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Outlaw

... die Macht der Machtlosen (NaruHina)
von

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Alte Freundschaften

Es ist schon fast beängstigend, wie schnell die Zeit vergeht und was für Veränderungen damit einhergehen. Die Kinder werden größer, die Umgebung verändert abermals in ihrem natürlichen Rhythmus ihre Erscheinung und die Menschen passen sich erneut den Gegebenheiten an. Es ist Spätfrühling und die Sonne hat nun auch den letzten Frost aus dem Boden vertrieben, während die Bäume in aller Pracht zu blühen beginnen. Das Grün kehrt in die Landschaft zurück und weckt alles Leben auf, welches zuvor noch in der eisernen Hand es Winters gefangen war. Die Vögel kehren Heim und lassen ihre individuellen Lieder vom seichten Wind davontragen.

Dieser Tag ist ein besonderer, wobei sich ein jeder sicher sein sollte, dass jeder Tag besonders ist. Ob ereignisreich oder nicht. Ob mit wolkenverhangenem Himmel oder einem azurblauen Horizont, ohne das kleinste Wölkchen entdecken zu können. Ob schlafend oder wach … kein Tag ist wie der andere und kein Tag kehrt je wieder zurück. Jeder, der sein Leben und seine Existenz zu schätzen weiß, sollte jeder Minute davon genießen. Das Leben kann nur allzu schnell vorbei sein.
 

Sasuke kennt die Lektionen des Lebens und die eine oder andere hat er sehr schmerzhaft erfahren müssen. Es sind die Lektionen von denen am meisten gelernt wird. Erkenntnisse, die einen für den Rest des Lebens begleiten und die nie in Vergessenheit geraten. An negativen Erfahrungen hält sich ein jeder allzu lange auf. Viel zu selten wird Dankbarkeit für das gezeigt, was längst Bestandteil des eigenen Lebens ist. Ob nun die eigene Gesundheit, ob Reichtum oder Kindersegnen, ob Glück oder Freude … all diese Dinge finden in Gebeten oder dem alltäglichen Denken nur selten Platz, doch heute, heute nimmt sich Sasuke die Zeit. Er nimmt sie sich jedes Jahr. Egal wie hart das Leben ihm bisher auch mitgespielt hat, es gab immer einen Lichtblick an dem er sich orientieren konnte. Es gibt viele Dinge für die Sasuke unendlich dankbar ist und egal welche Macht auch immer dazu beigetragen hat, ob nun göttliche oder das Schicksal selbst, er hat viel, für das es sich zu leben lohnt.

Zielsicher geht der Familienvater auf eine große alte Eiche zu, dessen dichtes Blätterdach sich in der seichten Frühlingsbrise schaukelt und ein Rauschen erzeugt, welches dem von Wellen gleicht, die sich seicht an dem Ufer brechen. Das hohe Gras reicht ihm bis über die Hüften, während er sich seinen Weg auf den Baum zu bahnt, welcher auf einem Hügel thront, der sich über den Landstrich hinweg erhebt und sich ebenfalls in Sasuke Besitzt befindet. Hier lässt er auch sein Vieh grasen oder hängt seinen Gedanken hinterher, wenn das Familienleben ihn abermals zu erdrücken scheint. Unter dem Blätterdach bietet sich ein idyllisches Panoramabild. Von hier aus kann er seinen gesamten Besitzt überblicken und sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben besinnen. Diese alte Eiche ist für ihn ein symbolisches Bild von einer Konstante. Ein Symbol für Freiheit und Beständigkeit. Dieser Baum war da, als er auf das Land zog und er wird auch noch da sein, wenn seine Lebensgeister erloschen sind. Mit einem ausdrucksstarken Lächeln auf den Lippen, passiert der Familienvater den mächtigen Stamm und tritt schließlich aus dem Schatten heraus, ehe er seinen Blick über das Panorama gleiten lässt. Hinter ihm, zurück unter dem Blätterdach, in unmittelbarer Nähe des Stammes, befindet sich ein leicht schiefes Holzkreuz in dessen Maserung ein Name geschnitzt wurde.
 

Gage Uchiha
 

Sasukes und Sakuras Sohn. Ihr erstes Kind. Das Ehepaar hat ihn an diesem Ort beerdigt, denn von der Bestattung auf Friedhöfen halten sie nicht viel. Es ist unpersönlich, eintönig und wenn es auf der Erde einen Ort gibt, der einem dem Glauben an ein Leben nach dem Tod nehmen kann, dann sind es Friedhöfe. An dieser Stelle hat Sasuke seinem Kind nahezu ein Denkmal gesetzt und von diesem Punkt aus, ist sein Sohn noch immer Teil des Geschehens. Er ist für alle gegenwärtig. Ein kurzer Blick auf den Baum genügt und schon scheint eine Verbindung zu existieren. Es ist als würde Gage ihn anlachen, wenn er von der Arbeit aufsieht und einen Blick in die Ferne richtet.

Der Junge wurde nicht einmal zwei Jahre alt. Er starb an Masern, nachdem er sich wochenlang damit herumgequält hatte. Für Sasuke als auch für Sakura, war es ein unerträglicher Anblick ihr Kind so leiden zu sehen. Er war so schwach und hilflos. In seinen Augen glaubte Sasuke die Frage ablesen zu können, warum er ihm nicht half. Warum befreite er ihn nicht von dieser Krankheit, den Schmerzen und der Schwäche? Warum blieben seine Eltern untätig und warum hatten sie diesen Blick in den Augen, der Gewissheit und unendliche Trauer ausstrahlte? Sie wussten, dass die Gage verlieren würden und trotzdem versuchten sie für ihn durchzuhalten. Sie versuchten alles zu ertragen, während ihr Junge in ihren Augen lesen konnte. Das strahlende Kinderlächeln wurde schwächer und schwächer und sein kleiner Körper immer kraftloser. Irgendwann schlief er einfach ein und wachte nicht mehr auf. Kein Verlust ist leicht zu ertragen, doch das eigene Kind beerdigen zu müssen, noch bevor er es überhaupt richtig sprechen konnte, ist kaum in Worte zu fassen. Für Sasuke steht fest, dass es auf dieser Welt nichts Schlimmeres und nichts Unnatürlicheres geben kann, als sein Kind zu überleben. Es ist einfach gegen die Natur. Kein Vater und auch keine Mutter sollte sein Kind betrauern. Es war eine unwahrscheinlich harte Zeit, in der die Resignation und Trauer allgegenwärtig war. Der Tod seines Sohnes war für Sasuke, wie das Erlöschen eines Feuers. Eine Flamme in seinem Inneren, welche mit dem Verlauf der Erkrankung immer kleiner wurde und schließlich erlosch. Er wusste lange Zeit nicht, wie er weitermachen sollte.

Hana ist bloß anderthalb Jahre jünger als ihr großer Bruder. Sie erinnert sich nicht an ihn oder seinen Tod. Sie kennt ihren Bruder bloß aus Erzählungen und damit verbindet sie mit Hanzo eine Gemeinsamkeit. Sie hat ihren Bruder nie kennengelernt und Hanzo nie seine Schwester. Eine äußert tragische Gemeinsamkeit.
 

Was hat sich in den vergangenen Monaten alles verändert?

Die befreiten Indianer haben sich auf seiner Ranch eingelebt. Sie leben und arbeiten gemeinsam unter einem Dach. Sasuke hat auf seinem Grundstück längst weitere kleine Häuser bauen lassen, um ihnen Privatsphäre und Platz zu bieten. Moderne Hogan. Achteckige Blockhütten mit einem Kuppeldach, aus dem der Schornstein herausragt. Sie sind geräumiger als die im alten Stil errichteten Hogans, doch nach derselben Grundstruktur gebaut. Sie sollen sich ihre Traditionen bewahren. Er hat nicht vor sie in irgendeiner Weise zu missionieren. Jede Familie bewohnt einen davon. Sie unterstützen einander, haben Spaß zusammen und können einander helfen, diese traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten. Sie sind Freunde geworden, die einander stützen und nicht nur das. Hanzo und Hana sind nun offiziell ein Paar, was sich inzwischen auch schon in der Stadt herumgesprochen hat, zusammen mit der Tatsache, dass Sasuke einigen entflohenen Indianern Unterschlupf auf seinem Land gewährt.

Die Familie Uchiha ist das Gesprächsthema in der Stadt und stellenweise werden sie behandelt, als hätten sie die Pest. Für die Einheimischen ist es fast ein Skandal und neutrale oder gar positive Stimmen gehen in den Stammtischparolen einfach unter. Diejenigen, die sich gegen eine solche Beziehung oder Sasukes Gastfreundschaft aussprechen, verfolgen schon mit fanatischem Gedankengut die Umsetzung zur vollständigen Assimilierung der Ureinwohner. Sie haben stets ein offenes Ohr für die Lügenmärchen der Regierung und sind für andere Meinungen gänzlich taub. Ihre Kultur und Religion ist der einzig richtige Weg, um durch das Leben schreiten zu können. Indianer, die an ihrem Glauben und ihrer Kultur festhalten, haben den Stellenwert von Vieh, doch weder Hinata noch sonst irgendeiner der verfolgten Rothäute benimmt sich wild. Sie sind zivilisiert und zuvorkommend. Sie sind das, was aus ihnen gemacht werden soll und damit steigt die Verwirrung der Leute zusehends. Die Propaganda stimmt nicht. Die Leute fangen langsam an, selbst zu denken, auch wenn ein gänzliches Ausmerzen aller Vorurteile sehr viel mehr Zeit in Anspruch annehmen wird – wenn es nicht sogar unmöglich ist.

Leider gibt es keine Neuigkeiten von Naruto. Er lässt nichts von sich hören und zeigen tut er sich schon gar nicht, weswegen die Annahme der schlimmsten Möglichkeit schon gerechtfertigt wäre. Niemand weiß, wo er ist oder was er gerade macht. Es gibt kein Lebenszeichen von ihn, während sich die Pressemitteilungen noch immer das Maul über seine Wiederauferstehung zerreißen. Nicht mehr so ausführlich und in dicken Buchstaben gedruckt, aber in Vergessenheit geraten ist es nicht. Was bleibt ist die Sorge um ihn und die Hoffnung darauf, dass er weiß, was er tut. Mit einem tiefen und genießerischen Atemzug wendet sich Sasuke zum Gehen, nachdem er einen Blick auf das Holzkreuz gerichtet hat. Er vertraut seinem besten Freund, auch wenn dies nicht ausreicht, um auch die letzten Zweifel und sorgenvollen Gedanken zu beseitigen.
 

Kingscross, ein kleiner Ort vor New York
 

Kingscross ist ein verschlafenes Städtchen, ohne nennenswerte kriminelle Aktivität und eher ein Ort, wo sich Fuchs und Hase eine gute Nacht wünschen. Liebevoll errichtete Wohnhäuser mit gepflegten Kleingärten säumen die Straßen. Glücksspiel und Prostitution hält sich in überschaubaren Grenzen und werden eher heimlich in irgendwelchen Hinterzimmern praktiziert. Die Leute respektieren und schätzen einander. Im ersten Moment erscheint dieser Ort wie das Paradies auf dieser verdorbenen Erde mit seiner fast schon klischeehaften Idylle, doch auch hier hat die publizierte Propaganda längst zugeschlagen, jedoch in einem gänzlich anderen Ausmaß. Ein Großteil der hier lebenden Menschen sympathisiert mit denen, von der Regierung unterdrückten und verfolgten Indianerstämmen und fluchen eher auf das Vorgehen ihrer Regierung. Sie sind empört und entsetzt darüber, was diesen Menschen für eine Gewalt angetan wird, obwohl sie wohl nur einen Bruchteil des tatsächlichen Ausmaßes kennen dürften. Viele sind in der Politik aktiv und versuchen auf diesem Weg ein humane Lösung für beide Seiten zu finden, doch die dekadente und sture Sichtweise der politischen Gegner macht eine solche Lösungsfindung nahezu unmöglich. Korruption und Machtgier sind sehr viel effizienter als Humanität oder Nächstenliebe.
 

Gut gelaunt und nach getanem Tagewerk, schlendert ein Mann in den Vierzigern durch die schmalen Straßen von Kingscross und wünscht dem hiesigen Nachtwächter eine ruhige Schicht, bevor er sich die neuste Ausgabe der Tageszeitung unter seinen Arm klemmt und seine Haustür aufschließt.

Bei dem fröhlichen Mann handelt es sich um einen bekannten Journalisten, der ein Händchen dafür hat interessante Geschehnisse aufzuschnappen oder aus inhaltslosem Gefasel etwas Interessantes zu formen. Einer seiner Artikel als Verkaufsaufhänger und die Zeitungen sind weg, bevor sie überhaupt angeboten wurden. Im Großen und Ganzen wirkt er jedoch recht unscheinbar. Ein durchschnittlicher Mann mit geregeltem Einkommen und festem Wohnsitz. Ein typischer Amerikaner von nebenan. Einzige Besonderheit in seiner Erscheinung stellt die große Narbe dar, welche horizontal über seiner Nase und unter den Augen her verläuft. Ein recht ungewöhnlicher Anblick und mit Sicherheit kein Überbleibsel aus irgendeiner Schlägerei im Saloon. Ein kleines Mysterium, welches sein sonst recht unspektakuläres Leben kennzeichnet.

Dieser Mann gehört zu den besonnen und ruhigen Zeitgenossen der Gesellschaft, welche es sich lieber mit einer Tasse Tee vor dem Kamin gemütlich machen und die Ruhe am Abend genießen, als dass sie sich in den Trubel und die Hektik eines Sündenfouls begeben. Ein Konflikt vermeidender Geselle, der freiwillig in einer Pokerrunde verliert, um bloß keine Meinungsverschiedenheit vom Zaun zu brechen. Für manch einen vielleicht Eigenschaften eines Hasenfußes und Muttersöhnchens, doch auch er trägt noch andere Seiten in sich, welche er der Öffentlichkeit aber lieber vorenthält. Für Außenstehende ist er einfach nur ein unverheirateter, berufstätiger und ehrgeiziger Mann, der sein Leben mit Leichtigkeit meistert. Er ist jemand, über den es sich nicht zu reden lohnt, weil es einfach nichts über ihn zu reden gibt.

Summend aber dennoch erschöpft, schließt der Mann die Haustür hinter sich, legt die Zeitung auf einen kleinen Tisch unmittelbar neben der Tür und bringt, mit wenigen routinierten Handbewegungen, eine Öllampe an der Wand zum leuchten, so dass im gesamten Raum ein schwaches Licht erscheint. Mit einem Schalter neben dem Türrahmen aktiviert er die einzige Gaslampe im ganzen Haus an, die jedoch nur wenig zusätzlich Licht erzeugt. Er verstummt und erstarrt schlagartig, kaum dass die dämmrige Wandbeleuchtung ihren Dienst tätig und einen Schatten auf die gegenüber liegende Wand wirft, welcher eindeutig den Umriss einer Person abzeichnet. Die Müdigkeit ist aus seinen Gliedern gejagt, während der Fakt in seinem Kopf wild umher tanzt, dass er nicht alleine ist. Irgendjemand sitzt in seinem Sessel, den er normalerweise nach so einem Arbeitstag bezieht, während ein Kaminfeuer harmonisch vor sich hin prasselt. Jemand ist in sein Refugium eingedrungen und hat den Sessel so platziert, damit die Tür keine Sekunde aus den Augen gelassen werden kann. Wie versteinert betrachtet der Journalist die kaum wahrnehmbaren Bewegungen des Schattens, ehe er sich doch dazu durchringt einen Blick zu riskieren. Angespannt, aber keinesfalls auf einen Kampf oder Überfall vorbereitet, dreht er sich zu der Gestalt herum, dessen Gesamtanblick ihn weitaus mehr erschreckt als es der Schattenwurf getan hat. Es fährt ein gewaltiger Ruck durch seinen Körper, kaum dass seine Augen diese Gestalt erfasst haben und noch bevor er überhaupt erkennt, wen er da vor sich hat. Er braucht nur einen kurzen Augenaufschlag um die Identität feststellen zu können und kaum ist er sich der Person sicher, verfliegt die Angst und Anspannung. Es ist stattdessen ein sehr vorwurfsvoller Blick, dem er seinem unerwarteten Besucher entgegen wirft.

Kopfschüttelnd entledigt er sich seiner Jacke, die er schwungvoll an einen Haken neben der Tür hängt, ehe er auch schon die Stimme seines Gastes in den Ohren vernimmt, der wahrhaftig keine Bedrohung für ihn darstellt.

„Lange nicht gesehen, Iruka.“

Vorwurfsvoll deutet der Angesprochene mit dem Finger auf ihn, als würde er ihn bedrohen und ringt kurz um Worte, ehe er festen Schritte den Abstand überbrückt. „Du kannst doch nicht einfach hier auftauchen. Verdammt, Naruto. Ich erleide noch einmal einen Herzstillstand wegen dir.“ Mit einer ausladenden Geste lässt sich Iruka auf sein Sofa plumpsen, wo er den Kopf in den Nacken legt.
 

Der Outlaw schmunzelt etwas, denn trotz all der vergangenen Jahre ist Iruka seinem Wesen eindeutig treu geblieben. Nicht einmal sein Aussehen hat sich gewaltig verändert. Die ausgeprägte Wangenpartie, die schmale Nase und das kantige Gesicht. Er ist nur älter geworden und außerdem hat er es weit gebracht. Von einem halbstarken Jüngling, der in den Straßen von New York Zeitungen verkaufte, zu einem gefragten Journalisten. Iruka hat auch großes Glück gehabt, denn wenn niemand sein Talent für das Schreiben entdeckt hätte, dann wäre er wohl irgendwann in der Gosse, neben den Rinnsalen der Stadt gelandet.

Auch Iruka kennt den Horror aus dem Waisenhaus und die dort herrschende Lieblosigkeit. Mit sechzehn haben die Erzieher ihn dann vor die Tür gesetzt, weil er in ihren Augen nun als erwachsen galt und keine weitere Hilfe verdient hat. Ohne etwas in den Händen und ohne eine helfende Hand, schien der Aufbau einer funktionierenden Existenz nahezu unmöglich. Er hat sich von diesen derben Schicksalswendungen nicht unterkriegen lassen, sich einen Job in einem Austernkeller ergattert und hart für all sein Können und seinen Besitz gearbeitet. Ihm wurde nichts geschenkt und trotzdem hat er einfach immer weiter gemacht. Wie genau er es fertig brachte seinem Schicksal so entschlossen die Stirn zu bieten, weiß Iruka selbst nicht zu beantworten. Als er mit sechs Jahren seine Eltern verlor, scheute er sich davor an die Zukunft zu denken, doch irgendwie wurde der Kampfgeist in seinem Inneren geweckt als die Erzieher im Waisenhaus ein unbedeutendes Leben für ihn voraussagten. Naruto hat ihn für diese Eigenschaft schon immer bewundert. Im Grunde ist es Iruka gewesen, welcher ihn dazu bewogen hat aus dem Waisenhaus stiften zu gehen. Es ist aber mehr eine indirekte Beteiligung gewesen, denn angestiftet hat der heutige Journalist noch nie jemanden.

Eine ganze Weile schweigen sich die Männer einander an, ehe Iruka sich seufzend wieder in die Höhe stemmt und sich dem Kamin widmet. Schweigend und ohne Eile schichtet er einige Holzscheite aufeinander und zündet diesen mit einigen gekonnten Handgriffen schließlich an. Sofort tritt diese stille Faszination in den Blick des Outlaws, der erst reagiert als er die Stimme seines alten Freundes hört, der unbeeindruckt in den auflodern Flammen herumstochert.

„Was willst du hier?“

Naruto seufzt ergeben und lehnt sich in dem Sessel vor, wobei er sich nach vorne fallen lässt und seine Arme auf den Knien lagert. Er wird nicht um den heißen Brei reden, denn darin sieht er wenig Sinn, weswegen er einen entschlossenen Blick auf den Rücken seines guten Freundes richtet. „Ich brauche deine Hilfe.“

„Wobei?“

„Du hast doch sicherlich von dem Regierungsprojekt gehört, was die Rothäute angeht.“

„Ja. Das Reservat am Bosque Redondo. Ich nenne es eine Massenmissionierung. Wieso?“

„Dieses Projekt ist zum scheitern verurteilt. In diesen Gefilden ist ein Leben nur dann möglich, wenn genügend Rohstoffe und Bewegungsfreiraum vorhanden ist und das ist eben nicht gegeben.“ Iruka blickt etwas ratlos drein, da er nicht nachvollziehen kann, was er mit diesen Informationen machen soll. Naruto seufzt deswegen erneut und fährt sich durch die Haare. „Ich will erreichen, dass die Regierung ihr Unterfangen aufgibt und die Indianer zurück in ihre Heimat können.“

„Na, da hast du dir ja etwas auf die Fahne geschrieben, aber wo komme ich nun ins Spiel? Wobei brauchst du meine Hilfe?“

„Nun ja, im Moment bin ich bekannter, als ein bunter Hund und jeder mit einer Waffe ist hinter mir her. Wenn ich weiter kommen will, dann muss ich wieder anonym werden und du hast die Mittel und Wege um mich wieder verschwinden zu lassen.“ Fassungslos wendet Iruka sein braunes Augenpaar in das erwartungsschwangere Gesicht seines Besuchers. „Mittel und Wege? Verstehe ich das richtig: Ich soll eine Ente drucken lassen?“

„Darum bitte ich dich.“

„Bist du des Wahnsinns?! Das kann mich meine Karriere und Anstellung kosten. Das kann meine gesamte Existenz ruinieren!“ Erbost und einem fast angriffslustigem Funkeln in den Augen, springt Iruka wieder auf die Beine und baut sich in einer bedrohlichen Haltung vor seinem ungebetenen Gast auf, was diesen aber nur nur geringem Maß beeindruckt. Naruto sitzt weiterhin lässig wirkend vor ihm und blickt fast ausdruckslos zu ihm hinauf. Nach einer Weile des gegenseitigen und schweigsamen Anstarrens, schüttelt Iruka nur energisch den Kopf und vollzieht eine äußert abweisende Geste. „Ich riskiere doch nicht meine gesamte Existenz wegen eines Gefallens.“

„Es ist kein Gefallen, sondern eher eine Bitte.“

„Gut. Eine Bitte kann man ablehnen.“

Mit einer abwehrenden Handbewegung wendet sich Iruka ab und verschwindet mit strammen Schritten in einem angrenzenden Nebenraum, während Naruto nur die Augen verdreht und sich schließlich selbst in die Höhe stemmt.
 

Der Outlaw hat mit einer solchen Reaktion gerechnet und im groben ist es auch so abgelaufen, wie er sich das vorgestellt hat. Iruka ist ein unwahrscheinlich ehrlicher Mensch, der selbst bei etwaigen Verlockungen nicht einmal einen kurzen Gedanken an irgendwelche Betrügereien verschwendet. Die Bitte, um den Druck einer Lüge, um eine Zeitungsente, dürfte ihm bei dieser Eigenschaft, wie ein Auftragsmord vorkommen.

Gelassen lehnt sich Naruto an den Türrahmen an und beobachtet seinen alten Freund dabei, wie dieser energisch sein Geschirr aus der Spüle schrubbt. Er murmelt die ganze Zeit etwas vor sich hin und auch ohne ihn zu kennen, würde jeder Außenstehende merken, dass er sich gedanklich sehr wohl mit dieser Bitte auseinander setzt und mit seiner bereits ausgesprochenen Antwort am hadern ist. So ehrlich und aufrichtig wie er ist, so hilfsbereit und mitfühlend ist er auch. Jemandem seine Hilfe zu verweigern, entspricht also nicht seiner Natur. Naruto ist sich dennoch nicht sicher, ob Iruka seine Antwort überdenkt oder ob er zusätzliche Überzeugungsarbeit leisten muss. Nachdenklich fährt sich er Outlaw durch die Haare und durchforstete seine Gedanken nach plausibel klingenden Argumenten, ehe er sein Augenpaar wieder auf seinen alten Freund richtet.

„Erinnerst du dich noch an früher? All die Dinge, die wir erlebt und ertragen haben … Wir haben immer gedacht, in der Hölle zu leben und dass es nirgendwo schlimmer sein kann...“ Mit einem kurzen Schauer, welcher ihm über den Rücken jagt, stößt sich der Gesetzlose von dem Türrahmen ab und verschränkt die Arme vor der Brust ehe er sich an die selbst gezimmerte Küchenzeile neben Iruka lehnt und schließlich einen kurzen Blick in dessen Gesicht wirft. Die grausamen Erinnerungen lassen sich förmlich in seinen Augen ablesen.

„Dieses Reservat ist für die Regierung nicht mehr als ein Experiment, doch was dort geschieht... es ist nicht zu beschreiben. Du kannst dir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was dort passiert und was wir erlebt haben, wirkt dagegen fast schon lächerlich. Krankheit, Elend, Tod … Dort verhungern Kinder, während wir im Überfluss leben.“

Irgendwann, während dieser Erzählung, hat Iruka seinen Abwasch gestoppt und stützt sich nun mit den Händen an der Spüle ab. Er hat den Blick auf das schmutzige Geschirr gesenkt, was Naruto zum Anlass nimmt seinen Blick zu suchen, weswegen sich der Familienvater etwas herab beugt und in die braunen Augen seinen Gesprächspartners blickt.

„Ich mach es kurz. Ich bin mit einer Indianerin verheiratet und wir haben zusammen vier Kinder. Mein Schwiegervater war der Häuptling des Stammes und ich habe über Jahre am eigenen Leib erfahren, was die Regierung für Verbrechen begeht. Sie töten Frauen und Kinder. Sie haben meine Schwiegervater umgebracht und jedem einzelnen ihrer Heimat beraubt. Der Rat hat mich zum Häuptling ernannt und als dieser ist es meine Pflicht, meinesgleichen zu schützen. Genau das will ich tun. Ich will ihnen helfen und sie heim bringen, doch das schaffe ich nur mit deiner Unterstützung, denn sonst verliere ich meine gesamte Familie und mein Zuhause.“

Ergeben seufzend schließt Iruka seine Augen. Eine gefühlte Ewigkeit herrscht nachdenkliches Schweigen, wobei Naruto feststellt, dass eine nervöse Anspannung sich in seiner Brust festsetzt und sein Herzschlag beschleunigt. Er weiß, dass er soviel reden kann, wie er will. Wenn Iruka seine Hilfe verweigert, dann kann er ihm keine Vorwurf machen und muss sich dieser bitteren Niederlage stellen.
 

Der Outlaw rechnet bereits mit einem weiteren Nein, bevor Iruka sich schwungvoll abstößt und damit beginnt in seiner Küche umher zu laufen, wie ein gefangener Tiger. Der Familienvater beobachtet dieses Verhalten eine ganze Weile, wobei er nur einzelne Wortfetzen aufschnappt, die über die Lippen des unfreiwilligen Gastgebers kommen. Wörter wie verrückt, Irrsinn oder unfassbar. Schließlich scheint der Journalist sich aber wieder zu beruhigen, stemmt die Hände in die Hüften und blickt vielsagend zu seinem zurückhaltenden Gast.

„In Ordnung. Ich werde dir helfen, auch wenn ich verrückt sein muss, aber wie stellst du dir das Ganze vor? Ich kann nicht einfach einen Artikel von deinem Tod drucken lassen. Die Leute würden diesem keinen Glauben schenken, weil der vorherige Artikel sich ja nun als eine offensichtliche Lüge entpuppt hat. Wenn du willst, dass die Leute dich für tot halten, dann gib ihnen etwas Handfestes. Etwas, was die Zweifel verhindert oder zumindest bedeutend abschwächt.“

Wenn Naruto ehrlich ist, so hat er diesen Punkt gar nicht in Betracht gezogen. Die Möglichkeit, dass die Bevölkerung einem solchen Report keinen Glauben schenken könnte, ist in seiner fein zurecht gelegten Planung nicht vorgekommen. Er hat sich das weitaus einfacher vorgestellt und fühlt sich nun wie vor den Kopf gestoßen. Die einfache Wunschvorstellung, mit einem einfachen Artikel schnell wieder von der Oberfläche verschwinden zu können, zerplatzt wie eine Seifenblase, weswegen er sich etwas beschämt und auch ratlos an seiner stoppeligen Wange kratzt. Etwas Handfestes. Einen Beweis. Ein Beweis dafür, dass er dieses mal und endgültig unter den Toten weilt und keinen Schaden mehr auf Gottes grüner Erde anrichten kann. Bloße Wörter können viel erzählen, doch weitaus mehr schenken die Leute dem Glauben, was sie selbst sehen und anfassen können.

Iruka schweigt auf das nachdenklich Mimikspiel seines Gegenübers, denn wenn er seine Hilfe schon bereitstellt – noch immer hält er sich deswegen für verrückt – dann soll Naruto gefälligst einen vernünftigen Plan präsentieren, der sie nicht gleich in Teufels Küche bringen wird. In solch einem Fall ist Narutos pragmatisches Wesen, welches ihn dazu verleitet Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen, sehr viel hinderlicher als hilfreich. Der Outlaw war aber schon immer so. Impulsiv und sprunghaft. Ein Meister der Improvisation, der von langen Planungen eher Kopfschmerzen bekam, als eine klare Einsicht. Eine Tatsache, bei er Iruka schmunzeln muss. Es ist lange her dass die Männer einander sahen und da die nun vorherrschende Situation etwas Ruhe beinhaltet, betrachtet Iruka den Mann vor sich etwas genauer. Von dem blonden Satansbraten ist nicht mehr viel erkennbar. Naruto ist ein reifer und verantwortungsbewusster Mann geworden, mit kantigen Gesichtszügen, dominanten Bartwuchs und den ersten Fältchen rund um sein Augenpaar. Ein Mann aus echtem Schrot und Korn, mit Frau und dazu gehörigem Anhang, wie er es ja vor kurzem verraten hat.

Erschrocken zuckt Iruka zusammen, als Naruto seine Stimme ertönen lässt, welche eindeutig so klingt, als hätte er einen Geistesblitz erlebt. „Was wäre mit einem Foto? Ein Foto von meiner Leiche?“

„Keine schlechte Idee, jedoch nicht aussagekräftig genug. Es reicht nicht, wenn du dich einfach in den Staub wirfst, dich mit Schweineblut beschmierst und ablichten lässt. So etwas ist einfach zu leicht nach zu stellen.“

„Was soll ich denn machen? Mich aufknüpfen lassen?“

„Ja! Das ist es. Wir lassen dich baumeln.“ Fast euphorisch hechtet Iruka einen kurzen Schritt nach vorne, während Naruto schockiert seine Augen weitet und mit einer großen Portion an Ungläubigkeit seinen alten Freund anstarrt. Er soll sich aufhängen lassen? Das wäre zwar wirklich ein handfester Beweis, aber auch ganz sicher endgültig.

„Was? Ich kann zwar lange die Luft anhalten, aber mein Genick wird da sicher nicht mitspielen.“

„Ich meine doch nicht wirklich hängen. Wir nutzen die physikalisch wirkenden Kräfte nur anders.“
 

***
 

Bansai hält in seiner Erzählung schlagartig inne und verfällt in einen sehr rau klingenden Husten. Es wirkt, als hätte er sich verschluckt. Er presst sich eine Hand auf den Brustkorb und ringt fast verzweifelt um Luft, weswegen einige der anwesenden Zuhörer hilfsbereit nach vorne treten und ihre Mimik zu besorgten Fratzen verziehen. Bansai ist ungewöhnlich blass und sein ganzer Körper zittert, weswegen auch Konohamaru verunsichert den Blickkontakt sucht und innerlich bereits befürchtet, dass dieser alte Mann von der Bank fallen und leblos am Boden dieser Museumshalle, liegen bleiben wird. Er sieht schrecklich krank und gebrechlich aus und während er am Anfang dieser etwas ungewöhnlichen Geschichtsunterweisung noch relativ vital wirkte, so hat er zunehmend mehr und mehr abgebaut. Er wirkt nun wie jemand, der in einem Pflegeheim betreut werden sollte.

Mit rasselnden und pfeifenden Lauten zieht Bansai die Luft ein und füllt damit seine Lungen, mit dem dringend benötigen Lebensstoff. Einige Male atmet er angestrengt ein und aus und scheint sich wieder zu erholen, ehe er sein wässriges Augenpaar durch die versammelte Menschenmenge gleiten lässt. Sie alle wirken unsicher, besorgt und gleichzeitig auch so voller Erwartung, dass es ihm schon beinahe leid tut, an eben dieser Stelle einen Schnitt tätigen zu müssen.

Mit einem entschuldigendem Lächeln auf den Lippen blickt Bansai zu Konohamaru. „Tut mir leid kleiner Freund, aber ich denke mehr schaffe ich heute nicht mehr. Ich brauche eine Pause.“

Im ersten Moment möchte der Halbstarke am liebsten protestieren und auch der Rest der Versammlung unterdrückt enttäuscht klingende Worte und Laute, aber nur ein kurzer Blick auf den übersehbar schlechten Zustand dieses lebenserfahrenen Mannes genügt, um diesem indirekten Wunsch schließlich nachzugeben. Der Halbstarke nickt daher nur verstehend und hilft Bansai schließlich sogar dabei, sich von der Bank zu erheben. Die Beine des alten Mannes scheinen im ersten Moment ihren Dienst zu verweigern, bis eine einigermaßen solide Standhaftigkeit einsetzt, bei der keine Gefahr eines Sturzes mehr besteht. Die Menschentraube löst sich langsam aber stetig auf, denn nun ist sicher, dass keine weiteren Erzählungen mehr folgen werden und die dazu gehörige Enttäuschung ist der gesamten Menge deutlich anzusehen. Einige der Besucher dürften aber wohl mit dem Gedanken spielen ab nun regelmäßig her zu kommen, um der hoffentlich folgenden Fortsetzung beiwohnen zu können. Nichts ist nerviger, als an einer spannenden Stelle zu stoppen und im Ungewissen gelassen zu werden.

Wie selbstverständlich hakt sich Bansai bei Konohamaru ein, um seine schwachen Beine nicht zu überfordern, während sie sich gemeinsam aus dieser Hall of Hero heraus begeben und in einem Tempo voranschreiten, wie sie eine gehbehinderte Schildkröte an den Tag legen würde. Ein Fakt den Konohamaru eigentlich als störend empfunden hätte, doch in diesem Moment eher sehr darauf bedacht ist, bloß nicht zu schnell zu gehen. Recht untypisch für ihn, da er sonst einen recht ungeduldigen Charakter an den Tag legt.

„Morgen zur selben Zeit wieder hier?“

Überrascht schaut Konohamaru den alten Mann an, während sie gemeinsam den Eingangsbereich verlassen, Bansai der Dame an der Information freundlich zunickt und schließlich vor das Gebäude treten, wo sie so gleich dem trockenen Wüstenklima von Arizona ausgesetzt sind.

Den ganzen Weg, bis über die Schwelle der Eingangstür, hat sich der Teenager überlegt, ob es vielleicht zu dreist oder gar frech erscheinen könnte, wenn er den Rest der Geschichte einfordern würde. Dass Bansai selbst jedoch, kein Interesse daran hat, seine Erzählung an eben dieser Stelle zu beenden, kam dem Jüngling dabei nicht in den Sinn. Er nickt nur hastig und lächelt dabei sichtlich erfreut. Eine solche Vorfreude, wie sie seinen Körper einnimmt, hat er schon lange nicht mehr verspürt und so ist er auch ziemlich überrascht, als er schließlich feststellt, dass er den gesamten Tag in diesem Museum verbracht hat, wo er doch heute Morgen noch davon ausging, nicht länger als eine Stunde dort zu verbringen. Vermutlich machen sich seine Eltern bereits Sorgen, waren es doch sie, die ihn zu dieser schulischen Nachforschung genötigt haben. Es ist eine Annahme, mit der richtig goldrichtig liegt, denn als er die Haustür öffnet und deutlich verkündet dass er wieder zuhause ist, kann er spüren wie sich die Atmosphäre im Haus verändert und seine Mutter schließlich erleichtert in den Flur tritt.
 

Seine Familie betreibt eine kleine Farm, dessen Haupteinkommen mit der Züchtung von Churros erzielt wird. Mit dem Verkauf von deren Fleisch und Fleece lässt es sich ganz gut leben, auch wenn sie auf diese Weise niemals zu Reichtum kommen werden. Von der rationalen Seite betrachtet, gehört seine Familie mit zu den wenigen Ausnahmen ihres Volkes, die ohne Spenden von Hilfsorganisationen leben können und nicht weit unter der Armutsgrenze ihre Existenz fristen.

Fast die Hälfte der Navajo-Indianer lebt unterhalb der Armutsgrenze. Auf dem Reservat gibt es meist kein Wasser,- oder Stromanschluss. Zum nächsten Geschäft muss man meilenweit mit dem Auto fahren – und das Benzin ist teuer. Im Schnitt verdient ein Diné nur 1300 Dollar im Jahr. Das reicht weder für Essen, noch fürs Leben. Die Menschen sind somit zwangsläufig auf Hilfsorganisationen angewiesen. Bis heute lebt sein Volk im Reservat strikt getrennt vom Rest der USA. Gesellschaftlich und politisch. Sie haben ihre eigenen Gesetze, ihre eigene Polizei und sie zahlen auch keine Steuern. Daher sind soziale Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser auch fast nicht vorhanden. Sie leben in den USA wie Fremde in einem Paralleluniversum. Viele Amerikaner wissen nichts über die Ureinwohner, viele interessiert es auch nicht. Es gibt so gut wie keinen gemeinsamen Austausch und das, obwohl die US-Regierung über Jahrhunderte versucht hat, Indianer zu assimilieren und ihre Kultur auszulöschen. Kein Wunder also dass das Misstrauen der amerikanischen Ureinwohner gegenüber den staatlichen Behörden immer noch sehr groß ist. Die Indianer wurden auf Reservate verfrachtet und dort oft von christlichen Organisationen missioniert und assimiliert.

Die Kultur seines Volkes ist seit Jahrzehnten vom Verfall betroffen. Die brutale Behandlung durch die Regierung und das Trauma der Zwangsassimilierung haben sich in das Bewusstsein der Menschen eingebrannt. Armut, Alkoholismus und häusliche Gewalt grassieren in vielen Dörfern. Schlechte Ernährung, Übergewichtigkeit und Diabetes gefährden die Gesundheit der Menschen. Es fehlt an allem, vor allem an Arbeit. Viele Navajo verlassen daher das Reservat und durch die Abwanderung in die Städte haben sich viele Familien entfremdet. Enkelkinder verstehen heute ihre Großeltern nicht mehr, denn sein Volk ist dabei auszusterben. Die Rituale und die Musik wurden nicht weitergegeben. Lange Zeit wurde befürchtet, die Kultur und die Sprache der Navajo könnte aussterben, aber seit ein paar Jahren zeichnet sich ein Erwachen der Identität ab und viele junge Indianer besinnen sich auf die Kultur ihrer Vorfahren. Seine Familie hat immer sehr viel Wert auf die Weitergabe der Tradition und der gesamte Kultur gelegt und so will es auch Konohamaru selbst halten. Er liebt sein Volk und das Land auf dem sie leben. Er will alles tun, um sein Volk vor der Aussterben zu bewahren. Er käme gar nicht auf die Idee, seine Familie im Stich zu lassen nur um sein Glück in der Stadt zu suchen.

Konohamaru weiß dass er sich glücklich schätzen kann, die Schule besuchen zu dürfen, da er selbst einige Freunde hat die dieses Privileg nicht besitzen und die zum Überleben auf Hilfe von Außen angewiesen sind. All die Not durch Armut und Arbeitslosigkeit hat nie Einzug in seine Familie erhalten und auch wenn es vielleicht egoistisch klingen mag, so ist er für diesen Umstand sehr dankbar.
 

„Du bist lange weg gewesen.“

Es klingt nicht ganz so vorwurfsvoll, wie seine Mutter es wohl beabsichtigt hat. Es klingt eher nach Erleichterung und so zuckt der Halbstarke auch nur lasch mit den Schultern, während er sich seiner Schuhe entledigt. Was soll er darauf denn auch großartig sagen? Seine Mutter hat ihn doch regelrecht aus dem Haus gejagt, damit er vor dem Computer wegkommt, um sich mal intensiv mit schulischen Nachforschungen zu beschäftigen, dass er dann aber doch tatsächlich den ganzen Tag weg sein wird, haben sich Mutter und Sohn wohl beide nicht vorstellen können.

„Und? Hast du was Interessantes heraus gefunden?“ Neugierig tritt die Hausfrau etwas näher an ihren Sohn heran, während ihr wohl der leise Verdacht in den Sinn kommt, dass er nicht mit seiner Hausarbeit beschäftigt war, sondern sich irgendwie anderweitig die Zeit vertrieben hat. Zutrauen würde sie ihrem Spross das durchaus. Er sagt das eine und macht was ganz anderes. Konohamaru hingegen überlegt einen Moment, ehe er zu seiner Mutter blickt.

„Ich denke schon, aber ich gehe morgen nochmal ins Museum.“

„Nochmal?“

„Klingt das so verwunderlich? Es gibt halt noch mehr, was ich gerne wissen möchte.“

„Ich bin nur überrascht. Du hast noch nie soviel Zeit in irgendwelche Schulaufgaben gesteckt.“

„Wunder geschehen immer wieder.“

Mit einem frechen Grinsen huscht der Halbstarke an seiner Mutter vorbei, die amüsiert lächelt und ihrem Sohn einen spielerischen Klaps auf den Hinterkopf gibt.
 

Am nächsten Morgen
 

Seit einer gefühlten Ewigkeit liegt Konohamaru nun schon in seinem Bett und verbringt die zähfließende Zeit damit, auf die digital Anzeige seines Radioweckers zu starren. Ein handelsübliches Gerät, wie es wohl auch Zeitschriftenabonnementen als Werbegeschenke beilegen würden. Ein recht billiges Ding aus einer entsprechenden Billiganfertigung in China, welches er sich aus einer reinen Not heraus zugelegt hat und zwar als er feststellte, dass sein natürlicher Biorhythmus in der Schule keine Achtung bekommt. Nach mehrmaligen Verspätungen und einigen Elternbriefen hat er dann schließlich eingesehen, dass er elektronische Unterstürzung benötigt. Nun liegt er in seinem Bett, betrachtet die Ziffern der Minutenanzeige und fragt sich nun zum wiederholten Male, warum eine Minute so verdammt lange dauert. Natürlich könnte er auch einfach aufstehen und die verbleibende Minute einfach Minute sein lassen, doch er weiß selbst nicht warum er eben genau dies nicht tut. Vielleicht ist es das Auskosten der wohligen Wärme seines Bettes, bis auf die letzte Sekunde. Doch in Anbetracht seiner Unruhe, kann von auskosten keine Rede sein. Er empfindet es schon eher als Folter. Vielleicht ist es aber auch der Trotz, der sein Tun beeinflusst. Es ist gegen seine Natur vor dem Dienst seines Weckers aus dem Bett zu steigen, aber eigentlich kann er es kaum noch erwarten. In seinem Kopf spuken wirre Gedankengänge umher, die er sich selbst nicht erklären kann und so schüttelt er lediglich den Kopf, ehe er wieder auf den Display seines Weckers schaut.

Ein kleiner roter Punkt am rechten unteren Rand des Weckers verrät, dass der Alarm aktiv ist und nur darauf wartet seinen Dienst zu tätigen, doch kaum dass die Ziffer umspringt und noch bevor das monotone Piepen aus den Boxen ertönt, legt der Halbstarke den Schalter um und beendet den nicht einmal begonnen Weckdienst. Irgendwie wirkt es sogar so, als wenn der Wecker gerade mal Zeit hatte, um Luft zu holen.

Hastig reißt der Jüngling eine Hose und ein Shirt aus den einzelnen Fächern seines Schrankes und streift sie sich mit wenigen Bewegungen über seinen Körper, nachdem er sich aus einen Schlafsachen geschält hat. Ein kurzer Sprung ins Bad, mit ausreichend vollzogener Katzenwäsche und schon springt der Indianerjunge die Treppen seines Elternhauses herunter. Aus der Küche ertönen bereits seit geraumer Zeit vertraute Geräusche von klapperndem Geschirr und ein verlockender Duft breitet sich in den Räumlichkeiten aus.
 

In diesen vier Wänden leben nicht nur seine Eltern und er, sondern auch sein Onkel und dessen Familie und, bis vor seinem Tod, auch sein Großvater. Sie alle verkörpern den Zusammenhalt einer Familie, die in allen Situationen zusammen stehen. Sie würden auch gemeinsam untergehen, denn sie würden einander nie im Stich lassen. In diesem Haus lässt sich mehr Wärme finden, als in der ganzen Sahara zusammen, auch wenn solch ein enges Zusammenleben nicht immer angenehm ist. Die häufig stattfindende Rangelei um das einzige Badezimmer, ist schon oft in einem handfesten Streit geendet. Privatsphäre ist oftmals nur ein Begriff und schwer umsetzbar. Bis zum Tod seines Großvaters, musste er sich mit seiner zweijährigen Cousine ein Zimmer teilen und diese Tatsache hat ziemlich oft seine Stimmung in den Keller gedrückt. Als Heranwachsender bekommt die Privatsphäre eine ganze andere Bedeutung und kein Teenager würde sich darum reißen mit einem Kleinkind zusammenzuleben.

Mit einem flüchtigen Blick überfliegt der Halbstarke das üppige Frühstücksbuffet, während seine Mutter den frisch gekochten Kaffee in eine Thermoskanne umfüllt und diese ebenfalls auf dem Tisch abstellt. Schüsseln, Tassen, Teller und Besteck bedecken die Tischplatte und geben kaum noch eine Stelle preis, an welcher die Maserung des Holzes erkennbar wäre. An so manch einem Morgen hat Konohamaru sogar schon befürchtet, dass das Holz unter der Belastung seinen weiteren Dienst verweigert. So ganz kann der Bursche den ständigen Aufwand von seiner Mutter auch nicht nachvollziehen. Wenn es nach ihm ginge, dann würden Cornflakes völlig ausreichen, um in den Tag starten zu können.

„Warte mal. Willst du nicht richtig frühstücken?“

Überrascht blickt seine Mutter ihm hinterher, nachdem er im Vorbeilauf nur eine trockene Scheibe Toast aus dem Brotkorb ergattert hat und gleich weiter auf den Flur türmen will. Er stockt auf den Zwischenruf nur kurz im Türrahmen und dreht sich zu seiner Mutter um, wobei er den Kopf schüttelt. „Ich muss mich beeilen. Ich hole mir unterwegs etwas. Hab dich lieb.“ Im herumwirbeln stößt der Teenager beinahe mit seinem Onkel zusammen, der lediglich einen überraschenden Laut von sich gibt und von seinem Neffen schließlich mit einem kurzen Morgen abgespeist wird. Keinen Augenblick später fällt die Haustür auch schon geräuschvoll zurück in das Schloss.

Asuma Sarutobi ist ein Schrank von Mann und selten aus der Ruhe zu bringen. Ein sanfter Riese sozusagen, mit einer leichten Tendenz zum Kettenraucher. Mit seinem dichten Bartwuchs wirkt er außerdem ziemlich rustikal und leicht einschüchternd. Obwohl er nur sehr selten aus der Haut fährt, spricht seine Erscheinung eine andere Sprache.

„Was ist denn mit dem los?“

Verwundert und leicht mit dem Kopf schüttelnd, lässt sich Asuma an dem reich gedeckten Tisch nieder und schüttet sich sogleich eine Tasse Kaffee ein. Auf seine Frage hin schüttelt seine Schwester jedoch nur den Kopf und blickt dabei aus dem Fenster. Sie beobachtet ihren Sohn dabei, wie dieser sich auf sein Fahrrad schwingt und mit kräftigen Pedaltritten auch schon bald aus ihrem Sichtfeld verschwunden ist. „Er meinte, dass er nochmal ins Museum gehen will, wegen seiner Hausarbeit. Findest du das nicht auch ungewöhnlich?“

„Sieh es positiv. Auch wenn es untypisch für ihn ist, so hockt er wenigstens nicht vor dem Computer.“ Mit einem laschen Schulterzucken beginnt Asuma damit sein Frühstück zusammen zustellen, während aus dem oberen Stockwerk Geräusche zu vernehmen sind, die deutlich machen dass auch die restlichen Bewohner sich auf dem Weg zum Buffet machen.
 

Bis zum Museum sind es mit dem Fahrrad gute dreißig Minuten Fahrzeit, doch da Konohamaru vor Aufregung beinahe zu platzen scheint, legt er an diesem Tag seine persönliche Bestzeit auf der Strecke hin. Er ist verschwitzt und ganz außer Atem, als er von dem Sattel seines Drahtesels steigt und denkt dennoch nicht daran, sich für einen Moment zu erholen. Der Halbstarke ist sich noch nicht einmal sicher, ob er das Schloss seines Fahrrades vernünftig angebracht hat und dennoch eilt er in die Hallen des Museums, nachdem er den Eintritt bezahlt und der Dame am Informationsstand einen guten Morgen gewünscht hat. Er hat das Gefühl, dass jede Sekunde die er mit Trödeln vergeudet, einen herben Verlust darstellt.

Konohamaru ist noch nicht einmal überrascht, dass Bansai schon auf ihn wartet. Obwohl es noch recht früh ist, tummelt sich bereits eine Vielzahl an anderen Besuchern in den Räumlichkeiten und der alte Mann wartet bereits geduldig auf er Bank, als Konohamaru die Museumshalle betritt und ein bisschen macht es sogar den Eindruck, als wenn Bansai am vergangenen Tag gar nicht nachhause gegangen wäre. Das Gefühl eines Déjá-vu breitet sich aus. Der Eindruck oder Glaube, eine Situation bereits schon einmal genauso erlebt zu haben. Dazu kommt dass, auch wenn der Halbstarke sich am vergangenen Tag die anderen Zuhörer nicht genau angeschaut hat, er der unumstößlichen Meinung ist einige der anderen anwesenden Gesichter bereits zu kennen. Wer kann es diesen Herrschaften denn auch verübeln? Nach einer solch ausführlichen Erzählung ist die Neugier einfach zu groß, als dass die Fortsetzung ignoriert werden könnte. Sie alle wollen mehr erfahren. Sie wollen mehr über diesen Menschen erfahren, der zu einem Helden wurde, obwohl er keiner sein wollte. Die Fortführung dieser fesselnden Erzählung, der weitaus mehr Aufmerksamkeit entgegen gebracht wird, als es so manch ein Kinofilm geschafft hat.

Bansai sieht wieder sehr viel gesünder aus, als am vergangenem Tag und augenscheinlich ist er voller Tatendrang, weswegen er nach der kurzen Begrüßung auch gleich an der Stelle ansetzt, wo er am vergangenem Abend einen Schlussstrich gezogen hatte. Die Aufmerksamkeit aller ist ihm in jedem Fall sicher.
 

***
 

Vor vier Tagen, kurz vor Sonnenaufgang, haben Naruto und Iruka Kingscross verlassen und sind nun auf dem Weg nach Pittsburgh, jedoch handelt es sich bei dieser Stadt nicht um ihr eigentliches Ziel, sondern viel mehr um einen groben Richtungsweiser. Erreichen wollen sie einen kleinen Ort namens Littlefield, dessen Existenz hauptsächlich von Viehzucht und Bergbau geprägt ist. Eine kleine Stadt, welche früher einen ziemlich schlechten Ruf innehatte und als Verbrechernest betitelt wurde. Es war ein ähnlicher Ruf, wie ihn Death Water noch heute trägt. Ein Ort voller zwielichtiger Gestalten, Betrügern und Halunken. Parasiten und Ungeziefer, welche die Schamlosigkeit besitzen hart arbeitende Menschen um ihren Verdientes zu bringen. Littlefield wurde allgemein gerne als des Teufels Küche bezeichnet, aber genau das hat sich in den vergangenen zwei Jahren drastisch geändert und zwar nachdem ein neuer Sheriff das Kommando übernommen und in den Straßen ordentlich aufgeräumt hat.

Nachdem der alteingesessene Gesetzeshüter, der als cholerisch verschrien und von zahlreichen Betäubungsmitteln, wie Opium und Äther abhängig war das Zeitliche gesegnet hat, weil er sich in einem halluzinogenen Zustand mit einer Bande von Viehdieben angelegt hat und diese ihn dann an Füßen gefesselt, hinter einem Pferd in vollem Galopp durch die Gegend schleifen ließen, nahm ein vielversprechender und hochgelobter Mann den Posten an. Die Zeitungen waren voll davon und gerade weil diesem nun verschlafenen Nest ein hoher Bekanntheitsgrad zugeschrieben wird, entzieht es sich dem Verständnis des Outlaws, warum sie nun ausgerechnet die Gegenwart dieses erfolgreichen Gesetzeshüters aufsuchen.

Etwas unsicher und den Begründungen des Planes nicht ganz folgen könnend, blickt Naruto auf den Rücken von Iruka, welcher vor ihm her reitet und dabei keine überstürzte Eile an den Tag legt. Vielmehr entsteht der Eindruck, als würde er die malerische Landschaft bestaunen die in den Gassen der Straßen einer dicht besiedelten Stadt, nur unter äußert erschwerten Bedingungen zu finden ist. Iruka wirkt wie ein Adelsmann, der durch die Reihen seiner Gefolgschaft reitet und dabei ungeteilte Aufmerksamkeit erhält. Er vermittelt den Eindruck eines heimkehrenden Helden, nach erfolgreicher Schlacht gegen ein feindliches Heer und das auf einem Pferd, welches einen erwachsenen Mann um ein Vielfaches überragt. Einen solchen Brocken von Pferd findet sich normalerweise auf dem Acker oder als Zugpferd vor irgendeinem schweren Gespann. Ashkii wirkt gegen den breiten und kräftigen Körperbau seines Artgenossen schon beinahe kümmerlich. Der Gaul muss eine Widerristhöhe von 180 oder größer haben. Es ist ein beeindruckendes Tier, welches trotz der Körpermasse keinesfalls schwerfällig wirkt. In den Bewegungen lässt sich daher eine gewisse Eleganz erkennen.

Eine ganze Weile blickt der Outlaw schweigend auf das schmale Kreuz seines alten Freundes. Mit einem kurzen und kaum wahrnehmbaren Tritt seiner Ferse, beschleunigt Ashkii seinen Gang und schließt somit auf, ehe Naruto ihn wieder zügelt. Der Outlaw muss seinen Blick anheben, um über-haupt in das Gesicht seines Begleiters schauen zu können. Er kommt sich so unwahrscheinlich winzig vor. „Erkläre es mir nochmal. Warum reiten wir in eine Stadt?“

Iruka entweicht ein undefinierbarer Laut und Naruto könnte meinen, dass er sogar mit den Augen rollt, bevor er sich zu einer erneuten Erklärung für diese Reise erbarmt. „Weil wir eine Kulisse brau-chen. Ich kann dich nicht einfach an einem Baum aufknüpfen und darauf hoffen, dass das reicht.“

„Wieso nicht?“

„Weil wir einen Staatsdiener brauchen, der die Hinrichtung vollführt und wir brauchen Zeugen, um das ganze Spektakel als glaubhaft zu vermitteln.“

„Das ist mir klar, aber wieso suchen wir ausgerechnet die Gesellschaft dieses erfolgreichen Sheriffs auf, der mich vermutlich vom Pferd schießen könnte, noch bevor ich ihn sehe? Wir könnten auch irgendeinen Dorftrottel nehmen, ihn in eine schicke Uniform stecken und so tun als ob.“

„Tolle Idee. Denkst du eigentlich wirklich mit? Je bekannter der Sheriff, desto wahrscheinlicher, dass die ganze Scharade geglaubt wird. Wir suchen ihn auf, weil er dich eben nicht vom Pferd schießen wird. Gaara steht noch immer in deiner Schuld also-“

„Gaara?“

Die nun stattgefundene Identifizierung dieses erfolgreichen Gesetzeshüters, ist für Naruto eine Überraschung, weswegen er diese in seinen Gesichtszügen auch nicht verbergen kann. Iruka wirkt hingegen mehr von der Tatsache überrascht, dass Naruto wohl nicht wusste wer dieser Sheriff wirklich ist. Der Reporter blickt seinen Begleiter daher recht unglaubwürdig an. „Ja. Er ist der Sheriff von Littlefield. Wusstest du das nicht?“

„Seinen Namen habe ich wohl immer überlesen. Er war schon immer ein Mann der Taten – auch wenn er keine zwei Worte gesprochen hat.“ In diesem Fall muss Iruka ihm sogar zustimmen.

Gaara musste, zusammen mit seinen älteren Geschwistern, ebenfalls einen langjährigen Aufenthalt im Waisenhaus über sich ergehen lassen, nachdem der Vater dem Suff und Glücksspiel gänzlich verfallen ist und in Folge dessen auch den Tod gefunden hat. Die Mutter starb bei der Geburt ihres jüngsten Kindes und ist somit nie ein Teil seines Lebens gewesen. Keine wagen Erinnerungen oder verzerrte Bilder, sondern nur eine erbärmliche Kindheit in dem kalten und lieblosen Schatten eines jähzornigen Vaters. Bis zu seinem fünften Lebensjahr ist er ein Einzelgänger gewesen, wie er nur schwer vorstellbar gewesen ist und dann kam Naruto.

In Narutos Augen hatte Gaara immer etwas Unheimliches an sich. Zurückhaltend und äußert intro-vertiert, doch stetes mit einer Ausstrahlung, die das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Sein Blickt ist nahezu immer ausdruckslos gewesen und aus seinen Gesichtszügen war nie auch nur eine Gefühlsregung ablesbar. Viele hatten Angst vor ihm und mieden ihn daher wie eine ansteckende Krankheit. Selbst seine Geschwister haben eine deutliche Distanz zu ihm vorgezogen. Es ist nur Naruto gewesen, der sich von dieser Art äußert unbeeindruckt zeigte und der schließlich dafür sorgte, dass dieser missverstandene Junge zugänglicher und umgänglicher wurde. Sie wurden Freunde. Eine Fähigkeit, die Naruto schon immer sein Eigenen nennen konnte. Eine Fähigkeit, die in vielen Augen nur von Gott gegebenen sein kann, ebenso wie sein ständiges Bestreben nach Gerechtigkeit. Naruto ist in vielerlei Hinsicht ein unglaublicher und einzigartiger Mensch, der wohl kein weiteres Mal auf der Erde zu finden ist.

Der erfolgreiche Gesetzeshüter von Littlefield ist also Gaara und damit hat dieser sein gesellschaftlich vorgegebenes Schicksal als Waisenkind ebenfalls erfolgreich geändert. Naruto bekommt zusehends das Gefühl, dass nur er diesen Weg eingeschlagen hat. Immer mehr befällt ihn der Gedanke, dass er genau das Leben führt, was jeder ihm angedichtet hat. Ein Nichtsnutz und Tagelöhner. Der Ballast der Gesellschaft und das, obwohl er extra die Flucht ergriffen und alles getan hat, um eben nicht so zu enden. Naruto seufzt ergeben, bis er sich Iruka erneut zuwendet. „Wie kommst du überhaupt darauf, dass er helfen wird? Er mag zwar in meiner Schuld stehen, aber was macht dich so sicher, dass er für ein Lügenmärchen, was jederzeit auffliegen und euch Beide mit ins Verderben reißen könnte, alles riskiert?“

„Der gleiche Grund, warum ich dazu bereit bin. Wir sind Freunde. Du hast viel für ihn und alle ande-ren getan. Dies ist eine Möglichkeit Dankbarkeit dafür auszudrücken. Er ist die ausführende Staats-macht deiner Hinrichtung und gerade weil er einen solchen Bekanntheitsgrad hat, werden die we-nigstens seine Geschichte in Frage stellen.“ Noch nicht wirklich von der Sicherheit dieses Planes überzeugt, blickt Naruto wieder nach vorne, womit sich die aufkommenden Gebäude von Littlefield in sein Sichtfeld drängen. „Ich hoffe wirklich, dass das gut geht.“
 

Die Bezeichnung Stadt ist für Littlefield nicht unbedingt eine treffende Bezeichnung. Es ist eine breite, staubige Straße, an deren Ende sich ein kleiner Güterbahnhof befindet und an dem die Straße rechts und links vorbeiführt. In unmittelbarer Nähe zum Bahnhof steht ein Saloon und nur einen Katzensprung entfernt, befindet sich eine Postkutschenstation. Die anderen Geschäfte, zu denen ein Waffen- Gemischtwarenladen, ein Arzt, ein Bestatter und eine Kapelle gehören, stehen zwischen Wohnhäusern am Rande der Straße. Das Büro des Sheriffs ist unmittelbar am Eingang der Stadt platziert worden und da jeder Neuankömmling auf diese Weise schnell in dem Sichtfeld des Gesetzeshüters kommt, betrachtet der Outlaw das Gebäude aus sicherer Entfernung und mit einer gewissen Skepsis im Hinterkopf. Die Bewohner auf den Straßen schenken den beiden Männer nur flüchtige Aufmerksamkeit entgegen und beschäftigen sich dann wieder mit ihrem Tagewerk. Gaara hat in diesen Gefilden so gut aufgeräumt, dass Fremde nicht mehr als potenzielle Gefahr betrachtet werden. Eine beeindruckende Leistung, die offensichtlich mit uneingeschränktem Vertrauen belohnt wird. Naruto wirft einen Blick über seine Schulter, als er hinter Iruka die zwei Stufen der Veranda emporsteigt, während dieser mit einem höflichen Klopfen um Einlass bittet. Es ertönt nur eine dumpfe Stimme, welche sie dazu auffordert die Räumlichkeiten zu betreten.

Das Büro eines Sheriffs ist nicht unbedingt ein Ort, an dem sich jemand besonders wohl fühlen könnte. Zwei Zellen springen jedem Besucher sofort in das Blickfeld und dieser Anblick hat durchaus etwas Abschreckendes an sich. Eine harte Pritsche, ein Eimer und eine Schüssel mit Wasser sind alles, was Inhaftierte auf diesem begrenzten Raum vorfinden. Rechts von der Tür befindet sich der massive Schreibtisch, auf dem sich einige Dokumente stapeln. An der gegenüberliegenden Wand steht ein Schrank, in dem zahlreiche Waffen sicher verstaut sind und sich somit außerhalb der Reichweite von schießwütigen Fingern befinden. Ein paar Öllampen baumeln von der Decke und eine Gaslampe hinter dem Schreibtisch sorgen in den Abendstunden für ausreichende Sichtverhältnisse. Es gibt viele Fotos, Steckbriefe und Zeitungsartikel, welche sorgsam an einer Schauwand befestigt wurden. Es ist das typische Büro eines Gesetzeshüters, wie es in den Vorstellungen der Bevölkerung am häufigsten zu finden ist. Es ist ungemütlich und zweckmäßig.

Gaara hat sich mit den Jahren sichtbar verändert und dennoch ist er recht klein geblieben und liegt mit seiner Körpergröße unter dem eigentlichen Durchschnitt, doch das lässt ihn keineswegs harmlos erscheinen. Die kurzen Haare schwanken im Tageslicht zwischen Rot und Braun und seine Haut wirkt ziemlich bleich. Es könnte schon fast als eine kränkliche Erscheinung bezeichnet werden, wenn er nur nicht dieser athletische Körperbau und der stets ernste Gesichtsausdruck wären. Wegen dieser Eigenschaften haben einige andere Waisenkinder ihn gerne Gruselzwerg genannt. Sie hatten Angst vor ihm, nahmen ihn auf der anderen Seite aber auch nicht für voll. So, wie er nun dasitzt, sieht er äußert geschäftig aus, was auch daran liegen mag dass er seine Besucher mit offenkundigem Desinteresse begegnet. Er ist ein Mann mit hohem Ansehen geworden, der augenscheinlich viel Wert auf sein Äußeres legt. Sein weißes Hemd mit Stehkragen, welches bis auf den letzten Knopf zugeknüpft ist, sitzt perfekt an seinem Körper. Eine schwarze Weste, ebenfalls akkurat zugeknöpft, verleiht ihm schon fast das Aussehens eines tüchtigen Börsengängers von New York und die sorgsam verstaute Taschenuhr, dessen Kette in einen nahezu perfekten Halbkreis auf der Höhe seiner Taille baumelt, lässt ihn wichtig erscheinen. Seine Beine stecken in einer ebenfalls schwarzen Baumwollhose und blank geschrubbte Stiefelletten mit abgerundeter Spitze, sind unter dem Schreibtisch erkennbar. Naruto wirft einen Blick neben die Tür an der er einen schwarzen, faltenfreien Gehrock und einen ebenso schwarzen Filzhut, mit einer kleinen Schnalle an der Hutschnur, ausfindig machen kann. Der Outlaw kann sich nicht helfen, aber mit dieser Kluft hat er gleich die geschäftigen Städter von New York vor Augen, die mit Unsummen von Geld spekulieren. Unbewusst blickt Naruto an sich herunter, nur um festzustellen, dass er in Sachen Kleidung keine Konkurrenz darstellt. Das verschmutzte, abgetragene Hemd welches an zahlreichen Stellen bereits geflickt wurde, in Paarung mit der nicht weniger ansehnlichen Hose, dessen Saum von Staub, Schmutz und Tiermist verunreinigt ist, reichen allein schon aus, um ihn in die Sparte eines ärmlichen Landstreichers zu stecken. Die abgetragenen und stinkenden Schuhe, runden das Bild aber noch etwas mehr ab. Im direkten Vergleich mit dem Sheriff wirkt der Outlaw wie ein zerlumpter Bettler – eine fast schon beschämende Tatsache.

Erst als Iruka sich räuspert hebt der Sheriff den Blick und scheint zu einer Salzsäule zu erstarren, kaum dass er seine Gäste identifizieren kann. Nach einer gefühlten Ewigkeit schüttelt Gaara den Kopf und fährt sich ungläubig durch die Haare. „Ich sollte mal nachforschen, was der Typ in seinen Fusel mischt.“

Naruto schmunzelt auf diese Worte, wobei er die Hände in seinen Hosentaschen verstaut und damit beginnt einen interessierten Blick über die zahlreichen Bilder an der Schauwand gleiten zu lassen. Gaara hingegen stemmt sich von seinem Stuhl in die Höhe und schüttelt Iruka begrüßen und erfreut die Hand, nachdem sie den Abstand zueinander überbrückt haben. „Gaara, schön dich wiederzusehen.“ Die Freude ist auch auf der Gegenseite zu finden. Die drei Männer kennen einander seit sie Kinder sind und auch wenn Iruka ganze zehn Jahre mehr auf dem Buckel trägt, so waren sie früher ein eingespieltes Team. Inzwischen stehen die Dinge anders. Sie haben sich aus den Augen verloren und sich entfremdet. Jeder ist seinen Weg gegangen und jeder hat seine eigenen Erfahrungen gemacht. Im Grunde stehen sich drei lebenserfahrene, fremde Männer gegenüber, die sich erst wieder annähern müssen. Naruto nimmt dies zumindest in Bezug auf sich und den Sheriff an, denn Iruka und Gaara wirken bereits wie alte Freunde, dich sich nach langer Zeit wiedersehen. Sie unterhalten sich, lachen und scherzen. Der Familienvater hat das Gefühl, als hätten die zwei vergessen, dass er sich mit ihnen zusammen in diesem Raum befindet.

„Du gehörst wohl jetzt mit zu den schweren Jungs, was Gaara?“ Etwas spöttisch und keineswegs böswillig, aber mit der Absicht die Aufmerksamkeit der Herren auf sich zu lenken, schielt der Outlaw zu dem kleinen Sheriff, welcher ihm gerade mal knapp über die Schulter reicht.

Gaara lächelt auf diese Worte nur vielsagend, ehe er neben den blonden Familienvater tritt und in dessen Gesicht schaut, als hoffe er irgendetwas daraus ablesen zu können. Es ist ein Nicken, welches auf diese indirekte Provokation folgt. „Ja, nur ich stehe auf der Seite der guten schweren Jungs, während du auf der anderen stehst.“ Eine klare Gegenprovokation, dessen Inhalt Naruto sich für einen Moment durch den Kopf gehen lässt und dabei den Blick zurück auf die Schauwand richtet. Sind sie Feinde oder zumindest Gegner? Stehen sie an zwei verschiedenen Fronten und drohen einander? Er hatte eine gehörige Portion Skepsis in sich, als Iruka ihm von dem Ziel ihrer Reise erzählte, doch nur aus dem Grund, weil er nicht wusste inwieweit Gaara bereit ist, seine beruflichen Pflichten zu unterdrücken. Ob er überhaupt bereit ist, das Gesetz außer Acht zu lassen oder es zumindest etwas lockerer zu sehen. Als Gefahr hat er den Sheriff nicht gesehen.

„Hm, ich sehe das nicht so.“

„Ach ja? Wo siehst du dich denn, bei all den Steckbriefen?“ Erwartungsvoll richtet nun auch Iruka seinen Blick auf den Outlaw, der ein ihm gut bekanntes Bild an der Schautafel betrachtet. Es ist sein eigenes Gesicht, dass er betrachtet. Eine Wut verzerrte Fratze, welche seine Grausamkeit und seine Gefährlichkeit veranschaulichen soll. Die Darstellung eines kaltblütigen Verbrechers, der von der Justiz erbarmungslos gejagt wird. Ein Gesicht, dass die pure Boshaftigkeit ausstrahlt - Es sieht ihm überhaupt nicht ähnlich. Seine Augen wandern den Steckbrief weiter hinab, über seine aufgelisteten Straftaten, welche die Justiz am schlimmsten aufstoßen lässt und den schließlich bekannten Schlagwörtern tot oder lebendig, bis hin zu dem verlockend hohen Kopfgeld von 600 Dollar. Ein Vermögen, mit dem sich ein Mann fast zur Ruhe setzen könnte – wenn er sich seinen Kopf unter den Arm klemmen könnte, dann würde er es für diese Summe tun.

„Ich sehe mich zwischen den Fronten. Um Gutes zu erreichen, muss ich Böses tun. Ich bin weder das eine, noch das andere.“

Für eine Weile herrscht Schweigen. Eine Weile in der diese Worte ihre Wirkung entfalten können und eben dies auch tun. Mit wenigen Worten hat Naruto faktisch seine Existenz offenbart. Er gehört weder zu den einen noch zu den anderen. Er steht mitten drin und von beiden Seiten wird gezerrt und gezogen – manchmal sogar geschubst. Mit einem recht ausdruckslosen Mimikspiel betrachtet Gaara den Outlaw, ehe er geräuschvoll seufzt und wieder hinter seinem Schreibtisch marschiert.

Iruka wirft den beiden Männern nur verwirrte Blicke zu, während Naruto sich die übrigen Steckbilder anschaut. Gefährliche Haudegen, stets gewaltbereit und unberechenbar. Ihn überkommt plötzlich der Drang sein eigenes Fahndungsbild von der Wand zu reißen, weil es dort einfach nicht gehört. Er gehört nicht zu diesen Menschen. Keiner der Männer sagt ein Wort und irgendwie übernimmt eine äußert drückende Atmosphäre die Räumlichkeit. Ein äußert angespanntes Gefühl, welches sich in bis in die kleinste Muskelfaser ausbreitet und obwohl der Reporter dieser Situation am liebsten entfliehen würde, traut er sich nicht etwas zu tun oder zu sagen um die Situation zu entschärfen. Es ist Naruto, der sich schließlich räuspert, sich von den ganzen Bildern ab und Gaara schließlich zu wendet.

Der Outlaw hätte nie dieses Alter erreicht, wenn er nicht in jeder Situation einen Überblick behalten hätte. Die richtige Einschätzung potenzieller Gefahren und die Abwägung möglicher Alternativen zur Abwendung eben jener. Eine potenzielle Gefahr ist ihm längst in sein Auge gesprungen und zwar in Form eines Revolvers, der in unmittelbarer Nähe zu Gaaras rechter Hand auf dem Schreibtisch, neben einem Stapel Papieren liegt. Sein Blick bleibt für einen kurzen Moment auf der Schusswaffe liegen und er spürt, wie Gaara diesem Blick folgt. Die Situation gleicht einem Duell: Wer kommt als erstes an seine Waffe und damit zum Schluss. Die Bedrohung wird jedoch abgeschwächt, als der Sheriff sein Blick auf ein vollkommen anderes Objekt richtet, bei dem es sich um ein eingerahmtes Foto handelt, welches auf der anderen Seite des Schreibtisches steht und dessen Motiv für Naruto und Iruka verborgen bleibt. Gaara schaut es eine ganze Weile an und Naruto glaubt schmerzhafte Sehnsucht in seinem Blick erkennen zu können. Es ist die Art von Sehnsucht, die nie erfüllt werden kann. Eine Sehnsucht, die sich nicht mit Geld oder einer langen Reise befriedigen lässt. Es ist der Ausdruck von quälender Gewissheit und Trauer. Es ist die Endgültigkeit, deren Bestand keine Macht des Universums ändern kann und nachdem sich das Herz trotzdem verzehrt. Ein immer wiederkehrender Schrei voller Verzweiflung und Sehnsucht. Es sind Empfindungen, wie sie nur bei dem Tod eines geliebten Menschen aufkommen können. Es ist nicht nötig ein guter Menschenkenner zu sein. Eine gute Beobachtungsgabe reicht vollkommen aus, um eben die Anzeichen dafür erkennen zu können, dass Gaara einen schweren Schicksalsschlag erlebt hat, der in seinen Gedanken einen festen Platz eingenommen hat. Ein Erlebnis, dass nicht vergessen werden kann, sondern an deren zusammenhängende Gefühle einfach eine Gewohnheit gekoppelt wird. Es ist wie bei einem Menschen, der ein Bein verloren hat. Er gewöhnt sich an diesen Zustand, doch es wird kein Tag vergehen, an dem er nicht an den Verlust denken wird. Kein Tag, an dem er sein Bein nicht vermissen wird.

Naruto holt tief Luft und zuckt bedeutungslos mit den Schultern, während seine Hände immer noch in seinen Hosentaschen stecken und er Gaara mit dieser Handlung aus seinen Gedanken reißt. Das Lächeln auf den Lippen des Familienvaters ist keinesfalls ehrlich und eher eine Geste aus reiner Höflichkeit heraus. „Was machen deine Geschwister?“

Mit einer fixierenden Gesichtsmimik lehnt sich der Sheriff in seinem Stuhl zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. „Kankuro fährt die Postkutsche und Temari ist in den Wäldern von Oregon als Jägerin aktiv. Beide unverheiratet und kinderlos. Was soll das jetzt werden Naruto? Eine muntere Fragerunde, wie es wem ergangen ist? Ich will jetzt sofort wissen, was du hier willst.“ Einfach frei heraus und ohne große Umschweife. Wenn er es wissen will, dann wird ab jetzt mit offenen Karten gespielt.

„Deine Hilfe.“

„Wie bitte?“ Etwas fassungslos verzieht Gaara das Gesicht und beugt sich leicht nach vorne, was unter anderen Umständen vielleicht den Eindruck erwecken würde, als müsse Naruto die Worte wiederholen, weil er sie nicht gehört hat. Iruka tritt beschwichtigend zwischen die beiden Männer, äußert besorgt darum, dass die Situation eskalieren könnte.

„Ich werde es dir erklären. In Ordnung? Also hör … einfach nur zu.“
 

Geduldig lauscht Gaara den Ausführungen, wobei ihm hin und wieder ein undefinierbaren Laut entweicht. Wie früher auch schon, lässt sich in seinem Gesicht keine lesbarere Emotion erkennen. Ein Nicken hier, ein Brummen dort. Es gibt rein gar nichts, was Mutmaßungen zulassen würde und so ist es eine angespannte Nervosität die in dem Raum umherschwirrt als der Sheriff sich wieder in die Höhe stemmt und beinahe nebensächlich ein paar Dokumente in einer der massiven Schubladen verstaut, ehe er sich mit den Händen an der Oberfläche des Schreibtisches abstützt. Wieder ein tiefes Schweigen und Naruto sowie Gaara wissen keine Worte zu äußern, die in solch einer ungewohnten Situation angebracht werden. Gaara nickt nur verstehend und als er in aller Ruhe nach dem Revolver greift, zuckt Iruka merklich zusammen, während Naruto nur den Kopf etwas streckt und auf die Dinge wartet die da nun kommen mögen. Er lässt seine Hände weiterhin in den Taschen ruhen und gedanklich hat er nicht einmal vor seinen Finger um irgendeinen Abzug zu spannen. Mit dem Schießeisen in der Hand und wohl zum Äußersten bereit, geht Gaara um seinen Schreibtisch herum und lehnt sich schließlich an die Oberfläche, wobei er zwischen seinen Gästen überprüfend hin und her schaut.

„Vorweg will ich klarstellen, dass ich dir diese Geschichte sogar glaube. Ich hege keine Zweifel an der Richtigkeit dieser genannten Inhalte, aber … wieso sollte ich dir helfen? Was habe ich davon?“ Schweigen. Naruto überlegt noch nicht einmal ob eventuelle Vorteile für Gaara entstehen könnten, denn der Outlaw weiß, dass dem nicht so ist und da der Sheriff keine Antwort auf diese Frage erhält, lächelt er nur mit einem leichten Kopfschütteln ehe er die Waffe anhebt und auf seinen einstigen Kindheitsfreund zielt. „Für mich würde nur etwas dabei herumkommen, wenn dieser Plan absolut sicher wäre und genau das ist er nicht. Ich wäre vollkommen ruiniert, wenn eure schön zurecht gelegte Szenerie auffliegen würde, aber … wenn ich dich jetzt verhaften oder erschießen würde … das würde mir Ruhm und Ehre einbringen, von dem kaum ein anderer Mann zu träumen wagen würde und dein Kopfgeld … es würde mich Monate versorgen.“

„Gaara, bitte. Wir-“ Beschwichtigend tätigt Iruka einen kurzen Schritt in die Richtung des Sheriffs, der sofort den Lauf seiner Waffe auf ihn richtet und damit jedes noch so kleine Muskelzucken unterbindet. „Ich könnte dich genauso festsetzen, als sein Partner, also halt dich am besten geschlossen.“ Ein wenig hektisch richtet er die Waffe wieder auf Naruto, als dieser ein paar Schritte auf ihn zu geht. Die Mündung ist nur eine Armlänge von ihm entfernt, als er wieder stehen bleibt und fast auffordernd die Arme ausbreitet.

„Du willst mich erschießen? Dann tue es. Ich werde mich nicht wehren.“

Für einen winzigen Moment scheint Naruto so etwas wie Überraschung und Entsetzen in den Augen seines Gegenübers erkennen zu können und auch Iruka schnappt aufgeregt nach Luft. Wie ein Fisch auf dem Trockenen. In dieser Stille könnte der Aufprall einer Stecknadel hörbar werden und während der Reporter leicht panisch zwischen den Männern hin und her blickt, starren diese sich einander ernst an und wagen es wohl noch nicht einmal zu blinzeln. Iruka kann deutlich erkennen, wie Gaara seinen Finger fester um den Abzug der Waffe spannt, doch es löst sich kein Schuss. Es gibt keinen ohrenbetäubenden Knall, welcher die gesamte Bewohnerzahl des Ortes aufschrecken würde, denn Gaara lässt die Waffe sinken, wenn auch nur zögerlich. Dem Sheriff entweicht ein resignierter Laut, während Iruka vor Erleichterung nach der nächsten Sitzgelegenheit sucht. Dumpf mit einem unüberhörbaren Seufzer, lässt sich der Journalist auf einem Stuhl neben der Tür und schließlich leicht nach vorne fallen. Dieses Schauspiel hat ihm einen deutlichen Schreck durch den Körper gejagt, den er erst einmal verdauen muss und ein paar Jahre seines Lebens scheint er auch eingebüßt zu haben. Naruto hingegen wirkt beinahe enttäuscht.

Gaara schüttelt ungläubig den Kopf, nachdem er die Waffe zurück auf den Schreibtisch gelegt hat und seinen Blick noch einmal prüfend über den Körper des Outlaws wandern lässt. „Hast du gewusst, dass ich nicht abdrücken werde?“

„Nein. Eigentlich habe ich gehofft du tust es.“

„Was?“

„Na ja … sein wir doch mal realistisch. Welche Erfolgsaussichten habe ich denn schon großartig? Ich befinde mich auf einem privaten Kreuzzug, zahlenmäßig weit unterlegen und mit beschränkten Mitteln. Der einzige Grund, warum ich so handle, wie ich handle, ist der Wunsch meiner Familie ein unbeschwertes Leben zu ermöglichen. Sie sollen nicht ihr gesamtes Leben verfolgt werden und ständiger in Angst leben müssen. Ich habe mir etwas aufgebürdet an deren Erfolg ich wirklich zweifle. Ich würde lieber sterben, als mein Scheitern zu erleben.“

Mit einem nachdenklichem Mimikspiel verschränkt Gaara die Arme vor der Brust. „Das ist ziemlich enttäuschend.“

„Wie?“ Mit einem verwirrten Blinzeln und damit schlagartig aus seiner Depression gerissen blickt Naruto den Sheriff an, der wirklich so etwas wie Enttäuschung in seinem Gesichtsausdruck trägt.

„Früher hast du dich von nichts einschüchtern lassen und heute knickst du ein, weil ein paar Politiker mit ihren Säbeln rasseln? Wenn dir einer einen Stein in den Weg gelegt hat, hast du ihn zurückgerollt. Du bist morgens aufgestanden und hast der Welt den Mittelfinger gezeigt, also...“ schwungvoll stößt sich Gaara von seinem Schreibtisch ab und tritt näher an den Outlaw heran, der von dieser Rede tatsächlich beeindruckt wirkt. „Wenn du willst, dass ich dir helfe, dann zeig mir wieder ein bisschen Kampfgeist.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  fahnm
2014-12-08T19:59:14+00:00 08.12.2014 20:59
Super Kapitel
Von:  narutofa
2014-12-07T21:22:03+00:00 07.12.2014 22:22
Das war ein sehr gutes Kapitel. Ich hatte spaß es zu lesen.
Da hat Naruto eine gute Idee. Iruka will ihn auch helfen und macht dann auch dem letzten schliff damit alles klappt. Dann ist nur die frage wie seine familie auf dem zeitungsartkil regiert. ich bin gespannt was noch so kommt. mach weiter so
Von:  Kaninchensklave
2014-12-07T20:13:30+00:00 07.12.2014 21:13
EIn tolles Kap

nun es war kalr das Bansai erst mal eine Pause braucht doch am nächsten Tag geht es ja auch weiter und der Junge Navaho wird vieles erfahren
und vorallem dann sehr stolz darauf sein das es ein Wißer geschaft hat das die uterdrückung seines Volkes aufgehört hat nur ist es noch lange davon weit entfernt Akzeptiert zu werden

Der vorschalg von Irkua NAruto Quasie hängen zu lassen sit gut denn so kann er
im geheimen weiter arbeiten und Beweise für genug Anshculdigungen zu finden um der Aktuellen regierung den Gar aus zu amchen die ohnehin nicht mehr unkritisch betrachtet wird was ihr vor gehen gegen über den Ureinwohner und das verhalten gegen über von diesen

GVLG


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