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The darkest thrill

NaruSasu
von

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Action is eloquence

Naruto wäre nicht Naruto, wenn er einen Wink mit dem Zaunpfahl verstehen würde. Die unschönen Details einfach ausblenden, so hat er das sein Leben lang gehandhabt. Wenn ein Mädchen ihm eine falsche Handynummer gegeben hat, hat sie sich vielleicht nur mit einer Ziffer vertan und wenn fremde, düstere Jungen ohne ein Wort verschwinden, während er ihnen etwas zu trinken holt, dann muss noch lange nicht Antipathie Grund dafür sein.
 

Das geht Naruto wie ein Mantra durch den Kopf, während er eine unbekannte Straße entlang trottet. Seine Fixierung auf den Jungen von gestern ist ein bisschen irrational und seltsam, denn Naruto kennt ihn kaum. Er weiß nicht einmal viel über ihn. Er weiß, dass er schwarze Haare hat und dunkle Augen und ein hübsches Gesicht. Eins von der Sorte, das Getränke spendiert bekommt, Frauen flachlegt oder Polizisten nochmal ein Auge zudrücken lässt. Außerdem weiß er, dass er Sasuke heißt und irgendwo im nordöstlichen London wohnt. Das hat Naruto sehr schnell herausbekommen, weil Suigetsu kein Gespür für Datenschutz hat. Die genaue Adresse ist auf eine leere Zigarettenschachtel gekritzelt, weil im Club gerade nichts anderes zur Hand war, und eigentlich kann man es kaum lesen. Aber Naruto hütet es trotzdem wie Gollum seinen Ring.
 

Denn in einer Sache ist sich Naruto seit gestern Abend absolut sicher—Sasuke wird ihm beibringen, wie man Gitarre spielt, ob er will oder nicht. Denn Hartnäckigkeit ist Narutos Stärke und wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, gibt es nur sehr wenig, was ihn davon abhalten kann. Dass er ihn dabei noch nie selbst spielen gehört hat, ist nicht so wichtig, er weiß, dass er gut ist, weil er herumgefragt hat. Für seinen Charakter gab es weniger freundliche Worte, aber nach langem Nachdenken und Abwägen ist Naruto zu dem Schluss gekommen, dass das alles nebensächlich ist und nichts, womit man sich nicht irgendwie arrangieren könnte.
 

Darum irrt er jetzt auch am anderen Ende der Stadt durch eine komische Gegend, in der noch komischere Gestalten herumlaufen. In seinem Heimatort hätte sich jeder sofort nach ihnen umgedreht, aber hier tun das nur die Nicht-Londoner und deshalb widersteht auch Naruto seinem Drang. Aber er notiert sich in Gedanken, dass hier wohl nicht der sympathischste Ort ist, um nachts alleine durch die Gassen zu wandern. Halbverfallene und besetzte Häuser reihen sich aneinander, mit Graffiti an den Fassaden oder eingeworfenen Fensterscheiben. Naruto ist froh, dass das hier noch nicht Sasukes Straße ist, obwohl es nicht mehr weit sein dürfte, wenn er sich seinen Stadtplan richtig ins Gedächtnis ruft. Und wirklich, hundert Meter weiter entdeckt er das Straßenschild, nach dem er schon die ganze Zeit Ausschau gehalten hat, biegt links ab und sucht nach der richtigen Hausnummer. Ein paar Minuten später steht er vor seinem Ziel.
 

Das Gebäude sieht von außen okay aus. Nichts Spektakuläres, aber deutlich weniger heruntergekommen als die Häuser eine Straße weiter. Es ist irgendwie beruhigend, dass Sasuke eine funktionierende Tür hat und wahrscheinlich keine Junkies und Prostituierte als Nachbarn.
 

Anzunehmen, dass die Tür nicht kaputt ist, stellt sich als voreilig heraus. Entweder das oder es hat einfach jemand vergessen, sie richtig zu schließen. Aber das kommt Naruto ohnehin ganz gelegen, denn es ist ein bisschen zweifelhaft, ob Sasuke ihm aufmachen würde, wenn er brav hier unten stehen bleibt und klingelt. Deshalb geht er einfach hinein in den engen, dunklen Flur und die Treppen hoch in den zweiten Stock, wo er laut Suigetsu Sasukes Wohnung finden soll. Er ist ein bisschen aufgeregt und sein Herz pocht laut in seiner Brust, obwohl er sich immer wieder zuredet, dass es keinen Grund gibt, nervös zu sein, denn mehr als 'Nein'-sagen kann Sasuke nicht und eigentlich ist das ja auch zu erwarten.
 

Narutos Blick fällt auf das kaputte Klingelschild. Es sieht aus, als hätte es jemand absichtlich demoliert, und ganz sicher nicht so, als würde es noch funktionieren. Aber das macht nichts, Naruto kann auch genauso gut an die Tür klopfen. Einmal, dann wartet er, um nicht aufdringlich zu sein. Ein zweites Mal, als sich nach ein paar Minuten nichts rührt. Und ein drittes, festeres Mal, das in eine Serie aus lauten Schlägen und Tritten übergeht, weil ihm immer noch niemand aufmacht, obwohl er fest davon überzeugt ist, dass Sasuke zu Hause ist.
 

Es dauert gefühlte Stunden, bis endlich jemand auf Narutos Sturmklopfen reagiert, aber nur gefühlte Nanosekunden, in denen er Zeit hat, Sasukes entgleiste Gesichtszüge zu bewundern, bevor die Tür laut knallend seiner Nase gefährlich nahe kommt. Perplex lässt Naruto seine Hand sinken und starrt das Stück Holz vor seinen Augen an. Immerhin weiß er jetzt zwei Dinge; Sasuke ist wirklich zu Hause und er möchte ihn offensichtlich nicht sehen. Die ganze Sache ist ein bisschen komplizierter geworden, als Naruto sich das ursprünglich gedacht hat. Selbst in seinen pessimistischsten Vorstellungen hat er wenigstens ein paar Wörter herausbringen können, bevor er schroff abgewiesen worden ist, aber Sasuke ist ein größerer Bastard als er erwartet hat und dieses Mal gibt es auch keinen Alkohol, auf den man vielleicht die Schuld schieben könnte. Naruto ist wütend und genervt und wollte eine Sache noch nie so sehr wie jetzt. Auch wenn seine Vernunft protestiert—da ist etwas, ein Funke, Chemie, irgendetwas, das ihn daran hindert, sich einfach umzudrehen und zu gehen. Doch ist ihm das wichtig genug, um notfalls vor Sasukes Tür zu campen? Er ist sich noch nicht ganz schlüssig. Mit ein bisschen Glück kommt es aber gar nicht so weit und die nächsten paar Stunden hier zu stehen und auf die Tür vor ihm einzuhämmern, macht Naruto wenig aus, er hat heute sowieso nichts Besseres vor. Früher oder später muss Sasuke kapitulieren, denn den Lärm hält auf Dauer niemand aus und die Wohnung liegt zu hoch, um aus dem Fenster zu flüchten. Also klopft Naruto hartnäckig weiter, obwohl es inzwischen mehr brutales drauf Einschlagen und -treten ist, aber das wirkt Wunder für seine aufgestauten Aggressionen, die er eigentlich schon ansammelt, seit er Sasuke zum ersten Mal gesehen hat.
 

Die Tür öffnet sich wieder und diesmal nicht nur einen Spalt breit, sondern richtig. Noch nicht einladend, aber weit genug, um die Person dahinter von Kopf bis Fuß betrachten zu können. Naruto hält überrascht in seiner Bewegung inne—fast hätte er gegen Sasukes Schienbein gekickt—stolpert einen Schritt zurück und blinzelt.
 

Sasuke sieht jünger aus bei Tageslicht. Weniger düster und mysteriös, wenn die Schwarz- und Blautöne fehlen und man tatsächlich etwas sehen kann. Sehr normal irgendwie, fast schon ernüchternd normal, in Jeans, weißen Socken und einem Baumwollt-shirt. Seine Haare machen den Eindruck, als wäre er gerade eben erst aufgewacht, dabei hat Naruto extra bis Nachmittag gewartet, bevor er losgefahren ist, in der Hoffnung, so vielleicht ein kleines bisschen weniger unerwünscht zu sein. Sein Plan ist nicht aufgegangen, daran lässt Sasukes Gesichtsausdruck keinen Zweifel. Naruto versucht, mit einem fröhlichen Lächeln zu kontern.
 

"Erinnerst du dich an mich?"
 

"Warum, meinst du, hab ich die Tür zugeschlagen?", nuschelt Sasuke zur Antwort, als wäre Naruto es nicht wert, den Mund weit genug zu öffnen, um klare Worte hervorzubringen. Er verlagert sein Gewicht auf das andere Bein und nimmt eine defensive Haltung ein. "Was willst du?"
 

Naruto überlegt einen Moment. Irgendwann einmal hat er sich in Gedanken zurecht gelegt, was er zu Sasuke sagen will. Aber das ist jetzt natürlich weg, war es eigentlich auch schon die ganze Zeit vorher. Ein Monolog, der sich in seinem Kopf gut und überzeugend angehört hatte, in der nächsten Minute allerdings schon wieder in Vergessenheit geraten war. Es fühlt sich alles so ein bisschen mehr nach Heiratsantrag-Machen an, als es das eigentlich sollte, und Naruto weiß, wovon er spricht. Er ist in seinen jungen 19 Jahren Zeit auf der Erde vor mehr Leuten auf die Knie gegangen als normale Menschen in ihrem ganzen Leben; vor der Kassiererin im örtlichen Tesco seiner Heimatstadt, seiner Grundschullehrerin, dem besten Freund aus Kindergartentagen und zuletzt einer hübschen Pariserin, die er im Urlaub vergangenen Jahres kennengelernt hatte. Aber mit seinen rhetorischen Fähigkeiten hat er bisher noch nie Erfolg gehabt und darum beschließt er, einfach ganz direkt und ehrlich zu sein.
 

"Bring mir Gitarre bei."
 

"Nein. Und jetzt verschwinde."
 

Die Tür ist schneller wieder zu, als Naruto blinzeln kann.
 

---
 

Es vergehen ein paar Wochen. Inzwischen hat Naruto eine neue Routine entwickelt; jeden Tag, an dem er nicht arbeiten muss, schaut er bei Sasuke vorbei, bleibt manchmal länger, mal aber auch nur wenige Minuten, je nachdem, wie er gerade Lust und Zeit hat. Die ersten zwei Tage hat Sasuke tatsächlich noch aufgemacht, seitdem ignoriert er ihn aber eisern, mit einem Durchhaltevermögen, für das Naruto tief in seinem Herzen großen Respekt übrig hat. An der Oberfläche ist es aber mehr Wut und Frustration. Die geschlossene Tür wird langsam zu einem verhassten Anblick und bald hat er lange genug darauf gestarrt, um jede einzelne Holzfaser und jeden Riss auswendig zu kennen.
 

Es ist Sonntagmorgen und nach einer halben Stunde pausenlosem Hämmern lässt sich Naruto an der Wand entlang zu Boden sinken. Seine Motivation hat über die Tage hinweg nachgelassen und in schwachen Moment fragt er sich, ob es überhaupt möglich ist, einen Krieg gegen Sasukes Willen zu gewinnen. Bis jetzt hat er jedenfalls keine einzige Schlacht gewonnen. Entmutigt stützt Naruto die Stirn an seine angezogenen Knie und rauft sich die Haare. Vielleicht ist es die ganze Sache ja gar nicht wert, vielleicht sollte er es einfach vergessen, aus seinem Kopf streichen, weil es ja sowieso keinen Sinn hat. Das wäre der vernünftigste Weg, muss Naruto zugeben, auch wenn es überhaupt nicht nach ihm klingt. Er seufzt niedergeschlagen und hält dann inne, als er Schritte auf der Treppe hört.
 

"Hey, du."
 

Naruto blickt auf. Zwei lange Beine versperren ihm die Sicht, die ein Stück weiter oben in viel zu knappe Shorts münden. Darauf folgt ein weit ausgeschnittenes Top und eine Flut von roten Haaren, die ein blasses Gesicht einrahmen. Er erkennt die junge Frau, die vor ihm steht, und richtet sich von seiner kauernden Position am Boden auf; es ist die Mieterin einen Stock obendrüber. Sie rückt die Brille auf ihrer Nase zurecht und legt den Kopf schief, während sie Naruto neugierig von oben bis unten mustert.
 

"Ich seh dich in letzter Zeit öfters. Was machst du hier?", fragt sie misstrauisch und verengt dabei ihre Augen. Naruto kann das nachvollziehen—es muss auf andere sicher komisch wirken, wieviel Zeit er vor der Tür zu Sasukes Wohnung verbringt. Irgendwie ist es ja auch genau das, komisch. Aber Naruto will nicht so sehr darüber nachdenken und strahlt sein Gegenüber lieber an wie eine Leuchtkugel aus den Restbeständen an positiver Energie.
 

"Ich versuche, mich mit Sasuke anzufreunden!", verkündet er pseudo-optimistisch, mehr um sich selbst zu überzeugen, als irgendetwas anderes, und beobachtet gleich darauf, wie sich die Mundwinkel der rothaarigen Frau amüsiert nach oben ziehen.
 

"Gib's auf", sagt sie und wendet sich mit einem großen Schwung ab, so wie Leute, die mit ihrem Lachen allein sein wollen. Perplex starrt Naruto ihren langen plastikroten Haaren nach, die rhythmisch hin und her pendeln. Dann verschwindet sie aus seinem Sichtfeld und er wendet sich wieder kopfschüttelnd Sasukes Tür zu.
 

Aber wenn Naruto eines in seinem Leben gelernt hat, dann ist es, dass manchmal doch Wunder passieren und sich Beharrlichkeit meistens auszahlt. Ein paar Minuten später ist er kurz davor, die Wohnung auszuräuchern oder irgendwo eine Leiter zu klauen und durch das Fenster einzubrechen. Seine Stimme ist heiser vom Schreien ("Ich weiß, dass du da bist, mach auf!!") und er holt tief Luft, als auf einmal das Schloss klackt, die Tür aufgerissen wird und Sasuke vor ihm steht und Naruto in seiner Fassungslosigkeit zu nichts anderem fähig ist, als perplex zu blinzeln und mit offenem Mund zu starren.
 

Seufzend fährt sich Sasuke durch die schwarzen Haare, die heute mit Sicherheit noch keinen Kamm gesehen haben. Er sieht gestresst aus und so, als ob er nicht die geringste Ahnung hätte, was er mit dem Halbfremden vor seiner Tür anstellen soll. Und dann folgt kein aggressives "Verschwinde" und auch kein resignierendes "Okay, komm rein", auf das Naruto jetzt schon seit ein paar Wochen wartet. Nein, Sasuke dreht sich einfach um und geht wortlos, einen verwirrten Naruto im Hausflur zurücklassend, der nicht ganz weiß, ob das gerade eine Einladung war oder nicht. Aber an solchen Kleinigkeiten hat er sich noch nie aufgehängt und folgt Sasuke einfach in die Wohnung hinein.
 

Neugierig schaut er sich um, versucht es aber nicht ganz so auffällig zu machen. Auf dem Boden vor ihm liegen ein paar Schuhe durcheinander, die Sasuke wohl einfach von seinen Füßen gekickt und sich nie die Mühe gemacht hat, sie ordentlich auf die Seite zu stellen. Die Wohnung ist nicht sehr groß, es gibt nur einen richtigen Raum, in dem Naruto gerade steht, und eine geschlossene Tür, die wahrscheinlich zum Badezimmer führt. Eine kleine Einbauküche steht in der einen Ecke, in der anderen ein Bett, das von ein paar Regalen verdeckt wird, und dann gibt es noch ein Sofa mit Fernseher, einen Tisch und ein paar Stühle. Naruto zählt insgesamt zwei Gitarren, die beide an die Wand gelehnt sind, eine elektrische und eine akustische. Ansonsten ist die Wohnung eher unpersönlich; keine Bilder an den Wänden, keine Pflanzen oder Deko.
 

Weil er sicher lange warten kann, bis Sasuke ihm einen Sitzplatz anbietet, lässt er sich einfach auf einen herumstehenden Stuhl fallen, der nicht mit Büchern, Zetteln oder gelegentlichem Kleinzeug vollgepackt ist. Eine Lederjacke hängt über der Lehne, aber das lässt sich ignorieren. Ansonsten ist es erstaunlich aufgeräumt, jedenfalls liegt nichts auf dem Fußboden oder dem Sofa und sogar das Bett ist gemacht, aber Naruto hat natürlich als Vergleich nur sein eigenes Zimmer vor Augen, das manchmal sehr stark an Messywohnungen aus Nachmittags-Doku-Soaps erinnert. Er liebäugelt ein bisschen mit der Akustikgitarre, die in einer Ecke des Raums steht. Ob Sasuke ihn spielen lassen würde? Sie sieht ein bisschen verstaubt aus.
 

"Es ist nett hier", hört er sich irgendwann sagen, weil er die Stille nicht länger ertragen will. "Wohnst du allein?"
 

Schon im nächsten Moment bereut Naruto die Frage, weil sie so überflüssig ist und Sasuke ihn jetzt sicher für einen Idioten hält. Natürlich wohnt er allein. Neben den augenscheinlichen Dingen, dass hier zum Beispiel überhaupt kein Platz für eine weitere Person ist und er in den vergangenen Wochen einem Mitbewohner längst begegnet wäre, spricht auch einfach Sasukes Charakter dagegen, zumindest das, was er bis jetzt von ihm gesehen hat. Offensichtlich scheint Sasuke genauso wenig der Meinung zu sein, dass diese Frage eine Antwort verdient hat, denn er tut einfach so, als hätte er nichts gehört. Stattdessen streckt er sich nach einem Päckchen Zigaretten auf dem Sofatisch und fischt ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche, das er mit einer kurzen Fingerbewegung zum Aufflammen bringt.
 

"Du rauchst in der Wohnung?", fragt Naruto, bevor er sich zurückhalten kann.
 

"Ja und?"
 

"Ah, nichts", zwitschert er und versucht über die Tatsache hinwegzutäuschen, dass er eher nicht so auf Zigarettenrauch in geschlossenen Räumen steht und überall anders eigentlich auch nicht, denn er will Sasuke ja nicht verärgern. Der wirft ihm gerade einen kritischen Blick zu.
 

"Problem damit?"
 

"Nein, nein, ist okay."
 

Sasuke beäugt ihn weiter misstrauisch. Wenn er Narutos Lüge durchschaut hat, ignoriert er es gekonnt. Dafür nimmt er einen Zug, dreht sich wieder weg und sieht schrecklich cool dabei aus.
 

"Gut. Hätte sie eh nicht ausgemacht."
 

"Wusstest du, dass Zigaretten die Hauptursache für Brände im Haus sind?"
 

"Was willst du?"
 

Irgendwie hat Naruto es geschafft, Sasuke noch genervter zu machen, als das sowieso der Fall war. Es ist fast eine Kunst, Naruto könnte damit in Talentshows auftreten oder ein Buch schreiben, How to annoy Sasuke Uchiha. Aber so schön es ist, eine Sache zu finden, in der man gut ist—momentan hat Narutos neues Talent eher eine kontraproduktive Wirkung auf das, was er eigentlich erreichen will, und deshalb bleibt ihm nichts anderes übrig als zurückzurudern.
 

"Nichts. Das ist nutzloses Wissen, du weißt schon, was immer in diesen Magazinen steht."
 

Sasuke sieht nicht so aus, als wüsste er, wovon Naruto spricht. Entgeistert starrt er ihn von dem Sofa aus an, so wie andere Menschen auf ein lästiges Insekt schauen, kurz bevor sie es zerquetschen. Aber er tut nichts dergleichen, sondern wendet sich irgendwann einfach ab.
 

Mit Sasuke Zeit zu verbringen, ist nur halb so spannend, wie er sich das vorgestellt hat, muss Naruto zerknirscht feststellen. Es ist ziemlich eintönig, eigentlich. Sasuke ist auch nicht der Typ, der sich zwar gerade hinsetzen will, aber mitten in der Bewegung innehält und dich dann fragt, ob er dir eine Tasse Tee anbieten kann. Nein, Sasuke gehört eher zu der Sorte Gastgeber, die einen wortlos im Raum stehen lassen und sich dann etwas anderem zuwenden. Aber genau genommen kann Naruto ihm da auch keinen Vorwurf machen, weil es ja nicht so ist, dass er eingeladen wurde. Im Gegenteil. Und Sasuke passt auch sehr gut auf, dass er ihm nicht aus Versehen das Gefühl gibt, willkommen zu sein. Gerade liest er in einem Buch, dessen Titel von seinen Fingern verdeckt wird, aber der Einband sieht langweilig aus und so ist es sicher nichts, was Naruto freiwillig in die Hand nehmen würde. Der einzige Vorteil an der Situation ist, dass er Sasuke offen anstarren kann, aber auch das macht auf Dauer keinen Spaß. Die Luft im Zimmer ist inzwischen sehr stickig geworden und Naruto schmeckt Rauch, wenn er seinen Mund öffnet.
 

"Ich mach mal ein Fenster auf, ja?"
 

Sasuke sieht nicht so aus, als hätte er irgendwelche Einwände, er sieht nicht mal so aus, als hätte er überhaupt zugehört. Das muss er aber, denn so leise spricht Naruto nicht. Er zuckt nicht mal mit den Wimpern, als Naruto aufsteht und den Raum durchquert.
 

Das Fenster ist alt und lässt sich nur schwer hochschieben und Naruto ist für den Moment ganz froh, dass Sasuke nicht herschaut, weil es sicher furchtbar lächerlich aussieht, wie er sich abmüht. Aber nach einem kurzen Kraftakt ist das Fenster schließlich oben und frische Luft strömt herein, die er erleichtert einatmet. Es ist zwar Sommer, aber nicht übertrieben warm, sondern sehr angenehm von der Temperatur her.
 

Mit neuer Entschlossenheit dreht er sich um und beschließt, sich von Sasuke nicht länger ignorieren zu lassen. Naruto ist hier aus einem Grund und er wird nicht eher gehen, bis er sein Ziel erreicht hat, egal, was soziopathische Schwarzhaarige dazu zu sagen haben. Ohne wirklich darüber nachzudenken, marschiert Naruto direkt auf Sasuke zu, der seinen Blick noch immer nicht hebt, und reißt ihm das Buch aus den Händen. Sasukes Kopf ruckt schlagartig nach oben und endlich hat er seine ungeteilte Aufmerksamkeit, auch, wenn das heißt, von ein paar wütenden Augen praktisch durchbohrt zu werden. Unsicher leckt sich Naruto über die Lippen.
 

"Ich will dir was vorspielen."
 

Sasuke öffnet seinen Mund, um etwas zu entgegnen, wahrscheinlich, um Naruto demonstrativ abzuweisen, überlegt es sich dann aber noch mal anders. Erst jetzt, so aus der Nähe, fällt ihm auf, dass Sasuke ein bisschen kaputt aussieht, mit dunkeln Ringen unter den Augen und blassen Lippen. Und zum ersten Mal kommt ihm der Gedanke, dass er vielleicht einfach nur seine Ruhe haben will. Fast hätte Naruto Mitleid mit ihm, aber dann denkt er noch einmal nach und, nein, Sasuke ist ein Bastard und hat sein Mitgefühl nicht verdient.
 

"Ich hab mich extra in einen Musikladen gesetzt und geübt. Komm schon."
 

Sasuke zögert und Narutos Augen leuchten hoffnungsvoll auf. Er hat nicht sofort Nein gesagt, wie er es sonst immer tut, und das ist ein gutes Zeichen. Unentschlossenheit steht ihm ins Gesicht geschrieben, deutlich genug, dass es selbst Naruto sieht. Hin- und hergerissen schaut er zur Seite, bevor er schließlich seufzt und die Augen niederschlägt, dass Naruto jede einzelne dunkle Wimper zählen könnte, wenn er wollte.
 

"Okay. Ich geb dir fünf Minuten, danach verschwindest du."



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  L-San
2013-04-15T12:11:11+00:00 15.04.2013 14:11
Yo, da bin ich wieder. ;D
Vielleicht irre ich mich, aber irgendwie hab ich das Gefühl, als ob Sasuke auf Drogen wäre, so abgeweist und gleichzeitig empfindlich reagiert er. Seine Aktionen sind so langsam. Würde auch erklären, warum er Narutos Anklopferei so lange ausgehalten hat, wenn er sich in seiner eigenen Welt befindet.

Schreibstil:
Du hast eine gute Beobachtungsgabe. Du liebst es, alles zu beschreiben und zu analysieren, trotzdem lässt du dem Leser etwas Spielraum für Interpretation.
Auch versprühst du manchmal an manchen Stellen trockenen, kaum wahrnehmbaren Humor. Interessant.
Es geht auch bergauf mit dieser FF, nein, damit meine ich nicht den Inhalt, sondern die Tatsache, dass du auch deutlicher auf Gefühle und Atmosphäre eingehst.

Inhalt:
Es passiert kaum was, aber so langsam hinterlässt deine Art zu schreiben, bleibende Eindrücke. Es ist einfach klar. Man hat jetzt ein klares Bild von der Situation. Ich weiß nicht, wie du oder andere Leser das sehen, aber in meinem Kopf habe ich schon "Fotoaufnahmen/Momentaufnahmen" eingespeichert, und die werde ich nicht so leicht los. ;DDD

Und ich weiß jetzt auch warum ich deinen Schreibstil und deine Absichten, mal einfach so Dinge (vielleicht willkürlich) zu verstreuen, als ob es sich um Samen handle, um dann zu schauen, wie die Leser darauf reagieren, denn so ähnlich schreibe ich in meiner aktuellen FF auch.
Ich seh's schon, du experimentierst viel und gerne. ;DDDD
Und ich freunde mich mit der FF immer mehr an.
Was mir auch eingefallen ist, ich habe keinen einzigen Fehler gefunden. Es gab auch keine Stellen, an denen kein Komma fehlte. Das erste Mal, das ich sowas sehe und dabei lese ich schon viele FF. Chapeau. ;D



Deine GB-Einträge:
Ja, Synästhetiker sind dauernd auf dem Farbentrip, wenn sie keine entsprechenden Medikamente einnehmen.
Aha, du assoziierst Musik mit Farben? Vielleicht hast du ja 'ne leichte Form dieser Gabe.
Die meisten Synästhetiker haben ein fotografisches Gedächtnis.
Musik können sie sehen, Montag ist je nach Person blau, rot usw.
Selbst Zahlen und Buchstaben haben für die meisten von ihnen Farben.
Deshalb sind sie in der Lage, alles sehr detailliert und kreativ zu schreiben. Der Text in meinem Webblog, den du gelesen hast, handelt über die Synästhesie und ist sogar ein Drabbel, falls es dir aufgefallen ist. So ähnlich nehmen Synästhetiker also ihre Umgebung wahr; ist aber immer unterschiedlich ausgeprägt. Und Worte haben für sie immer einen besonderen Klang. Das Wort "Mutter" könnte für den einen nach schauderhafte Musik hören usw. ;DDD
Warum ich das weiß? Ich habe mal vor ein paar Jahren ein paar Bücher darüber gelesen und ich fand das sehr interessant erzählt und seitdem lassen mich die Farben nicht mehr in Ruhe.
Das fängt schon damit an, dass ich Sätze schreibe wie "er ärgerte sich grün und blau". ;DDD
Schräg nicht wahr? ;DDD

Okay, jetzt beende ich mal den langen Roman und Danke, dass du mich benachrichtigst.
Von:  Puppenprinzessin
2012-04-17T12:49:54+00:00 17.04.2012 14:49
Ich liebe deinen Schreibstil - alles ist immer so schoen vorstellbar in meinem Kopf :D
Was den Storyverlauf angeht, kann ich es kaum erwarten endlich zu erfahren, wie es weitergeht - da kann ich mich meinem Vorredner anschliessen und hoffe einfach, dass schnell ein neues Kapitel fertig wird :D
Ganz liebe Gruesse & nochmal ein Kompliment C;

Von:  Ryu_no_Sekai
2012-04-16T17:28:15+00:00 16.04.2012 19:28
Ich liebe diese geschichte einfach!
das sind wirklich Sasuke und Naruto in einem AU :)
achja, und dann kommen noch Gitarren vor. xD

Jaja, Wut und Liebe liegen ja schon nahe beieinander. ^^
Ich freu mich schon auf die weitere Entwicklung zwischen den beiden,
sowohl wie sie zusammen kommen, als auch wie sie sich trennen. :)


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