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Conquest of a Capricorn

Feuer braucht Erdung //scorpius vs. rose//
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben, es gibt also tatsächlich ein neues Kapitel ;-)
Ich find es sehr wichtig, dass man etwas nur tut, wenn man wirklich Freude daran hat. Eine Zeit lang hatte ich am Schreiben keine Freude. Jetzt dafür umso mehr.
Ich hoffe das Kapitel ist auch ohne Beta annehmbar, schickt mir Beschwerden wenn es arg unleserlich sein sollte. Ich korrigiere immer mal ab und zu ein wenig herum. So find ich am besten Fehlerchen. Also überschüttet mich ruhig mit Perfektionismus. Daran kann ich nur wachsen. Ich hoffe ihr habt Freude an dem Kapitel, ich hatte sehr viel Spaß daran es zu schreiben. Mich überrascht es immer wieder, wie wenig Kontrolle man irgendwann über die Charaktere hat. Ehrlich gesagt hätte ich Scorpius das alles nicht zugetraut. Aber lest selbst. Fühlt euch wahnsinnig lieb gegrüßt. Eure Scippu Komplett anzeigen

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Prolog

Nur noch eine Woche
 

Verärgert verzog Rose Weasley den Mund. Sie vermisste ihre Ausgabe von ,Geschichte der Zauberei‘ von Bathilda Bagshot. Die Ledergebundene, mit dem Vorwort von Albus Dumbledore und dem extralangen Bildband - ihre Lieblingsausgabe. Und zwar bereits das zehnte Mal in diesem Sommer. Das bedeutete, dass sie das Buch circa eineinhalb Mal pro Woche gesucht hatte, seit sie ihre Schulbücher im Juli in die Regale gestellt hatte. Ein eigentlich sicherer Ort, wie man denken könnte. Gut nur, dass sie nun ausreichend Erfahrung hatte, um sofort zu wissen, wo es sich wahrscheinlich befinden würde.
 

Seufzend erhob sich Rose und öffnete ihre Zimmertür mit einem resignierenden Schlucken. Sie würde sich in genau vier Stunden darüber aufregen, jetzt hatte sie dazu keine Zeit. Gerade heute Morgen hatte sie das Buch über Aggressionsbewältigung zu Ende gelesen, das ihr Cousin ihr zum letzten Geburtstag im Dezember gekauft hatte und das zu lesen, er sie an jedem Tag seit ihrem letzten Geburtstag im Dezember genötigt hatte.
 

Ohne sich um ein Anklopfen zu bemühen, die Tür stand ohnehin offen, betrat Rose das Zimmer, in dem ihr jüngerer Bruder hauste. Hauste war, was diese pubertäre Höhle des Miefs betraf, ein vortrefflich passendes Wort.

Die missbilligenden und ausgesprochen unhöflichen Entgegnungen Hugos ignorierend, drückte Rose den Escape Knopf an der alten Stereoanlage, die einmal ihr gehört hatte, aber irgendwie den Weg ins Zimmer ihres Bruder gefunden hatte und dann dort verblieben war, weil ein Kampf der Prinzipien ihrer nun wirklich nicht wert war.

Das empörte „Ey!“ hörte Rose schon fast gar nicht mehr, so sehr hatte sie der rumsende Beat irgendeines alternden HipHop-Interpreten die letzten 75 Minuten, seit ihre Eltern das Haus verlassen hatten, ihrer Fähigkeiten zur akustischen Wahrnehmung beraubt.
 

Um Toleranz bemüht, hatte Rose die nette große Schwester gemimt, aber nachdem ihr geliebtes Buch nun wieder inmitten der Unordnung ihres Bruders lag und er sich ihrer hart erarbeiteten Notizen für seine Hausaufgaben bediente, für die er nun bereits sieben Wochen lang Zeit gehabt hatte, war ihr die Lust dazu nun wirklich vergangen. Das Verbot von zu lauter Musik galt nicht ohne Grund.

Außerdem bezweifelte sie stark, dass die extrem minder bemessenen Ansichten hinsichtlich des Frauenbildes eben dieser armen Entschuldigung für einen Musiker ihrem Bruder pädagogisch eine sehr große Stütze waren.
 

„Alter, Rose….mach wieder an und verschwinde!“

Ohne ihrem Bruder auch nur einen Seitenblick zu gönnen, betrachtete Rose das CD Inlet und hob eine rostbraune Augenbraue hinsichtlich der Aufschrift.

Kurzentschlossen trat sie an das geöffnete Fenster und holte aus.

Noch bevor Hugos realisierte, welches Schicksal seiner so hart erkämpften CD bevorstehen würde, landete eben diese mit einem leisen Knirschen unter den heranrollenden Autoreifen des Familienautos der Weasleys.

„Roooooooooose!!!!!!“
 

Zufrieden winkte Rose ihren Eltern eine Begrüßung zu, während sie mit der anderen Hand versuchte, Hugo davon abzuhalten gegen ihr Schienbein zu treten.

So leicht ließ sich ein 13-Jähriger mit dem hitzköpfigen Temperament eines Nilpferdes allerdings nicht abwimmeln, und leider war er diesen Sommer um gefühlte zehn Zentimeter gewachsen, sodass aus dem Abhalten nichts wurde.

Mit einem triumphierenden Schrei entwand sich ihr nun nicht mehr allzu kleiner Bruder ihrem Griff und kurz daraufhin schossen Rose die Tränen frischer Pein in die Augen, als es Hugo gelang, seiner Frustration auf sehr körperliche Art Ausdruck zu verleihen.

Mit einem Ächzen griff sie sich an den Oberarm, der gerade einem einzigen, sehr präzise eingesetzten Ellenbogen standgehalten hatte und blähte schmerzverzerrt die Backen auf.

Aah, kein Football mehr für dich, Hugo.

„Weißt du, wie schwierig es ist, an solche CDs zu kommen, du blöde Kuh?“

Ja, im Jahre 2023 war es wohl tatsächlich schwierig an CDs zu kommen. Nicht, dass sich Rose dafür interessierte.

„Du kaufst mir 'ne Neue! Ich will dass du mir 'ne Neue kaufst.“

Pfft, klar Hugo. Träum weiter, Junge.

„Hugo, Rose, was ist los, da oben?“
 

Wütend und voller temporären, brüderlichen Hasses die Augen verkniffen, fing Rose mehrere ausdrucksstarke Blicke auf, bevor Hugo sich, angesichts ihrer stoischen, lang geübten Miene, an die Stimme seiner Mutter wandte, die gerade das Haus betreten hatte.

„Mum“, maulte er vorwurfsvoll, und rannte Richtung Treppe um zweifelsfrei am Geländer stehend hinunter zu brüllen, „..Rose hat meine CD kaputt gemacht.“

Ihr war mehr, als dass sie das resignierende Seufzen ihres Vaters wirklich hörte, der sehr wahrscheinlich eben gemeinsam mit ihrer Mutter durch die Haustür getreten war.
 

Ein Moment, in dem man ohne Hast die Augen verdrehen konnte verging, ehe die Antwort kam.

„Hast du vorher was von ihr kaputt gemacht?“

Nun doch grinsend, angesichts dieser Frage ihres Vaters, die von viel Wissen über geschwisterliches Miteinander zeugte und das furiose, pubertäre sich-missverstanden-fühlende Gezeter, das von ihrem Bruder als Antwort kam, bückte sich Rose nach ihrem vermissten Buch und verließ das leicht ranzig riechende Zimmer ihres Bruder.
 

Ohne richtig hinzuhören, nur kurz die Worte „…wieso immer ich…“ und „Mistkuh…“, „…pass auf was du sagst, junger Mann…“ aufschnappend, schloss Rose die Tür hinter sich und zielte mit dem Buch nach ihrem Bett. Mit dem Geräusch von Papier und Leder auf Laminatboden landete es natürlich 20 Zentimeter weit vom anvisierten Ziel entfernt.

Mit einem Gesichtsausdruck als hätte sie Schmerzen, duckte sie ihren Kopf zwischen die Schulter und kniff die Augen zusammen.

Uuuh, Mist.

Kurz vermerkte Rose in ihrem mentalen Notizbuch zum ungefähr 245. Mal, keine lieben Gegenstände zu werfen, es sei denn, das Ziel befände sich fünf Zentimeter entfernt.

Sich um sich selbst drehend, überlegte sie kurz, was der beste Weg sei, dem unheilvollen Crescendo am wirkungsvollsten zu entgehen, das auf der anderen Seite ihrer Zimmertür eher schnell als langsam anschwoll, bevor sie sich nach dem Buch auf dem Boden bückte und es in ihrem bereits gepackten Koffer zu den anderen legte.
 

Nur noch eine Woche.
 

** ** *** ** **
 

Sie waren bereits bei der Vorsuppe angelangt, als sich Scorpius zu fragen begann, wann genau es eigentlich passiert war, dass seine Familie sich nichts mehr zu sagen hatte. Jetzt, wo er so darüber nachdachte, fiel es ihm ausdrücklich schwer festzumachen, wann bei diesen allabendlichen Abendessen, die gemeinsam eingenommen wurden, wann immer er in den Schulferien nach Hause kam, das letzte Mal ein richtiges Gespräch stattgefunden hatte.
 

Es hatte doch eine Zeit gegeben, in der sie miteinander geredet hatten, oder?

Da war zum Beispiel der Abend gewesen, an dem sie über den Nutzen von Filzpantoffeln auf polierten Parkettböden debattiert hatten. Ach nein, das war gewesen als sie seine Großeltern besucht hatten und er sich versucht hatte zu weigern, die dämlichen Filzlappen über seine Socken zu ziehen, wann immer er aufs Klo ging. Ohne viel Erfolg leider. Soweit er sich korrekt erinnerte, war er neun Jahre alt gewesen. Er musste sie immer noch tragen, wann immer er das alte Anwesen besuchte, auf dem nur noch sein Großvater mit einem Dutzend Katzen lebte. Angesichts der tatenschweren Geschichte von Opa Lucius, wie er ihn in Gedanken nannte, war das schwerlich zu glauben, aber wahrscheinlich übten die Tiere irgendeinen therapeutischen Zweck auf ihn aus. Zumindest hielten sie ihn wohl davon ab, die mütterliche Hexe, die sich seit dem Tod von Scorpius‘ Großmutter um ihn kümmerte, so sehr zu bedrängen, bis sie nachgab und ihm eine Flasche von dem Selbstgebrannten besorgte, den ein zugezogener, benachbarter Muggel in seiner hauseigenen Destilliere herstellte, die er dann in sehr kurzer Zeit leeren würde. Das war nie schön gewesen, denn es geschahen dann immer Dinge, die die gesamte Familie Malfoy peinlich berührten und die dann mit ausgesprochener Vehemenz totgeschwiegen wurden. Deswegen mochte Scorpius die Katzen, auch wenn sie nichts anderes taten als fressen und im Weg herum liegen.
 

„….dein Schulsprecherabzeichen?“

Rüde in seinen träge dahinfließenden Gedanken unterbrochen, setzte Scorpius eine Miene von interessierter Konzentriertheit auf, während er versuchte sich daran zu erinnern, was seine Mutter gerade zu ihm gesagt hatte. Er erriet es mehr, als dass er sich wirklich erinnerte, da er mit der Frage schon fast gerechnet hatte. Außerdem tat ihr suchender Blick, der auf Höhe seiner Brust umher zuckte, sein Übriges.

Er hielt mit geübter Sicherheit seine linke Augenbraue davon ab genervt nach oben zu rutschen.
 

„Passt nicht zu meinem Outfit“, schnarrte er mit perfekt gemimter Arroganz. Das war natürlich eine Lüge. Mit einer Vorliebe für anthrazitfarbene Kleidung war es schwer irgendetwas zu finden, was dazu nicht passen würde, so wie auch heute das silber-grüne Abzeichen mit der Aufschrift HB für Headboy nur ein kleiner Farbfleck auf dem dunkelgrauen Poloshirt gewesen wäre, das er zu einer exquisit geschnittenen Leinenhose von einem etwas helleren Grau trug.

Doch im Gesicht seiner Mutter rührte sich kein Muskel, während sie ihn einfach nur weiter ansah, woraufhin Scorpius schloss, dass sie einfach nur versucht hatte Konversation zu betreiben, während sie beide so ungemein erfolgreich von ihrem Familienoberhaupt ignoriert wurden.
 

Sein Vater saß, seit er sich vor circa 20 Minuten zum Essen niedergelassen hatte, mit demselben Ausdruck in den unter zusammengezogenen Augenbrauen ins Leere starrenden Augen am Tisch, was sein spitzes Kinn nur noch spitzer aussehen ließ und sein blasses Gesicht nur noch ungesünder.

Scorpius seufzte leise und fuhr damit fort die dünne Suppe zu löffeln, mehr aus Langeweile als aus echtem Hunger, während er aus dem Augenwinkel beobachtete, wie seine Mutter dasselbe tat.
 

Nun, es lohnte sich wohl nicht wirklich darüber nachzudenken, schloss Scorpius, und so wandte er seinen Geist erfreulicheren Themen zu.
 

Nur noch eine Woche.

Let's introduce: they don't even know each other

„Ronald, zum Kuckuck, wirst du mich jetzt endlich mit diesem Unsinn in Frieden lassen? Hugo, hör auf damit. Rose, hast du die Socken eingepackt? Hugo, ich hab gesagt, du sollst das lassen. Nein, Ron, du brauchst mich gar nicht so anzuschauen, du reagierst vollkommen übertrieben und in ein paar Stunden wird das auch in deinem verlangsamten Dickschädel angekommen sein. HUGO!“

Belustigt beobachtete Rose ihre Mutter, während sie an die Arbeitsplatte gelehnt an einer Möhre knabberte, um das morgendlich flaue Gefühl in ihrem Magen zu vertreiben.
 

Das voluminöse, braune Haar, das mal wieder einen guten Haarschnitt vertragen könnte, hatte sich fast vollständig aus dem unordentlich zusammengerauften Knoten auf dem Hinterkopf ihrer Mutter gelöst und veranlasste sie, es sich mit hektischen Bewegungen im Fünfsekundentakt büschelweise aus der Stirn zu streichen. Rote Flecken hatten sich auf ihren noch immer zarten Wangen gebildet, während sie mit ihrem Ehemann, Rose‘ Vater, argumentierte, dass es vollkommener Blödsinn war zu behaupten, sie, Rose, hätte sich die Haare gefärbt. Womit sie Recht hatte, was ihr Vater allerdings nicht zu verstehen vorgab. Keine Ahnung wie zur Hölle er eigentlich auf diesen Gedanken gekommen war.
 

Nach den 17 Jahren mit ihren Eltern, hatte Rose sich immer noch keine feste Meinung darüber bilden können, ob ihr Vater ihre Mutter absichtlich zur Weißglut trieb, oder ob es einfach ein unausweichlicher Fakt war, der die Realität im Hause Weasley bedeutete. Quasi so etwas wie Schicksal. Sonst war es nämlich für sie nicht zu verstehen, wieso ihr Vater den Zeichen eines sich anbahnenden Wutanfalls ihrer Mutter – die nun wirklich nicht zu übersehen waren – nicht einfach auswich und ihr den Wind aus den Segeln nahm, bevor sie wie ein Vulkan eruptierte. Die einzigen annehmbaren Gründe, wieso ihre Mum also weiterhin ständig explodierte, waren demnach kaltblütige Absicht ihres Vaters, oder einfach Vorbestimmung.
 

Vielleicht war es auch einfach bloße Dummheit.
 

Wieso Hugo ihrer beider Mutter nämlich einfach ignorierte und fortfuhr mit seinem Eierlöffel auf dem in der Spüle aufgetürmten Geschirrallerlei Schlagzeug zu spielen, konnte sie sich beim besten Willen genauso wenig erklären.

„ROSE!“

Oh oh.

So viel dazu.

„Ja, Mum?“

„Wie wäre es mit einer Antwort?“

Ups. Nicht zugehört.
 

Natürlich war das keine Antwort, die man seiner verärgerten und obendrein gestressten Mutter gab.

Ging es um die Socken? Hoffentlich ging es um die Socken.

„Jap. Hab ich.“ Die Socken hatte sie gestern Abend bereits aus der Wäsche geholt, keine Ahnung was ihre Mutter hier über den Haufen warf.

„Hast du dann alles?“

Rose antwortete mit einem Nicken, obwohl ihre Mutter ganz genau wissen müsste, dass ihre Tochter ihren Koffer bereits seit einer Woche fast bis zur Vollendung gepackt hatte. Gefehlt hatten nur die Socken, die Rose vor zwei Tagen gewaltsam entrissen worden waren, um die verspätete Ladung dreckiger Unterwäsche ihres Bruders vollzukriegen. Na ja, vielleicht war es nicht gewaltsam gewesen, aber furios war es allerdings vonstatten gegangen.
 

Wie gesagt, es war ihr ein Rätsel, wieso es in dieser Familie anscheinend niemand verstand mit dem weiblichen Oberhaupt umzugehen. Irgendwann würden alle noch an einem verfrühten Herzleiden versterben. Ihre Mutter, weil sie sich ständig aufregen musste; ihr Vater, weil er sich entweder gleich mit aufregte, oder unter sichtbar erhöhtem Stresspegel stehend jedes Mal rot anlief, wenn seine Ehefrau ihn anbrüllte; Hugo, weil er ein Sportlerherz entwickeln würde, so oft wie er vor fliegenden Gegenständen fliehen musste, die im Affekt auf ihn gehetzt wurden und sie selbst würde sich aus lauter Verzweiflung um die ganze Situation einfach irgendwann ihren Zauberstab mitten ins Herz rammen.

Irgendjemand müsste über die Melodramatik ein Buch schreiben.
 

Ihre nickende Antwort war selbstverständlich nicht wahrgenommen worden, da ihre liebste Frau Mama bereits dabei war, gleichzeitig Hugo und ihren Vater zur Eile anzutreiben. Was allerdings auch egal war. Die Frage war ja ohnehin hinfällig gewesen.

Rose zuckte mit den Schultern und machte sich auf den Weg in die zweite Etage, um dort ihren und den Koffer ihres Bruders mit einem Zauberspruch aufzufordern, sich auf den Weg in den Flur nach unten zu begeben.

„ROSE!“, brüllte es ihr auf halbem Weg entgegen. Sie verzog das Gesicht. Immer mal langsam. Sie war doch schon da.

„Oh, da bist du ja.“

Ja, war sie.

Ihr Vater, bereits in Schuhen und Jacke, blickte mit müden Augen zu ihr nach oben, während Rose, von den beiden großen Koffern begleitet, jede Stufe langsam nehmend, nach unten trat. Sie verstand sich nicht besonders gut mit Treppen, nicht einmal dann, wenn sie vollkommen frei von Magie waren. Ihre Knie konnten das bezeugen. So einige knubbelige Narbe verweilte dort aus alter Zeit noch immer auf der, nun etwas rauen Haut und erinnerte fröhlich an so manchen Sturz.
 

„RON, HOL DIE KOFFER!“

„HAB SCHON!“

„WAS?!“

„HERMINE, SIE SIND SCHON UNTEN.“
 

Rose sah ihren Vater unglücklich an. Der erste September jeden Jahres lief, seit sie das erste Mal mit dem Hogwartsexpress zur Schule gefahren war, nach einem ganz bestimmten Muster ab. Und jedes Mal litten die Trommelfelle der ganzen Familie darunter.

„Schrei noch ein bisschen lauter, Ma! In Hampshire haben sie dich noch nicht gehört“, trompete ihr kleiner Bruder, der gerade den Flur betreten hatte und an der Garderobe nach seiner Jacke angelte, während er in der anderen Hand zwei große Äpfel jonglierte.

Leise seufzte Rose. Das hätte Hugo nicht sagen sollen.

„Wenn ihr alle tun würdet, was man euch gesagt hat, müsste ich überhaupt nicht laut werden.“

„Wieso machst du überhaupt so einen Stress? Wir haben genug Zeit. Jedes Mal machst du so `n Stress und dann sind wir viel zu früh da.“

Ach, Hugo. Du hast so viel zu lernen.
 

Wichtigste Lektion an diesem Tag; sprich nie laut das Offensichtliche aus. Schweig einfach. Das hatte selbst ihr Vater verstanden.

Einen wissenden Blick mit ihr austauschend, griff dieser die Autoschlüssel vom getöpferten Schlüsselbrett neben der Tür.

„Komm, Rosie. Wir gehen schon mal zum Auto.“
 

Dankbar nickend folgte Rose ihrem Vater, natürlich nicht ohne den Schwebezauber aufzuheben und machte sich an die Unmöglichkeit zwei riesige Monster von Koffern gleichzeitig über den uneben gepflasterten Weg durch den Vorgarten zu ziehen.

Nachdem Koffer und Plunder im Kofferraum verstaut waren und sie mit ihrem Vater in angenehm stillschweigender Übereinkunft weitere zehn Minuten im Auto gewartet hatten, erfreuten schließlich ein grimmig dreinblickender, sommersprossiger Junge und eine noch grimmiger dreinblickende Mum die traute Zweisamkeit, die ihr Vater und sie im schon etwas betagten Volvo genossen hatten. Eine Spur von Eis senkte sich auf das Schweigen, das bis King's Cross anhalten sollte.

So leise wie möglich suchte Rose in der selbstgenähten Umhängetasche auf ihren Oberschenkeln nach dem Schokoriegel, den sie in weiser Voraussicht bereits vor zwei Tagen hier platziert hatte und reichte Hugo die bunt umwickelte Süßigkeit. Kleine Brüder blieben immer kleine Brüder. Und kleine Brüder hielt man am besten mit Süßkram bei Laune.
 

Hugo bedankte sich mit einem Grunzen und sah, nach ein paar Minuten stillen Kauens, bereits viel vergnüglicher aus.

Rose lächelte.

Ihre Familie war einfach wunderbar.
 

** ** *** ** **
 

Wie vorhergesehen erreichten sie den Bahnhof so früh, dass sogar noch Zeit blieb, ihrem Vater einen Bagel zu kaufen und darüber zu diskutieren, ob ein zweites Frühstück, 40 Minuten nach dem ersten Frühstück, der Gesundheit nun zuträglich war oder nicht.
 

Ihre nun wesentlich besser gelaunte Mutter, die immer viel entspannter war, wenn ihre Kinder nicht mehr in direkter Gefahr liefen den Schulzug zu verpassen, war gerade dabei ihrem Vater etwas Mayonnaise aus dem Mundwinkel zu streichen, als Rose eines hektisch auf und ab wippenden, roten Haarschopfes gewahr wurde, der sich mit einiger Geschwindigkeit näherte. Ungefähr in dem Moment fiel ihr auch endlich ein, was genau sie heute Morgen vergessen hatte – die Kontaktlinsen.
 

„Rooose! Rooooose! Rosiiiieeee!!!“

Ihr Herz machte einen freudigen Hüpfer und kurze Zeit später umhüllte sie der viel zu lang vermisste Geruch von Salbeibonbons, blumigem Haarshampoo und Lily Potter.
 

Wie es durch ihrer beider ungemein kreativen, phantasievollen und spontan gleich passenden Namensgebung naheliegend war, ob nun angedacht oder nur Zufall, standen sie, Rose Weasley und Lily Potter sich so nahe, wie es bei zwei Mädchen in ihrem Alter nur möglich war. Außerdem waren sie Cousinen. Aber verwandt oder nicht, Rose hatte alle Mitglieder der Familie Potter seit sie denken konnte so fest in ihr Herz geschlossen, dass die letzten Wochen ohne sie alle wirklich hart gewesen waren. Glücklicherweise kam so etwas nicht allzu oft vor, doch wegen arbeitstechnischer Verquerereien, die hauptsächlich dem Arbeitswut und den ethisch hochempfindsamen Prinzipien ihrer Mutter zu verdanken waren, hatte die gemeinsam geplante Reise nach Frankreich diesen Sommer nicht stattfinden können. Nun gut, zugegeben, Rose konnte mit den Franzosen nicht besonders viel anfangen, dafür aber mit Lily. Und natürlich mit Albus und James. Hinzu kam, dass James dieses Jahr nicht mehr mit ihnen nach Hogwarts zurückkehren würde, sondern plante, für einige Zeit das Ausland zu bereisen. Er hatte diesen Sommer seine Examina bestanden und war nun frischgebackener Maturant. Und Rose hatte verpasst, wie er seine zwei Geschwister die ganzen Ferienwochen damit aufzog. Was wirklich zu schade war, denn niemand, absolut niemand konnte Al und Lily auf so exquisite Art und Weise zur Palme bringen wie James Potter.

Wirklich eine Schande.
 

„Wie waren die Frenchis?“

Lily strahlte.

„Gott, großartig, Rose. Wie sehr hab ich dich vermisst. Du hättest dabei sein müssen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr sich Dominique aufgeregt hat als, ach das erzähl ich dir nachher. Du musst mir unbedingt dein Abzeichen zeigen. Unsere Rosie, Schulsprecherin. Ich hoffe du lässt dir den Ruhm nicht zu Kopf steigen. Mum? Mum, ich brauch ein Atempfefferminz.“

Und schon war sie wieder an ihr vorbei gewuselt und ließ Rose an dieser erschlagenden Masse an unzusammenhängenden Worten schier ersticken.

Wie immer brauchte man nach ein wenig lilyfreier Zeit wieder ein Weilchen, um sich daran zu gewöhnen.

Lily war ein Wildfang ohne Gnaden.

Rose seufzte selig. Alles war wieder in Ordnung
 

** ** *** ** **
 

Einige schnelllebige, laute und gestresste Stunden voller viel zu feuchter, elterliche Küsse und neckenden Späßen, ernstgemeinten Ermahnungen und ebenso ernstgemeinten, aber völlig unbrauchbaren Ratschläge, die sich Eltern, diverse Geschwister dieser Eltern und zu guter letzter auch noch gerade der Schule entwachsenen Cousins nicht verkneifen zu können schienen, später, war die Welt für Rose endgültig wieder in Ordnung.
 

Sie saß mit ihrem Lieblingssweater als Kissen ans Fenster gelehnt und versuchte ihr PM Logik Rätsel zu lösen und gleichzeitig Lilys enthusiastisch geblubberten Erzählungen zu lauschen, die langsam episches Ausmaß annahmen. Und bei Merlin, multitaskingfähig war sie noch nie gewesen.
 

Aber Lily störte sich nicht daran, dass sie, Rose, weder zu ihr aufsah, während sie ihr von den Erlebnissen der Ferien erzählte, noch dass sie nur sporadisch einmal zustimmende oder fragende Laute von sich gab, geschweige denn von den hier und da gestellten lahmen Fragen, die nie so richtig zu dem gerade Erzählten passten.

Albus war bereits nach wenigen Minuten unter dem aufgeregten Singsang des Geschnatters seiner Schwester eingedöst und war erst vor ein paar Minuten aufgewacht. Gerade eben hatte er ohne ein Wort das Abteil verlassen, das sie sich mit Fred teilten, der ebenfalls gelangweilt vor sich hin schnarchte.

Hugo war irgendwo bei seinen Freunden, ebenso wie der Rest ihrer viel zu großen Verwandtschaft.
 

Das Rätsel war aber auch verflixt.

Also noch mal: die Dame, die den grauen Pullover kauft, verbringt genau zehn Minuten im Laden, sie kauft nicht die Body Butter. Die Frau, die die Body Butter kauft, betritt den Laden genau vier Minuten vor der Käuferin des Cocktailkleides. Aufgrund von Tipp zwei müsste also die Frau, die zwölf Minuten im Laden ist, diejenige sein, die…

„ROSE!“

Ertappt blickte Rose von ihrem Heft auf.

„‘Tschuldigung. Was hast du gesagt?“
 

Mit verschränkten Armen sah Lily sie an.

„Warum musst du immer diese blöden Dinger machen?! Na egal. Ob ich dein Abzeichen sehen kann!“

Rose seufzte übertrieben laut und erhob sich halb von ihrem Sitz, um in der Tasche ihrer Hose nach dem Döschen zu kramen, in dem ihr blankes Schulsprecherabzeichen darauf wartete herum gezeigt zu werden.

„Du weißt genau wie es aussieht, du Hexe. Du willst mich nur ablenken.“

Mit einem Schulterzucken nahm ihre Cousine die kleine Zinndose entgegen.

„Ich hatte lange niemandem mehr zu quatschen“, erklärte sie, während sie das Abzeichen inspizierte.

„Du hast Dominique besucht, Lily. Dominique redet ständig.“

Mit einem Grinsen hielt Lily den kleinen Pin gegen das Sonnenlicht, das jetzt, zur frühen Nachmittagsstunde, träge durch das Zugfenster fiel.

„Ja, eben. Dominique hat geredet. Meinst du, ich bin auch nur ein einziges Mal zu Wort gekommen?“

Ein belustigtes kleines Lächeln stahl sich auf Rose‘ Lippen.

Wohl wahr.

„Außerdem wollte ich nachsehen, ob sie irgendwas verändert haben. Dachte jetzt steht vielleicht `mächtig großer Streber` drauf, oder so was. Meinst du, sie fertigen jedes Jahr ein Neues an? Oder ist es immer dasselbe?“

Rose zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Wäre aufwändig jedes Jahr ein Neues machen zu lassen. Ich glaub es liegt ein Zauber auf ihnen. Wahrscheinlich tauchen sie, wenn die Schüler graduiert haben, immer wieder beim Schulleiter auf.“

„Hm….das würde erklären, wieso Teddy es mir nie gezeigt hat, nachdem er monatelang damit herumgeprahlt hat wie draufgängerisch er sein wird, wenn er es einfach nicht zurück gibt.“

Eine Zeit lang herrschte Stille.

„Scorpius hat seines nicht getragen am Bahnhof“, bemerkte Lily allzu sehr bemüht beiläufig zu klingen.
 

Wieso fragten die Leute einfach nicht, was sie wissen wollten? Selbst ihr Vater, bei Merlins Bart, ihr Vater hatte nur Bauklötze gestaunt und das Thema danach weitgehend gemieden, nachdem Rose nach dem Lesen ihres Hogwartsbriefes vor ein paar Wochen die Neuigkeit überbracht hatte – sie, Rose Weasley, sei Schulsprecherin gemeinsam mit Scorpius Malfoy.

Nun, die Weasleys und Malfoys hatten eine Geschichte, die Rose natürlich nur allzu gut kannte, deswegen erwartete die Leute natürlich eine Explosion. Gut, das konnte sie natürlich nachvollziehen, aber das jeder wie auf Glasscherben um sie herum schlich, sobald es um Hogwarts und ihre Schulsprecherposition ging, war doch wirklich albern.
 

„Worauf willst du hinaus, Lily?“ Wahrscheinlich klang ihre Stimme deswegen argwöhnisch.

Lily wackelte nur vage mit dem Kopf

„Gar nichts. Was auch?! Nur, dass er es nicht herum getragen hat, natürlich.“

„Wieso sollte er das tun? Hast du etwa erwartet, dass er es tut? Lily, du kennst ihn nicht mal besonders gut. Wie viele Worte habt ihr je gewechselt? Fünf?“

Wieder herrschte Stille, in der Lily nachdenklich den kleinen Gegenstand in ihren Fingern hin und her drehte.
 

Die Wahrheit war, niemand kannte Scorpius Malfoy wirklich.

Damals, als sie alle neu nach Hogwarts gekommen waren, hatte niemand so richtig den Kontakt mit ihm gesucht. So war es mit all den Kinder ehemaliger Todesser gewesen. Obwohl das eine schwierige Angelegenheit war, denn so richtig kannte niemand genau all die ehemaligen Todesser. Schüler des Hauses Slytherin wurden generell mit äußerster Vorsicht behandelt, doch soweit Rose wusste, war das irgendwie schon immer der Fall gewesen.

Und da Scorpius Malfoy vom sprechenden Hut in genau dieses Haut einsortiert worden war, nun…es war schwierig. Obwohl seine Hauszugehörigkeit zu dem Zeitpunkt, als sie ihn kennengelernt hatte, noch nicht festgestanden hatte.

Auf ihrer ersten Reise im Hogwartsexpress waren sie und Albus, nachdem James sich geweigert hatte sie in das Abteil zu lassen, das er mit einer Meute von lauten, rüpelhaften pubertären Jungen okkupierte, gezwungen gewesen in dem überfüllten, wackelnden Zug einen neuen Platz zu finden.

Schließlich hatten sie ein leeres Abteil gefunden, in dem nur ein einziger Sitzplatz mit einem dunkelgrauen Pullover besetzt gewesen war und hatten sich niedergelassen. Schließlich hatte sich heraus gestellt, wieso das Abteil leer war. Der Pullover gehörte zu Scorpius Malfoy, der, als er zu seinem Platz zurückkehrte, sehr verwundert, ja, sogar fast etwas erschrocken war. Natürlich hatte er Albus als den Sohn seines berühmten Vaters sofort erkannt. Noch heute erinnerte sich Rose an die kindliche Verletzlichkeit in den sturmgrauen Augen, die sie, nach den langatmigen Reden ihres Vaters über die Malfoys (trotz der genervten sehr undamenhaften Grunzern ihrer Mutter zu dem Thema waren sie wirklich nicht selten gewesen), sehr erstaunt hatte.
 

Es hatte nur einen Blickaustausch mit dem, von seinem Bruder gedemütigt, für den Moment sehr rebellischen Al benötigt, um sofort zu entscheiden, dass sie aus diesem Abteil so schnell niemand mehr wegbekommen würde. Erstens war es albern und zweitens war es zeitweise wirklich äußerst schwierig bei dem unregelmäßigen Geruckel des Zuges zu gehen.

Dieses Gewackel war es dann auch gewesen, das Scorpius dazu veranlasst hatte, sich auf den mit seinem Pullover markierten Platz am Fenster zu setzen.

Und so war schließlich ein unsicheres Schweigen entstanden, das nicht wirklich unangenehm gewesen war, sondern einfach irgendwie…nun, so richtig konnte sie das nicht rekapitulieren.
 

Jedenfalls, irgendwann dann, hatte Albus sich ein Herz gefasst.

„Ich weiß, ich sollte nicht drüber reden, aber heute Morgen hab ich diese Warze an meinem Hintern entdeckt und ich glaub da sind Haare dran und….“

Ihr, die Albus und Scorpius schräg gegenüber gesessen hatte, waren resignierend die Schultern eingefallen als ihr Cousin weiter und weiter ins Detail ging, doch Scorpius hatte angefangen zu grinsen.
 

Seitdem waren Albus Potter und Scorpius Malfoy Freunde. Sehr zum Entsetzen der gesamten Verwandtschaft, weswegen darüber nicht besonders viel gesprochen wurde.

Sie selbst hatte von ihm nie wirklich viel mitbekommen. Er war ein Freund ihres Cousins, zugegeben und obwohl Albus so etwas wie ihr bester Freund war, hatte es sich doch nie ergeben, dass sie viel Zeit miteinander verbracht hätten.

Während sie älter wurden, hatte die Beziehung zwischen ihr und Al sich verändert. Was wohl normal war, wo sie selbst doch ein Mädchen war und er eben nicht. So hatte es sich ergeben, dass er eben mehr Zeit mit Jungs verbrachte und sie nicht. Und so wurde aus Scorpius Malfoy irgendwann Als bester Freund.

Was, ehrlich gesagt, gar nicht so verwunderlich war.
 

Scorpius hatte sich zu einem angenehmen Jungen entwickelt, das war zu verfolgen gewesen, auch für Rose. Er war überraschend freundlich und offen, recht unkompliziert und es ließ sich einfach mit ihm kommunizieren. Er hatte ein nettes Äußeres, das, je älter er wurde, immer spektakulärer wurde, mit einem gewinnenden, sympathischen Lächeln und einem jungenhaften, grübchenreichen Grinsen, das wirklich sehr attraktiv war, insoweit sie das beurteilen konnte. Außerdem war er nett und intelligent, und es fiel ihm leicht andere Leute zum Lachen zu bringen.
 

Das komplette Gegenteil also von dem Prototypen eines Slytherin, zumindest nach dem Maßstab ihres Vaters, aber der war, so hatte sie früh gelernt, meist nicht allzu ernst zu nehmen.

Ein näheres Kennenlernen hatte sich zwischen ihnen allerdings nie ergeben. Ob nun absichtlich gewollt oder rein zufällig, wer wusste das schon. Sie war wohl tatsächlich etwas distanziert gewesen, aber weniger aus Gründen, die sich aus ihrer Familienhistorie ergaben, sondern weil…nun, um ehrlich zu sein, hatte sie keine Ahnung wieso eigentlich. Doch das zu erforschen war sie gerade und überhaupt einfach nicht bereit.
 

„Glaubst du, ihr werdet euch vertragen?“ fragte Lily leise.

Rose entspannte sich auf ihrem Sitz.

„Wieso nicht?“
 

Ja, wieso nicht? Er war ein sehr guter Schüler, der Beste in ihrem Jahrgang. Er war clever und gebildet, vernünftig genug für die Position, aber auch beliebt genug, um positiven Einfluss zu haben. Das war alles was Rose über ihn wusste und für eine Zusammenarbeit sollte es genügen.

„Ich hab nie was Negatives über ihn gehört. Er scheint freundlich genug zu sein und so lange er seinen Job gut macht… Wieso erwartet jeder, dass ich mich beschwere?“, fuhr Rose fort und blickte aus dem Fenster.

„Niemand erwartet, dass du dich beschwerst.“

„Aber irgendwas scheint jeder zu erwarten. Du hättest Dad erleben sollen. Und ich bezweifle, dass du die Blicke, die ich auf dem Bahnsteig bekommen habe, nicht bemerkt hast. Du selbst hast nach Scorpius Ausschau gehalten. Also, irgendwas erwartet anscheinend jeder.“

Lily schwieg für einen Moment.
 

„Na ja. Irgendwie steht ihr zwei für eine Neuauflage alter Konflikte. Und zwar ziemlich vielfältiger Konflikte. Albus hat dem auf seine Art bereits vor Jahren den Wind aus den Segeln genommen und jeder sieht, wie gut sie sich verstehen, trotz dass sie in verschiedenen Häusern sind und so, aber ihr zwei…ihr habt nie die Grenzen abgesteckt, ihr habt nie viel Grund gehabt für ein Aneinanderreiben. Irgendwie ist wohl jeder gespannt was passiert. Immerhin seid ihr jetzt gezwungen viel Zeit miteinander zu verbringen. Ihr müsst zusammen arbeiten, um Himmels Willen. Es ist doch zu verstehen, dass jeder sich fragt, was passieren wird.“

Nun gut, das entsprach der Wahrheit.
 

Ihr längstes Gespräch hatte im Unterricht für Geschichte der Zauberei stattgefunden. Sie hatten aufgrund irgendeiner blöden Frage, die Rose vergessen hatte, das Thema der Hexenverfolgung und die Frage, wieso die magische Welt sich verborgen hatte und es, selbst nach dem letzten großen Krieg, immer noch tat, wiederholt angerissen. Scorpius hatte damals etwas gesagt, an dem sie Anstoß genommen hatte. Damals war sie gerade 16 gewesen und im Sommer davor hatte sie Geschichtsvorlesungen an der Universität besucht und hatte damit die Geschichte aus Sicht der Muggel sehr gut in Erinnerung.

Eine Diskussion war daraus entstanden, die für sie beide kein befriedigendes Ende gefunden hatte, da Prof. Binns - der immer noch unterrichtete und vollkommen erschrocken schien, über die Tatsache, dass in seinem Unterricht zu einer lebhafte Debatte über den Stoff gekommen war, den er unterrichtete - sie irgendwann unterbrochen hatte.
 

Doch Rose hatte das Temperament kurz zu spüren bekommen, das sich hinter dem strategisch gut entwickelten Verstand von Malfoy verbarg. Er hatte es nicht gemocht, dass sie ihm widersprochen hatte. Und er hatte es nicht gemocht, dass sie sich geweigert hatte nachzugeben, welche rhetorisch den ihren weit überlegenen Argumente, er auch angebracht hatte. Und er hatte es nicht gemocht, dass sie ihm seinen Platz an der Pyramidenspitze ihres altersstüflichen Kollektivintellekts streitig machte. Hatte nicht weichen wollen von seinem Standpunkt und hatte umso stärker versucht sich all das nicht anmerken zu lassen. Später, nachdem ihre Meinungsverschiedenheit mehr oder weniger jäh abgewürgt worden war, hatte er es sich nicht verkneifen können einen lässigen Kommentar abzugeben, der alle zum Lachen brachte, aber genug Spitze enthielt, um Rose dazu zu bringen, ihn von einer anderen Seite zu betrachten.

Wahrscheinlich hatte es sonst niemand bemerkt, aber sie war sich sicher einen kurzen Blick auf den Scorpius Malfoy erhascht zu haben, der hinter der penibel gepflegten Fassade lebte und brodelte.
 

Doch genau der Scorpius Malfoy war es, der Rose dazu gebracht hatte, sich ununterbrochen, seit sie den Brief aus Hogwarts mit ihrer Ernennung erhalten hatte, damit zu beschäftigen, ob es wahrhaftig spannend werden würde – sie und er als Schulsprecher von Hogwarts. Und das, obwohl sie eigentlich versucht hatte so wenig wie nur möglich daran zu denken.
 

** ** *** ** **
 

Aufgeschreckt durch ein lautes Auflachen, das seine Heftigkeit aus der Kürze zog, bemaß Scorpius Malfoy seinen Freund mit einem düsteren Blick.

Allerdings blieb der unerwidert, denn Albus Potter war viel zu sehr damit beschäftigt ein zerknittertes Muggelcomicheft zu lesen, das er höchstwahrscheinlich einem jüngeren Schüler entwendet hatte – zumindest hoffte er das.

Mit einem Seufzen versucht Scorpius auf den Zugsitzen, die wahrscheinlich vor 50 Jahren das letzte Mal aufgepolstert worden waren, eine halbwegs bequeme Position zu finden.
 

Verdammt, er hatte Kopfschmerzen.

Nicht nur ein bisschen Ziepen, nein, wann immer sein Körper sich etwas in den Sinne gesetzt hatte, insoweit das möglich für ihn war – so als Körper; dann tat er es mit einer Inbrunst, die wirklich nicht immer nachzuvollziehen war. Zumindest nicht für Scorpius.
 

Und so hatte er das Gefühl, sein Schädel sei nur noch ein paar Müh davon entfernt in einem riesigen Inferno zu explodieren.

Das kurze Rascheln von Papier unterbrach für den Bruchteil einer Sekunde die Stille und kündete davon, dass Al gerade eine Seite umgeblättert hatte.

Scorpius lehnte seine Stirn an die gläserne Kühle der Fensterscheibe neben ihm, in der Hoffnung dem bohrenden Stechen in seinen Schläfen Linderung zu verschaffen und fixierte den rabenschwarzen Haarschopf seines Freundes mit seinen Augen, ohne ihn wirklich anzusehen.
 

Wieder verging ein Moment der Stille, nur kurz gestört durch Als schepperndes Kichern oder vereinzelnd durch eines seiner dunklen Glucksen. Scorpius schloss die Augen und versuchte so viel wie möglich von der wohltuend kühlen Fensterscheibe mit seiner Stirn in Kontakt zu bringen, während er angestrengt versuchte, nicht weiter über die Ursache seines bestialischen Kopfschmerzes nachzugrübeln. Was schwer fiel, wenn der Lieblingscousin eben jener Ursache in mehr oder weniger unregelmäßigen Abständen keuchartig auflachte.

Resignierend rieb sich Scorpius die Stirn.
 

„Erzähl mir von deiner Cousine!“, forderte er schließlich, mit immer noch geschlossenen Augen, den Kopf ebenfalls genauso an das ruckelnde Glas gelehnt, das ihr Abteil von der lauen Septemberluft trennte.

Wenn er schon an nichts anderes denken konnte, dann würde er zumindest versuchen etwas Nützliches in Erfahrung zu bringen

Wieder hörte er Albus amüsiert aufgrunzen.

Ein Seufzen unterdrückend, drehte Scorpius den Kopf in die Richtung des Geräusches und zwang seine schmerzenden Lider sich zu heben.
 

„Al!“ versuchte er es erneut, diesmal eine winzige Spur schärfer.

„Hm?“, antwortete Al, die Augen nicht von seinem Amüsement hebend.

„Deine Cousine, Al, ich will mehr über sie wissen!“

Wie immer, wenn er mit Albus Potter Umgang pflegte, wurde seine Geduld einer recht eingehenden Prüfung unterzogen. Und Scorpius war schon ohne Kopfschmerzen kein sehr geduldiger Mensch.

„Welche Cousine?“, war die nächste Frage, die ihn beinah die Augen verleiern ließ.

„Welche Cousine?“, wiederholte Scorpius mit einem Tonfall entnervter Verständnislosigkeit.
 

Albus sah auf, ein vages Grinsen auf den Lippen, das wohl von seinem pädagogisch wertvollen Lesestoff herrührte.

„Ja, Scorp, welche Cousine? Ich hab massig davon.“

Der Zug folgte seinen Schienen in eine leichte Linkskurve und erlaubte es der goldenen Spätsommersonne in ihr Abteil zu fallen und das Gesicht seines Freundes in dunkel gleißendes Licht zu tauchen, das es unmöglich machte den Ausdruck darin zu lesen.

Er überschlug sein Linkes mit dem rechten Bein und zwang sich trotz der blendenden Helligkeit Als Gesicht zu suchen.

„Momentan gibt es nur eine Cousine bei der mir ein bisschen Information nicht schaden könnte.“

„Du meinst also tatsächlich, dass es dir schaden würde, wenn ich dir jetzt von der falschen Cousine erzähle?“

Genervt verzog Scorpius den Mund.

„Albus, ich hab gerade kein Bock auf verquere Wortspiele, ich muss mehr über Weasley wissen.“
 

Während der Hogwartsexpress weiter gen Norden fuhr, wanderte die Sonne auf Als Gesicht weiter nach rechts und ließ somit den Blick auf seine linke Augenbraue frei, die leicht nach oben zuckte.

Nur die eine Seite eines Gesichts zu sehen, während die andere so vollkommen vom Licht- und Schattenspiel der Sonne verdeckt blieb, machte es viel schwieriger Expressionen daraus zu lesen, weswegen Scorpius nur annehmen konnte, dass das winzige Grübchen, das neben Als Mund auftauchte, ein Belustigtes war.

„Nun, auch das hilft mir jetzt nicht viel weiter, mein blonder Freund. Ich habe genau genommen fünf Weasleycousinen, nein, sechs sogar.“

Scorpius Antwort war ein etwas zu lautes Ausatmen, das Al zum Glucksen brachte.

Ja, definitiv belustigt.
 

„Man Alter, wieso sagst du 's nicht einfach ganz konkret? Al, bitte erzähl mir doch ein bisschen was über deine Cousine Rose Weasley. Ich hab mich die letzten sechs Jahre nicht getraut mit ihr zu sprechen, weil ich Angst hatte mein Papi schimpft mit mir, wenn ich es tu, aber jetzt muss ich das nächste Jahr mit ihr zusammenarbeiten und kann ihr leider nicht mehr aus dem Weg gehen. Ich brauche also deine Hilfe, denn ich muss ein toller Schulsprecher werden, der Beste den Hogwarts je gesehen hat, damit ich allen zeigen kann, was für ein toller Hecht ich bin, damit ich nicht mehr nur der Sohn des jüngsten Todessers aller Zeiten bin.“

Anhand des schlecht imitierten schottischen Akzents, mit dem Al gesprochen hatte, lag es nahe anzunehmen, dass sein Freund versuchte eine Parodie von ihm zu geben.
 

Eine kurze Pause entstand. Eine Pause, in der Scorpius Malfoy seinen besten Freund genervt und erzürnt zugleich musterte, die kräftigen Nasenflügeln gebläht, während er versuchte ihn mit erhabener Arroganz zum Wegsehen zu bringen.

Der Teufel sollte ihn holen, wenn er dem schwarzhaarigen Wichtigtuer auch noch das Gefühl gab, er könnte wolmöglich Recht haben.

Albus Potter wiederum kannte seinen Freund lange genug, um eben jene geblähten Nasenflügel nur zu gut beurteilen zu können und betrachtete seinen blonden Gegenüber weiterhin mit belustigte Gelassenheit.

Verdammter Potter.

„Das ist nicht komisch, Potter!“, raunte er düster und legte die Stirn tadelnd in Falten.

Was Albus allerdings nur dazu veranlasste seinen vorher leicht amüsiert verzogenen Mund zu einem breiten Grinsen zu erweitern.

„Und wie komisch das ist. Das ist urkomisch. Du fürchtest dich vor meiner Cousine. Vor ‘nem Mädchen, Scorp. Du hast Angst vor ‘nem Mädchen.“

Eher missbilligend und genervt als wirklich wütend bedachte Scorpius seinen Freund mit seinem perfektioniert überheblichen Blick.

„Rede dir so was nur ein, Potter, wenn es dein eigenes lächerliches Leben erträglicher macht.“
 

Doch wie gesagt, leider kannte Al ihn viel zu verteufelt gut und dachte gar nicht daran sich einschüchtern zu lassen. Im Gegenteil – zu seinem Grinsen gesellte sich ein glucksendes Kichern, das ihn beinahe entnervt hätte schnorcheln lassen.
 

Gütiger Himmel. Wenn irgendwas beständig war, dann dass seine Nerven in Als Gegenwart permanent gereizt waren. Aber Scorpius hatte schon immer einen seichten Hang zum Masochismus, wenn es ihn selbst betraf. Wenn Dinge schwer waren, dann tat er sie mit umso mehr Eifer, einfach nur, um sich selbst zu beweisen, dass er es auch mit den Schwierigkeiten des Lebens aufnehmen konnte.

Irgendwie kam das wohl automatisch, wenn man versuchte, sich ein Leben im Schatten eines Todesservaters aufzubauen.
 

„Mach dir nich‘ so ’n Stress, Mann. Rose ist ein Fisch, kein Hai. Nicht jeder hat so ‘nen Killerinstinkt wie du. Eigentlich müsstest du wissen, wie harmlos sie ist. Du hast mehr Kurse mit ihr, als ich.“

Was der Wahrheit entsprach. Bis auf ein, zwei Fächer, waren ihre Stundenpläne fast identisch. Jetzt, auf UTZ-Niveau gab es von jedem Fach sowieso nur noch eine Klasse, selbst in Verwandlung waren jetzt alle Schüler der vier Häuser zusammengewürfelt und nicht mehr aufgeteilt, wie in den ersten fünf Jahren, sodass Rose Weasley in der Tat ständig mit ihm gemeinsam Unterricht hatte.

Dennoch, er kannte sie kaum, hatte nie wirklich mit ihr gesprochen. Und auch wenn er sich in den letzten Ferientagen, seit der Ankunft seines Schulsprecherabzeichens, versucht hatte einzureden, dass es kein großes Ding sei – Rose Weasley, ebenfalls Schulsprecher – hatte es immer schlechter funktioniert. Zu aufdringlich hatten ein paar Erinnerungen an einige lebhafte Diskussionen über Unterrichtsinhalte, die er sich von dem Mädchen hatte aufdrücken lassen, versucht seine Gedanken zu drangsalieren. Auch wenn sie sich immer rational hatten zurückdrängen lassen, war da immer ein fahler Nachgeschmack geblieben, etwas, das Scorpius eben nicht davon hatte überzeugen können, sein letztes Schuljahr würde für ihn so glorreich werden, wie er es immer geplant hatte. Und er hasste es, wenn etwas nicht so eintrat, wie er es geplant hatte.
 

Rose Weasley war einfach zu unkonventionell, als dass er sie leicht hätte einschätzen können. Sie war unvorhersehbar und das beunruhigte ihn.

Doch es würde ihm nichts anderes übrig bleiben als abzuwarten. Das Problem war nur, dass er nichts so sehr verabscheute wie Abwarten.

A life in shadows suits her well

Oder: Auf Abstand lebt es sich besser
 

„Meine Güte, wie lange will der alte Besen denn noch palavern? Bis die endlich fertig ist, bin ich zu schwach um zu essen um den Hungertod aufzuhalten“, tönte Als dunkle Stimme missmutig von ihrer linken Seite.

„Versprich mir, dass du meinen Eltern haargenau erklärst, warum ihr geliebter Sohn am ersten Tag weg von zu Hause eines grausamen Todes sterben musste. Vielleicht wird dann endlich mal 'ne Regel gegen zu lange Willkommensreden erlassen und wenigstens Lily ist sicher vor meinem Schicksal“, fuhr er leise grummelnd fort.

„Vielleicht wird sie bis dahin aber schon von der Schule genommen. Ich würde mein jüngstes Kind nicht auf die Schule gehen lassen, auf der ein anderes tragisch das Leben lassen musste.“

Gott im Himmel, womit hatte sie sich diese Strafe nur verdient?

„Aber auf der anderen Seite müssten sie Lily dann selbst unterrichten und seien wir ehrlich…das überlebt man nur, wenn man sowieso verrückt ist. Für Lehrer in Ordnung, aber für meine Eltern...die, wenn ich so drüber nachdenke, eigentlich auch ziemlich verrückt sind…“

Links von ihr entstand eine Pause, nur gefüllt von dem stillen Dröhnen, das Gedanken verursachen, wenn sie langsam und mühsam durch Köpfe rollen.

Rose unterdrückte den Impuls ihrem Cousin einen verzweifelten Blick zuzuwerfen und konzentrierte sich weiterhin auf die hagere Gestalt ihrer Direktorin, die streng und ernst vor dem Lehrertisch aufragte.

Zumindest gelang ihr das, bis ein Ellenbogen sich in ihre rechte Seite spitzte.

„Professor Rucktail sieht gut aus, was? Die graue Strähne steht ihm.“
 

Wieso setzte sie sich aber auch immer wieder neben Familienmitglieder?!
 

Ohne den Kopf zu sehr drehen zu müssen und damit Professor Honor aus den Augen zu verlieren, versuchte Rose Lily mit einem ermahnenden Blick zu bedenken. Nicht sehr erfolgreich, denn Lily fuhr fort in leisem Zwitschern irgendeinen Blödsinn mit einer Freundin auszutauschen, die zu ihrer Rechten saß.

Nun, wenigstens würde das nicht zu hören sein. Wenn ihre kleine Cousine etwas beherrschte, dann war es Quasselei ohne dabei ertappt zu werden.

Ihr sollte es recht sein.

Professor Honor hatte nämlich bereits zweimal während dieser Ansprache mit strenger Miene ihren Blick gesucht. Genaugenommen war ihre Miene immer streng, also war das an sich nicht sonderlich beunruhigend. Irgendwas in der Art und Weise, in der letzte Woche allerdings ihre Benachrichtigung über die Ernennung zur Schulsprecherin formuliert gewesen war, sagte Rose, dass sie sich dieses Jahr absolut keinen Fehltritt zu erlauben hatte.

Dass sie eine weit unkonventionellere Wahl für dieses Amt darstellte als Scorpius Malfoy, hatte ganz deutlich zwischen den Zeilen der kurzen persönlichen Notiz gestanden, die dieses Jahr ihrem Hogwartsbrief beigelegen war.

Sollte sie während der alljährlichen Ansprache der Schulleiterin beim Reden mit ihren Mitschülern ertappt werden, würde das wahrscheinlichen einen Grund darstellen, um sie augenblicklich mit einer konventionelleren Wahl zu ersetzen.

„Ich wünsche euch für das kommende Jahr alles Gute und erwarte das absolut Beste von euch.“
 

Pflichtbewusst stimmte Rose in den erleichterten Applaus mit ein, der der Schulleiterin auf ihren Platz folgte.

Das brausende Geräusche verstummte allerdings fast sofort wieder, denn just in dem Moment als Professor Honor Platz nahm, erschienen auf den polierten Holztischen Massen von goldenen Schüsseln und Platten gefüllt mit Salz- und Herzoginkartoffeln, Zwiebelbrot und Ciabatta, gebratenem Gemüsen, Lammkotletts und Codfish Filets, Suppen, Puddings und Terrinen.

Neben ihr stieß Al ein gebrochenes Wimmern aus.

Rose verdrehte in gutmütiger Enervation die Augen und rollte die Ärmel ihrer Roben nach oben. Ein Versuch um zu verhindern, schon nach ein paar Stunden des Tragens ihr Ersatzpaar aus dem Koffer ziehen zu müssen – mit den Jahren lernte man gewissen Koinzidenzen auszuweichen.

Und wieso nur stand die Kürbissuppe nie in ihrer Nähe?
 

** ** *** ** **
 

Es war nicht wirklich seine Absicht gewesen, den Fisch, den er gerade auf seinen Teller gelegt hatte, unberührt zu lassen, um sie zu beobachten. Es war sogar so ziemlich geschehen, ohne von seinen höheren Gehirnfunktionen bemerkt worden zu sein. Bewusst wurde es ihm eigentlich erst, als Timothy Blaydens Stimme nach etlichen Bemühungen um seine Aufmerksamkeit endlich zu ihm durchgedrungen war.

„Hm?“, fragte Scorpius, während sein Blick weiter Rose Weasleys Gestalt den Gryffindortisch entlang folgte.

Keinen blassen Schimmer wieso sie überhaupt aufgestanden war.

Die Ärmel ihrer Robe hingen in einem unordentlichen Versuch sie aufzurollen um ihre Unterarme herum und ihr bemerkenswert rotes Haar ging von einem Aggregatzustand in den anderen über. Zumindest, war er sich sicher, würde es im Fachjargon so heißen müssen, wie es da so herumflatterte, gerade im Inbegriff dem Knoten aus Locken an ihrem Hinterkopf zu entfliehen.

Wie immer vermittelte sie den vagen Eindruck eines leicht unordentlichen Mädchens mit schlechter Haltung und viel zu auffallendem Haar, weswegen Scorpius nicht richtig deuten konnte, was seine Aufmerksamkeit eigentlich geweckt hatte.

Doch nun, dazu fähig all seine Konzentration auf diesen Fall zu lenken, fiel ihm auf, dass irgendetwas tatsächlich anders war an Rose. Nur was?
 

„Herrgott, Scorpius, du hast noch früh genug Gelegenheit ihr auf alle erdenklichen Möglichkeiten das Leben zur Hölle zu machen, aber könntest du für den Moment meine Frage beantworten?“

Scorpius blinzelte kurz irritiert. Dann drehte er abrupt den Kopf in Timothys Richtung.

„Wovon sprichst du?“

Timothy hob eine Augenbraue.

„Wenn du mich schon aus den Gedanken reißen musst, könntest du dich wenigstens beeilen. Du kannst dir vielleicht vorstellen, dass mir einiges im Kopf herum geht?!“, schnarrte Scorpius ablenkend.

Er würde jetzt nicht über Rose Weasley diskutieren. Schon gar nicht, da Timothy ihn dabei ertappt hatte, wie er sie angestarrt hatte.

Doch Timothy war nicht umsonst einer seiner engsten Freunde. Anders als Al wusste er, wann er die Klappe zu halten hatte.

„Ich hätte gern gewusst, wie du es dieses Jahr mit dem Quidditch halten wirst, mein Freund.“

Timothy war letztes Jahr zum Kapitän ihrer Mannschaft erwählt worden, eine gute Wahl, doch für den Pokal hatte es trotzdem nicht ausgereicht. Nicht mit einem Team voller Potters jedweder Altersklasse als Konkurrenz. Eine Schmach, die ein Keil zwischen seine und Als Freundschaft treiben würde, wenn sie beide nicht klüger wären. Dennoch, James, Als Bruder, würde dieses Jahr nicht spielen. Ein Weltklassesucher weniger. Ob Albus seine Position übernehmen würde, nun, das würde sich zeigen.

Zwei Finger schnippten kurz vor seiner Nase und ließen ihn wiederholt blinzeln. Dann sandte er Tim einen verärgerten Blick.

„Eher friert die Hölle zu, als dass ich jemanden anderen spielen lassen würde.“

Tim nickte zustimmend. „Ich hatte gehofft, du würdest das sagen. Andernfalls könnten wir gleich hier und heute den Pokal an diese arroganten Schnösel übergeben. Wir brauchen diese Revenge. Dieses Match letzte Saison war einfach…..“
 

Tims Stimme vermischte sich mit den anderen Geräuschen der großen Halle und ging schließlich in dem Wirrwarr aus aufgeregten Stimmen und klirrenden Geschirrs ganz unter. Doch Scorpius machte sich sowieso nicht länger die Mühe ihm zu zuhören. Viel mehr suchte sein Blick wieder seine angepaarte Schulsprecherin, die gerade mit einer Schüssel mittlerer Größe an ihren Platz zurückkehrte. Albus saß neben ihr, war aber viel zu sehr damit beschäftigt, so viel Nahrungsmittel wie möglich in sich hineinzuschaufeln, ohne zu viel Energie für das Kauen verschwenden zu müssen, um irgendwie auf seine Cousine zu reagieren. Gerade waren Scorpius‘ Mundwinkel auf dem Weg, ein amüsiertes Zucken zu zeigen, als die Gestalt, die er zum wiederholten Mal an diesem Abend unverfroren anstarrte, den Kopf hob und zurück starrte.

Zu perplex um zu reagieren, tat er überhaupt nichts und sah sie einfach weiter an.

Und Rose tat nichts, außer ihn ebenfalls anzusehen.
 

Die Sekunden zogen sich in die Länge und verstrichen, ohne dass sie sich rührten. Sekunden, in denen Scorpius auffiel, dass ihre Augen die Farbe von honigübergossenem Bernstein hatten. Sekunden, in denen sich in einem versteckten Winkel seines Verstandes ein Bild manifestierte. Ein Abbild eines Gedankens, so verschwommen wie die Reflexion einer fliegenden Libelle über dem glatten Spiegel eines trüben Teiches und für einen kurzen Augenblick hatte er das Gefühl sich an etwas zu erinnern, das er einmal geträumt haben musste.
 

Doch das vage Gefühl einer Erinnerung verflog augenblicklich, als die Hauselfen von Hogwarts genau diesen Moment wählten, um den Hauptgang des Festessens mit dem Nachtisch zu ersetzen.

Die enttäuschten Aufstöhner und das Fluchen derer, die es nicht rechtzeitig geschafft hatten, alles in Reichweite in sich hinein zu schaufeln, rissen ihn aus dem tranceartigen Zustand und der Moment verpuffte. Albus‘ wüster Ausruf schallte bis zum Slytherintisch hinüber und ließ Scorpius nun doch ein Grinsen andeuten. Um der Situation so elegant wie nur möglich den Rücken zu kehren, nickte er Rose kurz grüßend zu und wandte sich wieder seinem Teller zu.

Es war erst dann, dass er bemerkte, dass er nicht einen Bissen angerührt hatte.
 


 

** ** *** ** **
 


 

Ein wenig müde folgte Rose ihrer Cousine die Treppe zum Gryffindorturm hinauf und versuchte dabei recht halbherzig dem Gespräch zu folgen, das Lily eher mit sich selbst, als mit ihr führte.

Ihre Gedanken machten immer wieder Anstalten in Richtung des heutigen Abendessens zu hopsen, das so viel seltsamer verlaufen war, als Rose es sich jemals hätte vorstellen können.

Nicht nur, dass sie sich von Scorpius Malfoys pierceden Blick so hatte irritieren lassen, dass die Kürbissuppe, die sie nach einer kleinen Wanderung rund um den Gryffindortisch endlich ausfindig gemacht hatte, vor ihren Augen wieder verschwunden war, als sie zum ersten Mal den Löffeln hineintauchen wollte.

Nein, das Komische daran war ja gerade, dass es überhaupt keinen Grund dafür gegeben hatte. Dafür dass Scorpius sie angestarrt hatte.

Und er hatte wirklich gestarrt. Rose war niemand, für den das Konzept falscher Bescheidenheit Sinn ergab, also käme sie nie auf die Idee sich selbst ausreden zu wollen, es hätte sie jemand angestarrt, nur weil es eigentlich nicht sein konnte, wenn dieser jemand wirklich gestarrt hatte. Auch wenn sie damit wenig Erfahrung hatte, bedeutete Starren, dass eine Person oder ein Tier eine andere Person, mehrere Personen oder ein anderes Tier/Tiere mit unbewegtem, eben starren Blick ansah. Und genau das war der Fall gewesen.

Scorpius Malfoy hatte sie starr angeblickt. Aber warum? Ja, das war die eigentliche Frage. Warum hatte er gestarrt?
 

Nun, es musste etwas mit der ganzen Schulsprechergeschichte zu tun haben, oder nicht? Sie hatten bisher keinerlei Gelegenheit gehabt miteinander zu sprechen. Seit einigen Jahren hatte man von der Tradition abgesehen, die Vertrauensschüler unter der Führung der Schulsprecher bereits bei der Fahrt nach Hogwarts zusammenzuführen. Die erste Besprechung fand seit ein paar Jahren immer erst am allerersten Schultag statt. So war es auch gewesen, als Rose zur Vertrauensschülerin ernannt worden war. Warum die Vertrauensschüler nicht schon im Hogwartsexpress patrouillieren mussten, sondern ihr Amt erst mit dem Erreichen des Schlosses quasi in Kraft trat, wusste irgendwie niemand so genau. Es war eine der vielen kleinen, scheinbar sinnfreien Veränderungen, für die Professor Honor seit ihrer Einführung als Schulleiterin gesorgt hatte, die niemand verstand, die aber irgendeinem höheren großen Zweck dienen mussten. Sonst wären sie schließlich nicht angeordnet worden, oder?

Jedenfalls waren Scorpius und sie deswegen noch nicht aufeinander getroffen. Das wäre erst morgen der Fall. Wahrscheinlich waren ihm bereits irgendwelche wichtigen Dinge im Kopf herumgesurrt und er hatte dabei zwangsläufig in sie denken müssen.

Wieso sonst sollte Scorpius sie nach all den Jahren, in denen sie fast keinen Kontakt außerhalb des Klassenraums gehabt hatten, auf einmal anstarren. Da sie allerdings jetzt Schulsprecher waren, gab es wohl jede Menge Gründe für ihn.

Oder?
 

Lily neben ihr stoppte plötzlich.

„Weißt du das Passwort?“

Rose hob den Kopf und wurde ihrer Umwelt gewahrer. Sie standen vor dem Portrait, das als Eingangsschutz zum Gryffindorturm diente. Die rundliche, ganz in rosa gekleidete Dame, bekannter mit dem berühmten Adjektiv ‚fett‘ als Beinamen, blickte stirnrunzelnd auf sie hinab. Mit den Jahren war sie nicht geduldiger geworden, hieß es nicht umsonst.

„Misanthrop.“

Das Portrait schwang zur Seite.

Lily rümpfte die Nase.

„Wo hat die nur ihren Wortschatz her…“

Rose antwortete mit einem kleinen Schnauben, einfach nur um etwas zu sagen. Auch wenn sie ja im eigentlichen Sinne damit nichts sagte. Es füllt den Raum und das genügte Lily, die sich gerade daran machte durch das Loch in der Wand zu klettern, das nun frei lag.

„Kommst du?“

Rose seufzte und kletterte hinterher. Natürlich kam sie. Wo sollte sie denn sonst hin?
 

Im Gemeinschaftsraum herrschte die typische träge Stimmung im Nachhall eines Festmahls. Einige Erstklässler begutachteten staunend die Einrichtung oder unterhielten sich aufgeregt, während die meisten älteren Schüler sich entweder vor dem Feuer fläzten oder auf ihrem Weg Richtung Schlafsäle waren.

„Wo ist dein Zimmer jetzt eigentlich, Rosie?“, fragte Albus‘ Stimme sie von irgendwo rechts.

Rose legte die Stirn in Falten.

Das hatte sie beinahe vergessen.

Al gluckste.

„Vergessen, stimmt 's?“

Jap.

„Quatsch. Es ist ganz oben.“

„Ooh, stimmt ja, du hast ein eigenes Zimmer. Rose, cool, lass uns schnell rein und es uns anschaun.“

Rose seufzte wiederholt. Natürlich würde Lily sich das Zimmer ansehen wollen.

„Oooooooh jaaaa. Rosie, lass uns dein Zimmer anschauen. Es wird so besonders aussehen. Vielleicht hat es sogar ein Bett?!?!“

Lily warf ihrem Bruder einen ärgerlichen Blick zu.

„Hör auf mich nachzumachen…außerdem sprech‘ ich nicht so, du Hornochse.“

„Stimmt, du sprichst nicht, du kreischst.“

Wieder seufzte Rose.

„Komm, Lily.“

Das würde sonst Stunden so weiter gehen. Am Ende hätte der eine keine Haare mehr und der andere ein blutiges Gesicht – war schließlich schon vorgekommen.

Schnaubend folgte ihre Cousine, als Rose in Richtung der Mädchenschlafsäle ging.

Welch‘ Glück.

„Ich hasse Al.“

„Tust du nicht.“

„Doch. Ich hoffe er erstickt heute Nacht an seinem Sabber.“

Rose schwieg.

„Jetzt, wo James weg ist, wird er so eine Plage sein.“

„Du hast eine Party veranstaltet, weil James dieses Jahr nicht mehr hier ist. Du wolltest, dass ich deine Torte verzauber‘, damit sie mit seiner Stimme sagt: ‚Ich bin ein riesiger, nerviger Stumpfdödel‘.“

Ein Schnalzen kam von ihrer Cousine.

„Darum geht’s doch hier gar nicht. Übrigens bin ich dir immer noch böse, weil du es nicht gemacht hast.“

„Ich weiß bis heute nicht, was ein Stumpfdödel ist.“

„James ist einer“, schnappte Lily.

„Dann sei doch froh, dass du nur noch einen Bruder hier hast.“

„Bin ich doch.“

Rose konnte nicht anders. Sie seufzte.

„Aha.“

„Aha mich nicht an, Rose Weasley. Jetzt, wo James nicht mehr da ist, wird niemand mehr Al das Maul stopfen können. Das war das Einzige, wofür er gut war und auch das Einzige, in dem er wirklich gut war.“

„Lily, pass auf dein Mundwerk auf. Jemand könnte auf die Idee kommen, es dir waschen zu wollen, wenn du so wahllos daher redest.“

„Das war nicht wahllos. Es war ausgesucht.“

„Noch schlimmer.“

Lily holte tief Luft.

„Weißt du was? Ich hab keine Lust mehr. Ich geh schlafen. Ich muss sowieso hier rein. Gute Nacht, wir sehen uns morgen.“

Und schon war ihr langer, roter Haarschopf hinter der nächstliegenden Tür verschwunden.

Diese Lily. Was wohl dieser Stimmungsumschwung zu bedeuten hatte?

Rose lächelte.
 

Wahrscheinlich war ihr gerade klar geworden, dass sie dieses Jahr wirklich ohne ihren Bruder verbringen würde. Die drei Geschwister konnten sich streiten und zetern wie sie wollten, dass sie sich alle abgöttisch liebten war klar wie Felix Felicis. Und Lily würde James schmerzlich vermissen, so sehr sie sich diesen Sommer auch Mühe gemacht hatte allen das Gegenteil zu beweisen.

Und weiter ging 's die Treppe hinauf.

Ein eigenes Zimmer zu haben war seltsam. Etwas, dass sie mit Hogwarts nicht länger in Verbindung brachte.

Die Schulsprecher hatten ebenfalls ein eigenes Arbeitszimmer. Einen kleinen Raum, in dem sie die Besprechungen mit den Vertrauensschülern abhielten und ihre eigenen Aufgaben koordinieren konnten. Er befand sich unweit der Bibliothek, verborgen hinter einer Wanddekoration, die alle Siegeltiere der vier Gründer in Stein gemeißelt darstellte.

Mit dem richtigen Passwort, oder allein vom Anblick des Schulsprecherabzeichens, erwachten die Tiere zum Leben und ließen eine Tür sichtbar werden, für alle anderen dienten sie als Boten, wenn Schüler oder Lehrer irgendwelche Anliegen hatten. Außerdem nahmen sie Benachrichtigungen entgegen und sammelten sie des Adressaten entsprechend sortiert in zwei kleinen Boxen, nur zugänglich für die Schulsprecher.
 

So viel wusste Rose bereits aus ihrer vorherigen Tätigkeit als Vertrauensschüler. Alles andere würde sich zeigen müssen, denn so eben hatte sie das Ende der Treppe erreicht.

Der Treppenaufgang endete vor dem Gemälde eines Löwen. Oder eher einer Löwin, vermutete Rose, da die Mähne fehlte. Die Großkatze saß auf einem Felsen und sah sie aus dunklen Augen stumm an.

Rose blinzelte.

„Äh…“

„Wer bist du?“, fragte das Gemälde sie, mit eindeutig weiblicher Stimme, rauchig.

„Äh…Rose. Rose Weasley.“

„Und kannst du das beweisen, Rose Weasley?“

Rose runzelte die Stirn und überlegte.

Hm. Eigentlich nicht.

„Nein.“

„Und dennoch soll ich dich einlassen? Jeder könnte hier herauf kommen und das behaupten.“

Bisher hatte die Löwin nicht ein einziges Mal geblinzelt. Aber seit wann waren die Bilder in Hogwarts normal?

„Nun, was schlägst du vor?“

Die Löwin schwieg.

„Wie haben sich die anderen denn ausgewiesen?“

Die Raubkatze schlug mit dem Schwanz, als wolle sie eine Fliege verjagen.

„Es ist lange her, dass ich hier war. Ich erinner‘ mich nicht.“

Na super.

„Ich könnte dir eines meiner Bücher zeigen. Da steht mein Name drin. Aber die sind im Koffer, auf dem übrigens auch mein Name steht, der aber wohl in dem Raum ist, den du bewachst.“

Die Löwin schüttelte den großen Kopf.

„Meine Robe? Sie ist mit meinen Initialen gekennzeichnet.“

Wieder schüttelte sie den Kopf. „Du könntest sie gestohlen haben.“

Rose hob eine Augenbraue.

„Bist du immer so misstrauisch?“ fragte sie.

„Du wärst nicht die Erste, die versucht unbefugt hier einzudringen.“

„Ich denke, du wärst schon lange nicht mehr hier gewesen.“

Die Löwin schwieg.

Doch Rose meinte etwas wie peinliche Berührtheit in ihrem Blick erkennen zu können. Aber dann wiederum, kam sie sich ziemlich blöd vor, in den Blick eines anderen eine derart spezifizierte Emotion heraus zu lesen – geschweige denn aus den Augen eines gemalten Löwen.

„Weißt du das Passwort?“, rauchte das Portrait.

„In meinem Brief stand, ich würde es erst festsetzen müssen.“

Die Löwin nickte.

„Vielleicht bist du doch Rose Weasley.“

Rose nickte ebenfalls.

„Wie wär 's mit Misststrauch?“

„Als Passwort?“

„Natürlich als Passwort.“

„Möchtest du darüber noch einmal nachdenken?“

„Ganz ehrlich, ich möchte einfach hier rein und schlafen. Wenn du also so freundlich wärst.“

„Natürlich. Misststrauch. Gute Nacht, Rose Weasley.“

Das Portrait schwang zu Seite und Rose holte tief Luft.

Irgendwie wusste sie nicht so recht, ob sie jetzt lachen oder verärgert sein sollte.

Dann trat sie über die Schwelle der Wandöffnung, die freigelegt worden war und vergaß jeglichen Gedanken an die misstrauische Löwin.

Himmel.

Das hatte sie nicht erwartet.

Sie stand in einem kreisrunden, gemütlichen Raum, in dessen Wände in regelmäßigem Abstand große Fenster eingelassen waren. Schwere samtene, gryffindorrote Vorhänge waren mit Kordeln zurückgezogen und ließen das trübe Mondlicht hinein.

In einem Kamin prasselte ein munteres kleines Feuer und brachte die Raumtemperatur auf ein angenehmes Niveau. Was allein durch Holzbeheizung in einem solchen riesigen, zugigen Schloss eigentlich selten möglich war, half man nicht mit etwas Magie nach.

Der hölzerne Dielenboden war bedeckt mit großen Teppichen aus rotem Flor. An der Wand rechts von ihr stand ein schönes Himmelbett, mit Vorhängen aus rotem Leinen, wie sie es aus ihrem alten Schlafsaal kannte. Rose vermutete, dass dort jetzt ein Bett weniger stand.

Wenn sie die Vorhänge zurückzog, würde sie vom Bett aus ungehindert in den Sternhimmel sehen können.

Ein winziger Tisch stand dem Bett gegenüber und ihre Schultasche lehnte bereits daneben. Links führte eine Tür in ein kleines Badezimmer, das alles nötige bereit hielt, um es ihr zu ersparen jedes Mal mit dem Löwenportrait Grundsatzdiskussionen führen zu müssen, wann immer sie sich wegen hygienischer Belanglosigkeiten gezwungen sah, das Zimmer zu verlassen. Oder eher, wenn sie danach wieder hinein wollte.

Zumindest für heute was das wunderbar. Denn so brachte Rose es fertig, in weniger als zehn Minuten in ihr einladendes Bett zu springen, das so weich und kuschelig und warm, auf sie wartend da stand.
 

** ** *** ** **
 

Wie immer war er der Erste in der großen Halle. Er war immer der Erste. Und meistens in der gesamten Zeit, in der er saß, auch der Einzige.

Aber genau das war das Wundervolle daran. Es gab nichts Schöneres, als den Morgen so friedlich und einsam, abseits von all dem Lärm zu beginnen.

Scorpius liebte es früh aufzustehen. Nicht, dass er nicht lange schlafen konnte. Er mochte es einfach nicht. Immer, wenn er später als sieben Uhr aufstand, hatte er das Gefühl, etwas vom Tag zu verpassen. Außerdem lief er dann Gefahr anderen Schülern über den Weg zu laufen. Und morgens war er dazu einfach nicht in Stimmung.

Vor allem nicht an diesem Morgen. Seine Nacht war herrlich gewesen. Allein in seinem eigenen Raum, ohne die nächtlichen Geräusche anderer Menschen, war der Schlaf ungemein erholsamer – etwas, dass Scorpius immer vermisst hatte, wenn er sein Zimmer in dem Londoner Penthouse, das seine Eltern bewohnten, zurücklassen musste. Es war wahrscheinlich auch das Einzige, was er je wirklich vermisste.

Umso phantastischer war es jetzt.

Scorpius seufzte entspannt, füllte sich einen Becher mit Orangensaft und griff nach einem Stück Toast. Er frühstückte selten, aber heute fühlte er sich so beschwingt, dass es ihm ein wunderbarer Gedanke schien.

Eine entspannte Stille lag über dem Schloss, ganz anders als die lärmende Geschäftigkeit, die sie bald ersetzen würde. Die weite, himmelsähnliche Decke der Halle zeigte einen grauen Morgenhimmel, der die Sonne noch nicht freigegeben hatte. Einige vereinzelnde Kerzen schwebten in der ruhigen Luft und halfen das morgendliche Zwielicht, das durch die Fenster hinein schien, in eine angenehme Helligkeit zu verwandeln.
 

Freudige Erregung erfüllte Scorpius, wie immer, wenn ein neues Schuljahr begann. Doch dieses war anders. Es war sein Letztes und es konnte nichts geschehen, um es nicht großartig werden zu lassen.

Nicht einmal ein verdusseltes Weasleymädchen an seiner Seite. Ganz ehrlich, bis zu diesem Moment war ihm unklar, was die Schulleitung sich bei dieser Entscheidung gedacht hatte.

Natürlich war Rose Weasley außergewöhnlich intelligent. Das Gehirn ihrer Mutter hatte schließlich den besten Notendurchschnitt hervorgebracht, den Hogwarts nach dem Schulabgang Albus Dumbledores jemals gesehen hatte.

Aber diese rothaarige Entschuldigung eines Mädchens machte einfach überhaupt nichts aus ihrem talentierten Kopf. Sie war nicht mal die Jahrgangsbeste. Zugegeben, dieser Fakt war ihm eigentlich ganz recht, denn wenn er ehrlich zu sich selbst war, hätte er selbst keine Chance mehr auf diesen Platz gehabt, würde Rose irgendwelches Interesse an Noten zeigen.
 

Okay, eigentlich konnte er gut nachvollziehen, was die Schulleitung sich dabei gedacht hatte. Ihm selbst war ebenfalls schon letztes Jahr klar gewesen, dass sie für den Posten in jedem Fall in der engsten Auswahl stand. Aber dennoch.

Dass so eine Schusselnuss wie sie, ob nun brillant oder nicht, ihm zugeteilt worden war – nun, das war ärgerlich. Aber er wäre nicht Scorpius Malfoy, wenn daraus irgendein Problem entstehen würde.

Es würde hoffentlich kein Akt werden, nach außen den Schein eines gut zusammenarbeitenden Duos zu geben, solange er der Drahtzieher blieb und die wirklich wichtigen Aufgaben ihm überlassen wurden.

Wie er Rose kannte, würde sie sich ihm schon unterordnen.

Scorpius bemerkte sehr zu seinem Unwillen, dass der bekannte Kopfschmerz wieder anfing zu bohren.

Zur Hölle damit.

Natürlich kannte er Rose Weasley nicht ein bisschen.

Schusselig oder nicht, sie war vollkommen unberechenbar. In all den Jahren ihrer Schulzeit hatte sie derweilen Charakterzüge an sich gezeigt, die ihn dermaßen überrascht hatte, dass Scorpius nicht in der Lage gewesen war angemessen darauf zu reagieren.
 

Ein besonders böser Blitz durchzuckte seinen Temporallappen, als er versuchte die Erinnerung an ein unangenehmes Ereignis im Geschichtsunterricht zu verdrängen. An diese energische, sture Rose, die ihm mit vollkommen klaren Kopf einen nicht enden wollenden Wust stichhaltiger Argumente an den Kopf geworfen hatte, bis ihm die Ohren glühten, wollte er jetzt wirklich nicht denken.

Scorpius legte den halbgegessenen Toast zu Seite und stand auf. Der Appetit war ihm vergangen.
 

Sich die Schläfen reibend machte er sich auf den Weg in den vierten Stock, um den Schulsprecherraum zu inspizieren.

Bis zum Unterrichtsbeginn blieben ihm noch gute drei Stunden. In der Zeit würde er einige Vorbereitungen für die Besprechung mit den Vertrauensschülern treffen können. Außerdem konnte er sich eine Strategie für sein Weasleyproblem zurechtlegen.
 

** ** *** ** **
 

Die Schlange auf dem steinernen Gebilde erwachte zum Leben, als Scorpius vor den versteckten Eingang des Zimmers trat, das er sich von nun an mit Weasley teilen würde.

Mit geschlitzten Augen betrachtete sie das Schulsprecherabzeichen, das an seiner Robe glitzerte und ein kleiner Moment verging, in dem gar nichts geschah.

Dann nickte die Schlange und die Wand verschwand. Eine hölzerne Tür war an ihre Stelle getreten, die sich geräuschlos öffnen ließ.

Scorpius trat in den von Feuer erleuchteten Raum und noch bevor er sich darüber wundern konnte, dass bereits ein Feuer brannte, erstarrte er.

Ein wuschliger, roter Haarschopf beugte sich nicht weit von ihm über eine Pergamentrolle.

Das konnte jetzt nicht wahr sein, oder?

Der Mopp gab ein Seufzen von sich und ruckelte kurz. Pergament knisterte verhalten, ehe wieder Stille eintrat, begleitet von dem fröhlichen Knacken des prasselnden Feuers.

Scorpius betrachtete die tanzenden Lichter, die das sonst rote Haar von Rose Weasley in ein goldüberhauchtes Inferno verwandelten, während er darüber nachdachte, ob er sie ansprechen oder einfach gehen sollte.

Doch ihm wurde keine Wahl gelassen.
 

„Oh. Guten Morgen“, begrüßte ihn ihre Stimme weder sonderlich erfreut noch irgendwie verstimmt.

Guten Morgen…zur Hölle mit guten Morgen. Was in aller Welt machte sie denn schon hier unten? Oh, bei Merlin, bitte, dieser Racheengel dort an seinem Schreibtisch sollte verschwinden.

Doch er verwand nicht.

Wie gestern Abend bereits, sah Rose ihn einfach nur aus diesen seltsam ruhigen Augen an und tat gar nichts. Und leider schon gar nicht verschwinden.

Also tat Scorpius das für den Moment einzig Sinnvolle: Er straffte die Schultern.

Gut, das Schicksal wollte ihm also mal wieder übel mitspielen. Nichts, womit er nicht klar käme.

Seine Beine setzten sich in Bewegung und er steuerte den zweiten Schreibtisch an, der im rechten Winkel zur Wand stand und ein großes Fenster in seinem Rücken lassen würde. Natürlich hatte Weasley sich an den falschen Tisch gesetzt.

Als sein Weg an genau diesem Tisch vorbeiführte, beugte Scorpius kurz das Kinn und nickte ihr zu.
 

„Weasley“, erwiderte er ihre Begrüßung knapp und setzte sich schweigend.
 

** ** *** ** **
 

Ein Lächeln stahl sich auf Rose‘ Lippen, als sie den Kopf über den Brief senkte, der sie vor weniger als einer halben Stunde aus dem Schlaf gerissen hatte. Vor ein paar Tagen hatte Ted erfahren, dass sie dieses Jahr Schulsprecherin sein würde und er hatte es sich nicht nehmen lassen, einen ganzen Roman voller Ratschläge zu verfassen. Nun, in dem Fall wäre es wohl eher ein Sachbuch. Eine Art Knigge.

Denn Ted hatte es anscheinend für notwendig empfunden sie darauf hinzuweisen, wie man Professoren anzureden hatte und wie man die Schuluniform richtig trug. Entweder hielt er sie für absolut unfähig oder das Ganze für den Witz den Jahrhunderts.

Seufzend wurde ihr klar, dass es wahrscheinlich ein bisschen von beidem war und Rose versuchte das Bein auf ihrem Stuhl bequemer zu arrangieren, damit es nicht einschlief.

Gerade überlegte sie, ob der Brief den Aufwand des Lesens wirklich wert war, als sie einer Präsenz gewahr wurde.

Sie hob den Kopf.

In der Tür stand, etwas überraschend zwar, aber nicht wirklich verwunderlich, ein etwas konsterniert blickender Scorpius Malfoy.
 

„Oh. Guten Morgen.“

Seine Augen verengten sich ein winziges Stückchen. Nur ein winziges. Aber sie verengten sich.

Oh je. Das würde was werden. Was hatte sie denn jetzt angestellt?

Mit bemessenen Schritten ging er an ihrem Schreibtisch entlang, auf den anderen zu, der ein kleines Stückchen entfernt einen rechten Winkel mit der Wand bildete. Dieser Schreibtisch hatte ihr eigentlich besser gefallen, aber sie hatte sich dann doch dafür entschieden, ihn Scorpius zu überlassen. In der Hoffnung ihm zumindest bei ihrem ersten Zusammentreffen keinen Grund für ein Ärgernis zu geben.
 

„Weasley“, nickte er kurz in ihre Richtung und setzte sich.

Seine Präsenz füllte den auf einmal kleiner wirkenden Raum in einem mächtigen Schwung und irgendwie hatte Rose auf einmal das Gefühl, Millionen von winzigen Hornissen würden in einer zornigen Masse um ihren Kopf herumsurren. So klein, dass sie nicht zu sehen waren, aber so wütend, dass sie den Boden unter ihr fast buchstäblich zum Beben brachten.

„Ich nehme an, du hast gut geschlafen?“, sagte Rose unschuldig feststellend und absichtlich ohne Frage in ihrer Stimme.

Hin- und hergerissen zwischen unabsichtlichen Amüsement und vorsichtigem Gewahrsam lauschte sie seiner Antwort.

„Ließ weiter, Weasley, ich habe keine Zeit für deine sinnlose Quasselei.“

Er klang ruhig und fast gleichmütig.

Und doch veranlasste er Rose genau das zu tun: weiter zu lesen.

Sie würden wohl noch viel Spaß miteinander haben.
 

Hallihallo
 

So, das war das letzte langweilige Kapitel, ich versprech es euch :-)

Aber ich wollte das ganza Vorgeplänkel einfach in seperaten Kapitel vorwegschicken. Nun sind wir frei für ungehinderte Aktion zwischen Rot und Grün. Und so lange keine Orange draus wird, kann das nur spannen werden, was?
 

Vielen dank für eure lieben Kommentare. Macht mich gern aufmerksam auf Fehlerchen und Hängerchen. Und ich entschuldige mich für gebrochenes, verschachteltes Satzgebaue. Ich bin einfach kein Fan von einfacher Syntaxe und im Affekt haut es mir einfach immer einen über. Ich geb mir schon die größte Mühe, sollte es also dich derweilen unverständlich sein, bitte aufzeigen, kay? Da ich ja weiß, was ich schreiben will, werden wir da wohl geteilte Meinungen haben ;-)
 

Ich bin mir bewusst, dass dieses Kapitel nicht das spannendste war. Ich bitte um Geduld bis zum nächsten Upload. Denn mit der Langeweile ist es jetzt vorüber.
 

grüße
 

scippu

C laim S earch beneath and I dentify

Oder: der Sache auf den Grund gehen
 

„Hier, der Plan für die nächsten Patrouillen.“

Ein Stück Pergament wedelte vor ihrem Kopf auf und ab.

„Willst du sie durchsehen oder gleich dein Kürzel drunter setzen.“

Eigentlich wurde es eher gegen ihren Kopf gewedelt und zwar von Malfoy, von dem auch diese offensichtliche Untergrabung ihrer Qualitäten gerade arrogant geschnarrt worden war. Er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, dieser Frage mit der entsprechenden Betonung das Interesse ihrer Antwort zu heucheln. Sie mochte es nicht, wenn jemand eindeutig als Fragen formulierte Fragen nicht fragte, sondern als Feststellungen aussprach. Malfoy hier, war ein wahrer Meister darin wie es schien.

Rose verkniff sich einen Ausdruck ihrer Enervation und angelte ohne von ihren Hausaufgaben für Zaubertränke aufzusehen nach einem anderen Pergamentstück.

„Ich kann sie gerne mit dem Plan vergleichen, den ich aufgestellt habe. Und dann können wir uns beratschlagen. So als Team“, sagte sie so desinteressiert wie möglich. Nach einer kleinen gedanklichen Pause, entschied sie ein sich dafür, ein: „Wär doch nett“ hinterherzuwerfen. So frei von dem vorwurfsvollen Unterton, den ihre Stimme mit der Muttermilch aufgesaugt hatte, wie nur möglich natürlich.

Sie hielt das Stück Pergament in die Höhe, so dass er den Plan darauf erkennen konnte, während sie den Hausaufgaben ein Komma hinzufügte.

Ein Schnauben ertönte.

„Ich bitte dich, Weasley. Ich habe einen perfekten Plan aufgestellt. Was auch immer dieser Fetzen hier sein soll, ich werde ihn nicht diskutieren.“

Rose legte die Feder zur Seite und sah auf. Ihr Blick fiel auf den Ursprung des kleinen bisschens abgeschabter Haut auf ihrem Nasenrücken. Sie brauchte nicht lange zu suchen, bis sie etwas gefunden hatte.

„Lacroy hat Mittwochs Quidditchtraining. Ihn danach noch patrouillieren zu lassen, ist gegen die Regeln. Nur in Notfällen dürfen die Vertrauenssch-“

Eine furiose Hand entriss ihr den Plan, während seine Stimme die Luft durchschnitt und sie rüde unterbrach:

„Ich kenne die Regeln, Weasley. Seit wann kennst du sie?!“

Zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine feine Linie gebildet. Interessiert beobachtete Rose, wie sie sich weiter auffaltete, als seine Augen blitzschnell über das Geschriebene huschten.

„Lacroy ist nicht im Quiddichteam“, stellte er, zu ihrem Vergnügen, fälschlicherweise fest.

„Nun, Scorpius, nicht jedes Haus hält es mit der Teambesetzung gleich. Manche Teams sind wohl offener für Nachwuchstalente als andere, es soll sogar vorkommen, dass tatsächlich Können die Eintrittskarte für das Team darstellt, nicht Beziehungen. Zumindest hab ich mir das sagen lassen“, sagte sie ruhig.

„Was soll das heißen, Weasley?!“

„Lacroy ist im Gryffindorteam, also kannst du ihn Mittwochs nicht einsetzen, das soll es heißen.

Hier-“, sie duckte sich nach ihrer Schultasche und fischt ein paar Zettel heraus, „-sind die aktuellsten Listen der Quiddichteams. Abgesegnet von Professor Honor. Und hier die für den Koboldsteinclub.“

Sie reichte ihm die Zettel, die er geistesgegenwärtig entgegennahm.

„Alle anderen Listen kriegen wir in der kommenden Woche. Aber da nicht so viele ältere Schüler in diesen Vereinen mitwirken, ist es sowieso nicht so wichtig. Der Plan, den ich aufgestellt habe, berücksichtigt all diese Auflistungen der betreffenden Schüler, aber vielleicht habe ich ja einen Fehler gemacht, also schau ihn ruhig noch mal durch. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich muss mir ein Buch ausleihen.“

Sie griff sich ihre Schultasche und ihren halbfertigen Zaubertränkeaufsatz, um ohne ein weiteres Wort an Scorpius vorbei zur Tür zu gehen.

Kein Ton kam von ihm.

HA!
 

** ** *** ** **
 

Was zur Hölle?!

„Weasley!“

Die Fußschritte stoppten.

„Was?“

Kleine Range.

„Was glaubst du wird das?“

Den verknitterten Zettel in der Hand, drehte er sich zu ihrer kleinen Gestalt um, die ihn mit unschuldigen Augen ansah.

„Ich muss mir ein Buch ausleihen. Hab ich doch gesagt.“

„Wenn ich sage ich und kein anderer macht die Pläne, dann mache auch ich und niemand sonst die Pläne.“

Wütend versuchte er sie niederzustarren, doch sie schien vollkommen immun gegen seinen Blick zu sein. Ohne ihm auszuweichen sah sie ihm entgegen.

„Scorpius, du hast nie gesagt du machst die Pläne.“

Er hatte nicht….was?

„Was?“

Ein Seufzer hob ihre Brust und sie bemaß ihn mit einem Blick endloser Geduld.

„Ich wusste nicht, dass du die Pläne machen wolltest. Woher auch? Du hast in dieser Woche vielleicht 20 Worte mit mir gesprochen und 15 davon waren mein Nachname, also strenggenommen nicht mal Worte.“

Er reckte das Kinn und versuchte sie möglichst abfällig von oben herab zu betrachten. Es hätte einfach sein sollen, wo sie doch kleiner war als er.

Dennoch.

„Das ist vollkommener Blödsinn. Dann hätte ich etwa zweimal am Tag deinen Nachnamen sagen müssen. Ich weiß auch ohne ihn so oft aus zusprechen, dass er lächerlich wie Wiesel klingt.“

Sie zeigte wieder keine sonderlich auffällige Reaktion auf diese Beleidigung. Verdammt. Er verabscheute es zutiefst, wenn Menschen nicht so reagierten, wie er es von ihnen erwartete.

Alles was sie tat, war wie zur Bestätigung nicken.

„Zur Begrüßung und wenn ich gegangen bin, jedes Mal. Zweimal täglich. Und am Montag noch ein weiteres, drittes Mal, um irgendetwas sehr Unhöfliches direkt an mich zu richten. Mehr hast du nicht mit mir gesprochen.“

Scorpius verzog spöttisch den Mund, auch wenn er versucht war es nicht zu tun. Schließlich hatte sie, wie gesagt, Recht. Aber diese Situation war ihm unangenehm. Zur Hölle, SIE war ihm unangenehm. Und er würde im Boden versinken, sollte sie das bemerken.

„Das ist ja lächerlich. Wieso sollte ich nicht mit dir sprechen, Weasley?! Bilde dir in deiner mädchenhaften Weinerlichkeit nicht irgendwelche Künstlichkeiten ein!“

Eine ihrer rostbraunen Augenbrauen lüftete sich.

„Künstlichkeiten? Was für Künstlichkeiten sollte ich mir einbilden?!“

Er vollführte eine wedelnde Handbewegung an ihre Person gerichtet.

„Na das hier! Hör auf damit! Du beschwerst dich über etwas, das nicht stimmt, etwas, das du überdramatisierst und dir einbildest.“

Als sie schwieg und ihn ungläubig ansah, begann seichte Erleichterung Scorpius‘ Brust zu füllen. Gott sei Dank! Sollte sie herausfinden, dass er tatsächlich nicht mit ihr hatte sprechen wollen, dann würde sie mit ihrem brillanten Gehirn wohl auf allerlei Erklärungen kommen, die ihm und seiner Position in ihren Augen nicht gerade schmeicheln würden. Merlin, es war ihm jetzt ja schon peinlich genug.

Aber er konnte sich einfach nicht helfen. Immer wenn er versucht hatte dieses unangenehme Schweigen zu überwinden, irgendetwas zu sagen, irgendwie professionell mit der Situation umzugehen, waren ihm die Worte nicht über die Lippen gekommen. Alles, was er vorher in seinem Kopf zu sagen plante, konnte er einfach nicht aussprechen. Der Himmel allein wusste, wie viele Stunden er vor dem Einschlafen damit verbracht hatte, logische, clevere Lösungen für das Problem zu finden, in das er sich unwissend hinein katapultiert hatte. Er hatte im Kopf formuliert und formuliert, aber nie hatte er es sagen können. Immer hatte ihn dieses kleine, unordentliche Mädchen derart verunsichert, dass er stumm geblieben war.

Es war peinlich.

Einfach nur peinlich.

Er musste einen Ausweg finden und zwar schnell. Die erste Schulwoche war noch nicht ganz um und er war kurz davor der schlechteste Schulsprecher aller Zeiten zu werden. Das konnte er nicht zulassen. Es war an der Zeit, dass er sich zusammenriss und dieser….Sache die Stirn bot.

Er würde ihr sagen, wie lächerlich sie sich verhielt, dass ihre eigene Unsicherheit sie zu diesem Missverständnis hatte verleiten lassen. Dass er sie zwar nicht verstehen, aber wenigstens nachvollziehen konnte, was in ihr vorging, aber dass sie gefälligst klar kam. Dann würde er ihr einige einfache Aufgaben zuteilen, die sie gar nicht versauen konnte und die Geschichte wäre vom Tisch. Er hätte wieder die Oberhand. Er würde wieder über wichtige Dinge nachdenken können und die Fäden ziehen, an denen er die gesamten Sommerferien über getüftelt hatte.

Es war ganz einfach.

Komm schon, Scorpius. Sie ist ein Fisch, kein Hai. Was zu Hölle ist los mit dir, Malfoy? Willst du so ein Feigling sein wie dein Vater? Nein!

Niemals!

Das hatte er sich geschworen.

Und doch….

Es half nichts.

Er konnte es nicht.

Er öffnete den Mund.

Kein Ton.

Verdammt!!!

Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg aus dieser prekären Situation. Diesem peinlichen Schweigen, das schon viel zu lange andauerte.

Doch es fiel ihm nichts ein.

Null.

Nada.

Verdammt…

Also stürzte er sich auf die einzige Möglichkeit, die er noch sah.

Sie mit Überheblichkeit und Arroganz in die Knie zu zwingen, war seine einzige Möglichkeit die Oberhand zu behalten, sie vielleicht so zu verärgern, dass sie sich umdrehen und verschwinden würde.

„Also keine Pläne mehr für dich, Weasley. Erspar dir selbst die Peinlichkeit! Bitte. Aber natürlich liegt auch bei mir die Schuld. Ich hätte wissen müssen, dass für dich nicht sofort klar war, welche Rolle du, trotz dieses schicken Ansteckers hier, nicht spielen wirst.“
 

Unglücklicherweise schien Rose sich überhaupt nicht angegriffen zu fühlen. Intelligenz kam oft einher mit anderen Betrachtungsweisen und leider, oh ja, leider auch mit einem leicht sonderlichen Sozialverhalten. Einfach, weil man über Bestimmtes mehr nachdachte und irgendwie recht oft zu dem Schluss kam, dass gesellschaftliche Konventionen unsinnig waren. Rose hatte all die soziokulturellen Belanglosigkeiten in deren Feld die Menschheit agierte und reagierte wahrscheinlich nie so ganz verstanden. Seit er sie kannte, war sie immer ein wenig anders gewesen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte dieser Fakt zu einem großen Teil dazu beigetragen, dass er sich in ihrer Nähe immer ein bisschen linkisch gefühlt hatte. Kein angenehmes Gefühl, weswegen er den Kontakt wohlweislich gemieden hatte. Ein schweres Stück, bedachte man seine nahe Freundschaft mit ihrem Lieblingscousin. Jedenfalls war es einfacher für ihn, den Grund dafür dort zu suchen und nicht etwa in der Tatsache, dass die ewigen Reden seines Vaters, was die Weasleys anbetraf, Früchte getragen hätte, während er mit den Potters eine geradezu skandalös gute Beziehung führte.

Rose betrachtete ihn mit wachsendem Interesse.

„Hast du etwa Schweiß auf der Oberlippe?“

Sie trat einen Schritt näher an ihn heran.

Er trat einen Schritt zurück.

„Bitte, Weasley. Ich sehe mich wahrlich nicht in der Position, dich über männliche sekundäre Geschlechtsmerkmale aufzuklären. Aber man nennt es Bart.“

„Unsinn, da sind kleine Perlen.“

Wieder machte Rose einen Schritt auf ihn zu.

Ihre Wimpern hatten die gleiche Farbe wie ihre Augenbrauen.

Scorpius widerstand dem Drang, mit dem Finger über die kleine, nun tatsächlich feuchte Hautregion unterhalb seiner Nase zu fahren.

„Mich wundert, dass du weißt was Perlen sind.“

Ihr Blick flog von seinem Mund in die Höhe zu seinen Augen.

Sommersprossen in der Farbe von Ahornsirup der Klasse B flockten ihr zart über Nase und Stirn. Und über die Wangen. Am Kinn hatte sie auch welche. Und am linken Ohrläppchen. Himmel, hatte sie eigentlich irgendwo auch normale Haut?

„Wieso sollte ich nicht wissen was Perlen sind?“

Es wäre lächerlich, wenn er noch einmal vor ihr zurückweichen würde, nicht wahr?

„Perlen sind ein typisches Mädchending, oder?“

Warum hatte er sie noch einmal daran gehindert, den Raum zu verlassen?

„Und du kennst dich mit typischen Mädchendingen aus? Mutig von dir, das zuzugeben.“ Ein kleines Lächeln lag in ihrer Stimme.

Richtig, er hatte klarstellen wollen, dass er die wichtigen Aufgaben übernehmen würde. Diese verfluchten Pläne; die waren wichtig. Und diesem unordentlichen, vergesslichen Mädchen konnte man so etwas nicht anvertrauen.

Genau!

Er war derjenige, der die Fäden in der Hand hatte, nicht dieses kleine….Ding.

Verdammte Axt. Wieso ließ er sich dann gerade auf so ungekonnte Weise in die Enge treiben? Konnte man das eigentlich so nennen, wenn die treibende Kraft das absolut unabsichtlich tat, sich dessen nicht einmal bewusst war?

Wohl kaum.

Umso beschämender für ihn.

Und umso irritierender.

„Scorpius?“

Ihm wurde bewusst, dass er sie anstarrte.

„Was?!“

Nicht mal seine Stimme klang mehr schroff genug in seinen Ohren. Irgendetwas lief hier ganz, ganz, ganz, ganz, ganz falsch. Sehr falsch. Eindeutig!

„Ist es dir unangenehm, mit mir zu sprechen?“

Ja! Weil du verdammt noch mal nie so reagierst, wie man es erwarten würde. Und weil du einfach viel zu klug für diese Welt bist.

Er versuchte sich an einem spöttischen Schnauben. Es klang wie eine altersschwache Dampflok.

„Deine Phantasie, Weasley…..“

„Ist nicht besonders ausgeprägt. Wieso glauben das alle?“

Ihm war schon des Öfteren aufgefallen, dass die Menschen einander meistens nicht direkt in die Augen sehen konnten. Zumindest nicht permanent.

Dass es allerdings so seltsam sein könnte, wenn ein Jemand genau das tat – ihm in die Augen sehen nämlich – das war eine neue Erfahrung. Bisher war immer er derjenige gewesen, der die Menschen mit direktem Blickkontakt irritiert und verwirrt hatte. Eventuell hatte er sie auf diese Weise auch einschüchtern können; was immer recht praktisch gewesen war.

„Kreative Menschen sind immer extrovertiert.“

Ihr Blick wurde ein weniger fokussierter.

„Willst du damit sagen, ich bin extrovertiert?“

Menschen standen selten gerade da, ohne die Arme zu verschränken, ohne sonst irgendwie mit ihnen zu spielen. Die Wenigstens fühlten sich wohl genug in ihrer Haut, um einfach nur dazustehen und nichts zu tun, wenn sie mit jemandem kommunizierten.

Als er Rose betrachtete, bemerkte er allerdings kurz, dass er sie noch nie die Arme hatte verschränken sehen, nur um über nichts anderes nachdenken zu müssen.

Scorpius versuchte sich an einem spöttisch klingenden, kleinen Schnauben, das ein Lachen darstellen sollte. Unterbewusst verfolgte er damit die Absicht ihr einzuimpfen, wie lächerlich die Frage gewesen war.

Sie schüttelte den Kopf, noch bevor er bestätigend antworten konnte.

„Ich bin nicht extrovertiert“, sagte sie ruhig, als ihr Kopf wieder still stand.

„Natürlich. Du bist vollkommen anders als alle anderen.“

Rose legte den Kopf ein wenig schief.

„Das ist nicht die Definition von extrovertiert.“

War es nicht?

„Es ist meine Definition davon.“

Einen Moment lang schwieg sie.

Sie wirkte ernst, als sie den Mund einige Augenblicke später wieder öffnete: „Was soll das hier eigentlich alles, Scorpius?“

So genau wollte er da gar nicht drüber nachdenken.

„Ich weiß nicht wovon du sprichst. Ich weiß nur, dass du meine Autorität untergräbst und das werde ich nicht zulassen.“

Jemand anderes wäre daraufhin wohl verärgert gewesen. Nicht jedoch Rose. Die sah ihn weiterhin einfach auf diese beunruhigend wissende Art an.

„Hab ich nicht“, widersprach sie ihm ruhig.

Konnte sie nicht wenigstens die Arme verschränken? Sie sollte sich ärgern, verdammt. Sich provozieren lassen. Dann würde sich das hier vielleicht wieder etwas normaler anfühlen. Wo blieb das berühmte Weasley’sche Temperament, über das er ganze Vorträge hatte hören müssen?

Er wedelte mit den Pergamentseiten in seiner Hand.

„Die Pläne, Weasley. Die Pläne mache ich. Also hast du dich nicht einzumischen!“

Ihre Augen flatterten kurz zu den benannten Plänen.

„Wieso ist dir das so wichtig?“, fragte sie scheinbar tatsächlich interessiert.

Gehetzt suchte er in seinem Kopf nach einer passenden Antwort. Aber Rose ließ ihm keine Zeit dazu.

„Geht es hier um irgendeinen Beweis, den du bringen musst? Irgendetwas so archaisches wie der alte Konflikt zwischen Gryffindor und Slytherin? Geht es hier um irgendeine alte Fehde, die unsere Väter im Teenageralter, fabriziert von ihren Vorfahren vererbt bekommen haben? Malfoy versus Weasley? Geht es hier um Blut? Der Fakt, dass du ein Reinblut bist und ich nicht? Oder geht es einfach nur darum, dass ich ein Mädchen bin? Bitte Scorpius, bitte widersprich mir, denn ich beginne an deiner Intelligenz zu zweifeln. Für ausschließlich alle Erklärungen, die dein Verhalten für mich gerade begründen könnten, würde ich deinen Kopf eigentlich für viel zu genial halten.“
 

** ** *** ** **
 

Rose beobachtete ihren blonden Gegenüber aufmerksam. Das hier wurde immer interessanter. Anfangs hatte sie es ihm einfach nur erleichtert wollen, die Kluft zu übertreten, die sich in der letzten Woche zwischen ihnen gebildet hatte.

Unerlässlich für eine Zusammenarbeit war schließlich, dass sie miteinander sprechen konnten. Sie mussten ja keine besten Freunde werden. Verlangte ja auch gar keine. Nur konnte das so nicht weitergehen.

Und sie hatte auch nicht vor einfach klein beizugeben.

Sie hatte Scorpius in den letzten Jahren beobachten können. Er besaß eine starke Persönlichkeit. Keinen, bei dem er auch nur die kleinste Essenz von Schwäche spüren konnte, würde er neben sich dulden.

Worum es ihm hierbei ging, wusste sie – oder glaubte es zumindest.

Dieses Jahr war nicht einfach nur sein Jahr des Schulabschluss‘. Hier ging es um mehr. Viel mehr.

Sie hatte ihn dabei beobachtet, wie er von der ersten Sekunde auf dieser Schule an versucht hatte, etwas gutzumachen, das in der Vergangenheit auf den Namen seiner Familie geladen worden war. Wahrscheinlich seit dem Tag seiner Geburt kämpfte Scorpius. Er kämpfte gegen all das, was die Menschen dachten, wenn sie das erste Mal seinen Namen hörten. Zu denken, die Menschen wären frei von vorschnellen Urteilen war naiv. So etwas lag einfach in der Natur des Homo sapiens sapiens. Einfache Psychologie war das. Nichts anderes.

Und das hier war seine Chance. Diese Schule war seine Chance. Und die hatte er von Anfang an beim Schopfe gepackt.

Seine größte Errungenschaft war, dass niemand mehr ihn einfach nur als Malfoysprössling abtat. Er hatte es geschafft, sich aus dem Schatten seines Familiennamens herauszuarbeiten und stattdessen einfach nur Scorpius zu sein.

Jetzt ging es darum, genau das für die Zukunft sicherzustellen.

Und dieser Scorpius würde nicht dulden, dass seine Zeit als Schulsprecher in irgendeiner anderen Weise als großartig in die Geschichte Hogwarts‘ einging. Und sie sah er höchstwahrscheinlich als Wagnis. Hindernis. Vielleicht sogar als Gefahr.

Wieso schätzten sie eigentlich alle als derart chaotisch ein? Es sollte sie eigentlich betrüben. Oder verletzen. Nur tat es das nicht. Rose fand es eher….interessant

Allerdings da war da noch mehr. Irgendetwas an der Art, auf die Scorpius sie musterte – oder eben nicht musterte, schließlich hatte er so seine Schwierigkeiten ihr in die Augen zu sehen – ließ eine winzige Alarmglocke in einem hinten angesiedelten Gehirnareal leise puckernd, aber dennoch sehr penetrant schrillen. Dass sie eine solche Vorrichtung besaß, war Rose bis dato nicht bekannt gewesen. Benanntes Gehirnareal hatte ebenfalls bis zu diesem Tage noch nie auf sich aufmerksam gemacht. Was das zu bedeuten hatte, würde sie wohl später noch einmal ganz neutral betrachten müssen.

Fakt war jedoch, dass der Scorpius, den sie in den vergangenen Jahren hatte aufwachsen sehen, gerade irgendwie verschwunden war. Vor ihr stand ein seltsam ähnlicher, aber völlig anderer Junge, pardon, Mann. Oder doch Junge, denn momentan mutete diese Bezeichnung eher an.

Eine kleine Berührungsangst hatte sie ja in sich ebenfalls festgestellt, als sie das erste Mal ihren neuen, gemeinsamen Studierraum betreten und auf die lange überfällige Begegnung gewartet hatte.

Sechs Jahre dicht nebeneinander und doch waren die jeweiligen Lebenswege nie kreuz gegangen. Zumindest nicht wirklich. Vielleicht ein klitzekleines bisschen, nicht der Rede wert jedenfalls, wenn man sporadische Diskussionen in diversen Unterrichtsstunden mit dazu zählen wollte. Und eigentlich würde sie das nicht so gerne.
 

Es war einfach seltsam.

Nach all den Jahren auf einmal so viele Aspekte des Lebens miteinander zu teilen. Sie hatte sich auch einigermaßen unangenehm berührt gefühlt, da war es doch nur natürlich in Betracht zu ziehen, es könne Scorpius ebenso gehen.

Und er hatte tatsächlich kaum mit ihr gesprochen.

Die erwarteten Treffen hatten nicht stattgefunden, es war nicht vereinbart worden, wie sie das kommende Jahr gemeinsam gestalten würden. Das erste offizielle Meeting mit den Vertrauensschülern stand an und nicht einmal dazu waren irgendwelche Absprachen getroffen worden.

Er wollte sie einfach ausschließen.

Und das war nicht seine Art. Scorpius war nicht ungerecht und er war schon gar kein Feigling. Wenn das Problem einzig und allein in ihren Qualitäten bestand, die wie er vielleicht glaubte, nicht ausreichend genug waren um dieses Amt neben ihm angemessen bekleiden zu können, nun, dann hätte er bereits am Montag den Mund aufgemacht. Und zwar weit. Sehr weit.

Er hätte ihr erklärt, wie sie sich zu verhalten hatte. Er hätte ihr einen komplett ausgearbeiteten Plan vorgelegt, der ihrer beiden Position für das kommende Jahr festlegte. Einer, in dem sie keineswegs schlecht wegkam. Einer, in dem für alles wirklich Wichtige er zuständig wäre und sie selbst die weniger schwerwiegenden Aufgaben übernahm. Einer, der den Schein der guten Korporation wahrte, wenn gleich Scorpius alle Zügel in der Hand hielt.

Das, hatte ihr Gehirn in den letzten Ferienwochen beschlossen, würde er tun, wenn er sie als seine Partnerin nicht ausreichend qualifiziert befand.

Und davon war Rose eigentlich überzeugt gewesen war.

Bis jetzt.

Sie einfach zu schneiden war allerdings…kindisch.

Kindisch und irgendwie feige. Vielleicht ein Part seines Charakters, aber keineswegs etwas, das Scorpius nicht ständig überwand. Schließlich war er ein Meister darin Schwierigkeiten zu überwinden.

Und die größte Schwierigkeit im Leben bestand immer im eigenen Charakter.

Scorpius hatte nie die typischen Anzeichen eines wirklichen Slytherincharakters gezeigt, von dem Rose seit Kindesbeinen an dunkle Geschichten unterrichtet worden war. Eigentlich schien dieser typische Slytherin, die Personifikation einer tückischen Schlange, gar nicht zu existieren. All die Slytherins, die in ihren sechs Schuljahren unter den stets gut beobachteten grün-silbernen Bannern gesessen hatten, waren, ebenso wie alle anderen, ganz normale Kinder von Magie gewesen. Vielleicht ein bisschen ehrgeiziger, vielleicht ein bisschen gerissener, vielleicht ein bisschen subtiler.

Wie sollten auch in jedem der durchschnittlich 70 Schüler pro Haus, charakterlich all die den Schulgründern angehangenen Attribute zu finden sein? Und das immer wiederkehrend? Nun, eventuell in immer sehr individueller Form und Ausprägung. Da ließ sich wohl gewiss eine Tendenz beobachten, aber wenn alle Schüler einfach in vier Charaktertypen einzuteilen waren, dann gäbe es wohl in der magischen Welt, zumindest in Großbritannien, äußerst wenig Vielfalt.

Da das angesichts der vielen bunt gemischten Zauberercharaktere nicht der Fall war, hatte Rose diese Geschichten sowieso nie für sonderlich wertvoll erachtet.

Mit einer derart intelligenten Mutter, lernte man schnell den Wert von Aussagen und Geschichten, an so kleinen Details wie einem zuckenden Mundwinkel oder einem schlecht unterdrücktem Schnauben fest zumachen. Fast immer, wenn Sprache von Hogwarts war, hatte es viele dieser verzogenen Lippen und eigenartiger kleiner Keucher von Seiten ihrer Mutter gegeben. Irgendwann im mittleren Grundschulalter war Rose dann zu dem Entschluss gekommen einfach abzuwarten, bis sie sich selbst ein Bild der Dinge würde machen können.

So ziemlich alles hatte den Grunzern ihrer Mutter und Rose‘ Entscheidung mit ihrer Meinung abzuwarten, Recht gegeben.

„Wahrscheinlich ist dein Maßstab von Genialität nicht sonderlich ernstzunehmen“, fand Scorpius auf einmal die Sprache wieder und holte ihren Fokus wieder zurück in ihren Gemeinschaftsraum.

Sie legte den Kopf noch ein wenig schiefer. Die Situation wurde immer bizarrer.

Rose rümpfte die Nase und tippte mit dem Zeigefinger an deren Spitze. Nur um zu bemerken, dass sie die Brille, die sie hatte hochschieben wollen, gar nicht trug.

Sie holte einmal tief Luft.

Zeit das hier zu beenden.

„Okay, Malfoy. Wir hatten beide unseren Spaß, aber ich würde vorschlagen, wir beenden das hier jetzt. Dann vergessen wir den schlechten Start, den wir hatten und lernen daraus. Wie wäre das?“

Sie bemerkte, dass er sie schon wieder anstarrte.

Das tat er recht häufig in letzter Zeit.

Manchmal schien er es gar nicht zu bemerken.

So wie auch jetzt, denn er reagierte nicht.

„Scorpius!“, versuchte sie ihn aus dem Gedankenloch zu holen.

Angefahrener zuckte leicht zusammen.

„Weiß nicht wovon du redest.“

Seine Stimme klang etwas rau.

Rose runzelte die Stirn.

Nach kurzer Überlegung streckte sie die Hand aus.

„Vergiss es einfach. Wir vergessen einfach. Du und ich vergessen einfach und dann starten wir neu.“

Bildete sie sich das nur ein, oder waren seine Augen gerade tatsächlich zur Tür geflattert?

Sie fuhr fort: „Es ist ganz einfach. Wir werden nicht über diese Woche reden. Aber sonst werden wir reden. Vielleicht nicht ständig, aber über die wichtigen Dinge werden wir reden. Zum Beispiel darüber, wer die Pläne macht. Oder wann Besprechungen stattfinden müssen. Über wichtige Nachrichten, die wir erhalten haben und über wichtige Korrespondenzen mit Schulrat und Medien. Einverstanden?“

Seine Miene nahm einen etwas ungläubigen Ausdruck an.

Wenn er wüsste, wie leicht es für sie zu lesen war, würde ihn das ohne Zweifel im Boden versinken lassen. Nicht ohne vorher wild Feuer gespuckt zu haben. Ihr war nicht entgangen, weswegen er so krampfhaft versuchte sie zu kränken. Er war wie ein verletztes Tier, das sich um jeden Preis verteidigte.

Nur wieso er sich so verhielt, das wusste Rose nicht.

Seine Zunge fand kurz den Weg nach draußen und befeuchtete seine Unterlippe.

Eine nervöse Geste, die Rose nur noch bekräftigte, die Hand weiter stur erhoben zu halten, auch, wenn er keine Anstalten machte sie zu ergreifen.

Eine Welle der Empathie durchrollte sie. Wovor er Angst hatte, konnte sich Rose, wohl nicht bis in aller Tiefer vorstellen – immerhin war sie in einer liebevollen, fürsorglichen Umgebung aufgewachsen, allerdings meinte sie zu wissen, wieso ihm das alles so wichtig war. Schulsprecher zu sein, gute Noten zu haben – die besten – vernünftig zu handeln, anerkannt zu sein, erfolgreich zu sein.

Sie spürte, wie es in ihm arbeitete. Wieder flatterten seine Augen kurz zur Tür.

Da verstand Rose.

Er kämpfte.

Er kämpfte gegen sich selbst.

Was ihn auch immer dazu bewogen hatte, so untypische zu handeln, wie in dieser Woche, es stand ihm im Weg.

Er wusste das.

Und er wollte es nicht.

Was auch immer es war, was ihm Angst machte – und darum ging es hier. Um Angst. Der blassweiße Kalkton, der unter seinem sonst so goldblonden Aussehen zum Vorschein gekommen war und die winzigen Perlen Schweiß auf Stirn und Oberlippe waren Zeugen. Was immer es auch war, er kämpfte dagegen.

Mut ist nicht die Stärke eines Slytherin.

Mit diesem Satz war sie aufgewachsen.

Doch die volle Bandbreite seiner Bedeutung traf sie nun mit einer Stärke, die sie fast flach haute.

Scorpius war entschlossen, dem nicht zu entsprechen. Er wollte nicht feige sein. Sonst wäre er ein anderer Mensch. Sonst wäre er nicht derjenige, der er war. Sonst hätte er schon vor einer Ewigkeit den Raum verlassen. Sonst würde er nicht hier vor ihr stehen und so offensichtlich gegen seinen eigenen Impuls zur Flucht ankämpfen.

Aber sie konnte ihm die Entscheidung nicht abnehmen. Nur leichter machen.

„Komm schon, Malfoy. Tu es einfach. Es wird nie jemand erfahren.“

Sein Blick ruckte nach oben, seine Augen trafen ihre.

Rose schluckte.

Himmel.

Sie hatte das Gefühl in das stürmische Innere einer völlig fremden Person zu blicken. Das emotionale Brodeln, das sich hinter diesen Augen verbarg…

Wieder schluckte sie.

Fast hatte sie das Gefühl bei etwas zuzusehen, das nicht für ihre Augen bestimmt war. Es war tragisch. Es war intim. Es war…so wirklich.

Er, der faszinierende, starke Scorpius Malfoy, diese vielversprechende Persönlichkeit der Zaubererwelt war gänzlich ohne die schillernde Schicht Perlmutt, die ihm sonst umgab, wie eine Schicht Panzerglas. Dick und undurchdringlich von außen, aber durchsichtig, damit niemand sah was es eigentlich war – eine Schutzmauer.

Und was sich dahinter verbarg war….Rose stockte der Atem.

Real. Atemberaubend. Schön.

Sie blinzelte.

Schön…

Scorpius Malfoy war schön?

Ihr Blick fiel auf die kleinen glitzernden Perlen über seine Oberlippe.

Eine Oberlippe, wie sie sinnlicher nicht sein konnte. Voll und weich, mit einer eindrucksvollen Kerbe genau in der Mitte.

Sie spürte wie ihre Hand anfing zu zittern.

Oh verdammt.

Oh Mist.

Oh…

Ein Ruck durchlief Scorpius und der Moment verging.

Ein Zögern lag in seinen Augen, als sich Rose seines Blicks wieder bewusst wurde.

Dennoch hob er den Arm und nahm ihre ausgestreckte Hand in seine.

Sie war kalt.

Was nicht verhindern konnte, dass ihr sehr, sehr warm wurde.

Oh je.

„Samstag zehn Uhr hier. Die Versammlung mit den Vertrauensschülern findet um zwölf statt. Dann können wir davor sprechen. Passt das?“

Seine Stimme klang gepresst. Immer noch etwas rau.

Wie ein Abklatsch der Tiefe seiner Persönlichkeit, die sie hinter seinen Augen hatte lauern sehen.

Wer war dieser Junge? Dieser Mann?

Rose bemerkte, dass er auf eine Antwort von ihr wartete. Wäre sie nicht so gänzlich verstört von ihrer eigenen Reaktion auf das Geschehen…auf ihn…gewesen, hätte sie wohl gelächelt.

Jetzt wollte sie nur noch weg.

Sie nickte.

Scorpius nickte ebenfalls.

Dankbar bemerkte sie, wie er sich abrupt abwandte und zu Tür ging.

Sie selbst war dazu nicht in der Lage. Sie blieb an genau demselben Flecken Steinboden stehen, an dem ihr die besorgniserregendste Erkenntnis ihres Lebens gekommen war.

Scorpius Malfoy war schön.

Die Tür klickte.

Er war fort.

Sie war allein.

Und Scorpius Malfoy war schön.
 


 


 

Hallo ihr Lieben, vielen dank für eure ermunterden Kommentare und die Favoriteneinträge, Abonnements ect. ;-). Ich finde es ja sehr interessant welche Zielgruppe diese Geschichte hier als Lesematerial wählt und dementsprechend zugehörig dann das Kommentierverhalten. Spannend! Eindeutig spannend. In diesen Internetportalen kann man Studien führen. Würde ich etwas derartiges studieren, würde ich das wohl als mein Facharbeitsthema wählen. Schade, dass ich schon aus der Schule raus bin....bzw. mir in der 11. Klasse nicht diese Idee kam.

Hm, vielleicht mach ich daraus eine kleine persönliche Studien.

Anyway, hier das neue Kapitel, ähm...mir fiel es so schwer zu schreiben, ich weiß auch nicht. Deswegen hat es so ewig gedauert. Und jetzt bin ich so aufgeregt, dass ich es uploade ohne den lebensrettenden Blick meiner Betagöttin. Die Version ist deswegen nur von mir überarbeiten, kay, Folks? Dementsprechende Beschwerden nehme ich zwar entgegen, aber...naja:-) ihr wisst jedenfalls Bescheid.

Rose und Scorpius entwickeln sich unter meinen Finger einfach zu derart vielschichtigen Charaktere, dass es mir sehr schwer fällt, Dialoge und charakterliche Interaktion ins Rollen zu bringen, bzw. sie irgendwie entsprechend anzupassen. Ich habe einfach so viel im Kopf über sie, dass ich mir immer selbst auf die Händchen klopfen muss, um nicht nur zu palaver und zu palavern...ich hab dennohc das Gefühl es ist wieder nicht sonderlich schwungvoll geworden und wieder etwas langweilig. Nicht für mich, ich konnte Dinge loswerden, die mir sehr wichtig waren und hab die Beiden nun endlich in der Situation, in der ich si von anfang an haben wollte. Aber wie gesagt, viel ist wieder nicht geschehen. Was meint ihr? Wie kommt ihr mit dem Kapitel klar? Könnt ihr den Gedankengängen der Charaktere folgen? Entwickeln sich die Beiden zu Maries der gehobenen Klasse? =)

Ich bin sehr gespannt...denn auf Teufel komm raus, ich kann mit den Beiden bisher einfach nicht anders umgehen. Ich bin positiv, dass es sich ändern wird, ich habe so viele Ideen mit sehr viel Action, aber...das hier wird wohl keine oberflächliche scorpius/rose- bekriegen-sich Story. Ich glaub ich hab den Beiden dafür zu viel emotionale Intelligenz in die Schuhe gelegt. Was mach ich jetzt? =) Das Zusammenarbeiten wird wohl trotzdem sehr schwierig...aber wahrscheinlich wegen anderen Dingen als kindischen Streichen.

Oooh und ich rede und rede. Verzeihung.

Danke fürs lesen!

Unerkenntliche Erkenntnis

Oder: Kann man wissen was die Zukunft bringt?
 

Dass ein Unterrichtsfach stark vom Lehrer abhängig ist weiß jeder, der jemals die Schulbank gedrückt hat.
 

Dass es allerdings jemals so offensichtlich wie beim hogwarts’schen Wahrsageunterricht gewesen war, bezweifelte Scorpius stark. In den ersten Jahren hatte er es nie bereut das Fach gewählt zu haben, vor allem, da es seinen Vater so zu verärgern schien. Bei dem in die Jahre gekommenen Zentaur Firenze, war das Fach über die Maßen interessant gewesen.
 

Dann jedoch, war sein Kurs in der sechsten Klasse der nunmehr steinalten Professor Trelawney zugeteilt worden. Seit dem ging es den Bach runter. Oder eher den Fluss. Und dann den Wasserfall. Senkrecht.
 

Nach dem weitgefassten, naturnahen Weltverständnis der Zentauren und deren umgreifenden Bild der Zukunft, waren die Taschenweisagetricks Trelawneys zermürbend und ermüdend. Außerdem hatte sie sich darauf versteift, dass die allgemeine Unfähigkeit des Kurses, auch nur eine kleine Voraussage anhand der kurzsichtigen und begrenzten Methoden die sie unterrichtete zu machen, in ihren ersten Jahren unter der Professur von Firenze zu begründen war. Ihre ständigen missgünstigen Kommentare hinsichtlich des Zentauren, hatte jede Freundschaft zwischen ihr und der Klasse, die Firenze alle sehr gemocht hatten, von Anfang an verhindert.
 

Neben ihm klonkte es dumpf, als Tim mit seinem Ellenbogen gegen die Glaskugel stieß. Träge beobachtete Scorpius, wie sein Freund ein weiteres Mal wegnickte und dabei vergaß, dass seine Hände, mit denen er seine Stirn stützte, ja Haltearbeit zu verrichten hatten.
 

Es klonkte ein weiteres Mal, nur, dass es dieses Mal ein wenig lauter war.

Neben ihrem viel zu niedrigen Tischchen mit den albernen Häkeldecken, saugte Rebecca Lacoy missbilligend an ihren Schneidezähnen. Ein äußerst irritierendes Geräusch, das Scorpius zu verabscheuen gelernt hatte. Überhaupt war Rebecca die reinste Landplage. Einige Wochen des Abwartens, hatten seine vorher noch recht neutralen Gefühle für das Mädchen, während des Sommers in tiefe Abneigung verwandelt. In diesen Wochen hatte er sich nämlich immer und immer wieder ausgemalt wie es wäre, mit eben dieser Landplage ein ganzes Jahr lang sein Schulsprecheramt bestreiten zu müssen. Gemeinschaftsraum, Versammlungen, einfach alles.

Es sprach wirklich nicht für Lacoy, dass er Weasley von Anfang an ihr vorgezogen hatte.
 

Ein kleines Schnorcheln kitzelte seinen Gehörgang und lenkte seine Aufmerksamkeit vom Nebentisch wieder auf seinen eigenen.

Sein übermüdeter Hauskollege war kurz davor, mit seinen offensichtlichen Bekundungen der Langeweile den Unterricht zu stören. Eigentlich hätte Scorpius das nicht im Mindesten gestört, zu allerletzt in Wahrsagen, dieses Jahr allerdings zog er es vor, wenn solche Dinge nicht in seiner unmittelbaren Nähe stattfanden.
 

Auch wenn er stark bezweifelte dass Trelawney solche Vorfälle der Schulleitung meldete – waren es doch eigentlich nur Folgen und damit Beweise für ihre eigene Inkompetenz als Lehrkraft – war er sich bewusst, dass es nur von Nachteil sein konnte, wenn Timothy hier vor versammelter Mannschaft schnarchend vom Stuhl kippte. Außerdem hatte er besseres zu tun als mit anzusehen, wie Tim zu seinen Füßen auf den muffigen Teppich sabberte.
 

Nur war es fragwürdig, wie er es anstellen sollte diese Schnarchnase in die Welt des Erwachens zurück zu holen, ohne dabei ein noch größeres Aufsehen zu erregen. Wahrscheinlich würde Tim erst richtig laut werden, wenn man versuchte ihn aufzuwecken.
 

Gerade als Scorpius sich widerwillig zu ihm herüber beugen wollte, um es mit einem sanften Stupser am Kopf zu versuchen, kam schon die Rettung in Form eines aufgeregt kreischenden Gryffindormädchens.

Sich selber kurz irritiert umsehend, wurde er nur im Augenwinkel kurz gewahr, wie Tim auf seinem Stuhl erschrocken zusammenzuckte. Dabei stieß er an die mit weißlichem Nebel verhangene Glaskugel, die daraufhin munter aus ihrer unsicheren Halterung hopste.
 

Er wusste er hätte zumindest versuchen sollen die Kugel aufzuhalten, aber auch auf ihn hatte die stickige Luft und das immerwährende eintönige Starren in diesen sich nie lichtenden Nebel dieselbe einschläfernde Wirkung wie auf seinen Freund. Deswegen beobachtete Scorpius sich nur mäßig interessiert dabei, wie er der Kugel auf ihrem Weg nach unten träge mit den Augen folgte und sich währenddessen fragte, ob sie auf dem Boden wohl zerbrechen würde, oder nicht.
 

Sein Tischpartner ersann sich allerdings seinen Quidditchreflexen nachzugeben und dem runden Ding mit einem traurig verlangsamten Hechtsprung hinterher zu fallen.

Die Kugel verschwand unter dem Tisch, genauso wie Tim. Das Geräusch splitternder Scherben allerdings blieb aus.

Tja, Unkraut vergeht nicht.

Glücklicherweise blieb dieser Anschlag auf eine ihrer geliebten Glaskugeln völlig verborgen vor Professor Trelawney. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt Sally Thomas zu beruhigen, das Gryffindormädchen, das so ohrenbetäubend kreischen konnte. Leider kam es nicht selten vor, dass sie dies dem ganzen Kurs unter Beweis stellte, denn leider war sie wohl die einzige in der Gruppe, wenn nicht sogar der Schule, die tatsächlich so etwas wie ein drittes Auge geöffnet besaß. Bis jetzt hatte Sally mehrere Dinge gesehen, die dann, zur Aufregung aller, tatsächlich eingetroffen waren. Dazu zählten vor allem weniger Gute Voraussagen, wie das Erkranken der Tante ihrer besten Freundin und das Ableben der Katze ihrer Schwester. Dass sie seitdem recht unglücklich auf jedes Anzeichen metaphysischer Natur reagierte, konnte Scorpius sogar irgendwie verstehen.
 

„Hey, Scorpius“, brachte Tims Stimme ihn dazu, seinen Blick wieder von der lebhaft gestikulierenden Sally abzuwenden.

„Gib mir mal das Buch!“

Scorpius runzelte die Stirn, tat aber wie befohlen und reichte ,Wahrsagen für Fortgeschrittene‘ unter den Tisch.

Das Rascheln wüst umgeblätterter Seiten ertönte, während hinter ihm Trelawney versuchte ihre Stimme aufmunternd klingen zu lassen, ohne sich dabei große Mühe zu machen, ihren Neid über das augenscheinlich echte Talent des Mädchens zu verhehlen.
 

Dann folgte eine kleine Weile der Stille. Zumindest unter seinem Tisch.

„Und, kommst du irgendwann auch noch mal hoch?“

Da keine Antwort kam, sah er sich gezwungen seinem Kapitän einen Tritt zu verpassen.

Ein dumpfer Ton der Missbilligung erklang. Kurz darauf erschien der braune Haarschopf seines Freundes neben der Tischplatte, gefolgt von seinem restlichen Körper und der Kristallkugel, die er wie gebannt anstarrte.

„Hols mal wieder hoch!“, wies Tim ihn an, während er die Kugel vorsichtig in die Halterung setzte.

Ergeben seufzte Scorpius und bückte sich nach unten, um das Buch wie angewiesen wieder nach oben zu holen.

„Die Seite mit den Deutungen aufschlagen.“

Träge blätterte er zum Inhaltsverzeichnis. Er hätte sich vielleicht wundern sollen, aber irgendwie hatte er gerade keine Lust dazu. Die Luft im Turmzimmer würde sogar einen tollwütigen Hippogreif einschläfern.
 

„Hier“, murmelte er nur und arrangierte das aufgeschlagene Buch so, dass er selbst nur über Kopf hineinsehen konnte.

„Irgendwas Spannendes entdeckt?“, fragte er mit einem winzigen Hauch Desinteresse in der Stimme, der sich nicht so leicht zurückhalten lassen wollte. Es schien sowieso ungehört zu bleiben, denn Tim antwortete voller Enthusiasmus.

„Ich seh‘ was.“

Scorpius ließ sich dazu hinreißen die Augen zu verdrehen.

Tatsächlich?

„Was du nicht sagst.“
 

Als eine Antwort wieder ausblieb, überwand ein kleines Seufzen seine Stimmbänder und perlte über seine Lippen.

„Timothy?!“

Angesprochener hob die Hand zu einer stoppenden Geste. Kurz daraufhin hob er den Blick von der nebelverhüllten Kristallkugel um mit dem Zeigefinger über die Seite des vor ihm liegenden Buches zu fahren, das Symbole und deren Deutungen in einer riesigen, unübersichtlichen Tabelle datierte.

Nach einem Moment blieb sein Finger auf einer der kleinen Grafiken liegen und klopfte ein paar Mal darauf.
 

„Der gefangene Nager“, grinste Tim triumphierend und lehnte sich mit verschränkten Armen in seinem Stuhl zurück. „Du mein Freund, bist ein Gefangener deiner selbst.“

Scorpius bedachte ihn mit einem zweifelnden Blick unter hochgezogenen Augenbrauen, bevor er sich kurz versicherte, ob Trelawney immer noch damit beschäftig war das aufgewühlte Mädchen zu beruhigen.
 

„Und wie hast du letztes Jahr noch mal in der Prüfung abgeschnitten?“, fragte er nach einem kurzen Blick zur Seite in einem Ton der klar machte, dass er sehr wohl noch um die weniger gute Note wusste.

Das selbstzufriedene Grinsen seines Gegenüber veränderte sich kein bisschen.

„Spricht nicht gerade dafür dir da zu vertrauen, was? Nicht bei so tiefgehendem Scheiß. War noch nie dein Ding, Blayden.“
 

Irgendwie würde es sogar Sinn ergeben. Scorpius hatte, was seine Person betraf, immer versucht sich aufgeschlossen gegenüber zu stehen. Dass das nicht immer sehr gut funktionierte, kam wohl mit dem Emblem ‚Mensch‘ das groß auf seine Stirn gestempelt war, aber dennoch übte er sich seit einer Weile in der Fähigkeit der Selbstreflexion.
 

Dass er sich oft selbst im Weg stand, war für ihn keine Neuigkeit. Aber er hatte hohe Ansprüche. Gerade an sich selbst. Was das anging, hatte er sich selbst nie eine Wahl gelassen. Schon immer hatte er mehr sein wollen als einfach nur ein Malfoy. Ein Malfoy mit allem, was man dem Namen ganz automatisch beirechnete.

Er war mehr als das. Viel mehr. Schon immer hatte er das gewusst.

Und dass es leider niemand anderes wusste, hatte er ebenfalls sehr früh erfahren.

Seit der sprechende Hut ihn ohne viel Überlegung dann in das Stammhaus seines Familienstammbaums einsortiert hatte, hieß es für Scorpius nur noch mehr Vorsicht. Mehr Anstrengung, mehr Perfektion.

Sich aus dem dunklen Schatten seiner Familiengeschichte herauszuarbeiten war hart.

Es war hart gewesen und es würde immer hart sein. Vielleicht würde er es nie ganz schaffen. Aber mit ihm wäre dann ein Anfang gemacht. Und andere würden folgen. Andere, die es leichter haben würden. Andere, für die der Name Malfoy vielleicht wieder das bedeuten würde, was er einst gewesen war, bevor schwarze Magie und dunkle Machtverheißungen ihn in den Schatten gezogen hatten – Stolz und Ehrhaftigkeit.
 

Timothys Stimme katapultierte seinen Geist wieder zurück in das stickige Turmzimmer.

„Und du verbirgst etwas vor dir selbst. Starke Gefühle, wahrscheinlich für einen nahen Freund.“

Okay, das war neu.

„Und wo hast du das jetzt her? Siehst du wie der Nager eine festgekettete Truhe beschützt?“

Für die Frage bekam er einen missbilligenden Blick zugeworfen.

„Du denkst viel zu bildlich, Scorpius. Wenn es einfach nur um Metaphern ging, könnte ja jeder wahrsagen. Ich lese das aus dem Weidenkätzchen, das die Kugel zeigt.“

Kurz durchbrach Ungläubigkeit die Lächerlichkeit des Ganzen.

„Das Weidenkä….was zu Hölle. Gib mir das!“

Energisch griff Scorpius nach dem Deutungsbuch.

Der Zweig mit den kleinen, puscheligen Blüten der Weide war in einer Zeile der Tabelle abgebildet. Daneben standen einige Worte

‚Verbirgt etwas vor sich selbst. Starke Gefühle, meist für nahe Freunde‘

Das durfte doch nicht wahr sein.

Scorpius verzog den Mund und ließ das Buch heftiger als nötig wieder auf den Tisch fallen.
 

„Das ist doch die größte Gülle des Jahrhunderts. Ein Weidenkätzchen als Sinnbild einer prophetischen Vorhersage.“

Tim zuckte mit Achseln.

„Ich hab nur gesagt, was ich gesehen habe, Mann. Und es geht nicht um Sinnbilder.“

Scorpius ließ ein spöttisches Glucksen vertonen.

„Ja klar.“

Wieder wurde ihm nur ein Achselzucken entgegnet.

„Wie gesagt. Nager im Käfig und Weidenkätzchen.“

„Weiß du was? Ich bin echt froh hierüber. Sonst hätte ich dich wahrscheinlich nie das Wort ‚Kätzchen‘ sagen hören. Dabei sprichst du es so vollmundig aus. Wäre ‘ne große Enttäuschung gewesen das nie zu hören.“

„Wie meinte Trelawney doch mal? Was Schicksal ist, ist eben Schicksal.“

Scorpius wiederholte das Glucksen. Dann schüttelte er den Kopf.

„Das hab ich noch nie vorher gehört.“

„Weil du nicht zuhörst, Scorpius. Weil du nicht zuhörst.“

„Klar, mein Problem ist, dass ich nicht zuhöre.“

„Jep. Weil du nicht zuhörst.“

„Was für ein Tag. Vielleicht sehen wir heute noch wie Trelawneys Kopf explodiert. Wenn heute der Tag ist, an dem Dinge geschehen, von denen man dachte sie würden nie geschehen.“

Das Grinsen seines Gegenübers konnte kaum breiter sein.

„Ehrlich, Scorpius, ich hab das Gefühl, du nimmst mich nicht ernst.“

„Verzeih mir, Blayden. Das war ganz bestimmt nicht der Eindruck den ich vermitteln wollte.“

Er gluckste und Scorpius lächelte träge.

„Hoffentlich wird dieser ominöse Freund deine selbstindizierten Ketten lösen“, sagte Tim. Nach einer kurzen Gedankenpause fügte er hinzu: „Vielleicht sollte ich mal ein paar Worte mit Potter sprechen.“

Scorpius grinste.

„Solltest du. Dringend. Bitte nur, wenn ich in Hör- und Sehweite bin.“
 

Der Schulgong nutzte diesen Moment um zu ertönen und die Stunde zu beenden.

Mit einem lärmenden Ruck erwachte die Schülerschaft aus ihrer Lethargie und versuchte so schnell wie möglich das unangenehme Zimmer zu verlassen.

In keinem Unterricht waren je so viele Dinge vergessen worden, wie bei den Wahrsagekursen von Professor Trelawney.
 

Wie immer staute es sich ein wenig vor der obligatorischen Falltür. Nun, da die Klasse beendet war und Tim keinen Grund mehr hatte dummes Zeug zu erzählen, verwickelte er Scorpius in ein Gespräch über das letzte Quiddichtraining und seine Frustration darüber, dass weder seine Spione, noch Scorpius hatten herausfinden könne, ob Albus Potter dieses Jahr seine Position als Jäger aufgeben würde um den Sucher zu spielen. Da das erste Spiel der Saison ein Match zwischen ihren beiden Häusern sein würde, wurde sein Kapitän verständlicher Weise immer fuchsiger.

Scorpius lächelte still. Zumindest hatte er es nicht aus ihm heraus bekommen können. Aber Al war sein Freund und Freundschaft kam vor Quidditch.
 


 

** ** *** ** **
 

Mit einem verhaltenen Seufzen in der Kehle, verkniff sich Rose einen weiteren verräterischen Blick auf die Uhr, die an ihrem Handgelenk baumelte. Sie baumelte dort, weil es eigentlich nicht Rose‘ Uhr war, sondern die von Hugo und Hugos für sein Alter bereits recht kräftige Handgelenke besaß (ohne Zweifel würden bei ihm die stämmigen Weasleygene durchschlagen). Ihre eigene Uhr – mit einem zarten ledernen Armband, passend für ihr Handgelenk– war ihr irgendwann in den ersten zwei Schulwochen abhandengekommen.

Doch Rose hatte die Hoffnung nicht aufgegeben. Die Uhr war ein Geschenk ihrer Großmutter gewesen, mütterlicherseits versteht sich und sie gehörte ihr jetzt schon sieben Jahre. In diesen sieben Jahren hatte die besagte Uhr mehr Zeit fern ihrer Person verbracht als an ihrem Arm. Was äußerst nervenaufreibend gewesen war, vor allem in den ersten Jahren, denn Rose mochte die Uhr ziemlich gern. Schon allein, weil es eine ganz gewöhnliche Uhr war. Eine Muggeluhr, zumindest in den Augen ihres Vater, ihres Bruders, all ihrer Onkel und Tanten und anderer Verwandten väterlicherseits. Außerdem war alles, was ihre Großmutter mütterlicherseits für zum Kauf gut genug befand von außergewöhnlich gutem Geschmack. Was hieß, dass es in den Augen ihres Vaters, ihres Bruder, all ihrer Onkel und Tanten und anderer Verwandten väterlicherseits langweilig war.
 

Doch zwischen den Stühlen aufgewachsen, immer umkesselt von der laut lärmenden Schar von Weasleys und dem temperamentvollen Bündel der Potters (denn von dem einen zu reden hieß leider auch von dem anderen zu reden), hatte Rose das Wort gewöhnlich zu schätzen gelernt.
 

Die Gründe für ihr Verlangen nach der genauen Uhrzeit waren selbstverständlich davon unabhängig. Es hing vielmehr damit zusammen, dass sie sich langweilte. Sehr sogar.
 

Scorpius hielt nämlich einen seiner Vorträge. Keinen blassen Schimmer woher er die Zeit nahm diese Reden vorzubereiten. Und Rose bezweifelte dann doch, dass ihm die Dinger aus dem Stegreif einfach einfielen, bereit zum runterbeten. Schließlich war es ja nicht mal so, dass er sie herunterbetete. Nein, Rose war sich natürlich darüber im Klaren, dass Malfoy Jr. bei diesen Gelegenheiten mit einem außergewöhnlichen rhetorischen Talent strahlte. Rednerisch war es top, was er da bot. Aber er tat es einfach ständig. Ständig!
 

Er hatte es zur Gewohnheit werden lassen, bei fast jedem ihrer regelmäßigen Besprechungen mit den Vertrauensschülern – die immerhin alle zwei bis drei Wochen stattfanden – die Thematik weiter und weiter auszuschmücken. Immer und immer wieder sprach er über Verlässlichkeit und Benehmen. Über Vorbildfunktion, Vertrauen und das Nachahmungsverhalten der Menschen Schrägstrich Schüler. Selbst schwere Thematiken wie freier Wille oder Persönlichkeitsbildung ließ er nicht aus.
 

Hätte er jemals Raum für Diskussionen gelassen, würden diese Zusammentreffen zu ihrer Vorstellung von einer Philosophievorlesung passen. Nur das Scorpius ihrem Bild eines Philosophieprofessors in keinster Weise nahe kam. Leider trug er keinen mottenzerfressen Anzug aus Tweed und einen grauen Schnauzbart. Wahrscheinlich wäre alles sehr viel einfacher, wenn er sich zumindest den Schnauzbart angewöhnen würde.
 

Heute sprach er von den Tugenden eines Zauberers, Tugenden wie Fleiß, das Streben nach Wissen und Pünktlichkeit.
 

Nicht nur, dass er der Schulsprecher war, der regelmäßige diese richtungsweisenden Reden hielt und sie die Schulsprecherin war, der es zunehmend schwerer fiel die Augen offen zu halten und die aufsteigenden Gähner zu unterdrücken- nein, er war auch derjenige der über Pünktlichkeit sprach, während sie diejenige war, die permanent ihre Uhr verlegte.
 

Belegte ziemlich gut den Unterschied zwischen ihnen beiden. Vielleicht hätte es Rose beunruhigen sollen. Beschämen vielleicht. Oder irgendetwas anderes, aber da sie sich den ganzen Sommer auf diese Situation vorbereitet hatte, fiel es ihr sogar recht leicht alle Gedanken und eventuellen Gefühle mit Tendenz in solch selbstmitleidige Bewertungen aus ihrem Oberstübchen zu fegen.
 

Ok. Zumindest hatte das eine ganze Zeit lang relativ gut funktioniert.
 

Was ja nicht hieß, dass sie nicht darum wusste, wie viel leichter es wäre, sich einfach mit der Tatsache abzufinden, dass Malfoy der perfekte Schulsprecher war. Er organisierte, er motivierte, er trieb an und er kontrollierte. Und sie teilte die Zettel aus.

Super.

Selbstmitleid war einfach scheiße.

„Weasley?!“

Rose sah auf. Bis zu diesem Moment war ihr nicht mal klar gewesen, dass sie äußerst vehement die Tischkante anstarrte. Sie fühlte, wie sich ein Teppich plötzlicher Hitze über ihre Wangen legte.

Oh verdammt.

Es genügte ja schließlich nicht, dass der sprechende Hut sie in genau das Haus einsortiert hatte, das mit seinen Bannerfarben einen fürchterlichen Kontrast zu ihrem ebenfalls fürchterlich roten Haar bildete. Nein. Ihre Haut war selbstverständlich auch mit einer derartig gesunden Durchblutung gesegnet, dass ihr jede noch so kleine Pulsbeschleunigung mit sofortiger Penetranz ins Gesicht schoss.

Zum Weasley-Orange ihrer Haare, nicht nur das Gryffindorrot, sondern jetzt auch noch die Flammen der Scham, beim Träumen in der Präfektversammlung erwischt worden zu sein.

Großartig.

Welch ein Farbspiel.

Nach der Schule hatte sie bestimmt keine Probleme einen Job zu finden. Leuchtfeuer waren in der Nordsee immer gefragt. Man sollte sie einfach nackt auf einen Sockel stellen, das würde ihr das nötige Schamesrot schon ins Gesicht treiben und das andere Rot, das könnte –

„Weasley …“

Gerade noch rechtzeitig verlinkte sich ihr Gehirn wieder mit ihrem restlichen Körper und sie bemerkte das zum Tisch gerichtetes Nicken des Schulsprechers. Rose folgte der verlängerten Linie seiner Bewegung.

Oh verdammt. Natürlich.

Die neuen Pläne.

„Äh…ja. Die Pläne – „, begann sie zu stottern „ – Ähm, kein großes Ding.“ Sie schluckte. „Wir haben nur eine kleine Änderung hinsichtlich der Rotationen vorgenommen, da McKenna ja jetzt doch im Hufflepuffteam spielt und Varity aus gesundheitlichen Gründen für einen so langen Zeitraum ausfallen wird, dass wir etwas umdisponieren mussten. Bei den Meisten von euch hat sich allerdings gar nichts geändert und die Vertretungsbesetzungen bei kurzzeitigen Ausfällen sind gleichgeblieben. Also aktualisiert sie bitte einfach.“
 

Mit einem Ruck erhob Rose von ihrem Stuhl und griff nach dem Stapel Papier, der die gesamte Zeit vor ihr gelegen hatte.

Als sie den Stapel anhob, schafften es drei der Kopien von dem Deck zu entfliehen und der Schwerkraft elegant folgend gen Boden zu segeln.

Rose biss sich auf die Unterlippe.

Mist.

Die Dinger waren natürlich abgezählt.

Ihr Blick huschte kurz zu Malfoy, der sie mit einem kurzen Stirnrunzeln bedachte, bevor er seinen Platz erließ um nach den Blättern zu tauchen.

Sein blonder Schopf verschwand unter dem Tisch und das Rascheln seiner Roben kitzelte ihre Ohren.
 

Sie schluckte und begann lächelnd die Pergamente auszuteilen.

„Alles fit, Rosie?“ erklang es von rechts. Die Stimme gehörte zu Fred. Weasley, Cousin, Spaßvogel und Vertrauensschüler. Wie auch immer das zusammenpasste. Sie nickte und drückte ihm einen Plan in die Hand.
 

„Weiß nicht, was ich von deinem Nachsitzen halten soll, Fred.“ Sie versuchte ermahnend zu klingen. Allerdings gelang es hier nicht sonderlich gut, denn das Grinsen ihres Cousins blieb das Gleiche. Als Antwort zuckte er nur mit den Schultern und stopfte das Stück Pergament unter hörbarem Rascheln in seine Tasche.

Bedauernd sah sie das Papier verschwinden. Sie mochte es nicht besonders, wenn mit Pergament so liederlich umgegangen wurde.
 

„Also, hast du drüber nachgedacht?“

Rose zuckte zusammen.

Nicht wegen Freds Frage, sondern weil im selben Moment Scorpius beim Aufstehen mit einem lauten Rumsen gegen die Tischplatte gedonnert war und dabei gleichgewichtssuchend ihre Wade umfasst hatte.

Es fluchte dumpf.
 

Im Augenwinkel nahm sie kurz wahr, wie er sich mit der Hand den Hinterkopf abfühlte.

Die andere umklammerte immer noch ihren Schenkel und Rose, die mit menschlichem Kontakt nicht sonderlich viel Erfahrung hatte, war sich seinem kräftigen Griff unangenehm deutlich bewusst. Die Strumpfhose die sie trug, tat nicht viel um das Gefühl seiner Finger auf ihrer Haut zu mindern. Im Gegenteil. Gerade eben noch hatte sie gelangweilt die Zeit abgesessen, dann war sie vor versammelter Runde beim Tagträumen erwischt worden, war rot angelaufen und jetzt hatte Scorpius Malfoy seine Hand unter ihrem Rock. Rose hoffte inständlich, dass für diese spezielle Situation nicht noch eine Steigerung vorgesehen war.
 

Ihre Augen flatterten hinüber zu Fred, der Malfoy offensichtlich amüsiert beobachtete.

Sonst schien niemand bemerkt zu haben, dass der Schulsprecher soeben gegen den Tisch gekracht war. Was wahrscheinlich gut so war. Was wohl daran liegen könnte, dass die gesamte Versammlung mittlerweile gen Tür strebte und einen ziemlichen Lärm dabei veranstaltete.
 

Rose räusperte sich, um Normalität bemühte und suchte wieder Freds Blick. Als sie ihn fand, wurde sie allerdings erneut abgelenkt. Der Druck von Scorpius‘ Finger um ihr Bein verstärkte sich und sie mochte ihre eigene Reaktion für seltsam halten, aber sie konnte nicht anders als gespannt die Luft anzuhalten.

Nur eine Hand Rose. Nur eine Hand…

Nur Scorpius‘ Hand. Nur die Hand des Schulsprechers.

Nur an deiner Wade, nur an deinem Bein.
 

Die Muskeln ihrer Beine, bereits auf äußerstes angespannt, fingen an zu zucken.

Entweder war genau dieses Zucken der Grund dafür, dass Scorpius unter ihr seinen Griff fast augenblicklich lockerte, oder er hatte seinen Körperschwerpunkt einfach wieder ausreichend mittig in seiner Unterstützungsfläche hinterlegt, dass er es nicht mehr für nötig befand weiterhin den Zwillingsmuskel der Schulsprecherin zu umklammern.
 

Erneut spürte Rose die altbekannte Wärme, die ihren Hals heraufkroch um sich Flecken bildend in ihrem Gesicht auszubreiten.

Sie unterdrückte den Impuls so lang und tief wie nur möglich Luft zu holen, sondern zwang sich ihrem Cousin so nonchalant wie möglich zu antworten.

„Du hast erst gestern gefragt, Fred. Glaubst du wirklich ich bin inzwischen zum Nachdenken gekommen?“

Fred ließ ein Glucksen vernehmen.

„Rosie, natürlich bist du zum Nachdanken gekommen. Du tust quasi nichts anderes. Ich würde natürlich verstehen, wenn du noch zu keine Entschluss gekommen bist, aber nachgedacht hast du sicherlich drüber.“

Genervt darüber, wie gut jeder meinte sie zu kennen, besah sie ihn mit ihrem besten hochmütigen Blick und deutete zur Tür.

„Verzieh dich, oder ich vergesse, dass du jemals davon angefangen hast.“

Immer noch grinsend tippte Fred sich in der frechen Parodie eines Saluts an die Stirn, die er irgendwann einmal einstudiert hatte, während er sich zum Gehen wandte.

Vor der Tür drehte er sich noch einmal halb, um ihr ein „Versuchs doch mal heute nacht vorm Schlafen. Da kommen dir mit Sicherheit die richtigen Antworten, Rosie“, zuzurufen und ein paar Mal dreckig zu lachen. Dann verschwand er.
 

Das Gesicht verziehend, ahmte sie sein dämliches Gekicher nach. Es war ja nicht so, dass sie ihn nicht mochte, nur musste sie sich regelmäßig daran erinnern.
 

Ein Schatten fiel über sie, bevor eine Hand ihr drei Blätter in die Hand drückte.

Etwas überrumpelt drehte Rose sich nach links und sah sich dem schimmernden silber-grünen Abzeichen mit den emblemierten Buchstaben HB direkt gegenüber. Wenn das Ding verkehrt herum in seiner Robe stecken würde, hätte sie es jetzt wohl tief in der Nase, so nah wie er vor ihr stand.

Sie sah auf.

Natürlich befand sich nicht nur sein Abzeichen auf so geringem Abstand vor ihr. Da wo das Abzeichen war, folgte der Rest seines Körpers.
 

Und auch wenn er sie nicht so sehr überragte, wie manch anderer aus ihrer Familie, so war seine Gestalt – so nah – durchaus beeindruckend. Vielleicht nicht zu guter Letzt, weil seine hellen Augen direkt in ihre bohrten und sie jede einzelne seiner langen Wimpern dabei beobachten konnte, wie sie sich gegen seine Wange schmiegten. Rose konnte es ihnen nachempfinden. Es sah aus wie ein besonders schönes Stückchen Haut.

Sie blinzelte.

Oh weh.

Sie blinzelte schneller.

Rose trat einen Schritt zurück, der, wie sie hoffte, nicht so hastig wirkte, wie er sich anfühlte und zwang sich zu lächeln.
 

„Ähm. Danke.“ Sie gestikulierte mit den Pergamentblättern.

Dann deutete sie auf seinen Hinterkopf.

„Gehts?“
 

Doch er beantwortete die Frage nicht. Er fuhr damit fort sie anzusehen ohne sich zu rühren.
 

Nach den nun fast anderthalb Monaten, seit das Schuljahr begonnen hatte und in denen sie es zu einer Art der Kommunikation gebracht hatten, die irgendwie für sie beide funktionierte, kannte sie nun allerdings diese Art seiner Blicke.

Er verbarg sich immer dann dahinter, wenn er seine Gedanken sortierte und scharf nachdachte.
 

Sie spürte, wie sich die winzigen Haare in ihrem Nacken in einer nicht gänzlichen unangenehmen Sensation aufstellten.

Diese Augen.

Dieses aufgewühlte, aufwühlende Grau. Verstörend und beschwichtigend zugleich. Mit der Macht jedes Geheimnis zu entlocken, jede Einzelheit zu erfahren, bis in die kleinste Faser des Seins zu tauchen und jeden Strang der Seele zu röntgen.
 

Rose wurde kalt. Und dann heiß.

Und dann wieder kalt.
 

Warum, warum nur war ihr das bisher nie aufgefallen? Jetzt, da sie sich zum wiederholten Mal als Objekt seiner Observation wiederfand, schien es ihr vollkommen unmöglich dass sie vorher nie etwas davon bemerkt hatte.
 

Rose hatte keinen blassen Schimmer womit sich sein außergewöhnlicher Verstand gerade beschäftigte, allerdings war deutlich, dass sie zumindest teilweise betroffen war.

Und wie nervös sie dieses Wissen machte.
 

Wahrscheinlich war er unzufrieden mit ihr.

Wahrscheinlich legte er sich eine Strategie zurecht. Mission Beseitige-Rose-Weasley.
 

Oh, es könnte fast gruslig sein.

Wenn nicht dieses kleine flatternde Dings-Bums wäre, dessen Lebensaufgabe war, in ihrem Solarplexus verkrochen, nervös auf und nieder zu hüpfen, wann immer Scorpius‘ tief goldener Haarschopf in Sicht kam.

Und so ungern Rose es auch zugab, das Gefühl das dieses Dings-Bums verursachte, war nicht allzu fürchterlich. Fürchterlich war nur, was die Anwesenheit eines solchen Dings-Bums in ihrem oberen Abdomen bedeuten konnte.

Bisher hatte sie nicht darüber nachdenken wollen.
 

Rose überlegte kurz, ob sie irgendetwas sagen sollte, besann sich dann aber eines besseren und zwang sich stattdessen seinem Blick standzuhalten, in dem sie einen Punkt mittig zwischen seinen Augenbrauen anvisierte.
 

Schließlich zuckten seine Mundwinkel, als würde er zum Sprechen ansetzen wollen, sich aber dann wohl dagegen zu entscheiden. Stumm deute er letztendlich nur zur Tür, an der noch immer drei Schülerinnen standen und auf ihre neuen Pläne warteten.

Rose ergriff die Gelegenheit zur Flucht.

„Richtig. Ich bring sie ihnen dann mal.“

Zu heiß war es. Zu kalt. Zu…zu…

Vielleicht sollte sie mal im Krankenflügel vorbei schauen.
 


 

** ** *** ** **
 

Nachdenklich sah Scorpius der Schulsprecherin nach.
 

Das Verhältnis zwischen ihnen hatte sich wesentlich gebessert. Es war sehr viel kommunikativer geworden, letztlich hatten sie sich intuitiv auf eine Art der Verständigung einigen können, die für sie Beide einigermaßen angenehm war.

Das zumindest hatte Scorpius bisher gedacht.

In den letzten Tagen kam er allerdings nicht umhin zu bemerken, dass etwas in Rose Verhalten sich ausschlaggebend geändert hatte. Sie war nervös und unkonzentriert, mitunter sogar schreckhaft, wenn man sie aus ihren Gedanken riss und all das verschlimmerte sich, je länger sie sich in seiner Gegenwart befand.

Insoweit er es beurteilen konnte, schien das ihre schulischen Leistungen nicht zu beeinträchtigen, im Unterricht hatten sie beide unbesprochen damit fortgefahren sich zu ignorieren, und als Schulsprecherin erfüllte sie den Anspruch ebenfalls einigermaßen.

Eigentlich sollte es ihn also nicht interessieren.

Eigentlich…

Seine Interessen waren allerdings schon immer recht weitgefächert gewesen. Und je mehr er von dieser neuen, nervösen Rose wahrnahm, desto größer wurde das Interesse an der Ursache.
 

Dass ihre Unruhe einen Grund haben musste, war nicht zu bestreiten. Immerhin war am Anfang des Schuljahres sie diejenige gewesen, die ruhig und gelassen ihr Verhältnis auf einen eigens angelegten stetigen Bergaufpfad gelenkt hatte und er die nervöse, fahrige Unsicherheit in Person.
 

Nach und nach war das allerdings abgeklungen und jetzt hatte Scorpius kein allzu großes Problem mehr damit auch vor sich selbst zu zugeben, dass die kleine Rose Weasley mit all ihrer Charakterstärke und dem ruhigen, messerscharfen Verstand ihm tierisch Angst eingejagt hatte. All die Herausforderungen des neuen Jahres, der neuen Position und der Verantwortung, vor allem für sich selbst und seine Zukunft – an ihrer Seite, die für ihn all das verkörperte, wogegen und wofür er in all den sechs Jahren Hogwarts gekämpft hatte. Scorpius hatte einfach alles davon schwimmen sehen.
 

Nicht nur, dass sie weit intelligenter war als er, wenn sie es drauf anlegen würde; sie war auch noch genau die Person, die seinen Geburtsnamen und all das was daran baumelte, am deutlichsten hervorhob.

Die Weasleys und die Malfoys. Hatten es je zwei Zaubererfamilien gegeben, die sich mehr verabscheuten? Zwei Reinblüterfamilien, deren Unterschiede größer waren?

Auch wenn die Familien selbst in ihren neuen Generationen vielleicht nicht mehr die Ansichten ihrer Vorfahren vertraten, so saß es doch fest in den Köpfen all der anderen Familien. Hervorzubringen, dass er ein Malfoy war, konnte Rose deswegen besonders gut. Und das hatte ihn nervös gemacht. So nervös, dass er beinah alles vermasselt und den Kopf in den Sand gesteckt hätte.
 

Und doch war es genauso ein Weasley gewesen, der dafür gesorgt hatte, dass es nicht geschehen war.

Was er ihr verdankte mochte Rose vielleicht gar nicht klar sein, ihm dafür umso mehr. Und er würde nicht zulassen, dass sie irgendwas Dämliches anstellte und sich alles verdarb, was auch immer gerade ihr Problem sein sollte.
 

Dass ihre seltsame Nervosität ungefähr mit dem Zeitpunkt zusammenfiel, an dem sie immer seltener in ihrem Gemeinschaftsraum aufgetaucht war – Besprechungen ausgenommen – machte mehr als deutlich, dass dieses Problem irgendwie mit ihm zu tun haben musste. Da schien es doch nur günstig, dass derjenige sein sollte, der es auch wieder löste.
 

Seine Freundschaft mit Al hatte den Weg zwischen den Namen Potter und Malfoy geebnet. Und auch wenn dieser Konflikt tiefer in die Zeit hineinreichte, könnte er dasselbe mit Rose‘ Familie und der seinen versuchen. Immerhin wäre eine Freundschaft zwischen Rose Weasely, Schulsprecherin, Gryffindor und Scorpius Malfoy, Schulsprecher, Slytherin, etwas, das den Anfang machen könnte.

Das Gefühl der Herausforderung kitzelte an seiner Wahrnehmung und erfüllte ihn mit freudiger Erregung. Und eine Herausforderung würde es ohne Zweifel werden. Es gab viel zu bereinigen, viele Bande neu zu knüpfen.

Und es war genau das, was er wollte.
 

Wie immer wenn er einen Entschluss fasste, verspürte er das Verlangen nach einem Versprechen, einem Schwur, irgendetwas das ihm später helfen würde, dem Weg bis zum Ziel ohne Abweichung zu folgen.
 

Er musste nur kurz überlegen, bis sein Blick auf den Stuhl fiel in dem sie gesessen hatte. Mit einer Ahnung trat er näher und sah sich nur Sekunden später bestätigt.

Oh Weasley, Weasley du hast in der Tat eine Löwenmähne.
 

Grinsend angelte Scorpius nach einem langen roten Haar, das an der Lehne des Holzstuhls munter in dem Luftzug flatterte, den jede seine Bewegungen verursachte. Ungesagt schuf er mit seinem Zauberstab einen millimeterdünnen Schutz und befestigte dieses Stück Weasley an der Rückseite seines Schulsprecherabzeichens.
 

„Ich schwöre, ich werde ein Freund für dich sein, Rose Weasley. Ob du willst oder nicht. Du wirst mich mögen lernen. Und Himmel bewahre, solltest du dich wehren.“

Mit einem Schwenker seines Zauberstabes versetzte Scorpius den Schulsprecherraum wieder in seinen ordentlichen Ausgangszustand und machte sich daran sein Zeug zusammen zu suchen.
 

Auf dem Weg zum Slytherinkerker, würde er genug Zeit haben sich darüber Gedanken zu machen, wovon zur Hölle Fred Weasley gesprochen hatte. Alles was seine Schulsprecherin bedrängte, fiel ab jetzt automatisch in den großen Topf der sein Interesse ausmachte. Und da es ihm bereits vor seiner Entscheidung sich mit ihr anzufreunden komisch aufgestoßen war, würde er umso härter nachdenken müssen, was ihr Cousin gemeint hatte mit der Frage, ob sie bereits zu einer Entscheidung gekommen war.

Ziegelsteine im Bauch


 

Oder: erst muss der Eroberer erobert werden

Die letzten Sonnenstrahlen kitzelten in Scorpius' Augen als er die den Gang zum Gemeinschaftsraum der Schulsprecher säumenden alten Fenster mit weit ausgreifenden Schritten passierte. Er liebte diese Zeit des Jahres. Das letzte Aufbäumen der Natur gegen den unweigerlich kommenden tiefen Schlaf des Winters, die letzten weichen, warmen Tage, erfüllt von süßer, würzige Luft und goldenem Licht. Die Zeit, wenn sich die Welt noch einmal herausputzt, sich in all seiner Glorie und all seinem Glanz bewundern lässt, bevor sie in die tiefe kalte Katharsis hinabsteigt, um sich von all dem neu geschaffenen Leben und all den fruchtreichen Tagen des Sommers zu erholen.Eigentlich liebte Scorpius jede Jahreszeit. Sie belebten ihn, brachten seinen Körper und seinen Geiste in Schwung und korrespondierten mit dem tiefsten Inneren seines Selbst auf eine Art und Weise, die er erst in einem noch fernen Lebensjahrzehnt einmal zu verstehen hoffte.

Er und AL hatten den Tag damit verbracht über das Gelände zu stromern, die frische Luft zu genießen, und so viel wie möglich von der Sonne zu tanken, bevor sie sich endgültig hinter den dicken eisigen Wolken des schottischen Winters vergrub und nur von dickem Nebel eingehüllt sporadisch ihr Licht mit den Vegetation und der spärlichen Besiedlung von Hogsmead und den Schülern teilte.

Ihre Freundschaft war besonders, dessen waren sie sich beide bewusst und es verging kein Tag, an dem Scorpius nicht dafür dankbar war. Dies war ihr letztes Schuljahr und nach dem Abschluss würden die Dinge ganz anders aussehen. Es würde sein wie ewige Ferien, nur ohne den eigentlich guten Teil der Ferien.

Und ihre begrenzte Zeit wurde noch begrenzter durch das nahe Drohen der Prüfungen, durch Quidditchtraining und durch Scorpius' Amt als Schulsprecher.

Dieser Tag war ein Geschenk gewesen und als ein solches hatten sie es deswegen auch genossen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es auf der Welt noch einen zweiten Menschen geben konnte, der ihn auf so selbstverständliche Art verstand wie Albus.

Scorpius lächelte und drehte den Kopf, um direkt in die tiefstehende gleißende Helle zu blicken. Er rückte das Bündel zurecht, das er mit dem rechten Arm an die Brust gedrückt hielt.

Es war Ritual geworden, dass er und Al ein Tag im Herbst damit verbrachten, einige der Apfelbäume des Geländes um ihre Früchte zu erleichtern. Und da er Rituale ebenso sehr liebte wie die letzten Herbstäpfel, verging seit ihrem zweiten Schuljahr kein Herbst, ohne diese Pflückorgie.

Denn genau dazu uferte es beinahe immer aus.

Wenn man etwas liebte, kannte man selten das richtige Maß. Und Al war ein besonders maßloser Mensch.

Scorpius grinste bei dem Gedanken an seinen Freund, der sich den Bauch haltend die Treppe zum Gryffindorturm hoch geschleppt hatte, ihm so viele Flüche entgegen schmetternd, dass, wäre Scorpius ein anderer Charakter gewesen, ihm wohl die Ohren weggeätzt hätten.

Ja, man konnte sehr wohl zu viele Äpfel essen.

Immer noch mit diesem fast heiligen Bild vor Augen, betrat er den Gemeinschaftsraum.

Wahrscheinlich lag es an dem Gedanken an Als gekrümmte, fluchende Gestalt und die Nachbeben von zu viel süßer Apfelsäure gepaart mit goldener Herbstfrische und anregenden Gesprächen mit seinem besten Freund, dass er den roten Haarschopf erst ein paar Sekunden nach seinem Eintreten bemerkte.

Rose' Anwesenheit wäre ihm sonst wesentlich früher aufgefallen, da sie sich in letzter Zeit gar nicht mehr in ihrem Hauptquartier blicken ließ.

Scorpius hatte die Erfahrung gemacht, dass man sie besser in Ruhe ließ und abwartete bis sie von allein den Mund aufmachte. Also beschloss er auf ihre Anwesenheit erst einmal überhaupt nicht zu reagieren.

Wenn sie die meiste Zeit nur eine gewissen Nervosität gezeigt hatte, wann immer er sich in ihrer Nähe befand, so war es in den letzten Tagen schier unerträglich für sie gewesen allein mit ihm zu sein. Ungefähr genauso schlimm war es, wenn sie sich in Gesellschaft anderer befanden und er den Mund aufmachte. Ganz zu schweigen davon was geschehen würde, wenn er sich jetzt ansprach. Auf jeden Fall wäre sie eher wieder weg, als er die Situation retten könnte.

Für so einen Gryffindor war das Weaselkind ne ganz schöne Mimose.

Also steuerte er ohne ein Wort zu sagen auf seinen Tisch an der Wand zu und bemerkte nur im Augenwinkel wie der feuerrote Chaoskopf sich äußerste Mühe gab den Blick weiter auf die Feder gerichtet zu belassen. Nur einem genauen Beobachter wäre aufgefallen, dass jene Feder seit seinem Eintreten starr an Ort und Stelle verharrte.

Nun, Scorpius war ein besonders genauer Beobachter.

Auf Höhe ihres Tisches gab er dem jähen Impuls nach, einen der kleinen Äpfelchen, die er auf seinem Unterarm balancierte beiläufig auf ihrem Tisch abzulegen.

Kurz belächelte er sein Gehirn, das ihm daraufhin den Eindruck vorspielte, er könne die Spannung, die wie in sinusförmigen Wellen von ihr auszustrahlen schien, sich verdichten fühlen. Innerlich kopfschüttelnd nahm er auf seinem Stuhl platz, legte die Äpfel sicher ab und zog einen Zettel der mit Regenbogentinte beschrieben war von einem Stapel auf der rechten Seite der Arbeitsfläche.

Er stammte aus dem einen der Kästen, die hinter der Wandstatuette an der Eingangstür zu ihrem Gemeinschaftsraum angebracht war. Wann immer ein Schüler etwas zu sagen hatte, sei es Beschwerde, Vorschlag, Fragen oder weiß der Himmel was, konnte er den darauf abgebildeten Tieren die für die jeweiligen Häuser standen eine Notiz übergeben. Wählte man die Schlange landete sie in einem Kasten mit seinem Namen drauf. Rose hatte ebenfalls einen und natürlich musste man um den zu erreichen, dem Löwen den Zettel zustecken.

Schnell erfasste er die Nachricht. Es war der gefühlt hundertste Vorschlag eines Balls, versendet von – anonym und unmissverständlich weiblich.

Fast fühlte Scorpius Lust dazu laut aufzustöhnen. Diese albernen Mädchen. Warum diese Tanzveranstaltung auf das zarte Geschlecht eine so große Faszination auslöste, war und blieb eines der großen Mysterien des Lebens. Zumindest für ihn.

So romantisch der ganze Blödsinn auch klang, für die Schule bedeutete es vor allem eines: Organisation. Und da eine Schülerveranstaltung von Schülern ausgerichtet werden musste, hieß zu guterletzt Arbeit. Arbeit für ihn, Arbeit für Rose. In seinem Abschlussjahr hatte er wirklich Besseres zu tun.

Also tat Scorpius das, was er mit Anfragen dieser Art immer tat. Er zerriss sie und formte daraus eine hübsche Papierkugel. Kurz überlegte er, ob er sie als symbolhafte Geste nicht vielleicht auch noch ins Feuer werfen sollte, anstatt sie wie sonst immer in den Müll zu kicken.

Der Halbwüchsige in ihm gewann diese Schlacht der Moral und zielte gekonnt. Der Quiddichspieler in ihm versenkte das Ding. Lächelnd beobachtete Scorpius, wie die fröhlich züngelnden Flammen augenblicklich an dem Fetzen zu lecken begannen und das Weiß des Pergaments in fleckiges Braun tauchten, bis es schließlich in Flammen aufging.

Scorpius konnte es nicht abstreiten. Er mochte Feuer.

Er fand es unglaublich anziehend. Stunden hatte er bereits damit verbracht in einem der grünen Sessel im Gemeinschaftsraum der Slytherins zu sitzen und die Flammen zu beobachten.

Es verging ein Augenblick ruhevoller Stille, nur unterbrochen von dem Glucksen und Knacken des Kamins. So kam es, dass Scorpius erst relativ spät bemerkte, dass es in Wirklichkeit etwas zu still war, wenn man bedachte, dass er nicht alleine war.

Sein Blick wanderte suchend zur Seite, bis er schließlich das andere auffällige Rot im Raum eingefangen hatte.

Rose hatte die Feder zur Seite gelegt und betrachtete nun eingehend das vor ihr liegende Obst. Zwischen ihre Augenbrauen hatte sich eine auffallend steile Falte gebildet und sie machte keine Anstalten den Apfel anzurühren.

Eine Weile beobachtete Scorpius sie belustigt.

Dann griff er nach einem seiner Äpfel und biss hörbar hinein.

Ihr Kopf schnellte nach oben und ihre Blicke trafen sich. Ihre Stirn entspannte sich augenblicklich und der zweifelnde Ausdruck in ihrem Gesicht wurde von einem anderen abgelöst, der wohl ertappte Verwirrung ausdrückte. Zumindest war es das, was Scorpius darin erkennen konnte. Richtig sicher konnte man sich wohl bei ihr nie sein.

Er kaute ein paar Mal, während er die Arme überkreuzte, sodass die rechte Hand die den Apfel hielt, auf dem linken Unterarm zum liegen kam. Die süße Säure verfehlte seine Wirkung auf die mimischen Muskeln seines Mundes nicht. Sobald die Fruchtsäure an seiner Zunge kitzelte, spürte er seine Mundwinkel nach oben zucken.

„Ich hab ihn nicht vergiftet, falls du das denkst, Schneewittchen“, sagte er grinsend, nachdem der Bissen seinen Kehlkopf passiert hatte und sein Mund wieder frei war.

Rose Blick huschte kurz zu dem Apfel auf ihrem Tisch, dann wieder zurück.

Sie blinzelte fragend und zog dann wieder die Brauen zusammen. Ihr Mund öffnete sich kurz, wie als wolle sie etwas sagen, doch er schloss sich so schnell wieder, dass Scorpius vermutete, es hatte sich bei der Bewegung um ein Luftschnappen gehandelt.

Wieder führte er die Frucht an den Mund und biss ab.

Kauend beobachtete er sich weiter. Sie starrte ihn an. Steif wie ein Brett. Nicht mal ein Blinzeln war zu sehen.

Nun war es an ihm die Stirn zu runzeln.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich so was machen würde, oder?“, fragte er. Eigentlich war es eher ein Spaß gewesen.

In den starren Ausdruck auf ihrem Gesicht mischte sich echte Bestürzung.

Ihr Mund formte ein perfektes Oval.

„Oh nein. Nein!! Ich…“ Sie brach ab. Statt weiter zu sprechen nahm sie den Apfel zum wiederholte Mal ins Visier.

„Natürlich nicht!“, sagte sie so leise über das Knacken eines Holzscheites hinweg, dass Scorpius es kaum hören konnte.

Schließlich streckte sie die Hand aus und zarte Finger schlossen sich um das rotbackige Obst.

Scorpius fiel auf, dass ihre Armbanduhr dabei weiter über ihren Unterarm Richtung Ellenbogen rutschte. Viel zu groß für ihr kleines Handgelenk.

„Es ist nur…“, begann sie und Scorpius löste seinen Blick von ihrem schlanken Unterarm um ihr ins Gesicht zu sehen.

„…Schneewittchen.“

Sie lächelte und sah auf, ihm direkt in die Augen.

Es konnte sich nicht mehr richtig daran erinnern, wann sie ihm das letzte Mal so direkt in die Augen gesehen hatte. In letzter Zeit waren es nur noch gehetzt, nervöse Blicke gewesen. Oder das leblose Starren, als würde sie sich dazu zwingen müssen ihn gerade heraus anzusehen, aber eigentlich direkt durch ihn hindurch sehen.

Etwas in ihm begann sich unter diesem Blick zu regen. Ein kleines warmes Gefühl, direkt neben dem wohlig entspannten Schlagen seines Herzens. Es begann sich aufzurichten und zu wachsen, sich auszubreiten, seine ganze Brust aus zu füllen und plötzlich hatte Scorpius das Gefühl nach einem langen kalten Winter das Gesicht das erste Mal den Sonne zu recken. Was nicht nur an sich merkwürdig war, sondern schon allein deswegen komisch, weil er den ganzen Tag in der Sonne verbracht hatte.

Er beobachtete, wie sie begann die rote Hälfte des Apfels mit dem Ärmel ihrer Robe zu polieren.

„Das ist ein Muggelmärchen“, sprach sie weiter, das Lächeln immer noch auf den Lippen.

Scorpius grinste.

„Ein Deutsches noch dazu“, sagte Rose als nächstes, während sie fortfuhr seinem Geschenk einen neuen Glanz zu verpassen.

Er zuckte mit Schultern, auch wenn sie es nicht sehen konnte.

„Ist es das?“ fragte er, ohne wirkliches Interesse, eher aus dem Verlangen das Gespräch am laufen zu halten.

Rose nickte.

„Ja“, sagte sie und sah wieder auf.

Wieder zuckte Scorpius mit den Achseln.

„In unserem Dorf leben fast ausschließlich Muggel. Immer wenn ich bei einem meiner Freunde übernachtet habe, hat seine Mutter uns aus einem Buch vorgelesen.“

Er sollte sich unter ihrem interessierten Blick nicht so verteufelt gut fühlen, oder?

Aber nachdem sie ihm gegenüber wochenlang schreckhaft und distanziert gewesen war, genoss er diese kleine Andeutung einer natürlich Unterhaltung einfach zu sehr.

Zu sehr traf das Ganze ziemlich genau.

Das Grinsen, das sein Gesicht wohl heute gar nicht mehr verlassen würde, wurde noch ein bisschen breiter.

„Eigentlich hat sie seiner Schwester vorgelesen. Aber sie tat es immer vor dem Kamin und das war für uns die perfekte Ausrede zuhören zu können, ohne zugeben zu müssen, dass diese Märchenstunde unser Tageshighlight war. Das hätte nach einem Tag voller Seeräuberkämpfe unsere hart erbeuteten Männlichkeitsgefühle bestimmt vernichtet.“

Ein kleines Lachen entfuhr ihr.

Und es klang so ehrlich, dass seine Brust weit wurde vor Glück. Nur am Rande bekam er mit, dass das eine etwas übertriebene Reaktion auf ein Lachen war. Vor allem auf ein so kleines.

Für einen Moment wurde es still.

Dann fiel ihr wohl wieder ein, was er gerade gesagt hatte.

Euer Dorf?“

Scorpius hob die Schultern.

„Naja. Nicht wirklich. Ich meine das Dorf das in der Nähe vom Landhaus meines Großvaters liegt und zu dem das Manor gehört. Früher war es einmal Eigentum der dazugehörigen Graftschaft, aber das war bevor meine Familie es erworben hat“, sagte er nonchalant.

„Natürlich nennen wir es immer noch unser Dorf“, fügte er mit einem ironischen Lächeln hinzu, das seinen arroganten Tonfall Lügen strafte.

Rose Augen blickten freundlich als sie fragte: „Das Haus deines Großvaters?“

Er nickte.

„Als ich jünger war habe ich dort die Ferien verbracht. Aber je älter ich werde, desto absonderlicher wird er. Wenn du es kennen würdest, wüsstest du was ich meine. Es ist gruslig.“

Wahrscheinlich sollte er nicht so viel preisgeben und endlich sein verräterischen Plappermaul halten, aber ihr interessierter Gesichtsausdruck zusammen mit der konzentrierten Schieflage ihres Kopfes war einfach zu verführerisch. Natürlich nicht sexuell. Rose war schließlich nicht sexuell. Sie war...Rose.

Aber er konnte sich nicht helfen.

„Außerdem ist es die beste Art und Weise dich nicht willkommen fühlen zu lassen, dich dazu zu zwingen den ganzen Tag mit Filzpantoffeln herum zu laufen die größer sind als du selbst.“

Er schüttelte sich übertrieben.

Wieder entlockte ihr sein Geblödel ein Lachen.

„Ja, ich denke ich verstehe. Das muss fürchterlich für dich gewesen sein.“

Ihre Augen blitzten übermütig.

Erstaunlich wie schnell ein Apfel und ein bisschen spielerischer Charme eine Schutzmauer einreißen konnten.

Er neigte gespielt dankend den Kopf.

„Ja, ich glaube das war es wirklich. Ich denke eigentlich ist das die Ursache für meinen immer wiederkehrenden Traum mit dem großen Schuh und dem dunklen Abgrund.“

Grinsend biss er erneut in den Apfel.

Rose hatte aufgehört ihren zu polieren und drehte ihn eine Weile nachdenklich in den Fingern.

Das elegante Spiel ihrer Hände fing seinen Blick ein. Ihre Finger waren blass und zierlich, ganz anders als er sie ihr zugeschrieben hätte, wenn er sie aus dem Kopf hätte beschreiben müssen. Er hätte ihr kürzere, kräftige Finger angedichtet, niedliche Finger die man gern küsste, Finger an die man billige Ringe mit Schmetterlingen steckte und zu denen verschiedene Nagellacke an allen Nägeln passten. Er hätte an die Hände einer kleinen Schwester oder Cousine gedacht, Hände die zu der Cousine seines besten Freundes passten, Hände die zu rotem Sturmhaar und Sommersprossen passten.

Ihm verspürte einen leichten Schwindel bei dem Gedanken wie falsch er doch gelegen hätte.

Ihre Hände waren die Hände einer Dame. Einer Lady. Hände die zu dem Namen Rose passten. Einer Rose.

Ihre Handgelenke waren feingliedrig, die Haut die sie umspannte mit hellen Sommersprossen beflockt. Filigrane Finger endeten in runden, rosigen Nägeln. Unendlich cremige Haut, zart und schimmernd.

Sie hob den Apfel an die Lippen.

„Danke übrigens“, sie gestikulierte kurz mit der Frucht.

„Hierfür. Ich mag Äpfel. Vor allem die Späten. Sie sind süßer.“

Scorpius folgte der Bewegung mit seinen Augen.

Fast wünschte er, sie würde nicht hinein beißen. Gleichzeitig konnte er sich nicht erinnern jemals etwas so sehr gewollt zu haben.

Als sie es tat, hatte er das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen.

Hatten ihn ihre Finger aus dem Konzept gebracht, so verwirrte die profane Tat des Abbeißens ihn fast vollständig. Ihre Lippen öffneten sich und gewahrten einen kurzen Blick auf eine rosa Zunge und kleine, weiße Zähne und kurz dachte er, dass irgendetwas nicht mit ihm stimmen konnte.

Die kleine Schusselnuss war bezaubernd.

Scorpius konnte es nicht fassen.

Dieses seltsame Mädchen, das ständig Tinte verschmierte und deren Krawatte nie richtig saß, war ein weibliches Wesen. Sie war....hübsch.

„Du könntest mich begleiten wenn ich wieder welche pflücken gehe, so lange das Wetter noch schön ist“, sagte er etwas atemlos, einfach nur um irgendwas zu sagen und nicht an seiner eigenen Erkenntnis ersticken zu müssen.

Rose schluckte und schüttelte den Kopf. Mit dem Rücken der freien Hand wischte sie kurz über den Mund.

„Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee wäre.“

Da er den Vorschlag nicht wirklich ernst gemeint hatte, sollte es das enttäuschte Zwicken in seiner Bauchgegend eigentlich nicht geben.

„Wieso?“, fragte er scheinbar unbeeindruckt. „Hast du Angst Sonnenbrand auf der Nase zu kriegen?“

Sie lachte. Das Geräusch war Balsam für sein enttäuschtes Ego.

„Genau. Und noch mehr Sommersprossen.“

„Also ist das ein Ja?“, hörte er sich fragen, bevor er wirklich darüber hatte nachdenken können.

Ihr Lächeln wurde etwas zaghafter.

„Ich weiß nicht Scorpius. Obstbäume sollen ziemlich morsch sein. Wir könnten uns den Hals brechen.“

Er hörte die spielerische Ironie in ihrer Stimme, dennoch vernahm er ihr Zögern.

Also gut, Rose Weasley. Dann nimm dir eben alle Zeit der Welt.

„Ja, da könntest du Recht haben. Seit ich den Baum zum ersten mal entdeckt habe, ist er ganz schön gewachsen. Wahrscheinlich müssten wir tatsächlich drauf klettern.“

Er verzog das Gesicht.

„Wie dreckig wir werden würden.“

Sie schmunzelte ein wenig, wirkte aber wieder etwas nervöser.

Oh je. Nüsse waren wohl härter zu knacken wenn sie schusselig waren.

„Wieso sind sie auf der einen Seite wohl rot?“ betrachtet ihren Apfel.

„Das Pflanzenfarbstoffe in der Schale oxidieren in der Sonne und verändern ihre Strukturformel und damit auch ihre Farbe. Die Seit die in der Sonne liegt, färbt sich rot, die andere bleibt grünlich.“

Seine Antwortet kam sofort, ohne dass er überhaupt darüber nachdenken konnte ob sie darauf überhaupt eine Antwort haben wollte.

Das Verlangen ihr zu gefallen, sie dazu zu bringen eine gute Meinung von ihm zu haben, war so überwältigend, dass er sich dem nicht erwehren konnte. Nicht einmal, wenn es für ihn in diesem Moment bewusst gewesen wäre, hätte er die Stärke aufbringen können, sein Wissen nicht vor ihr auszubreiten wie einen schönen, wertvollen Teppich.

„Ja. Ich weiß. Aber wieso werden sie rot? Wieso rot?“

Scorpius verstand, denn er wollte verstehen.

„Für andere Tiere sieht es ganz anders aus. Für Bienen zum Beispiel. Man sagt, dass es selbst für jeden Menschen etwa anders aussieht“, sagte er, um ihr zu zeigen, dass er ihr folgen konnte.

„Ja. Wenn wir nicht in andere Köpfe schauen können und nicht mit anderen Augen sehen, können wird das nie ganz ausschließen nicht? Irgendwie schön….so bleibt jeder ganz…eigen.“ Ein kleines Lächeln umspielte ihre Lippen, die vom Saft des Apfels ein wenig feucht waren. So langsam fühlte er sich wie ein verdammter Voyeur. Ein sehr unanständiger noch dazu. Obwohl Voyeurismus an sich eigentlich nie anständig sein konnte.

„Es ist etwas, das man mit Sicherheit nicht wegnehmen kann“, fuhr sie fort, ihr Blick direkt ins Feuer gerichtet, während das Lächeln langsam verschwand und ihr Gesicht ernst wurde.

„Oder nachahmen“, sagte Scorpius leise und immer noch atemlos. Irgendwas musste er schleunigst tun. Er war kannte sich mit den Blamagen anderer Menschen gut genug aus um zu erkennen, dass er kurz vor einer stand die ihn betraf.

Auch wenn seine sekundären Geschlechtsmerkmale nicht die ausgeprägtesten waren, immerhin war jegliche Körperbehaarung an ihm hell, so tat das Testosteron in seinem Körper durchaus seinen Dienst. Er war hektisch, unruhig und erregt.

Er kannte das Gefühl. Himmel. Er war 18 Jahre alt. Höhepunkt der Adoleszenz. Aber dass sie im Zusammenhang mit Rose Weasley auftraten, nachdem er sie dabei beobachtet hatte wie sie einen kleinen unschuldigen Apfel aß, das war verstörend.

„Ich glaube deine Einzigartigkeit ist auch so ganz gut aufgehoben“, beeilte sich Scorpius zu sagen, um die Stille nicht herauszufordern. Als sie ihn kauend, aber verständnislos ansah, fügte er hastig hinzu: „Ohne eigenen Farbsinn, meine ich. Du bist auch so eigen genug.“

Rose hörte auf zu kauen.

„Ich weiß nicht, ob das ein Kompliment war, oder Kritik.“

Er grinste.

„Ist Kritik nicht oft das beste Kompliment?“

Sie schluckte. Dann schüttelte sie argwöhnisch den Kopf.

„Nein. Nein, das finde ich nicht. Wieso? Meistens ist es nicht besonders nett gemeint.“

„Rose, nur jemand der neidet wird kritisieren. Deswegen ist es das beste Kompliment.“

Sie lüftete eine ihrer roten Augenbrauen.

„Also bist du neidisch auf mich?“

Nun war es ihm den Kopf zu schütteln, das Grinsen immer noch auf den Lippen.

„Ich habe dich nicht kritisiert.“

„Dein Kompliment war demnach als Kompliment gemeint“, stellte sie fest.

Er nickte.

„Dann hast du mir ein Kompliment zweiter Klasse gemacht. Wenn du es richtig hättest anstellen wollen, hättest du mich kritisiert.“

Sein Grinsen wurde breiter.

„Dann wird daraus eigentlich schon wieder Kritik.“

„Ich glaube, man kann es auch überdenken“, sagte er amüsiert und mehr als ein wenig froh dass ihr Gespräch in schnelleres Fahrwasser überging. Es lenkte ihn ein bisschen von dem verstörend prominenten und erschütternd komplexen Erkennen ab, dass sich ihm hinsichtlich seiner Schulsprecherin eröffnet hatte.

Es war schon immer einer seiner vielen Fehler gewesen den Tag stets vor der letzten Eule zu loben. Eigentlich sogar meist eher. Und es ging oft daneben. Allerdings hielt es seinen Geist schnelllebig. So hatte er zumindest eine Chance zu reagieren, als er bemerkte, wie die rothaarige Medusa ein paar Schritte entfernt wieder die Hand an ihren Mund führte. An ihren süßen, rosa Mund, der sich öffnete und wieder diese entzückenden kleinen Zähne zeigte, die....Himmel...instinktiv wusste er, dass er sich irgendwie davor schützen musste dass es noch einmal geschah.

„Und wie hast du dich entschieden wegen der Sache?“ platzte es aus ihm heraus und erfüllte den Zweck den es verfolgt hatte. Rose pausierte in der Bewegung, senkte den Arm und sah ihn an. Etwas verwirrt, aber auf der Hut.

Nun, es war nicht die cleverste aller Lösungen gewesen. Die beste wohl auch nicht, denn all die Entspannung, zu der er sie heute mit großer Aufwartung seines Charmes hatte verleiten können, stand augenblicklich auf Messers Schneide.

Vor ein paar Stunden, wohl auch noch bis vor ein paar Minuten hätte Scorpius sich wohl selbst nicht so recht beantworten können, wieso er überhaupt so verflucht viel Interesse daran zeigte. Geschweige denn, wieso er so viel Aufwand betrieb. Jetzt allerdings, etwas älter und etwas klüger, wusste er, dass es weder aufwändig gewesen war, noch dass er eine wirkliche Wahl gehabt hatte, als er ihre charmant zerrupfte Erscheinung entdeckt hatte. Je mehr sie sich ihm entzog, desto stärker wirkte ihr Sog auf ihn. Er musste einfach hinterher. Es war ihm nie bewusst gewesen, hatte es sich vielleicht auch nicht eingestehen wollen, wie fasziniert er von ihr war und das nicht erst seit diesem Schuljahr. Aber ihre sanfte Forschheit und ihr Großmut gegenüber seinem anfänglichen Verhalten, das aus Unsicherheit und der Angst vor dem Versagen geboren worden war, und ihre unerschütterlichen Integrität schienen dem glimmenden Feuer genug Luft zu gefächert zu haben, um die Flammen groß und gierig zu machen. Gierig nach mehr. Gierig nach jedem bisschen Stoff das es zu einem Inferno machen konnte.

Ein Inferno von dem Scorpius nicht wusste ob er es kontrollieren konnte. Es könnte ihn genauso gut verbrennen.

„Welche Sache?“, fragte Rose etwas unsicher.

Scorpius bemühte sich um einen nonchalanten Tonfall als er vorsichtig formuliert antwortete. „Al sagte, dass du nicht sonderlich erfreut über Freds Vorschlag gewesen wärst. Ich kann es dir nicht verübeln.“ Je höher der Einsatz, desto gefährlicher das Spiel. Leider spielte Scorpius gerne. Sehr gerne.

Er hatte nicht die geringste Ahnung was hinter dem flüchtigen Gesprächsfetzen steckte, den er bei der letzten Präfektversammlung zwischen ihr und ihrem Cousin mitverfolgt hatte und es war zugegeben nicht das beste Ablenkungsmittel das er hätte wählen können. Wahrscheinlich hätte er mit einem weiteren Biss in den verfluchten Apfel auch besser umgehen können als nun zu riskieren, dass seine Neugierde und seine Unverschämtheit das bisschen Vertrautheit zunichte machten, das er hoffte Rose in den letzten Augenblicken gegeben zu haben. Aber es war das erste gewesen, woran er hatte denken können und die Worte waren von seinen vorschnellen Lippen getänzelt, noch ehe sie ihm ganz bewusst geworden waren. Jetzt war er gezwungen es durch zu ziehen. Blöd nur, dass sein Herz immer schneller zu klopfen begann und ihm ein wenig warm um die Nase wurde.

Rose Augen wurden kurzzeitig groß, bevor sie sich ruckartig zu Schlitzen verengten.

„Woher weiß Al davon!?“ sagte sie, deutlich verärgert, doch da ihre Stimme leicht zitterte, vermutete Scorpius dass es ihr sehr unangenehm war. Kurz verfluchte er sich selbst. Wahrscheinlich würde er Al einweihen müssen. Das würde allerdings dazu führen, dass er ihm auf würde erklären müssen, wieso ein so kleines Detail über Rose ihn so reizte und dass er es überhaupt heraus finden wollte. Al mochte Al sein, aber er war auch ziemlich clever. Clever war im Bezug auf Rose nicht unbedingt gerade das, was Scorpius gebrauchen konnte. Er war noch nicht bereit herauszufinden was wirklich hinter seinem Verhalten steckte. Und er wollte erst recht nicht, dass Albus ihn dazu nötigte. Und das würde er, darin bestand kein Zweifel.

Der deutliche rote Schatten auf den Wangen und dem Hals der Schulsprecherin sprach inzwischen Bände und so beeilte sich Scorpius nichtssagend mit den Schulter zu zucken. Was ihm die natürlichste Reaktion schien, der er sich erdenken konnte. Schließlich, woher sollte er das den wirklich wissen? Die Familienabgründe, die die Weasleys und die Potters verband, waren wirklich manchmal etwas zu tief, um dorthin hinab zu steigen.

„Oh, ich...oh...dieser...“ noch röter und deutlich erregt, ballte Rose die Fäuste und stammelte gepresst mehr oder weniger zusammenhängend vor sich hin.

„Ist das denn so schlimm?“ unternahm er einen Versuch sie dazu zubringen ihm mehr Details zu liefern. Er würde für die Lösung bestimmt nicht viel benötigen, aber zumindest ein bisschen was musste er ihr noch entlocken.

Ihre Augen fixierten ihn und er fragte sich zum zweiten Mal, ob er nicht einfach hätte in den sauren Apfel beißen sollen. Oder in diesem Fall eben, sie hätte beißen lassen sollen.

Denn nun war sie wütend. Was nicht gut war und das aus so vielen Gründen, dass er das erste Mal an diesem Abend mit dem Denken nicht so recht hinterher kam. Was eventuell auch daran liegen konnte, dass sich all das nötige Blut mit dem nötigen Energiespeicherstoff darin in die entgegengesetzte Richtung seines Hirns bewegte und das sehr, sehr schnell.

Ihre hellen Augen blitzen und ihre Stirn war mit winzigen, zauberhaften Runzeln des Zorns überseht. Ihr Mund formte ein ziemlich adrettes 'O' und zu allem Überfluss war sie aufgestanden, während ihr Rock der Bewegung nicht so ganz hinterher gekommen war. Eine zornige Rose Weasley, die noch dazu eher abdeckend als verhüllend bekleidet war, triggerte mehr als nur eine einzige Fantasie in seinem schmutzigen kleinen Verstand und er spürte wie sein Mund trocken wurde. Die Situation drohte im zu entgleiten. Und das war so gar nicht gut.

„Woher weißt du eigentlich davon, Malfoy?!“ richtete sich ihr Zorn nun gegen und und Scorpius ertappte sich dabei, wie er ihr mit der Wahrheit antworten wollte. Irgendwas lief hier ganz, ganz schräg.

Er setzte an zu sprechen, ohne so wirklich zu wissen was er ihr antworten konnte, doch Rose Weasley rettete ihn ein weiteres Mal, erneut ohne es zu bemerken.

Sie warf die Arme in die Luft, was ihm das Wort abschnitt und ihn daran hinderte je zu erfahren was er eigentlich hatte sagen wollen. „Natürlich. Ich hätte es wissen sollen. Dieser aufgeblase Drachenfurunkel kann ja nicht leben, ohne jede Neuigkeit seinem besten Kumpel zu erzählen. Was weißt du eigentlich noch über mich, huh? Dass ich meine Uhr ständig verliere? Dass ich in der dritten Klasse in Professor Grease verliebt war? Dass mir meine eigene Mutter wöchentlich mindestens zwei Eulen schickt, in denen sie mich daran erinnert die Haare zu waschen? Das sind ja auch keine geheimen Geheimnisse, die mich mehr als sonst blamieren.“

Er hatte nichts von diesen Dingen gewusst und er saugte sie ein wie einer der trockenen Tafelschwämme, mit denen die Tafeln während Strafarbeiten geputzt wurden. Und blamabler wurde ihr Leben deswegen auch nicht. Was nur wieder zeigte, wie ungewöhnlich ihr Leben generell war.

Mittlerweile war sie noch röter geworden und ihr Haar hatte es irgendwie geschafft noch wilder auszusehen, was seine Gedanken zu nun wirklich nicht mehr anständigen Gefilden zu treiben versuchte. Er musste sie fast schon gewalttätig zurück zerren.

Al Scorpius erkannte, dass Rose im Inbegriff war aus dem Raum zu stürmen, sprang er auf um sie daran zu hindern. Wie er das tun wollte und warum er sie nicht gehen lassen konnte, wusste er absolut nicht, aber er vertraute auf einen Geistesblitz. Der Blitz kam, allerdings nur um ihm zusagen, dass er seit einigen Minuten erstaunlich wenig wusste.

Wieder rettete Rose Weasley ihn und verdammte damit sich selbst, ganz ohne dass er etwas dazu beitragen musste, außer sie verwundert anzustarren und fast schon amüsiert zu beobachten, wie ihr Rock immer höher rutschte und seine Hose immer enger wurde. Verflucht noch mal...diese Geschichten über Rothaarige...

„Nein. Ich werde nicht mit ihm ausgehen. Ich bin nicht verzweifelt. Und ich werde nicht der Witz sein, über den die Jungs noch in zwanzig Jahren lachen!“

Die letzten Worte hatte sie geschrien und nun stürmte sie ernsthaft Richtung Ausgang. Scorpius reagierte schnell und diesmal ohne sich überhaupt die Mühe zu machen nachzudenken. Er zückte seinen Zauberstab und verschloss die Tür. Laut, weil er für Subtilität gerade mental zu instabil war. Außerdem wäre sie sonst wahrscheinlich vor die Tür gelaufen, weswegen das wenigstens etwas Gutes an sich hatte.

Fast augenblicklich fuhr sie herum und starrte ihn wütend an.

Er musste zugeben, dass er es gruslig finden sollte wie sehr er es genoss. Was genau er so genoss konnte Scorpius nicht so ganz abstrahieren, aber dafür würde er später auch noch Zeit haben. Jetzt würde er es sowieso nicht herausfinden, es war ihm nicht mal mehr bewusst, dass die Liste mit Dingen die er nicht wusste sich um eine Zeile erweitert hatte.

„Mit wem willst du ausgehen?“ fragte er plump und viel zu spät ging ihm auf, das er gerade einen schwerwiegenden Fehler begangen hatte. Schließlich hatte er vorgegeben genau zu wissen was Freds Vorschlag gewesen war. Nun hatte er ihr brühwarm das Gegenteil bewiesen.

Doch momentan war Rose zu aufgewühlt, um es zu bemerken. Was es für die Zukunft nicht ausschloss. Im Gegenteil, wahrscheinlich würde es ihr bis spätestens morgen aufgefallen sein. Bis dahin hätte sie auch die richtigen Schlüsse gezogen und wäre ihm gegenüber um so misstrauischer.

Verdammt.

„Armin Croover. Und ich will gar nicht mit ihm ausgehen. Und ich werde es auch nicht tun. Und...wieso guckst du so komisch?!“

Sein seltsamer Gesichtsausdruck, der zeigen musste wie sich die verschiedensten Gefühle in ihm zu einem sumpfigen Mischmasch brauten, hatte sie kurzfristig aus ihrer Rage geholt und ihre Stimme klang auf einmal irritiert.

Er bemühte sich um eine neutrale Miene.

„Ich wusste dass du das sagen würdest“, antwortete er ihr hoffend, dass es die Situation für ihn entschärfen würde. Mittlerweile steckte er tiefer drin, als er momentan damit umgehen konnte.

Glücklicherweise war das die richtige Antwort, denn ihre Stirn entspannte sich und sie sah ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Dankbarkeit an.

„Wirklich?“ Ihre Stimme klang immer noch höher als sonst, was er nun als Zeichen für Wut kannte, allerdings hatten sich ihre Fäuste entspannt.

Scorpius räusperte sich und versuchte eine Stelle an ihren Körper zu finden, die ihn nicht daran denken ließ dass sie aussah, als wäre sie gerade ausgiebig geliebt worden. Es war nicht einfach, doch schließlich konzentrierte er sich auf ihre Krawatte.

„Du und Croover?“ Er bemühte sich amüsiert zu klingen, doch in seinen Ohren klang es künstlich und unruhig. Was daran liegen konnte, dass sein Verstand damit begonnen hatte sich vorzustellen, wozu man ihre Krawatte noch gebrauchen könnte. Schnell riss er seinen Blick fort und sah ihr in die Augen.

Sie sah seltsam verletzlich aus und sofort kam er sich vor wie ein Schuft.

Ohne ganz zu wissen wie das enden sollte, machte er ein paar Schritte auf sie zu.

„Du und Croover“, setzte er erneut an, „Rose, das ist doch...“, er stockte, denn er war überrascht wie viel Vergnügen es ihm bereitete ihren Namen zu sagen. Außerdem war er bei ihr angelangt. Es war ein wenig verwunderlich dass sie ihm nicht auswich. Noch verwunderlicher sollte es sein wie euphorisch es ihn stimmte. So nah vor ihr, konnte er ihren Duft einatmen und er spürte, wie auf einmal alles nicht mehr lustig war. Irgendetwas geschah mit ihm und es hatte damit zu tun, dass ihm Rose Weasley, die kleine Schusselnuss von einer Cousine seines besten Freundes, wie das anziehendste Mädchen vorkam, das ihm je begegnet war. Nur war sie ihm bereits begegnet. Oft. Sehr oft sogar und er hatte sich nie so gefühlt. Der Gedanke ein Trottel wie Armin Croover könnte, enn er sie ansah, dieselben Gedanken haben wie er sie jetzt gerade, machte ihn ziemlich wütend. Das sollte ihm nach dem Wechselbad seiner eigenen Gefühle nicht mehr so seltsam erscheinen und doch tat es das.

Blinzelnd sah sie zu ihm hoch und sah dabei aus wie eine kleine verträumte Eule. Ein Eule der Tränen in den Augen hochstiegen und in ihm den reißendsten Beschützerinstinkt wach riefen, den er je verspürt hatte. Sie war wirklich ernsthaft aufgebracht. Und auf eine schwer nachzuvollziehende Art verstand er sie sehr gut. In ihrer, von wirren, charakterstarken, extrovertierten Versammlung von Verwandtschaft, war sie der ruhig und fröhlich dahin plätschernde Bach, der hin und wieder so unbeschwert und lustig klang, dass ein jeder dachte sie wäre unerschütterlich. Doch kein Mensch war das, Scorpius wusste das nur zu gut.

„Croover könnte dir nicht das Wasser reichen, wenn er es versuchen würde“, fuhr er ruhig und ernst fort, innerlich kurz belustigt über seine Anspielung auf das Wasser, da es zum dem Sinnbild des Baches passte.

Rose antwortete nicht, sondern war stattdessen dazu übergegangen zu schniefen und die aufkommenden Tränen zurück zublinzeln. Doch das ließ sie nur noch schneller hochsteigen, bis sich schließlich ein transluzenter Tropfen aus dem Nest ihrer hellen Wimpern löste und fröhlich über die vielen braunen Tupfen hüpfte, die ihre Wange bedeckten. Scorpius hatte nicht gegen weinende Menschen. Auch wenn es für ihn derweilen ein kleines Problem darstellte, so wusste er doch wie wichtig es war seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Und Tränen ließen Rose Augen schimmern und ihr Gesicht weich werden, so dass sein Herz ihm bis an den Kehlkopf schlug.

Sie sah so hübsch und unschuldig aus, dass er sie am liebsten geküsste hätte.

Was nun doch ein wenig zu viel für ihn wurde.

Oh man...Scorpius trat einen Schritt zurück. Küssen...das war nun wirklich...

Das ging ihm zu schnell. Bezaubernd durfte sie ja ruhig sein. Sie durfte auch ruhig ihn bezaubern, schließlich fand Scorpius alle Mädchen auf ihre eigene Weise bezaubernd, aber küssen wollte er deswegen noch lange keine von ihnen.

Eigentlich hatte er bisher noch überhaupt kein Mädchen küssen wollen und das die erste nun Rose Weasley sein sollte, die er so gut und dann wieder doch so überhaupt nicht kannte, erschreckte ihn milde gesagt zu Tode.

Die Schulsprecherin kam vielleicht nicht mit allen Menschen gut aus und konnte derweil sozial recht unbeholfen daherkommen, aber sie nun schien sie zu spüren dass sie sich die Atmosphäre änderte. Was für Scorpius nur den Verdacht bestätigte, den er schon seit Anfang des Schuljahres hegte. Nämlich dass sie ihn besser verstand als er ihr zutrauen wollte und viel besser als ihm lieb war. Sie schluckte, räusperte sich und Scorpius konnte regelrecht beobachten wie sie Ziegel für Ziegel eine Mauer um sich herum hochzog.

Verdammt....

Dafür dass seine Mutter ihm jedes Schimpfwort auszutreiben versuchte (und sie versuchte es immer noch, obwohl er seit mehr als einem Jahr volljährig war), hatte er sich in der letzten halben Stunde verdächtig oft selbst verflucht.

Scorpius wollte nicht, dass sie diese Mauer wieder aufbaute. Es hatte ihn verdammt viel gekostet sie einzureißen. Das Ergebnis ließ ihn immer noch taumeln und er kannte sich gut genug um zu wissen, dass er wieder versuchen würde das verdammte Ding abzutragen. Und Scorpius hatte eine scheiß Angst davor, was er das nächste Mal in sich finden würde, wenn er sich daran machen würde.

Er ließ gepresst die Luft ab, derer Einhaltung er sich nicht bewusst gewesen war. Ohne zu reagieren beobachtete er Rose dabei, wie sie langsam Schritt für Schritt vor ihm zurückwich. Dabei erkannte er so viel in ihrem Gesicht, dass ihm die Knie weich zu werden drohten. Teils vor verwirrender Hoffnung, teils vor roher, noch viel verwirrenderer Angst.

Die Erkenntnis kam unerwartet und rammte sich irgendwo unterhalb seines Magens in seinen Bauch wie ein Sack voller metaphorischer Ziegelsteine. Und dafür dass sie nur symbolisch existierten, waren sie verflucht hart. Keuchend holte er Luft. In seiner Wahrnehmung verlangsamt, drang das Geräusch seines lauten Atems an sein eigenes Ohr und während er gleichzeitig überlegte ob er jetzt irgendetwas bestimmtes tun sollte und daran dachte, dass er sie unmöglich seinem Vater vorstellen konnte, dass es viel zu früh war daran zu denken und dass er noch verdammt viel Arbeit zu erledigen hatte, bemerkte er am Rand, dass die Tür nicht richtig ins Schloss gefallen war. Und, dass er es komplett vermasselt hatte.

Magischer Fußabdruck

Magischer Fußabdruck
 

Oder: Innenschau
 

Unsicher ob sie wütend, genervt oder traurig sein sollte, betrat Rose müde die große Halle. Die Wärme von Dutzenden Feuern und noch mehr Körpern schlug ihr schwül entgegen und komplementierte das Stimmengewirr das sich schlagartig wie eine Wand auftat ebenso gut, wie es ihre Stimmung schnell gen wütend katapultierte.

Diese vermaledaiten Jungen. Diese verflixte, riesige, aufgeblasene Familie von Verrückten.

Wäre ihr Maß an Schamtoleranz nicht durch diverse Ereignisse der letzten Wochen so stark strapaziert worden, würde dieser alberne Kinderstreich sehr wahrscheinlich weniger penetrant an ihrem Selbstwertgefühl nagen. Leider war das aber nicht so. Sie hatte seit Beginn des Schuljahres permanent ihre eigenen Unzugänglichkeiten vor die Füße geworfen bekommen, ohne ein einziges Erfolgserlebnis hervorweisen zu können. Sie fühlte sich wie ein kompletter Volltrottel. Zu allem Überfluss hatte sich das flatternde Gefühl hinter ihrem Sternum, das immer auftrat wenn sie in Scorpius' helle Augen sah, nicht als allergische Reaktion gegen die Idiotie ihrer Sippe entpuppt.
 

Rose war emotional schwer angeschlagen und das machte sie launisch und schnippisch. Was die Bande ihrer Cousins nur noch mehr anzustacheln zu schien.

Aber jetzt, so beschloss Rose angesichts des lachenden Gesichts von Albus Potter ganz spontan, würde das aufhören.

Dass besagter Albus Potter neben dem jungen Mann saß, in dem sie den eigentlichen Auslöser für ihre innere Unruhe und das ungewöhnlich schnelle Erröten in den letzten Wochen finden würde, war wahrscheinlich was das Kind in den Brunnen stieß. Vielleicht war es auch das offenkundig sehr amüsiertes Lachen eben jenen jungen Mannes, das nicht nur das Grübchen in seinem Kinn hervorhob, das ihr letzten Dienstag aufgefallen war und seitdem weiche Knie bereitete, sondern ihn auch noch mit einer Aura von fröhlicher Losgelassenheit umgab, von der Rose sicher war, sie in ihrem ganzen Leben noch nie verspürt hatte.

Mit ihren weichen Knien und ihrem hüpfenden Herzen, gab es für sie keine andere Herleitung, als dass die beiden nur über sie lachen konnten.
 

Sie erkannte sich selbst nicht mehr und es macht ihr Angst.

In letzter Zeit erschien es ihr selbst, als würde sie dem Bild der Rose Weasley das alle von ihr zu haben schienen sehr viel eher entsprechen als dem dass sie selbst von sich hatte.

Sie war unsicherer und fahriger und sehr, sehr viel unausgeglichener als sonst. Der heutige Tag war der beste Beweis. Es war noch nicht mal halb neun und sie war bereits völlig fertig mit den Nerven. Und das, obwohl sie nur einer einzigen Person begegnet, die streng genommen nicht mal eine Person war. Die namenlose Löwin auf dem Gemälde das ihr Turmzimmer vor Unbefugten abriegelte, hatte sowieso nie etwas Besseres zu tun als ihr den letzten Nerv zu rauben. Aber heute hatte sie nichts anderes getan als sie daran zu erinnern, dass am Nachmittag eine Versammlung der Vertrauensschüler angesetzt war, und Rose wäre ihr am liebsten in Tränen ausgebrochen.
 

Es war zum verrückt werden. Hinzukam, dass ihre Familie sich daraus einen Spaß zu machen schien. Sie liebten es geradezu. Noch nie zuvor war sie derart gepiesackt worden. Der einzige der sich von ihr fern hielt, war Hugo, weswegen Rose ihn spontan zu ihrem liebsten männlichen Verwandten ernannt hatte. Sie dachte ernsthaft darüber nach ihm eine Trophäe zu zaubern.
 

Wenn sie wirklich ehrlich war, dann wusste Rose um die Ursache ihrer neuen Persönlichkeitsstörung.

Diese Ursache teilte mit ihr einen Ehrenposten in der Schülervertretung und anscheinend nun auch Äpfel. Am liebsten hätte sie auf der Stelle kehrt gemacht.

Dann kam die altbekannte Wut wieder heran getänzelt und Rose packte ihre Schultasche mit kalten, zittrigen Fingern, während ihr das Blut in den Kopf schoss. Sie würde nicht wie eine kleine Feldmaus in ihr Loch zurück huschen, nur weil die große, böse Schlange sich schillernd vor ihr aufrichtete. Sie würde einen Weg finden sie auszutricksen und ihre Größe auszuspielen um nicht verletzt zu werden. Denn auch wenn die Schlange nicht von Herzen schlecht war, so lag es doch in ihrer Natur Mäuse zu jagen.

Und so lange sie keinen Weg fand die Maus hinter sich zu lassen, sollte sie sich vor der Schlange in acht nehmen.
 

Mehr oder weniger entschlossen, aber dafür mit noch zittrigeren Knien und einem Loch von der Größe des Ätna in der Magengegend, zwang sie sich zu einem strammen Schritt und visierte den einzigen Punkt in der Halle an, den sie von allen am liebsten im Rücken hätte.
 

„Nur dass du es weißt, Albus Potter, mit dir bin ich fertig“, schnappte sie dort angekommen mit scharfer Stimme und hoffte dass ihr Gesicht sich dabei nicht allzu lächerlich verzog. Der Gedanke allein reichte aus um sie noch wütender zu machen und sie wünschte ihr würde etwas kluges Sarkastisches einfallen, das sie Scorpius an den Kopf werfen könnte.

Allerdings wäre es mehr als lächerlich und würde sie kindisch und launisch aussehen lassen, da sie überhaupt keinen Grund hatte auf ihn wütend zu sein. Der verdammte Kerl tat nie irgendwas das irgendwie das Potential für einen ordentlichen Streit mit ihm bot.

Unbefriedigt und mit fliegenden Gedanken stapfte Rose an den beiden vorbei und versuchte sich eindrucksvoll energisch am Ende des Tisches zu setzen. Da der Platz allerdings von ein paar verunsicherten Zweitklässlern besetzt war, die angesichts ihres sauertöpfischen Gesichtsausdrucks erschrocken auseinander stoben, verlief der Plan recht sandig. Um wenigstens ein bisschen Würde zu bewahren, begann sie augenblicklich voller Selbstverständlichkeit in ihrer Tasche zu kramen und hoffte, dass niemand ihre aufsteigende Röte bemerken würde. Der Teint einer Rothaarigen war wirklich zum in die Ecke treten.

„Ich wusste gar nicht dass du die coolen Kids kennst, Rosie“, kicherte einige Augenblicke später Lilys Stimme an ihr rechtes Ohr. Rose hatte nicht einmal mehr bemerkt, wie sich ihre Cousine neben sie gequetscht hatte. Eben jener Zweitklässler war davon wenig begeistert, was er allerdings nur episodenhaft mit kleinen Gewitterblicken seines nach unten gewandten Gesichts ausdrückte.

Rose konnte es ihm nicht verübeln. Sie hätte Lily wahrscheinlich auch einschüchternd gefunden, wenn sie selbst in der zweiten Klassenstufe gewesen wäre. Immerhin war Lily 16 Jahre alt, Jäger im Quidditchteam, hatte zwei große Brüder, die dafür bekannt waren sich in die Fehden ihrer kleinen Schwester einzumischen, war mit dem Zauberstab und ihrem Mundwerk ziemlich fix. Und dann war da noch die Sache mit den berühmten Eltern, nicht zu vergessen mit dem super berühmten Vater, der die gesamte Zauberergemeinschaft gerettet hatte, in dem er für sie gestorben war. Ja, Lily war nicht nur für Zweitklässler einschüchternd.

Allerdings war sie auch liebenswert und unkompliziert und wenn sie lachte, mussten alle anderen mitlachen. Einfach weil es so dämlich klang, wenn sie zu hicksen begann.

Rose seufzte.

Lily war so ziemlich die einzige ihrer Cousinen, die sie gemocht hätte, wenn sie nicht über den Stammbaum an sie gekettet wäre. Natürlich war das nicht die Wahrheit. Rose liebte ihre gesamte, verrückte Familie, sie liebte sogar Fred, die alten Jucksmopp, aber momentan wollte sie lieber in Gedanken schwelgen, die sie alle zum Pfeffer wünschten.

„Sie machen dir das Leben ganz schön schwer, huh?“ traf Lily zielsicher in die runde Mitte. So wie sie es jedes Mal auf dem Besen auch tat.

„Ich will wirklich nicht darüber reden“, antwortete Rose mit, wie sie hoffte, abweisendem Tonfall. Denn sie wollte tatsächlich nicht darüber reden und sich selbst noch bewusster machen, wie fürchterlich kindisch sie sich verhielt.

„Na, da bin ich aber froh“, sagte Lily und erhob sich wieder von der Bank.

Rose blinzelte und drehte sich zu ihr um.

„Das war's? Kein Drängen es dir zu erzählen, keine Witzeleien, keine Drohungen?“ Sie war ehrlich überrascht.

Lily schüttelte den Kopf.

Eine Weile verging, in der sie sich einfach nur ansahen.

Schließlich wies Lily mit dem Kopf Richtung Ausgang. „Kommst du jetzt? Ich will dir was zeigen.“

„Musst du nicht in den Unterricht?“, fragte Rose. „Ich jedenfalls muss zum Unterricht“, setze sie in ihrem besten bevormunden Tonfall hinterher.

„Wirst du auch. Komm schon, das wird dir gefallen.“

Das bezweifelte Rose. Momentan schien sie mit ihrer Familie nicht besonders konform zu gehen.

Allerdings war alles besser als hier zu sitzen und zu versuchen gut gelaunt zu sein.

Sie seufzte und stand auf. Als sie aus der großen Halle traten, meldete sich Lily nach einer kurzen Periode des Schweigens schließlich wieder zu Wort.

„Du weißt, dass ich das nicht einfach so fallen lassen werde, nicht wahr?“

Wieder seufzte Rose. Es drückte leichte Verzweiflung aus. Ein Gefühl, das ihrem momentanen recht nah kam.

„Ich habs mir gedacht, ja“, bestätigte sie Lilys Frage.
 

** ** *** ** **
 

Scorpius verfolgte ihren Abgang belustigt und zugleich mit dem drängenden Gefühl von Schuld. Ein Blick auf seinen munter schmatzenden Freund belehrte ihn allerdings zum wiederholten Male nicht allzu viel Gedankenkraft für den Seelenfrieden eines Gryffindors zu opfern. Al besaß die Gabe all seine Feinfühligkeit hinter der wahnsinnig überzeugenden Maske eines kompletten Hornochsen zu verbergen.

„Sie scheint aufgebracht zu sein“, bemerkte Scorpius mit möglichst neutralem Tonfall.

„Ihr IQ schwebt irgendwo über dem Kilimandscharo. Irgendwas bricht das Mädchen immer auf.“

Al kaute weiter vor sich hin wie der Hornochse, von dem er gerade wieder bewiesen hatte, das er sein Alter Ego war. Dann hielt er kurz inne um über seinen kreativen Wortgebrauch zu glucksen.

„Nicht dein Ernst, oder?“, versuchte Scorpius es noch einmal, diesmal mit dem Schnarren das er von seinem Vater adaptiert hatte und das er immer mal gern benutzte. Zum Beispiel um Albus auf die Nerven zu gehen.

Was nie seinen Zweck verfehlte. Diesmal sah Al auf. Das dümmliche Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. Stattdessen zierte es ein ernster Ausdruck und seine Augen betrachteten ihn nachdenklich.

Nicht jeder wusste wie viel der Verstand des Jungen im Durchschnitt mit Nachdenken beschäftigt war. Er war einfach zu gut darin sich hinter dem Dämlack zu verbarrikadieren. Keine Ahnung wo er das gelernt hatte.

Al legte seine Gabel samt dem aufgespießten Würstchen ab.

„Okay, Malfoy, worum geht’s hier?“

Das war aber irgendwo doch ziemlich schnell.

Scorpius fühlte sich leicht überrumpelt. Seine Antwort fiel deswegen punktiös aus. Dabei war er sich nicht mal sicher ob das Adjektiv überhaupt existierte.

„Um Rose.“

Al nickte.

„Ja, so viel weiß ich auch schon. Seit Tagen schnüffelst du um sie herum. In ihrer Nähe bist du ganz der verspielte Charmeur und versuchst ständig sie ins Gespräch mit einzubeziehen. Und je mehr du ihr auf die Pelle rückst, desto stachliger wird sie. Ich würd nur gern wissen wieso das so ist.“

Scorpius seufzte. Leider fiel auch er selbst immer wieder auf die Fassade herein.

Allerdings konnte er sich so ein gutes Stück der Vorgeschichte sparen. Eine Vorgeschichte, die er sowieso nicht hätte beschreiben können.

„Ehrlich, Malfoy, es gab mal eine Zeit in der war sie liebenswert und sanft“, fuhr Al fort.

„Sie konnte schon immer leicht hitzköpfig werden, wenn man sie zu lange reizte... – “

„Was euer einziges heiliges Ziel zu sein scheint“, unterbrach Scorpius ihn mit lahmer Stimmer.

Kurz verweilte Als Blick auf den sich dunkel türmenden Wolken an der verzauberten Decke der Halle.

„Jaaa....“, seufzte er mehr als er sprach und hing einen Moment seinen Gedanken nach.

„Wie auch immer -“, gab er sich einen Ruck, „- ich bin noch nie so oft von ihr angepflaumt worden. Und wenn sie nicht stinkig auf mich ist, redet sie entweder nicht mit mir, weil sie vollkommen hilflos in ihrem riesigen Hirn versunken ist, oder weil du bei mir bist. Und ich muss dir sagen, Scorpius, so langsam werde ich etwas misstrauisch.“

Scorpius konnte sich daraufhin einen kleinen ironischen Grunzer nicht ganz verkneifen.

„Du hast nicht einen einzigen misstrauischen Knochen in dir. Man könnte dir so ziemlich alles verkaufen. Sogar Luft.“

Albus sah ihn milde empört an. Dann verschwand die blitzende Intelligenz aus seinen Augen und er verwandelte sich vor Scorpius Augen in den faulen Witzbold, der er für fast alle anderen war.

Al nahm seine Gabel wieder auf und gestikulierte damit in die Richtung seiner nun lesenden Cousine.

„Wie auch immer. Ich kenn dich gut genug um zu wissen dass man dich nicht unter Druck setzen darf. Nimm dir deine Zeit mit ihr.“ Er unterbrach sich kurz um Scorpius kurz scharf anzublicken.

„Ich glaub nicht dass ich dich warnen muss, oder?“

Er verstand sofort. Die flinke Brise von Eiseskälte und der beschützerische Seitenblick zum Ende des Gryffindortisches hin sagten ihm mehr als es eine offene Drohung je vermocht hätte.

Und Scorpius hatte oft genug gegen ihn Quidditch gespielt um zu wissen wie brutal der Junge sein konnte. Fast genauso oft hatte er Schmiere gestanden, wenn Albus jüngstes Gericht spielte, um mit seinem ausgeprägten Gerechtigkeitsgefühl gut vertraut zu sein. Das Gerechtigkeitsempfinden, das komplett aushakte, wenn jemand seiner Familie weh tat. All das konnte Scorpius zwar nachvollziehen, aber nicht ganz verstehen. Allerdings verstand er das Konzept von Loyalität. Es war eine der Charaktereigenschaften die sie teilten. Manchmal könnte Scorpius fast schlecht werden, so ähnlich war er den kleinen Gryffindors von Zeit zu Zeit.

Und dann beschlich ein Gedanke seinen Geist, der nur auf sein eigenes Vorteil zielte und die Welt rückte wieder in ihre Fugen.

Er seufzte.

„Ein Rat, Scorpius, lass dir wirklich Zeit mit ihr. Du bist nicht der einzige, den Veränderungen ängstigen.“

Nicht mal nach dieser Bombe hatte sein Freund den Anstand in Deckung zu gehen.

„Wirklich, Potter, so früh am Tag schon?“, schnarrte er arrogant und besah Albus mit seinem besten Blick der Sorte 'von oben herab'.

Herabgeblickter sah nicht mal von seinem Teller auf, über den er nun gekrümmt gebeugt saß und in Seelenruhe weiter aß. Er zuckte nur mit den Schulter.

„Ich sag ja nur. Tu was du nicht lassen kannst. Ich kenn sie schon ein Weilchen länger und sehr, sehr viel besser als du. Bedräng sie und es wird zurück feuern“, sagte er ruhig und sah dann hoch um hinzuzufügen: „ - hart.“

Dann trank er ebenso ruhig aus seinem Becher.

Ein unbestimmtes Gefühl der Unruhe hatte sich irgendwann in den letzten Sekunden unbemerkt von hinten auf Scorpius gestürzt und ihm fehlten die Energie und die Konzentration sich eine passende Antwort zu überlegen, die unbeteiligt genug klang um wieder etwas Distanz zwischen der Außenwelt und seinen Gefühlen zu schaffen. Aber das hier war Al. Vielleicht war er noch nicht bereit sich all die unausgesprochenen Dinge selbst einzugestehen, aber sie vor Albus abzustreiten, dazu hatte er keine Kraft.

Eine Weile kämpfte er mit dem Bedürfnis seinen Kopf zu drehen, ein Kampf den er verlor, noch bevor er richtig begonnen hatte. Die Woge der Enttäuschung die ihn heiß durchrollte als er ihren Platz leer fang, verstärkten die innere Unruhe noch, die Als letzte Worte in ihm hatte ausbrechen lassen. Eigentlich, so musste er zugeben, war sie schon ein Weilchen sein ständiger Begleiter. Sie machte ihn ungeduldiger als sonst, erschwerte ihm das Einschlafen und ließ ihn nachts plötzlich hochfahren. Bisher war sie nur verdeckt mitgelaufen, da er sie nie wirklich aus dem Käfig seines Unterbewusstseins gelassen hatte. Scorpius war zwar bemüht sich selbst ständig zu reflektieren, seine wirkliche Stärke lag allerdings in der Verdrängung.

„Wir sehen uns in Verwandlung“, murmelte er nun und erhob sich. Er hörte den bestätigenden Laut und wandte sich zum Gehen. Auf dem Weg aus der großen Halle und zu seiner ersten Stunde – alte Runen – gesellte sich Tim zu ihm. Nicht etwa weil er zu demselben Unterricht unterwegs war, sondern weil er, selbstverständlich, das nächste Quidditchtraining mit ihm absprechen wollte.

Da er das Training mit seinen Pflichten als Schulsprecher vereinbaren musste, hatte es sich das Team zur Pflicht gemacht die Stunden nach ihm auszurichten. Scorpius war dankbar dafür, denn sonst wäre es ihm nicht möglich gewesen weiterhin im Team zu spielen. Das Team selbst war da eher slytherin veranlagt. Sie brauchten einen Sucher, er war ein guter Sucher. Sie wollten ihn in der Mannschaft, sie stimmten das Training nach seinem Stundenplan. So einfach war das.
 

„Und du bist sicher du kannst?“, beendete Tim ihren kleinen Terminabgleich, nach dem sie das nächste Training für diesen Abend angesetzt hatten. Nach dem Treffen der Vertrauensschüler müsste er eigentlich dringend mit seinem Aufsatz über menschliche Verwandlung beginnen, damit er bei dem bisher angesetzten Hausaufgabenpensum, seinen Schulsprecherpflichten und seinem Plan kategorisch den Stoff der letzten sechs Jahre aufzuarbeiten überhaupt noch zum Schlafen kommen würde, aber Scorpius hatte den leisen Verdacht, dass ein bisschen frische Luft und Besenadrenalin ihm nach der Präfektversammlung ganz gut tun würde.

Also brummte er zustimmend, während er in seiner Tasche nach seinen Hausaufgaben kramte um sie sich vor der Stunde noch einmal durch zu lesen.

„Klasse, man!“, klang es von rechts neben ihm und wenig später traf ihn ein wohlgemeinter Haken an der Schulter. Scorpius entwich einiges an Luft und Haltung und als er sich herum drehte um seinen Dummerjahn von Kapitän anzugehen, war der schon mit wiegendem Schritt um die Ecke gelaufen. Kopfschüttelnd rollte Scorpius seine Schulter und arrangierte seine Tasche. Recht schnell versank er wieder in seiner Übersetzung für Professor Versis, der Alte Runen unterrichtete.
 

** ** *** ** **
 

„Und?“

Mit verschränkten Armen und Beinen (sie musst wirklich ziemlich dringend auf die Toilette), warf Rose ihrer Cousine einen zweifelnden Blick zu.

„Hm“, machte sie in der Hoffnung es würde als Antwort genügen.

„Was meinst du?“

Strahlend blickte Lily abwechselnd von dem Bündel, das in der Besenkammer in der sie sich befanden, auf dem Boden zitterte.

„Lily, was ist da drin?“, fragte Rose mit einem Tonfall der nur zu deutlich ausdrückte dass sie es eigentlich gar nicht so genau wissen wollte, aus Pflichtgefühl heraus aber dennoch fragte.

Lily seuftze und bückte sich um die Seiten des, wie es schien, alten Bettlakens beiseite zu ziehen.

Darunter verbargen sich die süßesten kleinen Würmchen, die Rose seit langem gesehen hatte.

„Katzenbabies“, quiekte sie begeistert, völlig überrascht von dem Anblick und ging in die Knie um die Kätzin und ihre Junge aus näherer Nähe zu sehen.

Ihre Cousine hockte sich schweigend daneben und begann die schnurrende Mama hinter den Ohren zu kraulen. „Ich hab sie erst heute morgen gefunden.“

Rose bemerkte zuerst gar nicht wie sehr der Anblick sie beruhigte. Erst als Lily, nach Minuten wie es schien leise „Gehts dir jetzt besser?“ flüsterte wurde ihr klar, wie aufgewühlt sie wirklich gewesen war.

Ohne etwas zu sagen nickte sie. Rührung durchzog ihr Herz und erwärmte sie liebevoll von innen.

„Gut“, antwortete Lily leise, schulterte ohne ein weiteres Wort ihre Tasche und ging davon.
 

Rose sah der kleinen Katzenfamilie noch einige Augenblick zu, fühlte wie immer mehr Anspannung aus ihr heraus floss, sammelte ihre Gedanken und faste schließlich einen Entschluss.
 

Sie würde nicht länger vor allem davon laufen.
 

** ** *** ** **
 

„Da bist du ja endlich!“ hallte es Scorpius entgegen, als er durch die Tür in das Schulsprecherbüro trat. Überrascht blinzelte er. Rose Stimme klang ungeduldig und ihr hing eine gewisse tadelnde Note bei. Am ungewöhnlichsten aber war, dass sie ihn überhaupt ansprach.

„Hatten wir einen Termin?“, fragte er deswegen milde irritiert und ging zu seinem Schreibtisch um seine Bücher dort abzulegen. Er kam gerade von seiner Arithmantikstunde und hatte keine Zeit gehabt zurück zu seinem Schlafzimmer im Slytherinkerker zu gehen. Es war bereits kurz nach vier Uhr und um halb fünf spätestens würden alle Vertrauensschüler für die zweiwöchentliche Sitzung eingetrudelt sein.

„Sonst bist du immer eher da“, überging sie seine Frage und auch die Tatsache, dass er auch dieses Mal eher da war.

Scorpius runzelte die Stirn und drehte sich zu ihr herum. Zwar stand sie in einiger Entfernung an ihrem eigenen Tisch, aber anders als sonst fixierte sie nicht irgendeinen Punkt hinter ihm, sondern suchte direkt seinen Blick.

Sie wirkte weniger aufgewühlt als beim Frühstück.

„Ich muss was mit dir besprechen.“

Er hob eine Augenbraue. Aha.

„Aha.“

„Ja“, sagte sie bestätigend und griff dann auf ihren Schreibtisch nach einem Zetteln.
 

„Ich-“, begann sie etwas atemlos und lief mit dem Pergamentstück an die Brust gedrückt auf ihn zu. „- habe eine Idee. Es ist eine gute Idee und bevor du sie schlechtredest -“ – sie bedachte ihn mit einem entschlossenen Blick, sein Gesichtsausdruck sprach wohl Bände – „- wirst du mir bis zum Ende zuhören. Einverstanden?“

Es klang weniger wie eine Frage, viel mehr nach einer Drohung. Was einigermaßen lustig war. Scorpius wurde nicht oft gedroht, schon gar nicht von Mädchen, die um einen Kopf kleiner als er waren. Aber irgendwie überrumpelte ihn dieser Frontalangriff. Hatte er sich nur eingebildet, dass sie ihm aus dem Weg ging, dass sie in seiner Gegenwart unsicher wurde? Kaum möglich, aber vielleicht … allerdings hatte Al etwas ähnliches ebenfalls erwähnt.

„Scorpius!“ Er fuhr ein wenig zusammen. Ihr Tonfall war barsch und sie wirkte entschlossen. Was auch immer es war, seine Neugierde war geweckt. Was war nur in sie gefahren? Erst keifte sie herum (die Erinnerung an das Frühstück heute morgen blinkte immer noch lebendig vor seinem inneren Auge), dann war sie in Verwandlung ungewohnt unaufmerksam und kritzelte ständig in ihrem Heft herum, wenn sie eigentlich hatte zaubern sollen und jetzt setzte sie ihm so unerwartet den Zauberstab auf die Brust.

Ein wenig reflexartig hob er die Arme.

„Schön, was ist denn?!“, sagte er etwas lauter als geplant.

Sein Ton schien sie allerdings keineswegs zu stören. Seine Wortwahl schon.

„Schwöre dass du mich nicht unterbrechen wirst!“

Was?

„Schwören?“, wiederholte er einigermaßen verwirrt.

„Beim Leben deiner Mutter!“

Also das war lächerlich. Er sah sie argwöhnisch an.

„Alles ok mit dir?“, fragte er mehr oder weniger ernst.

Sie ignorierte ihn erneut.

„Schwör!“

Er konnte nicht anders. Er grinste.

„Na schön. Ich schwöre es beim Leben meiner Mutter. Bei dem meiner Schwester gleich mit dazu.“

Das allerdings war genug um sie aus der Fassung zu bringen. Sie blinzelte verwirrt, was sie ein wenig aussehen ließ wie eine kleine zerzauste Eule .

„Du hast keine Schwester“, platzte es fast augenblicklich aus ihr hervor. „Oder?“

Erneut grinste Scorpius. „Naja. Was die Zwei zuhause anstellen wenn ich nicht da bin, das kann schon mal potent sein. Ich würde es jedenfalls nicht ausschließen.“

Es gab keinen Zweifel daran wer 'die Zwei' waren.

Rose runzelte ihre kleine sommerbesprosste Nase und stieß ein Geräusch aus das ein klein wenig wie ein sehr lautes Schnarchen klang, dem ein lautes Stöhnen folgte.

Er gluckste. Wieso er plötzlich so guter Laune war, sollte ihn eigentlich irritieren. Sein bisheriger Tag war ziemlich anstrengend gewesen und schien außerdem kein Ende zu haben.

Aber diese kleine Unterredung mit der Schulsprecherin machte ihm einfach zu viel Spaß. Zumal er nichts zur Entstehung hatte beitragen müssen. Und das nach einer recht langen Periode des Schweigens aus ihrer Richtung.

„Ich meins Ernst. Ich hab hier lang dran gearbeitet. Eigentlich dachte ich gar nicht dass ich es überhaupt vorschlagen sollte, aber dann …“, sie brach ab und sah zu Boden.

Etwas ernster, aber immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen umrundete Scorpius seinen Schreibtisch und nahm Platz. Mit einer Entspannung die er den ganzen Tag nicht gefühlt hatte legte er die Füße auf der Platte ab und fixierte Rose mit einem Blick größer Konzentration.

„Du bist die Schulsprecherin, Rose. Wir sind ein Team. Was immer du für Gedanken hast, ich werde sie immer wissen wollen“, sagte er mit sanften Nachdruck in der Stimmer und einem warmen Gefühl in der Brust.

Die Worte schienen ihr Kraft zu geben, denn sie atmete einmal tief durch und begann dann zu sprechen.

„Ich weiß ich komm mit diesem Vorschlag zu spät. Wir haben bereits wertvolle Zeit verloren. Aber um ehrlich zu sein ...“, sie brach ab und kaute eine Weile auf ihrer Unterlippe herum. Scorpius wartete ungewohnt geduldig bis sie weiter sprach. Zum einen weil er gelernt hatte sie nicht zu drängen, zum anderen weil das Geknabbere auf dem rosafeuchten Stück Fleisch ihn ziemlich ablenkte. Ihre Brust hob sich erneut in einem tiefer Atmer. „Um ehrlich zu sein“, wiederholte sie, „-hab ich eine Weile gebraucht um mich einzufinden. Der Druck ist ganz schön hoch und du kannst ziemlich einschüchternd sein. Und ich – ich hab mich einfach nicht getraut.“

Sie sah ihn kurz an und begann dann ihren Zettel auseinander zu falten. Die ungewohnte Ehrlichkeit, so mutig und gleichzeitig so töricht für jemanden wie ihn traf ihn unerwartet und mit erstaunlicher Wucht. Aber ihm blieb keine Zeit es zu erkunden, denn sie sprach weiter.

„Ich weiß wir haben viel zu tun. Die UTZ Prüfungen, die Berufsvorbereitung, Hausaufgaben, die Vertrauensschüler auf einen Kurs bringen, die ganze Organisation, Quidditch.“ Letzteres hatte sie mit einer Geste auf ihn ausgesprochen.

„Aber dennoch finde ich, wir sollten etwas tun, was uns länger in Erinnerung hält als einfach nur mit einem Eintrag auf einer goldenen Wandtafel. Ich finde wir sollten unseren Fußabdruck auf dieser Schule hinterlassen. Etwas, das noch Jahre nach uns mit unseren Namen in Verbindung gebracht wird. Etwas, was uns mit mehr als nur einem Abschluss von der Schule gehen lässt.“

Scorpius betrachtete sie mit rasenden Gedanken. Ihre Worte brannten in seinem Magen. Was sie meinte verstand er so gut, dass er sich zwingen musste nicht aufzuspringen und sie zu schütteln. Bewusst ruhig fuhr er fort sie einfach nur schweigend anzusehen – abwartend. Was hatte sie für eine Idee. Was war ihr eingefallen was ihm nicht eingefallen war? Was hatte er übersehen? Er, der genau daran seit Monaten dachte, seit Jahren sogar. Ein Weg um seinen Namen rein zu waschen. Ein Weg die Schule stolz zu machen ihm – einem Malfoy – nach all den Skandalen eine zweite Chance gegeben zu haben. Eine Chance etwas Großes zu schaffen, etwas das in Erinnerung blieb.

Der Moment in dem sie ihn schweigend und beobachtend ansah kam ihm vor wie eine Ewigkeit. Eine Ewigkeit in dem er sein Blut in den Ohren rauschen hören konnte. Eine Ewigkeit in der er sie anstarrte und versuchte mit nichts weiter als seinem Willen zum weiter reden zu bringen/zwingen.
 

„Und du sollst erst einmal nur zu hören, weil ich denke dass du voreingenommen bist und nicht vernünftig darüber nach denken kannst“, bevor Scorpius sich empört äußern konnte, fuhr sie schnell fort. „Ich möchte einen Ball organisieren, Scorpius. Am Ende das Jahres, ein Fest nach den Prüfungen. Ich weiß was du jetzt denkst, aber hör dir an was ich dazu zu sagen habe-“, unterbrach sie ihn noch bevor er auch nur laut ausatmen konnte. Und so nickte er nur, mit mehr als nur ein bisschen weniger Anspannung, denn die war bei dem Wort 'Ball' schlagartig entwichen. Er konnte es kaum fassen dass ein Mädchen wie Weasley diesem Klischee Nahrung gab. Keine Woche verging, in der kein Ersuchen um genau so eine Veranstaltung in seinen Posteingang segelte. Enttäuscht schwieg er und ließ sich wieder tief in die Lehne seines Stuhls sinken. Fast hätte er gedacht Weasley hätte ihm tatsächlich die Lösung für sein Sehnen sich endgültig beweisen zu können geliefert. Es ärgerte ihn ein wenig dass er sich so leicht hatte ködern lassen. Fast schämte es ihn, dass er gehofft hatte, dass ihm nicht klar geworden war, dass sie kaum verstehen konnte, wie es ihm ging, worum es ihm ging.

Ein Ball.

Es war lächerlich.

„Ich weiß, es ist wahnsinnig viel Arbeit. Aber es ist ja nicht so dass wir alles allein machen müssten. Ich denke an ein Schulfest, an einen Schulball. Ein Abschiedsfest für die Schulabgänger und eine Feier für die hinter sich gebrachten Prüfungen. Ein letzter, großer Höhepunkt, etwas das die Leute auch während den Prüfungen aufrecht hält. Und wenn wir Komitees bilden und Gruppen, alles in die Hände der Schüler legen, mit jeweils einem Vertrauenswürdigen am Kopf, dann fällt uns am Ende nur die Aufsicht zu und das Absegnen. Alles wäre Aufgabe der Schüler. Vom Motto bis hin zu der Tischdekoration. Die Lehrer würden bestimmt helfen. Es wäre so viel praktische Übung dabei. Dabei kann so viel gelernt werden. Überleg nur wie viel Spaß alle hätten. Wie stark es die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt fördern würde. Es wäre alles jahrgangsübergreifend, häuserübergreifend. Vielleicht könnten auch Freunde und Verwandte eingeladen werden. Wie viel Gespräche entstehen würden, wie viel Kontakte geknüpft werden könnten. Sieh doch mal, wir könnten wichtige Vertreter aus dem Ministerium einladen und von anderen wichtigen Institutionen der magischen Welt, sogar aus dem Ausland“, sie unterbrach sich kurz, wohl weil sie nicht mehr genug Luft bekam – sie klang ein wenig atemlos. Scorpius beobachtete sich dabei wie er sich aufrechter hinsetzte. Vor allem bei ihren letzten Worte hatte es wieder begonnen heiß in ihm zu rauschen. Ein Bild hatte sich in seinem Kopf zu malen begonnen. Er, wie er neben dem rüstigen, aber immer noch eindrucksvollen Kingsley in eine festlich geschmückte glitzernde große Halle trat, alle Blicke auf ihn gerichtet, während er den Zaubereiminister auf dem ersten Sommerball der auf Hogwarts je ausgerichtet worden war willkommen hieß, einem Ball, dem er vorstand, der er organisiert hatte. Eine Premiere, ein Ball zu Ehren der UTZ Schüler, der Hogwartsabgänger, gemeinsam ausgerichtet von allen Schülern. Etwas, das es vor ihm nie gegeben hatte, er als Antreiber einer neuen Hogwartstradition. Für ewig würde man ihm gedenken. Ewig würden Schüler an ihn denken, wenn sie ihn jahrelang bedachten Umhängen und Kleidern über eine Tanzfläche schwebten, die weit in der Zukunft und dennoch so real schien.

Wieso war ihm das nicht eingefallen? Wieso hatte er das Potential nicht gesehen? Wieso brauchte es eine Hexe aus Gryffindor um ihm zu zeigen was er selbst längst hätte sehen sollen.

Abrupt stand er auf und begann hinter seinem Tisch auf und ab zu tigern. Fieberhaft überlegte er wie es anstellen konnte, dass am Ende vor allem er derjenige war, auf den der Ruhm fließen würde, ohne dass es Rose übel aufstoßen würde. Wie konnte er sie, die eigentlich die Idee gehabt hatte, die nicht so blind und dumm gewesen war wie er, aus dem Zentrum drängen? Sie brauchte diese Ehre nicht. Sie war immer ehrenhaft gewesen. Von Geburt an, sogar vor ihrer Geburt. Wenn Zauberer ihren Namen hörten fingen sie nicht an zu tuscheln, kehrten ihr nicht den Rücken zu, sondern taten alles um ihre Hand zu schütteln, um ein paar Floskeln mit ihr zu tauschen. Aber er, für ihn gab es nichts wichtigeres.

Wie aufgescheuchte Doxies flogen seine Gedanken und Scorpius tat sein bestes um einen klaren Kopf zu bewahren. Wie weit er davon entfernt war bemerkte er erst, als Rose' Gesicht wie durch einen dichten Nebel an den Rand seiner Wahrnehmung rutschte.

Sie sah ihn an als hätte er den Verstand verloren.

Er blieb stehen.

Ihre Blicke trafen sich.

Sofort begann sich der Wahn zu heben der ihn so plötzlich befallen hatte. Was für ein Idiot er doch war.

„Das … ich … ich denke das würde vielen gefallen“, begann er stockend. Immer noch mit recht zweifelhaftem Blick, nahm sie die Gelegenheit jedoch kommentarlos auf und sprach weiter.

„Es wird oft darüber gesprochen. Vor allem unter den Mädchen, das ist mir auch klar, aber uns muss einfach etwas einfallen es für die Jungen genauso interessant zu gestalten. Zu allen Details habe ich noch keine Lösung. Aber ich hoffe mit ein paar Köpfen mehr können wir da was Großes schaffen. Etwas Schönes und Wundervolles, das immer in Erinnerung bleibt. Und vielleicht setzen wir ja sogar den Grundstein für eine neue Tradition? Ich weiß es ist viel Arbeit und wir haben nicht mehr das ganze Jahr. Wir haben nicht mal eine Erlaubnis. Aber wir wäre es, wenn wir diese Sitzung darauf konzentrieren? Wir könnten abstimmen, anonym natürlich und dann weiter sehen. Denn ohne die Präfekte schaffen wir es nicht.“

Scorpius nickte steif. Immer noch geschockt über sich selbst und von seinen gierigen, schmierigen, unfairen Gedanken. Geschockt davon nie wirklich gewusst zu haben wie sehr er die typischen Eigenschaften eines doch verkörperte. Angeekelt von seinem tief verwurzelten Verlangen, das wie schwarzer Eiter abgekapselt in ihm hauste und die Macht hatte all sein Denken, seine Vernunft zu ertränken und empor zu taumeln sobald es frische Luft schnupperte.

Oh Merlin …

Wie durch eine Wand hörte er Rose weiter reden. Nur hier und da nahm er ihre Worte wirklich wahr. Die meiste Zeit wehten sie einfach an ihm vorüber wie eine frische Brise die er zwar erahnen, aber nicht wirklich spüren konnte.

„- schwärmen immer noch davon. Und das ist so lange her-“ , „-wie in Beauxbatons, nur eher wie-“
 

„Rose“, unterbrach er sie irgendwann in ihrem Fluss. Sofort stoppte sie. „Alles in Ordnung mit dir?“ Er nickte knapp.

„Schaffst du es allein die Sitzung zu starten? Ich muss …“ ohne zu sagen was er musste und auch ohne es genau zu wissen war er schon beinahe zur Tür hinaus, als sie ihn aufhielt.

„Wohin gehst du? Kommst du wieder?“

Ohne sich zu ihr um zudrehen nickte er. „Ja, ich … ich muss nur kurz an die frische Luft. Ich … ich hab nicht viel geschlafen. Ich beeil mich. Fang einfach schon an allen Vertrauensschülern davon zu erzählen und beginnt mit der Abstimmung. Ich komm dann wieder dazu.“

Was sie dazu zu sagen hatte, ob sie seinen plötzlichen Abgang seltsam fand, ob es sie ärgerte, oder ob sie gar nicht mit bekam dass er sich mal wieder wie ein erbärmlicher Mistkäfer benahm, bekam er nicht mehr mit. Er war in den Gang hinaus gelaufen, noch bevor sie etwas sagen konnte.
 

Hallo hallo ihr tollen aller tollsten Leser. Nachdem ich mich mit diesem Kapitel ziemlich schwer getan habe, wird es nun endlich hoch geladen. Bitte verzeiht mir kleine und auch größere Flüchtigkeitsfehler. Ich hab Kopfweh und absolut keine Lust mehr das Kapitel auch nur noch ein einziges Mal zu lesen. Je länger ich drauf schau, desto plumper wirken die Formulierungen und alles fühlt sich an wie Verschwendung von virtuellem Papier. Zuguter letzt möchte ich aber einfach nur dass die Story endlich voran schreitet, irgendwann soll ja dann auch mal das Schuljahr beendet sein und es soll sich was tun zwischen den Beiden. Ihr könnte euch nicht vorstellen wie die Zwei sich zieren. Ich hab noch nie mit zwei Charakteren zu tun gehabt, die derart viel Tiefe ausdrücken wollen. Es geht mir schon fast selbst auf die Nerven. Eigentlich dachte ich sie lassen sich lustig und hübsch schreiben.

Naja =). Ich tue mein Bestes.

Sagt Bescheid wir ihr es empfunden habt. Verbesserungsforschläge? Formulierungsklogriffe? Ich schätze eure Meinung sehr! Viele, viele Küsse und Grüße. Eure Scip, die jetzt schlafen geht *schnarch*



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Kommentare zu dieser Fanfic (36)
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Von:  Taze92
2015-06-22T23:05:02+00:00 23.06.2015 01:05
Tut mir leid, dass ich erst so spät Kommentiere XD
Ich schließe mich den vorherigen Kommentatoren an, es sind Flüchtigkeitsfehler drin aber es ist jetzt nicht schlecht oder wie du sagtest "Verschwendung von virtuellem Papier", es ist vielleicht nicht dein bestes Kapitel in der Story aber das macht nichts =D
Ich freue mich schon darauf wie es weiter geht und bin gespannt, ob Scorpy es schafft seinen inneren Schweinehund zu zügeln und ob jetzt bald ein bisschen mehr Interaktion kommt =D
LG, Tazi
Von:  Ryucama
2014-07-27T00:46:03+00:00 27.07.2014 02:46
Haha, was denn, ist doch ein sehr schönes Kapitel geworden!
Allerdings würde ich dir empfehlen, wenn sich der erste Durchhänger wieder gelegt hat, das Ganze doch nochmal durchzulesen, mir sind einige Tippfehler, Flüchtigkeitsfehler, einige Satzzeichenproblemchen und Auslassungen aufgefallen.
Sowas geregelt... fällt mir jetzt noch auf, dass es Rose gut steht, wenn sie mal aus sich rausgeht. Wie sie es eben getan hat, das kommt gut rüber. Scorpius und sein innerer Konflikt oder wie auch immer man das nennen mag, fand ich fast noch besser. Ich mag es, wenn man was über das Innenleben der Charaktere erfährt.
Mein einziger Kritikpunkt ist der Beginn des Kapitels, der ein wenig rasch voranschreitet, während du das Tempo später im Verlauf der Erzählung drosselst. Das kommt der Story besser entgegen, du hast einen schönen Stil. Lass deinen Charakteren Zeit, ihre Handlungen durchzuführen. :)

Und sonst... mach einfach weiter so. Ich bin schon gespannt, wie es weitergeht!
Von:  blechdosenfee
2014-07-20T09:08:12+00:00 20.07.2014 11:08
Hallo, hallo, du tolle, tolle Scippu,
erstmal zu deinem eigenen Kommentar, das du so wunderbar an dieses Kapitel angehängt hast. Natürlich mag es sehr schwierig sein, zwei Charaktere auf längere Zeit so intensiv zu beleuchten und ihre gesamte Tiefe an die Oberfläche zu heben, dass dich früher oder später der innere Schweinehund einfach packen musste - aber was wäre die Story ohne dieses Graben nach dem tiefsten Empfindungen und Gefühlen. Es ist doch gerade das, was die Geschichte ausmacht. Sicherlich hättest du die Kapitel knapper und weniger ausschweifend formulieren können, aber das ist nun mal dein Stil. Ich gebe es zu, hin und wieder musste ich einige Sätze mehr als einmal lesen, um die Verschachtelung zu Entschachteln, aber wenn ich es dann geschafft habe, stahl sich ein breites Grinsen auf mein Gesicht, weil ich es so toll finde, wie du auf jede Pore von Rose und Scorpius eingehst und sie so lebendig - natürlich - machst; mitten in der Welt von Zauberei und Magie. :) Und außerdem ist es schön, wie die beiden sich zieren. Muss ja nicht immer alles husch, husch gehen. Game of Thrones sollte nach der Meinung vom Autor auch mit drei Bänden beendet sein, aber es kamen ihm zu viele Charaktere dazwischen - tja, und dir fiel ein Spektrum von unglaublicher Charakterbeschreibung zweier Persönlichkeiten in den Schoss, die nun mal nach Luft und Raum für ihre Entfaltung geschrieen haben. Man stelle sich Scorpius und Rose in einer engen Schachtel vor, glaubst du, du wärst mit diesem oberflächlichem Stil klar gekommen? Wo doch schon der Hauch einer tieferen Persönlichkeit den Rahmen des Gefäßes gesprengt hätten und dann noch Als analytisches Wesen und Lilys unglaubliche Präsenz, die allein durch ihren Vater ungeahnte Ausmaße annimmt und von ihrer Mutter und den Brüdern nur noch komplementiert wird.
Plump? Das Kapitel war alles andere als plump. Ich musste sogar nachrecherchieren was ein Sternum ist. Und sowas nennst du Plump? Tu dir die 0815-Geschichten an, die es unspektakulärer Weise zu Tausenden (wenn nicht sogar noch mehr) im Internet gibt - dann weißt du was Plump ist. Für mich sind deine Kapitel ein Augenschmaus, Futter für mein Gehirn. Wie ich einen Abschnitt weiter oben meines Kommentars erwähnte, verwendest du neben deiner Erzählform auch einen Schreibstil, der mich dazu bringt jedes Wort und jeden Satz gewissenhaft zu lesen. Sobald ich einen Satz ungewollt überspringe, hab ich das verdammte Gefühl etwas zu verpassen.
Verschwendung von virtuellem Papier! Sag das nicht so laut, sonst kommt irgendeiner noch auf die Idee und verlangt Steuer für jeden pixeligen Buchstaben, den wir verfassen und online stellen - aber ich glaub, wenn es soweit mit der Welt ist, tragen wir schon alle einen Zähler um den Hals der die Anzahl an Atemzügen, die jeder mehr oder weniger unbewusst tätigt, erfasst und am Ende des Jahres dem Atem-Behörden zusendet, damit diese eine Rechnung erstellen können, die wir online mit pixeligen Buchstaben vorgesetzt bekommen. Sorry, bin vom Thema abgerutscht

Nun aber zu deiner Bitte sich über deine Fähigkeiten als Autorin herzumachen. Vielleicht bin ich die Einzige, die im folgenden Abschnitt noch etwas erwartet hat oder nicht so richtig mit der Satzstellung klar gekommen ist. Hier der besagt Abschnitt:
Immer noch geschockt über sich selbst und von seinen gierigen, schmierigen, unfairen Gedanken. - Irgendwie erwarte ich hier noch was, wie ein "musste er sich setzen" etc. aber es kommt nichts. Der Satz ist zu Ende und es geht geschockt weiter.
Geschockt davon nie wirklich gewusst zu haben wie sehr er die typischen Eigenschaften eines doch verkörperte. "eines" - wenn meinst du?
Angeekelt von seinem tief verwurzelten Verlangen, das wie schwarzer Eiter abgekapselt in ihm hauste und die Macht hatte all sein Denken, seine Vernunft zu ertränken und empor zu taumeln sobald es frische Luft schnupperte. - für mich ist der Satz hier aber noch nicht zu Ende, zumindest für mein Empfinden. Irgendwie erwarte ich hier, dass er was tut, weil er so angeekelt ist. Vielleicht ist es nicht der einzige Abschnitt, aber mir ist es hier besonders aufgefallen. Ansonsten, die kleinen Flüchtigkeitsfehler seien dir verziehen und die Unterschlag jetzt einfach mal. :P

Ich freue schon jetzt auf das nächste Kapitel und entschuldige mich, dass ich nicht gleich meiner Pflichten nachgekommen bin und mein Kommentar hinterlassen hab und erwarte neben dem neuen Kapitel auch eine ENS-Benachrichtigung. :D

Liebe Grüße,
hokkyoku_gitsune


Von:  SaMa2
2014-04-23T15:51:06+00:00 23.04.2014 17:51
Super story, besonders die charakter von rose und scorpius gefallen mir, da sie nicht so sind wie sie sonst immer dargestellt sind.
Von:  Emmett-the-Cullen
2014-04-13T21:02:32+00:00 13.04.2014 23:02
oh maaaaaan^^ das mit den beiden ist die übelste achterbahnfahrt! aber ich liebe es. einfach genial. und endlich ist klar, warum sie so komisch drauf war. gut, dass er es ihr ausgeredet hat!!!

und ich wünsche ihm jetzt schon mal viel vergnügen beim wiederholten abtragen der mauer!

wenn ein neues kap on ist, kannst du mir da bitte eine ens schicken??

glg metti
Von:  Emmett-the-Cullen
2014-04-13T20:26:52+00:00 13.04.2014 22:26
^________^ endlich hat er mal wieder bissl Oberwasser!!
und ich finde seinen vorsatz sehr lobenswert, allerdings habe ich angst, dass er am ende über die stränge schlägt... ^^ aber er wird das schon irgendwie machen!!

ich mochte ihre Reaktionen. alle. und auch ich frage mich, was fred meinte... soll sie evtl sucher werden??
Von:  Emmett-the-Cullen
2014-04-13T19:54:29+00:00 13.04.2014 21:54
ich finds unglaublich, wie du deine charas immer mehr ausarbeitest. da denkt man, man hat sie so in etwa begriffen und dann ZACK! kommst du mit dem nächsten kap und man kann wieder von vorn anfangen, sich zu sortieren.

ein sehr schönes kap. ich frage mich nur, wo rose ihre geduld herhat. ICH hab nämlich meinen PC angeschrieben, als scorp so unglaublich ... "charmant" war... ich hätte wohl eher so reagiert, wie er es erwartet hat...

und ich finde es unglaublich, wie gut rose in ihm lesen kann!! ach ja, und ich bin gespannt, wann sie ihre glocke neutral betrachten will^^
Von:  Emmett-the-Cullen
2014-04-13T19:21:57+00:00 13.04.2014 21:21
ich glaube, das großere Problem hat wirklich scorpius, oder? scheint mir ein kleiner kontrollfreak zu sein... da bin ich mal gespannt, wie sich die Sache entwickelt, denn ich fand das kap jetzt nicht unbedingt langweilig!!!

das Portrait zu roses zimmer find ich super. ich hoffe, mit dem hat sie noch mehrere Begegnungen, von denen du uns dann berichten kannst

glg metti
Von:  Emmett-the-Cullen
2014-04-13T18:49:49+00:00 13.04.2014 20:49
der absolute Wahnsinn!!! ich... das .... also... wow...
ich finde es genial, wie unterschiedlich und doch irgendwie ähnlich deine charas sind. also scorp und rose jetzt. und ich LIEBE es, wie al seinem besten freund parriert. und lily ist auch toll! so.... fidel^^

ich bin so gespannt, wie und ob sie ihn mehr als einmal zur weißglut treiben kann.
Von:  Emmett-the-Cullen
2014-04-13T17:47:09+00:00 13.04.2014 19:47
Ich hab grad über einer langen und komplizierten HA gesessen und mir gesagt, dass dieses Kap meine Belohnung für die Erledigung ist. Und ich wurde riiiichtig super belohnt. ich hab so lachen müssen, als Hugo in seiner pubertären Art und Weise beschrieben wurde. und dann die Vorstellung, dass Senior Malfoy von Katzen umgeben ist. ich hab vor lachen meinen PC angeprustet... =.= *Bildschirm saubermach*

richtig genial geschrieben. ich hops sofort zum nächsten kap! <3

glg metti


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