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Deepening Friendships

Auf einem Ausflug der jungen Pros bilden und vertiefen sich Freundschaften [HikaAki]
von

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Ankunft :: Itou

Touya schwieg schon seit einer halben Stunde und langsam glaubte Hikaru, dass die anderen Jungs so etwas geahnt hatten und ihn deshalb nicht in ihrem Auto haben wollten. Er seufzte und schaute in den Kosmetikspiegel über sich, in dem er Touyas Augenpartie beobachten konnte. Der Junge sah aus dem Fenster und schien etwas entrückt.

"Touya, 5-15!"

Er sah, wie der Angesprochene kurz blinzelte, ihn ansah, wieder nach draußen schaute, und dann sagte: "5-5."

Hikarus Mutter schaute kurz zu ihnen herüber und schüttelte dann lächelnd den Kopf. Die Begeisterung ihres Sohnes und Touyas für dieses Spiel ging über ihr Verständnis hinaus, doch es machte sie trotzdem glücklich, wie ernst es Hikaru noch immer war. Und der Kontakt zu einem Jungen wie Akira-kun würde ihm sicher nur guttun, so höflich und nett wie dieser immer war.

Sie verstand, dass die beiden sich Positionen auf dem Spielfeld nannten, doch hatte keine wirkliche räumliche Vorstellung davon. Beide wirkten konzentriert bei dem Abtausch, wieder musste sie lächeln. Sie wirkten so erwachsen, aber irgendwie waren sie doch noch zwei Kinder. Nach einer halben Stunde gab Hikaru auf und sie begannen, sich über das Spiel zu unterhalten.

"Also wirklich, Touya, dass du immer so voranpreschen musst!" meinte Hikaru. Seine Mutter musterte Touya im Rückspiegel. War so etwas wirklich in ihrem Spiel passiert? Der Junge wirkte wirklich nicht, als wäre das seine Taktik.

"Dafür hat dir deine Verteidigung bei 3-12 überhaupt nichts gebracht. Angriff wäre eine bessere Alternative gewesen."

"Das glaube ich nicht. Außerdem hast du nur deswegen die linke untere Ecke aufgeben müssen."

"Um die ich von Anfang an nicht gekämpft habe. Du weißt selbst, dass sie nur ein Lockvogel war, um deine Konzentration nicht auf die Mittelregion zu ziehen."

"Das lässt sich jetzt so einfach sagen, dabei könntest du dir eingestehen, dass du dort einen Fehler gemacht hast!"

"Hätte ich einen Fehler gemacht, hätte ich nicht gewonnen."

"Das- DAS KANN MAN SO GAR NICHT-"

"HIKARU!"

Es wurde still.

"Rede nicht so respektlos mit Touya-kun, immerhin hat er dich und deine Freunde eingeladen."

"Ja, Mutter..."

Im Spiegel sah er, wie Touya sich ein Grinsen verkniff und beleidigt starrte er aus dem Fenster. Pah, warum musste er sich das gefallen lassen?

Er sprach Touya den Rest der Fahrt nicht an, sondern starrte unversöhnlich vor sich hin. Der Zwist war aber vergessen, als sie vor dem Haus, zu dem der Junge auf dem Rücksitz sie lotste, ankamen.

"Woooow!" staunte Hikaru. Er drückte die Nase an das Fenster, um das Bild ganz aufnehmen zu können. Der Hauseingang war kaum zu sehen, denn das Haus wurde umrahmt von weiß blühenden Kirschbäumen. Der Boden war bedeckt von den erst kürzlich gefallenen Pfirsichblüten. Ein kleiner Teich, kaum sichtbar unter der Blütenblattdecke, schmückte den Garten, geteilt wurde er von einer kleinen hölzernen Brücke. "Touya, das ist... wooow!"

"Mein Vater liebt die Onsen und verbringt gerne Zeit in diesem Haus. Deswegen wollte er es hier so schön wie möglich haben. Wir sind zur perfekten Zeit hier, an den Abenden finden im Park die Kirschblütenfeste statt."

Hikaru sprang aus der Autotür und stand mit offenem Mund vor dem Eingang zum Garten. Seine Mutter und Touya begannen bereits, das Gepäck auszuladen und nach kurzer Zeit hielt Isumi-san hinter ihnen. Die Insassen des Wagens waren genauso in absoluter Faszination absorbiert wie Hikaru und starrten in den wunderschönen Garten. Nach und nach stiegen sie aus und stellten sich neben ihn, um das Farbenspiel der Bäume und das Glitzern des Wassers zu betrachten. Der Garten war eine Liebeserklärung an die Natur.

Mit wedelnden Armen lief Hikaru zum Auto zurück. "Los, lasst uns hineingehen!" Seine Mutter lächelte. Wenigstens wusste sie, dass ihr Junge hier viel Spaß haben würde. Sie wandte sich an Touya und legte ihm eine Hand auf den Arm.

"Du wirst mir doch auf ihn acht geben, Touya-kun?"

"Ma! Hör auf damit! Ich brauche keinen Babysitter, vor allem keinen, der jünger ist als ich!"

"Alter hat nichts mit Reife zu tun", lächelte Touya ihn herausfordernd an.

"Oh ja, wie ich höre seid ihr Mädchen schneller reif als Jungen."

Touya machte ein Gesicht als wollte er Hikaru am liebsten die Zunge entgegenstrecken, war aber tatsächlich reif genug, es nicht zu tun. Stattdessen wandte er sich an Hikarus Mutter. "Keine Sorge, ich stelle schon sicher, dass er keinen Unsinn macht, Shindo-san."

Die Frau lachte, winkte den anderen Jungen noch kurz zu, bevor sie ins Auto stieg und davonfuhr.

Nachdem die erste Faszination etwas eingesickert war, machten sich die Jungen und Nase daran, ihre Taschen ins Innere zu bringen. Waya ließ seine achtlos fallen, um sich, sogar begeisterter als vorher, im Haus und der Umgebung umzusehen. Hikaru folgte ihm auf dem Fuß. Mit immer neuen Bemerkungen machten sie sich auf die Details im Haus aufmerksam. Schon der Hausflur barg viel Gelegenheit dafür. Es gab traditionelle japanische Gemälde des Fujisan, außerdem ein großes Trockengesteck, gusseiserne Gestelle für Schirme, Jacken und Schuhe, hängen blieben sie an zwei alten Familienfotos der Touyas.

Hikaru prustete und deutete auf die Bilder. Das rechte zeigte Touya vor vier Jahren, etwas vor der Zeit, als sie sich das erste Mal begegnet waren. Seine Eltern standen hinter ihm und hatten stolz jeder eine Hand auf seine Schultern gelegt, während ihr Sohn ernst in die Kamera sah. Die Belustigung Hikarus war allerdings dem anderen Bild zu verdanken, auf dem Touya nur etwa fünf Jahre alt war. Er saß auf dem Schoß seines Vaters, seine Mutter stand daneben und sah ihn sorgenvoll an. Der Fünfjährige streckte die Zunge heraus, auf ihr lagen zwei weiße Go-Steine. Als der fünfzehnjährige Touya vorbeiging, schubste er Hikaru, doch dieser konnte nicht aufhören zu lachen. "Bwahahahaaa!!! Touya, das ist herrlich!! Hahahaha!!"

Der Angesprochene ignorierte ihn und navigierte derweil Nase ins Gästezimmer und die anderen in das große Go-Zimmer, in dem sie nächtens ihre Lager aufschlagen würden. Erst einige Minuten später erschien Hikaru wieder. Mit Waya plapperte er aufgeregt und schwärmte in höchsten Tönen von dem kleinen Haus.

"Wir müssen unbedingt die Kirschblüten genießen und in den Park gehen, und zu den Onsen."

"Das klingt ja, als wolltest du gar nicht Go spielen, Shindo", merkte Touya an. Hikaru schüttelte den Kopf und sagte: "Go wird die Kirsche auf dem Eisbecher! Naja... oder eher das Eis im Eisbecher, davon ist schließlich am meisten da. Go möchte ich am meisten spielen, wenn wir hier sind, aber gegen etwas Abwechslung wird ja nichts einzuwenden sein." Die anderen stimmten ihm zu.

Das Go-Zimmer war hell, weil seine lange Seite zum Garten zeigte und komplett verglast war. Den Fenstern gegenüber waren etwa ein Dutzend Goban aufgereiht. Hikaru ging zu ihnen und strich andächtig darüber. Unter einer feinen Staubschicht erkannte er das edle Kaya-Holz, das nicht nur sehr hart und wunderschön fein gemasert war, sondern auch verdammt teuer. Hikaru konnte sich nichtmal ein Kaya-Goban leisten und hier standen zehn davon herum. Er lächelte verträumt, während er noch immer Linien in den dünnen Staub zog.

Touya trat zu ihm und legte eine Hand auf das Brett, das Hikaru bis eben liebevoll gestreichelt hatte. "Eine Partie?"

Hikaru verdrehte die Augen, musste aber leicht lächeln. Bei Touya ging es wirklich immer nur um Go. Der Blonde trug das Spielbrett näher zum Fenster. Auch die anderen begannen, sich an den Goban zu schaffen zu machen.

"Aber nur zwei Runden Speed-Go – ich möchte danach gern erstmal etwas sehen von diesem Ort!" Touya willigte ein und schon knallte der erste Stein auf das edle Holz. Die erste Partie gewann Touya um zweieinhalb Moku, die zweite wurde ein Unentschieden. Trotz seiner eigenen Eingrenzung zuvor verlangte Hikaru ein drittes Spiel. Auch dieses wurde ein Unentschieden und er hatte die leichte Vermutung, dass Touya es extra dazu gemacht hatte, in der Hoffnung, Hikaru würde dann noch eine Revanche fordern. Sein Gesicht sagte nichts dergleichen, aber konnte man dieser Kindervisage je trauen?

~x~

"Also, Touya, was gibt es hier zu sehen?" wollte Waya wissen, als sie kurze Zeit später durch die schmalen Gassen flanierten.

"In Itou gibt es nichts Interessantes außer den Onsen. Bis auf den Ippeki-See hier in der Nähe, aber das ist auch nur ein Loch mit Wasser – und das ist nichtmal heiß." Die Jungs lachten. Schon jetzt war die Stimmung fröhlich und ausgelassen. Hikaru wollte am liebsten gleich zu den heißen Quellen, andererseits wollte er auch eine erneute Revanche gegen Touya und ein paar Partien gegen Isumi-san und Le Ping. Eigentlich gegen alle.

Zum Mittag lud Touya sie zu Sushi ein, danach gingen sie zu sechst in einen Konbini um sich für die nächsten Tage einzudecken. Kaum wieder im Haus nahmen sie auch wieder vor den Go-Brettern Platz. Hikaru spielte gegen fast alle, bis der Abend einbrach. Nur Waya hatte er ausgelassen und bis auf Touya hatte er sie alle besiegt. Besonders Spaß machte die Partie Shidougo mit Nase, sie überraschte ihn mit einigen raffinierten Zügen. Wenn sie ihre gelegentlichen schlecht durchdachten Züge irgendwann verbesserte, könnte sie ihm sogar Konkurrenz machen. Isumi-san machte es ihm nicht leicht, Hikaru ging sehr in die Offensive und musste doch oft zurückstecken, bevor er eine Chance sah und ergriff.

Als Touya ihn das nächste Mal herausforderte, waren bereits fünf Stunden seit ihrem letzten Spiel vergangen. Hikaru konnte kaum glauben, dass die Zeit so schnell vergangen war.

"Lass uns draußen spielen, solange es noch hell ist", schlug er vor. Touya war einverstanden und so trugen sie ein Goban nach draußen. Hikaru musste sich sehr zusammennehmen, um nicht nach jedem Zug in den Himmel zu starren, der von Kirschblüten umrahmt war. Ab und zu segelte eins der Blütenblätter auf das Spielbrett und er hielt Touya davon hab, sie herunterzuwischen. Bald konnte man nur noch die Hälfte der Steine sehen und praktisch keine der Linien mehr. Da Touya merkte, dass Hikaru weiter darauf bestand, keins der Blätter zu entfernen, verschärfte er seine Attacken und sein Gegner musste aufgeben noch bevor das ganze Brett unter den Blüten nicht mehr zu sehen war.

"Hattest du es eilig am Ende?"

"Ich weiß nicht... vielleicht."

"Was ist los, Touya? So unentschlossen kenne ich dich gar nicht." Touya sagte nichts und schüttelte nur den Kopf. Sie saßen im Schneidersitz vor dem Goban und ließen sich weiter mit Blütenblättern berieseln. "Dieser Garten ist wirklich wunderschön, das muss man deinem Vater lassen. Du hast hier vermutlich alle hohen Feiertage deiner Kindheit verbracht, oder?"

Touya schüttelte wieder den Kopf. "Ich war sehr selten hier. Mein Vater hat gelegentlich ein paar Pros hierher eingeladen, nur einmal bin ich mitgekommen. Ich wollte schon früh meinen eigenen Weg finden und zu diesen Gelegenheiten nutzte ich die Zeit, die Vater fort war. Nicht jeder wusste davon und so kamen trotzdem fast täglich Pros zu uns, um gegen ihn zu spielen. Sie wollten den Weg nicht umsonst gemacht haben, und so nahmen sie meine Herausforderungen an. Ich konnte sogar gegen mehr Pros spielen als wenn Vater bei uns war, oder ich hierhin mitgekommen wäre."

"Touya, Touya. Bei dir geht es wirklich immer nur um Go!" meinte Hikaru grinsend.

"Was ist so schlimm daran? Go ist Sport für den Kopf, aber noch viel mehr als das. Bei erfahrenen Spielern spiegelt es den Charakter wider, man kann Stress abbauen oder sich dadurch Stress einhandeln. Jeder Zug eröffnet einhundert Möglichkeiten. Man kann sich sanft umspielen oder aggressiv jeden kleinsten Kampf ausfechten. Go ist so vielseitig, ich habe nie etwas anderes gebraucht im Leben."

Hikaru grinste noch immer. "Heute so gesprächig?" neckte er und ließ sich dann auf den Rücken rollen. Er drehte sich auf die Seite, stützte den Ellenbogen auf und den Kopf auf die Hand. "Ich bin froh, auch Go zu spielen. Wie viele interessante Spiele ich schon verpasst hätte, wenn ich nicht angefangen hätte. Das eben -", er machte eine vage Geste in Richtung des Brettes, "- war zwar keine Glanzleistung, aber wir haben schon einige gute Partien gespielt."

"Ich hoffe doch, das waren noch nicht deine besten Leistungen", schalt Touya. "Ich zumindest plane, die Hand Gottes zu erlangen, und dann wirst du mich nie schlagen können."

"Träum weiter, Bübchen." Hikaru lachte laut auf und Touya reckte ihm eine Faust entgegen, was ihn noch lauter lachen ließ. Vom Lärm der beiden angelockt kamen auch bald die anderen nach draußen um die Umgebung und das Wetter zu genießen. Le Ping pustete unbeeindruckt die Kirschblüten von dem kaum noch sichtbaren Goban und Hikaru verzog den Mund.

"Wir könnten ein Doppel spielen", schlug der junge Chinese vor. Alle sahen ihn verwundert an.

"Ein was?" stellte Waya schließlich die Frage.

"Ein Doppel!"

"Wie spielt man denn im Go ein Doppel?"

"Es ist ganz einfach", sagte der Junge und sortierte die Steine vom Goban. "Shindo und Nase sind ein Team und Isumi und ich sind das zweite Team. Während sich schwarz und weiß mit den Zügen abwechseln müssen sich auch die Spieler immer abwechseln." Die anderen staunten bei der Erklärung. Es klang... seltsam. "Das haben wir uns damals im Institut ausgedacht. Man muss die Stärke seines Partners gut einschätzen können, Schwächen ausgleichen und Schwächen des anderen Teams erkennen."

Nase lächelte Hikaru vorsichtig an. "Ich hoffe du verzweifelst nicht mit mir als deiner Partnerin. Ich würde es gerne versuchen gegen Isumi-san und Le Ping."

"Klar! Wir machen das schon!" Hikaru lächelte sie selbstbewusst an.

Nach nur wenigen Zügen musste er bereits erkennen, dass das Ganze viel leichter klang als es tatsächlich war. Nicht nur, dass er meist vergaß, dass sie abwechselnd spielen sollten. Es fiel ihm schrecklich schwer, mit einigen von Nases Zügen umzugehen. Sie hatte sich auf ein ganz anderes Gebiet konzentriert als er, so musste er ab und zu in ihrem Gebiet eingreifen und Fehler ausbügeln und verlor dabei Territorium seiner Region. Er musste schließlich einsehen, dass ohne Anpassung aneinander gar nichts funktionierte. Le Ping und Isumi gewannen haushoch. Kein Wunder, dachte er sich, sie hatten in China schon viel Zeit miteinander verbracht und oft gegeneinander gespielt. Sie kannten die Strategien des anderen und konnten in sein Wissen vertrauen.

"Tut mir leid, Shindo-kun. Es lag wohl an mir", entschuldigte sich das Mädchen bei ihm, doch er schüttelte den Kopf. "Ganz und gar nicht. Le Ping hat recht – man muss einander vertrauen und sich dem Rhythmus des anderen anpassen. Das ist nicht gerade meine Stärke."

"Wenn du erlaubst, würde ich gerne mit Shindo ein Team bilden", mischte sich Touya ein. Hikaru musste innerlich grinsen. Wunderbar. Als ob er und Touya jemals zu einem Einverständnis gekommen waren. Nase machte bereitwillig Platz, Isumi und Le Ping blieben an Ort und Stelle.

"Ich hoffe, du kommst mir nicht in die Quere, Touya", scherzte Hikaru, an den anderen gewandt.

"Shindo, Shindo", er schüttelte missbilligend den Kopf, "ich sehe, du hast nicht verstanden, worum es hier geht. Es ist sogar gut, einander in die Quere zu kommen, ohne Einmischung können wir nicht gut zusammen spielen." Hikaru verdrehte die Augen und ließ sich nicht auf eine Diskussion ein. Sie stritten ja jetzt schon, was sollte erst während des Spiels werden?

Er merkte nicht, dass sich die beiden auf der anderen Seite des Goban einen kurzen Blick zuwarfen. Sie fürchteten ein wenig, was sie erwartete. Trotz des ständigen Aneinandergeratens ihrer Gegner musste man zugeben, dass sie sich gegenseitig nicht nur im Go gut ergänzten. Wenn sie nicht gerade rumschrien. Ob ein Sieg gegen so ein eingeübtes Team überhaupt möglich war? Sie konnten nur darauf zählen, dass jeder der beiden mit dem Kopf durch die Wand wollen würde und sie einander dadurch die Tour vermasselten.

Doch diese Hoffnungen wurden im Keim erstickt. Während Hikaru tatsächlich mit dem Kopf durch die Wand wollte, folgte ihm Touya und attackierte nur gelegentlich an anderen passenden Stellen. Gelegentlich schien er seinem Partner sogar zuvorzukommen mit einigen Zügen, nach denen Hikaru meist etwas länger brauchte, um sich an Touyas Tempo wieder anzupassen. Sie waren eine schreckenverbreitende Kombination, musste Isumi gedanklich zugeben. Shindo schien es kaum zu merken, aber als ihr Gegner war ihre Stärke für Isumi unverkennbar, und er und Le Ping gaben nach einer Stunde auf.

"Puh, also hier in der Mittelgegend habt ihr euch wirklich nicht lumpen lassen. Oder, Touya?"

"Naja, ein paar gute Attacken gab es schon, aber an diesem Punkt wären sie machtvoller gewesen." Er zeigte auf einen der Knotenpunkte. Hikaru deutete auf einen benachbarten Punkt und sagte: "Also ich denke, hier wäre es besser gewesen, damit hätten sie nur zwei zusätzliche Züge gebraucht, um ihre Steine zu verbinden."

"Aber dann hätten sie diese hier verloren, denn wir hätten sie unterbrechen können."

"Das kommt natürlich darauf an, ob du den Zug durchschaut hättest."

"Natürlich hätte ich das, ich habe doch einen ganz ähnlichen vorgeschlagen!"

"Ähnlich ist im Go aber nicht Gleich!"

"Als könntest du mir etwas über Go beibringen, wo du die Steine vor drei Jahren noch gehalten hast wie ein Elefant eine Erdnuss!!"

"IMMER DIESE ALTEN GESCHICHTEN! WAS JETZT IST, ZÄHLT!!" Hikaru war aufgesprungen bevor er es selbst bemerkte. Ebensowenig hatte er bemerkt, wie die anderen im Garten sich genervt zurückgezogen hatten und jetzt im Wohnzimmer waren. "IMMERHIN HABE ICH DICH IN DIESEN DREI JAHREN FAST EINGEHOLT!!"

"DU BIST TROTZDEM NOCH KEIN VERGLEICH ZU UNSEREN ERSTEN ZWEI TREFFEN!"

Da war es wieder. Es traf Hikaru wie ein Schlag vor die Brust, und plötzlich sackte er wieder in sich zusammen. Er wandte den Kopf ab und ging zur Tür, doch bevor er sie erreichte, hatte Touya schon seinen Arm gegriffen und ihn herumgeschleudert.

"Shindo..."

Der Blonde schaute auf den Boden zu ihren Füßen. Er spürte ein Brennen in den Augen und ein Ziehen in der Brust, die er beide nur zu gut kannte.

"Es tut mir leid, okay?"

Er kämpfte mit den Tränen und durfte es Touya nicht wissen lassen. 'Sai...' Nicht nur die Sehnsucht nach dem tausendjährigen Geist schnürte ihm die Kehle zu, sondern auch die Kränkung durch seinen Rivalen. Er sah immer noch seinen Schatten in ihm, dabei war er in den drei Jahren so viele Male über sich hinaus gewachsen und war immer wieder stolz auf sich gewesen.

"Es tut mir wirklich leid."

"Lass gut sein, Touya." Verdammt, seine Stimme war belegt. Er wandte den Kopf ab und eine Träne kullerte über die Touya abgewandte Seite. Er biss hart die Zähne aufeinander und schluckte mehrere Male.

"Bitte setz dich wieder. Ich habe es nicht so gemeint."

"Natürlich hast du das."

Touya ließ seinen Arm los und Hikaru drehte sich zur Tür. Er wusste nicht, wohin er gehen sollte. Das Gästezimmer war belegt, Touyas Zimmer wollte er nun gar nicht sehen, Küche, Wohnzimmer... "Ich geh etwas in die Stadt." Touya antwortete nicht und da die anderen im Haus waren konnte Hikaru das Grundstück unbehelligt verlassen.

Touya sank auf den Boden zurück und seufzte. Wieso passierte das immer? Warum immer mit Shindo? Es musste doch irgendeine chemische Reaktion geben, die ihn jegliche Beherrschung verlieren ließ, die er bei allen anderen immer beibehielt. Es war ja nicht so, als ob ihn andere nicht auch manchmal unbewusst provozierten, aber da artete es nie so weit aus. Als ob er plötzlich wirklich der Teenager war, der er sein sollte und nicht der Erwachsene, der er seit Jahren vorgab zu sein. Er seufzte noch einmal.

Sollte er Shindo folgen? Oder ihn lieber seinen Gedanken überlassen? Er wusste ja, dass er ihn verletzt hatte, aber was tat man dann? Offensichtlich war eine Entschuldigung nicht ausreichend. Noch ein Seufzen. Shindo, Shindo, Shindo, mal wieder war sein Kopf voll mit ihm.



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