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The Resurrection of Hyperion

Final Fantasy Ⅷ –
von

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Fighting

Sie waren nicht verschieden. Sie waren einander Gegensätze.

Nicht erst ihre spiegelverkehrten Narben brachten diesen starken Kontrast zum Vorschein. Seit jeher hatten sie sich in allem, was sie taten, was sie waren, differenziert. Wo der Brünette Schwarz bevorzugte, preferierte der Blonde helle Farben. Und wo der reservierte Brünette schwieg und tat, als wäre er gar nicht vorhanden, kannte der impulsive Blonde kein Pardon und stürzte sich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Man hatte sie nicht als Freunde bezeichnen können, aber auch nicht als Feinde. Cifer hatte ihre Beziehung immer weit höher gesehen, jenseits der Erreichbarkeit anderer Menschen. Für ihn war sie etwas gewesen, für das die Menschheit noch keinen Begriff erfunden hatte. Etwas von der Bedeutsamkeit des ewigen Kampfes zwischen Gut und Böse. Und dieses [Etwas] hatte ihm Spaß gemacht.

Als er nun, geführt von innerer Leere, die ihn auf die Suche schickte nach dem, worauf er zuvor nur gewartet hatte, vor dem futuristischen Komplex stand, in welchem er einmal beheimatet gewesen war, war ihm klar, dass dort drinnen sein [Feind] lauerte.

Ob Squall Leonhart wusste, dass er hier war, interessierte ihn nicht. Er hatte sich nicht darum bemüht, seine Ankunft geheimzuhalten, und aufgrund der charakteristischen Vorsicht des SEEDs, die ihn vermutlich in jedem Schatten, die der Garden oder ein Baum warf, einen Kundschafter verbergen ließ, war es zumindest unwahrscheinlich, dass er nicht genauestens darüber informiert war, wer hier ein- und ausging.

„Ich kümmere mich besser um ihn“, verkündete Squall dem Direktor und dessen Ehefrau, nachdem Shou ihm die Neuigkeit überbracht hatte. Edea Kramer entging nicht die Wut in den Augen ihres ehemaligen Schützlings. Ehe er gehen konnte, ließ sie ihre Hand auf seinen Arm gleiten.

„Nicht, Squall“, lautete ihre ganze Erklärung, doch der Schulsprecher verstand und winkte ab.

„Gut. Ellione geht momentan sowieso vor. Trotzdem werde ich Acht geben, und dasselbe erwarte ich auch von euch.“ Auf den nachfragenden Blick der beiden korrigierte er sich: „Ich bitte euch zumindest, Acht zu geben.“

Laguna Loire betrat das Direktorat, in Begleitung seiner Gouverneure.

„…………“, meinte Ward sehr bedeutungsvoll.

„Ward fragt“, übersetzte Kiros, von dem niemand wusste, ob er seinen stummen Kumpanen tatsächlich verstand, „ob es irgendetwas Neues von Ellione gibt.“

Squall war nicht wohl dabei, ihnen während der Präsenz des Präsidenten, dem sein miserabler Zustand deutlich anzusehen war, Antwort zu stehen, doch Laguna hatte ein Recht darauf, es ebenfalls zu erfahren: „Nein.“

Augenblicklich schien Laguna noch etwas blasser zu werden. Ein fremder Anblick. In den [Träumen] hatte Squall in einem ganz anderen Idioten gesteckt. Der Idiot von früher hatte vor nichts Halt gemacht, um eine entführte Ellione zu retten.

„Ich muss selbst gehen. Ich muss sie selbst suchen gehen!“

Der Idiot von heute offenbar auch nicht.

„Mit Verlaub, Herr Präsident, das ist unüberlegt“, tat Squall seine Meinung offen kund. „Als Präsident können Sie nicht einfach durch die Gegend spazieren, wie Sie es früher getan haben. Überlassen Sie den SEEDs das. Wenn die SEEDs Ellione nicht finden, dann werden Sie das auch nicht können.“

„Du verlangst von mir, dass ich in diesem Garden herumsitze und nichts tue, während jede Sekunde über ihr Leben entscheiden könnte? Du verlangst, dass ich etwas spiele, das ich nicht bin?“

Es war nicht viel, und doch meinte Squall, Laguna zuvor noch nie derart aufgebracht erlebt zu haben. Er stützte den Arm gegen die Hüfte. „Es war nicht meine Entscheidung, dass du Präsident wirst. Wenn es meine gewesen wäre, dann hätte ich sie mir vorher besser überlegt. Jetzt müssen wir mit den Gegebenheiten, so wie sie sind, umgehen.“

„Willst du mich etwa aufhalten, wenn ich gehe?“, fragte der Präsident scharf.

Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich appelliere lediglich an deiner Vernunft. Wenn du gehen willst, dann geh von mir aus. Aber steh dann auch für die Konsequenzen gerade. Es war kein offizieller Auftrag. Der Balamb-Garden ist nicht für dich verantwortlich. Du bist hier ja förmlich einmarschiert.“

„Ach sooo~!“, tönte Laguna übertrieben. Seine beiden Gefährten schüttelten resignierend die Köpfe. „Weil ich jetzt Präsident bin, heißt das immer gleich einmarschieren, wenn ich mal Freunde besuche oder wie? Sorry, die Vokabeln hab’ ich noch nicht so drauf!“

„Jetzt verbeiß dich nicht in dieses Wort…“ Squall ärgerte sich nicht allein über Laguna. Er hätte wissen müssen, dass im Gespräch mit ihm die Ausdrucksweise gut überlegt sein wollte.

Hinter sich spürte er, dass Direktor Cid verzweifelt nach Worten suchte, die den Präsidenten beruhigen konnten. Stattdessen sprach Kiros: „Laguna. Du weißt doch, dass Ward es nicht mag, wenn man ihn unterbricht.“

„Was?“ Der Angesprochene drehte sich zu dem riesigen Freund um, welcher ein gar enttäuschtes Gesicht zog. „Du wolltest mir etwas mitteilen? ’Tschuldige, hab’ ich nicht mitgekriegt.“

„Momentan scheinst du so einiges nicht mitzukriegen“, warf Kiros ihm vor. „Wir alle kennen dich, deine Sorgen um Ellione und das, was sie in dir auslösen. Aber Squall und die anderen waren mit ihr zusammen im Waisenhaus. Sie haben viel Zeit mit ihr verbracht und sie ebenfalls ziemlich ins Herz geschlossen. Nicht wahr?“ Damit wandte er sich an Squall. Dem war bewusst, dass es nun unabdingbar war, Kiros zu bestätigen, aber noch immer hemmte ihn sein verschlossenes Wesen. Da Xell und Selphie nicht hier waren, die ohne zu zögern zugestimmt hätten, sah er sich gezwungen, selbst zu antworten: „Nun ja… Wir… wir haben einiges mit ihr unternommen… und…“

Ihm war ungeheuer heiß geworden.

„Siehst du?“, fuhr Kiros zum Glück fort. „Zweifelst du daran, dass diese Leute alles daran setzen würden, Ellione zu retten, genau wie du damals? Wir drei sind alt geworden, Laguna. Überlass den jungen Menschen nun das Feld.“

Es fiel Laguna bemerkbar schwer, zu nicken. „Aber wenn ich irgendwas machen kann, lasst es mich bitte wissen.“

Auch Squall neigte das Haupt. „Das versteht sich von selbst. Wir sollten niemanden außerhalb des Gardens über Elliones Verschwinden in Kenntnis setzen, denn die Information könnte irgendwo durchsickern und – wenn sie nicht entführt wurde – gewisse Personen motivieren, genau das umzusetzen.“

Alle Anwesenden pflichteten ihm unmittelbar bei.
 

Die Studenten steckten ihre Köpfe zusammen und tuschelten. Jedem hier war bekannt, dass ihr ehemaliger Mitschüler vor nicht allzu langer Zeit die galbadianische Armee befehligt hatte, dass er der Hexe gedient und ein Attentat auf Galbadias Präsidenten verübt hatte. Ihn jetzt wieder hier zu sehen, gebar die Vermutung, der ewige SEED-Anwärter würde eine neue Chance erhalten. Er spürte die Furcht in den verstohlenen Blicken. Und Wut. Und Abscheu. Niemand kam auf ihn zu und fragte, was los und weswegen er hier war. So war es schon immer gewesen. Nur das Empfinden, mit dem er darauf reagierte, war ein anderes. Eine Gruppe von Mädchen, so sehr vertieft in ihr heiteres Gespräch über die neuesten Trends in Galbadia, stob in der letzten Sekunde geschockt auseinander, als er schlichtweg durch sie streifte.

„Verdammter Bastard“, hörte er eines von ihnen flüstern. Er blieb stehen. Als er sich umwandte, sah er in zwei Augen, die sich zwischen Zorn und Angst nicht entschließen konnten. Ihre beiden Freundinnen hielten die ihm unbekannte Schülerin fest. Ihre Blicke flehten sie förmlich an, nichts mehr zu sagen.

Er richtete sich wieder nach vorne aus und ließ sie wort- wie tatenlos stehen.

Sein Unterbewusstsein ließ ihn sich schließlich in seinem alten Quartier wiederfinden. In weiser Voraussicht hatte man Squall und ihn zwei weit voneinander entlegene Zimmer beziehen lassen, was sie nicht daran gehindert hatte, sich fast jeden Morgen auf dem Flur zu begegnen und sich – von Cifer ausgehend – immer wieder anzumachen.

Jedes Zimmer hier war dem anderen ausgesprochen ähnlich, und so verband Cifer kaum persönliche Erinnerungen mit diesem Raum. Natürlich war er bereits wieder belegt worden – das bewiesen die fremde Einrichtung, die Gegenstände, welche unordentlich auf seinem Schreibtisch verstreut waren. Wie er [Unordnung] hasste! Grob fegte er den Kram beiseite, aber nicht, um hier aufzuräumen – wer war er denn! – sondern um den Tisch leichter von der Wand ziehen zu können. Er beugte sich über die Platte und war keineswegs überrascht, sie noch dort zu finden, wo er sie zurückgelassen hatte: Die Listen. Geschützt von einem schwarzen Hefter, hinter dem Zertifikat, das ihn, Fu-Jin und Rai-Jin als Ordnungsdienst des Balamb-Gardens bestätigte. Jeder Schüler war in mindestens einer jener Listen vermerkt. Squall auf der ruhmreichen, aber äußerst knappen Liste der Standhaften. Der Hasenfuß auf der Liste der Leichten Beuten. Quistis Trepe erwies gleich mehreren Listen die Ehre – die der Besserwisser war nur ein, aber ein bezeichnendes Beispiel. Eine Warnung bei Selphie Tilmitt erinnerte an die 90 Dezibel Lärmstärke.

Die [Liste] war der Garant seiner Selbstsicherheit während seiner Schulzeit gewesen. Ohne diese Einordnung der Menschen in Kategorien hätten sie ihn bedingungslos überfordert. Sie waren zu verschieden, zu viele, doch auf simplen Zetteln hatte er sie alle beisammen gehabt. Er hatte gewusst, wie er mit wem sprechen und was er sich wo anmaßen konnte, weil er die Liste hatte. Er hatte die Liste gehabt und alles war gut.

Als er bemerkte, dass der Hefter unter seinen Händen Feuer gefangen hatte, war es bereits zu spät. Keinen Nutzen mehr in ihm erkennend, ließ er ihn ausbrennen, bis nicht mehr als Asche von der Liste übrig blieb. Ein schwacher Eiszauber löschte die letzte Glut und die Hitze seiner Handschuhe. Hinter ihm ließ jemand seine Hand sinken. Er wandte ihm den Kopf zu. Es war eine Frau von schmaler Gestalt. Ihr langes, schwarzes Haar glitt ihr wie ein seidiger Schleier über die dunkle Bluse. Sie lächelte. Und er kannte sie irgendwoher.

„Du erinnerst dich an mich?“

Diese Stimme!

Eintausend Gedanken und Bilder zogen durch seinen Verstand, als er sie vernahm – einst eisig und verboten, nun sanft und menschlich. Rinoa… Timber… Galbadia… Ritter… Mutter… [Edea]!

„Die Hexe!“, schlug er es ihr entgegen.

Sie verharrte in ihrer Position und hörte nicht auf zu lächeln. „Ich habe auch einen Namen.“

„Du hast mich ausgenutzt!“, warf er ihr vor. „Ich war bereit, dein Ritter zu sein, aber du hast mich nur ausgenutzt!“

„Die Hexe Artemisia hatte die Kontrolle über mein Denken und Handeln“, erklärte Edea Kramer. „Ich…“

„Erzähl das ’nem anderen!“, unterbrach Cifer sie unbeherrscht. „Nicht einmal bist du zu mir gekommen, nachdem du wieder du selbst warst! Und so was will sich Mutter nennen?“

Cifer kannte die Geschichte um Edeas Waisenhaus und die Kinder darin, welche ihre Eltern im Esthar-Krieg verloren hatten und von denen er selbst eines gewesen war. Die Hexe hatte es ihm persönlich erzählt; die Erkenntnis, seine eigene Mutter vor den unartigen Geschwistern zu beschützen, hatte ihn noch in seinem Bestreben, ihr Hexen-Ritter zu sein, bestärkt.

„Ich kam nie an dich heran“, gestand sie ihm mit ehrlichem Bedauern in der Stimme. „Ich habe gedacht, du würdest zur Vernunft und zu mir kommen, nachdem der Kampf gegen die Hexe Artemisia vorbei war, aber du bliebst fort. Jetzt weiß ich, dass es ein Fehler von mir war, und aus diesem Grund bin ich nun hier.“

„Schwachsinn!“, rief er. „Wenn ich nicht in den Balamb-Garden gegangen wäre, wärst du auch nicht zu mir gekommen!“

„Ich wusste nicht, wo du warst. Nun aber stehst du vor mir und bist hoffentlich bereit, mit mir zu reden.“

„Soll ich mich entschuldigen? Soll ich einsehen, dass ich falsch gehandelt habe und es bereuen?“

„Das verlange ich nicht von dir. Ich weiß, dass du es nicht ernst meinst, wenn ich dich dazu auffordere. Ich möchte nur die Missverständnisse zwischen uns beiden beilegen.“

Oft sind es Missverständnisse, die zu Auseinandersetzungen führen. Auf einmal musste er an dieses Mädchen denken.

„Was bedrückt dich?“

„Klappe! Ich brauche deine falsche Fürsorge nicht!“, antwortete er kalt und drehte sich zum Fenster um.

„Gut.“ Sie setzte sich auf das Bett. „Dann schweigen wir eben zusammen.“

„Ich könnte auch einfach gehen.“

„Das wirst du nicht.“

„Sicher?“

„Ich kenne dich, Cifer. Eine abgebrochene Konversation passt nicht in deine Ordnung.“

Eine Weile des Schweigens folgte.

Bald darauf bemerkte Edea, dass der graue Mantel zitterte. Es brauchte nicht mehr lange, bis sein Träger in einem Ansturm der Rage herumwirbelte und sie mit einem Hass, der ganz anderer Natur war als Squalls Wut, ins Visier fasste. Er war hart und undurchsichtig. „Was zum Teufel willst du von mir?! Los, rede! Sag mir doch, was du hören willst von dem Versager, dessen Leben du zerstört hast! Du glaubst mich zu kennen?! Was weißt du denn schon über mich?! Du hast doch keine Ahnung, was abging, nachdem du zu deinen tollen SEEDs übergelaufen bist! Hast keine Ahnung, was es kostete, diese Scheißsteinsäule aus dem Meer zu holen! Ich wollte euch treu sein, und ihr Hexen habt mich herumgereicht wie ein Spielzeug! Ich durfte den Mittelsmann spielen zwischen euch und der Außenwelt, durfte eure ganze Drecksarbeit erledigen, aber euren Hexen-Ritter habt ihr mich nie sein lassen! Es gibt keine Missverständnisse zwischen uns, Edea! Der Einzige, der sich hier über irgendwas klar werden muss, bist du, und zwar über das, was du mir angetan hast!“

Sein Herumschwingen der Gun-Blade wirkte vollkommen gedankenlos zu sein. Doch Edea hatte keine Angst vor ihm. Sie hatte Mitgefühl. „Dann erzähle es mir. Erzähle mir von der [Lunatic Pandora]. Erzähle mir von [dir]. Ich habe nicht vor, zu gehen. Ich möchte alles erfahren.“

„Zu spät“, versetzte er vorwurfsvoll. „Du warst ein Teil meines elenden Lebens, aber ein anderer. Die Pandora kam nach dir. Ich sehe keinen Grund, aus dem ich dir aus meinem Leben berichten sollte. Du bist nicht meine Mutter. Du bedeutest mir nichts. Als ich dich angefleht habe, wolltest du mich nicht, und jetzt will ich dich nicht mehr – also verzieh dich!“

Wieder pfiff die schwarze Klinge durch das kleine Zimmer.

„Verzeih mir“, bat sie ihn mit fester Stimme. „Denn für mich bleibst du dennoch eines meiner Kinder. Du bist ein Bestandteil meines Lebens. Deshalb kann ich nicht gehen. Ich sehe ihn noch immer in dir: Den hochnäsigen, aber gerechten Cifer, der du einmal gewesen bist. Erinnerst du dich nicht mehr daran? Jeden Tag kam Xell weinend bei mir an und sagte: "Mama, Mama, Cifer hat mich wieder geärgert!". Natürlich versuchte ich dich zurechtzuweisen, aber du hast mich nur ernst angesehen und gesagt: "Wenn er jetzt nicht lernt, sich zu verteidigen, dann wird er später nicht überleben". Mich haben deine Worte damals sehr zum Nachdenken gebracht.“

„Meine Fresse… Das habe ich doch nur als Ausrede benutzt!“ Cifer musste beinahe auflachen.

„Ja“, bestätigte Edea ihn. „Weil du überzeugt davon warst, dass du nichts falsch gemacht hast. Es liegt in deiner Natur, deinen Weg zu gehen, den du für den einzig Richtigen erachtest. Du überlegst nicht lange wie Quistis. Du fürchtest keine Strafen wie Xell. Und alle anderen sollten dir immer folgen. Damit zogst du sie in manche Schwierigkeiten… aber auch in aufregende Abenteuer, die ihnen Spaß gemacht haben. Du bist immer deinem Herzen gefolgt, bist direkt, aber ehrlich. Wenn jemand schlecht über das Waisenhaus oder seine Kinder sprach, dann bekam er es mit dir zu tun. Als ältester Junge hast du auf die anderen aufgepasst, hast dich mit jedem Monster angelegt, das dem Haus zu nahe kam.“

„Weil ich schon immer scharf war auf einen Kampf“, wollte Cifer ihre Interpretation korrigieren und schien stolz darauf zu sein. „Weil Kämpfen das Einzige ist, was mir wirklich liegt. Weil Kämpfen meine Natur ist. Wie die eines Monsters.“

„Das glaube ich nicht“, wehrte sie seine Selbstbeurteilung von ihm ab. „Cid hat mir alles über deine Arbeit als Ordnungsdienst erzählt. Anfangs sei er selbst skeptisch gewesen, doch heute ist er wirklich stolz auf euch. Auch über die Sache mit Fu-Jin und Rai-Jin hat er mich aufgeklärt. Ist dir eigentlich bewusst, was du für diese beiden Menschen auf dich genommen hast?“

Sie erhob sich. Nicht viel trennte sie voneinander. Eine entschiedene Hand glitt auf die Klinge seiner Waffe und schob sie sacht beiseite.

„So etwas tut man nicht allein für sich selbst, Cifer.“

Der Ausdruck ihrer Augen allein schien ihren Körper auf die Größe des seinen wachsen zu lassen.

„Jemand, der alles nur für sich selbst tut, benötigt nicht die Aufmerksamkeit und das Ansehen anderer.“

Ihre Hand zwang die Gun-Blade zum Schweigen.

„Cifer. Du hast mit achtzehn Jahren eine Armee geführt. Du hast einen Gott getötet. Und du bist mir, was immer ich dir antat, bis zum Schluss nicht von der Seite gewichen. Du bist kein SEED des Gardens. Du bist auch kein Ritter einer Hexe. Denn du hast das seltene Potenzial eines Kämpfers und Beschützers, der unabhängig von einer Institution oder Person auf und für die ganze Welt wirken kann, wenn er endlich lernt, es nicht länger für das, was eine Hexe sagt, sondern für das, was sein Herz ihm rät, einzusetzen.“

Ihre Hände fanden seine und umschlossen sie sanft und fest zugleich. Und dennoch blieb Hyperion stumm.

„Artemisia herrscht nicht mehr über dich. Alles, was dich jetzt noch davon abhält, wieder du selbst zu sein, bist du. Das willst du doch, oder?“

Ein Gefühl der Schwere drängte seinen Kopf, sich abzuwenden. Er konnte ihm nicht lange standhalten. „Mein halbes Leben lang bin ich einem Traum nachgelaufen. Der Traum ist tot. Ich habe kein Ziel mehr… keine Aufgabe.“

„Dann wärest du nicht hier“, widersprach sie lächelnd.

Er verstand nicht.

„Was immer es war, das dich angetrieben hat, wieder aufzustehen und sogar in den Garden zu kommen, kann dir auch helfen, dich von dem Schatten der Hexe zu befreien.“

Die frische Aura eines Medica-Zaubers ging von ihren Händen aus, dann ließ sie ihn los.

„Es ist keine Schande, die Motivation zu verlieren. Schämen sollte man sich, wenn man sich der Lustlosigkeit verschreibt. Nun, wo du hier stehst, bist du auf dem besten Wege, sie zu bezwingen und zu dir selbst zu finden… Zu Cifer Almasy, der jeden Morgen aufgestanden ist und sich mitgeteilt hat, auch ohne ein Hexen-Ritter gewesen zu sein. Das ist alles, was ich dir mitgeben möchte. Geh jetzt. Entscheiden musst du selbst.“
 

Er ging nicht. Er rannte. Weil es doch etwas gab, das ihn antrieb.
 

„Für dich bin ich wohl noch immer der Looser?“, wollte er von ihr wissen, auf einmal provozierend. „Warum glaubst du, dass ich unzufrieden bin?“

Sie hatte sich bereits zum Gehen gewandt. Seine Unfähigkeit des Eingeständnisses jedoch ließ sie innehalten. „Du bist hier“, sprach sie betont, ohne sich umzudrehen.
 

Er tat es nicht für andere.
 

„Im Garden. Na und?“

„Dieser Garden gehört deiner Vergangenheit an. Aus welchem anderen Grund hättest du hierher zurückkommen sollen?“
 

Er tat es allein für sich selbst.
 

„Jemand, der sich mit seiner Vergangenheit aufhält, macht sich vielmehr Gedanken um seine Zukunft. Du hast also wieder einen Weg aufgenommen, auch wenn dich noch die Nacht ängstigt, die den Lauf dieses Weges in Dunkelheit taucht, durch die du früher erhobenen Hauptes geschritten wärest. Du hast etwas begonnen…“
 

Wie nach dem Erhalt einer neuen Waffe, die auf ihre Handlichkeit und Stärke geprüft werden will, kannte er nur ein Ziel: Den Wald. Allein waren es dieses Mal seine eigenen Fähigkeiten, die nach langem Schlaf auf die Probe gestellt wurden.
 

„Es kommt nicht darauf an, es für jemand anderen zu tun. Diese Entscheidung triffst du nicht für die Gerechtigkeit oder dein Gewissen. Du triffst sie allein für dich.“
 

Schon sah er ihn auf einer Lichtung stehen: Den Archeodinos. Cifer hob die Hyperion zum Kampf an und richtete sie auf das gigantische Monster.
 

„Wenn du jetzt gehst: Erwarte nicht, mich jemals wiederzusehen.“

Ein letztes Mal wandte sie sich ihm zu. Und lächelte. „Ich hoffe, dass es so sein wird. Denn wenn du nicht mehr zurückkehrst, weiß ich, dass es dir endlich gut geht.“
 

Die toten Augen des Dinosauriers visierten ihn. Ein aggressives Fauchen ließ die Friedlichkeit des Ortes sterben, als der Gun-Blader bereits zum ersten Schlag ausholte. Ein Volltreffer – der Gegner zuckte zusammen, während Cifer sich von seinem Körper abstieß, um sichere Entfernung zu gewinnen, doch die Rache des Monsters folgte so rasant, dass er ihr nicht ausweichen konnte: Der kräftige Schwanz schleuderte ihn zur Seite. Den glühenden Schmerz ignorierend, rauschte er erneut auf es zu; die Klinge fraß sich tief in das dicke Fleisch, worauf der Archeodinos laut aufheulte. Blutschwalle quollen aus dem Riss wie durch einen Damm, der endlich bricht, über den ehemaligen Hexen-Ritter hinweg, der es jetzt auf den Schwanz abgesehen hatte, ihn mit einem Hieb unbrauchbar machen wollte. Kurz bevor er ihn erreichte, drehte sich die Bestie mit einem Schritt und ließ ihr Maul auf den kleinen Happen niederfahren. Ein seitlicher Sprung rettete ihn vor dem Schlimmsten, aber er schaffte es nicht mehr, auf den Füßen zu landen.
 

„Abgemacht.“
 

Sie klammerte den Kontrahenten mit einem Fuß fest; Feuer fuhr durch Cifers Körper, der Schwierigkeiten hatte, überhaupt zu atmen. Erst der Fehler des erzürnten Monsters, ihm erneut den Kopf abreißen zu wollen, erlaubte ihm, seine verbleibende Kraft in einen Stoß zu setzen, der dem Giganten die Gun-Blade durch die Mauldecke trieb. Brüllend stampfte der Archeodinos auf, und seine Geisel rollte sich aus dem Gefahrengebiet niederfahrender Klauen. Wahnsinnig vor Schmerz und Todesangst, stürmte es auf ihn zu – ab jetzt würde ihm jeder Treffer des Monsters wahrscheinlich Knochen kosten.
 

„Auf eine gute Zusammenarbeit, Cifer Almasy.“
 

Dem Angriff auszuweichen war ein Leichtes, doch wieder gelang es der verdammten Wirbelsäulenerweiterung, Cifer zu überraschen. Er keuchte, um den Schmerz ertragen zu können, und versuchte sich aufzurichten, ehe der Dinos ihn töten würde. Ungekoppelt konnte er keine Level-3-Zauber verwenden, und auch die G.F. stand ihm nicht zur Verfügung. Alles, was ihm in der auswegslosen Situation blieb, waren die Hyperion und ein paar übermütig gefasste Vorsätze.
 

Und das genügte.
 

Eine leuchtende Kraft sprühte unter ihm empor und verlor sich so schnell, wie sie erschienen war. Cifer wirkte einen Feuer-Zauber, um das Urgeschöpf zu irritieren, dann ließ er die Gun-Blade herumwirbeln, bis sie einen grünen Aura-Schweif hinter sich herzog. Er festigte den Griff wieder, konzentrierte sich auf die glühende Schneide und schlug schließlich aus. Eine scharfe Scheibe purer Energie löste sich von ihr, begegnete dem heranpreschenden Saurier und hüllte ihn in eine lärmende Explosion. Mit einem letzten Schrei donnerte das gewaltige Tier zu Boden. Dann war es still.

Euphorisch schwang Cifer sein Schwert herum, bis er es nach alter Manier vor seinem Gesicht zur Ruhe kommen ließ. Auch von ihm selbst glitt die Hitze des Gefechts wie ein dicker Umhang. Er genoss den Moment, den sein Atem brauchte, um wieder unauffällig zu werden, dann verlor er keine weitere Zeit. Er hatte noch eine Mission zu erledigen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-09-07T07:25:11+00:00 07.09.2008 09:25
cifer ist wieder da!!*jubel*
und jetzt holt er Ellione
Ich glaube an ihn^^


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