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Ein philosophisch-moralisches Paradoxon

oder wieviele Züge braucht man, um Seto Kaibas Herz zu gewinnen?
von

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Einsperrung einer Figur

... oder man verbraucht doppelt soviel Energie, wenn man vorbei schlägt, als wenn man trifft!
 

Er sitzt wie immer kerzengerade auf seinem Stuhl, den Blick auf seinen Laptop gerichtet und die schlanken Finger rasen über die Tastatur als wäre der Teufel hinter ihnen her. Er strahlt absolute Ruhe aus, ist hochkonzentriert und einmal mehr gleicht er einem präzise funktionierenden Computersystem, dass keine Fehler zulässt. Seine Züge zeigen nicht die geringste Regung. An seiner Miene ist weder abzulesen ob die Arbeit ihn langweilt, anstrengt oder ihm auch nur gleichgültig ist. Nichts in seinem Gesicht lässt auf irgendein Gefühl schließen und man könnte tatsächlich glauben, dass er ein perfekt gebauter Roboter ist. Schließlich ist alles an seiner Erscheinung perfekt. Ein Haar liegt wie das andere, keine einzige Falte zeichnet sich auf seiner Schuluniform ab. Makellos ist er, ja... und leblos wirkt er.
 

Unwillkürlich verspüre ich einen Stich und blicke unruhig auf die Uhr auf dem Flur. Noch fünfzehn Minuten Pause. Dann wird es läuten und die Schüler werden wieder ins Klassenzimmer stürzen. Das Geräusch, dass seine Finger mit der Tastatur machen, wird übertönt werden von unruhigem Gerede, Gelächter und Gekicher und schließlich wird unser Lehrer erscheinen und den Unterricht beginnen.
 

Fünfzehn Minuten Zeit habe ich also.
 

Unruhig trete ich von einem Bein auf das andere und kaue auf meiner Unterlippe.
 

Soll ich es wirklich wagen?
 

Gestern Abend war ich noch fest entschlossen. Ja, ich habe die Szene in Gedanken mindestens zwanzig Mal durchgespielt und versucht jedes Details zu bedenken. Ich habe den Zeitpunkt gewählt und mir meine Worte zurecht gelegt, aber augenblicklich habe ich das Gefühl, dass mein Kopf leer ist und meine gut aufgebaute Strategie für die erste Phase meines Plans gerade den Bach runter geht.
 

Vierzehn Minuten.
 

Ich schlucke.
 

Jetzt oder nie, Joseph Jay Wheeler!
 

Meine Beine sind weich wie Pudding, aber irgendwie schaffe ich es tatsächlich das Klassenzimmer zu betreten. Meine Hand zittert als ich die Tür hinter mir schließe und erst das leise Knacken lässt ihn aufblicken. Für einen Moment sieht er mich erstaunt an, zumindest habe ich das Gefühl, dass sich seine Augen etwas weiten. Dann senkt er wieder den Blick und wendet sich seinem Laptop zu. Mit unsicherer Schritten trete ich langsam auf sein Pult zu und bleibe kurz davor stehen. Wieder hämmert er auf die Tastatur ein und ich frage mich ernsthaft einen Augenblick lang, wieviele Anschläge pro Minute er wohl schaffen mag.
 

Ich atem tief durch und er blickt langsam zu mir auf. Seine Miene ist nach wie vor regungslos und einen kurzen Moment sehen wir uns nur an. Es ist ein seltsames Gefühl in diese Augen zu sehen. Sie sind ausdruckslos und gleichgültig und der Blick, der nun auf mir ruht, ist kalt, eiskalt. Ich spüre wie mir ein Schauder über den Rücken läuft. Ich sehe ihm deutlich an, dass er überlegt. Er analysiert die Situation. Blitzartig natürlich. Ich schätze, mein Erscheinen irritiert ihn ein klein wenig, vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein. Im Grunde müsste es ihn irritieren, dass diese Handlung entspricht nicht unbedingt dem normalen Ablauf. Für gewöhnlich bin ich der Letzte, der in den Raum zurückkommt, weil ich stets die Pause so lange wie möglich auskoste.
 

Doch heute nicht. Heute habe ich andere Pläne.
 

Falls es ihn irritiert, nun dann vermag er es geschickt zu verbergen, aber ich habe auch nichts anderes von ihm erwartet. Er ist ein Meister der Verstellung. Ich kenne niemanden sonst, der seine Emotionen so geschickt zu verbergen vermag wie er. Er zuckt nicht einmal mit der Wimper, aber ich weiß, nein, ich stelle es mir vor, dass es in seinem Kopf zu rattern begonnen hat. Wahrscheinlich durchzucken zwei Fragen sein Gehirn.
 

Was will Wheeler hier? Warum wirkt der Köter so anders als sonst?
 

Ich weiß, dass ihm keineswegs entgeht, dass ich mich augenblicklich anders benehme als sonst. Mein Erscheinen, mein Auftreten, das Schweigen - all das weicht von der üblichen Joey-Wheeler-Norm ab. Und die hat er ganz sicher irgendwo in seinem Kopf gespeichert. Er speichert jede Kleinigkeit. Weil sie irgendwann von Nutzen sein könnte. So tickt er. Das habe ich wiederum analysiert. Ich muss mich bemühen ein Grinsen zu unterdrücken, denn das würde meinen Plan zunichte machen. Die Worte, die ich ihm sagen will, die ich mir genau zurecht gelegt habe, liegen mir bereits auf der Zunge, aber ich presse die Lippen aufeinander, denn er muss den Anfang machen. Er muss das Schweigen brechen. Das ist ein Teil meiner Strategie. Und ich weiß, dass es ihm keineswegs behagt, den Anfang zu machen. Doch dieses Schweigen, die Stille, die nun nicht mehr vom Hämmern seiner Finger auf der Tastatur beherrscht wird, ist für ihn genauso unerträglich wie für mich. Weil für gewöhnlich Stille das Letzte ist, was zwischen uns herrscht.
 

Eine Ewigkeit scheint zu vergehen, in der wir uns nur ansehen und in gewisser Weise bereits ein stummes Duell führen. Ich hoffe insgeheim, dass die Zeit nicht gegen mich arbeiten wird, denn je länger dieses Schweigen andauert, umso größer ist die Gefahr, dass die Pause endet und wir gestört werden. Ich schicke ein Stoßgebet gen Himmel, dass er sich endlich überwindet und das Wort an mich richtet. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich hoffe, dass man es mir nicht ansieht.
 

Und der Herr scheint mich tatsächlich zu erhören. Oder irgendjemand anderes im Himmel.
 

Für einen Moment senkt er die Lider und unterbricht damit den Blickkontakt. Die Züge sind immer noch ausdruckslos, kalt und abweisend, aber das kümmert mich nicht. Ich habe nichts anderes erwartet. So ist er immer und so kenne ich ihn. Das ist vertrautes Gelände. Es macht mir keine Angst mehr. Es beunruhigt mich nicht einmal. Denn inzwischen weiß ich, dass es nur eine Maske ist. Selbstschutz. Selbstverleugnung. Furcht. Von allem ein wenig und noch etwas anderes. Ja, das weiß ich inzwischen. Und diese Erkenntnis macht alles was ich bislang über ihn dachte hinfällig. Nicht, dass er mir je einen Blick hinter die Masken gestattet hätte, oh nein, er würde sie nie sinken lassen. Er tut es nicht einmal wirklich bei seinem Bruder. Bei Mokuba nimmt er ein Paar davon ab, doch er trägt so viele... Ich frage mich, ob er sie abnimmt, wenn er abends in sein Bett steigt, ob sein wahres Ich ihm morgens im Spiegel entgegen blickt. Vielleicht nimmt er sie auch nie ab, weil es zu einer Gewohnheit geworden ist, sie zu tragen. Reine Routine.
 

"Was willst du, Wheeler?" unterbricht er schließlich das Schweigen und ich atme innerlich auf. Na, endlich. Die erste Hürde wäre somit genommen.
 

Ich sehe ihm weiterhin stur in die Augen und bemühe mich, meine Züge genauso steinern und ausdruckslos bleiben zu lassen, wie seine stets sind. Ein Kraftakt, wenn man es nicht gewohnt ist, aber ich schaffe es tatsächlich.
 

Ich lasse einige Sekunden, nein, ein, zwei Minuten verstreichen. Eine dramatische Pause, in der ich die Sekunden mitzähle und hoffe, dass er sie nicht durch eine harsche Bemerkung unterbricht. Noch neun Sekunden, dann kann ich etwas erwidern. Er blickt mich ungerührt an und wartet. Aber ich weiß, es ist nur eine Frage der Zeit bis sein Geduldsfaden reißt und er die Augen verdreht und entweder genervt seufzt oder stöhnt. Mein Herz schlägt noch immer viel zu schnell. Herr, lass ihn so lange die Klappe halte bis der richtige Moment gekommen ist! Ich flehe innerlich, äußerlich stehe ich ruhig und kontrolliert vor ihm und ich kann spüren, dass es ihn irritiert. Es muss seltsam für ihn sein, wenn er sich mit seinen eigenen Waffen konfrontiert sieht.
 

"Das Glück liegt demjenigen zu Füßen, der nicht auf ihm herumtrampelt." sage ich schließlich klar und deutlich und mit einer unerschütterlichen Ruhe, die ich keineswegs in dem Moment verspüre.
 

Ich sehe, dass Erstaunen in seinen Augen aufblitzt. Ungläubigkeit und Verwunderung. Es lässt sich nicht verbergen, denn meine Äußerung trifft ihn vollkommen unvorbereitet. Gleichgültig zu welchem Schluss er bei seiner Analyse dieser Situation gekommen ist, ich bin sicher, dass er keineswegs mit solch einer Äußerung meinerseits gerechnet hat. Und ich... ich verspüre Erleichterung. Keine Genugtum, weil ich mir klar darüber bin, dass ich ihn ein klein wenig aus der Fassung gebracht habe und die Berechnungen seines Verstandes gerade irritiert. Ich bin schlicht und ergreifend erleichtert, weil ich die erste Phase erfolgreich hinter mich gebracht habe. Und mein Timing war perfekt. Denn kaum habe ich die Worte gesagt, die ich mir reiflich überlegt habe und heute Morgen noch ein paar Mal laut vor mich hin gemurmelt habe, ertönt die Schulglocke. Ich lasse noch fünf Sekunden verstreichen, dann wende ich mich von ihm ab und begebe mich zu meinem Platz. Ich achte nicht auf seine Reaktion. Ich konzentriere mich nur auf mich und darauf mich an mein Pult zu setzen, meine Bücher vor mir abzulegen und nach vorne zu blicken. Ich bin sicher, dass sein Blick mir verwundert gefolgt ist, doch ich vergewissere mich nicht. Wenn ich jetzt zu ihm rüber blicke, dann geht ein Teil der Wirkung flöten, das weiß ich. Deshalb starre ich ruhig auf die Tafel und hoffe, dass sich unser Klassenraum schnell füllen wird.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  jyorie
2013-04-07T08:02:11+00:00 07.04.2013 10:02
Hey ^_^

Klingt spannend :) ich frage mich, welchen plan Joey mit dieser Aussage verfolgt :)

CuCu Jyorie

Von:  Shimizu-chan
2010-10-13T20:48:41+00:00 13.10.2010 22:48
wieder eine neue ff von dir
du bist aber echt schnell mit schreiben :D
es hört sich schon ma interessant an was du da so schreibst :]
bin ma gespannt wie dir geschichte weiter läuft und was für n plan joey hat ^-^


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