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Love has a bitter taste

von

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Shelter of an angel

Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern wie ich durch den dichten Stadtverkehr gekommen bin. Ein Blick auf die Uhr meines iPhone Displays verriet mir jedoch, das ich eine gute Stunde zu spät dran war. Fünf verpasste Anrufe und eine ziemlich angesäuerte Nachricht zeigten mir bereits die Laune meiner Prinzessin. Ich setzte mir meine Sonnenbrille auf und hoffte dass ich unerkannt, durch die verschachtelten Gänge des Flughafens kommen würde, bis ich sie gefunden hatte. Nachrichten oder Schlagzeilen in der nächstbesten Klatschpresse würden mir jetzt gerade noch fehlen.

Das einzig Positive was ich der vergangenen Stunde im Auto abgewinnen konnte war dass das Flirren vor meinen Augen so gut wie verschwunden war. Auch ließ der Druck in meinem Inneren ein wenig nach, wofür ich mehr als dankbar war. Es wäre nicht auszudenken wenn ich jetzt einen Unfall bauen würde. Alex verzieh mir bereits den Verrat an ihr selbst nicht, wie könnte sie mir dann dies jemals verzeihen? Jetzt wo ich sie endlich soweit hatte, mir meinen größten Wunsch zu erfüllen? Auch wenn dies nicht für lange sein würde. Allzu bald würde ich dem Ganzen nicht mehr gewachsen sein. Wie lange würde ich ihnen etwas vorspielen können? Es war nur noch eine Frage von Monaten. Tief in meinem inneren wusste ich es auch, wollte es mir aber nicht eingestehen.

 

Ich blieb stehen, suchte nach dem langen, glatten, schwarzen Haar meiner Tochter. Sie würde mir den Kopf abreisen, dessen war ich mir fast sicher. Ihr Temperament hatte sie schließlich von Alex geerbt und leider war das der negative Teil meiner Ex-Frau. Ich seufzte als ich sie nirgends entdecken konnte. Hatte sie sich bereits ein Taxi genommen? Jedoch stand davon nichts in ihrer Nachricht.

„Abbey zieh nicht so! Bleibst du wohl hier!“ vernahm ich die ziemlich genervte Stimme meiner Tochter. Lächelnd drehte ich mich um, gerade rechtzeitig um zu sehen wie sich der Hund meiner Tochter geschickt aus seinem Geschirr entwand und loslief. Hin und hergerissen zwischen ihrem Gepäck und Abbey sah Luna verzweifelt hin und her. Ich sollte ihr wohl helfen, bevor die Hundedame noch entwischt.

„Abbey!“ mein energischer Befehl brachte sowohl den Hund als auch meine Tochter zum Stehen. Ersterer drehte sich um und blickte reichlich verwirrt, wenn Hunde dies denn können, zu mir. „Abbey, komm her!“ es schien einen Moment zu dauern bis die Hundedame sich erinnerte wer ich war, jedoch rannte sie dann so schnell wie ihre kurzen Stummelbeine sie trugen auf mich zu. Lächelnd beugte ich mich hinunter und nahm sie auf den Arm, wo sie mich mit tausend Hundeküssen begrüßte. „Ist ja gut. Eine Dusche am Tag reicht mir vollkommen.“ Ich trat lächelnd auf Luna zu, versuchte jedoch nicht sie zu umarmen. Meine Erfahrung hatte mir gezeigt dass ich meine wütende Tochter erst beruhigen musste bevor sie sich umarmen ließ. „Gomen, ne.“ Sagte ich und sah sie entschuldigend an, versuchte mich an einem kleinen Lächeln. Doch ihr erbarmungslos wütender Blick sagte mehr als es Worte hätten ausdrücken können.

 

„Du bist eine ganze, verdammte Stunde zu spät, Dad! Und dein Konzert ist jetzt bereits seit zwei Stunden vorbei! …“ sie holte tief Luft, versuchte sich offenbar selber zu beruhigen. Statt etwas darauf zu antworten, griff ich stumm nach dem Hundegeschirr und legte es dem kleinen Frechdachs mit ihrem Dackelblick wieder an. Ich konnte wohl wirklich von Glück sagen das sie sich noch kein Taxi organisiert hatte. Seufzend ließ ich Abbey wieder auf den Boden und übergab Luna die Leine.

„Verzeihst du mir?“ ich zog die Sonnenbrille von meiner Nase und blickte sie einen langen Moment fragend an, konnte förmlich sehen wie es in ihr arbeite. Ich hoffte nur dass sie sich heute noch entscheiden würde mir zu verzeihen. Der Tag hatte mich völlig fertig gemacht.

„Mach das nie wieder! Ich dachte du hattest einen Unfall! Wozu hast du ein Telefon?“ als sie geendet hatte zog ich sie in meine Arme.

„Gomen… Ich hatte den Ton noch auf Stumm, habe es nicht klingeln gehört. Lass uns gehen.“

Mit diesen Worten setzte ich mir meine Sonnenbrille wieder auf und nahm ihr Gepäck an mich.

Luna würde ab heute bei mir Leben.

„Dad, kommst du?“ ich lächelte sie an, folgte ihr.

 

Als wir das Flughafengebäude verließen, drangen die Stimmen des nächtlichen Tokyos uns entgegen. Luna blieb einen Moment stehen, genoss scheinbar die lärmenden Geräusche um uns herum und lächelte mich glücklich an. „Endlich darf ich wieder bei dir bleiben!“ flüsterte sie und ich zog sie wieder an mich. Es machte mich glücklich, meine Tochter wieder bei mir zu haben. Viel zu hart war es nach der Scheidung gewesen, sie nur noch wenige Male im Jahr zu sehen. Zwar hatte ich durch meinen Beruf, ungewöhnliche Arbeitszeiten, aber auch jene duldeten kein unentschuldigtes Fernbleiben. Also konnte ich nicht einfach mal so zu ihr fliegen. „Ich freue mich, dass du wieder zu Hause bist, Arti. Und diesmal für immer… versprochen.“ Ich wisperte das letzte Wort, denn ich würde dieses Versprechen nicht halten können. Ihre strahlenden Augen, von denen Ryu mal gesagt hatte das es die meinen wären, sprachen Bände.

Nachdem ihr Gepäck im Kofferraum meines Wagens verstaut war und Luna samt Abbey bereits im Auto saß, ertönte das Klingeln meines Handys. Ein kurzer Blick sagte mir wer der späte Anrufer war. Seufzend nahm ich ab, versicherte mich aber das Luna die Autotür bereits geschlossen hatte und das Gespräche so nur, wenn überhaupt, gedämpft mitbekam. Ich ahnte bereits worum es gehen würde.

„Moshi, moshi.“ Sprach ich ruhig in den Hörer und musste auf eine Antwort warten, da er den anderen mitteilte, dass ich abgehoben hatte.

 

„Yuune, wo zum Teufel steckst du! Wie kannst du in deinem Zustand überhaupt ans Autofahren denken? Spinnst du nun völlig!“ schrie mich mein bester Freund ungehalten an. Ich schwieg, konnte schließlich nicht wirklich widersprechen und hörte wie Shinya im nächsten Augenblick offenbar die Anderen anschrie. „Kiyo, jetzt sorge gefälligst dafür das Ryu nicht noch einmal auf Jun losgeht! Verdammt, ich brauche keinen zerpflückten Bassisten, geschwiege denn einen erwürgten Sänger!“ ich zog besorgt meine Augenbrauen nach oben. Das Gefühl, schuld an der aktuellen Situation zu sein, wurde mit einen mal deutlich stärker.

„Shin, was machen die beiden?“ fragte ich deshalb unseren Drummer und hörte nur ein unwilliges Brummen auf der anderen Seite des Hörers. „Die beiden benehmen sich wie die letzten Deppen! Das ist hier los. Und nun verrate mir welcher Teufel in dich gefahren ist! Wo bist du!?!“ ich hielt den Hörer ein wenig von mir weg, schrie Shinya mittlerweile ins Telefon. Luna klopfte an die Scheibe und so bedeutete ich ihr dass ich nur noch kurz telefonieren müsste, trat dafür nun einige Schritte vom Auto weg.

„Am Flughafen. Und bevor du mich noch mal anschreist, ich verlasse das Land schon nicht. Ich habe nur jemanden abgeholt.“ Sagte ich und blickte zum Auto wo Luna bereits an den Knöpfen für das Radio drehte.

 

„Es ist mitten in der Nacht Yuune. Du hattest heute irgendeinen Anfall von dem wir nicht wissen woher er kam, du warst auch während des Konzertes völlig abwesend, bist nach unserem Auftritt fast wieder zusammengebrochen und dann fährst du Auto! Um jemanden vom Flughafen abzuholen?“ Shinyas Stimme bebte und ich war froh dass er  mich nicht kurz nach dem Konzert gesehen hatte. Ein Hustenanfall hinderte mich daran zu antworten. Shinya rief besorgt meinen Namen und auch die lauten Hintergrundgeräusche verstummten. Ich bereitete ihnen Sorgen. Das war etwas was ich nicht wollte. Jedoch musste ich einsehen, dass es dafür wohl schon zu spät war. Ich fragte mich wie ich sie davon überzeugen konnte, dass es mir gut ging. Gedankenversunken wischte ich nun schon zum dritten Mal an diesem Tag das Blut an meiner Hose ab.

Vielleicht musste ich meinem Arzt doch einen Besuch abstatten, nach meinem Termin in der Schule am morgigen Tag.

„Shin mir geht es hervorragend. Es war wahrscheinlich nur die Aufregung vor dem heutigen Konzert. Nimm es mir nicht übel, aber ich muss nun nach Hause. Es war ein langer Tag.“ Mit diesen Worten legte ich auf. Ich war mir bewusst das Shinya mir nicht ein Wort abkaufen würde und schaltete vorsichtshalber mein iPhone aus. Ich würde ein paar Tage verstreichen lassen bevor ich mich bei den anderen melden würde. Seufzend stieg ich ins Auto und spürte den fragenden Blick meiner Tochter.

 

„Es war nur Shin. Er war nicht begeistert das ich ohne ein Wort zu sagen abgehauen bin.“ Ich zuckte mit den Schultern, dieses Thema war für mich nun abgeschlossen. Zumindest solange wie keiner meiner Freunde vor meiner Tür stehen würde. Ich hoffte inständig das auch Ryu sich nicht blicken ließ.

„Hattet ihr streit?“ war die simple Frage meiner Tochter und ich schüttelte den Kopf.

„Nein, Arti. Aber ich konnte doch nicht mit ihm auf das Konzert anstoßen und du weißt wie gern er danach einen drauf macht. Zumindest bis Aya ihn anruft.“ Antwortete ich ihr Augenzwinkernd und startete den Motor.

Wir würden eine ganze Weile benötigen, bis wir zu meiner Wohnung kamen.

Doch Luna wusste diese durchaus zu nutzen und erzählte mir fast ohne Luft zu holen von ihren letzten Monaten. Vieles davon wusste ich schon, hatte ich sie doch erst vor ein paar Wochen besucht. Es war der Besuch gewesen wo ich Alex die Wahrheit erzählt und sie überredet hatte Luna zu mir zu lassen. Zumindest solange es noch gehen würde. Ich lächelte an mehreren Stellen ihres Berichtes und auch Abbey gab ab und an ein zustimmendes bellen von sich.

Irgendwann verebbte ihre Stimme und ging in eine tiefe, entspannte Atmung über.

Ich stellte das Radio ein wenig leiser, ließ den Rest des Weges den Tag noch einmal Revue passieren.

 

Nachdem ich das Auto in der Tiefgarage geparkt hatte, hob ich Luna vorsichtig heraus, immer darauf bedacht sie nicht zu wecken. „Abbey, komm!“ befahl ich der Hundedame die mir gehorsam folgte. Nach wenigen Metern stoppte ich, sog rasselnd den Atem ein. Zum wiederholten Male an diesem Tag verschwamm die Sicht vor meinen Augen, in meinen Ohren fing es an zu dröhnen. „Bitte, nicht jetzt!“ flehte ich deshalb leise, drückte die schlafende Gestalt meiner Tochter noch enger an mich. Doch nach einem kurzen, angsterstarrten Moment normalisierte sich meine Welt wieder und ich lief eiligst zum Fahrstuhl. Es kam mir wie eine kleine Ewigkeit vor, bis sich die Türen des Fahrstuhls öffneten und ich endlich hinein gehen konnte. „Abbey, bei Fuß!“ rief ich etwas lauter, da der kleine Hund scheinbar etwas Interessanteres gefunden hatte und nun seine feuchte Nase darin vergrub. Sie blickte mich verwirrt an, bellte und tippelte dann auf uns zu. Luna regte sich in meinen Armen und ich flüsterte ihr zu, „Wir sind gleich zu Hause. Schlaf weiter, Arti.“ Ein zustimmendes Brummen war zu hören, bevor sie ihren Kopf in meine Halsbeuge vergrub. Nachdem sich Abbey dazu herabgelassen hatte zu uns in den Fahrstuhl zu steigen, gab ich eine Zahlenkombination in das Display ein und der Fahrstuhl begab sich in die Penthouse-Etage. Es gab nur zwei Wohnungen auf eben jener und glich eher einem größeren Apartment als einem Penthouse. Ich hatte diese Wohnung kurz vor unserer Tour erworben und ein Umzugsunternehmen damit beauftragt den Umzug auszuführen.

Vor drei Tagen hatte ich den Anruf erhalten das alles ausgeführt war. Da ich nur die leere Wohnung kannte war ich gespannt darauf was die Handwerker gemacht hatten und ob sie die Farbkonzepte hatten umsetzen können.

 

Wenige Minuten später öffnete sich die Fahrstuhltür und ich trat auf einen kleinen Flur, an dem zwei Türen abgingen. Abbey schnüffelte glücklich an den Türen und bellte laut an einer. „Abbey, sei nicht so laut. Du weckst Arti auf.“ Sagte ich und schloss die andere Tür auf. Ich ließ der Hundedame den Vortritt und schaltete wenig später das Licht des geräumigen Wohnbereiches an. Für einen Moment verschlug es mir die Sprache und ich lächelte glücklich. Die weißen Möbel bildeten einen wunderbaren Kontrast zu der dunklen, weinroten Wand und der großen Glasfront, die jede Aufmerksamkeit auf sich zog.

Ich brachte Luna in ihr Zimmer, welches sie noch selbst würde richtig einrichten müssen, legte sie vorsichtig auf dem Bett ab und legte die Decke über ihre Gestalt. Für einen kurzen Moment betrachtete ich sie noch, ging dann zurück in den Wohnbereich und stellte mich an das Fenster. Ein kleines lächeln bildete sich auf meinen Lippen und einem Impuls heraus folgend öffnete ich die Terrassentüren und ließ die kalte Winterluft hinein. Es hatte begonnen zu schneien. Leise fielen die zarten Flocken vom Himmel, bedeckten nur ganz langsam den Boden. Verträumt blickte ich auf die Stadt, deren Lichter in Kombination mit den kleinen Flocken ein wunderschönes Schauspiel boten. Als ich hinaus treten wollte, hörte ich die leisen Schritte meiner Tochter. Sie sah mich verschlafen an, rieb sich die Augen. „Dad, wo sind wir hier?“ fragte sie mich und ich lächelte.

„Zuhause. Geh schlafen meine Kleine. Wir reden morgen früh.“ Sie sah mich einen Moment fragend an, nickte dann aber und verabschiedete sich mit einer Umarmung von mir. „Ich hab dich vermisst, Dad.“ Nuschelte sie an meinem Hals, bevor sie sich löste und mit Abbey, die fröhlich hinter ihr her tapste, in ihrem Zimmer verschwand.

 

Ich blickte noch einen Moment auf die geschlossene Zimmertür und schloss dann ebenfalls die Tür zur Terrasse. Im nächsten Moment durchzuckte ein Schmerz meinen Kopf und ich sank keuchend auf den Boden. Meine Hände suchten wieder nach dem kühlen Glas, versuchten sich daran festzuhalten und den Schmerz auszublenden. Es kam nicht überraschend, als sämtliche Töne um mich herum erloschen und auch die Bilder vor meinen Augen verschwammen. Ich versuchte keinen Ton von mir zu geben, wollte nicht das Luna etwas mitbekam. Eine erneute Welle durchzuckte meinen Körper, erlöste mich von den unerträglichen Schmerzen mit tiefer Schwärze.

Hoffentlich bemerkte Luna nichts.



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