Zum Inhalt der Seite

Von Dir und Mir

Fortsetzung zu 'Von Waschmitteln im Supermarkt'
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Mit dem Betan hatte ich es diesmal nicht so, also...können einige Fehler drin sein :') Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Von Herzanfällen im Supermarkt und namenlosen Katzen

Ich war besoffen. Ziemlich besoffen. So besoffen, dass ich wankte, als ich abends meine Wohnung verließ. Ich ging hinaus, weil ich festgestellt hatte, keinen Alkohol mehr zu haben. Alles leer getrunken. Das Bier, der Weißwein, und der Likör auf Wodka-Basis. Der gute rote. Ferner brauchte die Katze wieder Trockenfutter. Und ich brauchte für den Abend auch irgendwas zu essen. Ich hatte Heißhunger auf Sandwiches. Sandwiches mit Schinken, Salat und Kräutersoße. Und welche mit Ei. Außerdem würde die frische Abendluft meinem schummrigen Kopf hoffentlich gut tun.

Sobald ich hinaus auf die Straße trat, atmete ich tief durch. Aber an der nächsten Laterne blieb ich stehen und stützte mich kurz daran ab. Hui, ja, ich war besoffen. Meine Fresse. Fehlte nur noch, dass ich gleich anfing, wieder mit mir Selbstgespräche zu führen - auf der offenen Straße. Bei dem Gedanken verzog ich das Gesicht. Das wollte ich nun wirklich nicht. Auch wenn mir sonst alles egal war, doch wenn ich auf der Straße brabbelnd und besoffen gefunden wurde, steckten die mich entweder ins Gefängnis, ins Krankenhaus oder in die Klapse. Gar nichts davon erschien mir erstrebenswert.

Noch einmal tat ich einen tiefen Zug und zauberte ein dämliches Lächeln auf meine Lippen, damit ich mich innerlich besser fühlte und das auch nach außen hin vermittelte. Mir ging es prima!

Langsamen, leicht unkoordinierten Schrittes ging ich weiter in Richtung Supermarkt. Alkohol, Katzenfutter und Futter für den Menschen. Das war jetzt wichtig! Das brauchte ich!

Als ich vor dem hell erleuchteten Gebäude ankam, war ich tatsächlich schon etwas klarer im Kopf. Unbesorgt betrat ich den Supermarkt, schnappte mir einen handlichen Korb und steuerte direkt auf die Tierabteilung zu, wo ich eine Packung des besten Trockenfutters herausnahm. Mein Abendbrot würde aus Sandwiches bestehen. Hauptsache das Nagen in meinem Magen wurde gelindert. Und ich konnte mir den Nachschub an Alkohol reinschütten.

Während ich vor den verschiedenen Flaschen und Sorten an Getränken stand, überlegte ich erneut, was heute passiert war, dass ich mir seit 4 Uhr nachmittags die Kante gab. Und nun, 5 Stunden später, stand ich wie ein gescheiterter Mann, wie ein Alkoholiker vor Whiskey, Wodka, Bier, Sekt und tausend anderen Getränken, die mir über irgendwas hinweg helfen sollten. Fragte sich nur über was. Heute war mir einfach nach trinken.
 

Ich seufzte leise und überlegte, was ich nun in den Korb tun sollte, damit ich endlich wieder heim kehren konnte, als mir ein blonder Haarschopf auffiel, der an mir vorüber schwebte. Ich bekam große Augen und regte mich nicht. Da lief Karyu an mir vorbei! Oh je, ausgerechnet. Den hatte ich seit 3 oder 4 Wochen schon nicht mehr gesehen. Ich hatte ihn fast schon vergessen. Er schien mich nicht zu bemerken, sondern war in seinen Einkaufszettel oder ähnliches vertieft. Ich wandte den Blick ab und sah einfach am Regal hoch. In meinem Nacken prickelte es. Es war besser, wenn er mich nicht sah. Wer wusste schon, was passieren würde? Entweder er würde mich ignorieren, und das könnte mir doch ein bisschen weh tun. Oder er würde mit mir reden wollen. Furchtbar, was sollte ich schon sagen? Oder er würde mich einfach nur anschauen - und Karyu gehörte zu der Sorte Mensch, die einen so traurig, so sanft, so voller Emotionen ansehen konnte, dass einem davon die Knie zu zittern begannen, weil dieser intensive Blick etwas in einem auslöste. Etwas, das man nicht verstand. Etwas, das einen überrollte und einen veranlasste, sich festhalten zu wollen. An irgendjemandem, an irgendetwas.

Ich räusperte mich und griff nach dem rot gefärbten Likör auf Wodkabasis, der ein bisschen nach Blutorange schmeckte. Und ich nahm etwas Rum mit. Rum war immer gut!

Auf dem Weg zur Kasse achtete ich darauf, dass ich Karyu nicht wieder über den Weg lief und es dabei blieb, dass er keine Notiz von mir nahm. Allerdings fiel mir dann ein, dass er mich ja vielleicht schon längst gesehen hatte! Und mich nun ignorierte! Mir ebenfalls aus dem Weg ging, so wie ich ihm. Oh je...irgendwie gefiel mir der Gedanke nicht so. Warum auch immer.

Eindeutig zu wenig Alkohol in meinem Blutkreislauf! Es wurde Zeit, dass ich bezahlte, nach Hause ging und weiter trank. Dann hörte ich auf, Mist zu denken.
 

Ich hatte freie Bahn und stellte mich an der Kasse an, wo ich meine paar Waren aufreihte und mich nervös umsah. Kein Karyu in Sicht. Kein blonder Kerl in blau-weißen Dienstklamotten zu sehen. Gut, das war gut. Ich trat von einem Bein aufs andere, während ich die beiden Kunden vor mir beobachtete - eine junge Frau mit Kind am Rockzipfel nahm gerade ihre Tüten und ging. Wir rückten ein Stück vorwärts und der Mann vor mir, vielleicht um die 50, kramte nach seinem Geldbeutel. Er kaufte sich Bier. Bier und Ingwer. Komische Mischung.

Als ich mich paranoid umdrehte, in der festen Annahme, dass Karyu jetzt hinter mir stand, was er aber nicht tat, hörte ich vor mir ein leises Stöhnen. Verwirrt wandte ich mich wieder der Kasse zu und sah gerade noch, wie der Kunde zusammenbrach und dumpf auf dem Boden aufkam. Die Kassiererin kreischte auf und ich war für einen Moment erstarrt, dann kniete ich mich zu ihm und rüttelte sanft an seiner Schulter. Natürlich wachte er nicht auf. WAS JETZT?!

Ein anderer Kunde gesellte sich zu mir. "Was ist passiert? Was hat er denn?"

Die Kassiererin kam rum und sah auf uns nieder. "Was machen wir denn jetzt?"

Ich stand auf und blickte ihr in die Augen. "Rufen Sie Matsumura Yoshitaka aus, ja? Er kann hier helfen."

"Ist er Arzt?", wollte sie wissen, woraufhin ich die Augen verdrehte und sie eindringlich ansah.

"Rufen Sie ihn sofort aus. Matsumura Yoshitaka. Machen Sie das?"

"Ja..ja, natürlich", murmelte sie und ging wieder hinter die Kasse, wo das Mikrofon war.
 

"Ist hier ein Arzt?", erkundigte sich jemand lautstark, aber niemand trat vor oder sagte etwas. Offenbar war also kein Arzt da. Das wäre auch zu schön gewesen.

Rasch sah ich mich um - und natürlich, wenn man Karyu mal wirklich dringend brauchte, dann war er nicht zur Stelle. Grummelnd setzte ich mich in Bewegung und suchte die Gänge ab. "Karyu? Karyu, bist du hier irgendwo?" Während ich mich umsah, hörte ich, wie die Kassierin ihn ausrief. Hoffentlich hörte er das und ging an die Kasse..

Ich lief schon den 6. Gang entlang und hatte ihn immer noch nicht gesehen. War er durch den kompletten Supermarkt zurück zum Anfang oder was? Das machte der doch mit Absicht!
 

"Karyu?! Da bist du ja!" Erleichtert rannte ich auf ihn zu. "Kommst du mal mit, bitte?"

Aus großen Augen betrachtete er mich und schien überrascht. Entweder weil er mich bisher wirklich noch nicht im Supermarkt entdeckt hatte oder weil er nicht damit gerechnet hatte, dass ich ihn noch ansprechen würde. "Was...was ist denn?", fragte er verwirrt, doch ich nahm seinen Arm und zog ihn zurück zu den Kassen.

"Da ist ein Kunde zusammen gebrochen.. Hier ist kein Arzt, und du...du bist doch ausgebildet für so.. Notfälle, oder?", sagte ich atemlos und gesellte mich zu der kleinen Gruppe Menschen um den Kunden herum.

Karyu brabbelte immer noch verständnislos "Was..?" vor sich her, als würde das helfen, dann sah er für ein paar Sekunden reglos auf den bewusstlosen Kunden hinab, bevor er sich zu ihm kniete. Und ab da war er ganz anders. Während ich stehen blieb und nur zusehen konnte, stellte er den Umstehenden Fragen, versuchte den Mann aufzuwecken, untersuchte ihn rasch. "Ein Krankenwagen wurde angefordert?", erkundigte er sich, woraufhin eine junge Frau das bejahte.

"Sie sagten, sie brauchen nur 6 Minuten."

"Ok, sehr gut.." Nachdem der Kunde eine weiche Jacke unter dem Kopf hatte und er stabilisiert worden war, stand Karyu auf und warf mir einen Blick zu. Er schien mit mir reden zu wollen, aber in dem Augenblick öffneten sich die Schiebetüren des Supermarkts und die Notärzte kamen herein. Der Blonde nahm Abstand, gab den Männern aber die Informationen, die sie brauchten, bevor er sich zu mir stellte. Wir alle sahen den Sanitätern hinterher, als sie den Mann aus dem Gebäude trugen. Nur langsam kam wieder Bewegung in die Kassierer und Kunden.

"Na gut...er wird schon wieder", murmelte Karyu und nahm seinen Warenkorb. "Du riechst nach Bier", raunte er in mein Ohr und verschwand zwischen den Gängen, ohne dass ich etwas erwidern konnte. Etwas verloren stand ich da und sah ihm nach. Ich gab zu, ich hatte damit gerechnet, dass er mit mir reden würde. Stattdessen ließ er mich allein und ging, ohne mich irgendwas zu fragen, wie er es sonst so oft getan hatte.
 

Ich seufzte. Ich hatte meine Chance eben vertan. Ich hatte es ja nicht anders gewollt.

Die Kassiererin rief nach mir, weswegen ich zusammen zuckte und meinen Geldbeutel hervor kramte. Ich bezahlte, packte alles ein und steuerte auf den Ausgang zu. Aber als die Türen sich öffneten, blieb ich stehen. Ich sah mich um. Karyu war nicht zu sehen. Vielleicht sollte ich auf ihn warten...?

Ohne weiter darüber nachzudenken, ging ich beiseite und setzte mich auf die Zweierbank gegenüber der Kassen. Ich platzierte die Tüte zwischen meinen Beinen und wartete. Es dauerte 4 Minuten, bis er sich an Kasse 2 anstellte. Er sah mich erst, als alle Waren auf dem Band lagen und er einen 2000-Yen-Schein hervorholte. Er sah mir nur kurz in die Augen, bevor er bezahlte und seine Sachen eintütete. Langsam kam er auf mich zu und setzte sich schließlich neben mich. "Hi."

"Hi...", erwiderte ich leise, während ich zu Boden sah. Und nun? Warum saß ich hier? Was wollte ich ihm sagen?

"Du bist noch hier."

"Ja..", murmelte ich und fummelte an der Tragetasche rum.

"Hast du auf mich gewartet?"

"Ich glaube schon. Ja..."

"Du glaubst schon. Hmm.." Wir starrten beide geradeaus zu den Kassen und schwiegen eine Weile. "Wie geht's dir denn?"

"Gut, mir geht's gut." Ich nickte bekräftigend. "Ich hab jetzt eine Katze."

Überrascht sah er mich von der Seite an. "Oh ehrlich? Das ist schön."

"Ja, das ist es." Ich rang mir ein Lächeln ab.

"Ihr kommt beide klar miteinander?", erkundigte er sich, woraufhin ich nur nickte. "Wie heißt sie denn? Die Katze?"

"Oh..." Ich sah Karyu verlegen an. "Ich hab noch keinen Namen.."

"Was?" Nun war er ehrlich überrascht. "Wie lange hast du sie denn schon?"

"Etwa 3 1/2 Wochen", antwortete ich und hob die Schultern. "Aber noch ist mir für die Süße kein passender, schöner Name eingefallen..."

"Hmm...das kommt noch." Karyu lächelte mich leicht an. "Irgendwann weiß man es einfach. Warte ab."

Ich summte leise und nickte nur. Das hatte mir die Verkäuferin damals auch schon so ähnlich gesagt. Erneut verfielen wir in Schweigen und beobachteten die herumwuselnden Kunden. Bald würde der Supermarkt schließen, wenn ich die Zeit halbwegs richtig im Kopf hatte. "Hey...magst du meine Katze mal sehen?", fragte ich ihn plötzlich. Ich war selbst überrascht davon. Ich hatte die Freundschaft aufgegeben und jetzt...was machte ich da?!

Verwundert sah er mich an und machte den Mund auf, ohne sofort zu antworten. "..Ja, also..." Er kratzte sich am Kopf und zuckte schließlich mit den Schultern. "Okay, gern. Ich mag Katzen." Er lächelte mich leicht an, runzelte dann jedoch die Stirn. "Aber...warum riechst du nach Bier?"

Ich hob die Augenbrauen. "Ich hab Bier getrunken. Deswegen rieche ich nach Bier."

"Oh..ja...", murmelte er nur und wir standen auf, um in Stille den Supermarkt zu verlassen.

Innerlich schüttelte ich den Kopf. Über mich selbst, mein komisches Verhalten und Karyus ebenso komische Fragen.
 

Während wir die ruhigen Straßen entlang liefen, breitete sich ein unangenehmes Schweigen zwischen uns aus. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Mich entschuldigen? Aber wofür eigentlich?

Die Spannung zwischen uns war jedenfalls greifbar. Ich sah Karyu an, dass er etwas sagen wollte, so wie seine Kiefer zu mahlen schienen. Ich senkte den Blick wieder auf die Straße und nagte an meiner Unterlippe. Man, was hatte ich mir wieder bei der Aktion gedacht? Wahrscheinlich gar nichts..

Ich kramte nach meinem Wohnungsschlüssel und war erleichtert, als wir das Mietshaus erreichten und ich das vertraute Treppenhaus betrat. "Wir müssen etwas vorsichtig sein. Sie rennt mir jedes Mal die Tür ein, sobald ich auch nur schon den Schlüssel ins Schloss stecke. Ich muss aufpassen, dass sie mir nicht ins Treppenhaus rast und die Stufen runterkullert. Das tolle ist zwar, dass sie immer gleich zu mir zurück läuft, weil sie es eigentlich auf mich abgesehen hat, und nicht darauf, abzuhauen", erzählte ich schief lächelnd, "aber es ist dennoch gefährlich."

Auf Karyus Lippen legte sich ein Schmunzeln. "Sie ist also ein kleiner Wildfang?"

Ich nickte. "Ganz genau. Ohne Scheu und Angst. Und sehr liebenswert." Ich lächelte, während ich die Tür aufschloss. Man konnte bereits das Maunzen der Kleinen hören. "Ok.." Angestrengt langsam und vorsichtig öffnete ich die Tür einen spaltbreit, nachdem ich meinen Einkauf abgestellt hatte. Katzen konnten ja durch kleinste Spalten flitzen. Sofort drückte sie ihr Köpfchen durch den Spalt, aber sie kam nicht durch. Ich hockte mich hin und streichelte sie mit zwei Fingern, versuchte sie dann etwas zurückzudrängen, bevor ich die Tür ein Stück weiter öffnete, bis ich die Katze zu fassen bekam. Ich hob sie hoch, sie maunzte begeistert, und ich konnte die Tür ganz öffnen. "Komm rein", bat ich Karyu, der zuerst reinging und netterweise auch meine Einkaufstüte mit hinein nahm. Ich folgte mit der Katze und schloss die Tür wieder. "Hi meine Maus, wie geht's dir denn? Hast du mich sehr vermisst?" Ich knuddelte sie und setzte sie auf den Flurschrank, von wo aus sie Karyu ganz genau beobachtete.

Ich betrachtete den Blonden, welcher die Einkäufe abgestellt hatte und sich dann vor den Schrank hockte, von wo aus er zur Katze hochsah. "Du bist ja noch ganz klein...und eine ganz hübsche", säuselte er lächelnd und warf mir einen Blick zu. "Weißt du, wie alt sie ist?"

"Etwa 3 Monate jetzt.", antwortete ich stolz, während die Kleine näher an den Rand des Schranks kam und zu Karyu sah, dessen Gesicht beschnupperte. Dann schaute sie kurz zu mir und sprang auf Karyus Schulter.

"Huch!" Er erschreckte sich etwas, weswegen ich lachen musste.

"Hätte ich dich vorwarnen sollen? Sie liebt Schultern und Arme", informierte ich ihn amüsiert, während er vorsichtig aufstand und mit den Fingerspitzen das Fell des Tiers berührte.

"Ist schon ok." Er lächelte. "Sie ist wirklich unglaublich süß."

"Ja, das ist sie.." Ich seufzte. "Aber ich fühle mich schlecht, dass mir immer noch kein schöner Name einfällt." Ich nagte kurz an meiner Unterlippe. "Vielleicht hast du ja eine Idee? Nicht jetzt gleich, aber irgendwann...wenn dir was einfällt, kannst du mir das ja sagen...", murmelte ich.

Er hatte die Katze versucht im Auge zu behalten, die auf seiner Schulter umher wanderte, doch nun hob er den Blick und sah mich an. Das Lächeln auf seinen Lippen war einem ernsten, traurigen Blick gewichen. "Zero, du... Es tut mir leid, aber du hast einen Schlussstrich gezogen, oder? Du hast mir gesagt, dass du mich nicht mehr sehen willst, weil das besser wäre. Also..." Er seufzte. "Nein, mir fällt kein Name für deine Katze ein. Das schaffst du schon selbst, da bin ich mir sicher." Er lächelte schwach, während er das Tier zurück auf den Flurschrank setzte. "Ich geh jetzt besser." Er winkte der Katze und nahm seine Einkaufstüte.
 

Sprachlos sah ich ihm dabei zu. Ich wollte irgendwas sagen, ich sollte und musste es, aber mir fiel einfach nichts ein. Als er die Tür öffnete, ging ich ihm hinterher. "Karyu, warte doch, bitte..." Er sah zu mir. "Es tut mir leid, ich hätte nicht.." Ich suchte nach Worten, während er sich zu mir umdrehte und geduldig abwartete. "Ich hätte dich nicht ansprechen sollen..."

Er blinzelte mich an und brauchte einen Moment, um zu antworten. "...ja.. Mir tut's auch leid.", murmelte er und trat ins Treppenhaus, bevor er einfach die Tür hinter sich zuzog und ich im Flur stehend zurück blieb. Mit großen Augen starrte ich die Wohnungstür an. Jetzt hatte er mir MEINE Tür vor der Nase zugeknallt. Ich musste was Falsches gesagt haben. Gesagt und getan. Seufzend wandte ich mich ab, als ich die Katze miauen hörte.

Was hatte ich denn auch erwartet...?
 

==================================================

Und zack! Schon gibt es eine Fortsetzung. Das Ende der vorigen FF war natürlich unbefriedigend und kein wirkliches Ende. Die beiden wohnen ja schließlich fast gegenüber, da bleibt es nicht aus, dass sie sich immer mal wieder sehen und ihre Situation vielleicht noch mal überdenken. Aber so einfach wird das alles nicht!

Die wichtigen Fragen müssen noch geklärt werden! Fragen wie: Bekommt Zeros Katze noch einen Namen?! ;)

...ich wäre für Namensvorschläge offen 8D

Von vorwurfsvollen Frauen, Personen, die im Dunkeln warten und von offenbarenden Gesprächen

Meine Vorlesungen an der Universität langweilten mich tödlich. Das einzige, was mich über Wasser hielt, war der Gedanke an den Zooladen, den ich besuchen wollte.

Sobald der Dozent die Vorlesung beendet hatte, sprang ich auf und machte mich auf den Weg. Nur wenige Bahnstationen entfernt befand sich der Laden. Ich wollte mit der netten Verkäuferin plaudern, sie auf den neuesten Stand bringen, was die Katze anging und ein bisschen was kaufen. Ein Spielzeug, ein neuer Napf und eine Tüte Leckerlis. Das wichtigste bekam ich zwar auch im Supermarkt, aber manchmal zog es sich mich hierher.

Als der Laden in Sicht kam, verließ jemand diesen, der mir bekannt vorkam - Reiko, die Besitzerin des Katzencafés in Setagaya. Sie entdeckte mich und winkte mir. Ich lächelte leicht und ging zu ihr. "Hallo. Zero war dein Name, richtig?" Ich nickte nur. "Schön, dich wieder zu sehen. Wie geht es dir denn?"

Ich hob eine Schulter. "Ganz gut, denke ich."

"Ganz gut, so so." Sie lächelte leicht. "Ganz gut und Schulterzucken bedeutet, dass es dir eigentlich nicht so gut geht." Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. War es Vorsicht? Mitgefühl? Oder gar Enttäuschung? "Ich will mich nicht einmischen, aber Karyu war letztens bei mir im Café. Er war nicht so glücklich."

Ich seufzte leise. "Lass mich raten. Er hat gleich ausgeplaudert, was passiert ist?"

"Er sagte mir nur, dass ihr keine Freunde mehr seid, als ich fragte, warum er wieder so traurig guckt.", erwiderte sie ruhig, während ich die Hände in die Jackentaschen steckte.

"Ja...ist besser so."

"Denkst du das ernsthaft? Er ist wirklich niedergeschlagen, und entschuldige, wenn ich das sage, aber du siehst auch nicht so zufrieden aus. Vielleicht war eure Entscheidung die falsche?" Ich blinzelte sie an und holte Luft um etwas zu wiederholen, aber mir war auf die schnelle nicht klar, was ich erwidern sollte. "Tut mir leid. Ich weiß, wir kennen uns nicht gut, aber ich mach mir einfach nur Sorgen.", fügte sie leise hinzu und lächelte schwach.

Ich seufzte und hob die Schultern. "Ist schon in Ordnung. Ich weiß auch nicht...es ist jetzt, wie es ist."

Sie betrachtete mich einen Moment schweigend. "Also...denkst du, dass das sensibel war? Und dass die aufgelöste Freundschaft besser für ihn ist?" Ich erwiderte ihren Blick lediglich fragend. "Nun, ich hatte dich gebeten, schonend mit Karyu umzugehen. Das soll jetzt auch kein Vorwurf oder ähnliches sein. Mir kommt nur der Gedanke, dass du dir vielleicht was aus meinen Worten gemacht hast und...das Richtige tun wolltest, aber ich glaube, das war es nicht." Vorsichtig sah sie mich an, als hätte sie die Befürchtung, zu weit gegangen zu sein.

Ich wandte den Blick ab. "Ich hab keine Ahnung, okay? Ich hab jetzt eine Katze, und um die muss ich mich kümmern...", murmelte ich nur und ging an ihr vorbei. Sie ließ mich gewähren.

"Überlegt es euch doch noch mal", riet sie mir. "Ich würde euch gern beide wieder in meinem Café begrüßen können - zusammen", fügte sie leise hinzu.

"Mach's gut", murmelte ich, während ich ihr einen entschuldigenden Blick über die Schulter zuwarf.

Wenn sie mir ein schlechtes Gewissen hatte machen wollen, dann war es ihr gelungen. Es war ja auch meine alleinige Entscheidung damals gewesen, nicht "unsere". Und ja, womöglich war sie falsch gewesen, wer wusste das schon? Dass Karyu traurig war, war verständlich, hatte er mich doch besonders gemocht - etwas, was ich immer noch nicht verstand. Ich war langweilig und eine graue Maus, aber das war eine andere, unerhebliche Baustelle.

Seufzend betrat ich den Laden. Zwar war ich durch den Wind, und wollte eigentlich über das Gespräch nachdenken, doch auf der anderen Seite wusste ich auch, dass es einfach nichts bringen würde. Es war, wie es war. Es war gut so. Dass ich Karyu zu mir eingeladen hatte, war ein Fehler gewesen. Das war uns wohl beiden klar. Es war aus und vorbei. Weil es besser so für uns war.
 

Glücklich und zufrieden, die Tüte voll mit den Sachen, die ich gewollt hatte und noch anderem Kram, verließ ich eine halbe Stunde später den Laden. Ich hatte Musik im Ohr und freute mich auf zu Hause. Es wartete jemand auf mich. Das war ein gutes Gefühl.

Es war bereits dunkel geworden, als ich zurück kehrte. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen, da irgendjemand vor dem Haus stand, an die Wand gelehnt. Wahrscheinlich wartete die Person. Paranoid wie ich war, überkam mich gleich die Angst. Vielleicht ein Räuber oder Mörder? Verstohlen sah ich mich auf der Straße um. Niemand weiter zu sehen. Natürlich. Würde ich jetzt weg gefangen, würde es auch wirklich niemand bemerken...ganz toll.

Langsam und ohne die Person aus den Augen zu lassen, schritt ich auf die Haustür zu, den Schlüssel bereits in der klammen Hand. Doch je näher ich kam, umso sicherer wurde ich, dass diese Person auf mich wartete. Denn sie hatte blonde Haare.

Verwirrt nahm ich einen Knopf aus dem Ohr, während ich näher kam. "Karyu?"

Er sah auf. "Oh hey, da bist du da."

Überrascht musterte ich ihn. "Hast du auf mich gewartet?"

Er nickte. "Ich bin vor 20 Minuten oder so hergekommen. Ich hab geklingelt, natürlich hat keiner aufgemacht, und da auch kein Licht an war, dachte ich mir schon, dass du weg bist. Also hab ich draußen gewartet.", erklärte er und stieß sich von der Mauer ab. "Ich dachte, wir sollten vielleicht reden. Und was klarstellen. Zumindest will ich das."

Ich schluckte. Was klarstellen. Wahrscheinlich sollte ich ihn wegen der Katze nicht mehr belästigen. Überhaupt in Ruhe lassen. Na gut, ok. Ich hatte das ja eh so gewollt.

"In Ordnung, komm rein", murmelte ich und schloss auf. Schweigend gingen wir hinauf.

Wieder dieses unangenehme Gefühl, wieder diese Anspannung zwischen uns. Das machte mich direkt nervös.

Wie immer öffnete ich vorsichtig die Tür, achtete darauf, dass die Katze nicht ausbüxte, während wir die Wohnung betraten.

"Hast du jetzt einen Namen für sie?", erkundigte sich Karyu, woraufhin ich den Kopf schüttelte.

"Leider nicht. Vielleicht...", ich seufzte, "vielleicht nenne ich sie einfach..Katze."

"Sehr kreativ", kommentierte Karyu mit hochgezogener Augenbraue, woraufhin ich lediglich vage die Schultern hob. Was sollte ich machen?

"Setz dich ruhig schon mal. Ich versorg nur noch die Katze, ja?", bat ich ihn und er nickte.

Die Kleine folgte mir in die Küche, wo ich ihr Futter gab und seufzend nach der Wasserschale griff. "Du hast ja schon wieder nichts getrunken...Das ist nicht gut für dich, das weißt du?", murmelte ich und sah sie anklagend an, aber sie legte nur ihr Köpfchen schief und tat unwissend. Dann mauzte sie und widmete sich dem Futter. So wurde das nie was. Besorgt wechselte ich das Wasser der Schale, dann atmete ich tief durch und ging zu Karyu ins Wohnzimmer. "Möchtest du was zu trinken?", fragte ich ihn, doch er schüttelte den Kopf.

"Das regelt sich schon noch."

Verwirrt sah ich ihn an, während ich mich setzte. "Was?"

"Das mit dem Wasser. Mach dir keine Sorgen, sie wird anfangen, mehr zu trinken."

Ich nickte langsam. "Ach so...ja...das hoffe ich doch sehr." Ich rang mir ein Lächeln ab und räusperte mich. "Du wolltest noch mal reden?"

"Genau. Ich weiß nur nicht, wie ich anfangen soll." Er lächelte mich schwach an und seufzte. "Als wir uns letztens im Supermarkt wiedergesehen haben, warum hast du mich eingeladen?"

Ich senkte den Blick. "Das hab ich mich auch schon gefragt."

"Bullshit." Geschockt sah ich auf. "Du hast mich vermisst. Du bist trotz Katze allein, so einfach ist das." Er musterte mich mit zusammengezogenen Augenbrauen. "Ich hatte gehofft, dass du mittlerweile so weit wärst und mir das direkt sagen kannst. Oder willst du mir ernsthaft weismachen, dass dir der Grund nicht klar ist?"

Ich blickte beiseite. "Keine Ahnung. Ist es wichtig, warum ich dich angesprochen hab?"

"Ja, das ist es! Ich meine, du kündigst mir per Zettel die Freundschaft und sagst mir, du wärst lieber allein, als mit mir zu sein. Wochenlang reden wir nicht und dann sprichst du mich wegen deiner Katze an. Kannst du dir also nicht vorstellen, dass ich einigermaßen verwirrt bin und mich frage, was das nun zu bedeuten hatte? Und du bist der einzige, der mir das beantworten kann." Er lächelte säuerlich. "Aber weißt du, auf der anderen Seite gibt es nicht viele Erklärungen für dein Verhalten. Momentan halte ich jene am plausibelsten, dass du mich eben vermisst hast. Du bist allein, du hast sonst niemanden. Das geht mir auch so. Ich hab mich gefreut, dass du mit mir gesprochen hast. Aber das soll nicht das einzige Mal geblieben sein, ok? Also bitte...ich will von DIR hören, warum du es getan hast."

Ich starrte ihn nur an. Mein Inneres war dank seiner Worte völlig durcheinander. Irgendwie, so musste ich mir das eingestehen, hatte er wohl recht. Er hatte mich richtig analysiert. Ich räusperte mich. "Ok...ja, ok, was du sagtest, ist richtig.", murmelte ich nur und sah betreten zu Boden.

"Schön. Und wenn du dabei nicht so beschämt gucken würdest, würde ich mich nicht wie der letzte Dreck fühlen."

"Wie bitte?"

"Du schaust aus, als wäre es schlimm oder peinlich oder was auch immer, dass du mich angesprochen hast. Jemanden zu vermissen ist normal, weißt du.", antwortete er trocken, weswegen ich seufzte.

"Schon gut, tut mir leid. Ich bin eben so. Ich guck so. Das ist mein Gesicht. Worauf willst du denn noch rumhacken?", brummte ich und warf ihm einen kurzen Blick zu, so sah ich, wie er einen Moment stockte.

"Oh, so wie ich das sehe, hast DU auf MIR rumgehackt. Ich versuche gerade, noch irgendwas zu retten. Deine Aktion war für mich der Ruf nach Aufmerksamkeit. Du brauchst Gesellschaft, und zwar menschliche. Ich wäre immer noch gern dein Freund. Ich bin so nett und gebe dir die Chance, deine Worte zu bereuen und deine Entscheidung zu richten. Stattdessen führst du dich auf wie...wie ein Kleinkind."

Ich zog eine empörte Schnute. Ich war doch kein Kleinkind!

"Da, genau das meine ich." Er seufzte. "Ehrlich Zero, ich werde aus dir nicht schlau. Was soll ich denn noch machen, um dir zu helfen?"

"Du sollst mir ja gar nicht helfen", erwiderte ich trotzig. Irgendwie wurde mir das hier zu viel. "Ich kann sowas nicht gut. Solche Gespräche führen oder Diskussionen. Das ist nicht mein Ding."

Karyu vergrub das Gesicht in den Händen. "Ich stelle dir einfache Fragen, und auf die sollst du einfach nur antworten...", murmelte er und blickte auf. "Wenn du das wirklich nicht willst, deine Entscheidung für richtig hältst und uns beide weiter quälen willst, dann bitte. Okay, dann gebe ich auf und gehe. Ich werde nie wieder mit dir reden, dich nie wieder ansehen, nie wieder auch nur irgendwas mit dir zu tun haben. Wenn es das ist, was du willst." Ernsten Blickes betrachtete er mich.

Überfordert öffnete ich den Mund. Was wollte ich denn? "Ich...ich will..." Etwas hilflos starrte ich Karyu an. Diesmal half er mir nicht, sprang nicht ein, sondern wartete. Er meinte es wirklich ernst. Wenn ich jetzt nichts sagte, würde er für immer aus meinem Leben verschwinden. Einzig die Katze würde mich noch an ihn erinnern, denn zu dem Kauf hatte er mich inspiriert. Nur dank ihm war ich darauf gekommen. "Ich...also ich will..." Ich atmete durch. "Ich will nicht allein sein..."

Karyu lehnte sich lautlos seufzend zurück und musterte mich. Ich konnte nicht sagen, ob er enttäuscht war oder...irgendwas anderes. Nach ein paar Sekunden verschränkte er die Arme. "Ok, gut. Ich will auch nicht allein sein", erwiderte er und betrachtete mich eingehend. "Eine Frage hätte ich noch. Kann denn wirklich ICH dir helfen? Darf ich für dich da sein, oder wünschst du dir eigentlich irgendjemand anderen?"

Verwirrt erwiderte ich seinen Blick. "Ich..ich verstehe nicht..."

"Ab und an hatte ich das Gefühl, dass du mich abweist. Dass du mich nicht bei dir haben willst.", antwortete er. "Das Ganze hat keinen Sinn, wenn du...na ja, wenn du mich nicht wirklich leiden kannst."

Meine Augen weiteten sich. "Nun mach mal einen Punkt. Ich hab eben nicht so viel Kontakt mit anderen Menschen gehabt in meinem Leben, geschweige denn engen. Daher bin ich manchmal wohl etwas komisch. Aber natürlich mag ich dich, sonst hätte ich nicht so viel mit dir rumgehangen", erklärte ich.

Tatsächlich schenkte Karyu mir daraufhin ein kleines Lächeln. "Das hör ich doch gern. Dann bin ich erleichtert.", sagte er und hob die Hand, um mit einer Haarsträhne zu spielen. "Wir sollten aber noch deine Befürchtungen besprechen", sagte er leise. "Von wegen, dass es uns beide ja nicht gut tun würde, wenn wir Zeit miteinander verbrächten."

Daraufhin wandte ich den Blick beiseite. Das dachte ich ja eigentlich auch immer noch. "Ja also, denkst du das denn gar nicht?", wollte ich von ihm wissen.

Überraschenderweise lachte er. "Nicht wirklich, Zero." Sanft sah er mich an. "Ich will dich nicht vergessen oder sonstwas. Du bist der einzige, den ich habe. Das hab ich dir doch schon mal gesagt und das mein ich ernst. Ich hab nur dich und ich will Zeit mit dir verbringen. Auch wenn du über mich anders denkst als ich über dich. Das ist ok. Damit komme ich klar." Er lächelte schwach. "Das Problem sehe ich eher darin, dass du meintest, ich könnte nicht genug Zeit für dich erübrigen."

Ich seufzte innerlich und lehnte mich zurück. "Ja, also..du bist von morgens bis abends im Krankenhaus. Das ist auch okay, das ist dein Job, deine Ausbildung. Nur, wenn wir dann mal verabredet sind, wüsste ich gerne, dass wir diese Zeit auch nutzen können. Was bringt es, sich zu verabreden, wenn du nicht wirklich da bist? Was nutzt uns dann eine Freundschaft, wenn wir uns so selten sehen?", sagte ich bekümmert, woraufhin er mich leicht anlächelte.

"Wow, Zero hat tatsächlich Gefühle und scheint mich zu mögen und zu vermissen", meinte er beinahe stolz klingend, weswegen ich ihn verwirrt ansah. "Na ja, ich fühle mich geehrt, dass ich dir fehle, wenn wir uns nicht jeden Tag sehen."

"Also SO hab ich das nun auch wieder nicht gemeint!", warf ich ein, aber ihn interessierte das gar nicht. Karyu grinste nur triumphal..

"Schon okay", lenkte er beschwichtigend ein und lächelte seicht. "Du solltest wissen, dass ich ja nicht oft zu Notfällen gerufen werde. Das passiert nicht mal ein Mal im Monat, ok? Und noch was: ich bin am Ende meiner Ausbildung. Ich muss nur noch für meine Abschlussprüfung lernen, und dafür werde ich weniger Stunden im Krankenhaus verbringen müssen. Sobald ich durch bin, würde ich gern in ein kleineres Krankenhaus wechseln. Da ist sowieso weniger los. Ich hätte in der Woche vielleicht sogar zwei Tage statt nur einem frei", erzählte er zwinkernd. "Ich hab mich da schon informiert. Keine Sorge. Dein Horrorszenario, dass wir uns wochenlang nicht sehen, wird nie eintreffen, ok? Deine Ängste sind unbegründet", versuchte er mich zu beruhigen.

Zweifelnd sah ich ihn an und knabberte auf meiner Unterlippe rum. War das denn so einfach? "Wenn die Sache so leicht zu lösen ist, warum..hast du mir das nicht gleich gesagt?", wollte ich leise wissen, woraufhin er die Augenbrauen hob.

"Weil du mich verletzt hast, deswegen. Ich hätte deine Angst beinahe als Ausrede gehalten, als billige Ausrede." Er verschränkte die Arme, während er mich ruhig ansah. "Es war so schwer, an dich ranzukommen, und versteh die Wortwahl nicht falsch." Er lächelte schwach. "Du warst lange misstrauisch mir gegenüber und hast abgeblockt, wenn es um Persönliches ging. Das ist teilweise immer noch so, woraus ich dir keinen Strick drehe. Es gibt immer Sachen, über die man nicht gern spricht." Er senkte den Blick. "Du warst immer sehr vorsichtig und zurückhaltend, wenn ich aufgetaucht bin. Und plötzlich sagst du mir, dass dir unsere gemeinsame Zeit nicht reicht. Das hat mich stutzig gemacht. Ich hielt es zuerst für eine Ausrede, weil du mir nie gezeigt oder gesagt hast, dass es dir wirklich was bedeutet, wenn wir zusammen sind, verstehst du?" Ich nickte nur. "Deswegen war ich enttäuscht und verletzt, aber ich hab dir letztendlich nicht zugetraut, dass du mich anlügst." Er seufzte. "Im Endeffekt war ich einfach sauer, dass du mich so abservierst. Ich hab nicht nachdenken können... Aber genau das musste ich, um dir klarzumachen, dass deine Befürchtungen nicht notwendig sind."

Ich betrachtete ihn. "Du...hast für einen Moment gedacht, dass ich vielleicht doch nicht so unrecht habe, stimmt's?"

"Zumindest was mich angeht. Dass es mir vielleicht auf Dauer wirklich nicht so gut tut, mit dir Zeit zu verbringen.", nickte er und lächelte schwach. "So nah und doch so fern, verstehst du?" Ich nickte nur und zog die Knie an, bevor ich mich gegen die Couchlehne sinken ließ. "Aber ich schaffe das schon. Es wäre schlimmer für mich, wieder allein zu sein. OK?" Erneut brachte ich nur ein Nicken zustande und beobachtete Karyu dabei, wie er mit traurigem Blick den Kopf senkte. "Es gibt da noch etwas, das ich dir sagen sollte." Nervös fuhr er sich durchs Haar. "Wo wir dabei sind, alles zu klären und dabei ehrlich zu sein..." Er schluckte und hob den Blick, welchen ich verwirrt erwiderte. Was kam denn jetzt?

"Hast du was angestellt?", wollte ich mit leicht hochgezogenen Augenbrauen wissen, woraufhin er langsam nickte.

"Ja, das..kann man wohl so sagen", murmelte er schwach lächelnd. "Also, die Sache ist die... Ich... Es ist wirklich nur einmal passiert, ja? Und es tut mir leid.."

Wow, da druckste aber einer gewaltig rum. "Karyu, was ist denn los? So schlimm wird's schon nicht sein."

"Na da wär ich mir nicht so sicher..", murmelte er und sah auf. "Ich hab dich angefasst."

"Was...?" Aus großen Augen erwiderte ich seinen Blick. So ganz kam ich nicht mit.

"Ich hab dich angefasst", wiederholte er. "Der erste Abend, wo wir zusammen gesessen haben...du bist während des Films eingeschlafen und hast dich immer weiter an mich gelehnt, bis du irgendwann auf meinem Schoß gelegen hast", erzählte er. "Die Decke ist auf den Boden gerutscht und ich...als ich die aufheben wollte, hast du dich auf den Rücken gedreht..und ich hatte mich doch gerade hinab gebeugt..." Seine Augen starrten auf einmal in die Ferne. "Ich hab dich geküsst. Ich hab versucht, es nicht zu tun, aber...ich konnte es nicht verhindern. U-und dann...hab ich dich angefasst.." Entschuldigend sah er zu mir auf. "Es war nur mit der Hand auf deinem Oberkörper...und vielleicht..ist sie auch mal unter dein Shirt..gerutscht..", murmelte er mit roten Wangen, während ich erstarrte. In einer dunklen Ecke meines Gehirns regte sich eine Erinnerung, aber ich wusste nicht, ob das wirklich etwas mit dem zu tun hatte, was Karyu mir da gerade erzählte. "es war nicht lang..nur für ein, zwei Minuten vielleicht, dann hab ich wieder aufgehört und hab die Finger von dir gelassen. Ich bin gegangen..", fuhr er leise fort und fuhr sich durchs Haar. "Es tut mir wirklich leid und es kommt sicher nicht wieder vor. Ich hatte sofort aufhören wollen, aber du hast...du hast dich bewegt...", hauchte er langsam und mit einem Ton, der eindeutig darauf schließen ließ, WIE ich mich bewegte hatte. Das war ja peinlich.

Ich blinzelte und leckte mir flüchtig über die Lippen, denn auch Karyus Augen verrieten bei der Erinnerung so einiges. "Ok, ok, vergessen wir das, ja?", bat ich ihn, weswegen er mich überrascht ansah. Das Dunkle in seinen Augen war wieder verschwunden.

"Vergessen?" Nun war er es, der blinzelte, dann nickte er. "Oh..ja, natürlich." Er seufzte. "Hätte ich es überhaupt nicht erwähnen sollen? Heteros mögen es ja eigentlich gar nicht, wenn man so etwas macht und ihnen dann noch unter die Nase reibt, dass sie es irgendwie dann doch sogar mochten..."

Ich runzelte die Stirn. "Heteros...?"

Er blickte mich an. "Das bist du doch."

"Nein...eher nicht."

"Eher nicht?" Seine Augen waren kullergroß. "Du..."

"Du dachtest, ich wäre hetero?!", hakte ich nach und konnte nicht ganz nachvollziehen, wie er nun darauf kam. "Ich darf dich daran erinnern, dass du mir bereits die Zunge in den Hals gesteckt hast, als wir uns gerade mal flüchtig kannten und du mehr oder weniger in meine Wohnung eingebrochen warst. Wäre ich hetero, hätte ich dich verprügelt und vom Balkon runter geworfen...", sagte ich, woraufhin er schwach grinste.

"Das mag sein, ok. Das hat mich auch gewundert. Aber ich hatte...einfach all die Zeit danach das Gefühl, dass du...eben überhaupt nicht interessiert bist."

Ich öffnete den Mund, wollte erwidern, dass ich das doch auch nicht war, aber dann glaubte ich zu verstehen. Gerade so konnte ich verhindern, einfach nur "Oh" zu sagen. Das wäre schmerzhaft gewesen. Denn wie es aussah, glaubte Karyu, bei mir keine Chance zu haben, weil ich hetero war. Wenn ich aber schwul wäre, würde das alles ändern? Glaubte er dann, doch eine Chance zu haben? Aber so einfach war das doch gar nicht. Man konnte auch nicht interessiert sein, selbst wenn man schwul war... Was ging denn nun ab?

"Oh..", machte er plötzlich und mir wurde bewusst, dass ich ihn nur angestarrt hatte, und jetzt schien ihm klar zu werden, worüber auch ich nachgedacht hatte. "Du..du bist...du bist doch schwul?"

Leicht schüttelte ich den Kopf. "Nein, nicht direkt.", antwortete ich langsam. "Ich bin eher bi, denke ich."

"Denkst du?" Verwirrt betrachtete er mich, weswegen ich seufzte. Jetzt durfte ich ihm noch was privates aus meinem Leben erzählen. Na, so machten Freunde das wohl.

"Keine Ahnung...ich hatte mal einen Freund auf der Oberschule. Wir haben rumgemacht, hatten Dates und das alles. Aber er ist immer der einzige geblieben. Ich schau aber auch mal hübschen Frauen hinterher, so ist das nicht. Ich hatte nur nie eine Freundin, aber ich glaube nicht, dass das was aussagt. Interessiert wäre ich schon mal an der einen oder anderen gewesen", meinte ich und zuckte mit den Schultern. "Daher denke ich, dass ich bi bin, aber um ehrlich zu sein, ist es mir auch egal." Ich lächelte ihn leicht an. "Ich mag eben den Menschen, den ich mag. Ob nun Mann oder Frau ist mir gleich. Es gibt ja auch keine Eltern in meinem Leben, die mich für meine Orientierung schief ansehen könnten, also...ist es mir völlig egal, in wen ich mich verliebe." Ich schwieg für einen Moment. "Nur, Karyu, denk deswegen nicht, dass sich irgendwas zwischen uns ändert. Es ist immer noch so, dass ich nur für eine Freundschaft zwischen uns bin, ok? Wäre da was...wäre da mehr auf meiner Seite, dann hätte ich dir das schon früher gesagt."

Er nickte nur stumm und lehnte sich zurück. "Ok, gut. Danke für deine Ehrlichkeit."

Vorsichtig sah ich ihn an. "Tut mir leid..."

Doch er schüttelte den Kopf. "Nein, schon gut, wirklich. Ich bin froh, dass du mir nicht allzu böse ist, wegen der...Sache. Mit dem Anfassen."

Nun war ich es, der mit dem Kopf schüttelte. "Mach dir nichts draus. Das ist nicht so schlimm. Es stört mich nicht. Es ist lieb, dass du es mir gesagt hast. Das hättest du nicht machen brauchen. Obwohl.." Ich grinste ihn leicht an. "Ich sollte sauer sein. Ich glaube, du warst es, dem ich einen komischen, erotischen Traum zu verdanken habe."

Aus großen Augen starrte er mich an. "Wie bitte?"

"Ich glaube, ich habe dein Fummeln gespürt im Schlaf. Ich konnte mich am Morgen nämlich an irgendwas erinnern, was ich beinahe als Sextraum klassifiziert hätte, aber da ja nichts weiter passiert ist, war es nicht mal ein feuchter Traum. Ich hab nur irgendwen fummeln gespürt...glaube ich. Du hast dich also wohl nicht allzu sehr ins Zeug gelegt."

Er schmunzelte sachte. "Ach so. Soll das jetzt eine Aufforderung sein? Das nächste Mal, wenn du einschläfst, kann ich dich gern doller befummeln und dich an Stellen küssen, die-..."

Doch ich hob die Hand und schüttelte grinsend den Kopf. "Nein, zu deinem eigenen Besten wirst du das nicht tun."

"Schade", kommentierte er nur lächelnd und streckte die Arme von sich. Gleichzeitig atmeten wir tief durch.

Ich ließ den Kopf auf die Lehne hinter mir sinken und starrte an die Decke. "Also ist erstmal alles geklärt?"

"Ich denke schon. Wir haben uns die dunklen Sachen gebeichtet und mögen uns trotzdem noch, oder?"

"Ja...so sieht es aus", erwiderte ich und schloss leicht lächelnd die Augen. "Da bin ich erleichtert."

"Ich auch", sagte er glücklich. Eine Weile starrten wir an die Decke und schwiegen, dann senkte sich das Polster neben mir plötzlich und Karyu ließ sich neben mir auf die Couch fallen. "Und jetzt machen wir also so Freundes-Zeug?"

"Freundes-Zeug?" Fragend sah ich ihn an und schmunzelte. "Also keine Ahnung..du hast davon mehr Ahnung als ich, glaube ich. Du hast Freunde in Hokkaido gehabt, ich habe eigentlich nie wirklich welche gehabt..."

"Hm", machte er und betrachtete mich. "Ja, wir machen jetzt so Sachen wie..zusammen shoppen gehen..."

Ich verdrehte die Augen. "Shoppen?"

"Hey, was hast du denn dagegen?"

"Uhm...nichts. Ich...ich geh nur nicht gern shoppen. Klamotten brauch ich selten und Spaß macht es auch nicht."

"Warum nicht?", wollte er wissen. "Nicht genug Geld? Oder passen dir die Sachen etwa nicht?" Er lachte, während er mich musterte. "Als ob es Klamotten gäbe, die dir nicht passen."

Ich seufzte. "Ich hab genug Geld. Einen Haufen Geld", erwiderte ich. "Und passen tun mir die meisten schon, aber sie..sehen nicht so toll aus und..ach was weiß ich. Es ist stressig. Es nervt mich."

Karyu schmunzelte. "Ich weiß schon, was dein Problem ist. Du magst es nicht, ALLEIN shoppen zu gehen. Wart's mal ab, mit mir wird das der Knaller."

Ich lachte. "Aber natürlich."

"Wie sieht's aus? Wollen wir das machen?"

Ich hielt ein Seufzen zurück und nagte kurz an meiner Unterlippe. "Aber...wann hättest du denn dafür Zeit?"

Zu meiner Überraschung lächelte er mich an und klopfte mir auf die Schultern. "Morgen ist Samstag, da hab ich frei. Ok? Und zu Notfällen werde ich nicht mehr gerufen. Wegen der Prüfung." Ich nickte leicht. Das war gut. "Apropos Prüfung...wenn du mir ein bisschen beim Lernen hilfst, können wir mehr Zeit zusammen verbringen. Ich wäre vielleicht schneller und wir könnten abends immer noch was tun...falls du magst."

Ich hob eine Schulter. "Gut, in Ordnung. Warum nicht?"

Karyu strahlte mich an. "Das ist ja mehr, als ich erwartet hab. Sehr schön." Er klopfte mir auf das Knie. "Ich hab Hunger! Hast du was da?"

Kopfschüttelnd, aber lächelnd stand ich auf. "Da muss ich mal nachschauen. Jetzt klaust du mir das Essen also nicht im Supermarkt, sondern direkt zu Hause, wo mir die Lebensmittel schon gehören.." Ich seufzte gespielt, während er nur lachte.

Von ominösen Likören und vielen Vielleichts

============================================

3. Kapitel

============================================
 

"Oh Gott, Karyu...! Oh Gott!" Ich kam überhaupt nicht mehr klar. Selbst das Lachen war anstrengend. Gerade wollte ich mich auf das Sofa fallen lassen, als er jedoch meine Hand ergriff und mich zu sich zog.

"Nichts da, los, weiter!"

"Ich will mich aber mal ausruhen!", maulte ich, weswegen er mich eindringlich ansah.

"Zero, wir waren doch nur shoppen. Wovon bist du so erschöpft?"

Ich schnaubte. "Wir waren 5 Stunden unterwegs, 5 Stunden! Ich bin höchstens 2 gewöhnt. Komm schon, lass mich.."

Doch er schüttelte den Kopf und machte schon die Wohnungstür auf. Meine Katze war noch nicht mal in Sicht, so schnell waren wir schon wieder verschwunden. Es war nicht das erste Mal, dass wir shoppen gingen, doch immer noch genauso anstrengend. Wenn Karyu nicht genau das fand, was er wollte, dann suchte er eben so lange überall, bis es doch klappte. Und so machte er das auch, wenn es um meine Sachen ging.

Besonders an seinen freien Tagen war alles vollgepackt mit irgendwelchen Dingen, die er machen wollte. Beim letzten Mal waren wir spätnachmittags noch nach Odaiba gefahren, wo ein großes Riesenrad stand. Den Sonnenuntergang hatte man von da oben wunderbar beobachten können. Es hatte Spaß gemacht. Sogar im Game Center waren wir einmal gewesen, etwas, was mich noch nie gereizt hatte. Aber sogar das hatte irgendwie Spaß gemacht. Ich lebte ja nicht gerade viel länger als Karyu in Tokyo, wir beide hatten nicht viel von der Stadt bisher gesehen. Alleine zu gehen und alles zu erkunden, das hatte mich nicht gereizt. Karyu war es da ähnlich gegangen, doch jetzt konnten wir zu zweit all das machen, zu dem wir bisher keine Lust gehabt hatten, zumindest nicht allein.
 

Jammernd lief ich hinter ihm her, doch als er vor einer Bar stehen blieb, sah ich ihn fragend an. "Hier..geht es aber nicht zum Sky Tree..", murmelte ich verwirrt.

Er lächelte mich an. "Ich weiß. Wir gehen ein ander Mal zum Sky Tree. Den Tokyo Tower haben wir schon bestiegen, also kann der nächste Turm ja warten. Du bist erschöpft und willst eine Pause, also bekommst du sie. Der Kompromiss ist, dass du sie hier bekommst, wo ich auch was Schönes trinken kann."

Ich lachte. "Was Schönes? Bekommst du bei mir nicht was Schönes zu trinken?"

"Du hast nur Bier, das ist..das ist langweilig. Ich will was anderes."

"Oh, wie nett", murmelte ich, aber da zog er mich schon mit hinein. "Warst du hier schon mal?" Wir waren nur 3 Bahnstationen gefahren, aber ausgestiegen war ich hier noch nie.

"Ja. 2,3 Mal mit Kollegen."

Ich hob die Augenbrauen. "Ich dachte...also...wenn du mit denen was trinken gehst, warum sind sie dann nicht deine Freunde?"

Wir setzten uns. "Nein, so einfach ist das nicht. "Wir gehen wirklich selten miteinander was trinken, da die Schichten ungleich sind. und dann..sind wir kaputt und müde und wollen einfach nur..wir wollen uns nur die Kante geben, ok? Manchmal haben wir furchtbare Tage. Da ist nicht viel mit reden. Ich weiß oft gar nicht mehr, was eigentlich passiert ist. Ich erkenne nur am Kater und an den Gesichtern der Anderen, dass wir gemeinsam was trinken waren."

Ich lächelte ihn schief an. "Oh..verstehe."

"Ja, ziemlich traurig." Er warf einen kurzen Blick auf die Karte, die er mir dann reichte. Bei den Cocktails angekommen, hatte ich Schwierigkeiten, mich schnell zu entscheiden. Ich hätte mich gern einaml die Karte rauf und runter getrunken. Und das wollte ich dann auch tun, weswegen ich mich für den Cocktail entschied, der ganz oben stand. "Zwei Jägermeister bitte", sagte Karyu und riss mich aus meinen Gedanken. Der Kellner war schon da.

"Ich hätte gern einen Daiquiri." Verwirrt sah ich dann zu Karyu. "Jägermeister? Was ist das?"

"Das...ist lecker", erwiderte er schmunzelnd. "Kräuterlikör. Du wirst den probieren, ich hab ja nicht aus Spaß zwei bestellt", sagte er zwinkernd und lehnte sich zurück.

"Nein, nein, ich werde schon genug durcheinander trinken. Ich hab mich entschieden, die komplette Cocktail-Karte zu probieren."

Karyu lachte. "Die komplette? Ich wusste nicht, dass wir uns heute heillos besaufen wollen." Er sah mich eingehend an, während er sich vorbeugte. "Ist irgendwas passiert?"

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, eigentlich nicht. Die Klausuren liegen nur hinter mir, ich muss erstmal nicht mehr in die Uni die nächsten Wochen...daher feiere ich nun meine Freiheit."

"Deine Freiheit? Und die Langeweile, schätze ich.", meinte er.

"Ach was, ich hab ja jetzt dich. Das hast du doch sonst immer so betont", erwiderte ich schmunzelnd, weswegen er grinste.

"Stimmt, das wollte ich hören. Ich lenk dich schon ab, wenn ich aus dem Krankenhaus komme."
 

Der Kellner kam und reichte uns die Getränke. "Wann ist denn nun eigentlich deine Prüfung?", erkundigte ich mich.

"Die ist in 3 Wochen.. Du hilfst mir? Ich hab schon alles so weit fertig, dass ich jetzt nur noch mit Lernkarten arbeiten brauche." Er grinste mich breit an. "Du wirst unter anderem mein Patient spielen dürfen."

"Oh...schön", murmelte ich unsicher. Mal sehen, was mich da erwarten würde.
 

"Na komm, mach mich glücklich und probier den Kurzen hier mal", bat er mich, während er mir das Fläschen Jägermeister zuschob, welches ich skeptisch betrachtete. Er öffnete seines und lächelte mich auffordernd an. "Hast du Angst?"

Ich schüttelte den Kopf und drehte die Kappe auf, schnupperte dann kurz. Das roch...komisch. "Ich glaube, ich mag Kräuterlikör nicht", maulte ich, doch er prostete mir nur zu und kippte sich das Zeug hinter die Bühne. Ich verzog leicht das Gesicht und nahm ebenfalls einen Schluck. Karyu beobachtete mich, während ich nachdenklich von dem Zeug kostete. "Es schmeckt besser, als es riecht", befand ich dann.

"Sehr gut", strahlte Karyu mich an. "Dann bestell ich uns eine zweite Runde. Der Jägermeister geht auf mich, keine Sorge."

Ich nickte lächelnd und sagte nichts darauf, denn ich wusste, dass er keine Widerworte zulassen würde. Er wollte das Zeug jetzt mit mir trinken. Schweigend widmete ich mich meinem Daiquiri. Der war vorzüglich. Nicht besser oder schlechter als der Kräuter, nur anders.
 

Tja, und was soll ich sagen. Es endete, wie es enden muss, wenn man verschiedene Cocktails mit unterschiedlichem Alkohol und dann auch noch einen Kräuter nach dem anderen trinkt, weil es schmeckt...ich war betrunken, so richtig blau. Wahrscheinlich mehr als Karyu, der vorrangig nur den Jägermeister gekippt hatte.

Als wir in der U-Bahn saßen, lehnte ich mich an ihn. "Oh Gott..ich bereu's jetz schon..", murmelte ich. "Du brings' mich doch nach Hause, oder?"

Er streichelte mir über den Kopf. "Aber ja, wenn du möchtest." Ich nickte nur und versuchte, nicht einzuschlafen. "Geht's dir gut?"

"Ja...alles gut", beruhigte ich ihn lächelnd, während ich ihm sanft den Bauch tätschelte.

"Du denkst dich nicht, dass ich dich abfüllen wollte, oder?", fragte er mich dann leise, was mich zum schmunzeln brachte.

"Wolltest du das denn?"

"Nee.."

"Gut. Mehr brauch ich nicht zu wissen."

"Ok...", machte er nur und streichelte mir wieder über das Haar.

"Aber erfolgreich war es trotzdem. Auch wenn ich es nicht wollte.", fügte er schließlich hinzu, was mich zum grinsen brachte.

"Wenn dir das was bringt..."

"Ich kann mich als dein Beschützer aufspielen", erwiderte er schmunzelnd. "Oh, wir müssen aussteigen. Komm."

Ich richtete mich auf und Karyu half mir beim Aufstehen, bevor er mich rasch durch die sich öffnenden Türen zog. "Hey, nich' so schnell..!", maulte ich und stolperte hinter ihm her.

"Entschuldige..." Lachend ging er langsamer, hielt mich aber noch am Arm fest.

"Nich' jeder hat so wenig getrunken wie du...", brummte ich und schmiegte mich etwas an seinen warmen Körper, da die Nachtluft kühl war.

"Ist ja schon gut. Soll ich dich tragen?"

Nun war ich es, der lachte. "Nein, um Gottes Willen. Das is' wirklich nich' nötig. Ich schaff das schon."

"Wundert mich. Das waren 4 große Cocktails und unzählige Kräuterlikörs. Du bist trinkfest."

Ich nickte langsam. "Übung macht den Meister..", erwiderte ich lächelnd.

Aufmunternd klopfte er mir auf die Schulter. "Du klingst ja irgendwie stolz. Ich könnte dir jetzt die Nachteile zu hohen Alkoholkonsums aufzählen, aber-..."

"Das will ich gar nich' hör'n..", brummte ich ihm dazwischen, woraufhin er mir ein Schmunzeln zuwarf.

"Genau. Daher lass ich es. Ich pass ja auf dich auf. Dir passiert nichts."

"Wie schön", murmelte ich sarkastisch. "Aber ich kenn meine Grenzen.." Und würde es wohl auch ohne seine Fürsorge schaffen.

"Das werden wir ja sehen", erwiderte er nicht ganz so überzeugt.
 

Trotzig schwieg ich den restlichen Weg nach Hause. Wie versprochen brachte Karyu mich zu meiner Wohnung und kam sogar noch mit hinein. Eher unkoordiniert schlüpfte ich aus meinen Schuhen und ließ mich im Wohnzimmer auf den Boden fallen - ja, auf den Boden, nicht auf die Couch. Gegen die lehnte mich nämlich. Manchmal war mir der Boden einfach lieber.

Ich hörte das aufgeregte Miauen der Katze, die zwischen mir und Karyu hin und her lief, der etwas länger beim Ausziehen zu brauchen schien. Wahrscheinlich wusste sie nicht, ob sie Karyu beobachten oder zu mir kuscheln kommen sollte.

"Ich will noch was trinken", murmelte ich und linste träge zu dem Blonden hoch, der zu mir gekommen war und mich überrascht musterte.

"Noch was?"

"Jaaa, noch was. Der schöne Nebel lichtet sich schon", nuschelte ich mit einer vagen Handbewegung um meinen Kopf herum.

Karyu lachte nur und ging, von der Katze gefolgt, in die Küche. "Dann will ich aber auch noch was", stellte er klar und schien den Kühlschrank zu öffnen. Es klapperte und klimperte, dann kam er mit zwei Fläschchen wieder, in denen trüb-weißer Alkohol war. "Will ich wissen, was da drin ist?", erkundigte er sich schief grinsend, weswegen nun ich lachte.

"Keine Sorge, ist nichts Verbotenes. Das hab ich von Okinawa mitgebracht. Ein besonderer Alkohol...was das genau ist, hab ich schon wieder vergessen...irgendwas mit Sternanis.."

"Womit?" Verwirrt sah er mich an, während er sich neben mich auf den Boden setzte.

"Na Sternanis...", murmelte ich und griff nach einem Fläschchen. "Aber das Zeug schmeckt wirklich suuuper...mein Freund und ich haben das jeden Abend in Mengen gesoffen", gab ich glucksend zu.

Kurz schwieg Karyu, während er nachdenklich auf das Getränk sah. "Sag mal, dein Freund, mit dem du da warst....was ist mit dem?" Er sah mich an. "So allein wie du sagst, kannst du doch gar nicht sein."

Ich seufzte resigniert. "Der wohnt aber in Miyagi. Wie oft sehe ich ihn, meinst du? Vielleicht ein, zwei Mal im Jahr... Er ist angehender Anwalt und fast noch beschäftigter als du", antwortete ich schief lächelnd. Um auf andere Gedanken zu kommen, öffnete ich das Fläschchen.

"Verstehe...tut mir leid.", meinte Karyu leise, doch ich zuckte nur mit den Schultern und hob das Fläschchen des mysteriösen Alkohols. "Kanpai!"
 

In zwei Zügen war der Alkohol dann leider auch schon geleert, weswegen ich die leere Flasche empört ansah.

"Alter, das ging schnell..", kommentierte Karyu trocken und setzte sein Fläschchen an die Lippen.

"Lass mir'n Tropfen übrig!", bat ich ihn. Den Geschmack konnte ich nicht beschreiben. Auf jeden Fall war es erfrischend...irgendwie. Erfrischender Alkohol...?

Wie erstarrt sah ich dabei zu, wie der letzte Tropfen Karyus Lippen benetzte. "..hey! Was ist mit mir?", beschwerte ich mich, doch darauf antwortete er gar nicht.

"Du hast Recht, das schmeckt wirklich gut! Es erinnert mich ein bisschen an einen guten Kräuterlikör...nur besser", philosophierte er, während ich ihm die Flasche abnahm und hinein linste, dann versuchte, noch ein Pfützchen rauszukriegen, aber da war nichts mehr drin.

Grummelnd sah ich ihn an. "Du bist ein Egoist..", murrte ich, woraufhin er mich angrinste und sich demonstrativ über die Lippen leckte.

"Mh..wirklich lecker. Ich kann spüren, wie der letzte, wertvolle Tropfen sich auf meiner Zunge ausbreitetet." Wieso hatte ich ihm die zweite Flasche überhaupt überlassen?

"Schön für dich.." Ich blinzelte ihn an und packte dann seinen Kopf, um ihn näher zu ziehen.
 

Versessen auf den Geschmack schob ich ihm kurzerhand die Zunge in den Mund. Ein leises Schnurren entwich meiner Kehle, als ich tatsächlich den Alkohol auf der fremden Zunge schmecken konnte. Meine Hemmschwelle hatte definitiv den Äquator unterschritten...Ich bewegte mich auf der heißen, gefährlichen Südhalbkugel. Der Alkohol hatte mein Gehirn offenbar völlig aufgeweicht.

Langsam und genüsslich leckte ich über den weichen Muskel, der leicht zuckte, doch unvermittelt schob Karyu mich ein Stückchen von sich. "Zero...was ma-..."

Ich legte ihm einen Finger auf die Lippen. "Klappe."
 

Erneut näherte ich mich ihm, aber diesmal legte ich nur die Lippen auf seine, bewegte sie sanft gegen das andere Paar. Unvermittelt strich eine fremde Zungenspitze über meine Unterlippe und schob sich auch schon in meinen Mund. Und ich ließ es geschehen. Mir kam es gar nicht in den Sinn, ihn aufzuhalten.
 

Im nächsten Moment war ich auf den Boden gesunken und Karyu kniete über mir, hing immer noch an meinen Lippen. Ich seufzte leise in den Kuss und hob die Hände, um mich an Karyus Seiten festzuklammern. Mir wurde langsam heiß, aber auch etwas schwindlig, woran vermutlich der Alkohol schuld war.

Karyus weiche, volle Lippen fühlten sich so angenehm an. Von der geschickten Zunge wollte ich gar nicht erst anfangen.

Genießend schloss ich die Augen, keuchte leise, als Karyu sich von mir löste und mir leise Worte ins Ohr raunte, an die ich mich heute nicht mehr erinnern kann. Das meiste ist verschwommen, die Erinnerungen sind auseinander gerissen.
 

Ich erinnere mich als nächstes nur daran, wie wir irgendwann im Bett lagen. Ich hatte nicht den Drang, irgendetwas aufhalten zu wollen. Ich ließ die Sensation einfach über mich hinweg rollen.

Sanfte Bisse neckten mich im Nacken, und mein Körper war nicht zuletzt wegen des Alkohols so empfindsam, dass sich meine Finger in das Laken krallten und ich Laute des Wohlgefallens von mir gab.

Karyus warmer, nackter Körper schmiegte sich an meinen Rücken und ich konnte den leichten Schweißfilm auf unser beider Haut spüren, wie er leicht bei meinen unruhigen Bewegungen verrieben wurde.

Immer wieder wisperte er meinen Namen, während seine Erektion sich deutlich gegen meinen Hintern drückte, weswegen mir leise, unverständliche Laute über die Lippen perlten.
 

Karyu küsste meine Schultern. "Willst du das wirklich?"

"Ja..", hauchte ich nur, unfähig, mehr dazu zu sagen. Das Reden fiel mir sowieso unglaublich schwer.

"Morgen wirst du mich dafür hassen, oder nicht...?"

"Vielleicht...", erwiderte ich aus leicht geschlossenen Augen, schon ein wenig ungeduldig. "Vielleicht auch nicht. Und vielleicht..werde ich mich eh an gar nichts mehr erinnern."

"Das sind viele vielleichts", murmelte er unschlüssig, aber es artete nicht in eine Diskussion aus. Wahrscheinlich hatte Karyu auch schon genug getrunken.

Stumm küsste er sich meinen Rücken hinab, sanfte Fingerspitzen strichen über meine Seiten. Ich entspannte mich wieder und schloss die Augen.
 

----
 

Ups. Das kam jetzt unerwartet *räusper*

Von nach Kondomen haschenden Katzen und deprimierten Krankenhauspflegern mit undefinierbarem Alkohol

======================================

4. Kapitel

======================================
 

Blinzelnd öffnete ich die Augen, schloss sie aber gleich wieder. Mein Schädel dröhnte, solche Kopfschmerzen hatte ich schon lange nicht mehr gehabt. Flau im Magen war mir auch, aber zum Glück nicht allzu sehr. Es hing sicher mit den Kopfschmerzen zusammen.

Ich wollte einen Moment abwarten und drehte mich bequem auf die Seite, wobei mir ziemlich viele Muskeln weh taten. Verwirrt öffnete ich die Augen doch noch mal. Irgendwas stimmte nicht. Es roch anders als sonst. Und dann bot sich mir noch ein neuer Anblick: neben mir im Bett lag jemand. Mit blonden Haaren. Und ich kannte nur einen mit blonden Haaren, neben mir selbst.
 

Ich schluckte und starrte den Blondschopf an. Gut, das hier konnte vieles bedeuten. Es musste nicht das Erstbeste, das vermeintlich Logischste und Offensichtlichste sein. Ich musste ruhig bleiben. Als ich mich langsam aufrichtete, kam auch in Karyu Bewegung. Er zog die Decke von seinem Gesicht und wandte mir den Kopf zu. Irgendwie mochte ich mich nicht an den vorigen Abend erinnern. Wer wusste, was ich in meinem Gedächtnis vorfand?

Karyu schien mir meine Panik anzusehen. Mit einem Satz saß er kerzengerade im Bett und betrachtete mich ruhig. "Zero? Tief durchatmen. Es ist alles in Ordnung."

"Es ist nichts passiert?", hakte ich nach, obwohl ich bereits spürte, dass ich nackt war. Und Karyu sah auch recht nackt aus...

"Doch...es ist etwas passiert. Aber das ist kein Grund, sich jetzt filmreif aufzuregen. Wir hatten Sex, na und? Das haben unzählig viele Leute jeden Tag, und die machen auch kein Drama draus."

"Ja, wahrscheinlich weil sie sich lieben und zusammen sind. Oder dafür bezahlt werden.", warf ich mit hoher Stimme ein, woraufhin Karyu die Stirn runzelte.

"Soll ich dich bezahlen?"

"Was? Nein", antwortete ich verwirrt.

Karyu seufzte. "Ist das jetzt ein Problem? Dass wir miteinander geschlafen haben? Wir waren eben klischeehaft betrunken.."
 

Mir lief es heiß und kalt den Rücken hinunter. Genau sowas hatte ich verhindern wollen! Oh Gott, nun das! Das zog doch zig Probleme nach sich. So ganz konnte ich mich nicht mal erinnern, was wir da genau veranstaltet hatten. Es fühlte sich aber nach Sport an, wenn ich da meine Muskeln befragte.

"Also..." Ich räusperte mich. "Keine Ahnung, ob das ein Problem ist.."

"Lass es uns vergessen, ok? Das war ein Ausrutscher. Wir sollten einfach nicht mehr so viel trinken, wenn wir zusammen sind, meinst du nicht auch? Dann passiert das nie wieder." Er schwieg kurz. "Also, nicht, dass ich es so furchtbar fand, im Gegenteil. Es war wirklich fantastisch..Wahnsinn... Du warst toll. Aber...dir macht das Ganze ziemlich Angst, deinem Gesichtsausdruck zufolge..."

Verwirrt hob ich die Augenbrauen. Sah ich ängstlich aus? "Nicht unbedingt, aber es macht alles kompliziert, und das will ich nicht. Wir sind Freunde, und Freunde haben keinen Sex."

"Gut, also vergessen wir das. Das ist in Ordnung." Er wandte den Blick ab, während ich mich aufsetzte. Unter Schmerzen aufsetzte... "Darf ich deine Dusche benutzen?"

"Ja..", antwortete ich nur und wurde rot, als Karyu aufstand, ich feststellte, dass er tatsächlich nackt war - und ich getrocknetes Sperma auf seinem Bauch sah. Oh man...
 

Ich sah beiseite und wartete, bis er aus dem Zimmer gegangen war, dann stieg auch ich aus dem Bett und zog mir wenigstens Unterwäsche an, bevor ich nach meiner Katze gucken ging. Dabei fiel mir ein, dass ich keine Ahnung hatte, ob wir überhaupt ein Kondom benutzt hatten. Oh mein Gott. Es gab Dinge, über die wollte ich mir keine Gedanken machen müssen.

Mit einem immer noch flauen Gefühl in der Magengrube, das sich nun verschlimmert hatte, kehrte ich noch mal ins Schlafzimmer zurück. Nicht, dass ich Lust hatte, hier auf dem Boden oder sonst wo ein benutztes Kondom zu finden, aber es wäre immer noch besser, als sich vielleicht etwas eingefangen zu haben.

Zu meiner Erleichterung fand ich eines knapp unter dem Bett liegen. Das konnte nur von dieser Nacht stammen. Ich verzog das Gesicht und griff es mit den Fingerspitzen, flitzte in die Küche um es dort im Mülleimer zu entsorgen. Allerdings versperrte mir die Katze den Weg. Die sah das Kondom zwischen meinen Fingern baumeln und sprang tatsächlich noch an mir hoch, um mit den Pfoten danach zu haschen. "Ah, aus! Böse Katze!", schimpfte ich sie wie einen Hund. "Hör auf, das ist kein Spielzeug! Das ist eklig!", murrte ich und schob die Kleine mit der freien Hand beiseite, bevor ich das Gummi endlich im Mülleimer entsorgen konnte. da kam die Katze nicht mehr ran, Gott sei's gedankt...
 

Einem Geistesblitz folgend sah ich genauer an mir herab. Und wurde knallrot. Toll, ganz toll. An mir klebte auch Sperma. Super. Nichts am Morgen war schöner. Und Karyu besetzte ja gerade das Bad. Nein, ich würde da jetzt nicht hinein gehen, zu ihm, unter die Dusche, nur um mir das Zeug auch abwaschen zu können - warten wollte ich allerdings auch nicht. Seufzend scheuchte ich die Katze aus der Küche und ging an die Spüle, wo ich versuchte, mir mit halbwegs warmem Wasser das klebende Zeug von meinem Bauch zu waschen. Das ging auch ganz gut, obwohl es umständlich war. Duschen würde ich später trotzdem.

Seufzend ließ ich mich auf den Küchenstuhl fallen, was etwas weh tat. Mein Hintern tat weh. Damit erübrigte sich wohl auch die Frage, wessen Sperma sich auf meinem und Karyus Bauch verteilt hatte - mein eigenes... Hm.
 

Dass ich wirklich mit Karyu geschlafen hatte, konnte ich irgendwie nicht ganz glauben. Im ersten Moment hielt ich das für furchtbar.

Ich machte mir um zwei Dinge die größten Sorgen: erstens um Karyus Gefühle, denn wer wusste, wie die jetzt verrückt spielten, nachdem wir aus Versehen im Bett gelandet waren... Im Gegensatz zu mir konnte er sich offenbar auch daran erinnern, besser als ich auf jeden Fall.

Zweitens machte ich mir um meine eigene Gefühlswelt ein bisschen Sorgen. Wenn ich wirklich absolut nichts von Karyu wollte und mir Sex tatsächlich überhaupt nicht vorstellen konnte, dann hätte ich ihn doch selbst in betrunkenem Zustand abgewiesen, oder? Doch ich hatte ihn gewähren lassen, noch schlimmer: so weit ich mich erinnern konnte, hatte ich sogar angefangen. Daher stellte sich mir die Frage, wie ich nun eigentlich Karyu gegenüber stand. Wie ich empfand. Ich hatte ihn anfangs nicht leiden können. Er war gemein, herrisch und besserwisserisch gewesen, hatte mich verarscht. Jetzt...war er für mich da und nett und irgendwie auch lustig. Aber sonst? Er war niemand, über den ich irgendwie...sexuell dachte.. Hm. Na jetzt war das anders. Doch ich versuchte das zu verdrängen.
 

"Zero? Hey." Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch. Karyu war aus dem Badezimmer zurück. Seine Haare waren noch nass und er trug meinen Bademantel. "Ist es ok, dass ich mir den Bademantel ausgeliehen habe? Ich wollte nicht nackt durch die Wohnung laufen..." Ich nickte nur. "Ich such mal meine Kleidung", murmelte er und ging wieder, während die Katze auf sich aufmerksam machte - sie wollte was zu fressen.

Mit hängenden Schultern kümmerte ich mich um sie. Es hatte sich doch etwas verändert. Die Stimmung war anders, leider, auch wenn Karyu vielleicht gewollt hatte, dass es nicht so weit kam. Ich streichelte die Katze - die im übrigen immer noch namenlos war - und raffte mich dann zusammen. Im Wohnzimmer stehend räusperte ich mich. "Möchtest du auch einen Kaffee zum Frühstück?", erkundigte ich mich laut und ging lieber nicht ins Schlafzimmer, denn ich wollte ihn nicht gerade nackt erwischen... Zu sagen, da gäbe es nichts, was ich nicht schon gesehen hätte, stimmte so auch nicht. Ich wusste ja nur noch die Hälfte...wenn überhaupt.

Fast glaubte ich schon, Karyu hätte mich nicht gehört, weil er nicht sofort antwortete, aber bevor ich nochmals fragen konnte, rief er mir ein Ja zu.
 

Mit einem leisen Seufzen bereitete ich das Frühstück vor - etwas, was mich selbst überraschte, denn unter normalen Umständen hätte ich ihn einfach hinaus geschmissen. Ja, trotz dessen er mein Freund war. Ich war morgens gern alleine. Das hatte sich nicht geändert.

In Gedanken versunken brühte ich den Kaffee auf und stellte zwei rote Tassen zurecht. Irgendwie beunruhigt sah ich dem Kaffee dabei zu, wie er durch die Maschine lief. Etwas war anders, ja. Und das hatte ich wirklich nicht gewollt.
 

"Hey..."

Ich schreckte so heftig zusammen, als sich eine Hand auf meine Schulter legte, dass ich mir etwas heißen Kaffee über die Hand goss, welche die Tasse hielt. "Aah! Aua! Auaaaa!" Laut vor mich hin fluchend ließ ich die Kanne los, die scheppernd auf der Anrichte zum Stehen kam, während ich gegen Karyu prallte, der hinter mir stand.

"Oh mein Gott, tut mir leid..!" Karyu packte meinen Arm und zog mich zur Spüle, wo er meine verbrühte Hand unter das kühle Wasser hielt. Erstmal tat das fast sogar noch mehr weh, weswegen ich zischte.

"Aua...", jammerte ich und schloss die Augen. "Daran bist nur du schuld."

"Ich weiß, ich weiß....war wirklich keine Absicht", erwiderte er leise und strich mit der freien Hand über meinen Kopf. "Es wird gleich besser.."

Ich gab einen wimmernden Laut von mir und wollte, weil es mir zu lange trotz Wasser schmerzte, die Hand zurück ziehen, aber Karyu hielt sie fest und ließ sie noch etwas länger unter dem Wasserstrahl. "Hoffentlich bekommst du keine Brandblase..", murmelte er dicht neben mir stehend.

"Wenn...dann bist du schuld."

"Das bin ich doch sowieso schon, oder nicht?", erwiderte er amüsiert.

"Man..ja...was auch immer. Halt die Klappe", murrte ich und zog die Hand zurück. "Das ist eisekalt.."

"Das muss gekühlt werden. Stell dich doch nicht so an."

Ich seufzte und drehte mich trotzig weg. "Ich stell mich aber an. ICH hab Schmerzen, du nicht. Also darf ich mich anstellen", maulte ich, woraufhin ich wieder seine Hand auf meinem Kopf spürte.

"Ist ja schon gut, mein Kleiner. Das muss trotzdem gekühlt werden."

"Ich bin nicht dein Kleiner!", beschwerte ich mich.

"Aber natürlich", erwiderte er nur lächelnd, bevor er von mir abließ und einen Blick in meinen Kühlschrank warf. "Du hast hier ein Kühlpack, dann nutz wenigstens das."

Seufzend sah ich Karyu dabei zu, wie er das blaue Kühlgel in ein Handtuch wickelte und es mir dann sanft gegen die Hand drückte. Ich brummte leise. "Aber ich wollte doch das Frühstück machen.."

"Das mach ich. Setz dich hin und sag mir, wo ich was finde, ok?"
 

Murrend fügte ich mich dem. Meine Hand schmerzte immer noch ziemlich, aber mit dem Kühlpack wurde das langsam besser und es brannte nicht mehr allzu stark.

Während ich Karyu durch die Küche scheuchte, hatte ich das Gefühl, dass alles wieder in Ordnung war. Das unangenehme Gefühl war verschwunden - oder zumindest den Schmerzen in meiner Hand gewichen. Auch gut.

Doch unvermittelt kehrte Ruhe ein. Sie war schleichend gekommen. Die Katze war Gott weiß wo. Karyu saß mir beim Frühstück gegenüber und ich schwieg. Ab und an fragte er nach, was meine Hand machte und ich neigte nur den Kopf. Es tat halt weh, hörte nicht auf, war aber auch nicht unerträglich.

Wir redeten nicht mehr.

Und plötzlich hatte Karyu es eilig. Er gab mir noch ein paar Ratschläge wegen der Verbrühung, streichelte die Katze und dann verabschiedete er sich. Einfach so. Er sagte nichts weiter zu mir. Gar nichts.

War das nicht irgendwie merkwürdig?
 

Die nächsten Tage meldete er sich bei mir nicht mehr, und mir war schon nach dem 2. Tag klar, dass er ein Problem hatte. Wohl ein Problem damit, dass wir aus Versehen im Bett gelandet waren - nackt und nicht nur zum Schlafen.

Am 4. Tag saß ich auf der Fensterbank im Wohnzimmer und starrte auf die nasse Straße hinab. Sonst kam Karyu abends mal vorbei oder schrieb mir eine Nachricht. Wir hatten jeden Tag Kontakt, wenn es auch nur mal kurz und ein bisschen war, bis zum nächsten Treffen eben. Ich seufzte. Ich war mir sicher, dass es jetzt an mir lag, ihm auf den Zahn zu fühlen. Bisher war ich noch nie bei ihm klingeln gewesen, er hatte mich wenn dann mal abends mit zu sich genommen.

Ich stand auf. So oft war er zu mir gekommen um irgendetwas zu klären, jetzt war ich mal an der Reihe. Ironisch, zuerst war ich völlig in Panik und er ruhig gewesen, nun hatte sich das offenbar geändert. Während ich einfach nicht mehr an die trunkene Nacht dachte, schien es ihm jetzt was auszumachen, trotz seiner vorigen lockeren Sprüche. 'Lass uns das einfach vergessen', hatte er gesagt. Na, wer von uns beiden konnte das jetzt offensichtlich nicht?
 

Ich streichelte meine Katze kurz und zog mich an, bevor ich mich mit einem mulmigen Gefühl auf zu Karyu machte. Zum Glück wohnte er nur die Straße gegenüber, ein paar Häuser weiter.

Ich atmete tief durch und streckte den Finger aus, zielte, zögerte, kniff dann die Augen zusammen und drückte endlich auf den Knopf. Es dauerte eine ganze Weile und ich hatte widerstrebend sogar ein zweites Mal geklingelt, bis Karyus Stimme endlich aus der Sprechanlage schnarrte. "Wer is'n da?"

"Hi, ich bin's, Zero...", sagte ich leise. "Kann ich...lässt du mich rein?"

Ein tiefes Seufzen, das mich stutzig machte, dann schwieg er. "...Karyu? Lass mich rein, bitte."

Ich hörte, wie er murrte, dann summte es schon. Er machte mir netterweise doch die Tür auf. Auch wenn er wohl nicht wirklich wollte. Und das verunsicherte mich zutiefst. Was war denn jetzt in ihn gefahren, dass er mich nicht einmal sehen wollte? Langsam und ängstlich stieg ich die Treppen hoch. Seine Wohnungstür war noch geschlossen. Zaghaft klopfte ich an. Diesmal brauchte ich nicht lange zu warten, dass eine Reaktion kam.

Als die Tür sich öffnete, weiteten sich meine Augen etwas und mein Mund öffnete sich, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Karyu sah nicht besonders gut aus, und als er mich ansprach, konnte ich Alkohol riechen.

"Was willstu hier?"

Ich seufzte lautlos. "Können wir das drinnen besprechen?"

"Hab nich' aufgeräumt", erwiderte er knapp.

"Ist mir egal, wie deine Wohnung aussieht. Ich will nur kurz mit dir reden."
 

Wortlos trat er beiseite und ich konnte endlich in die Wohnung. Es war still und von den Katzen war nichts zu sehen. Ich ließ meine Jacke lieber an, da ich das ungute Gefühl hatte, gleich wieder rausgeschmissen zu werden, dabei hatte ich nicht einmal etwas Schlimmes getan. Ich hatte keine Zettel geschrieben und sie in seinen Briefkasten geworfen. Ich schlüpfte lediglich aus meinen Schuhen und sah Karyu wieder an, der einfach an der Wohnungstür stehen blieb. "Also, ich...Ich hab nichts mehr von dir gehört, seit..seit der Nacht letztens und...ich hab mir Sorgen gemacht. Ich wollte mal nach dir schauen und...hier bin ich." Schüchtern lächelte ich ihn an, aber ich fühlte mich unwohl. Er starrte mich so komisch an. Er war betrunken, das ahnte ich, und mit Betrunkenen zu reden, wenn man es nicht selbst auch war, das...war ganz schlecht. Vor allem ich konnte mit den Menschen dann nicht umgehen.

"Ja...du siehst, ich lebe noch."

Ich nagte an meiner Unterlippe. "Mh...was ist denn los? Hattest du so viel zu tun?"

Er nickte. "Hatte viel um die Ohren.."

"Hast du denn jetzt etwas Zeit? Es ist doch..alles in Ordnung zwischen uns, oder?", erkundigte ich mich vorsichtig.

Karyu fuhr sich seufzend mit der Hand über das Gesicht. "Ich möchte jetzt nicht darüber reden, ja? Ich hatte einen furchtbaren Tag, bitte geh einfach wieder."

Verständnislos blickte ich ihn an. Er schickte mich tatsächlich weg? "Was ist denn nur passiert? Ist es der Sex, der dich stört? Du hast doch so große Töne-..."

"Es dreht sich nicht immer nur alles um dich!", unterbrach er mich gereizt, woraufhin ich sofort verstummte. "Es geht nicht um den verdammten Sex. Ich hab das für mich schon abgehakt, macht dir keine Sorgen! Ich geh dir damit nicht auf den Sack. Aber wie ich schon sagte, ich hatte einen furchtbaren Tag, also bitte...lass mich in Ruhe."

Befremdet betrachtete ich ihn. Dass er mich so anfuhr, passte nicht zu ihm. "Hast du deswegen getrunken?", wollte ich leise wissen, woraufhin er den Kopf hängen ließ.

"Und wenn schon. Ist doch scheißegal. Willst du jetzt meine Mama spielen?"

"Nein...nein, bitte, reg dich doch nicht auf", bat ich ihn leise. "Ich möchte dir helfen. Für dich da sein. Wir sind doch Freunde."

Ein müdes Lächeln schlich über Karyus Lippen. "Schön, dass du das auch endlich erkannt hast..."

Ich runzelte die Stirn. "Man, was soll denn das? Du sagst, du hattest einen schrecklichen Tag. Okay, das hat jeder mal. Aber musst du mich deswegen wie Dreck behandeln? Ich biete dir an, dir zuzuhören! Das kann ich sogar um Längen besser als reden und diskutieren! Also sei doch bitte etwas netter. Warum willst du mich loswerden? Du bist auch für mich da, wenn ich irgendwas habe..", sagte ich missgestimmt und bereute meine harten Worte gleich wieder. Ich nahm mir zu viel raus. Jetzt war er sicher so richtig wütend auf mich..

Lange starrte Karyu mich an. Kurzzeitig hatte ich das Gefühl, die Botschaft wäre bei ihm angekommen. Seine Augen flackerten für einen Moment. Und dann fiel mir der feuchte Glanz in ihnen auf. Heute musste wirklich ein schlimmer Tag gewesen sein. Ich glaubte zu wissen, warum er mich loswerden wollte. "Geh bitte", murmelte er und streckte schon die Hand aus, um die Wohnungstür wieder zu öffnen, aber in diesem Augenblick trat ich auf ihn zu und schlang einfach die Arme um seine Mitte.

Ich spürte, wie er die Hand wieder sinken ließ. Allerdings nur, um mich von sich zu schieben. "Zero, nich heute. Nich jetz, ok?" Er machte sich sanft von mir los und schlurfte ins Wohnzimmer. Er ließ mich einfach im Flur stehen. Mit leicht zitternder Unterlippe sah ich ihm hinterher, dann folgte ich ihm und blieb an der Couch stehen. Der flache Tisch daneben wurde von zwei Flaschen Bier und einer großen, dunklen Flasche geziert, deren Inhalt mir schleierhaft war. Aber sicher war es Alkohol. Es war einerlei, welcher.

"Kannst du mir einen Grund nennen? Warum willst du mich denn..nicht bei dir haben?", wollte ich leise wissen, wobei ich spürte, wie meine Unterlippe zu zittern begann.

Karyu schien es auch zu bemerken. Er musterte mich eingehender. "Weinst du jetz?"

Ich schüttelte leicht den Kopf. "Nein..", murmelte ich mit dünner Stimme. Ich hätte nicht mit solch einer Zurückweisung seinerseits gerechnet, damit konnte ich nicht besonders gut umgehen.

"Ich geh ja schon..", fügte ich hinzu und wandte mich um. Am Ende brachte er mich noch wirklich zum Heulen! Darauf hatte ich jetzt keine Lust. Er war durch den Wind und ich war gewillt, ihm zu helfen, aber wenn er es partout nicht wollte, dann würde ich ihn dazu sicher nicht zwingen.
 

Unvermittelt schlossen sich seine langen, warmen Finger um mein Handgelenk. "Warte..." Ich blieb stehen, wandte ihm aber weiterhin den Rücken zu. "Es tut mir leid." Mehr sagte er nicht, hielt mich aber weiterhin fest.

Ich erwiderte nichts darauf. Für ein paar Sekunden nagte ich unschlüssig an meiner Unterlippe, dann drehte ich mich schließlich doch langsam um. Karyus Augen glänzten verräterisch, während er zu mir aufsah. "Du bist traurig, das ist okay. Und ich bin dafür da, um dich dann zu trösten, aber du...du schmeißt mich ziemlich ungalant raus und gibst mir das Gefühl, ich hätte dir was getan." Er sagte nichts darauf, sondern senkte nur den Blick, weswegen ich leicht die Stirn runzelte. Er war doch sonst so gesprächig. "Mach das bitte nicht.."

Er strich sich über die Augen und ließ mich langsam los. "Ja, ok...es tut mir ja leid. Ich..." Er lächelte mich schief an. Aber es war ziemlich trauriges Lächeln. "Ich weiß, dass man dich verdammt leicht verschrecken kann. Das will ich gar nicht", sagte er und sah wieder weg. Mir schien es, als wenn er noch etwas sagen wollte, aber er tat es nicht. Um Himmels willen...

Kurzerhand setzte ich mich neben ihn auf die Couch. "Was ist passiert?"

Er verzog das Gesicht und schloss für einen Augenblick die Augen. "Scheiß-Tag", murmelte er leise, woraufhin ich ihn nochmals in die Arme nahm. Diesmal stieß er mich nicht von sich. Als ich ihn schniefen hörte, seufzte ich lautlos. Ich hatte zwar gesagt, dass ich für ihn da war und ihn trösten konnte, aber heulende Menschen machten mich eigentlich furchtbar nervös. Ich wusste immer nicht, was ich tun sollte, mir fielen nur leere Worte ein. Meistens blieb ich daher stumm, was mir aber auch nicht gerade sinnvoll vorkam.

Bekümmert strich ich Karyu über den Rücken. "Was ist denn nur passiert?", wisperte ich leise, während ich spürte, wie er sich an mich klammerte.

"Das Krankenhaus treibt mich während meiner letzten Tage vor der Prüfung in den Wahnsinn", murmelte er. "Ich möchte gerade aber wirklich nicht drüber reden. Sei mir nicht böse..."

"Okay. Ist okay", versicherte ich ihm leise. Dann würden wir nicht drüber reden, das war mir auch recht. Ich umarmte ihn einfach noch ein bisschen länger. Solange er mich nicht raus schmiss, war ich recht zufrieden.

Von männlichkeitsraubenden Filmen und verkokelten Kuchen zu Geburtstagen

=============================================

5. Kapitel

=============================================
 

Gedankenverloren starrte ich die Flasche Tequila in meiner Hand an. Dass es Tequila war, hatte ich lediglich erschmeckt. Das Etikett hatte mir nichts verraten. Als Karyu in das Badezimmer gegangen war, mit den Worten, dass es besser war, wenn er schlafen gehen würde, hatte ich die ominöse Flasche genommen und begutachtet, dann hatte ich von dem Alkohol gekostet. Es war Tequila. Nicht ganz meine Welt.
 

Nachdenklich stellte ich ihn wieder zurück auf den Tisch, bevor Karyu mich damit noch in der Hand sah. Entweder er würde mich anmeckern, weil ich seinen Alkohol weg trank oder er glaubte, ich entwickelte ein Alkoholproblem (nur weil ich die Flasche mal in der Hand hielt..). Ein bisschen kannte ich ihn ja nun schon.

Etwas gelangweilt sah ich mich in der schwach beleuchteten Wohnung um, auf der Suche nach den Katzen. Die schliefen - in der Küche. Zusammengekuschelt in einem Karton. Es sah zu niedlich aus. Lächelnd ließ ich sie in Frieden schlafen und schlenderte in den Flur, vorbei am Badezimmer. Es war Zeit zu gehen.
 

Gerade als ich Karyu Bescheid sagen wollte, ging schon die Tür zum Bad auf. Er hatte sich nur die Zähne geputzt und blinzelte mich müde an. "Hey...doch noch da? Ich dachte, du wärst schon schreiend weggerannt."

Ich lächelte sachte. "Die Phase hab ich hinter mir, keine Sorge", erwiderte ich. "Ich wollte ja jetzt gehen. Und dir noch gute Nacht sagen."

Ein echtes Lächeln, das auch nicht mehr so traurig wirkte, legte sich auf Karyus Lippen. "Das ist lieb von dir. Ja, wirklich süß. Du magst mich."

Ich seufzte. "Grins nicht so dämlich. Natürlich mag ich dich und nun ist auch gut. Schlaf schön. Und ärger das Krankenhaus morgen zurück!", riet ich ihm noch, während ich in meine Schuhe schlüpfte. Die Jacke trug ich immer noch, hatte sie nie ausgezogen in der einen Stunde, die ich nun schon hier war. Lachend winkte er mir, als ich durch die Tür trat.

"Danke, dass du gekommen bist", verabschiedete er sich lächelnd und mit einem zufriedenen, vor allem aber beruhigten Gefühl, verließ ich das Gebäude.
 

--------------------------------------------------------
 

"Huuuh!" Ich war zusammen geschreckt und kniff die Augen zusammen, während ich mich reflexartig in Karyus Richtung gedreht hatte, der mich nun auslachte.

"Es ist schon wieder vorbei, kannst hingucken", informierte er mich und klopfte mir sanft auf die Schulter.

Ich seufzte nur und öffnete vorsichtig ein Auge, welches ich auf den Fernseher richtete. Ja, der Schock-Moment war kurz, aber knackig gewesen.
 

Karyu hatte mit mir in Kino gehen wollen um einen Horrorfilm zu schauen, doch hatte ich ihn gleich darauf aufmerksam gemacht, dass ich zwar gerne sowas sah, aber ziemlich schreckhaft war und schnell Angst bekam. So offen und direkt hatte ich das natürlich nicht gesagt, damit ich meine Männlichkeit nicht ganz verlor, aber er hatte die blumige Umschreibung verstanden und war die nackte Wahrheit taktvoll umgangen. Er hatte dann einen anderen Film für das Kino vorgeschlagen (der mir ebenfalls die Männlichkeit geraubt hatte, aber das hatte ich vorher eben nicht gewusst) und mich gefragt, ob wir dann zu Hause zusammen einen Horrorfilm gucken konnten - zwar nicht der gleiche, aber auch ein guter. Zu Hause hatte ich natürlich ebenso viel Angst, aber Karyu war dann wenigstens der Einzige, der das mitbekam, anstatt das ganze Kino. Zudem kostete das kein Geld, und wer gab schon gern Geld für etwas aus, was er dann zur Hälfte gar nicht sah, weil er nicht hingucken konnte vor Angst?!
 

Ich setzte mich wieder ordentlich hin und verfolgte den Film weiter. "Brauchst du wieder ein Taschentuch?", erkundigte sich Karyu grinsend, weswegen ich ihn anfunkelte. "Wann wirst du endlich aufhören, mich damit aufzuziehen?", wollte ich bissig wissen.

Er lachte. "Zero, das war erst gestern, dass du im Kino zu heulen angefangen hast. Ein paar Tage wirst du mir doch noch lassen?" Er machte sich eindeutig gerne über mich lustig. Der Streifen, den wir uns einen Tag zuvor angeschaut hatten, war ein Melodram gewesen. Dank der Vorschau hatte ich es eigentlich für einen witzigen Film mit einer kleinen traurigen Komponente gehalten, aber der Film hatte sich dann doch genau andersrum gewichtet...
 

Ich schnaubte und leerte meine kleine Flasche Kräuterlikör. Karyu und ich, wir tranken gerne. Und noch mehr, wenn wir zusammen was becherten. Unserer Katzen zuliebe qualmten wir aber nicht auch noch die Bude voll.

"Also wenn du willst, dass ich mich an deine starke Schulter klammer und mich ausweine, wenn mich wieder was erschreckt, dann musst du schon etwas sensibler mit mir umgehen", meinte ich trotzig, woraufhin er breit grinste.

"Ich sagte es ja, du bist eben doch eine Frau."

Ich zog eine Schnute. "Höchstens WIE eine Frau", korrigierte ich ihn, während ich mir durch die Haare fuhr. "Ich überlege, mir die Haare schwarz zu färben und so zu lassen. Erstmal Schluss mit dem Färben, weißt du", erzählte ich ihm nachdenklich.

Er betrachtete mich. "Naturhaarfarbe, hm?"

Ich nickte.

"Ja, warum nicht. Damit siehst siehst du sicher genauso scha-.. gut aus", meinte er lächelnd, während ich leicht die Augen verengte. Scha- was? Charmant? Scharf? Scheiße? Na letzteres wohl eher nicht. Karyu beleidigte mich nicht. Zumindest nicht absichtlich. Das es nicht gerade schön war, als Frau bezeichnet zu werden, war auch klar, aber es war keine direkte Beleidigung. Er meinte es nicht böse. Karyu war ein guter Kerl.
 

Während er sich wieder dem Fernseher zuwandte, blieb mein Blick an seinen Lippen hängen. Sie wirkten weich und waren voll, luden richtig zum Küssen ein. Ich hatte sie zwar schon berührt, aber das war ja in einer volltrunkenen Nacht geschehen und die Erinnerungen waren daher getrübt.

Ich widmete mich ebenfalls dem Film und zog die Knie an. Meine Katze lag auf einem Kissen neben uns und döste offenbar. Traute Dreisamkeit.
 

Der Gemütlichkeit wegen und weil ich nicht mehr ganz so wach war, sank ich wenig später gegen Karyus Schulter. Vertrauensvoll legte er einen Arm um mich und sagte netterweise nichts. Er zog mich nicht einmal dann auf, als ich ab und an merklich zusammen zuckte, weil mich wieder eine Szene im Film schockte. Stattdessen streichelte er mir beruhigend mit der Hand über Schulter und Arm. Wie taktvoll und sensibel!

Als der Abspann lief, vergrub er ohne Vorwarnung sein Gesicht zwischen meinem Hals und meiner Schulter, weswegen ich verwirrt blinzelte. "...?"

"Du riechst gut", murmelte er, wobei ich fühlte, wie seine Lippen sich beim Sprechen gegen meine Haut bewegten.

Ich drückte mein Gesicht leicht gegen sein Oberteil. "Du riechst auch gut", gab ich im gleichen Tonfall zurück, woraufhin ich spürte, wie seine Lippen sich zu einem Schmunzeln verzogen.

"Das wäre nicht so, wenn ich mich nicht im Krankenhaus noch duschen und umziehen könnte..."

"Danke für diesen Einblick", gab ich amüsiert zurück und schnupperte noch mal genauer, da Karyu eh keine Anstalten machte, sein Gesicht von meinem Hals zu entfernen. Der Große roch wirklich gut. Er duftete. Wie ein frisch gewaschenes Polohemd. Aber da war noch etwas anderes. "Hast du Parfum aufgelegt?", wollte ich wissen, woraufhin er leicht nickte.

"Ja, mir war danach. Gefällt's dir?", erkundigte er sich leise und lehnte sich zurück.

Meine Augenlider schlossen sich leicht. "Mhhm...das gefällt mir gut. Es ist nicht so furchtbar intensiv." Ich zuckte verlegen mit den Schultern. "Na du weißt schon, was ich meine. Ich bin ja keine Parfümerie-Angestellte mit diesem ganzen Fachvokabular."

Karyu lachte und sah mich an. "Solange du nicht sagst, dass ich wie ein Fruchtbonbon oder wie ein nasser Hund rieche, ist alles ok."

Verwirrt erwiderte ich den Blick. Wie kam er denn auf solch tolle Düfte..? Ich nickte nur.

Diese plötzliche Nähe - vor allem die seines Gesichtes - machte mich dann doch etwas nervös und ich sah zum Fernseher. "So~ jetzt ist der Film vorbei."

Karyu legte lächelnd wieder einen Arm um mich. "Und du bist müde?"

Ich nickte verlegen. "Ja, schon etwas..."

"Ist ok. Seit ich nur noch 3 Mal in der Woche ins Krankenhaus muss, platze ich vor Energie. Für mich ist es schwierig, einzuschlafen. Ich muss mich erstmal umgewöhnen", erzählte er, weswegen ich leicht lächelte.

"Ja, genieß deinen Luxus."

"Wenn die Prüfung ansteht, wird es aber wieder die Hölle..", murmelte er. Es waren nur noch etwa 10 Tage bis dahin, wenn ich das richtig im Kopf hatte.

"Du schaffst das! Wir lernen ja zusammen", sagte ich und lehnte mich wieder an ihn.

"Stimmt. Danke dafür. Das hilft wirklich."

"Da bin ich aber froh. Und ich lerne dabei auch etwas", murmelte ich und schloss für einen Moment die Augen, während sein vertrauter Geruch mich umfing.

Ich hörte, wie Karyu auf das Fernsehen umschaltete. "Ich bin gleich weg und lass dich schlafen", sagte er leise und klopfte mir sanft auf die Schulter. "Ich muss nur schnell das Bier wegbringen gehen.."
 

Leicht grinsend setzte ich mich aufrecht, damit er aufstehen konnte. Kurz sah ich ihm hinterher, wie er ins Bad ging, dann streckte ich die Beine auf der Couch aus und machte wieder die Augen zu, ließ mich von den leisen Tönen des Fernsehers berieseln.

Ohne es zu merken, schlief ich ein - und erinnerte mich beim Aufwachen daran, dass ich schlecht geträumt hatte. Das war bestimmt wegen des Horrorfilms gewesen! Ich wachte in meinem eigenen Bett auf - ob Karyu mich getragen hatte? Die Wohnung hatte er jedenfalls verlassen.
 

--------------------------------------
 

Zwei Tage später trafen wir uns am Nachmittag zum Lernen.

Nach 2 Stunden schwirrte Karyu aber schon der Kopf. "Irgendwas lenkt dich ab", meinte ich leicht lächelnd, während ich Lilly streichelte, die neben mir lag.

Seufzend streckte der Blonde sich auf dem Boden aus. "Nein...ich bin wohl nur nervös. Ich hab die Hälfte schon wieder vergessen, wie du merkst.." Er nagte an seiner Unterlippe.

Milde lächelnd legte ich den Kopf schief, während ich ihn beobachtete. "Du kannst dich vor Angst wohl nicht mehr konzentrieren. Hm.." Nachdenklich starrte ich auf die Katze neben mir, die verschlafen in die Runde blinzelte. "Komm, wir machen jetzt erstmal eine Pause. Es bringt ja nichts, weiterzulernen, wenn du es eh nicht im Kopf behältst", meinte ich und lächelte schief. "Ich hol uns was zu trinken, ja?"

Karyu betrachtete mich kurz schweigend, dann nickte er, woraufhin ich unsere Gläser nahm und die Küche aufsuchte. Als ich einen Blick in den Kühlschrank warf, fiel mir eine angebrochene Flasche auf. "Hey, hier steht ja noch etwas Apfelkorn rum", rief ich ihm zu.

Ein Schnauben antwortete mir. "Willst du dich jetzt mit mir betrinken?"

"Ach komm schon, es ist ja nicht viel. Ich mach dann mit dir ein lustiges Frage-Antwort-Spiel. Vielleicht bleibt ja dann was hängen", meinte ich. "Einen Versuch ist es doch wert?"

"Hmmm....meinetwegen..." Begeisterung klang anders, aber ich hatte meinen Apfel und ich hatte einen Saufkumpanen. Was wollte ich mehr? Glücklich und zufrieden füllte ich etwas Apfelkorn in die Gläser und ging mit diesen sowie mit der Flasche zurück ins Wohnzimmer.
 

Ich versuchte mich also an kreativem Lernen und wollte auf anderem Wege Karyu dazu zu bringen, etwas in seinem Kopf zu behalten, aber so wirklich klappen wollte das leider nicht.

"Vertagen wir das doch", maulte er irgendwann. Nach 2 Gläschen schien er motivierter geworden zu sein, aber nach dem 4. hatte er dann die Lust verloren - und ich auch. Er lehnte sich auf der Couch zurück und warf mir so einen Blick zu, der mir zeigte, dass was im Busch war. "Sag mal...", fing er um Gleichgültigkeit bemüht an, "wann hast du eigentlich Geburtstag?"

Fragend hob ich eine Augenbraue. "Warum willst du das denn wissen?"

Er zuckte mit den Schultern. "Warum denn nicht? Wir sind Freunde, und da sollte man das doch wissen." Kurz nagte er an seiner Unterlippe, dann lächelte er mich sanft an. "Ich kann dir einen Kuchen backen!"

"...du kannst backen?", wollte ich misstrauisch wissen. Das konnte ich mir nicht vorstellen.

"Klar. Du nicht?"

Ich hob eine Schulter. "Ich kauf mir Kuchen, wenn ich Lust drauf habe", antwortete ich. "Wann hast du denn mal Zeit zu backen?

"Nach meiner Prüfung", meinte er grinsend. "Komm schon, nun sag mir, wann du Geburtstag hast."

Doch ich schnaubte nur und schüttelte den Kopf. Nichts da. Mich würde doch weitaus mehr als nur ein Kuchen erwarten. Und dass der Kuchen ordentlich gebacken statt total verbrannt sein würde, daran glaubte ich auch noch nicht.

"Och Zero...", begann er zu maulen und rutschte näher zu mir, legte vertrauensvoll einen Arm um meine Schulter. "Was hast du denn dagegen? Ich will ja nur Monat und Tag wissen, du brauchst mir das Jahr ja gar nicht zu verraten.."

Ich runzelte die Stirn und betrachtete ihn von der Seite. "Was, denkst du ich wäre so alt, dass ich mich dafür schon schämen muss?"

Er zuckte zusammen. "Nein! Nein, nein. Du siehst sehr jung aus, keine Sorge! Ich dachte nur..vielleicht redest du nicht gern über dein Alter. Ist mir egal, wie alt du bist, ich will nur...deinen Geburtstag mit dir zusammen verbringen.", versuchte er sich zu erklären.

Ich brummte unwillig. "Wir verbringen doch so auch schon fast jeden Tag zusammen. Da ist es doch unwichtig, wann ich nun Geburtstag habe", meinte ich gleichgültig. "Nun vergiss das doch." So allein, wie ich in den letzten Jahren gewesen war, hatte ich es mit der Zeit unterlassen, meinen Geburtstag zu feiern. Ich verbrachte ihn wie jeden anderen Tag auch, nur verbitterter. Jetzt sollte ich das ändern? Mir am besten noch ein Partyhütchen aufsetzen und Karyus verkokelten Kuchen mit einem gezwungenen Lächeln anschneiden? Nein, davor gruselte es mir.

Karyu nahm mit einem Schmollen auf den Lippen den Arm von meinen Schultern. "Du bist doof. Was soll denn das? Ich weiß gar nicht, was du für ein Problem hast."

Seufzend stand ich auf. "Wenn du mir unbedingt einen Kuchen backen willst, dann mach das doch direkt nach deiner Prüfung, zur Feier des Tages. Ich hab eh erst in einem Jahr wieder Geburtstag."

Nun blinzelte er mich an. Er überlegte eindeutig, ob er da letztens was verpasst hatte. Nämlich meinen Geburtstag. "Du lügst", entschied er schließlich, woraufhin ich nur gleichgültig mit den Achseln zuckte.

"Vielleicht. Vielleicht auch nicht."

Aber er beharrte auf seiner Meinung und beobachtete mich dabei. Wahrscheinlich meinte er, mir ansehen zu können, ob ich nun doch letztens erst Geburtstag gehabt hatte oder nicht. Anmerken lassen tat ich mir aber nichts.
 

Ich war ja sicher nicht der Einzige, der nicht gern über seinen Geburtstag sprach. Doch während die meisten einfach nur ungern daran erinnert wurden, dass sie unaufhörlich alterten, lag der Grund bei mir woanders. Mein Geburtstag erinnerte mich an meine Einsamkeit. Nicht mehr und nicht weniger. Es tat weh, also überging ich das so gut wie möglich und ich wollte nicht, dass Karyu in der Angelegenheit und in meiner Vergangenheit herum wühlte.
 

Da ich ja nun schon stand, sah ich mich um und starrte unentschlossen in die Ecken meiner vier Wände. Warum war ich nicht sitzen geblieben? Was hatte ich noch mal machen wollen?

"...bist du jetzt sauer auf mich?", fragte Karyu unvermittelt. "Ich hab dich verärgert, oder?"

Ich wandte mich zu ihm um, ließ mich dann schließlich wieder neben ihn fallen. "Nein, hast du nicht. Noch nicht.", antwortete ich und seufzte. "Ich meine es ernst, ok? Ich möchte nicht über meinen Geburtstag reden. Das ist nicht nur eine Marotte von mir..", sagte ich leise, woraufhin er leicht nickte.

"In Ordnung. Tut mir leid, dass ich so darauf rumgeritten bin. Ab jetzt schweige ich darüber", sagte er und lächelte mich leicht an.

Erleichtert atmete ich aus und hob den Blick dann wieder, neugierig geworden. Ich grinste. "Wann hast du denn Geburtstag? Ich kann ja für DICH backen - und ich weiß, dass ich wirklich backen kann!"

"...was soll das denn heißen?", murmelte er mit leicht gerunzelter Stirn, ließ mir aber gar keine Zeit zum Antworten. "Ich hab am 07. Dezember Geburtstag."

"Oh...das ist ja noch eine Weile hin!", meinte ich, woraufhin er nur nickte. "Hast du denn...irgendwas an deinen Geburtstagen sonst gemacht?"

Er hob die Schultern. "Seit ich in Tokyo bin, musste ich an dem Tag immer im Krankenhaus arbeiten. Aber die Kollegen haben immer an mich gedacht. Ich kann mich nicht beschweren. Blumen, Pralinen, Torten, Kerzen...Geburtstagskarten." er grinste mich stolz an, weswegen ich schief lächelte.

"Klingt...irgendwie schwul."

"Du bist nur eifersüchtig", lachte er, und wusste mit Sicherheit gar nicht, wie richtig er damit lag...

Ich schnaubte nur. "Dann brauche ich dir ja keinen Kuchen backen..."

"Doch doch! Die kaufen den nur, du backst ihn mir ja richtig! Darauf verzichte ich doch nicht!" Aus Rehaugen sah er mich an.

Ich seufzte. "In Ordnung, na schön."

Ein Strahlen legte sich auf sein Gesicht. "Danke schon mal im Voraus! Und wehe, da landet ein Tag vorher ein Zettel in meinem Briefkasten, auf dem du mir absagst und mir den Kuchen verwehrst!"

Seinem drohenden Blick begegnete ich mit einem schiefen Lächeln. "Über die Phase bin ich doch schon hinweg", erinnerte ich ihn. "Keine Sorge, ich backe dir was...Versprochen."

Karyu wippte mit den Augenbrauen. "Hört hört~!" Ich knuffte ihm in die Seite, damit er Ruhe gab. Es war Zeit, dass er nach Hause ging!
 

===============================
 

Fortsetzung folgt!
 

Die Hauptstory ist mit 7 Kapiteln auf meinem PC bereits beendet. Ich überlege, noch ein Bonuskapitel zu schreiben...Ich bin mir aber noch unsicher, ob sich das wirklich irgendwie lohnt.

Von aufgelösten Krankenpflegern, die über die Stränge schlagen und einer Nacht, die etwas verändert

================================

6. Kapitel

================================
 

Vier Tage vor Karyus Prüfung bekam ich den Großen gar nicht mehr zu sehen. Er hatte mir eine Nachricht geschrieben, keine Zeit mehr zu haben, da er jetzt jede freie Minute mit Lernen verbringen wollte. Das würde bestimmt in Bulimie-Lernen enden: immer wenn ich kurz vor einer Prüfung begann, zu lernen, zu versuchen, alles Wissen in mein Hirn zu stopfen, dann vergaß ich das meiste sofort nach der Prüfung wieder. Karyus Vorteil allerdings war, dass er ja schon um einiges länger lernte - daher war es, zumindest aus meiner Sicht, gar nicht nötig, dass er den ganzen Stoff jetzt noch mal und noch mal und immer wieder ohne große Pause durchging. Das konnte ihm doch auch nicht gut tun!
 

Am Tag vor seiner Prüfung rief er mich am Abend plötzlich an. "Zero, bring Alkohol vorbei!" Er klang völlig aufgelöst. "Das wird nie was, ich hab alles vergessen! Ich hab schon einen Blackout, bevor die Prüfung überhaupt angefangen hat!", jammerte er und schien kurz vorm Heulen zu sein, wenn ich die wimmernden Laute, die er von sich gab, richtig deutete.

Ich hob die Augenbrauen. "Alkohol wird deinem Gehirn aber sicherlich auch nicht auf die Sprünge helfen", erwiderte ich. "Hast du zu viele Energy Drinks getrunken?" Mit denen hantierte er verdächtig oft herum. "Es ist schon spät, gönn dir eine Pause. Was du bis jetzt noch nicht drauf hast, wirst du dir auch morgen noch nicht gemerkt haben." Ein Fehler, das zu sagen.

Plötzlich wurde es still am anderen Ende. Dann begann Karyu völlig hysterisch irgendetwas ins Handy zu quieken, was ich schon gar nicht mehr verstand. "Langsam, langsam. Redet so ein Krankenpfleger? Was ist denn mit dir los, du solltest lieber die Ruhe bewahren. Wenn du das nicht kannst, fliegst du schon bei den Grundlagen raus", murrte ich, woraufhin er wieder still wurde. Ich seufzte tief. "Hey, du warst ganz gelassen, als dieser ältere Mann einen Herzanfall an der Kasse im Supermarkt hatte, du warst cool, als ich wegen der Grippe umgekippt bin und ins Krankenhaus musste - meinst du nicht, du beherrschst deinen Job und kannst daher ganz ruhig an die Prüfung rangehen?"
 

Karyu summte nur nachdenklich, es vergingen ein paar Sekunden, dann begann das Gejammer aber wieder von Neuem. Er könne ja so gelassen sein wie er wolle, aber wenn er den Stoff nicht draufhatte, dann würde er durchfallen. Ich verdrehte die Augen und kramte Knabbereien zur Beruhigung heraus, dann machte ich mich auch schon auf den Weg zu ihm rüber. Wahrscheinlich würde ich ihn trösten müssen, während er sich in den Schlaf weinte - aber Hauptsache, er kam überhaupt mal zur Ruhe und schlief etwas. Sonst würde er morgen an seinem wichtigen Tag noch einschlafen.
 

"Oh, warte mal, es klingelt grad an der Tür.", sagte er wenig später überrascht. "Ja bitte?", erklang seine Stimme dann aus der Gegensprechanlage, nachdem ich geklingelt hatte.

"Ich bin's", erwiderte ich trocken, woraufhin er nur "Huch?", machte, mir dann sofort aufmachte. Ich legte auf und steckte das Handy beiseite, während ich die Stufen erklomm.

Fragend sah er mich, schon im Türrahmen seiner Wohnung stehend, an. "Was machst du denn hier?"

"Dich beim Lernen stören. Du machst nicht nur dich, sondern auch mich verrückt. Ich denke, du hast genug gelernt."

"Du hast gar keine Ahnung, wie-...", setzte er protestierend an, aber ich winkte schon ab.

"Bitte, ich hab viel Zeit mit dir und deinen Lernkarten verbracht. Ich weiß, wie viel du gelernt hast." Ich drängte mich an ihm vorbei und zog mir im Flur die Schuhe aus. "Denkst du nicht, dass du dich auch mal ausruhen musst?"

"Ich schlafe nachts", erwiderte er trocken, weswegen ich die Augen verdrehte.

"Dir muss doch schon der Kopf schwirren mit all dem Medizin-Kram. Mach dich jetzt mal locker und komm auf andere Gedanken. Sonst bist du morgen viel zu verkrampft", meinte ich. "Du sollst dich ja nicht mit mir besaufen. Aber hier", ich drückte ihm die Chipstüte und den Traubenzucker in die Hand. "Die Chips futtern wir jetzt, der Zucker ist für morgen. Ja? Ja. Gut."

Zufrieden verzog ich mich in sein Wohnzimmer, ohne eine Antwort abzuwarten. Er sah mir nur mit offenem Mund hinterher, trabte dann resigniert seufzend ebenfalls ins Wohnzimmer. "Und wehe, du holst deine Lernerei, von der ich dich jetzt abhalte, heute Nacht nach!", begann ich ihm zu drohen, doch er winkte da schon ab.

"Keine Sorge, ich weiß, dass man in der Prüfungsnacht nicht durchlernt, sondern schlafen sollte."

Irgendwie sah er niedergeschlagen aus. Noch immer hielt er die Knabbereien in der Hand, während er sich neben mich setzte. Nachdenklich betrachtete ich ihn, dann tätschelte ich ihm die Schulter. "Braver Junge. Komm, wir machen die Chipstüte auf, grabbeln da beide rein und schauen mal, was im Fernsehen läuft. Und wenn du müde wirst, bringe ich dich ins Bett und singe dir ein Gute-Nacht-Lied."

Er sah aus großen Augen zu mir. "Du kannst singen?"

"Das kann ich schon. Aber die Frage ist eher, ob ich klassische Gute-Nacht-Lieder beherrschte. Das ist nicht der Fall, also wirst du mit einem klassischen Pop-Song vorlieb nehmen müssen.", sagte ich schmunzelnd.

"Oh, da bin ich aber neugierig!", bekundete er tatsächlich interessiert. "Da werde ich bestimmt ganz schnell müde, damit du mir was vorsingst." Er machte eine kurze Pause. "Ich schlafe übrigens nackt."

Verwirrt runzelte ich die Stirn. "Und das soll mir was sagen?"

"Dass du...einem Nackten was vorsingst."

Ich hob eine Augenbraue. "Wow, Karyu. Ehrlich, du kannst einen so gut mit einfachsten Mitteln verführen.", sagte ich trocken.

Er grinste schief. "Ich muss wohl noch üben, was?"

"Aber nicht an mir!", warf ich ein und lehnte mich zurück, nachdem ich nach der Chipstüte gegriffen hatte. "Mach mal den Fernseher an." Es war Zeit den Blondschopf auf andere Gedanken zu bringen. Seine Wohnung sah nicht besonders ordentlich aus. Auf dem Couchtisch lagen die Lernkarten verteilt mitsamt zwei Lehrbüchern, daneben Tüten von Gummibärchen, leer wie es schien. Auch hätte Karyu mal wieder staubsaugen können, der Boden war krümelig und voller Katzenhaare. Aber ich sah ihm das nach, schließlich stand man unter Stress und hatte andere Probleme als Putzen, wenn man vor einer lebenswichtigen Prüfung stand.
 

Wir blieben dann doch noch lange auf. Es war schon nach Mitternacht, als wir uns aufrafften, ins Bett zu gehen. "Beim Ausziehen gucke ich dir aber nicht zu!", stellte ich klar, woraufhin er nur lachend ins Schlafzimmer verschwand. Ich hatte keine Ahnung, ob er es eigentlich ernst gemeint hatte. Was hatte mir das sagen sollen? Dass er sich auf meinen Besuch einen runterholen würde, sobald ich weg war?

Ich schüttelte leicht den Kopf und ging ins Schlafzimmer, sobald Karyu mich rief. Er lag schon brav im Bett.

"Also, was singst du mir vor?"

"Gar nichts", antwortete ich trocken. "Ich sing nur, wenn ich alleine bin. Du musst dich damit zufrieden geben, dass ich dich zudecke."

"...aber ich bin schon zugedeckt."

Ich hob die Decke ein Stück an und zog sie dann höher bis zu seinem Kinn, bevor ich sie fallen ließ und ihm sanft die Brust tätschelte. "So. Gute Nacht, mein Großer. Du schaffst das morgen. Du kannst mich gern nach der Prüfung benachrichtigen, ok?"

Er schmollte. "Das war's jetzt?"

Ich zog die Augenbrauen in die Höhe und erwiderte einfach nur seinen Blick. Er wollte jetzt doch nicht anfangen, zu diskutieren? Seine Schmollschnute wurde stärker. "Hrm...ich bin übrigens nicht nackt. Du kannst auch gern hier schlafen.", meinte er schließlich, doch ich schüttelte den Kopf.

"Ich muss nach meiner Katze sehen und ihr Trockenfutter nachfüllen. Und die Katzentoilette sauber machen. Tut mir leid."

"Mhh..." Aber er akzeptierte meine Entscheidung. Tatsächlich schob ich die Katze nicht einfach vor, ich musste wirklich nach ihr sehen. Seit ich sie hatte, war ich nicht mehr ganz so flexibel. "Gute Nacht...und danke, dass du da warst.", meinte er leise, woraufhin ich sanft lächelte.

"Gern geschehen. Viel Erfolg morgen." Ich klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, drückte seine Hand, bevor ich aufstand und mich im Flur auch von den Katzen verabschiedete.
 

=============================================
 

Am nächsten Tag fing es schon frühmorgens an, Nachrichten zu hageln. Karyu brauchte dringend Unterstützung. Wahrscheinlich hätte ich mit ihm ins Krankenhaus gehen müssen um Händchen zu halten. Vielleicht hätte ihn das beruhigt...

Ich antwortete ihm brav, während ich bei der Arbeit hockte. Zum Glück war nicht so viel los und ich konnte ab und an mal zum Handy greifen. Ich drückte ihm wirklich die Daumen und hoffte, dass er schon mit einem guten Gefühl hinausgehen konnte. Ich hatte mich gar nicht erkundigt, wie lange es dauern würde, bis er die Ergebnisse erfuhr. Ich hoffte, dass es nicht länger als 3,4 Wochen dauern würde... Er würde in der Zeit bestimmt unerträglich sein und herum hibbeln. Das tat er sowieso schon immer. Aber noch mehr Hummeln im Hintern würden ihn für mich kaum noch aushaltbar machen...
 

Den ganzen Tag über meldete sich Karyu nicht. Er schrieb mir keine Nachricht, er rief nicht an und vorbeikommen tat er auch nicht. Am Nachmittag machte mich das so unruhig, dass ich ihn antextete, wie die Prüfung gelaufen sei. Als nach 3 Stunden immer noch keine Antwort kam, versuchte ich doch tatsächlich, ihn auf dem Handy zu erreichen. Ich mochte telefonieren nicht sonderlich! Allerdings ging Karyu sowieso nicht ran. Das veranlasste mich dazu, zu vermuten, dass die Prüfung für ihn schlecht gelaufen war - zumindest glaubte er das. Ich setzte große Hoffnungen in ihn. Er würde bestimmt nicht durchfallen, das wollte ich ihm sagen, aber wenn er sich mit mir nicht in Verbindung setzte, was sollte ich machen?
 

Eher gelangweilt verbrachte ich den Abend damit, meiner Katze beim Spielen und Fressen zuzusehen, ab und an konnte ich mich noch dazu aufraffen, mit ihr gemeinsam zu spielen. Nebenbei lief der Fernseher, allerdings hatte ich den Ton abgestellt, da mir die Werbung dazwischen irgendwann zu nervige Melodien abgab.

Ich machte mir Sorgen um Karyu. Entweder hatte er sich zurückgezogen aufgrund des Verlaufs der Prüfung, da hätte er mir aber ruhig Bescheid sagen können, oder er war weggefangen worden - was erklären würde, warum er sich nicht meldete. Beruhigend war der Gedanke jedenfalls nicht. Immer wieder schaute ich aufs Handy, ob ich etwas verpasst hatte. Aber nichts tat sich.
 

Gegen 23 Uhr lag ich eher im Halbschlaf als wach auf der Couch und blinzelte zum Fernseher, dessen Ton ich mittlerweile wieder angeschaltet hatte. Ich beschloss, bis zum nächsten Morgen zu warten, und wenn Karyu sich bis dahin nicht gemeldet hatte, dann...ja was dann? sollte ich die Polizei rufen? Erstmal würde ich bei ihm vorbeischauen. Vielleicht war er ja zu Hause und würde mir die Tür aufmachen - wobei er dann ja wohl auch mal auf das Handy reagieren könnte. Aber gut. Alles grübeln brachte nichts.
 

Seufzend stand ich auf und schaltete den Fernseher aus, weswegen die Katzen die Augen öffnete und verschlafen zu mir hoch blinzelte. Die letzte Stunde über hatte sie auf ihrem Kratzbaum geschlafen, der in der Ecke des Wohnzimmers stand, so, dass sie auch mal aus dem Fenster gucken konnte. Jetzt wo es dunkel draußen war, konnte sie aber nicht mehr besonders viel sehen.

Ich durchquerte den Flur und betrat mein Schlafzimmer, wo ich das Licht anmachte. Ich musste dringend mal wieder aufräumen! Die komplette Wohnung... Seit die Katze hier war und Karyu mich so oft besuchen kam, sah es nach zwei Tagen immer wieder wie ein Saustall aus...

Gerade wollte ich mich umziehen, als es an der Tür klingelte. Überrascht hielt ich inne. Besonders um die Uhrzeit konnte es sich doch eigentlich nur um Karyu handeln.
 

Neugierig ging ich in den Flur und drückte auf die Gegensprechanlage. "Ja?"

"Heyyyy Zerooo~.."

Ugh. Karyu war betrunken. Ich verdrehte die Augen, entschied mich dann aber, ihn nicht draußen stehen zu lassen. Außerdem interessierte es mich, wie die Prüfung nun gelaufen war. Also öffnete ich ihm die Haustür unten und machte die Wohnungstür auf. Es war ein Wunder, dass er es die Treppen hoch in den ersten Stock schaffte. Er schien sturzbesoffen zu sein, so wie er sich bewegte.

"Heyyy", wiederholte er dumm grinsend, als vor mir wankend zum Stehen kam.

Ich seufzte. "Hi.. Wo bist du gewesen?", fragte ich sofort, aber statt einer Antwort schob er mich in den Flur und vergaß dabei natürlich, die Tür zu schließen. Ich kam nicht mal an sie ran, weil er mitten vor dem Eingang stand, mich dann gegen die nächstbeste Wand presste. Verwirrt sah ich zu ihm hoch. Der Geruch von Alkohol und Zigarettenqualm war penetrant. Karyus Augen waren glasig. Mir war unwohl, weswegen ich versuchte, ihn von mir zu schieben, aber das war gar nicht so leicht. "Also, wo warst du denn? Ich hab mir Sorgen gemacht", murrte ich.

"Och Zeroooo...'ch war was trinkennn, weißu....", antwortete er und umfasste mit einer Hand mein Gesicht. "Hab dich vermisst...also...bin 'ch hier.", erklärte er stolz grinsend und drückte mir plötzlich einen Kuss auf die Lippen.

Ich drehte den Kopf beiseite und brummte. "Lass das!" Mühevoll schob ich ihn endlich von mir, wischte dabei auch seine Hand von meiner Wange. "Du warst den ganzen Tag und den ganzen Abend über was trinken? Wann war deine Prüfung zu Ende? Ich hab gedacht, dir ist was passiert! Du hättest ja mal auf meine Nachrichten oder Anrufe reagieren können", motzte ich, woraufhin er mürrisch den Kopf schüttelte.

"..redest viel su viel...", murmelte er nur und kam mir erneut gefährlich nahe, drängte sich schon mit dem ganzen Körper gegen mich. Langsam wurde es unangenehm, weswegen ich versuchte, zurückzuweichen - was bedeutete, dass ich mich lediglich nur mehr gegen die Wand pressen konnte.

"Hör auf, lass mich los", bat ich ihn. "Ich bin sauer auf dich!"

Er schnurrte. "Sei nich' böse. Wollte mich ja melden..." Er vergrub das Gesicht an meinem Hals. "'ch lübe dich doch.."

Ich schluckte und versuchte, die weichen Lippen an meinem Hals zu ignorieren. Was zur Hölle war denn hier nur los? "Karyu, du stinkst nach Bier. Jetzt lass mich los!"

Doch er brummte nur leise. "Aber ich will dich jetz'..."

"Ich dich aber nicht!" Vehement drückte ich die Hände gegen seinen Oberkörper, doch er nahm nur geringfügigen Abstand und sah mich aus verhangenen Augen an. Langsam machte er mir Angst.

"Die Ander'n ham mich halt mitgeschleppt nach der Prüfung...tut mir leid?" Er schaute mich treudoof an, doch ich schnaubte nur.

"Das kann dich doch nicht davon abhalten, dir mal ne Minute zu nehmen um mir Bescheid zu sagen." So ein Idiot. "War die Prüfung so schlecht?"

Er zuckte vage mit den Schultern. "Ging so...daran willich jetz' aber nich' denk'n..." Schon wieder lagen seine Lippen auf meinen, seine eine Hand schob sich unter mein Shirt, währen die andere mich an der Schulter gegen die Wand presste.

Ich war richtig sauer. "Die Prüfung war nicht mal schlecht und du lässt dich trotzdem total volllaufen und vergisst mich darüber auch noch? Und jetzt, jetzt...befummelst du mich einfach so? Bei dir piept's wohl!"
 

Mein erster Impuls war es, Karyu so heftig ich konnte von mir zu stoßen, am besten gegen die gegenüberliegende Wand, aber ich hielt mich zurück. Er war besoffen, ich hatte mehr oder weniger Nachsicht.

Karyu jedenfalls hielt wenigstens mal für einen Moment inne und sah mich aus großen Augen an. "Zero...jetz' sei doch nich' so schlecht gelaunt. Mir tut's ja leid", meinte er, woraufhin ich seufzte.

"Schön, dann lass mich los."

Daran dachte er aber gar nicht. Stattdessen gurrte er und legte die Hände an meine Hüfte. "Och, bütte...komm schon. Ich hab dich doch lüb..." Aha, eben liebte er mich noch, jetzt hatte er mich lieb? Und gegen meinen Willen ließ er mich einfach nicht los.

Wohl meinend, erotisch zu klingeln, lallte er mir irgendwas ins Ohr, während seine Hände wieder unter mein Shirt wanderten.

"Ich hab dich auch lieb", erwiderte ich, "und damit ich dich auch weiterhin lieb habe, nimmst du jetzt die Finger von mir, Karyu, bitte! Ich will das nicht! Du bist betrunken."

"Macht doch nichts..Ich bin ganz sanft..", murmelte er und schob mit den Händen mein T-Shirt höher, bis seine Finger über meine Brustwarzen strichen.

"Hng..." Ich umfasste seine Handgelenke. "Karyu, ich WILL nicht. Schlaf lieber deinen Rausch aus." Noch hatte ich Hoffnung, dass er mich endlich loslassen würde.
 

Tatsächlich nahm er Abstand von mir, doch im nächsten Moment packte er mich am Arm und zog mich ins Schlafzimmer, wo ebenfalls Licht brannte.

Perplex stolperte ich ihm erstmal hinterher, da ich nicht wusste, was nun los war. Dennoch versuchte ich mich von ihm zu befreien, allerdings schubste er mich plötzlich aufs Bett. Nun wurde mir wirklich angst und bange, während ich zu ihm hochstarrte. Ich drehte mich auf die Seite und wollte vom Bett krabbeln, als er sich zu mir kniete und meine Hände aufs Bett nieder drückte, mich so zurück auf den Rücken drehte.

"Ich schlaf mein' Rausch aus...mit dir", meinte er verhangen lächelnd und dachte vielleicht, er wäre witzig.

"Nein, da hab ich noch ein Wörtchen mitzureden!", erwiderte ich mit hoher Stimme und ruckelte mit den Händen, aber besonders stark war ich noch nie gewesen - Karyu hatte es nicht allzu schwer, mich am Platz zu halten.

"Bitte...", wisperte er in mein Ohr, bevor er meine Wange küsste, dann meinen Mund. Immerhin versuchte er nicht, mir die Zunge in den Mund zu schieben, die hätte ich ihm abgebissen. Ganz bestimmt!

Zwar strich seine Zungenspitze flüchtig über meine Lippen, aber so schnell wie sie gekommen war, verschwand sie auch wieder. Ich gab einen unwilligen Laut von mir, während seine Lippen weiter wanderten, meinen Hals liebkosten.

Was sollte ich noch sagen? Er schien mir gar nicht richtig zuzuhören, und mit dem Wehren war es schwieriger, als ich gedacht hatte.

Einer Eingebung folgend begann ich, mit den Beinen zu strampeln. "Jetzt lass das endlich sein, ich sagte NEIN!", schrie ich ihn an und spürte die ersten Tränen in meinen Augen. "Du machst alles kaputt", murmelte ich mit leiserer Stimme.
 

Karyus Griff lockerte sich, ein Handgelenk ließ er sogar los. Mit den Fingern strich er über meine Wange, während er mich sanft anlächelte. "Tut mir leid..."

Ich entspannte mich etwas und erwiderte seinen Blick stumm. Ich konnte mich besser bewegen und spürte, wie Karyus Hand kosend über meinen Hals streichelte. In seine Augen trat ein trauriger Glanz. "Tut mir wirklich leid...", wiederholte er murmelnd, während sein Blick sich auf meine Lippen senkte. Er schien zu seufzen, starrte stumm auf mich hinab, während er abwesend durch meine Haare strich.
 

In diesem Moment wurde mir klar, wie sehr er mich wollte. Ich hatte das Ganze unterschätzt. Ich hatte vergessen wollen, dass er mich liebte, ich hatte nicht sehen wollen, WIE SEHR er mich liebte. Seine Gefühle schienen sich aufgestaut zu haben und jetzt durchzubrechen.

Aber war das eine Art, mir zu zeigen, wie er für mich fühlte? Eher nicht...

Seine weichen Lippen auf meinen holten mich aus meiner Gedankenwelt. Sein Griff um mein Handgelenk hatte sich gelöst, stattdessen umfasste seine Hand sanft meine eigene. Ich konnte seine Entschuldigung förmlich durch den Kuss spüren - allerdings hatte ich ihm doch mehrmals gesagt, dass er mich einfach loslassen sollte... Das schien er aber wirklich nicht zu können. Er war bestimmt wie meine Katze: er wusste genau, was ich wollte, aber tat, als verstünde er mich nicht. Er wollte einfach nicht hören. Und ich konnte ihm nicht einmal besonders böse sein...
 

Ich hatte eine Hand an seine Schulter gelegt, wollte ihn eigentlich ein Stück von mir schieben, aber dann wanderte sie höher zu seinem Hals und ich erwiderte den Kuss. Ich ließ sogar die fremde Zunge in meinen Mund eintauchen, nachdem sie um Einlass bittend erneut über meine Lippen geleckt hatte.

War ich denn völlig verblödet? wie viele Schrauben hatte ich locker? Was hatte Karyu mit mir angestellt? Erst forderte ich ihn auf, die Finger von mir zu lassen, dann schaute er mich einmal traurig an, murmelte ein 'Sorry' und schon ließ ich mir von ihm die Zunge in den Hals stecken? Hallo?! Was sollte er jetzt von mir denken? Wie stand ich denn da? Als ob mich etwas Gegenwehr reizen würde, aber ernst meinen tat ich das dann nicht.

Ich löste mich von seinen Lippen im Anflug des Protestes und wollte ihn endlich doch von mir schieben, als Karyu seinen Unterleib gegen meinen drückte, dabei meine Lippen wieder zu einem gierigen Kuss einfing - in meinen Lenden begann sich ein bitter-süßes Ziehen auszubreiten. Langsam und leicht, aber aufreizend begann er sich an mir zu reiben, während seine Zunge alles dafür tat, mich um den Verstand zu bringen.

Anstatt ihn von mir runter zu stoßen, legte ich den Arm um seine Mitte und drückte ihn sogar dichter an mich - bis sein Schritt sich intensiver gegen meinen bewegte.
 

Ich wollte Sex! Ich wollte Befriedigung, so einfach war das! Das letzte Mal, das ich Sex gehabt hatte, war zwar genau genommen nicht besonders lange her, allerdings konnte ich mich ja kaum daran erinnern. Eigentlich zählte das gar nicht, und mein Körper schien das ähnlich zu sehen.

Während ich noch versuchte, meine Handlungen vor mir selbst zu rechtfertigen, waren Karyus Hände dabei mir mein Oberteil auszuziehen. Ich war nicht betrunken und ließ es dennoch geschehen.
 

============================================
 

Schweigend legte ich einen Arm um Karyus Mitte. Sein Kopf lag auf meiner Brust. Er war schon längst eingeschlafen.

Ich starrte an die Decke. Es war etwas unbeholfen und unkoordiniert gewesen. Karyu war auch nicht allzu sanft mit mir umgegangen, aber er war es nicht müde gewesen, mir immer wieder Entschuldigungen ins Ohr zu flüstern. Wofür er sich im Einzelnen entschuldigte, war mir nicht mal klar.

Der Sex war keineswegs schlecht gewesen, nur weil Karyu sturzbesoffen gewesen war.

Abwesend nagte ich an meiner Unterlippe. Karyu konnte sich morgen sicher an nichts erinnern... War das gut oder schlecht?

Ich lehnte mich beiseite und löschte das Licht, bevor ich Karyu ein Stückchen beiseite schob, sodass ich mich auf die Seite drehen konnte. Ich kugelte mich unter der Decke ein, während ich Karyu im Rücken liegen hatte. Lust auf Kuscheln hatte ich irgendwie nicht.
 

Auch eine Stunde später fand ich noch keinen Schlaf, weswegen ich aufstand und mir meine Shorts anzog. Im dunkeln tapste ich aus dem Zimmer, schloss die Tür und ging ins Wohnzimmer. Verschlafen blickte meine Katze mich vom Kratzbaum aus an. Ein kühler Lufthauch strich um meine Beine. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich, wie die Wohnungstür immer noch offen stand. Natürlich, wir hatten sie nicht geschlossen... Glück im Unglück, dass die Katze nicht davon gelaufen war!

Rasch machte ich die Tür zu und schloss zwei Mal ab, bevor ich zurück ins Wohnzimmer ging. Die Katze war in der Zwischenzeit von ihrem Baum runter gekommen und sah mich vom Boden aus erwartungsvoll an. Seufzend setzte ich mich im Halbdunkeln auf das Sofa. Von draußen, von der Straße her, erhellten die Laternen das Zimmer.

Ich zog die Decke von der Lehne und legte mich hin. Das Sofa war zwar nicht so bequem wie das Bett, aber mit Karyu in der Nähe, der nun seinen Rausch ausschlief, hatte ich nicht zur Ruhe kommen können. Die Katze war so lieb und legte sich nach kurzer Zeit auf meinen Bauch, wo sie sich putzte und schließlich einkullerte. So war ich nicht alleine und fand bald etwas Schlaf.
 

================
 

Mit dem nächsten Kapitel wird die Hauptstory beendet sein.

Vom Ende zwischen Dir und Mir

=======================================

7.Kapitel

=======================================
 

Am frühen Morgen kam ich zu mir. Mein Hintern pochte. Ganz toll. Seufzend setzte ich mich langsam auf. Mein Hintern schmerzte noch mehr. Die Katze lag mittlerweile wieder auf dem Kratzbaum und störte sich nicht daran, dass ich ächzend aufstand.

Es war erst 8 Uhr, aber ich konnte nicht mehr schlafen. Mit gespitzten Ohren hielt ich für einen Moment inne. Es war nicht zu hören, ob Karyu also noch schlief? Es wäre sicher kein Wunder bei der Menge an Alkohol, die er getrunken haben musste.
 

Langsam schlurfte ich zum Schlafzimmer und öffnete leise die Tür. Einzig einen blonden Haarschopf konnte ich ausmachen, der unter der Decke hervorlugte. Ich schlich mich ins Zimmer und ließ die Jalousien ein Stück weiter runter, damit es dunkler wurde. Ich schlief immer bei halb herunter gelassenen Jalousien, damit ich rechtzeitig aufwachte.

Rasch stahl ich mich wieder hinaus und schloss die Tür. Was jetzt? Viel war heute mit mir nicht anzufangen, dank meines schmerzenden Pos konnte ich alles, was auch nur Sport ähnelte, vergessen: auch aufräumen kam nicht infrage. Da konnte meine Wohnung jetzt noch so unansehnlich ausschauen. Erstmal kümmerte ich mich um meine Katze und versorgte sie. Dabei fielen mir siedend heiß die zwei Katzen von Karyu ein: wenn er den ganzen Tag über gestern trinken gewesen war, hatte er dann mal zu Hause vorbei geschaut?! Hatten die Mädchen noch zu fressen? Wie sauber mochten noch die Katzentoiletten sein und vermissten sie nicht Karyu?

Unschlüssig nagte ich an meiner Unterlippe, dann ging ich in den Flur und wühlte mich durch Karyus Jacke, bis ich die Wohnungsschlüssel gefunden hatte. Er würde so schnell sicher nicht auf die Beine kommen und ich hatte Zeit: also schaute ich besser schnellstmöglich nach Lilly und Vivi!
 

Ohne besondere Rücksicht auf Karyu zu nehmen und leise zu sein, verließ ich meine Wohnung. Dass er seine Katzen vergessen hatte, nahm ich ihm übel. Es war schon schlimm genug, dass er vollkommen blau zu mir gekommen war und mich einfach angegrabbelt hatte, so lange, bis ich nachgegeben hatte. Nun hatte er auch noch seine beiden Lieblinge vernachlässigt! Wie war denn sowas nur möglich? Dabei schien seine Prüfung nicht mal absolut grottig gelaufen zu sein. Wäre er sich sicher gewesen, es total vergeigt zu haben, hätte ich wohl noch Verständnis aufbringen können, aber so nicht.
 

Mit bangem Gefühl öffnete ich vorsichtig die Wohnungstür. Nichts zu hören, nichts zu sehen von den Katzen. Langsam trat ich ein und sah mich in der Wohnung um, während die Tür hinter mir zufiel. Es muffte in der Wohnung. Nach Katze. Ich seufzte, als ich am Bad vorbei lief: Neben der Katzentoilette dort lag ein Häufchen. Bei der zweiten im Flur war mir nichts Besonderes aufgefallen.

Im Wohnzimmer angekommen entdeckte ich die zwei Katzen neben dem Sofa hocken. Sie beobachteten mich aufmerksam, regten sich sonst aber nicht. Ich begann leise und freundlich mit ihnen zu reden, warf dabei auch einen Blick in die Küche. Die Futternäpfe waren leer und einige der Leckerlie-Tüten, die eigentlich in einem Regal stehen sollten, lagen auf dem Boden verstreut. Sie waren aber nicht geöffnet. Wahrscheinlich hatten die Katzen irgendwann vor Hunger versucht, an den Inhalt ranzukommen... Sie taten mir unglaublich leid. Schnell füllte ich die Näpfe mit etwas zu Fressen, wechselte das Trinkwasser aus und ging zurück ins Wohnzimmer. Dort konnte ich die zwei dabei beobachteten, wie sie zögerlich in die Küche tapsten, sich dann aber ratz fatz über die Näpfe her machten.

Schief lächelnd machte ich mich daran, die Katzentoiletten zu säubern und das Häufchen im Bad zu entfernen. Vermutlich war der einen Katze die Toiletten schon zu 'voll' gewesen, und sie hatte eben eine andere Stelle genommen... Ich konnte sie verstehen.

Nach getaner Arbeit näherte ich mich den beiden, die sich über das Mäulchen leckten und zu mir hoch starrten. Langsam streckte ich die Hand aus und streichelte Lilly, die sich das aber nur für ein paar Sekunden gefallen ließ und abtrabte, weswegen ich mich an Vivi versuchte, die sich nach Kurzem sogar auf den Rücken drehte und mich ihren Bauch streicheln ließ.

Ich versuchte ein bisschen mit den beiden zu spielen, schließlich waren sie so lange allein gewesen, aber sie schienen nicht besonders Lust dazu zu haben. Vielleicht fehlte ihnen die Energie, wo sie doch eine Weile nichts mehr zu fressen bekommen hatten...

"Karyu kommt bald wieder. Ihr seid nicht lange allein", versprach ich den beiden, als ich wieder im Flur stand. Fragend sahen sie mich an, während ich ihnen nur winkte und die Wohnung verließ.

Karyu würde was zu hören bekommen! Ich würde über die Nacht schweigen, sofern er es vergessen haben sollte, denn das wäre sicher besser für uns beide. Aber dass er seine Katzen vernachlässigte, das ging ja so nicht!
 

Der Blondschopf schlief noch immer, als ich einen Blick ins Schlafzimmer warf. Ich hatte den Eindruck, dass er sich kaum bewegt hatte, seit ich gegangen war.

Diesmal ließ ich die Tür offen. Ich holte ihm ein Glas Wasser und eine Migräne-Tablette. Seine Kopfschmerzen würden sicherlich äußerst unangenehm sein.

"Karyu? Wach auf." Ich setzte mich neben ihn und zog ihm die Decke vom Gesicht. Er zog nur die Nase kraus. "Hey...komm zu dir! Karyuuu." Ich rüttelte ihn sanft an der Schulter.

Er murrte und öffnete blinzelnd die Augen, stöhnte dann leise. "Oh Gott..."

"Ja...", murmelte ich nur und deutete auf die Tabletten auf dem Nachttisch. "Ich hab was gegen deinen Kater."

Er drehte den Kopf und stöhnte erneut. "Was ist denn passiert...was mach ich hier?"

"Du hast dich volllaufen lassen und mich das des Nachts spüren lassen", erwiderte ich nur. "Nun nimm erstmal die Tablette."

Ächzend setzte er sich auf, schluckte das Medikament und legte sich wieder hin. "Wie spät ist es...?"

"Erst 10 glaub ich. Ich hab eben nach deinen Katzen geschaut."

Er riss die Augen auf und saß kerzengerade im Bett. "Oh nein, die Katzen!"

"Ja, du solltest dich schämen!" Ich erzählte ihm, was ich in seiner Wohnung erlebt hatte, woraufhin er in sich zusammen sackte.

"Ich sollte zurück..."

"Ja, das solltest du, aber ein bisschen Zeit kannst du dir wohl noch lassen. Warte wenigstens, bis die Tablette wirkt", meinte ich und stand wieder auf.

Karyu fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und sah mich an. "Was ist denn gestern passiert?"

"Du bist spätabends zu mir gekommen und warst stockbesoffen. Du hast mit deinen Kollegen getrunken, weißt du das noch?" Er summte nur und sah nicht so aus, als könne er sich erinnern. "Ich hab dich dann hier schlafen lassen. Du hast nicht den Eindruck gemacht, als wolltest du noch rüber zu dir nach Hause. Es war ein Wunder, dass du es überhaupt bis zu mir geschafft hast", murmelte ich und ging zur Tür. "Ruh dich doch noch etwas aus."

"Ach was", erwiderte er und sprang aus dem Bett, hielt dann aber inne und sah an sich herab. Ich schaute beiseite. "Uhm..wieso bin ich nackt?"

"Weil...ich dich ausgezogen hab", antwortete ich (noch) wahrheitsgemäß. "Ich wollte nicht, dass du mit deinen dreckigen Klamotten in mein Bett steigst." Das war dann ja nicht mehr so die Wahrheit.

Er brauchte ein paar Sekunden um das zu durchdenken. Ich sah ihn immer noch nicht an. "Ja, aber...meine Unterwäsche war doch gar nicht dreckig...die hättest du mir nicht auch ausziehen müssen." Er hob den Kopf, sodass ich seinen Blick auf mir spürte. "Oder wolltest du spannen?"

Nicht mal ein müdes Lächeln entlockte mir diese scherzhaft gemeinte Frage. "Tja, ich gehe jetzt ins Wohnzimmer und setze mich an meinen Laptop. Ich muss etwas für die Uni vorbereiten. Wenn du also gehen willst, dann tu das. Du kannst dich aber gern noch etwas hier ausruhen.", meinte ich und verließ das Schlafzimmer. Karyus Witze und Andeutungen waren jetzt gar nicht mehr lustig. Nicht nachdem, was letzte Nacht passiert war. Ich glaubte zwar nicht unbedingt, dass es zu einer waschechten Vergewaltigung gekommen wäre, aber irgendwie genötigt hatte er mich ja schon. Er hatte das Ganze so weit getrieben, bis ich nachgegeben hatte. Unter normalen Umständen wäre es nie soweit gekommen.
 

"Zero?" Karyu hatte sich angezogen und suchte mich im Wohnzimmer auf. Seine Stimme war leise und klang besorgt. Lautlos seufzend drehte ich mich zu ihm um. "Was ist gestern wirklich passiert? Ich glaube nicht, dass du meine Klamotten quer im Zimmer verteilst, wenn du mich aus übertriebenen Hygiene-Gründen ausziehst.."

Er ahnte eindeutig etwas. Ich schüttelte den Kopf. "Nichts ist passiert. Wunderst du dich grade ernsthaft über die Anordnung deiner Kleidung?"

Er nickte ernsten Blickes. "Ja, das tue ich. Irgendwas ist doch passiert."

Ich sah beiseite und stand leise ächzend auf. Ich hatte für ein paar Momente meinen schmerzenden Hintern vergessen... Unglücklicherweise, denn Karyu bemerkte meine linkische Art, aufzustehen. "Ist alles in Ordnung?"

"Alles bestens. Bitte, geh, ok? Kümmere dich um deine Katzen."

Er seufzte. "Ich kenne dich. Wenn du so bist, dann hast du was. Du bist sauer auf mich. Was hab ich gestern getan? Ich...was auch immer passiert ist, es tut mir schrecklich leid!"

Wütend sah ich ihn an. "Lass deine scheiß Entschuldigungen! Ich kann das nicht mehr hören!" Seine 'Es tut mir Leid's hatte ich gestern schon oft genug gehört.

Karyu sah mich überrascht an und hob eine Hand, aber ich wich ihr aus. "Was ist passiert? Zero, hab ich was gesagt? Hab ich dir weh getan? Was es auch war, ich wollte das bestimmt nicht!"

"Oh doch, du wolltest das!", zischte ich gereizt und mit bereits feuchten Augen. "Du warst ja gar nicht mehr abzubringen von deiner Idee.." Ich schloss den Mund und presste die Lippen aufeinander. Es brachte nichts, ihm jetzt alle Details zu servieren und ihn sich noch schlechter fühlen zu lassen. Ich atmete tief durch. "Hör zu. Es ist alles in Ordnung, ja? Mach dir keine Sorgen. Geh einfach und sieh nach deinen Katzen.", bat ich ihn, woraufhin er einen Schritt zurück trat, mich aber immer noch ansah.

"Hab ich...hab ich dich angefasst?" Er schluckte. "Ich hab dir weh getan, oder?"

Ich schüttelte langsam den Kopf. "Nein, hast du nicht. Du hast mir nicht weh getan.", erwiderte ich leise. Das hatte er wirklich nicht. Er hatte mir nur etwas Angst gemacht...aber konnte er etwas dafür, wo er doch so betrunken gewesen war?

"Was...was ist dann passiert? Warum siehst du mich nicht richtig an?", wollte er mit verzweifelter Stimme wissen. "Ich hab dich zu etwas gezwungen, stimmt's? Ich hab dich gezwungen, mit-..."

"Nein! Du hast mich zu gar nichts gezwungen", murrte ich und rieb mir über die Stirn. Ich bekam Kopfschmerzen. "Ich will nicht darüber reden. Lass uns das vergessen. Es ist alles ok, nun glaub mir doch." Zweifelnd betrachtete er mich. Ich begegnete seinem Blick. Ich war mehr auf mich sauer als auf ihn. Ich räusperte mich. "Weißt du, wann du die Prüfungsergebnisse erfährst?"

Er blieb für einen Moment stumm, dann seufzte er. "In etwa 2 Wochen, pi mal Daumen..."

"Mh...vergiss nicht, mich über sie zu informieren, ja?" Er legte den Kopf schief. Oh man, er hatte wohl den kompletten Tag vergessen. "Du hast gestern sämtliche Nachrichten und Anrufe meinerseits ignoriert. Ich hatte mir Sorgen gemacht. Und dann kommst du nachts sturzbetrunken hierher gewankt..", murmelte ich. "Ich hoffe, die nächsten 2 Wochen schaffst du es, mich nicht wieder zu vergessen.."

Er ließ die Schultern hängen. "Oh...entschuldige, ich...ich weiß wirklich nicht mehr, was los war und wie das passieren konnte. Ich könnte dich nie vergessen, ok?"

"Ja ja...", machte ich nur abwesend, was Karyu offenbar in weiteren Unmut stürzte, aber ich winkte ab. "Geh einfach. Ich melde mich bei dir. Vielleicht bemerkst du es ja..." Ich war müde...wahrscheinlich war ich doch zu früh aufgestanden.

Mit hängenden Schultern ging er in den Flur. "Wenn du mit mir reden willst, dann...du weißt ja, wo ich bin", sagte er. Ich folgte ihm nicht in den Flur. "Bis bald."

Ich wusste nicht, ob er mittlerweile dahinter gekommen war, was geschehen war. Aber das Gefühl, dass es so war, das hatte ich durchaus. Ich seufzte. Hoffentlich kriegte ich mich schnell wieder ein.
 

==================================
 

Ich sah Karyu alle paar Tage. Er hatte frei bis die Ergebnisse kamen, dann konnte er auch schon fast in einem anderen Krankenhaus anfangen zu arbeiten. Ein kleineres, näher an der Stadtgrenze gelegen. Jenes Krankenhaus, von dem er mir erzählt und versprochen hatte, dann mehr Zeit zu haben.

Er hatte also einiges an Zeit, mehr als ich. Ich musste ja zur Universität und zur Arbeit. Ich versuchte nicht, den Treffen mit Karyu auszuweichen. Ich wollte ja nicht allein sein und er auch nicht. Und im Grunde hatte er nichts Böses getan.

Aber eine gewisse Distanz hatte sich in unser Verhältnis geschlichen. Er war im Umgang mit mir übervorsichtig geworden. Er achtete darauf, was er sagte und vermied es, mich zu berühren. Und ich...ich redete weniger mit ihm. Ich saß weiter als sonst von ihm entfernt. Ich sah ihn weniger an.

Und ich hasste mich dafür. Warum war ich so empfindlich? Warum war ich so ein Arschloch? Manchmal wünschte ich mir, er würde die Nacht ansprechen, in der er betrunken zu mir gekommen war. Wir könnten sicher alles klären, ich würde mich danach bestimmt besser fühlen. So war das bisher immer gewesen, wenn wir uns ausgesprochen hatten... Aber er tat mir den Gefallen nicht. Und ich sprach es auch nicht an. Ich traute mich nicht. Und ich verstand nicht, wieso.
 

Nach zweieinhalb Wochen erhielt Karyu das Ergebnis seiner Prüfung. Er hatte die Ausbildung zum Krankenpfleger erfolgreich abgeschlossen.

Am Tag, als er mir die Nachricht überbrachte, sah er jedoch nicht besonders glücklich aus. Wir saßen bei ihm in der Wohnung auf der Couch. Mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen zeigte er mir den Brief. Ich freute mich für ihn, doch er druckste rum und sah zu Boden.

"Es gibt etwas, dass ich dir erzählen muss. Es geht um meine Familie in Hokkaido", sagte er leise. "Sie möchten, dass ich zurück komme. Das haben sie mir schon vor eine Weile gesagt. Sobald ich meinen Abschluss habe, möchten sie mich wieder bei sich haben... Es ist eine Stelle in einem Krankenhaus in Sapporo frei." Er lächelte traurig. "Mit dem Job und einem Teilzeitstudium könnte ich Arzt werden, sagen sie..."

Ich hielt inne. Er hatte es bereits entschieden, das spürte ich. Er ging fort. Wahrscheinlich hatte er schon seine Koffer gepackt und verbarg sie vor mir.

"Wann gehst du?"

Bekümmert sah er mich an. "Ich...ich will eigentlich nicht gehen. Ich will dich nicht alleine lassen, aber.."

"Aber dort hast du deine Familie. Und deine Freunde... Ich verstehe das schon. Was sollst du hier noch? Ich bin...ich erwidere deine Gefühle ja nicht. Anstatt jeden Tag an das erinnert zu werden, was du nicht haben kannst, gehst du natürlich lieber zurück in deine Heimat. Und machst Karriere als Mediziner." Ich rang mir ein bitteres Lächeln ab und stand auf. "Ich verstehe das wirklich."

"Zero, bitte...warte. Lass uns darüber reden. Ich..." Hilflos hob er die Schultern. "Ich will nicht gehen.."

"Doch, willst du...sonst würdest du ja hier bleiben und in dem kleinen Krankenhaus anfangen, so wie du es mir versprochen hast." Ich schloss kurz die Augen. "Du hättest mir nur früher von deinen Plänen erzählen sollen." Ich verließ das Wohnzimmer und spürte schon das Brennen in meinen Augen. Es tat so unendlich weh. Karyu würde weg ziehen. Und dann war ich wieder allein... Ganz allein...

"Zero, warte!"

Ich schlug ihm die Wohnungstür vor der Nase zu und rannte die Stufen hinab. Er sollte es nicht wagen, mich heute noch mal anzusprechen! Je früher ich mich daran gewöhnte wieder ohne ihn zu sein, desto besser!
 

================================
 

Natürlich hatte er versucht, mich zu besuchen, aber ich hatte ihm nicht aufgemacht, auch wenn es mir das Herz zerrissen hatte. Ich vermisste ihn. Sein strahlendes Lächeln. Sein lockeres Wesen, dass die trüben Gedanken verdrängte...

Ja, ich vermisste ihn. Jetzt schon. An das Gefühl wollte ich mich schon mal gewöhnen. Es hatte keinen Sinn, mit ihm zu sprechen.
 

So einfach war das aber natürlich nicht. Am Tag vor seiner Abreise fing er mich auf dem Heimweg vom Supermarkt ab. Er hatte eine Zigarette in der Hand und stand an die Mauer meines Wohnhauses gelehnt. Als er meine Schritte hörte, sah er auf. Ich blieb stehen.

"Endlich bekomme ich dich wieder zu Gesicht. Ich hatte mir Sorgen gemacht", sagte er, woraufhin ich nur die Schultern hob.

"Was kann ich für dich tun?"

"Mit mir reden. Oben. Du weichst mir seit Tagen aus. Ich weiß, dass es unfair von mir war, dich vor feste Tatsachen zu stellen. Ich hab dir damit weh getan." Er warf die aufgerauchte Zigarette weg.

Ich hob die Hand. "Ist ja schon gut. Sei still." Ich kramte meinen Schlüssel hervor. "Gibt es sonst noch etwas?"

Er sackte in sich zusammen. "Ich reise morgen ab", sagte er leise. "Wir bleiben aber in Kontakt, ja? Wir telefonieren und schreiben uns...und bestimmt können wir einander auch mal besuchen, meinst du nicht?"

Ich nickte. "Ja, bestimmt." Ich war einsilbig.

Traurig sah Karyu mich an, als ich neben ihn trat um die Haustür aufzuschließen. Ich spürte seine Hand auf meiner Schulter.

"Lass uns nicht so auseinander gehen, bitte."

Ich senkte den Kopf. "Dafür ist es zu spät, Karyu. Lass gut sein." Ich sah schwach lächelnd auf. "Geh einfach. Mach es uns nicht so schwer."

"Du wirst dich nicht melden, oder?", fragte er leise.

"Ich weiß nicht. Vielleicht, wenn ich nicht mehr sauer auf dich bin."

"Und wann wird das sein?"

"Das kann ich dir nicht sagen. Früher oder später..." Ich zuckte mit den Schultern und sah ihn an. So schnell würde ich ihn nicht wiedersehen. Ich prägte mir seine traurigen Augen ein, die mich verzeihungsheischend ansahen. Seufzend wandte ich den Blick ab. Ich würde gleich noch anfangen zu heulen. "Mach's gut."

Ich schloss die Haustür auf und wollte das Treppenhaus betreten, als sich Karyus Arme um meine Taille schlangen. "Es tut mir leid. Und...ich werde dich nicht vergessen. Niemals." Er legte seine Stirn auf meiner Schulter ab. "Und... Ich liebe dich." Er drückte mir einen Kuss in den Nacken und ließ mich los, während ich erstarrte. Als ich mich wieder bewegen konnte, fuhr ein kalter Schauer über meinen Rücken und ich sah mich um.

Karyu war gegangen...
 

Und ich war wieder allein.
 

=============================================================
 

Mh... Das Ende kam etwas plötzlich, oder? Vielleicht kommt es daher, dass ich lange Zeit nicht wusste, was mir für ein Ende der FF vorschwebte, und irgendwann kam mir auf einmal die Idee. Und so schnell wie die Idee kam, so schnell schrieb ich sie eben auf. Abgesehen davon wäre mir auch nichts Sinnvolles eingefallen, um die Zwischenzeit in der FF selbst zu überbrücken.
 

Und da sich wirklich niemand zum Thema Bonusstory geäußert hat...ist das hier wohl wirklich das Ende :'D Mal wirklich ein Sad End...oder? :(

Bonuskapitel #1: Von Augenklappen im kühlen Sapporo

================================

Bonuskapitel

================================
 

Vier Jahre später...
 

"Dr. Matsumura, Sie übernehmen bitte die intraokulare Augenverletzung, die heute Nacht reingekommen ist." Er nahm die Krankenakte entgegen und überflog sie. Der Patient trug schon seit 3 Tagen einen großen Glassplitter im Auge, den man in Tokyo nicht hatte entfernen können. So hatte man den Patienten hierher nach Sapporo verlegt. In diesem Krankenhaus gab es einen berühmten Augenspezialisten, der die Verletzung operieren sollte. Und er selbst war ihm zugeteilt und würde die prä-operativen Vorbereitungen übernehmen.

"Gut, danke", murmelte er und suchte mit der Akte das Zimmer des Patienten auf. Bevor er den Raum betrat, band er sich einen Mundschutz um und zog sich Schutzkleidung sowie Handschuhe über. Das Infektionsrisiko musste bei diesem Patienten gesenkt werden, da er den Fremdkörper schon vergleichsweise lange im Auge trug. Natürlich bekam er Breitbandantibiotika, jedoch waren auch zusätzliche Schutzmaßnahmen vonnöten. "Shimizu-san, guten Morgen", begrüßte er den Patienten. "Ich bin Dr. Matsumura und werde mich um die Vorbereitungen zu Ihrer Operation kümmern."
 

--------------------

ZERO:
 

"Dr. Matsumura...?", wiederholte ich leise und blinzelte den Arzt aus meinem gesunden Auge an. Ob das ein Zufall war?

"Genau. Wie geht es Ihnen?"

Wahrscheinlich war das nur ein Zufall. Wäre es Karyu, hätte dieser sich mir bestimmt schon offenbart.

"Hm...ich sehe nichts auf meinem linken Auge, weil da seit 3 Tagen ein Glassplitter drin steckt. Das tut unheimlich weh. Super geht's mir da...", murmelte ich nur und beobachtete, wie der schwarzhaarige Arzt die Krankenakte beiseite legte und sich mein verletztes Auge anschaute, das notdürftig abgeklebt worden war.

"Wie ist das passiert?", erkundigte er sich leise, während ich versuchte, nicht vor seinen Fingern zurück zu zucken. Ständig tatschten irgendwelche Leute daran herum, es tat doch schon genug weh! Es war wirklich unangenehm.
 

"Ich war im Supermarkt einkaufen und plötzlich gab es eine Explosion. Ich stand beim Alkohol, wo sämtliche Flaschen zerplatzten. Und natürlich musste ich irgendwas abkriegen. Mein Auge hat dran geglaubt", erzählte ich ausdruckslos. Ich war eben vom Pech verfolgt. Es wunderte mich nicht wirklich, im Krankenhaus zu liegen. Und als Krönung war ich auch noch verlegt worden, weil man in Tokyo zu dumm war, um den Splitter ordentlich entfernen zu können.

Matsumura summte nachdenklich. "Wissen Sie, was da explodiert ist?"

"Nein, keine Ahnung. Darüber hat man mit mir im Krankenhaus bisher noch nicht gesprochen", erwiderte ich etwas trocken. Den Ärzten war das doch egal. Ich würde mich darüber informieren können, wenn ich endlich wieder sehen konnte und in Tokyo war.

Der Arzt hielt inne und sah auf mich hinab. Ich konnte nur ein paar Strähnen seines schwarzen Haars sowieso seine schokoladigen, warmen Augen sehen. "Das ist schlimm. Was Ihnen passiert ist. Wir werden alles tun, um Ihr Auge wiederherzustellen.", sagte er sanft und schien zu lächeln.

"Werden Sie bei der OP dabei sein?"

"Ja, ich assistiere Dr. Hagiwara, dem Augenspezialisten", antwortete Matsumura und nahm sich das Krankenblatt, um etwas darauf zu notieren. "Haben Sie noch irgendwelche Fragen oder Bedenken? Die OP startet pünktlich um 11 Uhr.", informierte er mich.

"Ok...", machte ich nur und schloss mein gesundes Auge. Ich konnte nichts Anderes mehr tun als mich auszuruhen. Die Hand des Arztes strich flüchtig über meine Beine, welche unter der Decke verborgen waren, dann verließ er das Zimmer.
 

Ich hatte Angst. Es war erst die zweite OP meines Lebens, und die letzte lag Jahre zurück. Ich konnte mich kaum noch daran erinnern. Und niemand war hier, der mich beruhigte.

Mein Leben war nach wie vor im Arsch. Und jetzt auch noch mein Auge. Grummelnd atmete ich tief durch und versuchte, zu schlafen.
 

-----------
 

"Hey, Doc..", murmelte ich benommen. Die Narkose war bereits eingeleitet worden. Neben mir stand Dr. Matsumura und blickte auf mich nieder. Ich versank in den gütigen Augen. "Wenn ich sterben sollte, mach ich mir nichts draus. Dagegen hätte ich nichts, also bleiben Sie...auch...ganz entspannt..." Nicht, dass er sich Vorwürfe machte, oder der Augenspezialist. Mir war das einerlei, dann hätte ich es mir.

Die Augen des Schwarzhaarigen erwiderten meinen Blick milde. "Sie werden nicht sterben, da bin ich mir sicher."

Durfte ein Arzt ein solches Versprechen vor einer OP abgeben?

Ich konnte ihn nicht mehr fragen, da ich eingeschlafen war.
 

===========================================
 

"Hallo, Sie sind endlich aufgewacht." Dr. Hagiwara stand am Fußende meines Bettes - und neben ihm Karyu. Mittlerweile trugen sie keine Schutzkleidung mehr. Die OP musste gut verlaufen sein - oder sie hatten mir gleich das ganze Auge entfernt...

Aber beide sahen mich lächelnd an. "Wie fühlen Sie sich?"

Ich warf einen Blick auf Karyu in seinem tollen Arztkittel. Ich fasste es ja nicht. Hatte er mich zum Narren gehalten! Mir war elend zumute. Ich unterdrückte ein Zähneknirschen und sah wieder Dr. Hagiwara an. "Gut.."

Er nickte zufrieden. "Die OP ist ohne Komplikationen verlaufen. Wir konnten den Glassplitter vollständig entfernen und den Glaskörper wieder verschließen. Ihr Auge braucht noch ein paar Tage völlige Ruhe, daher müssen Sie es noch etwa 5 Tage geschlossen halten - dabei hilft Ihnen die Augenkompresse. Wir sind zuversichtlich dass Sie bis zu 80% Ihrer ursprünglichen Sehkraft zurück erhalten werden."

"Ich kann also wieder sehen?", hakte ich leise nach, woraufhin Dr. Hagiwara nickte.

"Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, ja. Nur inwiefern ihre Sehkraft wiederhergestellt sein wird, das können wir noch nicht sagen. Wir müssen abwarten, bis Ihr Auge abheilt, und dann müssen Sie uns sagen, wie viel Sie sehen können." Ich nickte nur langsam. "Gut, das wäre alles. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich bitte an Dr. Matsumura. Er wird Ihnen während der Post-OP-Phase zur Seite stehen. Und wir beide sehen uns in 5 Tagen wieder."

"Danke..", murmelte ich und sah dem Augenspezialisten hinterher, als er das Zimmer verließ. Karyu musste natürlich hier bei mir bleiben. Er schloss die Tür und setzte sich zu mir an den Bettrand.
 

"Es ist lange her", sagte er, während er mich ansah. Er schien nicht sauer zu sein, er grinste aber auch nicht überschwänglich. Ich hatte keine Ahnung, was er dachte. Vielleicht war ich ihm größtenteils egal... "Du bist mir nicht abgeschmiert.", stellte er fest.

"Ja, das merke ich", brummte ich.

"Freust du dich nicht, dass dein Auge gerettet ist?", wollte er wissen, woraufhin ich seufzte.

"Doch, natürlich. Ich bin heilfroh." Ich sah ihn nicht an. "Aber du hättest mir ja gleich sagen können, dass du es bist. Stattdessen führst du dich wie mein Arzt auf.."

Er grinste nun leicht. "Tja, das bin ich ja zufällig auch." Sein Blick wurde wieder etwas ernster. "Als ich heute Morgen in dein Zimmer kam und dir meinen Namen gesagt habe, da...hast du nicht wirklich drauf reagiert. Ich dachte, du hast mich schon längst vergessen und..." Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß auch nicht."

Ich hielt inne und hob den Blick. "Hat dich der Gedanke gestört?"

"Ja, natürlich", nickte er und schaute mich wieder an, schien leicht überrascht zu sein. "Wir waren doch so gute Freunde, oder nicht? Auch wenn 4 Jahre vergangen sind, hab ich dich nicht vergessen." Er schwieg für einen Moment. "Was machst du denn jetzt so?"

"Ich arbeite in einem Verlag", antwortete ich schulterzuckend.

"Englische Literatur?" Er hatte sich das wohl gemerkt.

Ich nickte. "Ja, hauptsächlich übersetze ich Bücher vom Englischen ins Japanische oder umgekehrt..." Er pfiff anerkennend. "Und du bist jetzt also Arzt?"

"Ja, Assistenzarzt im 2. Jahr. Es war eine harte Zeit, bis ich soweit gekommen bin. Ich hatte unglaublich viel um die Ohren. Normalerweise macht man ja erst sein Medizinstudium und kommt dann in die klinische Phase. Ich bekam durch meine Ausbildung eine Sonderstellung, so ging alles etwas schneller. Aber es war nicht weniger anstrengend", erzählte er. Ich nickte nur. "Wir können gern später weiterreden. Ich hab noch ein paar Patienten, nach denen ich sehen muss. Wenn etwas ist, ruf die Schwestern. Sie werden mich anpiepen, wenn du mich brauchst. Schlaf gut." Er lächelte mich an und verließ das Zimmer.
 

Ich schloss die Augen. Das operierte schmerzte. Da würde ich bestimmt nicht schlafen können...

Ausgerechnet bei Karyu war ich gelandet... Ich hatte ja schon Befürchtungen gehabt, als es hieß, ich solle nach Sapporo verlegt werden. Ich hatte fast schon vermutet, ihm hier zu begegnen - allerdings als Krankenpfleger, nicht als mein Arzt. Und dann hatte er mir noch nicht mal gleich die Wahrheit gesagt, sondern so getan, als kenne er mich nicht.

Irgendwie war ich sauer auf ihn. Ich konnte nur nicht wirklich erklären, warum. Ich wollte nicht in diese Augen sehen, die mich mitleidig betrachteten. Und dieses züchtige schwarze Haar stand ihm auch nicht!
 

--------------------
 

Ich brauchte Karyu nicht anpiepen lassen. In der Nacht bekam die Schwester es selbst hin, mir etwas mehr Schmerzmittel zu verabreichen, sodass mein Auge Ruhe gab und ich durchschlafen konnte.

Als Karyu am Morgen zur Visite vorbei kam, tat ich, als würde ich schlafen. Er schien eh nur das Krankenblatt zu studieren und ging nach 2,3 Minuten wieder. Ich hatte nicht mit ihm reden wollen.

Im Krankenbett liegend, hatte ich viel Zeit um nachzudenken. Lesen war mit nur einem Auge zu anstrengend, das hielt ich keine 5 Minuten durch. Für umherlaufen war es noch zu früh, das hatte die Schwester mir deutlich gemacht. Erstmal müsste sich mein Körper von der OP erholen. Einen Fernseher gab es nicht im Zimmer - es war schon Luxus genug, dass ich ein Einzelzimmer und somit meine Ruhe hatte.

Irgendwann kam mir der Gedanke, dass ich doch einen anderen Assistenzarzt verlangen konnte. In einer Woche war ich bestimmt aus dem Krankenhaus raus und es war wohl besser, Karyu nicht mehr zu begegnen. Wenn ich dann wieder in Tokyo war, war es einfacher ihn zu vergessen. Vielleicht könnte ich das Ganze sowieso unter Halluzinationen verbuchen - schließlich stand ich seit der Explosion unter Schmerzmitteln!
 

Am frühen Abend sah Karyu in seinem weißen Kittel bei mir vorbei. Seine Haare waren etwas länger als sie noch in Tokyo gewesen waren, und er hatte das Deckhaar zu einem Zopf zusammen gebunden. Die größte Veränderung war aber wohl, dass sie nun eben schwarz waren. Er trug eine dunkel umrandete Brille, die er zurecht rückte. "Ah, du bist mal wach", begrüßte er mich sanft lächelnd.

"Na ja, hier kann ich eben nicht besonders viel machen, außer Schlafen", sagte ich in leicht maulendem Ton.

"Das wird besser. Morgen kannst du dich im Krankenhaus gern einmal umschauen. Du kannst raus in den Park gehen, aber du solltest dir etwas Warmes anziehen. Es ist kühl."

Ich brummte. "Ist es irgendwann auch mal warm?"

Karyu musste schmunzeln. "Im Sommer, ja, da ist es mal für 2 Monate warm. Aber sonst es immer kühl."

"Zum Glück lebe ich hier nicht. Ich glaube der Norden ist nichts für mich.", erwiderte ich, während er etwas in die Krankenakte schrieb und dann zu mir ans Kopfende kam.

"Ich muss die Augenkompresse wechseln. Halt das Auge bitte möglichst geschlossen und beweg den Kopf nicht. Es dauert nicht lange und du dürftest kaum etwas spüren." Ich nickte nur, während er sich Handschuhe überzog und begann, die Kompresse abzulösen. "Was machen die Schmerzen?"

"Die Schmerzmittel helfen ganz gut. Das Auge pocht ab und an nur dumpf..."

"Ok, das ist normal. Bald dürfte es auch ein wenig zu jucken anfangen, aber du kannst dir vielleicht denken, dass du dein Auge nicht anfassen und darüber reiben darfst. Sonst reißt nur etwas auf."

Ich nickte erneut und ließ Karyu den Verband wechseln. Tatsächlich brauchte er keine 5 Minuten. "In Ordnung, ich bin fertig." Er schmiss das übrige Material samt seiner Handschuhe in den Mülleimer, bevor er sich zu mir ans Bett setzte. "Bist du eigentlich immer noch sauer auf mich? Wegen damals? Weil ich einfach gegangen bin?"

"Nein", antwortete ich nur knapp, woraufhin er nachdenklich summte und mich weiter beobachtete, bis es mir zu doof wurde. "Ich bin sauer, weil du mein Arzt bist."

"Ja, hm...wolltest du deshalb jemand Anderen?"

Ich runzelte die Stirn. Verdammt, hatte die Schwester gepetzt? "Ja, wollte ich. Hat dir das die Blonde gezwitschert?", wollte ich wissen, woraufhin er seufzend nickte.

"Ja, die Schwester hat es mir erzählt. Sie wollte wissen, ob ich etwas Falsches zu dir gesagt hätte, und als ich nachfragte, hat sie mir erzählt, dass du um einen anderen Assistenzarzt gebeten hast. Leider sind wir hier aber zur Zeit unterbesetzt."

"Ja, das hat sie mir auch mitgeteilt. Ich dachte, sie behält das für sich.", brummte ich.

"Die Schwestern sind gesprächig", erwiderte Karyu nur und sah mich traurig an, weswegen ich am liebsten frustriert geknurrt hätte.

"Hör auf mich so anzugucken", murrte ich stattdessen.

"Wie denn?"

"So mitleidig."

"Ich bemitleide dich nicht.", erwiderte er. "Ich finde es schade, dass du wieder versuchst, mich zu meiden, anstatt mit mir zu reden. Auch wenn die Umstände unglücklich sind, freue ich mich, dich zu sehen. Ich würde mich gern mit dir unterhalten. Was dir so alles passiert ist. Und ich möchte dir natürlich auch erzählen, wie es mir jetzt hier so geht. Du hast mir gefehlt." Er seufzte. "Du hast dich nie bei mir gemeldet..."

Ich hob leicht eine Schulter. "So ist das eben. Du wohnst so weit weg, das wäre ja wie eine Fernbeziehung, und für sowas bin ich nicht gemacht."

"Mit deinem Schulfreund gehst du doch auch einmal im Jahr in Urlaub. Sowas muss man doch auch immer planen, daher wirst du sicher immer einigen Kontakt zu ihm haben. Und der wohnt doch auch in einer anderen Präfektur, aber du hast es geschafft, mit ihm in Verbindung zu bleiben. Also von wegen, Fernbeziehungen sind nichts für dich."

Ich starrte auf das Fußende des Bettes. "Das war was anderes.", erwiderte ich. "Außerdem ist er mittlerweile im Ausland. Ich hab nicht mehr viel von ihm gehört in den letzten 3 Jahren. Ab und an schickt er Fotos." Alle hatten sie mich verlassen. Es war ein Wunder, dass ich noch nicht depressiv in der Geschlossenen saß.

Karyu schwieg für einen Moment. "Tut mir leid, das zu hören." Er sah auf. "Was ist mit deiner Katze?", wechselte er das Thema.

"Ich hab den Hausmeister angerufen, er meinte einer meiner Nachbarn hätte auch eine Katze und könne sich solange ich im Krankenhaus bin, auch um meine kümmern."

"Hat sie mittlerweile einen Namen?"

"Ja. Sie heißt Amaya."

Karyu lächelte milde. "Nachtregen. Ein schöner Name. So verträumt wie du."

Ich hob zweifelnd die Augenbrauen. "Ich und verträumt?"

"Ja, das warst du auf jeden Fall früher. Du hast jedenfalls oft so dreingeschaut."

"Hmm...ich glaube, das ist noch schlimmer geworden."

"So? Muss dich jemand aus deiner Traumwelt holen?"

Ich seufzte. "Das hat schon der Glassplitter geschafft." Scheiß Ding.
 

Karyu tätschelte mir die Schulter und wir schwiegen für viele, lange Sekunden. "Möchtest du vielleicht für 2,3 Tage zu mir kommen? Wenn wir die Kompresse abnehmen und mit deinem Auge soweit alles gut ist, kannst du entlassen werden. Dann ruhst du dich noch ein bisschen bei mir aus. wir können über dies und das reden. Und die Nachsorge kannst du in Tokyo machen lassen." Er nagte an seiner Unterlippe. "Du kannst überhaupt hierher ziehen.", meinte er plötzlich. "Wir haben hier einige Verlage, die nach Mitarbeitern suchen. Meine Eltern sind Anwälte und haben zwei der größten Verlage hier auf Hokkaido als Klienten. Also..daher weiß ich das. Du würdest hier bestimmt was finden. Die Wohnungen hier sind recht günstig. Du findest bestimmt eine in meiner Nähe..."

Etwas sprachlos betrachtete ich ihn. "Wow, mach mal bitte langsam. Wie kommst du denn nun auf sowas? Hierher ziehen? Wir sehen uns nach vier Jahren zufällig wieder, und du willst, dass ich hierher ziehe? Also...nein. Das ist verrückt."

Er seufzte leise. "Ok, vielleicht hast du Recht. Aber...würdest du denn für zwei, drei Tage bei mir unterkommen wollen?"

Unschlüssig sah ich wieder zum Fußende des Bettes. "Ich weiß nicht... Ich denke nicht." Wenn ich ihn ansah, erkannte ich ihn kaum wieder. Vier Jahre waren vergangen... Vier lange Jahre. Ich hatte ihn doch fast schon vergessen.

"Überleg dir das doch noch mal. In vier Tagen entfernen wir die Kompresse. Danach fängt mein freies Wochenende an und wir... Ich hätte Zeit für dich. Also..denk drüber nach. Deine Katze ist doch versorgt. Und meine zwei Mietzen freuen sich sicher, dich wiederzusehen." Er schenkte mir ein sanftes Lächeln und stand auf.

Ich erwiderte nichts und beobachtete ihn, wie er zur Tür ging. "Deine Haare...warum sind sie nicht mehr blond?" Ich färbte meine nach wie vor blond, aber er hatte damit offensichtlich aufgehört.

Karyu blieb stehen und wandte sich zu mir um. "Ich bin Arzt. Assistenzarzt. Mir die Haare blond zu färben, wirkt unprofessionell. Das kann ich vielleicht wieder machen, wenn ich ein Star in der Medizin geworden bin. Aber bis dahin...müssen sie brav schwarz sein.", erklärte er und zuckte schief lächelnd mit den Schultern. "Gefällt's dir nicht?"

"Nicht wirklich", antwortete ich wahrheitsgemäß mit leiser Stimme.

"Mir auch nicht." Er winkte mir und verließ das Zimmer.
 

==================================
 

"Eine Augenklappe, ernsthaft?" Wieder betrachtete ich mich im Spiegel. Ich hatte eine klassische Augenklappe zum Schutz erhalten und sah nun damit aus wie ein Pirat. Allerdings war ich aus dem Alter raus, mich über sowas zu freuen.

Karyu sah mich schief lächelnd an. "Wenn es dir nicht gefällt, kann ich dir gern eine einfache Kompresse anlegen. Aber ich glaube nicht, dass das besser aussieht."

Ich neigte den Kopf und blinzelte ihn mit meinem gesunden Auge an. "Das könntest du hier tun?"

Er nickte. "Ja, ich hab hier zu Hause auch etwas zur Wundversorgung. Da wäre die Augenkompresse locker mit drin."

Ich seufzte tief. "Ach, ich vergess das lieber wieder. Es sieht beides schlimm aus. Ich bin hässlich und entstellt."

Nun musste er lachen. "Du bist nicht hässlich. Und entstellt warst du höchstens, als der Splitter noch in deinem Auge steckte. Mach dir keine Gedanken. Du siehst gut aus. Sehr sogar." Er betrachtete mich aus warmen Augen.

"Ich wünschte, ich könnte dasselbe über dich sagen."

"Aua..." Er wandte sich schmunzelnd von mir ab und ging in die Küche. "Das war gemein."

"So bin ich."
 

Letztendlich hatte ich mich doch dazu entschieden, für 2 Tage zu ihm zu gehen. Heute war ich entlassen worden und hatte bis abends gewartet, als Karyu Feierabend hatte. In einem schicken schwarzen Toyota waren wir zu ihm nach Hause gefahren. Die Wohnung war größer als seine vorherige in Tokyo. Sie war am Tage sehr hell, hatte er mir erzählt. Die Katzen konnten an schönen Tagen Sonnenbäder nehmen und er hatte immer optimales Licht für etwaigen Papierkram und für Recherchen.

"Ich würde dir ja ein Bier oder sowas anbieten, aber da du noch Tabletten nehmen musst...", murmelte er und warf mir einen entschuldigenden Blick zu.

Ich winkte ab. "Schon in Ordnung. Ich trink nicht mehr besonders viel. Aber du kannst dir natürlich gern dein Feierabend-Bier gönnen. Aber nur eines!", sagte ich schmunzelnd, woraufhin er nickte.

"Gut, danke. Zu gütig." Er öffnete die Kühlschrank und seufzte dann tief. "Oh...ich habe nicht besonders viel zu essen. Ich fürchte, ich werde noch schnell etwas kaufen müssen." Er sah zu mir auf. "Wäre es in Ordnung, wenn ich um die Ecke zum Konbini gehe? Lust auf groß einkaufen im Supermarkt habe ich gerade nicht."

"Karyu, es ist deine Wohnung, deine Stadt....mach was du willst."

Er lächelte schief. "Aber du bist mein Gast. Ich will dich nicht mit schlechten Manieren vergraulen."

"Wirst du schon nicht." Solange er nicht wieder betrunken über mich herfiel, war alles im grünen Bereich.

"Was möchtest du haben?"

"Bring mir einfach irgendein Reisbällchen mit und einen Nudelsalat. Das reicht mir für heute Abend."

"In Ordnung. Ich hab noch Wasser und Cola da, bedien dich. Ich bin in 10 Minuten zurück", versprach er mir.
 

Ich ging nicht mit, da ich allein von diesem Tag schon geschafft war. Auch wenn nicht viel passiert war. Ich hatte lediglich Entlassungspapiere unterschreiben müssen, dann hatte ich mich umgezogen, meine Tasche gepackt und auf karyu gewartet. Anschließend waren wir zu ihm nach Hause gefahren. Und nun saß ich hier. Vermutlich steckte mir die OP noch etwas in den Knochen.

Ich machte es mir auf der Ledercouch bequem und kuschelte mich in meinen Pullover ein. Jetzt hätte ich mir eine Tagesdecke gewünscht, wie ich sie zu Hause hatte. Hier in Sapporo war es kalt, aber von heizen schien man weniger zu halten.

Ich schloss die Augen und hoffte, dass die Katzen ruhig bleiben würden. Ich hatte nicht wirklich die Kraft, um auf sie aufzupassen und hinter ihnen her zu jagen, falls sie spielen wollten.
 

"Zero?"

"Hmn...ich bin da!" Mit einem Ruck saß ich aufrecht und blinzelte.

Karyu stand lächelnd neben mir. "Du bist eingeschlafen.."

"Hab nur ein bisschen gedöst..." Ich rieb mir über das gesunde Auge und unterdrückte ein Gähnen. "Hast du was zu essen bekommen?"

Er nickte und stellte die Tüte aus dem Konbini auf den Couchtisch. "Ein Thunfisch-Reisbällchen, Nudelsalat und einen Pudding für dich."

"Pudding?", hakte ich schmunzelnd nach. "Den hab ich doch aber gar nicht bestellt."

"Ein Extra, nur für dich.", erwiderte er grinsend und packte die Sachen aus.

Ich blinzelte mir den Schlaf aus den Augen und beugte mich vor. "Wie viel bekommst du von mir?"

Er wandte sich zu mir um und hob eine Augenbraue. "Zero, du bist krank. Du bist mein Gast. Ich nehme von dir bestimmt kein Geld", erwiderte er und lächelte leicht.

Ich seufzte. "Was anderes als Geld? Als Entschädigung?", fragte ich.

"Ja, halt einfach die Klappe und iss etwas." Er grinste mich an und setzte sich neben mich.

Ausnahmsweise erwiderte ich nichts, sondern schmunzelte nur und tat, was er mir befohlen hatte: ich begann zu essen. Wenn er das schon so liebevoll gekauft hatte.
 

---

Fortsetzung folgt

Bonuskapitel #2: Von Hähnchenflügeln, Küchenmessern und stundenlangem Fummeln

============================

Bonuskapitel

============================
 

Die ersten zwei, drei Stunden dieses Abends konnte ich mich nicht entscheiden, ob es merkwürdig war, wieder mit Karyu Zeit zu verbringen. Auch wenn es beinahe so war, als wären wir nie lange voneinander getrennt gewesen, so wusste ich ja, dass vier Jahre vergangen waren: wir hatten uns verändert, das hatten wir mit Sicherheit. Und doch hatte ich das Gefühl, dass alles wie damals war. Unser Humor war der gleiche, unsere Arten zu reden...unser ganzer Umgang miteinander hatte sich schnell wieder eingetaktet. Wir konnten frei und offen miteinander reden.
 

"Wie...wie ist es dir in der letzten Zeit ergangen?", erkundigte sich Karyu nach einer ganzen Weile zögerlich. Es war schon spät geworden und wir hatten uns sogar noch etwas zu Essen bestellt. Hähnchenflügel. Einen davon tunkte ich gerade in Barbecue-Soße.

Ich zuckte mit den Schultern. "Ich denke, der blöde Splitter in meinem Auge fasst die letzten Jahre passend zusammen", antwortete ich nur. Wir hatten uns in einem armseligen Zustand kennen gelernt, also brauchte ich nichts zu beschönigen. "Ich hab nichts auf die Reihe gekriegt.", fügte ich noch hinzu.

Schweigend betrachtete er mich für einen Moment. "Aber du hast doch deinen Hochschulabschluss geschafft. Du arbeitest jetzt in einem Verlag. Das ist doch gut."

Ich seufzte und nagte an meinem Hähnchenflügel, bevor ich zu einer Antwort ansetzte. "Ja, schon. Ich könnte natürlich auch mit meiner Katze unter der Brücke schlafen. Aber...außer der Arbeit erwartet mich eben nichts. Ich gehe bis nachmittags arbeiten, komme nach Hause, spiele mit der Katze und gehe einkaufen. Das ist mein Leben. Der Knaller."

"Und deine Kollegen?"

Ich schüttelte den Kopf. "Da ist einer verschrobener als der Andere. Unter einem Haufen Verrückter bin ich vergleichsweise normal. So normal, dass wir miteinander nichts anfangen können. Anfänglich haben sie mich noch eingeladen, mit ihnen ein Feierabend-Bier zu trinken, aber irgendwann...na ja, sie haben seltener gefragt und ich habe auch seltener zugesagt.", erzählte ich.

"Hmm.." Er senkte den Blick auf die Packung warmer Hähnchenflügel und nahm sich noch einen. "Also passiert bei dir nicht viel?"

"Richtig. Die letzten vier Jahre waren die spannendsten meines Lebens." Wie ich die bisher überstanden hatte, war mir ein Rätsel. "Und die Explosion im Supermarkt sollte es wohl aufpeppen. Kläglich gescheiterter Versuch."

"Findest du? Du bist doch jetzt bei mir. Ist das nicht spannend?"

Ich lächelte leicht. "Aber das ist doch keine Art. Die Umstände sind alles andere als nett."

"Das ist wahr." Karyu seufzte und sah mich so an. Ich erinnerte mich an den Blick. Dann war er immer kurz davor, mich in den Arm zu nehmen. Um mich aufzumuntern oder zu trösten. Aber diesmal tat er es nicht. Er zögerte und dann sah er beiseite. "Es tut mir leid, dass es so für dich läuft."

"Wahrscheinlich hätte es auch schlimmer kommen können...rede ich mir jedenfalls ein." Ich lächelte ihn schwach an. "Aber lass uns nicht mehr von mir sprechen. Wie sieht es bei dir aus? Es ist bestimmt eine Menge passiert. Neben deines Studiums."

Karyu nickte und lächelte leicht. "Ja, es war eine verrückte Zeit. Jetzt hat es sich etwas beruhigt, aber..." Er hob eine Schulter. "Na ja, ich mache 2 Mal im Jahr Urlaub mit meiner Familie. Eltern und Geschwister... Und im Sommer haben wir so unglaublich oft Grillpartys im Garten meiner Eltern. Sie haben ein Haus auf dem Land", erzählte er mir. "Diese Aussichten haben das studium für mich erträglich gemacht. Ich hab häufig daran gedacht, hinzuschmeißen. Es ist anstrengender als die Ausbildung in Tokyo gewesen. Assistenzarzt zu sein, ist zwar auch stressig, aber irgendwie... Insgesamt ist es ruhiger geworden. Regelmäßiger...schon komisch", murmelte er. "Nur ab und an gibt es so Fälle, da frage ich mich, wie ich das durchhalte." Er winkte ab und sah auf. "Genug davon. Ich denke lieber an den Urlaub und die Grillpartys."

Ich musste lachen. "das glaube ich dir sofort." Ich leckte mir über die Finger, wobei er mich beobachtete.

"Hast du einen Freund?"

Ich hob eine Augenbraue und sah ihn an. "Ich erzählte dir doch gerade, wie spannend mein Leben bisher gewesen ist."

"Also nein? Keinen gehabt?"

Ich seufzte. "Ich hatte seit der Oberschule keinen mehr. Haha, ja, witzig, jetzt müssen wir alle einmal lachen." Fragend sah Karyu mich an. Er lachte nicht. "Als meine Kollegen vor 2 Jahren darauf zu sprechen kamen und ich davon erzählte, meinten sie, das witzig zu finden."

"Oh..." Er schüttelte leicht den Kopf. "Das ist ja fies."

"Ich sag ja, sie sind etwas verschroben. Manchmal wie Grundschüler.." Ich zuckte mit den Schultern. "Kein Wunder, dass ich denen nichts mehr erzähle. Aber es interessiert sie ja auch nicht wirklich."

Ich hob die Hand, weil mein Auge juckte, aber dann fiel mir die Warnung ein: das operierte Auge durfte ich unter keinen Umständen anfassen! Frustriert ließ ich die Hand wieder sinken und warf Karyu einen Blick zu, der nachdenklich neben mir sitzen blieb. "Und was ist mit deinem Liebesleben?" Irgendwie hatte ich Angst, dass er mich nun anstrahlen und mir Fotos seines Lovers zeigen würde.

Doch Karyu neigte nur langsam den Kopf. "Na ja...da war dieser IT-Typ, den mir meine Freunde vor 2 Jahren vorgestellt haben. Er sah unverschämt gut aus, war witzig...und er war eindeutig an mir interessiert. Ich hab...ein bisschen mit ihm rumgemacht, aber es ist nie etwas daraus geworden."

Interessiert betrachtete ich ihn. "Ja, und warum nicht?"

"Sein Charakter war scheiße. Er war zwar witzig, aber oft auf Kosten Anderer. Seine Schadenfreude kannte keine Grenzen und er war egoistisch." Er seufzte. "Wahrscheinlich hab ich mich bloß auf ihn eingelassen, weil ich mich allein gefühlt habe...weil ich jemanden an meiner Seite brauchte." er sah mich an. "Ich wollte dich aus meinen Gedanken verdrängen und für jemand Anderen offen sein. Vielleicht war ich deshalb so verzweifelt und hab es mit dem Kerl versucht. Ein Schuss in den Ofen. Ich war froh, als er wieder aus unserem Freundeskreis verschwand." Er rollte bei der Erinnerung an ihn mit den Augen.

Ich für meinen Teil hatte leicht die Augenbrauen in die Höhe gezogen. "Und seitdem lief nichts mehr?"

Er zuckte mit den Schultern. "Na ja, als ich im ersten Jahr der Assistenz war, haben mir mal ein paar Anfängerinnen schöne Augen gemacht. Aber ich..ich steh ja nicht so auf Frauen."

"Hmm.", machte ich nur, während er abwesend nickte. Jetzt hatten wir das also geklärt. In unserem Liebesleben war nach wie vor nicht viel passiert. In meinem Fall gab es nicht mal eins. Ich nagte an meiner Unterlippe. "Also...ist das eigentlich immer noch so? Was du damals zu mir gesagt hast. Als du dich verabschiedet hast?" Ich spielte auf unsere letzte Begegnung an, wo er mich auf dem Heimweg abgefangen hatte und mir schlussendlich ins Ohr geflüstert hatte, dass er mich nie vergessen werde - und mich liebte.

Ob er das noch wusste?

"Mhh..." Karyu rutschte etwas vor und betrachtete die zwei restlichen Hähnchenflügel, dann wandte er mir den Blick zu. "Ist abgeschwächt, aber noch da."

Unsicher knabberte ich weiter auf meiner Unterlippe. Ich hätte das besser nicht fragen sollen. Das wirkte doch etwas merkwürdig. Karyu lächelte mich an. "Ich habe dir ja gesagt, ich würde dich nicht vergessen. Du siehst immer noch so aus wie damals.." er hob eine Hand und strich mir eine blonde Strähne hinter das Ohr. "Ich hab ja jetzt wohl jegliche Chance bei dir verloren, sofern ich überhaupt noch eine gehabt habe - mit diesen Haaren..." Er zwirbelte eine schwarze Strähne um seinen Finger und betrachtete diese kritisch, weswegen ich schmunzeln musste.

"Hältst du mich für so oberflächlich?" Er hob nur eine Schulter, dann seufzte ich leise und senkte den Blick. "Über Chancen zu sprechen, ist doch aber sowieso für die Katz. Wir leben...wie weit voneinander entfernt? 1000 Kilometer? Oder mehr? Auf jeden Fall zu viel."

"Ich sag ja, zieh hierher. Das ist sicher besser als in Tokyo zu bleiben, wo dich dein Leben langweilt.", meinte er.

"Ist einfach, sowas zu sagen, wenn man schon hier wohnt und Arbeit hat."

"Nein, es ist einfach, sowas zu sagen, weil ich weiß, was du vor dir haben würdest - und weil ich weiß, dass du es locker schaffen kannst. Es wäre für dich nicht schwierig, dir hier ein Leben aufzubauen", war er sich sicher und sah mich eindringlich an. "Ich weiß, wie du es mit der Katze sicher herschaffst. Ich weiß, wie du an einen guten Job und eine gute Wohnung hier kommst. Der Umzug wäre kein Problem und es wäre mir eine Freude, dir dabei zu helfen."

Er schien wirklich zuversichtlich zu sein und darauf zu bestehen. Ich gab einen unwilligen Laut von mir. "Toll, dann bin ich hier, und? Du bist Assistenzarzt. Du hast keine Zeit für mich. Und hier ist es kalt. Fast das ganze Jahr über. Dann bin ich nicht nur allein, sondern friere auch noch."

Karyu seufzte tief. "Du kannst dir was Warmes anziehen, das soll helfen. Außerdem wird die globale Erwärmung dir schon in die Hände spielen", sagte er mit einem schiefen Lächeln. "Und was mich angeht: ja, ich bin Assistenzarzt, aber hast du dir das Krankenhaus mal angesehen? Es ist vergleichsweise klein. Ich mache meistens pünktlich Schluss und habe häufig die Tagesschichten. Einmal in der Woche habe ich frei. Das ist...das ist wirklich gut. Wir würden uns sicher oft sehen können. Denk darüber nach. Es wäre bestimmt das beste für dich. Und ich würde mich wahnsinnig freuen, dich endlich wieder bei mir zu haben! Du weißt gar nicht, wie sehr du mir gefehlt hast, Zero", fügte er leise hinzu.

Ein zaghaftes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Gegen meinen Willen machte er mir Mut und Hoffnung. Gegen meinen Willen, denn was, wenn diese Hoffnung doch enttäuscht wurde? "Weißt du, viele meiner Kollegen sind der Ansicht, sie könnten nur mit einem anderen Arzt oder Mediziner zusammen sein, denn nur wir selbst wissen eben genau, wie unser Alltag aussieht. Der Stress, der emotionale Druck, das Lernumfang... Nicht-Mediziner können uns nicht verstehen und sind befremdet. Viele Beziehungen sind schon wegen des unterschiedlichen Berufs und Anspruchs gescheitert. Ich kann die Meinung meiner Kollegen ja auch verstehen, aber was mich angeht... Mir ist es wichtig, jemand um mich zu haben, der eben NICHT die gleichen Probleme hat. Ich will auch mal von etwas anderem erfahren als von der Medizin. ...aaach...", machte er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. "Ich kann das nicht erklären. Ich kann nicht vernünftig ausdrücken, was ich meine und wie ich mich fühle. Es tut mir leid." Er sah mich niedergeschlagen an, doch ich schüttelte leicht den Kopf. "Ist schon in Ordnung, ich glaube, ich weiß, was du sagen willst", meinte ich und lächelte leicht. "Du brauchst mich."

"Ganz genau." Er erwiderte mein Lächeln sanft.

Dann lehnte er sich zurück. "Ich hab gedacht, ich würde dich nicht wiedersehen.", sagte er leise, woraufhin ich den Blick senkte und kaum wahrnehmbar nickte.

"Ja, das habe ich auch befürchtet." Ich biss mir auf die Unterlippe, überlegte, ob ich das Folgende wirklich sagen sollte. Ich tat es nach ein paar Sekunden. "Ich hatte zwar deine Adresse und deine Handynummer, aber...irgendwann dachte ich, dass du vielleicht eine neue Nummer hättest, ein neues Handy... Und selbst wenn nicht, und ich melde mich plötzlich nach Monaten, nach Jahren - vielleicht wärst du wütend auf mich oder hättest mich schon vergessen", gab ich leise zu, woraufhin Karyu mich ansah.

"Ich habe dir doch aber gesagt, dass ich dich nicht vergessen würde."

"Schon...", brummelte ich, "aber es gibt ja auch ein negatives Nicht-vergessen-können."

Meine Worte zauberten ein leichtes Lächeln auf seine Lippen. "Warum sollte ich sauer auf dich sein? Du hast mir nichts getan. Ich mag dich nach wie vor und du hast mir sehr gefehlt."

Lautlos seufzte ich. "Ich hab dich auch vermisst...", gab ich leise zu. Und dennoch hatte ich mich nicht bei ihm gemeldet. Mein Stolz oder meine Unsicherheit hatten mir das nicht gestattet. Oder beides.
 

Karyu stand auf und ging zur Schiebetür seines Balkons. Er hatte einen recht großen, auf den auch die Katzen raus durften. Er öffnete die Tür und zündete sich eine Zigarette an. "Ich glaube, wir sollten über etwas sprechen, was wir damals nicht getan haben." Er warf mir einen Blick zu, während die Mädchen um seine Beine strichen und sich hinaus wagten.

Ich schrumpfte unter seinem Blick zusammen, da ich schon ahnte, was er wollte. "Ich hatte das Gefühl, dass nach diesem Tag, an dem ich meine Prüfung hatte, alles anders war. Du hast zwar versucht, normal mit mir umzugehen, aber das hat nicht geklappt. Du warst nicht mehr so gelassen. Du schienst konsequent nachzudenken, wenn du in meiner Nähe warst, und das hat mich natürlich auch verunsichert." Er seufzte und nahm einen langen Zug von seiner Zigarette, schüttelte leicht den Kopf. "Unsere letzten Tage zusammen hätten nicht so laufen müssen. Wir hätten gleich am Morgen danach darüber reden müssen, aber du hast komplett abgeblockt... Zu sehr drängen wollte ich dich auch nicht. Ich wusste ja nicht, was ich eigentlich getan hatte. Ich musste es mir selbst zusammen reimen und in meiner Vorstellung..." Er pfiff leise. "In meiner Vorstellung hab ich mir etwas ausgemalt, was mich zutiefst beschämt hat."

Ich bekam große Augen und machte den Mund auf. "Das, ich....also...", begann ich, woraufhin er mich abwartend ansah. "Das war so..." Ich sackte zusammen. "Ich war sauer, weil du mich ignoriert hattest. Gerade als ich schlafen gehen wollte, und schon überlegt habe, ob ich am nächsten Tag die Polizei informieren muss, tauchst du bei mir auf. Sturzbesoffen. Und du hast dich an mich rangemacht. Du hast mich geküsst, mich gegen die Wand gedrückt und mich vollgelallt, wie sehr du mich lieben und mich wollen würdest. Ich hab mich gewehrt und nein gesagt...ich hab dich abgewiesen, aber du hast mir nicht zugehört. Du hast dich nicht abbringen lassen und mich ins Schlafzimmer gezogen. Nicht einmal die Tür zum Flur hast du mich schließen lassen..." Es war ein Glück, dass die Katze nicht weg gelaufen war. Ich riskierte einen Blick zu Karyu, und wie befürchtet starrte er mich traurig und mitgenommen an. Ich sah schon die nächste Entschuldigung kommen. "Mh, ja, und dann..." Ich sah wieder zu Boden, als ich fort fuhr. "Dann hast du mich aufs Bett gezerrt und wolltest mich ausziehen. Ich hab mich gewehrt und gesagt, dass du so nur alles kaputt machen würdest. Da hast du endlich inne gehalten und mich los gelassen. Du hast gemeint, es täte dir leid - und dann hast du mich geküsst. Ich hätte dich in dem Moment fortstoßen können, aber...ich habe es nicht getan", erzählte ich stockend. "Und das hat wohl die nächste Zeit an mir genagt. Wir hatten Sex, obwohl ich es schlussendlich doch hätte verhindern können. Ich hab mich selbst nicht verstanden."

Mittlerweile sah Karyu ein wenig erleichterter aus. Vermutlich war er die ganze Zeit davon ausgegangen, dass er mich zum Sex gezwungen hätte - doch ganz so hatte es sich ja nicht verhalten.
 

Ein angedeutetes, schiefes Lächeln legte sich auf seine Lippen, während er die nur halb aufgerauchte Zigarette in einem Aschenbecher ausdrückte und sich ganz zu mir umwandte. "Ich glaube, du warst damals noch nicht soweit", meinte er leise und kam langsam auf mich zu. Verwirrt runzelte ich die Stirn. "Dir die Antwort auf die Frage einzugestehen, warum du dich nicht wirklich bis zum Ende gewehrt hast." Ich sah beiseite, während er sich wieder neben mich setzte. "Ich weiß nicht, warum du so ein Problem mit deinen Gefühlen hast."

"Ich habe kein Problem mit-...", setzte ich an, doch er fuhr mir dazwischen.

"Du redest nicht über sie. Du sagst mir vielleicht, was du denkst, aber selten, was du fühlst. Ich habe das akzeptiert und wollte es nicht zu weit treiben, ich wollte dich nicht drängen. Aber vielleicht war es das Falsche...gerade nach dieser Nacht. Wir wären dann sicher eher in Kontakt geblieben."

"Vielleicht.", murmelte ich nur. Mir gefiel die Richtung, in die das Gespräch ging, nicht so ganz.

"Aber ich denke, du bist jetzt soweit. Du hast mir endlich erzählt was passiert ist, ohne dass ich dir das aus der Nase ziehen musste", meinte er und lächelte sanft. "Ich bin dir nicht böse. Du bist wie du bist...und...es ist eben etwas unglücklich gelaufen. Daran bin ich mitschuld. Aber jetzt bist du hier und wir haben dazu gelernt. Oder nicht?"

Ich hob nur die Schultern. Ich war wieder dabei, mich zurück ziehen.

Hatte ich wirklich dazu gelernt...?
 

Karyu legte unvermittelt eine Hand auf meine. "Ich bin immer noch in dich verliebt. Ich bitte dich, zieh hierher." Gegen meinen Willen wurde ich rot und sah auf unsere Hände. "Du magst mich doch genauso, oder nicht?" Er lächelte mich leicht an, während ich es vorzog, weiterhin zu schweigen. "Du bist komisch. Du magst mich, du vermisst mich, aber du konntest dich trotzdem nicht melden. Als ob es schlimm wäre in mich verliebt zu sein." Das Rot meines Gesichts wurde kräftiger. "Du bist komisch“, wiederholte er, „aber ich ich mag dich trotzdem. Oder genau deswegen." Lächelnd drückte er meine Hand. Erst einmal hatte er mich so bedrängt, es so darauf angelegt, dass ich etwas Konkretes erwiderte oder antwortete. "Ich will dich nicht wieder vermissen müssen oder darauf hoffen, dass du dich bei mir meldest.", fügte er leise hinzu und sah mich traurig an. "Ich verstehe dich, ich verstehe, was in dir vorgeht, und umgekehrt ist es auch so. Wir verstehen uns gegenseitig besser, als andere es könnten. Das ist nach wie vor so, hast du nicht auch das Gefühl?" Er lächelte mich hoffnungsfroh an.

Ich nickte vage. "Ja, wahrscheinlich schon." Ich hob den Blick nicht. Karyu versuchte, mich zu überreden. Zu überreden, hierher zu ziehen, aber vor allem, ihm zu sagen, dass ich verliebt war. Aber das wollte mir einfach nicht über die Lippen kommen. Es fiel so schwer, ich fühlte mich unwohl.

Karyu ließ meine Hand nicht los. "Willst du wieder zurück nach Tokyo? Ich meine, dort weiter leben wie bisher?"

Besonders lange musste ich da nicht überlegen. Ich schüttelte den Kopf und sah auf. "Nein, will ich eigentlich nicht, wenn ich ehrlich bin." Ich seufzte tief. "Du brauchst mir nicht unter die Nase zu reiben, dass ich dort allein bin und niemanden habe..."

"Nein, darum geht es nicht direkt", erwiderte er ruhig und blickte mich an. "Es geht darum, dass du theoretisch die gleichen Möglichkeiten hier wie dort hast, aber hier...bin ich." Er lächelte. "Und ich bin unersetzbar."

Ein leichtes Schmunzeln schlich sich auf meine Lippen. "Ja, das bist du." Mein Blick senkte sich auf unsere Hände. "Aber du hast ihr schon deine Freunde. Deine Familie und Leben. Und dann komme ich von außen dazu? Ich weiß nicht... Ich..wäre doch nur das fünfte Rad am Wagen."

Karyu grummelte und verdrehte die Augen. "Zero! Stell dich nicht dümmer als du bist! Ich sagte, ich..." Er atmete durch. "Ich liebe dich, wie oft willst du das noch hören? Du wärst nicht nur einer meiner Freunde, verstehst du das nicht? Was soll ich noch tun? Auf dem Boden vor dir niederknien, damit du dich endlich entscheidest, hierher zu kommen? Ich verlange nicht, dass du mit mir zusammen ziehst oder mich heiratest, ich will dich nur wieder in meiner Nähe wissen." Während ich ihn ein wenig überrascht über den Ausbruch ansah, ließ er die Schultern hängen. "Bei dir ist echt Hopfen und Malz verloren. Ich schicke dir gern auch einen schriftlichen Antrag, in dem ich noch mal alles genau erkläre, vielleicht verstehst du es dann und kannst darauf antworten. Ich-..."

Er verstummte, als ich mich zu ihm beugte und ihm einen keuschen Kuss auf die Lippen gab. "Halt endlich die Klappe..", murmelte ich und schmiegte mich an seine Schulter. Tatsächlich sagte er endlich einmal gar nichts. Für einen Moment verharrte er, dann legte er einen Arm um mich. Ich wusste, dass ihm jetzt der eine oder andere spruch auf der Zunge lag, aber er hütete sich davor, sie jetzt zum Besten zu geben. Vermutlich hob er sich die für später auf.

"Du redest zu viel", stellte ich leise fest. "Und ich bin darin nicht so gut. Also im Reden. Aber dafür im Zuhören..."

Er schnaubte amüsiert und gab einen zustimmenden Laut von sich. Gut so, denn er sollte ja mal für einen Moment ruhig sein. Ich kuschelte mich etwas dichter an ihn und legte eine Hand auf seine Brust. Ihm bewusst näher zu kommen, diese Nähe auch zuzulassen, war weniger schwer als ich es mir vorgestellt hatte.

Er hielt mich sanft an sich gedrückt und streichelte leicht über meine Schulter. Wir saßen vertraut beieinander, als würden wir es jeden Abend tun. Und es fühlte sich doch ziemlich gut an.

Nach einer Weile räusperte Karyu sich vorsichtig. "Ja?", machte ich leise.

"Heißt das jetzt, dass du umziehst?"

"...meinetwegen", seufzte ich.

"Das klingt enthusiastisch."

"Na ja...es wird anstrengend. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll..."

"Ich helfe dir", erwiderte er lächelnd. "Zusammen schaffen wir das. Es wird einfacher, als du denkst."

Ich nickte leicht. "Das hoffe ich..." Beinahe fielen mir die Augen zu. Pardon, DAS Auge.

"Sag mal..." Karyus Finger strichen sanft über meinen Hals, dann ließ er mich los und lehnte sich zurück um mich anzusehen. Ich wusste was kommen würde. "Bei deiner Post-OP ist mir etwas aufgefallen. Die helle, verblasste Narbe an deinem Hals. Was ist da passiert?"

Ich schlug den Blick nieder. "Ich glaube nicht, dass das jetzt noch von medizinischer Bedeutung ist, oder?"

"Ist es nicht, aber ich wüsste es dennoch gerne", erwiderte er mit ernster Stimme.

Ich holte tief Luft, sah ihn bewusst nicht an. "Das...kommt von einem Messer. Einem Küchenmesser. Damit habe ich versucht, mir die Halsschlagader aufzuschneiden, aber...ich hab sie verfehlt und auch nicht tief genug geschnitten." Ich machte eine kurze Pause. "Ich bin also ziemlich langsam verblutet und als ich gemerkt habe, dass der Tod nicht wie er sollte, in Sekunden eintrat, habe ich irgendwie die Wohnungstür aufbekommen, da ich sowieso im Flur saß. Die Kraft, noch mal zu schneiden, hatte ich nicht. Ich bin auf dem Fußabtreter bewusstlos geworden und einer meiner Nachbarn hat mich am Morgen gefunden. Ich wäre wohl erst 24 Stunden später wirklich gestorben. Der Notarzt kam und im Krankenhaus haben sie mich wieder zusammen geflickt. Daher... Daher kommt diese Narbe", erzählte ich ruhig und hob langsam den Blick.

Karyu starrte mich vollkommen entgeistert an. "Das. Das..." Er räusperte sich. "Das ist ein Scherz."

Seufzend stand ich auf, während ich die Zigarettenschachtel auf dem Couchtisch ergriff.

Ich fummelte mir eine Kippe heraus und ging zur noch immer geöffneten Balkontür, wo ich sie mir anzündete. Von den Katzen war keine Spur zu sehen. "Ich fürchte, das ist die Wahrheit", erwiderte ich und zog langsam an dem Glimmstängel, stieß den Rauch in die kühle Nachtluft hinaus.

Karyu blieb für einige lange Sekunden sitzen, dann stand er mit gerunzelter Stirn auf und sah mich an. "Was hast du dir denn dabei nur gedacht?"

Ich schnaubte. "Nicht besonders viel. Nun frag mich nicht, warum ich das gemacht habe. Ich dachte, du verstehst mich so gut."

Er blinzelte. "Die Rede war nie davon, aufzugeben."

Ich hob die Augenbrauen. "Aufzugeben? Ich hatte schon lange aufgegeben, habe aber weiter gemacht. Ich hab mich irgendwie durchs Leben gewunden, aber irgendwann ist mir bewusst geworden, dass das so doch keinen Sinn hat. Und dann hatte ich einen schwachen Moment. Den hat jeder mal. Bei mir war es eben ein besonders schlechter Zeitpunkt, weil ich so viele negative Gedanken hatte." Karyu baute sich bedrohlich vor mir auf, weswegen ich seufzte. "Hör mal, das ist jetzt schon 2 Jahre her, ok? Ich habe danach so etwas nie wieder versucht. Es ist Gras darüber gewachsen."

"Es war meinetwegen, oder?", wollte er wissen. Seine Stimme klang hohl.

"Nein, es war nicht deinetwegen", widersprach ich ihm. "Du warst schon sehr lange weg." Natürlich hatte es zumindest entfernt etwas mit ihm zu tun gehabt, das wussten wir sicher beide. Aber ich wollte Karyu kein schlechtes Gewissen bereiten. Es war schon grenzwertig gewesen, es ihm überhaupt zu sagen, doch er hatte ja darauf bestanden. "Es ist abgehakt. Was willst du da jetzt noch diskutieren? Es ist Vergangenheit, also sieh mich nicht so an."

Er öffnete den Mund, sah mich hilflos an, machte den Mund wieder zu und schnaubte, bevor er die schultern hängen ließ. Ich zog ein letztes Mal an meiner Zigarette und drückte sie schließlich im Aschenbecher aus. Milde betrachtete ich ihn. "Mach dich locker. Ich habe dir ruhig davon erzählt. Ich habe dir die Wahrheit gesagt, ohne zu zetern oder zu stottern. Ich habe damit abgeschlossen, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen. und vor allem keine Vorwürfe oder ähnliches!", stellte ich klar, woraufhin er mich für kurze Zeit zweifelnd ansah, dann seufzte er tief und zog mich in seine Arme. Und zwar ganz fest. So fest, dass ich daran zweifelte, dass er mich in den nächsten Stunden wieder los lassen würde.

"Karyu...ich brauche...lass mich...ich muss atmen..", stieß ich hervor und rang erleichtert nach Luft, als der Blondschopf mich tatsächlich losließ. "Danke."

"Entschuldige", murmelte er, wartete, bis ich wieder normal atmete und schlang erneut die Arme um mich. Diesmal hielt er mich nicht ganz so fest, sodass ich ohne zu murren in seiner Umarmung verharrte.

"Zero...", meinte Karyu nach einiger Zeit, "das ist der Moment, in dem du die Umarmung erwiderst."

"Oh..." Ich lächelte schief und legte die Arme um seine Mitte. "Du bist dünn."

"Hm?" Er lehnte sich etwas zurück und sah mich an. "Das ist aber nicht nett, so was zu sagen."

Ich schnaubte. "Das ist nur die Wahrheit!"

Karyu grummelte. "Ich bin nicht dünn. Ich bin schlank."

"Ist das nicht dasselbe?" Darauf antwortete Karyu mir schon nicht mehr. Er ließ mich los und schloss die Balkontür. Mittlerweile war es doch schon recht kühl geworden.

"Du bist unverschämt", ließ er mich wissen.

"Nur ehrlich", widersprach ich. "Wenn ich mit dir Hungerhaken jetzt zusammen komme, möchte ich die nächsten jahre noch etwas von dir haben."

Er warf mir einen undefinierbaren Blick zu, aus dem ich nicht ganz schlau wurde. War er nun wirklich beleidigt, oder war er überrascht, oder was ganz anderes? Er wuschelte mir durch die blonden Haare und lächelte plötzlich, dann hob er mein Kinn mit den Fingern an und küsste mich lange. Ich wurde ein wenig rot, ließ ihn aber machen.
 

"Haben wir jetzt genug geredet?", wollte ich schließlich leise wissen, als ich mich ein paar Zentimeter von ihm löste und den Blick hob um ihm in die Augen sehen zu können.

Karyu lächelte mich amüsiert an. "Ja, haben wir. Du bist sicher müde. Das bin ich auch", meinte er, als ich nickte. "Lass uns schlafen gehen."

Er nahm meine Hand, aber ich blieb stehen. "Wo schlaf ich denn?", wollte ich wissen, woraufhin er lachte.

"Du bist süß, ehrlich." Er zog mich sanft mit sich, ohne sofort zu antworten. Amüsiert schob er mich in sein Schlafzimmer. "Du schläfst bei mir im Bett. Ok?"

"Mh..ok", gab ich nach und betrachtete das Zimmer. Es war zwar spärlich eingerichtet, wirkte aber dennoch freundlich und heimelig. Das Bett war nicht das größte, aber wir zwei passten da rein - vor allem der Hungerhaken. Da machte ich mir keine Sorgen.

"Mehr Begeisterung bitte", gluckste er. "Du kannst jetzt gern ins Bad gehen."

Ich nickte nur und ging in den Flur, wo noch meine Reisetasche stand. Dort wühlte ich meine Schlafkleidung hervor und verzog mich ins Bad. Ich betrachtete mich für einen Moment im Spiegel, dann öffnete ich noch mal die Tür und steckte den Kopf in den Flur. "Karyu, darf ich duschen gehen?", rief ich ihm zu. Ich musste schon in den Klamotten schlafen, die ich bereits im Krankenhaus nach der OP getragen hatte - es roch dementsprechend nach Krankenhaus. Da wollte ich wenigstens duschen, um mich ein bisschen frisch zu fühlen.

"Ja sicher! Mach nur", rief Karyu gleich zurück, sodass ich erleichtert die Tür wieder schließen und mich unter die Dusche stellen konnte.

An Duschgel und Shampoo hatte ich natürlich nicht gedacht, ich hatte es nicht mal einpacken lassen können in Tokyo, daher griff ich nach kurzem Zögern zu Karyus. Das Shampoo hatte überraschenderweise etwas Blumiges an sich. Es roch aber nicht schlecht.

Neugierig schnupperte ich wenig später an dem Duschgel. Mhhh... Darin hätte ich baden können. Gewissenhaft seifte ich mich damit ein.
 

15 Minuten später verließ ich frisch geduscht, Zähne geputzt und Haare halbwegs gekämmt das Badezimmer. Seufzend suchte ich Karyu auf, der im Bett lümmelte. "Jetzt fühle ich mich fast schon wieder wie ein Mensch."

Als er mich sah, setzte er sich auf. "Fast?"

"Mein T-Shirt riecht nach Desinfektionsmittel...oder nach alten Menschen...oder nach beidem." Ich verzog das Gesicht, während er die Augenbrauen hob, dann zog er mich zu sich ans Bett und schnüffelte am Stoff. "Oh.. Ja, das ist der Geruch des Krankenhauses." Er sah zu mir auf. "Zieh dir was von mir an, ok?" Lächelnd stand er auf und durchsuchte seinen Kleiderschrank. "Hier..." Er warf mir einen kurzen Blick zu und gab mir ein schwarzes T-Shirt mit einem roten Aufdruck, dann griff er nochmal hinein und reichte mir eine graue Shorts. "Ok?"

Ich hob die Schultern. "Denke schon?"

Er nickte und verabschiedete sich kurz ins Bad, was mir Gelegenheit gab, mich umzuziehen. Ich fühlte mich ein bisschen wie ein Sack Kartoffeln, weil mir das Oberteil zu groß war. Dass mir die Unterwäsche nicht von den Hüften rutschte, war auch so ein Wunder... Ich schlüpfte unter die Bettdecke und hoffte, dass mir des Nachts die Shorts nicht abhanden kommen würde.

Ich schloss die Augen und machte es mir gemütlich, begann sogar schon zu dösen, auch wenn das Licht noch an war.

Daher schreckte ich leise hoch, als Karyu plötzlich neben mir lag und leise meinen Namen sagte. Ich blinzelte ihn an, während er mich angrinste. Er schnupperte an mir. "Du riechst nach mir...", murmelte er und zupfte an dem Shirt, das ich trug, schnurrte leise, bevor er das Gesicht in meinem Haar vergrub. Er war mir so unglaublich nahe, aber es war angenehm. Es störte mich nicht, und das war bisher sehr selten vorgekommen, dass ich mit Nähe umgehen konnte. Ich war sie eben einfach nicht gewohnt.

"Du siehst heiß aus in meinen Sachen", meinte er und grinste mich an, weswegen ich ein wenig rot wurde. "Mach ich dich nervös?"

"Nein...", brummte ich. "Deine Sprüche sind nur abgedroschen."

"Sind sie nicht. Ich mache dich nur verlegen." Er gluckste leise und schnupperte wieder. "Du riechst aber nun mal so verführerisch und dann stehen dir meine Sachen auch noch so gut..." Er seufzte theatralisch.

Ich musste lächeln und drückte ihm spontan einen Kuss auf die Lippen. "Ich sehe nicht heiß aus", meinte ich dann schließlich und deutete auf mein Gesicht. "Ich trage eine Augenklappe."

Grinsend kniff er mir in die Wange. "Du siehst aus wie ein Pirat. So richtig gefährlich!" Er schnurrte, doch ich boxte ihm sanft gegen die Schulter. "Piraten sind unerotisch", erwiderte ich nur und drehte mich auf den Rücken. Tatsächlich fühlte ich mich mit dieser Augenklappe nicht besonders attraktiv.

Ich spürte Karyus Hand auf meiner Schulter. "Mich stört deine Augenklappe nicht. Ich bin Arzt. Ich habe schon ganz andere Dinge gesehen. Du siehst scharf aus und riechst nach mir, da bemerke ich deine Augenklappe gar nicht", sagte er lächelnd.

Ich warf ihm einen Seitenblick zu. Er hatte mich überzeugt. "Du bist ein Charmeur."

"Gut erkannt." Er stützte sich auf den Unterarm und gab mir einen kleinen Kuss, bevor er das Licht löschte.

"Deine Katzen?", fragte ich leise, während die Decke raschelte.

"Ich hab sie eben noch in der Küche gesehen. Sie werden sicher gleich schlafen, denke ich. Hierher trauen sie sich wahrscheinlich nicht, aber sie haben ja Schlafplätze im Wohnzimmer", antwortete er.

"Ok..." Nicht, dass wir sie auf dem Balkon vergessen hatten. Ich hatte nicht mehr auf sie geachtet.

Ich drehte mich zu ihm auf die Seite und kugelte mich ein, betrachtete Karyus Silouhette im Halbdunkel. "Oh, Moment", murmelte er unvermittelt und es kam noch mal Bewegung in ihn. Seine Hand tastete sich über meinen Körper, dann stützte er sich neben mir ab und beugte sich über mich. Ich hörte es klappern. "Der Wecker ist noch an. Um 5 Uhr wollen wir sicher nicht aufstehen. Das sind nur noch viereinhalb Stunden hin...", murmelte er und gluckste leise.

"Wow...da musst du aber früh aufstehen.", meinte ich.

"Ach, na ja. Bei uns Ärzten gibt es keine verrückten Zeiten zum Aufstehen oder schlafen gehen. Da ist alles normal", erwiderte er mit einem Schmunzeln in der Stimme.

Ich seufzte. "Du hast echt ein härteres Leben als früher."

"Hm..vielleicht ein bisschen. Aber mal früher aufzustehen, macht mir nicht viel aus. Ich bin glücklich."

Ich lächelte. "Das ist das Wichtigste", meinte ich leise.

"Vor allem jetzt, wo du hier bist. Und neben mir liegst. Und ich dir einen Kuss geben kann." Mittlerweile hatte ich mich ans Halbdunkel gewöhnt und sah, wie er grinste, bevor er mich küsste. Ich dachte, es würde nur ein kleiner Gute-Nacht-Kuss sein, aber die weichen Lippen verharrten länger auf meinen, bewegten sich sanft dagegen.

Zögerlich erwiderte ich den Kuss. Mir war, als fühlte es sich anders an, weil wir ja irgendwie zusammen waren. Im Gegensatz zum letzten Mal, wo wir wirklich geknutscht hatten, was nun auch schon 4 Jahre zurück lag, war ich jetzt nervös. So ein bisschen. Dabei ging es nur ums Küssen...
 

Karyus Zungenspitze strich flüchtig über meine Unterlippe, dann sah er jedoch auf. Ob er bemerkt hatte, dass ich etwas zaghaft war? "Ist das zu viel?", fragte er leise gegen meine Lippen.

Ich antwortete nicht sofort, sondern hielt für einen Moment inne, aber dann gab ich einen verneinenden Laut von mir und hob die Hand, um sie in dem schwarzen Haar zu vergraben. Ich zog ihn wieder dichter und küsste ihn sanft, öffnete dabei leicht meine Lippen. Er verstand die Einladung und ließ seine Zunge in meinen Mund gleiten. Es war kein stürmischer Kuss, Karyu war behutsam, aber ich konnte dennoch spüren, dass er gierig nach mehr war.

Ich lächelte in mich hinein, genoss aber vorerst noch den ruhigen Moment, den ruhigen Kuss. Momentan war das doch sehr angenehm so. Ich begrüßte die fremde Zunge in meinem Mund, leckte leicht darüber und stupste sie verspielt an. Auch wenn ich das Zeitgefühl verlor, glaubte ich, dass dieser Kuss sehr lange andauerte. Es fühlte sich zu gut an, um damit einfach aufzuhören. Es war anders, als es noch beim letzten Mal gewesen war. Sicher war es ein Unterschied, da keiner von uns betrunken war. Aber da war noch etwas. Etwas, was dieses Beisammensein leichter machte. Leichter für mich, denn ich mochte eigentlich meinen Freiraum und fühlte mich unwohl, wenn mir jemand zu nah kam.

Irgendwann, nach undefinierbar vielen Minuten löste sich Karyu keuchend von mir und atmete schwer gegen meine Lippen. "Du hast Ausdauer", murmelte er, woraufhin meine Augen etwas größer wurden.

"Ist das schlecht?"

Er schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, überhaupt nicht." Er fing meine Lippen wieder ein, stützte sich auf den Unterarmen neben mir ab, während ich eine Hand auf seinen Rücken legte und ihn eng an mich drückte. Langsam ließ er sich zwischen meine Beine sinken. Unser Kuss wurde leidenschaftlicher, Karyu legte seine Vorsicht und ich meine Unsicherheit Stück für Stück ab.

Die nächste Pause, um Luft zu holen, nutzend, drehte ich mich mit ihm auf die Seite, schob dabei mutig eine Hand unter sein T-Shirt. Die Haut unter meinen Fingern fühlte sich wunderbar warm und weich an. Karyu seufzte leise auf und drehte sich auf den Rücken, bevor er mich über sich zog. Leise keuchend drückte ich ihm meine Lippen auf, während meine Hand eher schüchtern seinen Oberkörper erkundete.

Wieder dauerte unser Kuss lange an und ich war so vertieft darin, dass meine Finger schon bald auf Karyus warmer Haut ruhten, anstatt weiter darüber zu streichen.
 

Irgendwann spürte ich, wie Karyu zu grinsen begann. "Du kannst mir das Shirt auch ausziehen.. Das macht's einfacher, mich zu berühren.", meinte er mit einem Schmunzeln in der Stimme.

Ich wurde rot und grummelte gegen seine Lippen. "Wer sagt denn, dass ich dich berühren will?"

Das brachte ihn zum Lachen. Natürlich. "Das sagt deine Hand, die sich schon vor einer Weile unter mein Shirt geschlichen hat.", erwiderte er amüsiert und ließ seine Finger über meine Wange streicheln. "Lass mich dir deines ausziehen, ok? Ich gebe nämlich offen zu, dass ich dich berühren will.", sagte er und zupfte schon an meinem Oberteil. Ich erwiderte nichts, sondern ließ ihn einfach machen. Mit klopfendem Herzen schmiegte ich mich wieder an ihn und spürte Karyus warme Hände auf meinem Rücken. Er drehte uns wieder herum und beugte sich dicht über mich, um mich gierig zu küssen, wobei seine Hände überall auf meiner Haut zu sein schienen. Ich genoss das Gefühl zutiefst. Ich fühlte mich richtig wohl in Karyus Armen.
 

"Zero?" Blinzelnd öffnete ich die Augen, als Karyus Atem mein Ohr streifte. Ich war über ihm zusammen gesunken, stützte mich aber auf einem Unterarm ab, hatte das Gesicht an seinem Hals vergraben. Wir konnten kaum damit aufhören, rumzumachen. "Ich glaube, es ist schon 3 Uhr..."

"Was?" Ich sah auf. "Wie lange fummeln wir denn schon?"

Er grinste. "Wenn du mich so fragst, nicht lang genug?"

Ich musste schmunzeln und gab ihm einen kleinen Kuss. "Es kam mir nicht wie Stunden vor..."

"Das fasse ich als Kompliment auf."

Ich lächelte nur leicht und rollte mich neben ihn. "...ich bin müde..", gab ich leise zu, weswegen Karyu erneut lachte.

"Ich auch, ich auch. Lass uns schlafen."

Ich nickte und kuschelte mich an seine Schulter. Stundenlanges Rummachen war doch irgendwie anstrengend. Aber unglaublich schön. Das würde ich immer wieder machen – aber nur mit ihm.
 

=============

ENDE

=============



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (27)
[1] [2] [3]
/ 3

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: Futuhiro
2014-07-10T17:47:34+00:00 10.07.2014 19:47
Ich fasse es ja nicht, daß ich das wirklich bis zu Ende gelesen habe ... ^^°

Okay, also doch ein Happy End. Und wer ist die Leidtragende? Zeros arme Miezekatze, die einfach daheim an den Nachbarn abgeschoben wird.

Hm, es war schön geschrieben, auch wenn ich - wie ich ja schon seit Teil 1 zugegeben habe - eher ein Gegner von Shonen-Ai/Yaoi/What-ever, erst recht zwischen real existierenden Menschen, bin. Aber trotzdem komme ich nicht umhin, diese FF gut zu finden. Sie hat viel Spaß gemacht, die Charaktere waren super durchdacht, die Handlung realistisch und logisch, und es hat am Ende alles ein schlüssiges Bild gegeben. Lob von meiner Seite. ^^
Von: Futuhiro
2014-07-10T16:59:44+00:00 10.07.2014 18:59
"Halt einfach die Klappe und iss." XD Super.
Wouw, 4 Jahre, so einen Zeitsprung hatte ich jetzt nicht erwartet. Ich dachte vielleicht ein paar Monate ...
Bei den beiden hat sich ja in der Zwischenzeit nicht viel getan. Die haben einfach ihren vorbestimmten Berufsweg weiterverfolgt und sind beide immer noch Single. ^^ (Stimmt, englische Literatur, da war doch was. Ich liebe es, wenn Geschichten am Ende wieder ein in sich stimmiges Gesamtbild ergeben.)
Von: Futuhiro
2014-07-10T16:36:31+00:00 10.07.2014 18:36
Puh. Ja, das kam plötzlich. Und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß Karyu sich umentschieden hätte, wenn Zero nur mit ihm geredet hätte. Aber irgendwie wirkt dieses Ende sehr authentisch und lebensnah. Gefällt mir gut.
Hm, da steht ja noch dieses Versprechen im Raum, für Karyu einen Geburtstagskuchen zu backen. Vermutlich kommt er doch nicht drumrum, Karyu nochmal zu begegnen, irgendwann.

Jetzt hat Zero allerdings wirklich einen Grund, sich die Kante zu geben.
Von: Futuhiro
2014-07-10T16:07:25+00:00 10.07.2014 18:07
Hm, sind die Kapitel in verkehrter Reihenfolge freigeschalten worden? Mist, hätte ich vorher mal gucken sollen ... >__< (damit rechnet ja keiner).

Die haben aber einen ganz schön zünftigen Alkoholverbrauch, hey. Ich überlege gerade, ob es bisher auch nur ein einziges Kapitel gab, in dem nicht einer von ihnen rattel-dattel-dicht war.

Ich fand es super, daß selbst in so einem Drama-Kapitel noch ein kleiner Lacher versteckt war. "Soll ich dich bezahlen?" XD Ich hab gebrüllt, ehrlich. ^^
Antwort von:  Phoenix_Michie
10.07.2014 18:18
Hallo :) Das ist alles in normaler Reihenfolge hochgeladen worden. Hast du das jetzt durcheinander gelesen? :'D
Haha, stimmt, einer hat eigentlich immer was getrunken X'D Das ist mir...beim Schreiben irgendwie nicht so aufgefallen, aber danke für den Hinweis - sie sollten ihren Verbrauch dringend senken!

War doch naheliegend, sowas vorzuschlagen xD Zur Besänftigung :') Zero hätte es mal annehmen sollen! Könnte er Geld ohne Ende verlangen :'D
Antwort von: Futuhiro
10.07.2014 18:22
Ah ja, Schweigegeld quasi. XD

Also ich habe die Kapitel in der Reihenfolge gelesen, bzw. lese immer noch, wie ich die Benachrichtigungen dazu erhalten habe. (Mein ENS-Postfach quillt gerade über mit Neues-Kapitel-freigeschalten-Nachrichten.) - Witzigerweise gibt es in dieser Reihenfolge auch irgendwie Sinn. :D
Von: Futuhiro
2014-07-10T15:47:12+00:00 10.07.2014 17:47
Sag mal, hat Zeros Katze eigentlich inzwischen mal einen Namen?
*vom Hauptthema ablenk*

Ich kann mir Karyu (also den echten, den Gitarristen von D´espairs Ray) gar nicht mit Prüfungsangst vorstellen. Da hätte er ja nie Berufsmusiker werden können, bei denen ist ja jedes Konzert eine Prüfung, jeder Song eine Prüfungsaufgabe und jeder Zuschauer ein Prüfer. XD
Antwort von:  Phoenix_Michie
10.07.2014 18:24
Ja, er hat einen Namen für sie gefunden ^^ Amaya - Nachtregen ^^

Hm...also ich als Zuschauer bin kein Prüfer XD Ich stehe nur da und schaue zu und freue mich ;D Aber stimmt, ob er so furchtbare Angst hätte? Das kann ich mir auch weniger vorstellen....aber vielleicht ja jetzt wieder - nach 3 Jahren wieder mit Despa auf der Bühne stehen :)
Antwort von: Futuhiro
10.07.2014 18:26
Ja, Gott, ich hoffe so sehr, daß die das Konzert aufnehmen und auf irgendeiner DVD veröffentlichen! Hizumi wieder auf der Bühne, das ist die Wucht. Er wird zwar nicht mehr so klingen wie früher, aber ich finde es trotzdem toll.
Antwort von:  Phoenix_Michie
10.07.2014 18:30
Na ja, es ist ja nur ein kleiner Auftritt. Ich hoffe auf 5,6 Lieder, mehr wird wohl nicht möglich sein. Gibt da ja noch andere Bands, und heute haben die erst zum 2. Mal eine Probe gehabt, schreibt Zero :'D Chaos-Truppe. Ich bin gespannt, was das wird, und freue mich sehr für Hizumi ^^
Antwort von: Futuhiro
10.07.2014 18:33
Hm, es gibt auch Leute die sagen, er solle sich noch nicht wieder vor Publikum stellen. Seine Stimme ist noch nicht ganz wieder hergestellt und vielleicht macht er sich damit mehr wieder kaputt als er denkt. Aber ich schätze, er ist Profi genug um das selber beurteilen zu können. Ich freu mich jedenfalls. ^^
Von: Futuhiro
2014-07-10T15:19:51+00:00 10.07.2014 17:19
Zero ist wieder voll Zucker. "Du kannst backen?", das war so genial. Wieso sollte Karyu das nicht können? XD
Obwohl, der Kommentar <Denkst du, ich bin so alt, daß ich mich schon dafür schämen müsste?> auch geil war.

Der Schreibstil ist immer noch so toll wie ich ihn in Erinnerung hatte. XD
Von: Futuhiro
2014-07-10T15:01:27+00:00 10.07.2014 17:01
Fett, da kann man mal 3 Wochen nicht lesen und wird hier so zugespammt. Wieviele neue Kapitel sind das um Himmels Willen? O_O

Ich fand es lustig, wie die beiden einen heben gegangen sind. XD
Gibt es in Japan wirklich Jägermeister? Wäre mal eine Recherche wert.

Ja, den Rest ... ähm ... blende ich erstmal aus, so inhaltlich. ^^° Bin allerdings gespannt was darauf wird.
Antwort von:  Phoenix_Michie
10.07.2014 18:26
Gute Frage, ich weiß nicht ob man Jägermeister dort kaufen kann. Habe ihn da zumindest bisher noch nicht gesehen. Aber ich weiß, dass sie es immerhin aus Deutschland kennen xD
Von:  --Tsuki--
2014-07-07T17:52:00+00:00 07.07.2014 19:52
...da isses ja schon :D

Hach, Zero kann einem schon leid tun... aber irgendwie ist er ja selbst ein Stück weit daran Schuld, dass sein Leben (ohne Karyu) so ereignislos verläuft. Ich meine... irgendwo lernt man ja immer Menschen kennen, und irgendjemand, mit dem man auf einer Wellenlänge ist, muss es doch auch geben ._.' Andererseits hat er sich ja emotional so eingeigelt, dass er ja sofort die Stacheln ausfährt, wenn ihm jemand näher kommen möchte. Schwieriger Fall. Gut, dass es da Karyu gibt :')

Die Sache mit dem Selbstmordversuch zeigt aber auch, dass er depressiver ist/war, als er sich offenbar eingestehen wollte. Ziemlich krasse Sache :/ Rein schreiberisch hast du die Thematik mal völlig anders verpackt, als 99 % der Autoren (mich wohl eingeschlossen :') ) das getan hätten. Andere hätten bei der Geschichte von dem Selbstmordversuch definitiv in die dramatische Kerbe gehauen, und völlig auf die Tränendrüse gedrückt, während du Zero das Thema sehr kühl behandeln lassen hast. Kann natürlich auch sein, dass er das nur überspielen wollte, dennoch eine sehr besondere Umsetzung wie ich finde ^.^

...und dann wurde nach über vier Jahren aus dem Gefühlsgrinch doch noch ein Schmusekätzchen :3 Ich hoffe, sie kriegen das auf ihre Art und Weise auf die Reihe. Und so eine große Veränderung (neuer Wohnort, neuer Job, neuer Freund <3 ) bringt ja auch immer eine Veränderung der Persönlichkeit mit sich. Also drücken wir den beiden mal die Daumen, dass alles gut geht, nachdem Karyu so um ihn gekämpft hat und sie sich doch letztendlich gegenseitig schon ewig geliebt haben <3

Alles in allem eine schöne FF, die sehr von den gängigen Klischees abweicht - ich bin sehr zufrieden ^o^
Danke fürs Hochladen! <3
Antwort von:  Phoenix_Michie
07.07.2014 21:26
Das mit dem Suizidversuch kam abrupt vor und wurde nüchtern behandelt, zumindest von Zero :') Er erinnert sich eben auch nicht sonderlich gern daran zurück. So gern er Karyu auch hat, aber alles möchte er ihm eben nicht preisgeben. Wer weiß, wann er es schaffen wird, sich endlich völlig zu öffnen - so ein Typ ist er eben nicht. Und als ich dein "eine sehr besondere Umsetzung" las, dachte ich: "hoffentlich meint sie nicht 'besonders schlecht' " xDD' Aber so furchtbar war es nicht, entnehme ich deinen Worten :')

Gefühlsgrinch xDDD Das Wort ist perfekt! Aber auch ganz schön gemein xD
Danke für deinen Kommentar ^^
Von: abgemeldet
2014-07-06T21:37:43+00:00 06.07.2014 23:37
also erstmal: tausend millionenfachen dank, dass du das hier hochgeladen hast!!! =DDDD
*zufrieden aufseufz und seltsam quietscht*

ich finde es erstaunlich, dass die beiden echt vier jahre lang funkstille hatten >-<"
..wieso hat Karyu sich denn bloß nie bei Zero gemeldet? :<
und dann das mit der halsschlagader >-<""""""" wie konnte Zero nur??? *jammer*
was wäre denn dann aus seinem kätzchen geworden!? ò_ó

..aber nun ja.. letzten endes haben sie es ja zum glück doch noch geschafft x////3
danke dafür ♥
Antwort von:  Phoenix_Michie
07.07.2014 21:27
Hihi, gern geschehen :) Ich war selbst nicht so zufrieden mit dem "Ende"... Und dein Kommentar hat mir dann den letzten Stoß gegeben, den ich brauchte, schätze ich ^^
Antwort von: abgemeldet
07.07.2014 21:28
yay! =D
Von:  --Tsuki--
2014-07-06T20:27:59+00:00 06.07.2014 22:27
Haaach, was für ein Wiedersehen! <3
Also... natürlich musste es erst einmal kalt ausfallen (wäre auch recht unrealistisch, wenn sie sich plötzlich in die Arme gefallen wären), aber es ist schön, dass sie die Kurve gekriegt und dann doch wieder zueinander gefunden haben... irgendwie... bisher :')

Ach Mensch, Zero kann einem schon leid tun, nun ist sein langjähriger Freund auch noch von der Bildfläche verschwunden :/ wenigstens hat er Amaya..
Zero hat manchmal aber auch so unmögliche Antworten auf Lager, dass man ihn schon wieder drücken möchte :') Ich sag nur:
"(...) Du siehst gut aus. Sehr sogar." Er betrachtete mich aus warmen Augen.
"Ich wünschte, ich könnte dasselbe über dich sagen."

hahaha :')

Karyu fällt erstmal mit der Tür ins Haus und will dass Zero zu ihm in die Nähe zieht... das konnte ja nur auf Widerstand stoßen xD Aber es ist schön, wie sie einen Mittelweg gefunden haben und dass Zero erstmal ein paar Tage bei ihm verbringt und sie sich HOFFENTLICH richtig nah kommen - also nicht unbedingt (nur) körperlich ^^

Übrigens mag ich es, wenn Verehrer sich mit so subtilen Mitteln in die Herzen der Verehrten stehlen - also mit so kleinen, liebevollen Gesten wie einen Pudding mitzubringen. Eigentlich total banal, und doch irgendwie herzerwärmender als gleich mit so übertriebenen Geschenken aufzulaufen ^.^

Freu mich schon auf Teil 2... ich hoffe, der ist ganz bald da *v*


Zurück