, fluchte Kai und kramte einen Notizblock aus seinem Rucksack, um ihn seitlich an sein Gesicht zu halten.

Luna sah ihn fragwürdig an: „Was…genau…“

„Frag lieber nicht…“, raunte der Junge genervt.

„Eine verflossene?“, grinste sie und wackelte vielsagend mit den Augenbrauen.

„Mach dich nicht lächerlich!“

„Das hab ich vorhin schon gemacht, als ich neben dir im Auto Selbstgespräche geführt habe.“

Kai seufzte und sah vorsichtig am Notizblock vorbei nach draußen.

„Noch mehr Fangirls…?“

„Schön wärs…“

„Dann hättest du auch in den Bus einsteigen können…“

„Man muss ja nicht immer gleich übertreiben.“

„Du vor allem.“

Die Ampel schaltete wieder auf grün um, so dass Luna weiterfahren und Kai den Block wieder runternehmen konnte. Der Junge seufzte noch einmal tief durch, nachdem er sich in alle Himmelsrichtungen umgesehen hatte. Luna zwang sich dem Drang zu wiederstehen, nicht weiter nachzufragen und starrte auf ihren Weg.

„Du hockst doch auf glühenden Kohlen?“

„Ist das so offensichtlich?“

„Ich kann sehn, wie sich deine Finger ins Lenkrad krallen…“, meinte Kai und blickte zu besagter Stelle.

„Mir ist nur kalt“; wehrte Luna spöttisch ab.

„Du hast die Heizung auf volle Leistung eingestellt…“

Das Mädchen seufzte laut und warf für drei Sekunden den Hals in den Nacken. Kai linste zu ihr und konnte sich ein siegessicheres Lächeln nicht verkneifen. Plötzlich richtete er sich im Sitz auf und meinte: „Kannst du hier mal halten?“

„Ähm…klar.“

Luna parkte direkt vor dem Modegeschäft und zog die Handbremse an. Als sie durch die Windschutzscheibe den Namen des Geschäftes las blieb ihr für fünf Sekunden das Herz stehen, während Kai einfach ausstieg und Richtung Eingang schlenderte. Auf halben Weg drehte er sich zum Auto um und fragte: „Willst du lieber im Auto warten?“

Luna stieg ebenfalls aus, blieb jedoch stehen und krallte sich in die Fahrertür.

„Was ist?“

„Das ist das Serverin…“, kommentierte sie mit zittriger Stimme.

„Ja.“

„Da lassen die mich doch niemals rein…“

„Wieso?“

„Guck mich doch mal an!“

Kai blickte an seiner Mitbewohnerin runter.

„Ich hab keine Ahnung was du meinst…“

„Zerrissene Jeans? Ausgedellter Pullover? Kaputte Sneaker? Meine ausgewaschenen Haare?? Das ist ein Modegeschäft für Leute mit…“, sie brach mitten im Satz ab, um nichts falsches zu sagen.

„Leute mit Geld?“, beendete Kai ihren Satz und legte den Kopf schief.

„Ja…?“

Kai drehte sich wortlos um und ging in das Geschäft rein, wo er gleich von zwei Angestellten herzlich Empfangen wurde. Luna beobachtete die Szene kurz, entschied sich jedoch dafür, sich wieder ins Auto zu setzten. Sie kaute nervös auf ihren kurzen Fingernägeln und folgte Kai weiterhin mit ihren Blicken. Nach einer guten halben Stunde trat der Junge wieder aus dem Geschäft mit einer Einkaufstüte, welche er auf den Rücksitz verstaute, bevor er einstieg.

Er gab Luna ein Zeichen, dass sie nach Hause fahren könnte und schwieg den Rest der Fahrt.
 

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*
 

Weihnachten rückte immer näher. Nur noch knapp eine Woche, bis die Nacht der Bescherung vor der Tür stand. Dann würden alle Lichter, Kerzen und weihnachtlichen Düfte zum Höhepunkt getrieben die Familien und Freunde beglücken, während Luna nicht mal ein einziges Geschenk gekauft hatte. Sie saß auf ihrem Bett und guckte zum Fenster raus, während der Schnee in dicken und flauschigen Flocken zur Erde viel und die Landschaft in ein grelles weißes Wunderlang verwandelte. Das Mädchen musste sich anstrengen, um die Tränen zu unterdrücken. Sie hatte trotz Job monatlich gerade mal das Geld für die Miete zusammen und dann noch für 4 Personen eine Kleinigkeit zu kaufen war ausgeschlossen. Klar hatten ihr Spencer und Tala mehrmals gepredigt, sie wollten alle keine Geschenke von ihr haben, da ihnen das ganze einfach zu doof war…aber von Kleinigkeiten hatte niemand etwas erwähnt. Deswegen war Luna von Einkaufshaus zu Einkaufshaus gefahren (zum Glück hatte Tala ihr das Auto immer geliehen) um nach ein paar „Anerkennungen“ Ausschau zu halten, doch sogar eine Phiole Parfüm sprengte ihren finanziellen Rahmen.

Sie seufzte schwer und ließ den Kopf gegen das kalte Glas sinken. Vom Flur hörte sie kaum Geräusche, ab und zu mal lief einer der Jungs an ihrer Türe vorbei oder es ertönte ein Lachen aus dem Wohnzimmer.

„Ich darf mich jetzt einfach nicht hängen lassen!“, sprach sie sich selbst gut zu und raffte sich von ihrem Bett auf.

„Oha! Seht mal da wer uns Gesellschaft leistet“, verkündete Bryan sichtlich erfreut, als Luna durch den Durchgang ins Wohnzimmer eintrat.

Sofort rückten Spencer und Bryan ein Stück zur Seite, so dass das Mädchen zwischen ihnen Platz auf der Couch nehmen konnte. Mit einem breiten Grinsen schlupfte sie in die Lücke und kuschelte sich unter die Wolldecke, welche die Jungs Anstandshalber für sie auf die Couch gelegt hatten. Im TV lief gerade eine Comedysendung, was die vielen Lachanfälle erklärte.

Tala saß am Tisch und sah sich die Sendung von dort aus an, vor ihm lag natürlich wieder eine Zeitschrift. Die Werbung schaltete ein und Spencer machte sich schon daran umzuschalten.

„…und gleich im Anschluss sehen sie…“, konnte der Moderator noch ankündigen, dann wechselte das Programm.

„Warte!“, rief Luna aus, was Bryan schon fast zusammenzucken ließ.

„Was…?“

„Was kommt im Anschluss?!“

Spencer schaltete ohne Anstand zu machen wieder zurück.

„…die Meerjungfrau…“

„Oh mein Gott!“, jauchzte Luna verzückt aus und schälte sich aus der Decke.

„Was ist denn?“

„Genau das Richtige für mich!“, strahlte sie und hüpfte aus dem Wohnzimmer.

Bryan und Spencer sahen sich gegenseitig fragend an und zuckten mit den Schultern.

Luna kletterte in ihr Bett, schaltete die Lichterkette am Bettkopf an und kuschelte sich unter die Decke, wo es Dank Wärmedecke mollig warm war. Sie schaltete ihren kleinen Röhrenfernsehr ein und suchte das richtige Programm.

Plötzlich stand Tala neben ihrem Bett und fragte: „Was war denn jetzt so wichtig?“

Das Mädchen zuckte heftig zusammen.

„Sorry…?“, entschuldigte sich der Rotschopf.

„Ich guck mir einen Disneyfilm an“, strahlte das Mädchen und wackelte aufgeregt mit den Füßen.

„Dis…ney?“

„Ja. Sag bloß, du kennst das nicht?“

Tala blickte auf den Bildschirm, wo sich gerade mehrere Menschen mit Schwanzflossen in einer Art Orchester eintrafen.

„Das ist ein Zeichentrickfilm.“

„Nein, Tala, das ist ein Disneyfilm.“

„Und wo liegt da der Unterschied?“

„Für einen Disneyfilm ist man nie zu alt“, lächelte Luna und blickte wieder auf den Bildschirm, „oh…ich liebe Arielle!“

„Um was geht’s da?“

„Sowas kann man nicht erzählen…das muss man gesehen haben!“

„Ich soll ihn mir also auch angucken?“

„Hey“, grinste das Mädchen und hob unschuldig die Hände, „ich zwinge dich zu nichts, aber das ist ein Geheimtipp. Disney hat mein Leben verändert!“

„Inwiefern?“

„Disney hat mir meine Ansicht auf die Liebe völlig verändert!“

Tala unterdrückte ein Lachen und guckte erneut auf den Bildschirm. Er stand so ein paar Minuten, bis Luna fragte: „Werden dich die Jungs nicht vermissen?“

„Nein…Bryan und Spencer gucken sich jetzt irgend so ein Monstertruckrennen an. Ist nicht wirklich meins…und Kai…du kennst ihn mittlerweile. Er ist hier irgendwo in der Wohnung“, schmollte Tala, „darf ich?“

„Versprochen!! Ich werde auch ganz brav sein“, grinste Tala und machte eine unschuldige Geste.

Luna sah ihn zweifelnd an, rückte jedoch ein Stückchen zur Seite und Tala setzte sich im Schneidersitz auf die Decke.

„Arme Seelen in Not…“, sang Ursula gerade, während Luna nur ihre Lippen mit bewegte.

„Du…kannst den Film auswendig?“

„Wenn ich singen könnte würde ich lauthals mitmachen“, lachte Luna.

„Tu dir keinen Zwang an.“

„Ich will dir keinen Tinnitus verpassen, Tala“, lächelte sie bescheiden.

„Diese Tintenfischtussi sieht aus wie eine Transe…“, bemerkte der Junge und runzelte die Stirn.

Das Mädchen legte den Kopf schief: „Möglich. Eine fette Transe dann aber.“

„Oh ja!“

„Nur der Kuss der wahren Liebe…“

Tala schielte zweifelnd zu seiner Mitbewohnerin und zog eine Fratze.

„Was?“

„‘Kuss der wahren Liebe‘?“

„Disneykrankheit…es geht immer darum, dass eine junge Frau sich in einen für sie unerreichbaren Mann, in ziemlich jeden Fall ein Prinz verliebt. Wir Frauen gehen dafür meisten komische Abmachungen ein…“

„‘Wir Frauen‘? Du also auch?“, grinste Tala, streckte seine Beine aus und verschränkte seine Arme über der Brust.

„Vielleicht?“, grinste sie zurück.

Tala blickte sie herausfordernd an.

„Du irritierst mich mit diesem Blick! Jetzt guck den Film weiter!“, beschwerte sich das Mädchen.

„Tu ich das?“

„Vielleicht?“

Tala lachte und wandte seinen Blick wieder brav auf den Bildschirm.

„Die Menschenmänner lieben kein Geplapper. Ne‘ Quasselstrippe halten die für fad! Ja an Land nicht ohne Grund, da hält als Dame man den Mund und sagt noch selbst hat das Gequatsche denn Format? Komm schon! Die wenigsten erwärmen sich für’s Reden. Der wahre Herr von Welt der denkt nicht dran. Doch sie rasten förmlich aus, bleibt sie stumm kriegt sie Applaus! Nur die die schweigt, die kriegt auch einen Mann!“

Jetzt lachte Tala hell auf, hielt sich den Bauch und rutschte tiefer in das Kissen. Er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel und hatte große Mühe sich wieder einzufangen.

„Hast…hast du mitbekommen…die hat Kai perfekt beschrieben!“, kicherte er immer noch.

„Jetzt wo du’s sagst…“, überlegte Luna und stützte sich auf den Ellbogen, „auf was für einen Typ Frau steht der eigentlich?“

„Na, auf die die schweigt!“

„Oh der ging aber gewaltig unter die Gürtellinie, oder?“

Der Junge holte ein paar Mal tief Luft, damit er nicht mehr lachen musste und fächerte sich Wind zu.

„Gell du musst jetzt schon heulen?“

„Wieso jetzt schon?“

„Wenn du den Schluss gesehen hast, dann wirst du heulen!“

„Werd ich nicht.“

„Oh doch…glaub mir!“

„Ich hab noch nie bei einem Film geheult!“, beschwerte sich Tala.

„Würde ich an deiner Stelle jetzt auch sagen“, grinste Luna und zwickte ihn neckisch in die Seite.

„Hast du mich gerade wirklich gezwickt?“

„Vielleicht?“, lachte Luna.

„Du kennst den Spruch, so wie man in den Wald rein schreit, so hallt es wieder raus?“

„Versuch’s doch“, meinte Luna herausfordernd, „nur lass dir eins gesagt sein, Tala: ich bin ein Mädchen…ich darf beißen, kratzen und wild um mich treten!“

Er hielt in seiner Bewegung inne, welche darin bestand seinen Finger in kreisenden Bewegungen nach ihr auszustrecken und überlegte kurz.

„Na?“

Tala zog seine Hand wieder zurück und funkelte Luna mit seinen Augen an, bevor er sich den Film weiter ansah. Gerade führte der Prinz Arielle durch die Stadt, wo sie zusammen Kuschte fuhren und tanzten.

„Kannst du tanzen?“

„Wenn du damit definierst, dass ich von einem Fuß auf den anderen wippe…dann ja.“

„Ihr geht doch in die Disco, oder?“, fragte Luna.

„Schon…aber wie meinst du würde es aussehen, wenn vier Jungs auf der Tanzfläche hin und her schaukeln?“

„Das Kopfkino, welches sich mir gerade bietet ist jedenfalls amüsant! Wir müssen mal alle zusammen weggehen!“

Tala hob ungläubig beide Augenbrauen. Genau in diesem Moment waren Arielle und ihr Prinz in einem kleinen Boot auf einem See unterwegs und der Junge machte ein abwertendes Geräusch.

„Zu kitschig für dich, hm?“, hinterfragte das Mädchen sein Geräusch.

„Nicht unbedingt…“

„Aber?“

„Nichts aber.“

„Sonst hättest du doch nicht so ein Geräusch gemacht“, meinte Luna und rückte noch ein Stückchen näher.

Ihre Beine lagen nun aneinander und er konnte ihren Arm an seinem Ellbogen spüren.

„Nebensächlich.“

„Du weißt, dass ich nicht nachgeben werde, solange du es mir nicht gesagt hast?“, grinste Luna verschmitzt.

„Ist das nicht mein Spruch?“

„Tatsache. Du bist eben ein guter Lehrer. Und jetzt verrate mir, was du an einem Bootsausflug bei Mondschein und Glühwürmchen mit deiner Liebsten nicht romantisch findest.“

„Ich fände so was schon romantisch…wobei der Begriff Romantik sehr dehnbar ist…“

„Du schweifst ab“, bemerkte Luna.

„Ich kann nicht schwimmen.“

„Du kannst nicht schwimmen?“

„Nein.“

„Das ist doch nichts, wofür du dich schämen musst!“

„Ach nein?“

„Nö...“, erwiderte sie und sah Tala in die Augen, „nein…ist…nicht…schlimm…“

„Alles in Ordnung?“

Luna zuckte heftig zusammen, als sie bemerkte, dass sie Talas Gesicht immer näher gekommen war, doch dieser hatte nur ihrem Blick standgehalten und blickte sie nun fraglich an.



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