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Deepening Friendships

Auf einem Ausflug der jungen Pros bilden und vertiefen sich Freundschaften [HikaAki]
von

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Go ist wie Sport

Angelockt von der plötzlichen Stille kam Waya wieder heraus und suchte den Garten überrascht ab. "Ist die Prinzessin müde von ihrem eigenen Geschrei oder hast du ihm den Kopf eingeschlagen?"

Touya lächelte müde. "Shindo brauchte etwas frische Luft und ist in die Innenstadt vorgegangen. Vielleicht sollten wir uns auch auf den Weg dorthin machen?" Zur Hölle, dachte Touya grimmig. Ihm war es egal, ob Shindo allein sein wollte. Er würde sich so oft entschuldigen wie nötig, denn er wollte keinen Groll herausfordern, der die ganze Woche andauern würde. Vor allem nicht mit dem einzigen Spieler, wegen dem sich das Kommen gelohnt hatte. Er würde sich entschuldigen bis Shindo annahm und wieder bereit war, weiter mit ihm oder gegen ihn zu spielen. Punkt.

Waya verwunderte Touyas grimmiges Gesicht. Unauffällig winkte er die anderen wieder nach draußen, während er den Jungen musterte. Es war wirklich schrecklich mit diesen beiden, nach fast jeder Partie rissen sie sich gegenseitig regelrecht die Haare aus. Leben und leben lassen, dachte er sich. Es verwunderte ihn auch, denn nach seinen Partien mit Touya war dieser immer absolut sachlich geblieben.

Nunja, er hatte von Waya auch keine Kritik entgegengeschleudert bekommen, daran mochte es wohl liegen. Aber er wirkte auch nicht so, als würde er bei jeder kleinen Bemerkung aufspringen und losbrüllen. Bei Shindo allerdings schien auch bei ihm regelmäßig eine Sicherung durchzuknallen. Wo sie während ihren Partien angespannt und fast freudig erregt wirkten, hörte jede Faszination bei ihrer Diskussion auf, wo sie sich keine Eingeständnisse machten.

Waya nahm an, dass sie nicht wahrnahmen, wie sie selbst und ihr Gegenüber aussahen, während sie miteinander spielten. Shindo zum Beispiel spannte Muskeln an, von denen er selbst vermutlich nicht einmal wusste, dass es sie gab. Oft biss er die Zähne hart aufeinander und ließ wieder locker und gelegentlich zuckten seine Wangen. Touya dagegen zog meist die Augenbrauen tief zusammen und verkrampfte die Hände. Es war höchst interessant, musste Waya zugeben.

Während Nase sich umziehen war räumten die Jungs das Goban wieder nach drinnen und schoben die Bretter sorgsam an den Rand des Raumes, wo sie auch zuvor gestanden hatten. Schließlich warteten sie am Ende der Treppe auf die junge Frau, die nach einigen Minuten in einen cremefarbenen Yukata gekleidet herunterkam. Sie bekam viele charmante Komplimente und hakte sich dann bei Waya unter, der ihr den Arm angeboten hatte.

"Wir haben hier etwa ein Dutzend leichte Baumwollyukatas, falls ihr euch auch umziehen wollt", bot Touya an, doch die Jungs fanden, dass sie auf Nase schon lange genug gewartet hatten und jetzt lieber gehen wollten. So verließen die fünf in einer breiten Reihe das Haus und schlenderten die Straßen hinab.

In den Gassen waren zahlreiche kleine Stände aufgebaut, anscheinend ein lokales Fest. Systematisch lenkte Touya sie durch die wenigen großen Straßen der Stadt, nach zwanzig Minuten wurden sie schließlich fündig. Hikaru stand an einem Straßenstand, an dem man kleine Goldfische aus einer Wanne fischen konnte.

"Shindo!!" rief Waya. Hikaru blickte langsam auf und sah sie auf sich zukommen. Er ließ den Kescher sinken und wartete auf sie. Sein Blick war dumpf und Touya hatte so eine Ahnung, dass der Junge etwas geweint hatte. Super, da meldete sich auch schon wieder sein schlechtes Gewissen. Als sie ihn erreichten, wandten sich Waya und Le Ping an den Stand und versuchten ebenfalls ihr Glück. Touya legte Hikaru die Hand auf den Rücken und schaute ihn ehrlich betreten an.

"Tut mir wirklich leid", murmelte er leise. Hikaru konnte nicht umhin, die Hand auf seinem Rücken beruhigend zu finden, obwohl Berührungen von Touya irgendwie... seltsam waren. Auch die Reue des anderen berührte ihn und er lächelte ihn matt an.

Touya hoffte, dass ihm damit schon vergeben war. Die Chancen standen gut. Bei Shindos niedergeschlagenem Gesichtsausdruck allerdings konnte er sich darüber kaum freuen. Er ging kurz zu einem weiteren Stand und kehrte dann mit zwei Waffeln voll Eis zurück. Eins reichte er Shindo, dieser musste etwas kichern. Das war ja ganz untypisch für Touya. Er dankte ihm leise und begann dann, das Eis in großen Hapsen zu verschlingen.

"Hey, und wir?" fragte Waya, als er sich vom Stand abwandte und die beiden mit ihrem Eis sah.

Touya zuckte entschuldigend mit den Schultern und erwiderte: "Ich hatte was gutzumachen." Hikaru war mittlerweile fertig mit seinem Eis, es hatte kaum zwei Minuten gedauert. Hungrig schaute er nun auf Touyas. Dieser verdrehte die Augen und hielt es ihm hin. Er biss von den Kugeln ab und verzog dann den Mund. "Aua aua, kalte Zähne."

"Man beißt doch auch nicht ab von Eis. Kein Wunder, Shindo." Touya schüttelte den Kopf und nahm das Eis wieder an sich.

"Amnnh" war alles, was Hikaru erwidern konnte. Trotz kurzweiliger Schmerzen waren seine negativen Gefühle fast verschwunden. Er wollte nicht kindisch sein und den anderen die Feiertage vermiesen. Noch dazu hatte Touya sich so ernsthaft entschuldigt, dass man ihm eigentlich nicht mehr sauer sein konnte. Touya stellte sich zu den anderen und sah ihnen beim Fischen zu. Am Ende hielten Le Ping und Nase jeder einen Beutel mit einigen kleinen Goldfischen in den Händen.

"Wohin sollen wir die-"

"Ihr könnt sie nachher in unseren Teich werfen, wenn ihr mögt", bot Touya an. Zusammen gingen sie schließlich weiter an den kleinen Läden und Ständen vorbei. Le Ping sprang fröhlich vor ihnen her und zog abwechselnd Isumi und Waya zu den schmucklosen Schaufenstern. Sie fanden einen Go-Laden und gingen geschlossen hinein. Hikaru und Touya sahen sich einige Goban an, die damit beworben wurden, dass Touya Meijin schon die gleichen hier gekauft hatte.

"Das Doppel vorhin hat wirklich Spaß gemacht", meinte Touya, während er über das Kaya-Brett vor sich strich. Er verfolgte gedankenverloren die Maserung. "Wir sind stark zu zweit."

Hikaru grinste schief. "Unerwarteterweise."

"So würde ich das nicht sagen. Wir haben oft gegeneinander gespielt und kennen die Züge des anderen, seine Gedankengänge und Strategien. Warum sollten wir da nicht auch gut kooperieren können?" Hikaru zuckte die Schultern und erwiderte nichts. "Mich wundert es ehrlich gesagt, dass du gegen andere so ungestüm spielst und ganz bewusst Kämpfe herausforderst, während du gegen mich meist verteidigst und abwartest."

"Das ist doch klar. Ich passe mich meinem Gegner an, Touya. Wenn mein Gegenüber eine Schwäche zeigt, nutze ich das aus. Du zeigst eben selten Schwächen, also muss ich verteidigen und mein Territorium klar abgrenzen. Ich teste meinen Gegner und justiere meine Taktik auf dem Weg zur Hand Gottes. Dann werde ich immer gewinnen." Er lächelte verträumt.

"Es geht doch nicht darum, jedes Spiel zu gewinnen, sondern eher darum, auf jeden Zug den perfekten Zug zu erwidern. Man kann einfach nicht jedes Spiel gewinnen."

"Und was ist, wenn wir beide die göttliche Spielweise erlangen? Auf ewig unentschieden?"

"Wohl nicht... Aber wahrscheinlich weniger Diskussion, denn dann gäbe es keine besseren Züge als die, die wir gelegt haben."

"Puh, das ist mir zu hoch", grinste Hikaru. "Darüber können wir uns Gedanken machen, wenn es soweit ist."

Touya lächelte entspannt. Hikaru ging hinüber zu den Fächern. Seinen hatte er zu Hause vergessen und vermisste das Gefühl der Sicherheit, das er dadurch bekam. Als würde Sai noch immer bei ihm sein, wenn er etwas hatte, das ihn an den Geist erinnerte. Er nahm einen weißen Fächer mit hellem Holzeinsatz ohne Bemalung. Nase schaute ihm über die Schulter und meinte: "Schlicht, aber schön. Wo hast du deinen anderen?"

"Vergessen. Meinst du, der hier passt zu mir?"

"Sehr gut sogar."

"Ich glaube, ich nehme ihn."

Auch Touya trat hinzu und sah sich einige der Stücke an. "Ich weiß nicht, was an Fächern so toll sein soll. Nichts gegen deine Vorliebe, Shindo. Mich würde es ablenken, etwas anderes als Go-Steine in der Hand zu halten."

"Mir gibt es Sicherheit", erwiderte Hikaru. Nase suchte durch die anderen Fächer, bis sie einen hellblauen, mit Vogelornamenten verzierten Fächer entdeckte. "Ich glaube, ich versuche auch einmal, ob es mich beruhigt."

Sie bezahlten die Fächer und setzten dann ihren Spaziergang durch die Stadt fort. Touya zeigte ihnen den Eingang zu den Quellen, die sie am nächsten Tag besuchen wollten, wenn Yashiro auch da war. Sie gingen nicht zum See und so war der Stadtrundgang auch schon beendet. Touya hatte Recht gehabt, viel zu sehen gab es in Itou wirklich nicht. So schlugen sie also wieder den Weg zur Touya Residenz ein.

Dort angekommen jammerte Hikaru über Hunger und er begann, gemeinsam mit Nase das Essen zu planen. Sie entschieden sich für gebratenen Fisch, da sie dafür alle Zutaten im Haus hatten. Auch für Reis war gesorgt, nur Miso wollte Hikaru gern haben, welche sie natürlich nicht im Haus hatten.

"Ich geh nochmal los", rief er ins Go-Zimmer, wo sich die anderen wieder versammelt hatten.

"WARTE, SHINDO!!" Le Ping kam aus dem Zimmer gerannt, Isumi hinter sich her ziehend. Der Ältere schüttelte leicht genervt den Kopf. "Klein Waya will nochmal Gassi gehen."

"Wir kommen mit!" rief Le Ping und war schon aus der Tür. Isumi lächelte liebevoll und meinte dann zu Hikaru: "Früher war er auch beim Go so – überall, an jeder Stelle auf einmal, manchmal konfus hin und her springend." Hikaru lächelte ihn an. Isumi und der junge Chinese wirkten so eng wie Brüder.

Le Ping überredete sie zu einem kleinen Umweg, der sie an fremden Gärten vorbeiführte, in denen ebenfalls die Kirschbäume in voller Blüte standen. Sie entdeckten auch einen Park, in dem gerade eines der Kirschblütenfeste gefeiert wurde. Nach zwanzig Minuten erreichten sie den Konbini. Während Isumi sich nach Miso umsah, liefen Hikaru und Le Ping zu den Süßigkeiten. Sie standen nebeneinander und durchsuchten die Regale, als der Chinese irgendwann innehielt und Hikaru mit großen Augen ansah.

"Was ist los, Le Ping?"

"Warum streitest du immer mit Touya Akira? Ihr könnt euch doch gut leiden, und trotzdem schreit ihr immer rum."

Hikaru grinste verschmitzt und wuschelte dem Kleinen durch die Haare. "Es ist sehr nett, dass du dir Sorgen machst. Unbegründet, denn wir streiten uns nur, weil wir den anderen respektieren, aber gleichzeitig unsere eigene Meinung vertreten wollen."

Isumi trat hinzu und ergänzte: "Es besteht also ein innerer Konflikt, der zu einem äußeren führt, da sich keiner vor dem anderen eine Schwäche eingestehen will."

Hikaru verdrehte die Augen. "Das ist mir jetzt zu hoch. Ich möchte die hier." Er hielt eine Packung Kaugummis hoch und ging zum Tresen. Isumi legte die Miso dazu und zahlte für beides.

"Ich hätte Touya vorhin fast geschlagen!" meinte Le Ping, der auf dem Rückweg zwischen den beiden lief. "Eineinhalb Moku haben gefehlt. Ich habe Touya mit einem nichtssagenden Zug verwirrt und abgelenkt."

"Wirklich? Mir gelingt so etwas nie", meinte Hikaru.

"Er hat ihn vermutlich nicht enttäuschen wollen, und deswegen schwächer gespielt", murmelte Isumi, der es ebenfalls unwahrscheinlich fand, dass Touya sich so einfach verwirren ließ.

"Wie auch immer, es war jedenfalls knapp!" Hikaru wuschelte ihm noch einmal über den Kopf. Er wünschte sich, selbst auch so unkompliziert denken zu können, besonders was Touya betraf.

Als sie im Haus eintrafen, saßen die anderen um ein Goban herum und lachten und scherzten laut. Vermutlich hatten sie ein interessantes Spiel besprochen und waren dabei ins Quatschen geraten.

"Hey, da seid ihr ja wieder!! Dann kann Asumi ja das Essen zu Ende zubereiten!"

"Asumi...?“ fragte Le Ping verwirrt.

Nase kam ihnen lachend entgegen. "Ja, ich dachte es wäre seltsam, wenn ihr mich weiter beim Nachnamen nennt, wenn ich schon für das Abendessen sorge. Ich bin Asumi." Sie neigte scherzhaft den Kopf zu einer Verbeugung. Hikaru ging verwundert in den Raum.

"Muss ich dich jetzt auch Yoshitaka nennen?" fragte er Waya. Dieser lachte und schüttelte den Kopf. "Nein, wir sind beim Nachnamen verblieben. Touya war zu verklemmt."

Dieser schaute Waya entrüstet an. "Wieso verklemmt? Ich finde es nur sehr persönlich, mehr habe ich gar nicht gesagt." Hikaru atmete erleichtert auf. Touya bei seinem Vornamen zu nennen hätte er schon als sehr seltsam empfunden. Der Junge beobachtete ihn aufmerksam und deutete nun ein Lächeln an. Ob er seine Gedanken gelesen hatte? Touya wurde immer gruseliger, dachte er.

"Touya, Touya, die anderen haben gesagt, du hast vorhin nur so getan, als wärst du in meine Falle getappt", rief Le Ping und sprang herüber, um sich an das Goban zu setzen.

Touya lächelte geheimnisvoll und erwiderte nichts. Stattdessen räumte er die Steine vom Brett und sagte: "Zwei Runden Speed-Go schaffen wir sicher noch." Der Chinese vergaß augenblicklich, was er hatte wissen wollen und schmetterte den ersten Stein auf einen Knotenpunkt. Hikaru setzte sich zu den beiden, Isumi nahm auf der anderen Seite Platz. Sie verfolgten die Spiele und warfen sich bei überstürzten Zügen Le Pings fast väterliche Blicke zu. Sie schafften sogar vier Partien, zwei endeten mit einem halben Moku Rückstand für den Jüngeren, eine war ein Unentscheiden und die letzte verlor er mit viereinhalb Moku Rückstand.

"Jetzt brauche ich wirklich etwas zu essen", jammerte Le Ping. Sie gingen ins Wohnzimmer, in dem Nase bereits den Tisch gedeckt hatte. Sie trug gerade eine große, dampfende Schüssel Reis hinein, die sie genau in die Mitte stellte. Damit war das Mahl vollständig. Sie nahmen um den niedrigen Tisch Platz, der über eine Heizdecke verfügte, die sie aber nicht anschalteten. Der Tisch war groß genug, damit sie alle daran Platz fanden und sich breit machen konnten. Kaum hatten sie sich hingesetzt, begannen die Jungen auch schon, sich über das Essen herzumachen. Der Fisch war sehr lecker und würzig, und bevor sie sich versahen war er auch schon aufgegessen. Das Abendessen dauerte keine zwanzig Minuten, die letzten Esser waren Nase und Touya. Waya sprang auf und lief in das Go-Zimmer. Zurück kehrte er mit einer Flasche Sake, die er in die Mitte des Tisches stellte. Hikaru sah Touya an und erwartete Entrüstung von diesem. Touya schaute zurück und blickte ihn fragend an.

Le Ping griff nach der Flasche, doch Isumi nahm sie ihm aus der Hand. "Sicher nicht, Chibi-Waya. Lass das den Älteren." Touya stand auf und schaffte kleine Trinkschalen herbei, in die Isumi den Alkohol füllte. Waya lehnte ab, doch die anderen nahmen jeder ein Glas und stießen gemeinsam an. Die Gläschen klirrten und wurden an die Münder gehoben. Hikaru schluckte hastig und spürte das Brennen in seinem Mund. Sein Opa hatte ihn ab und zu zu einem Glas Sake gedrängt, der Geschmack war ihm nicht unbekannt, aber durchaus unangenehm. Er stellte das Glas ab und sah zu, wie Touya das Glas wie ein Mädchen in einem sehr langsamen Zug leerte.

~x~

Drei Stunden später war die Flasche Sake längst aufgebraucht und eine zweite stand halbvoll in der Mitte des Go-Zimmers. Hikaru spielte eine Partie gegen Waya, der als einziger freiwillig auf den Alkohol verzichtet hatte. Touya und Asumi spielten derweil ein Doppel gegen Le Ping und Isumi.

"Warum trinkst du nicht, Waya?" fragte Hikaru. Seine Stimme klang seltsam fremd und als höre er sich selbst aus einiger Entfernung reden. Sein Gegenüber lächelte ihn schief an. "Weißt du, was mit Leuten passiert, wenn sie trinken?"

"Natürlich. Man verliert die Hemmungen und -"

"Nein, das meine ich nicht. Ich meine, dass jeder anders auf die Promille reagiert. Manche sagen, man zeigt sein wahres Ich oder so. Nehmen wir dich und Asumi, zum Beispiel. Ihr werdet offensichtlich lustiger, wenn ihr trinkt." Hikaru konnte nicht leugnen, dass er ganz plötzlich du unterschiedlichsten Dinge und dümmsten Witze furchtbar komisch fand und manchmal nicht aufhören konnte, zu lachen. Bei dem Mädchen äußerte es sich in sehr häufigem Kichern.

Waya machte eine Geste zum Goban, an dem die anderen vier saßen und spielten. "Isumi zieht sich noch mehr zurück als normal. Er wird sehr still und könnte auch gut und gerne einfach alleine rumsitzen und trinken. Dann gibt es noch jene, die unter Alkohol aggressiv werden. Sie sind die gefährlichsten, denn sie sprechen oft gemeine Wahrheiten aus, was sie später bereuen würden."

"Was ist Touya?"

"So wie er dasitzt wohl auch der stille Typ."

"Lass mich raten - du wirst aggressiv, Waya!"

Dieser lächelte ihn verschmitzt an. "Nein, ich bin die vierte Art von Trinker. Ich werde anhänglich. Und das möchte ich euch wirklich nicht antun."

Hikaru lachte. War das überhaupt lustig gewesen? Er wusste es nicht, es interessierte ihn auch nicht, er lachte einfach laut vor sich hin und hielt sich den bald schmerzenden Bauch.

Er merkte, wie schwer er sich in seiner Verfassung auf das Spiel konzentrieren konnte. Nicht nur, dass er ab und zu vergaß, was genau er mit bestimmten Zügen erreichen wollte, auch dass das Spielfeld gelegentlich vor seinen Augen verschwamm war nicht gerade hilfreich. Waya war es ein Leichtes, ihn zu schlagen und nach der Partie setzten sie sich gemeinsam an die Seitenwand des Zimmers gegenüber der Glaswand. Draußen war es bereits stockdunkel und langsam wurde es auch im Zimmer etwas kalt.

"Shindo, wir müssen morgen ein Doppel spielen", meinte Waya und stupste ihm in die Seite. "Vielleicht spielt Yashiro auch mit." Ach ja, er kam ja morgen dazu. Hikaru nickte nur und gähnte herzhaft. Es war eine Weile still, bis Waya wieder etwas sagte. "Was hat Touya heute nachmittag zu dir gesagt? Du wirktest so deprimiert in der Stadt."

"Aaach..." Hikaru wusste, dass er es eigentlich nicht erzählen wollte, doch der Alkohol löste seine Zunge und seine Gedanken. Es ärgerte ihn fast, als er sich die Sache erklären hörte. "Er fängt immer wieder an von damals, als wir unsere ersten beiden Partien gespielt haben. Da war ich... besser. Sie waren der Grund, warum er mich als Rivalen anerkannte, und er kann sie einfach nicht vergessen. Es... naja, irgendwie kränkt es mich."

Waya legte ihm den Arm um die Schultern. "Das verstehe ich."

~x~

"Shindo, wach auf!" Jemand rüttelte unsanft an seiner Schulter und der Stimme nach zu urteilen musste das Touya sein. Hikaru stöhnte genervt auf und regte sich sonst nicht. Wieder ein Rütteln, wieder sein Nachname. Konnte dieser Junge ihn nicht einfach friedlich schlafen lassen? Er öffnete die Augen und zog die Augenbrauen zusammen, um ja nicht zu freundlich auszusehen.

"Was denn?" murrte er grob. Waya, an dessen Seite er eingeschlafen war, schob ihn von sich und reckte die steifgewordenen Arme und Beine.

"Entweder du legst dich hin, damit Waya nicht weiter dein Kissen spielen muss, oder wir spielen noch eine Partie."

"Spielnnn", schnurrte Hikaru und ließ sich von Waya nach oben schieben. Touya übernahm ihn und zog ihn am Arm in sein eigenes Zimmer, um ihn vor dem Goban fallen zu lassen. Hikaru fiel wie ein nasser Sack zu Boden und sah sich verschlafen um. Er sah einen großen Futon, einen Schreibtisch, eine Tür nach draußen in den Garten, ein paar gedämpfte Lampen und Familienfotos. Und natürlich das Goban vor sich. Touya knipste eine helle Lampe an und nahm dann Hikaru gegenüber Platz.

Hikaru griff in den Behälter mit weißen Steinen. "Nigiri."

Touya war schwarz und brauchte nicht lange für den ersten Zug. Sie spielten zügig, aber es war kein Speed-Go.

"Ich finde, Go ist wie Sport", sagte Touya irgendwann. "Für Sportbegeisterte", setzte er mit einem Blick auf Hikaru hinzu.

"Was? Wieso das?" Schon nach den ersten Zügen schien die Müdigkeit wie weggeblasen.

"Naja... Es ist Nervenkitzel, aber andererseits kriegt man auch den Kopf frei. Vielleicht wie Tennis. Gegen einen schlechten Gegner ist es ein leichtes, man gewinnt innerhalb kurzer Zeit und vergisst das Spiel danach. Gegen einen guten Spieler ist es anstrengend, nicht nur körperlich. Wir haben höchste Körperspannung, wenn wir hier sitzen." Während er erzählte spielte er einen aggressiven Zug in der Mittelgegend.

Hikaru dachte einige Minuten über den Antwortzug nach, bevor er über ihre Konversation nachdenken konnte. "Ich weiß nicht... Ich denke, im Sport ist man gerade gut, wenn man den Kopf abschaltet und sich auf seine Instinkte verlässt. Wir müssen alles voraussehen, vorausberechnen, in die Entscheidung miteinbeziehen."

"Ja... du hast Recht. Ich bin nicht so gut mit Metaphern."

Hikaru grinste und nahm einen Stein Touyas. Dieser sah überrascht auf, sagte aber nichts. Ob er auf Hikarus Verwirrungszug hereinfallen würde? Er wollte es wie Le Ping machen und sehen, ob Touya tatsächlich aus dem Konzept zu bringen war.



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