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Digimon Protector

von

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Ein normaler Tag?

„Gerade erreicht uns eine Eilmeldung. In der Südstadt ist es zu einem Kampf zwischen der der Terroristengruppe Omega und dem digitalen Sondereinsatzkommando gekommen. Zur Zeit liegen nur Informationen darüber vor, die bestätigen, dass es keine Todesfälle gab. Jedoch wurde fast ein gesamter Wohnblock in ein Schlachtfeld verwandelt. Zum Glück konnten alle Bewohner rechtzeitig evakuiert werden. Der Vorsteher der DSE wird sich bald für ein genaueres Statement bereitstellen. Bis dahin bleibt abzuwarten. Ich bedanke mich für Ihr einschalten und wünsche Ihnen noch eine erholsame Nacht.“ Der Bildschirm färbte sich schwarz. Dustin wandte den Kopf. Seine Mutter stand direkt hinter ihm und hielt die Fernbedienung noch in der Hand.

„Schon wieder etwas über diese angeblichen Monster? Dustin, wie oft denn noch? Auch wenn das D in DSE für „digital“ steht, bedeutet es nichts anderes, als dass diese Leute viel mit Computern zu tun haben. Und auf den Bildern hast du auch keine seltsamen Wesen gesehen oder?“ Dustin griff seine Chipstüte, holte sich eine gefüllte Hand voll Chips heraus und schlang es in einem runter.

„Kein Wunder.“, schmatze er.

„Damit es keiner mitbekommt, haben diese Leute die genaueren Aufnahmen raus geschnitten. Ist es nicht merkwürdig, dass nach einem angeblichen Bombenattentat keine Sprengstoffexperten vor Ort geschickt werden, sondern Forscher?“ Dustins Mutter seufzte schwer.

„Das kann X-Gründe haben, mein Schatz. Merke dir einfach: Es gibt weder Monster, die in einer digitalen Welt leben, noch grüne Männchen auf dem Mond.“

„Sie leben auf dem Mars.“, korrigierte Dustin seine Mutter mit einem frechen Grinsen.

„Oh natürlich.“, sagte sie kichernd, beugte sich vor und drückte ihrem Sohn einen Kuss auf die Stirn.

„Mach dich Bettfertig, okay?“ Dustin nickte und stand auf. Seine Hand wanderte in seine Schultasche und zog den Stundenplan heraus.

„NEIN!!!“, schrie er auf und in Zeitlupe segelte das Papier zu Boden.

„Morgen zwei Stunden Sport … und auch noch die letzten Stunden …“ Seine Mutter lachte laut auf und losch das Licht in der Küche.

„Morgen werden es 36 Grad Schatz, viel Spaß.“ Dustin ging fluchend nach oben. Auch jetzt, um 19 Uhr, war es noch 22 Grad warm. Diese Nacht würde die Hölle werden.

„Weißt du …“ Dustin blieb oben an der Treppe stehen und sah hinunter zu seiner Mutter. Sie hatte sich einen Bilderrahmen genommen und sah teils traurig, teils amüsiert auf das Bild.

„… du erinnerst mich mehr und mehr an deinen Papa. Er war genauso Wetterempfindlich wie du.“ Sie sah zu ihrem Sohn auf und lächelte.

„Und du siehst ihm so ähnlich. Manchmal denke ich, dass du mehr von ihm hast, als gut für dich ist.“ Dustins Gesichtzüge entgleisten. Sein Vater war erst vor 2 Jahren während einer Geschäftsreise gestorben. Das Flugzeug war einfach verschwunden.

„Oh tut mir Leid mein Schatz.“, sagte seine Mutter sofort.

„Ist okay Mama. Mir geht’s gut.“ Er zwang sich zu lächeln.

„Du weißt doch, mich erschüttert so leicht nichts. Ich gehe ins Bett, Nacht Mama.“ Damit schloss er auch schon die Zimmertür hinter sich. Seine Mutter blieb am Fuß der Treppe zurück.

„Ach Dustin … mein Liebling … es ist nicht gut, wenn du alles so in dich rein frisst.“ Sie setzte das Bild wieder auf die Kommode. Es zeigte sie, Rose Thomson, ihren Mann, Steve, der etwas größer als sie war und einen kleinen Jungen auf der Schulter trug. Alle drei lachten. Schon als kleiner Junge sah Dustin aus wie eine kleine Kopie seines Vaters. Rose rieb sich kurz über die Augen.

„Mein Steve … Dustin wird in wenigen Wochen 14 Jahre alt … ach wenn du ihn doch bloß sehen könntest. Er und du, ihr währt sicher noch unzertrennlicher. Meine größte Sorge ist eher … wer soll unseren Sohn die Rolle des Mannes in einer Beziehung erklären?“ Sie hielt kurz inne. Dann stellte sie das Bild weg.

„Früher hast du bei dieser Frage immer gelacht …“ Sie ging auch nach oben. Vor Dustins Tür blieb sie stehen. Sie wusste, dass ihr Sohn nicht schlief. Leise und vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt breit. In Unterwäsche saß Dustin vorm Computer und tippte wild auf der Tastatur herum und bewegte hin und wieder die Maus um auf Feldern rumzuklicken. Rose erkannte Tabellen und Diagramme, die sich bewegten. Dustin nannte es Messgeräte. Er glaubte damit Unregelmäßigkeiten im Netz feststellen zu können. Sein Gesichtsausdruck war entschlossen. Doch je länger er auf die Balken und Kreise starrte, desto unsicherer schien er zu werden. Rose schloss die Tür wieder leise. Sie wusste, dass bald das Licht in seinem Zimmer ganz ausgehen würde. Wie jeden Tag. Tatsächlich ließ Dustin den Rechner 20 Minuten später herunter fahren. Zwar hatte er nichts anderes erwartet, aber dennoch war er enttäuscht. Einschlafen tat er nie sofort. Wie immer lag er noch lange wach, bis er endlich einschlief.
 

„14 Uhr … damit haben die Doppelstunde Folterung begonnen …“ Dustin konnte seinem besten Freund Chris bloß stumm zustimmen. Fast alle Jungen waren lediglich in Hosen und Schuhen erschienen. Es war sogar 37 Grad warm und der warme Wind ließ es keines Wegs milder erscheinen. Da sie draußen waren, saßen alle Schüler so gut es ging im Schatten. Nur eine Sekunde zulange in der Sonne und Dustin war sicher, als Grillfleisch zu enden. Diese Oben-ohne Nummer konnten sich Dustin und Chris ohne weiteres leisten. Trotz ihren 14 Jahren waren beide leicht athletisch, beide hatten kurz geschnittene Haare. Dustins leuchteten grellblond und Chris´ rote Mähne strahlte sobald auch nur ein Sonnenstrahl auf diese traf. Dustin griff sich seine Getränkeflasche. Er hatte sie heute schon zum dritten Mal mit Wasser aus der Jungentoilette gefüllt. Chris sah sich um.

„Das ist irgendwie unfair.“, sagte er und ließ den Blick schweifen. Dustin wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.

„Wieso?“ Chris deutete zu den Mädchen.

„Wir Jungs sind oben ohne … na ja bis auf Kurt und ich finde für ausgeglichene Gerechtigkeit, sollten die Girls auch oben ohne rumlaufen, oder nicht?“ Dustin konnte sich ein schmunzeln nicht vermeiden.

„Du hast Einfälle. Aber irgendwie … hast du Recht.“ Beide lachten.

„So, so, die Herren sprechen also wieder über Sachen, für die sie eigentlich noch zu jung sind.“ Beide sahen nach links. Neben Dustin hatte sich ein hübsches, junges Mädchen gesetzt. Sie trug ein weißes, bauchfreies Top ohne Arme und Hotpantsjeans. Ihre Haare waren dunkelbraun und kurz geschnitten. Sie grinste die beiden Jungs an. Chris winkte ab.

„Davon hast du eben keine Ahnung Cathy. Das ist Männerkram. Da brauchen wir keine weibliche Meinung.“

„Interessant.“, sagte Cathy, beugte sich leicht zu den beiden vor und grinste weiterhin.

„Dann verrate mir doch mal großspurig auf welchen Erfahrungen eure Fantastereien aufbauen. Ohne Beweise, denke ich weiterhin, dass ihr zu jung seid.“ Chris wollte etwas sagen, ließ es aber und sah zu Dustin. Dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Wir brauchen uns vor jemanden wie dir nicht zu rechtfertigen.“, meinte er lächelnd und setzte die Flasche erneut an. Dabei warf er Chris einen „Aufpassen-Psychotrick-Blick“ zu. Chris nickte. Cathy lächelte Dustin nun direkt an.

„Dann wirst du ja wohl auf die Waffen einer Frau nicht reinfallen, wenn du doch schon so erwachsen bist, oder?“ Dustin verzog kurz das Gesicht und sah sie aus den Augenwinkeln skeptisch an. Die Flaschenmündung hielt er dabei noch immer im Mund, trank aber nicht. Cathy grinste nur. Langsam nickte er, was er als Zustimmung zu ihrem Argument meinte. Cathy nickte auch.

„Oh ja, der Fels in der Brandung.“ Sie grinste unerhört breit und sah sich kurz um. Dustin tat es ihr gleich und verschluckte sich fast. Chris ging gerade seelenruhig in Richtung Toiletten. Wieso musste er immer in solche Situationen?

„Alleine.“, sagte Cathy breit grinsend und mit einem leichten Beinschwung hockte sie auf seinem Schoß. Dustin prustete in seine Flasche.

„Was?!“, hustete er protestierend. Cathy grinste und griff seine Schultern.

„Ich dachte das macht dir nichts? Stört es dich etwa doch? Nebenbei: Du bist bequemer als du aussiehst.“ Dustin lief ohne es zu merken scharlachrot an.

„N-nein … Nein, das stört mich gar nicht. Wieso auch? … Und DU bist schwer wie ein 40-Tonner.“, sagte er feixend.

"Bitte, steh wieder auf … von mir knall mir wegen der Bemerkung eine, aber steh bloß auf …", dachte er flehend. Cathy hob kurz eine Braue, blieb dann jedoch mit einem breiten Grinsen sitzen.

„Wie süß. Die Farbe steht dir, Dust. Nervös? Ich meine, dein Herz klopft ja ziemlich schnell. Es sei denn du leidest an Bluthochdruck. Und … nebenbei: Eigentlich habe ich noch nicht mal angefangen.“

"Shit …" Dustin riss den Kopf zurück, denn Cathy hatte sich leicht vorgebeugt.

"Kann Chris nicht endlich mal wieder kommen?!"

„Ähm … Entschuldigung … St-Störe ich gerade?“ Dustin und Cathy wandten den Kopf. Ein Mädchen in ihrem Alter stand in normalen Sportsachen neben ihnen. Sie hatte lange, pechschwarze Haare, die ihr bis zum Po hinunter reichten und sie hatte einen natürlich schüchternen Gesichtsausdruck.

„Ach nein, Unsinn.“, lachte Cathy und stand endlich auf. Dustin sank zusammen, wobei ihm ein erleichtertes Stöhnen entrang. Cathy grinste ihn an.

„Fandest du es echt SO gut?“ Dustin antwortete nicht und drehte sich mit roter Birne von ihr weg. Cathy lächelte das Mädchen an und strich ihr leicht über den Kopf.

„Was gibt es denn Holly?“ Holly lächelte verlegen.

„Also … äh … ich wollte Dustin etwas sagen.“ Dustin drehte sich wieder zu den Mädchen.

„Was ist denn?“, fragte er neugierig. Holly wurde leicht rosa um die Nase und wandte den Kopf leicht ab.

„Also … es geht … es geht um das hier. I-Ich wollte es dir wiedergeben.“ Mit leicht zittrigen Händen hielt sie ihm ein DIN A5 Heftchen hin. Dustin setzte sich auf und nahm es an sich.

„Ach so, die Biologienotizen. Hast du alles schon fertig?“

„Ja.“

„Hat es dir geholfen? Ich hoffe du konntest meine Sauklaue lesen.“

„J-Ja … ging schon, vielen Dank noch mal.“ Cathy sah interessiert von einem zum anderen. Dann sah sie Holly an.

„Sag bloß, er hat vor dich einige Dinge für dein heutiges Referat gesammelt?“ Holly nickte. Dustin packte das Heftchen weg.

„Ich weiß schließlich am besten, wie blöd Referate sind. Alle gaffen dich an … und so weiter eben. Aber Holly, das hast du heute wirklich gut gemacht. Vor allem weil es im Raum total stickig und heiß war.“ Holly wurde noch röter, lächelte aber.

„So, was habe ich verpasst?“ Chris setzte sich auf seinen platz zurück.

„Nichts.“, sagten Dustin und Cathy sofort. Holly blieb stehen, doch Cathy setzte sich zwischen die beiden Jungs.

„Wie spät ist es eigentlich schon?“, fragte Dustin.

„Stimmt, es muss schon fast Ende sein.“, meinte Cathy. Holly sah auf die Uhr.

„Die Stunde läuft seid … 15 Minuten …“

„NIEMALS?!!!!!“
 

Eine kleine Gestalt huschte um eine Ecke um im Schatten eines Gebäudes Deckung zu suchen. Leicht panisch aber auch interessiert sah es sich um.

„Wie warm es hier ist, calu … ich brauche eine Pause.“ Die Gestalt setzte sich auf eine Kiste und atmete tief durch.

„Aber immerhin bin ich ihnen entkommen, calu. Wer weiß was sonst mit mir geschehen wäre? Nur wie komme ich wieder nach Hause, calu?“ Es hörte ein ungewohntes Geräusch und drehte sich rasch um.

„Wer ist da, calu?!“ Ein Knurren war die Antwort. Langsam trat ein riesiger Hund um die Ecke. Speichel lief ihn aus dem Mund und das Knurren klang bedrohlich.

„Calu!!!“ Voller Angst sprang das Wesen von der Kiste und rannte los.

„Lass mich bitte in Ruhe, calu!“
 

„Ich bin Zuhause!“

Rose trat aus der Küche.

„Willkommen zurück Dustin, wie war Sport? Oh hallo, lange nicht mehr gesehen.“

„n´Abend!“ Kurt hob eine hand zur Begrüßung. Er war etwas größer als Dustin und sah älter als 15 Jahre aus. Jedoch war er gerade erst 15. Seine Haare waren sehr kurz geschnitten und schwarz.

„Kurt ist nur kurz hier, er will mir einen Trick am Computer zeigen.“

„Verstehe.“ Rose lächelte leicht. Sie wusste dass es wieder um diesen Internetkram ging. Kurt war ein sehr guter Programmierer und Computerfan.

„Wollt ihr zwei etwas trinken?“

„Cola.“, sagten die Jungs sofort synchron. Rose lachte kurz.

„Dachte ich mir, ich stelle es euch in die Küche.“

„Danke Mama.“, schon ging Dustins Zimmertür zu. Kurt legte seine Tasche ab.

„Also Dust, ich habe endlich gestern Nacht etwas gefunden. Mein Programm hat ungefähr um 19:48 Uhr reagiert. Kurz, aber sichtlich.“ Dustin weitete erregt die Augen.

„Echt? Um die Zeit war doch der Attentat, oder?“ Kurt nickte.

„Genau. Seltsame Zufälle oder?“

„Ja, aber was hat das nun mit deinem kurzem Signal zu tun?“ Kurt grinste.

„Viel. Endlich haben wir eine Spur. Ich bin mir ganz sicher. Gestern Abend, hatte sich kurz ein Tor zu einer anderen Welt geöffnet.“ Einige Zeit war es still. Dustin seufzte.

„Okay … und nun?“ Kurt sah dumm aus der Wäsche.

„Wie? ... Naja … wir wissen es … und …“

„Ja? … Und?“ Kurt schien angestrengt nachzudenken. Schließlich sagte er knapp:

„Ich habe keine Ahnung …“ Dustin seufzte.

„Wusste ich … ich denke hin und wieder wir sollten aufhören. Das könnte auch Zufall gewesen sein. Und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass uns etwas über den Weg läuft?“ Kurt seufzte. Dann sah er entschlossen auf.

„Also ich gebe nicht auf. Diese Nachricht damals über diese Störung im Internet … und diese Bilder auf den Monitoren weltweit … ich mache weiter. Komm schon, eigentlich willst du doch gar nicht aufhören oder?“ Dustin grummelte kurz, dann nuschelte er:

„Nein. Aber es nervt langsam. Meine Mutter hält mich auch schon für bescheuert.“ Kurt nickte.

„Meine auch … was soll´s ich werd dann mal wieder gehen, ach genau hier.“ Er reichte Dustin eine CD.

„Hier ist meine neuste Version. Update das Suchsystem, dann wird es etwas genauer, okay?“ Dustin nah die CD und nickte.

„Ist gut. Wollen wir noch schnell was trinken?“ Kurt wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.

„Sehr gerne.“ Also gingen die zwei Jungen hinunter, tranken je ein volles Glas Cola und schon machte sich Kurt auf den Rückweg. Gerade hatte Dustin die Haustür geschlossen, da meldete sich seine Mutter aus dem Wohnzimmer.

„Dustin, kannst du noch schnell in den Supermarkt und ein paar Fertigsoßen kaufen?“

„Ja okay.“, rief er zurück. Zwar hatte er heute keine Lust mehr, aber immerhin hatte er etwas zu tun. Also zog er sich schnell seine Schuhe an und schon war er unterwegs.
 

Die Sonne brannte wirklich erbarmungslos. Zum Glück hatte er sich seine Baseballkappe noch aufgesetzt. Freudige Kinderrufe schallten vom Schwimmbad und von Spielplätzen. Schwimmen wäre für Dustin auch eine nette Beschäftigung. Gleich morgen würde er ein paar Leute fragen. Da stand er auch schon vor dem Supermarkt. Die Tür öffnete sich automatisch und Dustin betrat den kühlen Laden. Erlösung. Zielstrebig ging er zu den Fertigsoßen und nahm gleich 6 Sorten und von jeder 2 Stück. Das sollte eigentlich erstmal reichen. Jetzt fiel ihm auf, dass es recht ruhig hier war. Er sah sich um. Nur einige Erwachsene befanden sich im Markt. Jemand tippte ihm auf die Schulter. Er drehte sich um. Ein Mädchen lächelte ihn an und winkte.

„Hi.“, sagte sie. Sie war etwa so 12 Jahre alt und ihre Augen strahlten smaragdgrün.

„Oh hallo, May. Lange nicht gesehen, wie geht’s so?“ May war Kurts kleine Schwester und sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Sie hatte hellbraune Haare und war gut einen ganzen Kopf kleiner als Dustin. Sie lächelte ihn an.

„Sehr gut. Kurt und du, ihr seid wohl immer noch auf diesem Cyberspacetrip wie?“ Dustin kratzte sich leicht am Kopf.

„Stimmt schon. Wieso?“

„Och ich frage nur so.“, meinte sie und kicherte. Kurz schwiegen beide, dann seufzte sie.

„Ich habe es schon Kurt erzählt … also … ich habe letzte Nacht … etwas gesehen.“ Dustins Stirn legte sich langsam in Falten.

„Was denn?“ May sah sich kurz um, dann trat sie näher zu ihm, damit sie flüstern konnten.

„Pass auf. Nur kurz nach den nachrichten gestern, war ich noch kurz draußen. Und ich schwöre, ich habe ein seltsames Tier gesehen. Ich kann es nicht mal richtig beschreiben. Es ist mit so was Ähnlichem wie zwei Flügel über mich hinweg geflogen. Es war weiß und hatte einen großen Kopf.“ Sie hielt inne und lief mit jeder Sekunde röter an.

„Du hältst mich jetzt sicher für bescheuert. Oder?“ Dustin musste zugeben, dass es sich eher wie eine Einbildung oder einen Traum anhörte. Aber auch er hatte mal so etwas Ähnliches erlebt. Langsam legte er ihr eine hand auf den Kopf und verwuschelte ihre eh schon unordentlichen Haare.

„Nein. Im Gegenteil. Ich glaube dir.“, sagte er lächelnd. Sie sah ihn kurz verwirrt an, dann lächelte sie leicht.

„Okay. Sag mal, hast du heute noch was vor?“ Dustin sah sie verwirrt an.

„Äh nein.“

„Dann schnell, kauf zu Ende ein und dann gehen wir zwei was unternehmen. Mir ist langweilig, weißt du?“ Dustin verzog kurz das Gesicht, dann zuckte er mit den Schultern.

„Meinet wegen. Moment.“ Er ging zur Kasse und bezahlte.

„Ich muss das aber schnell nach Hause bringen.“ May grinste.

„Kein Problem, habe nichts vor. Ich komme mit.“ Dustin zuckte nur kurz mit den Schultern und trat hinaus. Etwas zog plötzlich an seinem Arm. Beinahe hätte er die Einkaufstüte fallen lassen. May hatte sich plötzlich um seinen Arm geklammert und sich fest an ihn gepresst.

„Wa …“ Doch er brauchte nicht zu fragen. Er folgte ihrem Blick und erkannte eine Gruppe aus vier Jungen, die sie hämisch angrinsten. Mays Gesicht wurde ängstlich, als die Jungs langsam auf sie zukamen. Als sie für Dustins Geschmack zu nahe dran waren drückte er May von seinem Arm weg und stellte sich schützend vor sie.

„Kann man euch helfen, Kollegen?“, fragte Dustin. Seine Stimme war ruhig. Auch wenn die Jungs jünger waren als er, zu viert waren sie zumindest zahlenmäßig überlegen. Ein schwarzhaariger trat vor.

„Bist du ihr Bruder?“

„Nein. Ein Freund ihres Bruders.“

„Dann hau ab. Sie soll mutig genug sein und ihren Hintern zu mir bewegen.“ Dustin schmunzelte.

„Und du brauchst 3 Freunde dafür?“ Der Junge grinste.

„Klar. Ich brauche doch Zeugen.“ Die anderen Jungs lachten und feixten.

„Worum geht’s denn, wenn man fragen darf?“, fragte Dustin. Der Angesprochene schien langsam genervt.

„Darfst du. Es ist ganz einfach. Sie hat mich neulich sitzen gelassen. Und man lässt mich nicht sitzen.“ Dustin sah kurz zu May. Sie sah immer noch ängstlich aus und hatte sich in sein Shirt gegriffen.

„Kann ich mir gut vorstellen. Denn du hast einen echt miesen Charakter Kleiner.“ Der Junge verzog das Gesicht.

„Was war das?“

„Du bist ein kleiner Feigling, selbst gegen ein Mädchen musst du mit 3 Freunden auftauchen. Mal abgesehen davon, dass man Frauen nicht schlägt.“

„Tze, von dir lass ich mir doch nix sagen.“ Damit schlug der Junge zu. Dustin bewegte sich erst nicht, dann griff er scheinbar mit Leichtigkeit das Handgelenk des Jungen, drehte ihm den ganzen Arm auf den Rücken und drückte ihn zu Boden.

„Vorsichtig Kleiner, bei so was verstehe ich keinen Spaß.“ Die anderen Jungs blieben stehen. Sie gingen sogar langsam rückwärts. Nach einigen Sekunden ließ Dustin los und stieß den Jungen von sich weg, wobei dieser sich der Länge nach hinlegte.

„Und jetzt verschwinde und lass sie in Ruhe. Die Schwester meinen Freundes ist auch meine Schwester, kapiert?“ Eine Antwort bekam er nicht. Die Jungs nahmen die Beine in die hand und rannten davon. Dustin nahm die Tüte hoch, die hatte fallen lassen und drehte sich zu May.

„Hattest du dich im Supermarkt versteckt?“ May nickte kurz und sah dann weg. Sie war knallrot. Ihren Augen nach zu urteilen war sie sogar den Tränen nahe. Ganz offenbar war ihr die ganze Situation höchst peinlich. Dustin fragte lieber nichts mehr. Er hatte auch nicht vor es Kurt zu sagen. Zumindest noch nicht.

„Hey, ganz ruhig.“, sagte er mit heiterer Stimme und legte einen Arm um sie.

„Komm. Gehen wir. Bei mir kann ich dir n Eis geben, na?“ May sah langsam auf und fing langsam an etwas zu schmunzeln.

„Ja, danke.“
 

Den restlichen Tag verbrachten sie aber eigentlich bei Dustin zuhause. Dustins Mutter und May konnten sich echt gut unterhalten. Um19 Uhr kam dann ein Anruf, dass May nach Hause müsste.

„Ich bringe sie nach Hause. Nein das macht mir wirklich keine Umstände, wir sind gleich da.“ Kaum hatte er aufgelegt, da machten sie sich auch schon auf den Weg. Unterwegs waren sie recht ruhig, bis sich May leicht räusperte.

„Du … ähm … würdest du die Sache von heute für dich behalten? Ich muss das alleine regeln. Auch wenn ich nicht kämpfen kann.“ Dustin sagte erst nichts, dann:

„Wie du willst. Den Griff von heute kann ich dir aber zeigen, wenn du möchtest. Meine zwei Jahre Kampfsport waren wohl doch nicht verschwendete Zeit.“ Er lächelte, doch May sah weg. Dann nickte sie.

„Das wäre hilfreich ja, aber … ich hasse es zu kämpfen.“

„Hin und wieder muss man das leider. Und wenn dann nicht vorbereitet ist, kann sonst was passieren. Und du als Mädchen … nun ja …“ Ein lautes Bellen ließ beide zusammenzucken. Panisch sah sich May um.

„Wilde Hunde?“

„Vielleicht. Bleib bei mir.“ Er nahm sie an die Hand und ging weiter, doch May blieb stehen.

„Warte mal Dust. Hör mal.“ Dustin horchte. Zwischen dem Bellen glaubte er etwas zu hören.

„Calu! Lass mich in Ruhe!“

„Du hast Recht, da hat jemand Hundeprobleme. Ich kümmere mich drum, bleib hier.“ Das Bellen musste gleich hier um die Ecke sein. Tatsächlich, kaum war er um die nächste Ecke gegangen, sah er schon das Hinterteil des Hundes. Er hatte eine kleine Gestalt in eine dunkle Ecke gedrängt. Ein Kind, schoss es Dustin durch den Kopf. Er zog sich das Shirt aus, band es sich um die hand und warf einen kleinen Stein auf den Hund, der sich sofort umdrehte.

„Hey du Töle, komm her.“ Der Hund rannte sofort auf ihn los.

„Pass auf Dustin!“ Das hätte sie nicht rufen müssen, dass wusste er genau. Der Hund biss zu, Dustin hob den Arm und das Tier verbiss sich im Stoff des Shirts. Nun hatte er freie bahn. Mehrmals schlug er dem Hund in die Seiten und in den Bauch. Irgendwann lies der Hund los und machte sich jaulend davon. May seufzte erleichtert.

„Das Shirt ist hin.“, sagte Dustin und warf es sofort in den Müll. Dann sah er zu der Ecke in der sich zaghaft etwas regte.

„Hey … na? Komm ruhig raus. Wir tun dir nichts. Der Hund ist weg, na komm.“ Langsam trat die Gestalt heraus.

„Danke sehr. Du hast mich gerettet, Calu.“ Dustin fand das letzte Wort sehr seltsam.

„Calu? … Ähm na ja ist doch selbstverstäääääääääää …“ Der Satz sollte nie ein Ende finden. Ein kleines, zweibeiniges, weißes Vieh, mit großem Kopf und große Augen sah ihn an. Auf der Stirn hatte es ein rotes Dreieck.

„W-W-Was …“, stotterte Dustin und merkte nicht mal, dass das Wesen nun direkt vor ihm stand.

„Calu? Was hast du, Calu?“

„Wie süüüüüüüüß!!“ Mays Aufschrei ließ sowohl Dustin als auch das Wesen heftig zusammenzucken. Schon hatte sie es sich geschnappt und drückte es an sich.

„Wie weich es ist. Du bist das Wesen von gestern Nacht oder? Wie heißt du?“ Dustin sah zu ihnen.

„Und vor allem … WAS bist du?“ Das Wesen sah sie beide mit großen Augen an.

„Ich bin Calumon, Calu. Und ich bin ein Digimon und komme aus der Digiwelt. Freut mich euch kennen zu lernen, Calu.“

Calumon und Co.

„Calu, calu, calu, calu …“, mit den Augen verfolgten Cathy, Holly und May den Weg, welchen Calumon durch Dustins Zimmer unternahm. Es sprang auf sein Bett, eines seiner Regale oder beides nacheinander und zog manchmal seine Kreise auf dem Boden.

„Da wird man ja bekloppt, stellt es mal bitte jemand ruhig?“, sagte Chris der Calumon ebenfalls hin und wieder beobachtet hatte.

„Calu?“ Es blieb vor ihm stehen und sah fragend zu ihm auf.

„Du bist ein Spielverderber, Calu“, sagte Calumon nickend und setzte sich auf Mays Schoß. Chris schnaubte nur bei dieser Bemerkung. Cathy grinste und streichelte das Digimon am Kopf.

„Eines muss man Calumon lassen, es hat eine gute Menschenkenntnis“, sagte sie kichernd. Chris überhörte auch dieses mit Absicht. Kurt, der sich bis jetzt mit dem PC befasst hatte, wandte sich ihnen zu.

„Jetzt hört doch mal auf. Weiß jemand wie wir Calumon nach Hause schicken können? Wir brauchen Vorschläge.“

Die Zimmertür ging auf und ein mit Getränken beladener Dustin betrat den Raum. Die gefüllten Gläser standen auf einem Holztablett, welches er mit einer Hand tragen konnte, aber er nahm aus Vorsicht lieber beide Hände. Er stellte das Tablett auf seinem Schreibtisch ab und schloss dann die Zimmertür. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen.

„Ehe einer fragt, nein, es ist nicht ein Glas zu viel. Das kleine da ist für Calumon.“ Calumon schwebte hoch zu dem Tablett und sah das kleine Glas an.

„Calu, lecker, süße Cola.“ Sofort stürzte es sich darauf und saugte am Strohhalm, der aus seinem Gläschen ragte. Die Anderen nahmen sich je ein Glas und tranken einen Schluck.

„Meine Mum hat echt Nerven aus Draht. Calumon ist ab jetzt inoffiziell unser Haustier“, erklärte Dustin und setzte sich aufs Bett. Sein Blick wanderte zum Monitor, auf dem die Google Startseite aufgerufen worden war. Sein Blick schien offenbar Bände zu sprechen denn Cathy meldete sich mit einem deutlichen: „Genau das Selbe habe ich auch gedacht“

Dustin grinste leicht und Kurt schmollte.

„Habt ihr etwa eine bessere Idee?“, schnauzte er.

„Wieso fragen wir nicht einfach Calumon selber, wie man zu dieser Digiwelt kommt?“ Calumon allerdings war eher damit beschäftigt mit großem Genuss und langsamen Zügen sein Glas zu leeren. Kurt räusperte sich laut, doch immer noch machte das Digimon keine Anstalten seine Aufmerksamkeit vom Glas zu lösen.

„Calumon!“, rief Kurt dann. Calumon zuckte heftig zusammen und sah mit großen Augen zu ihm rüber.

„Was ist denn, Calu?“ Kurt seufzte und deutete auf eine Weltkarte, die er auf einer Internetseite aufgerufen hatte.

„Kannst du uns zeigen, wo diese Digiwelt ist, von der du herkommst?“ Calumon sah nicht einmal auf den Monitor, sondern ging zu der Maus des PCs, schloss mit einem gezielten Klick das Fenster und deutete auf den Icon des Internet Explorers.

„Dort, Calu“, sagte es und ehe einer fragen konnte sprach es weiter.

„Wir Digimon bestehen aus Daten, Calu. Und unsere Digiwelt befindet sich im, von euch Menschen, so genannten Cyberspace.“ Kurt nickte und sah interessiert aus.

„Also bedeutet Digimon wirklich Digitales Monster. Wahnsinn“, meinte er eher zu sich selbst als zu den anderen. Obwohl Dustin es noch nicht wirklich verstanden hatte, war ihm eines ganz klar und er sprach es laut aus:

„Also können wir dich nicht nach Hause schicken?“ Calumon schüttelte leicht den Kopf und sah traurig zu Boden.

„Ich wüsste nicht wie, Calu …“, murmelte es und seine Augen wurden leicht wässrig. Die Mädchen nahmen es sofort an sich und knuddelten es.
 

Die Zimmertür öffnete sich nur wenige Minuten später und Rose trat herein. Sie trug einige Snacktüten auf dem Arm und setzte sich zu den Mädchen.

„Hallo Calumon. Guck mal hier. Willst du ein paar Salzstangen?“, fragte Rose lächelnd und hielt Calumon eine Salzstange hin.

„Salzstangen, Calu?“ Es nahm sie und knabberte, ähnlich wie ein Nager, daran rum, ehe es den Rest der Stange auf einmal runterschluckte.

„Mehr, Calu!“, rief es freudig. Rose und die Mädchen kicherten.

„Waren Sie sehr verwundert wegen Calumon?“, fragte Holly und nahm sich einen Kartoffelchip. Die Frau nickte und reichte Calumon eine weitere Salzstange.

„Erst dachte ich Dustin hätte ein Plüschtier dabei gehabt, aber als dieses sich dann hungrig auf die Würstchen gestürzt hatte, wollte ich erst die Polizei rufen. Aber es ist einfach zu süß und ich habe es gelassen. Außerdem will ich nicht, dass irgendwelche Forscher an ihm rumexperimentieren.“ Die Mädchen nickten. Chris schien gerade an etwas zu denken.

„Allerdings haben Forscher, bessere Möglichkeiten als wir um etwas herauszufinden. Vielleicht wissen sie ja schon etwas von der Digiwelt“, sagte er und sah zu Calumon, welches auch tatsächlich nickte.

„Es gibt Menschen, die von der Digiwelt wissen, Calu. Einige davon scheinen sich aber offenbar gezielt Zugang zu unserer Welt zu verschaffen um Digimon in eure Welt zu holen, Calu.“ Alle sahen auf. Kurt und Dustin sahen sich an und nickten. So etwas hatten sie schon länger in Verdacht gehabt. Diese mysteriösen Attentate, diese unerklärbaren Naturkatastrophen, alles würde sich durch das Eingreifen seltsamer Wesen erklären. Kurt begann wild auf der Tastatur herumzutippen, doch nach kurzer Zeit hörte er abrupt auf und sah auf den Monitor.

„Leute“, begann er leise und wurde langsam lauter.

„Irgendetwas stimmt hier nicht.“ Alle sahen zum Bildschirm. Er war pechschwarz, doch hin und wieder flogen Linien die aus Einsen und Nullen bestanden durchs Bild und es wurden immer mehr.

„Sind wir hier bei Matrix?“, fragte Chris leicht irritiert und als wolle ihm jemand antworten, erklang eine Stimme aus den Boxen des PCs.

„Calumon …“ Das Digimon horchte auf, spannte seine Ohren weit aus und schwebte auf den Schreibtisch um auf den Bildschirm zu sehen.

„Calu, diese Stimme …“, murmelte Calumon und trat näher an das Bild. Dieses färbte sich nun pechschwarz, doch urplötzlich strahlte es in einem grellem weiß. Das Licht, was von dem Monitor ausging, war so hell, dass sich alle wegdrehten oder die Hände auf ihre Augen legen mussten. Nach wenigen Sekunden war es jedoch vorbei. Zwar war der Monitor weiterhin weiß, jedoch erträglicher anzusehen als vor wenigen Augenblicken. Calumon sah genauer hin, doch schon musste es sich blitzschnell ducken. Sechs Lichtstrahlen schossen aus dem Bild jeweils auf eines der Kinder zu. Diese wollten aus dem Weg springen doch Calumon fing an zu schreien:

„Auffangen, Calu!“ Im Nachhinein wäre es den Kindern klar geworden, dass sie eh nicht rechtzeitig weggekommen wären. Auch ihre Hände brauchten sie nicht zu heben. Die Strahlen schossen jedem Einzelnen genau in die rechte Hand. Das Leuchten erstarb in ihrer Hand und jeder riss sich gerade zu die Hand bis vor das Gesicht. Jeder von ihnen hatte ein kleines Gerät in der Hand. In der Mitte befand sich ein kleines Display und links und rechts davon befanden sich je zwei kleine Tasten. Jedes dieser kleinen Geräte war weiß, doch hatte jedes von ihnen eine andere Farbe als Umrandung. Calumon war total aufgeregt und hüpfte auf und ab.

„Calu! Das ist ein Digivice, Calu, nein gleich sechs!“ Rose stand auf, ging zu Calumon, nahm es auf den Arm und tätschelte es.

„Ganz ruhig. Was hast du denn plötzlich?“ Doch bevor Calumon anfangen konnte etwas zu erklären, erklang erneut diese Stimme aus den Computerboxen.

„Calumon, kannst du mich hören?“ Das Digimon sprang wieder vor den Monitor.

„Calu, ich bin hier! Seid Ihr das, Meister Azulongmon?“ Langsam, aber sicher, erschien auf dem Monitor ein verpixeltes Bild. Die Kinder und Rose schienen nichts erkennen zu können, doch Calumon machte einen freudigen Hüpfer.

„Calu! Ihr seid es! Ich erwarte Eure Befehle.“ Die unerkennbare Figur auf dem Monitor schien sich leicht zu bewegen. Als die Stimme erneut erklang, war sie nun klarer zu verstehen.

„Ich bin so froh, dass es dir gut geht Calumon. Noch glücklicher bin ich über die Tatsache, dass du zudem auch noch durch Zufall bei den auserwählten Kindern gelandet bist. Ich hoffe, es ist dir trotz allem gut ergangen“, sprach das Wesen. Calumon nickte.

„Ja, Calu. Und sie sind alle wirklich sehr nett zu mir. Sagt, was soll ich nun mit den Digirittern hier erledigen?“, fragte Calumon und deutete hinter sich zu den fragenden Gesichtern. Azolongmon schwieg kurz, dann sagte es:

„Bitte tritt etwas zurück, ich möchte mit den Kindern sprechen. Und ich muss mich beeilen, die Verbindung wird sicher nicht mehr allzu lange andauern“, Calumon ging zur Seite und die Kinder kamen näher an den Monitor. Zu gerne hätten sie dieses Wesen etwas klarer zu sehen. Sie mussten raten, was es darstellen sollte. Da der Monitor allerdings ganz von dieser Kreatur bedeckt war, tippten sie darauf, dass es sehr groß sein müsste. Die Stimme begann erneut zu sprechen.

„Zuerst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass ihr Calumon netter Weise bei euch versteckt und nicht euren Behörden übergeben habt. Nun möchte ich mich vorstellen. Mein Name ist Azulongmon und ich bin einer der 4 Schutzwächter der Digiwelt. Ihr werdet sicher längst erraten haben, dass auch ich ein Digimon bin. Lasst mich am besten von ganz vorne anfangen, um zu erklären, was von euch erwartet wird. Ihr müsst wissen, dass es neben eurer Welt, eine weitere Welt gibt, welche eurer recht ähnlich ist, jedoch auf einer digitalen Existenzebene im Computernetzwerk der Erde liegt.

Man kann auch sagen, dass die Digiwelt das Spiegelbild eurer Welt ist. Schließlich basiert sie auf den Daten, die ihr Menschen im Laufe der Jahre im Cyberspace gespeichert habt. Wir Lebewesen, die Digimon, bestehen ebenfalls aus Daten, doch trotz allem brauchen wir Nahrung, Schlaf und Luft um zu leben. Die Digiwelt grenzt an eine Firewall, welche uns vor den negativen Einflüssen eurer Welt schützt und umgekehrt funktioniert es genau so.

Lange Zeit wusste keiner der beiden Seiten, dass die andere überhaupt existiert, doch eines Tages begann sich die Firewall zu verändern. Sie wurde lückenhaft und so geschah es, dass sich hin und wieder für kurze Zeit Tore öffneten, welche beide Welten miteinander verbanden. Wir vermuten, dass einige Menschen die Firewall mit Viren attackiert hatten um auf die andere Seite gelangen zu können. Sie hofften wohl auf wichtige Daten zu stoßen, doch stießen sie auf etwas, für sie, viel Interessanteres. Seid dem wird die Firewall immer wieder angegriffen um Raumtore zu öffnen, wodurch Digimon aus unserer in eure Welt gelangen. Sicherlich sagt euch der Name Omega etwas. Diese Leute sind es nämlich, die sich immer wieder die Zugänge gewähren“, Azulongmon hielt inne.

Wahrscheinlich, damit die Zuhörenden das Ganze erstmal verdauen konnten. Kurt war plötzlich so wach wie nie und schien höchst interessiert. Die anderen waren auf halber Strecke oder sogar früher hängen geblieben. Als Dustin allerdings den Namen Omega hörte, rastete etwas in seinem Hinterkopf ein. Erst neulich Abend war doch etwas von ihnen in den Nachrichten zu hören gewesen. Schließlich fuhr Azulongmon fort.

„Ich möchte, dass ihr euch die Dinger in euren Händen einmal anseht. Man nennt sie Digivice und sie zeigen, dass ihr Digiritter seid. Auf dem Display solltet ihr etwas erkennen können“

Alle taten wie geheißen und tatsächlich war etwas Ovales zu sehen. Dustins Form hatte innen drin noch pixelige Punkte. Er sah zu Chris und seinem Digivice. Er hatte die selbe Form, allerdings waren in seiner streifen verteilt. Die anderen hatten wohl ähnliche Dinge auf ihrem Display.

„Für mich sehen die Dinger aus wie …“, begann May zaghaft und alle sahen zu ihr.

„Na ja … wie Eier“, schloss sie und wurde mit jedem Wort leiser. Obwohl die anderen ihr nur zustimmen konnten, sagte es keiner laut. Azulongmon schien May gehört zu haben.

„Genau so ist es“, sagte es und alle sahen wieder zum Monitor.

„Wenn es soweit ist, werden daraus echte Digimon schlüpfen. Und da sie dann eure Partner sind, müsst ihr euch sehr sorglich um sie kümmern.“

„Wir sollen sie erziehen?“, fiel ihm Cathy etwas laut ins Wort.

„So kann man es auch sagen, ja“, sagte Azulongmon und es schien ihm nichts auszumachen einfach unterbrochen worden zu sein. Chris musste etwas grinsen und sah auf das Gerät in seiner Hand, welches ein leises Piepen hören ließ.

„Aus diesem Tamagotchi soll also etwas Lebendes kommen. Sicherlich“ Jedem im Raum und auch Azulongmon, fiel der sarkastische und ungläubige Unterton auf. Calumon schwebte zu Boden, ging zu Chris holte mit einem Fuß aus und trat gegen sein Schienbein. Der Junge zuckte zusammen.

„Au!“, stieß er hervor und rieb sich die Stelle. Calumon fuchtelte mit einer Faust wütend in seine Richtung.

„Du, hör auf Meister Azulongmon lächerlich zu machen, Calu! Es hat immer Recht!“

„Hör auf Calumon, sei verständnisvoll“, sagte Azulongmon ruhig.

„Für sie alle muss diese gesamte Situation gerade sehr seltsam wirken. Aber glaube mir junger Mann, daraus werden lebende Digimon schlüpfen. Kommen wir zu dem eigentlichen Grund meiner Störung zurück. Uns Wächtern ist aufgefallen, dass gerade aus eurer Stadt die meisten Angriffe auf die Firewall stattfinden. Folglich sind die meisten Digimon bei euch. Deshalb sollt ihr nun diese Digimon zurückschicken und die Ursache der Angriffe herausfinden. Anschließend müsst ihr unbedingt verhindern, dass es weitere Virenangriffe auf unsere Welt gibt. Ich lese in euren Augen, dass ihr euch nun fragt, wieso ihr das tun sollt. Es ist ganz einfach. Sollte diese Firewall jemals zusammenbrechen, ist ein zusammentreffen unserer beider Welten unaufhaltbar“ Keiner wusste genau etwas mit dieser Erklärung anzufangen. Dann stellte Kurt eine Frage:

„Du … ähm Sie meinen … die reale Welt und die Digiwelt, würden sich verbinden?“ Azulongmon schwieg kurz, dann:

„Wie soll ich es euch am besten erklären? Selbst wir wissen nicht genau was passieren würde. Es gäbe zwei Möglichkeiten. Eine Fusion, dass wir beide Welten zu einer machen und die würde zu einem riesigen Chaos unter beiden Völkern führen oder einen Crash auslösen könnte. Das bedeutet, beide Welten würden einfach aufhören zu existieren. Versteht ihr nun die Dringlichkeit eurer Mission?“ Die Angesprochenen nickten, auch wenn ihnen das alles noch viel zu unrealistisch vorkam.

„Nun zu dir Calumon“, sagte Azulongmon und Calumon horchte auf. „Die Verbindung wird jeden Moment abbrechen. Hilf den Kindern wenn sie fragen haben und erledige deine Aufgabe. Zwar war es ein Raumloch, was dich in die Menschenwelt gebracht hat, aber es war ein glücklicher Zufall. Du weißt was zu tun ist. Und noch etwas. Im Digivice der Stärke, habe ich dir ein Programm installiert, welches du auf dich kopieren solltest. Das Aktivierungswort lautet: Digitama. Verstanden? Digitama.“ Calumon nickte und salutierte.

„Ja, Meister Azulongmon.“ Das Bild begann zu flackern. Azulongmons Stimme klang immer verzerrter.

„Gut, Digiritter, viel Glück. Ich denke wir werden uns bald persönlich treffen. Und passt gut auf Calumon auf.“ Das Bild verblasste, wurde schwarz und schließlich war wieder die Google-Startseite auf dem Monitor zu sehen. Calumon wandte sich sofort zu den anderen um.

„Schnell, Calu, wer hat das Wappen der Stärke?“ Doch als es nur fragende Blicke als Antwort bekam, schwebte es zu jedem einzelnen und drückte auf die linke, untere Taste am Digivice. Bei Holly schüttelte es den Kopf, als ein Symbol auf dem Monitor aufleuchtete.

„Was heißt das Calumon?“, fragte Holly interessiert. Calumon schwebte zu Kurt, drückte auf den selben Knopf und schüttelte abermals den Kopf, doch es begann zu erklären.

„Das sind Digirunen, Calu. Jede Rune hat eine Bedeutung und sie zeigt eure stärkste Charaktereigenschaft. Holly, dein Wappen, ist das der Zuneigung, Calu. Kurt hat Offenheit und Cathy hier hat Fürsorge, Calu. Nun Chris. Nein, Calu, du hast Treue. May? Ah, du hast Selbstständigkeit. Na endlich, Calu. Dustin, wieso sagst du nicht einfach, dass du das Wappen der Stärke hast, Calu?“ Dustin legte sein Digivice auf den Tisch und Calumon begann auf den Tasten rumzudrücken.

„Weil ich sie nicht lesen kann, Calumon“, sagte Dustin murrend und sah zu den anderen. Sie sahen auf ihre Geräte und wiederholten ihre Wappen.

„Was habt ihr?“, fragte Dustin verwundert und alle sahen ihn an. Holly war knallrot im Gesicht angelaufen.

„I-Ich … ich habe … Zuneigung …“, stotterte sie und schien teils verlegen und teils irritiert. Dustin lächelte leicht.

„Na ja … passt doch oder nicht?“ Holly wandte sich ab und hockte sich in eine Ecke. Chris sah auf sein Wappen.

„Treue? Wie uncool. Was soll an Treue so toll sein? Stärke ist was Vernünftiges, aber Treue?“ Dustin klopfte ihm auf eine Schulter.

„Hey, das passt perfekt. Hast du uns je wirklich hängen lassen, wenn du bescheid wusstest?“, fragte er, doch Chris verzog nur das Gesicht. Cathy schnaufte spöttisch auf.

„Fürsorge, pah. Wie es anderen geht ist mir doch nun wirklich egal“, sagte sie und versuchte kalt zu klingen, was ihr allerdings nicht wirklich gelang. Dustin kratzte sich am Kopf und kramte in seinem Gehirn einige gut gewählte Worte zusammen.

„Aber … du hast mal … ein Kätzchen mit nach Hause genommen und …“

„Das ist etwas ganz anderes!“, fiel sie ihm prompt und barsch ins Wort, worauf er sofort verstummte.

„Das war ein hilfloses Tier, kein Mensch“ Dustin ließ es einfach bleiben. Zu May und Kurt ging er gar nicht erst. May sah sehr zweifelnd Calumon zu und er konnte ganz genau sehen, wie ihre Lippen stumm das Wort Selbstständigkeit formten, worauf hin sie nur den Kopf schüttelte. Kurt sah eher ausdruckslos auf sein Digivice, auf dessen Display das Symbol verschwand und Platz für das Eierbild machte.

„Calu, endlich. Da ist es. So, Download.“ Alle sahen zu Calumon, welches kurz aufleuchtete und als das Leuchten erstarb in Richtung Spiegel schwebte um hineinzusehen. Es sah sich von vorne an, von der Seite und so gut es ging von hinten.

„Nichts hat sich verändert, Calu“, sagte es verwirrt. May schnippte und das Digimon wandte sich ihr zu.

„Hat es nicht gesagt, dass es ein Codewort gibt?“ Calumon nickte und setzte sich hin um besser nachzudenken.

„Es war was mit Digi. Ach ja genau, Calu. Digitama“ Ein lautes, aber nicht ohrenbetäubendes, kurzes Knallen und Rauch, welches das Digimon verdeckte war die Folge.

„Hui, das war ein Knall“, sagte Chris überrascht, der erschrocken zusammengezuckt war und einen kleinen Satz nach hinten getan hatte.

„Alles okay bei dir, Calumon?“, fragte Rose, welche immer noch auf ihrem Platz saß aber alles mitbekommen hatte.

„Ja Calu“, hustete Calumon. Langsam verzog sich der Rauch und gab den Blick frei. Calumon seufzte.

„Es muss einen Übertragungsfehler gegeben haben, Calu Ich fühle mich genauso wie … Calu? Was schaut ihr mich alle so an?“ Ausnahmslos alle Anwesende sahen mit großen Augen zu Calumon. Dieses verstand nicht was los war und hob langsam einen Arm an. Dies schien Rose ein Startsignal für einen Aufschrei gegeben zu haben, welches sie sofort wahrnahm.

„Sohn, Chris, Kurt, raus! Aber dalli!“ Die Jungs erwachten aus ihrer Starre, Dustin griff blitzschnell sein Digivice und alle drei Jungs verließen so schnell es ging das Zimmer und schlossen die Tür.

„Aber was …“, begann Calumon, doch Cathy ging zu ihm, griff es unter den Achseln und stellte es auf seine Beine.

„Moment mal, Calu, wieso bist du so groß wie ich?“ Doch Cathy antwortete nicht sofort, sondern griff dem Digimon an die Schultern und drehte es um 180 Grad herum.

„Schau selbst“, sagte Cathy und Calumon sah in den Spiegel. Es sah Cathy, doch Cathy stand hinter einem Mädchen, mit hellrosa Haaren und großen Augen. Erst sehr langsam und durch die Tatsache, dass als Calumon den rechten Arm wieder sinken ließ und es das fremde Mädchen im Spiegel auch tat, wurde es dem Digimon klar und es ließ einen kurzen, aber schrillen Aufschrei hören.

„Calu! Ich bin ein Mensch!“ Langsam sackte es zusammen und blieb breitbeinig vor dem Spiegel sitzen. Holly kreischte auf und sah weg. Cathy kratzte sich am Kopf und betrachtete Calumon von oben.

„Nicht nur ein Mensch Calumon, ein Mädchen.“

„Ein hübsches Mädchen.“, fügte May hinzu, setzte sich eben Calumon und piekte es kurz in die Seite, offenbar um zu testen, dass sie nicht doch einen Sehfehler hatte.

„Calumon, sieh mich bitte mal an“, sagte Rose, welche sich auf Calumons andere Seite gesetzt hatte und das Digimon wandte ihr den Kopf zu. May sah prüfend in Calumons Gesicht, welches hin und wieder verwirrt und auch leicht verängstigt blinzelte. Rose musste leicht lächeln.

„Gott, wie süß du aussiehst. Und dieser Gesichtsausdruck gerade … da würde jeder Junge dahin schmelzen. Und du hast so schöne, große Augen und … Moment mal“ Sie tippte dem Digimon kurz auf die Stirn und rieb ihren Finger leicht hin und her.

„Fühlt sich normal an, aber schaut mal Mädchen. Auf ihrer Stirn … dieses Zeichen“ May und Cathy setzten sich zu Rose, doch Holly sah weiterhin weg. Cathy nickte.

„Ja, das hatte sie auch als Digimon. Geht es nicht weg?“, fragte sie. Rose schüttelte den Kopf.

„Leider nein. Ich denke dieses Azulongmon hat ihr das für die Tarnung gegeben. Aber dass man dieses Zeichen noch sehen kann hat es wohl nicht bedacht. Und dass sie Kleidung gebrauchen könnte. Aber wir könnten ihr ja ein Stirnband umbinden, was sagt ihr?“ Die Mädchen nickten.

„Und was zum anziehen besorgen“, fügte Holly leise hinzu. Cathy kicherte.

„Nun komm schon her Holly, das ist ein Mädchenkörper, kein Junge. Das alles hast du doch auch an dir dran“, sagte Cathy und grinste. Holly lief noch röter an. Calumon sprach jetzt auch mal wieder und ausnahmslos alle sahen es an.

„Aber Calu, muss ich jetzt für immer so rumlaufen?“, es schrie die Frage fast.

„Weißt du Calumon ... das ist jetzt nur eine Idee, aber sage das Wort noch mal“, sagte May und Calumon tat es sofort.

„Digitama“ Erneut knallte es und als sich der Rauch verzogen hatte, saß wieder das kleine, weiße Digimon auf dem Boden. Holly seufzte und klopfte an die Tür um den Jungs zu zeigen, dass sie wieder reinkommen konnten. Langsam ging die Tür auf Kurt sah prüfend ins Zimmer. Als er keine Gefahr entdecken konnte ging er hinein und die zwei anderen Jungs folgen ihm.

„Was für ein Stress“, sagte Kurt und trank sein Glas aus. Dustin setzte sich aufs Bett, wo schon Calumon und Cathy saßen.

„Was sollte jetzt noch passieren?“, fragte er und als wolle das Digivice in seiner Hand seine Frage beantworten, fing auf diesem das Display an zu leuchten.

„Was denn jetzt schon wieder?“, sagte er genervt und sah darauf. In der nächsten Sekunde schwebte ein großes, buntes Ei aus dem Digivice und landete sanft auf dem Bett. Dustin nahm es auf den Arm und sah es irritiert an. Plötzlich bekam das Ei einen Riss und dieser zog sich mehr und mehr um es herum.

„L-Leute …“, sagte Dustin langsam doch nun sah er, dass jeder von ihnen das selbe Szenario hatte. Jeder hatte ein riesiges Ei auf dem Arm oder auf dem Schoß und sah mit weit aufgerissenen Augen zu, wie mehr und mehr Risse sich einen Weg durch die Schale bahnten. Dann gab es ein leises Ploppen und wo noch zuvor das Ei war, hockte nun ein kleines Digimon. Dustin nahm seines vorsichtig in beide Hände und hob es hoch genug um ihm in die Augen sehen zu können. Sein Digimon war hart, fast wie Metall, hatte eine Art kurzes Kabel als Schweif und rote Augen, die an kleine Glühbirnen erinnerten. Er hätte es fast Roboter genannt, aber das Quieken was von diesem Wesen ausging und die Tatsache, dass es blinzeln und sich bewegen konnte, waren ihm Beweis genug, dass es wohl doch ein lebendes Digimon war. Er sah zu den Anderen.

Cathy stach sanft mit einem Finger in etwas, was wie ein weißhaariger Ball mit Augen und zwei lilafarbenen Fühlern aussah und bei jedem Stecken ein Brummen hören ließ.

Chris hatte ein weißes Digimon auf dem Arm, was aus der Ferne wie ein abgetrennter Eisbärenteddykopf mit schwarzen Augen aussah.

Mays Digimon sah fast aus wie das von Chris, nur war ihres schwarz und hatte gelbe Augen. Kurts Digimon erinnerte an grünen Wackelpudding mit kleinen, schwarzen Augen und eine Art Schnuller an der Stelle, wo sich der Mund hätte befinden müssen. Bei jedem Geräusch, welches das Digimon machte, wippte diese schnullerähnliche Gliedmaße.

Auf Hollys Schoß saß ein rotes Digimon, mit weißen Augen und drei Beulen auf dem Kopf. Calumon schwebte freudig über den Kindern herum und Rose sah sich jedes Digimonbaby mit entzückten Augen an.

„Calumon ..:“, begann Kurt dann langsam, während sein Digimon sich die Mündung von Calumons Strohhalm schnappte und begann den Rest Cola auszutrinken.

„Was machen wir denn jetzt?“ Calumon landete neben Holly und streichelte das rote Digimon auf ihrem Schoß.

„Calu, ihr müsst sie wie Babys aufziehen. Ihr Menschen könnt doch Babys großziehen habe ich gehört, Calu“ May hielt ihr Digimon vor sich und sah ihm in die Augen.

„Du willst also sagen wir müssen es, da es ja gerade auf die Welt gekommen ist, stillen, ja?“ Alle sahen irritiert zu Calumon, dieses legte fragend den Kopf schief.

„Was ist stillen, Calu? Wenn du füttern meinst, sie essen ganz normal was ihr auch esst. Haltet sie einfach bei Laune, Calu. Lasst mich jetzt mal eure Partner vorstellen“ Es deutete auf das rote Digimon, welches sich gerade in Hollys Top verbissen hatte und leicht daran zog.

„Das ist ein Punimon, Calu“ Holly schaffte es Punimon von dem Stoff zu lösen, ohne dass etwas geschah und hielt es vor ihr Gesicht.

„Hallo Punimon, ich bin Holly.“ Punimon blinzelte und fing freudig an unsinnige Laute zu brabbeln.

„Süß“, kam es synchron von Holly, Cathy, May und Rose. Calumon schwebte zu Kurt.

„Das ist Pabumon … Calu! Lass meine Cola!“ Zu spät. Pabumon ließ von dem Strohhalm ab und ließ ein Bäuerchen hören. Kurt kicherte und tippte dem Baby sanft auf dem Kopf.

„Hey Pabumon, ich bin Kurt.“ Das Digimon wandte sich zu Kurt um und lächelte. Calumon blieb zwischen Chris und May in der Schwebe.

„Calu, May das ist ein Botamon und Chris, du hast ein YukimiBotamon.“ Während YukimiBotamon gähnte und die Augen halb geschlossen hatte, fing Botamon an auf May herumzuklettern, als sein Name erwähnt wurde. May hielt es kichernd davon ab auf ihren Kopf zu hüpfen und drückte es wieder leicht an sich, worauf dieses etwas schmollte. Cathy nahm ihr Digimon hoch und hielt es Calumon vors Gesicht. Beide Digimon blinzelten sich an, dann fing Cathys Digimon an freudig zu quieken. Calumon lachte.

„Das ist Yuramon, Calu“ Cathy sah ihr Digimon an.

„Na ja flauschig ist es ja. Okay ich behalte es“, sagte sie und knuffte es sanft. Yuramon blinzelte verwirrt, verlor allerdings seine gute Laune nicht. Dann kam Calumon zu Dustin, der sich über die summenden und piepen Geräusche seines Digimon wunderte.

„Das ist MetalKoromon, aber ... Calu, wieso ist es so aufgeregt?“ Dustin setzte es sich auf den Schoß und beobachte es von oben. Sein Digimon vibrierte leicht.

„Ich habe keine …“, er verstummte mitten im Satz und verzog angewidert das Gesicht.

„Calu! Was hast du Dustin?“ Alle sahen zu ihm.

„Es … es … es hat mich … voll gekackt!“, schrie er und verlies leise fluchend das Zimmer. MetalKoromon machte ein Gesicht als sei ihm eine große Last abgenommen worden.

Kennenlernen leicht gemacht?

„Der Strom scheint wieder ohne Probleme zu fließen“, sagte Rose und sah prüfend zu einer Steckdose, als würde sie erwarten, dass gleich etwas herausspringen würde. Dustin hatte gerade die letzte Digitaluhr im Haus wieder richtig eingestellt.

„Ja“, sagte er und setzte sich wieder an den Esstisch.

„Und alle Uhren ticken wieder richtig.“

Calumon saß vor ihm auf den Tisch und schleckte an seinem Schokoladeneis, welches es von Rose als Nachtisch bekommen hatte.

„Da füttert man euch zwei mit Bratkartoffeln und schon wird einer von euch größer“, murmelte Dustin und sah aus den Augenwinkeln zu dem plüschigen Digimon, welches neben ihm auf einem Stuhl hockte. Es war am ganzen Körper mit einer Art blauweißem, weichem Pelz bedeckt. Auf dem Kopf trug es einen grauen Helm mit zwei Hörnern und hinten hatte es einen plüschigen Schweif. Es sah zu Dustin auf und lächelte.

„Ja war echt super lecker. Ich war so satt, dass ich einfach digitiert bin“, sagte es mit einer piepsigen Stimme. Calumon sah zu Dustin.

„Wenn Digimon digitieren, kann es zu kurzen Störungen in elektronischen Geräten kommen. Das ist ganz normal.“ Nach der kurzen Erklärung schleckte es weiter an seinem Eis. Der Fernseher lief im Hintergrund und Kapurimon, welches aus MetalKoromon entstanden ist, sah interessiert hin. Dustin hatte fast 10 Minuten gebraucht, um ihm die Funktionsweise eines Fernsehers zu erklären.

„Bugs Bunny ist toll. Nur wieso kann er so tiefe Löcher graben?“ Dustin lachte.

„In Zeichentrickfilmen geht das.“

Kapurimon sah nicht vom Fernseher weg, stellte die Frage aber trotzdem.

„Was heißt Zeichentrickfilm?“ Wenn Dustin ehrlich war, ging ihm dieses ständige Nachfragen doch sehr auf die Nerven.

„Das sind Fernsehserien, die gezeichnet, also nicht echt sind. Bugs Bunny ist gezeichnet. Also Zeichentrickfilm.“ Das kleine Digimon nickte.

„Ah, ich verstehe.“ Als Bugs Bunny einen offenbar besonders lustigen Streich vorführte, fingen sowohl Kapurimon als auch Calumon an heftig zu lachen.

Rose betrat das Wohnzimmer und stellte einige Knabbersachen auf den Tisch. Calumon schluckte sein Eis schnell runter und stürzte sich auf die Schüsseln, doch Dustin griff es an einem Arm und hielt es nur Zentimeter vor der ersten Schüssel zurück.

„Calu! Lass mich bitte los!“ Doch Dustin zog das kleine Digimon zu sich ran und sah ihm in die Augen.

„Du hattest Bratkartoffeln, ein Eis und jetzt noch Chips und Kräcker? Du solltest lieber aufhören für heute, sonst wirst du zu dick.“ Während er den letzten Satz zum Besten gab, drückte er Calumon einen Finger in den Bauch. Jedes Mal wenn er die Digimon berührte, kam ihm das Gefühl ihrer Haut sehr seltsam vor. Calumons Hautoberfläche konnte er gar nicht wirklich zuordnen. Sie fühlte sich glatt und zugleich doch etwas rau an, weich und leicht elastisch, aber zugleich recht fest. Seine Augen blieben an dem Symbol hängen, was Calumon auf der Stirn hatte. Er hätte sich täuschen können, doch er war sich recht sicher, es leicht rötlich leuchten gesehen zu haben, als Kapurimon digitiert war.

„Calumon, was ist das für ein Zeichen? Ist es einfach nur zur Zierde?“ Das Digimon schielte kurz nach oben, dann kratzte es sich mit der freien Hand den Kopf.

„Das ist etwas schwer zu erklären, Calu … sagen wir einfach, es ist für die Evolution der Digimon sehr wichtig, Calu“, meinte es dann und sah aus den Augenwinkeln wieder zu den Schüsseln mit Knabberzeug. Rose lächelte leicht und schob Calumon eine Schüssel immer näher ran, ohne dass Dustin etwas merkte. Dieser sah aus dem Fenster, allerdings ohne Grund.

„Das ist eher ein Thema für Kurt schätze ich. Morgen ist Samstag, da kann es ihm Calumon erklären“, dachte er und sah wieder auf den Tisch. Calumon steckte sich gerade einen Salzkräcker in den Mund und fing freudig an darauf rumzukauen.

„Mama, du verwöhnst Calumon zu sehr. Wieso hast du das nie bei mir gemacht?“ Rose lachte und schnappte ihm das Digimon aus der Hand weg, um es auf den Tisch abzusetzen.

„Du bist ja auch kein Gast, Dustin“, sagte sie und streckte ihm die Zunge entgegen.

„Ich bin dein Sohn!“, rief er und spielte seiner Mutter gekonnt Empörung vor. Diese grinste nur und winkte ab.

„Das ist kein Grund. Dich muss ich jeden Tag ertragen, Calumon irgendwann nicht mehr“, erklärte sie und beendete das Theater indem sie begann Calumon zu füttern. Dustin sah auf den Stuhl neben sich. Kapurimon saß noch immer da und sah Duffy Duck gerade zu, wie er eine Bruchlandung hinlegte.

„Hey Kapurimon, willst du auch einen Kräcker?“ Ehe das Digimon fragen konnte, was denn ein Kräcker sei, hielt Dustin ihm auch schon einen unter die Nase. Es schnüffelte kurz daran, dann schnappte es gierig zu. Dustin zog seine Hand schnell weg, da er fast befürchtete sie zu verlieren.

„Digimon scheinen echt Hunger zu haben“, dachte er, gab sich mit einem Schluck Saft aus seinem Glas zufrieden und sah zu der Uhr über dem Türrahmen, der sich links von ihm befand und in die Diele führte.

„Ich glaube ich gehe baden. Also mich mit Wasser sauber machen“, ergänzte er sofort, denn er nahm aus dem Augenwinkel die Bewegung von Kapurimon wahr, welches sich schon zu ihm umgedreht hatte, bei der Erklärung aber wieder zum Fernseher sah.

„Geht ihr Digimon auch baden?“, fragte Rose zu Calumon. Dieses musste erst schlucken um sprechen zu können.

„Ja Calu, viele Digimon gehen gerne baden. Ich auch, also komme ich mit, Calu!“ Es sprang vom Tisch und landete elegant auf Dustins Schulter.

„Und du?“, fragte er und wandte sich Kapurimon zu, welches den Kopf schüttelte und sagte:

„Dann wird ja mein Fell ganz nass.“

„Ach so. Na dann, okay. Bis gleich“, sagte Dustin, ging in die Diele und man konnte kurz darauf hören, wie er die Treppe hochging. Rose steckte sich einen Strohhalm in ihr Getränkeglas und fing an daran zu saugen.

„Schön, niedliche Digimon im Haus zu haben. Schade ist nur, dass ich es meinen Freunden nicht sagen kann“, dachte sie in dem Moment doch dann kam ihr ein Gedanke, der ihre Augen zur Tür wandern ließ.

„Ich hoffe nur, dass Calumon sich benimmt“, schloss sie in Gedanken und begnügte sich damit sich neben Kapurimon zu setzen und Cartoons zu gucken.
 

„Blubberblasen! Blubberblasen! Ganz viele Blubberblasen!“ Das rosafarbene Digimon, welches diese Worte rief, hüpfte auf der Badewannenkante aufgeregt auf und ab. May, die gerade ihre Wäsche in einen Korb gelegt hatte, wandte sich dem Digimon zu, das in dem Moment eher an einen rosa gefärbten Ball erinnerte. Leicht kichernd fing sie es in der Luft auf.

„Was ist los Koromon?“, fragte sie und folgte mit den Augen einer von Koromons antennenähnlichen Gliedmaße, welche auf das Badewasser in der Wanne zeigte.

„Da sind ganz viele Blubberblasen im Wasser. Nur wie kommen die alle ins Wasser?“, fragte es und sah sie fragend an. May griff sich eine Tube, die auf einem Regal neben sie stand und zeigte sie dem kleinen Digimon.

„Das hier nennt man Badegel und wenn man das in die Wanne schüttet und Wasser darüber läuft, dann kommen eben Blasen hoch.“ Koromon nickte.

„Ah alles klar“, sagte es und hüpfte wieder auf den Badewannenrand um hinunter zu schauen.

„Ist alles voller Schaum?“, fragte May und kramte in einem Schrank nach etwas.

„Fast“, sagte Koromon und wandte sich ihr zu.

„Nur das Wasser steigt bedrohlich hoch.“ May schloss den Schrank und ging zur Wanne. Sie schloss den Wasserhahn und hielt einen Arm hinein.

„Hm … etwas zu warm. Aber dann können wir auch länger drin bleiben“, sagte sie, hob ein Bein und stieg langsam in die Wanne.

„Angenehm?“, fragte Koromon und sah ihr zu wie sie sich so ins Wasser legte, dass nur noch ihr Gesicht klar zu erkennen war.

„Ja, sehr“, sagte May und richtete sich noch mal kurz auf um sich Koromon zu schnappen und an sich ran zuziehen.

„So herkommen. Du badest mit.“ Mit diesen Worten sank sie wieder zurück und setzte sich Koromon auf die Brust. Es lag zwar nur bis zum Kinn im Wasser, aber das schien schon zu reichen. Das Digimon schloss kurz die Augen.

„Hm … schön warm“, nuschelte es und May lächelte.

„Ja und beim Baden kann man sich so herrlich entspannen. Deshalb lasse ich mir auch immer so gerne Zeit“, erklärte sie und griff nach einer Seife, die in einer Seifenschale an der Wand lag. Koromon sah die Seife erst verwirrt an, dann streckte es langsam seine Zunge danach aus um daran zu lecken.

„Nein“, sagte May sofort und hielt die Seife weiter von dem Digimon welches.

„Man darf nicht an Seifen lecken. Das kann ungesund sein. Das benutzt man um sich zu waschen. Ach ja und trinken darf man es auch nicht wenn es sich im Wasser löst“, fügte sie noch hinzu als Koromon ins Wasser starrte. Dann sah es sie wieder an.

„Aha. Ist gut. Ich pass auf. Ach übrigens, ging es dir beim Essen nicht so gut?“ May sah es fragend an, während sie sich einen Arm einseifte.

„Nein, eigentlich nicht. Wieso fragst du?“, fragte sie und Koromon schaute etwas verdutzt und sagte:

„Na ja hin und wieder hast du das Gesicht seltsam verzerrt, als hättest du auf etwas Saures gebissen.“ May ließ den Arm langsam sinken. Es gab da wirklich etwas.

„Du, Koromon… kann ich… kann ich dir etwas anvertrauen?“ Das Digimon blinzelte zweimal, dann nickte es und sah sie erwartungsvoll an. May holte tief Luft.

„Also. Du hast ja schon mitbekommen was eine Schule ist. Und dort gibt es Klassen, das sind sozusagen Gruppen von bis zu dreißig Schülern. Jedenfalls… es gibt da einen Jungen in meiner Klasse und der ist eigentlich so ziemlich der coolste Junge in unserer Klasse. Vorgestern, vor der Schule, kam er zu mir und sagte, dass er mich süß und voll cool finden würde. Da war ich irgendwie total aufgeregt.“ Koromon hörte zu, konnte aber nicht wirklich was damit anfangen. Das Problem wurde ihm nicht wirklich klar und deshalb fragte es nach: „Und was ist daran nun so schlimm?“ May holte erneut tief Luft, ehe sie weiter sprach:

„Nun ja, wir wollten uns dann gestern nach der Schule treffen. Doch in einer Pause bekam ich mit, wie er mit seinen Freunden über mich redete. Er wollte nur mit mir gesehen werden, da ich ja angeblich so beliebt bin um selbst noch beliebter zu werden. Ich meine, das ist doch lächerlich oder?“ Das kleine, rosafarbene Digimon schwieg kurz. Langsam glaubte es sich das Problem zusammenreimen zu können.

„Er hat dich also… ähm… veralbert?“, fragte es vorsichtig. May nickte und Koromon atmete auf. Offenbar hatte es alles richtig verstanden.

„Aber ich weiß nicht wieso… ich traute mich nicht es ihm gegen den Kopf zu werfen, was für ein Blödmann er ist. Und ich… war so feige… dass ich zu dem Treffen nicht gekommen bin. Dann haben er und seine Freunde vor dem Supermarkt auf mich gewartet, bis Dustin mich dann raus gehauen hat. Und zum Glück war er heute nicht in der Schule. Armselig, nicht wahr?“ Koromon wusste nicht was er mit dem Wort Supermarkt anfangen sollte, deshalb blieb es einfach dabei May aufzumuntern, die eine sehr ärgerliche Miene zog.

„Dann zeig es ihm nächstes Mal. Und diesmal musst du dich ihm stellen“, sagte es und May nickte. Sie wusste das selbst, doch es war leichter gesagt als getan. Immerhin würde sie sich dann gegen mindestens 6 Jungen behaupten müssen. Langsam setzte sie sich auf und Koromon kullert rücklings auf ihren Schoß. Es hatte dieser überraschenden Bewegung nichts entgegenzusetzen und lag nun tatsächlich umgedreht und nervös zappeln auf ihren Oberschenkeln.

„Hilfe! Alles steht Kopf!“, rief es ängstlich und egal was es tat, es schaffte nicht sich wieder richtig hinzulegen. May musste lachen, griff Koromon, nahm es hoch und drehte es um.

„Besser so?“, fragte sie lächelnd und das Digimon nickte hastig.

„Ja!“, rief es und sah zur Tür. An dieser hatte es soeben geklopft. May sah auch hin und sank wieder etwas tiefer in die Wanne zurück.

„Ja?“, rief sie zur Tür und war gespannt wer da geklopft hatte.

„Kleine Maus? Mama und Papa sind weggefahren. Ich habe dir und Koromon jeweils ein Eis in den Kühlschrank gelegt. Nehmt ihr es euch da gleich raus?“ Es war Kurts Stimme. May lächelte leicht.

„Ja ist gut, danke Bruderherz.“ Sie hörte wie Kurt wieder zurück ins sein Zimmer ging. Koromon blinzelte das Mädchen verwirrt an.

„Kleine Maus?“, wiederholte es fragend und sie nickte.

„Ja, so nennt er mich hin und wieder. Süßer Spitzname oder?“ Das Digimon nickte und fragte: „Darf ich dich auch so nennen?“ May kicherte und streichelte Koromon über den Kopf.

„Klar, wenn du willst. Komm, wir entspannen uns noch etwas, dann genießen wir unser Eis.“
 

Kurt rieb sich die Augen. Egal welche Suchmaschine er benutzte und wie gründlich er Internetlexika durchstöberte, er fand rein gar nichts zu Digimon oder anderem was mit ihnen zutun haben könnte. Er wandte sich einem Digimon zu, dass aus der Ferne an eine große, rosa Blase mit Armen, Augen und Mund erinnerte.

„Eines ist klar. Ohne Calumon finde ich nichts über euch Digimon raus.“ Das Digimon blätterte gerade in einem Kinderlexikon, sah allerdings auf, als es angesprochen wurde.

„Das liegt wohl daran, dass ihr Menschen uns zuvor nie entdeckt habt. Da sollte das wohl so sein, oder?“ Kurt seufzte und nahm einen Schluck Sprudelwasser aus einer Flasche. Dann sah er wieder zu seinem Digimon, welches den Blick fragend erwiderte.

„Wieso kannst du eigentlich lesen, Motimon? Ich meine, du bist doch erst heute aus dem Ei geschlüpft.“ Motimon legte den Kopf schief.

„Muss ich denn auf jede Frage eine Antwort kennen? Nimm es doch einfach hin, wieso fragst du immer nach allem?“ Der Junge seufzte erneut.

„Ich will halt nur mehr über euch wissen. Immerhin sehe ich zum ersten Mal Digimon und so was hier.“ Er hielt sein Digivice hoch. Motimon nickte.

„Das ist klar, wir fragen ja auch nach, weil wir nicht alles in der Menschenwelt verstehen. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich noch nicht in der Digiwelt war. In einem Ei merkt man nicht sehr viel.“ Kurt stand auf, hockte sich vor Motimon und klappte das Lexikon zu.

„Du benimmst dich nicht nur reifer, sondern sprichst auch erwachsener als Koromon. Ich glaube, dass zuviel lesen dir nicht gut tun kann.“ Das Digimon klammerte sich an das Buch und fing an zu jammern.

„Nein, bitte lass mir das Buch da! Bitte!“ Der Junge lachte kurz, nahm Motimon dann aber doch das Buch weg und stellte es zurück ins Regal.

„Es ist eh langsam spät, ich will morgen so früh es geht zu Dustin rüber und mit Calumon reden.“ Das rosa Digimon schmollte kurz, dann hüpfte es auf das Bett.
 

„Ja, ich glaube hier ist genug Platz für dich.“ Cathy griff nach einem knollenartigen Digimon mit Blättern und setzte es in einen riesigen Blumentopf. Das Digimon zappelte.

„Hey, hör auf mich wie eine Setzpflanze zu behandeln! Mich muss man weder gießen, noch düngen oder sonst was!“, rief es und hüpfte mit einem kräftigen Satz aus dem Blumentopf. Cathy nahm es und setzte es sich auf den Schoß.

„Aber meine Eltern denken, dass du ein genmanipuliertes Gewächs bist“, sagte sie und das Digimon ließ nur ein kurzes quieken hören.

„Ein was?“, fragte es total verwirrt und das Mädchen winkte ab.

„Ach nicht so wichtig, Tanemon, nicht so wichtig.“ Tanemon sah schmollend zur Seite.

„Ich fühle mich aber trotzdem irgendwie beleidigt“, sagte es und Cathy drückte es leicht an sich.

„Ach nein, es ist nur, sagen wir, eine Art Irrglaube… also ein Irrtum, ein Missverständnis.“ Das Digimon nickte.

„Ach so, verstehe. Okay. Und was willst du nun tun, wo wir das geklärt haben?“ Cathy schwieg. Ihr fehlte jeglicher Anhaltspunkt, was sie nun mit einem pflanzenähnlichen Digimon tun sollte. Sie wandte den Kopf und sah nun genau auf ihre Zimmeruhr.

„Na ja, es ist schon recht spät. Ich glaube ich gehe duschen und dann ab ins Bett.“ Tanemon nickte mehrmals.

„Verstehe, verstehe, verstehe… was ist duschen?“ Cathy kicherte und grinste zugleich.

„Da regnet es sozusagen Wasser auf mich drauf und ich kann mich dann waschen, also reinigen. Man könnte auch sagen, ich würde mich… gießen.“ Das Digimon zog bei dem letzten Wort eine Schnute und nuschelte beleidigt:

„Wie witzig.“ Man konnte den Sarkasmus geradezu heraushören. Das Mädchen lachte auf und strich Tanemon über seine Blätter, worauf hin es ein wohliges Geräusch hören ließ. Offenbar schien es das zu mögen. Cathy stand auf und hielt Tanemon auf dem Arm.

„Komm, ich nehme dich mit. Dann zeige ich dir mal wie es in einem Badezimmer so zugeht“, sagte sie und ging aus ihrem Zimmer.

„Einem was?“, fragte Tanemon und Cathy kicherte.

„Wirst du gleich sehen.“
 

„Schmeckt es dir Nyaromon?“, fragte Chris, der gerade seine Zimmertür hinter sich geschlossen hatte und sich auf seinen Bettrand setze. Nyaromon, ein kleines, gelbes Digimon, das wie ein Katzenkopf mit Schwanz aussah und gerade an einer Tafel Schokolade rumknabberte, fing an zu nicken.

„Ja, sehr toll“, schmatzte es. Chris lächelte leicht.

„Ich werde dich morgen meinem Vater vorstellen. Er musste mal wieder Überstunden schieben und kann gerade sicher keine Überraschung wie dich gebrauchen.“ Er verlor mit jedem Wort sein Lächeln und das kleine Digimon machte langsam ebenfalls ein trauriges Gesicht.

„Hey Chris, was hast du?“ Der Junge schüttelte den Kopf und lächelte wieder gekünstelt.

„Es ist nichts. Hey, wie wäre es wenn wir ins Bett gehen und morgen früh gehen wieder zu den Anderen, ja? Dann kannst du wieder spielen.“ Nyaromon nickte kurz.

„Okay, wenn du meinst. Was machst du denn nun?“ Es sah verwirrt auf ein kleines Gerät in Chris Hand. Er drehte an einem kleinen Rad auf der Rückseite des Geräts. Auf der Vorderseite wurde die momentane Uhrzeit angezeigt.

„Ich stelle den Wecker, damit er uns morgen früh pünktlich weckt. Ich will nämlich so früh wie möglich los, verstehst du?“ Während er sprach stellte er den Wecker auf sein Nachtschränkchen und legte sich ins Bett. Nyaromon hüpfte aufs Kissen, rollte sich ein und gab sich einfach mit der Erklärung zufrieden.

Nachdem sie einige Minuten so gelegen hatten, mussten sich beide eingestehen, dass sie bei weitem nicht müde genug waren um zu schlafen.

„Du, Chris… sag mal… findest du es angenehm, dass ich da bin?“, fragte Nyaromon zögernd. Der Angesprochene antwortete nicht sofort. Es vergingen einige Sekunden, dann ließ der Junge ein Seufzen hören und antwortete:

„Warten wir mal ab. Ich werde mich auf jeden Fall um dich kümmern. Und jetzt schlaf gut.“ Damit drehte er sich auf die Seite und zog sich die Decke bis unters Kinn. Das Digimon schloss die Augen und wusste nicht genau ob dies nun eine positive oder negative Antwort war.
 

Tsunomon, ein süßes, kleines Digimon mit braunem Fell und einem Horn auf dem Kopf, sah sowohl interessiert, als auch verwirrt Holly an, die sich vor ihm hingekniet hatte und mit einem Finger immer wieder das Horn antippte. Dabei war ihr Gesicht die ganze Zeit leicht rötlich angehaucht und als es Tsunomon langsam zu blöd wurde machte es einen kleinen Satz zurück.

„Holly, wieso guckst du so komisch? Und wieso fasst du mir immer an mein Horn?“, fragte es und Holly ließ einen Laut hören, das zwischen einem Stöhnen und einem Seufzen lag und sagte:

„Ach… weißt du… ach, vergiss es. Schon okay.“ Sie winkte ab, wandte sich ihrem Kleiderschrank zu und kramte ein langes Nachthemd heraus. Gerade wollte sie ihre Bluse aufknöpfen, als sie plötzlich stutzte und langsam zurücksah. Tsunomon saß weiterhin auf dem Bett und beobachtete was sie tat. Einige Sekunden lang starrten sie sich nur an, dann blinzelte es und fragte etwas zaghaft:

„Ähm… wieso guckst du so?“ Holly lief noch röter an und verengte die Augen zu Schlitzen.

„Tsunomon… eine Frage… weißt du was Privatsphäre heißt?“, fragte Holly und brauchte nicht lange auf eine Antwort zu warten.

„Häh?“, brachte das Digimon heraus. Das Mädchen überlegte.

„Okay… Junge und Mädchen?“ Tsunomon blinzelte.

„Das kommt mir bekannt vor. Du sagtest, du seiest ein Mädchen.“, sagte es und lächelte, offenbar froh darüber sich etwas gemerkt zu haben. Holly nickte.

„Richtig und du?“, fragte sie, doch Tsunomon blinzelte nur erneut.

„Was, ich?“ Langsam bekam Holly wirklich den Eindruck, als würde ihr Digimon nicht verstehen auf was sie hinaus wollte. Jetzt wo sie es sich so überlegte, ergab es Sinn. Keines der Digimon zeigte irgendwelche Geschlechtsmerkmale, wo sie es eigentlich hätte sehen müssen. Das reichte ihr. Holly lächelte leicht und Tsunomon schien überrascht.

„Ach ist nicht mehr so wichtig. Sag mal, magst du Eis? Oh, ich sehe schon du weißt nicht was das ist… also gut, ich ziehe mich kurz um, dann hole ich dir etwas Eis.“ Das Digimon nickte.

„Okay. Ach eine Frage noch, wieso sagen die großen Menschen zu mir Plüschtier?“, fragte es und Holly zuckte leicht bei der Frage zusammen.

“Na ja, sie denken, dass du nicht echt, sondern ein Kuscheltier wie das da wärst.“ Sie deutete auf ihren Stoffhund.

„Und so ist es auch gut. Keine Sorge, wenn sie hier sind musst du dich nur still verhalten. Essen und Trinken kann ich dir genug besorgen.“ Tsunomon lächelte leicht.

„Danke, ich verstehe zwar den Sinn nicht, aber ich bin froh.“ Holly war erleichtert. Hoffentlich würde so alles gut gehen. Sie öffnete ihre Bluse und streifte sie an. Als es das sah stutzte nun Tsunomon und sah etwas genauer hin.

„Warte mal, ich kann mich nicht erinnern, dass die so genannten Jungs solche Huckel auf der Brust hatten.“ Holly lief knallrot an und schrie auf.

„Ah! Tsunomon, halt den Mund!“

„Was ist denn?“
 

„C-Calumon … ehe ich durchdrehe … bitte, dreh dich weg …“

Calumon legte den Kopf schief.

„Was hast du denn Dustin, Calu? Ich wollte dir doch gerade erklären was das Wort zu bedeuten hat.“

Dustin drückte sich mehr an die Wand.

„Bleib weg … und bitte bleib mir fern.“ Er hatte die Augen fest zugekniffen.

„Calu, bitte sag mir was los ist.“

Dustin konnte nicht anders und fing an zu schreien.

„Wieso sagst du Digitama wenn wir gerade am baden sind?!! Sieh zu, dass du was gegen diese Dinger unternimmst!“

„Calu?“

Der erste Kontakt

Kaum hatte Kurt die Schelle losgelassen, wurde die Haustür vor ihm langsam geöffnet. Rose steckte den Kopf raus und als sie ihn erkannte lächelte sie ihn freundlich an.

„Ah, Kurt, guten Morgen. Du hast Glück, Dustin ist gerade aufgestanden“, sagte sie und öffnete die Tür so weit, dass der Junge durchgehen konnte.

„Ja danke, ich gehe dann direkt hoch.“ Kaum hatte er den Satz zu Ende gebracht, fing sein Rucksack an bedrohlich zu zittern.

„Lass mich raus! Ich ersticke!“ Rose sah irritiert den Rucksack an. Offenbar kam die Stimme aus dem Inneren. Sofort setzte Kurt diesen ab und öffnete ihn. Motimon steckte seinen Kopf aus der Öffnung und holte tief Luft. Es war leicht verschwitzt, denn es war sehr warm draußen, obwohl es erst zehn Uhr morgens war. Rose nahm es ohne lange zu warten aus dem Rucksack und hielt es auf dem Arm.

„Huch? Deines hat sich also auch wieder verändert? Süß“, sagte sie und reichte es wieder an Kurt weiter.

„Ja. Soweit ich weiß ist bei jedem das Digimon digitiert. Es ist nach dem Füttern passiert. Nur heute morgen war nichts. Deshalb will ich Calumon einige Dinge fragen“, sagte Kurt. Er schulterte sich den Rucksack wieder und ging die Treppe hinauf.

Kaum hatte er die Tür zu Dustins Zimmer geöffnet, hatte er das Gefühl im falschen Zimmer zu sein. Auf dem gesamten Boden waren Kleidungsstücke verschiedenster Art verteilt. Dustin hockte vor Calumon, welches wieder als Mädchen auf dem Boden saß und beide Arme gehoben hatte. Die Arme waren wohl deshalb oben, weil Dustin gerade dabei war ihr ein Sommerkleid überzuziehen. Calumons Kopf und Brust waren bereits damit verdeckt. Das Problem war jetzt nur, Calumon saß mit dem Gesicht zur Tür und Dustin hockte direkt davor und zog gerade zu mit aller Kraft an dem Sommerkleid, sodass die Situation aus Kurts Sicht sehr fragwürdig aussah.

„Störe ich gerade?“, fragte er langsam. Dustin wandte den Kopf und zog das Kleid weiter runter.

„Morgen. Gut, dass du hier bist. Hilf mir mal. Ich versuche Calumon anzuziehen“, sagte er leicht außer Atem und etwas genervt.

„Versuchen ist richtig, calu!“, meldete sich Calumon, die gerade immer noch recht blind war. Kurt setzte Motimon neben Kapurimon aufs Bett, legte den Rucksack hin und half dem armen Dustin.

„Sie muss sich hinstellen, sonst hat das keinen Sinn“, sagte Kurt irgendwann. Nach einiger Zeit hatten sie endlich geschafft und Calumon stand in einem gelben Sommerkleid mit Streifenmuster vor ihnen. Dustin hatte ihr wohl auch ein rotes Stirnband umgelegt, welches das Symbol auf ihrer Stirn verdeckte.

„Wieso eigentlich ein Sommerkleid?“, fragte Kurt. Dustin lief leicht rosa an und sagte leise: „Na ja… wir haben immerhin Sommer und… sie sagt Unterwäsche oder enge Klamotten würden zu viel kratzen.“ Kurt hob beide Augenbrauen.

„Du hast ihr also Unterwäsche angezogen?“ Dustin wurde noch dunkler im Gesicht.

„Hey! Sie will sich an die Gestalt gewöhnen und da kann ich sie ja schlecht nackig rumlaufen lassen! Das Schlimmste war eh die Aussage von meiner Mutter, die da lautete: Seltsam. Einige meiner alten BHs passen Calumon.“ Kurt hob die Brauen noch mehr.

„Du willst mir doch nicht etwa sagen…“, begann er doch Dustin fing es an auszusprechen: „Glaub mir. Ich habe 65B nie zuvor so gehasst.“ Kurt nahm erstmal einen tiefen Schluck auf diese Aussage. Calumon saß während dessen völlig unberührt auf dem Bett, hatte Kapurimon und Motimon auf ihrem Schoß sitzen und unterhielt sich fröhlich mit ihnen.

„Eine Frage hätte ich da noch“, sagte Kurt und Dustin sah ihn an.

„Wie hast du mit Calumon die Nacht verbracht?“ Dustin verschluckte sich bei dieser Frage fast. Diese Reaktion ließ Kurt die Augen zu Schlitzen verengen.

„Tja… also… als ich einschlief, war sie noch ein Digimon. Als ich aufwachte… lag sie immer noch neben mir im Bett… als Mensch.“ Kurt fing herzhaft an zu lachen.

“Oh mein Gott. Wenigstens ein Wachmacher“, sagte er lachend und kriegte sich nicht mehr ein.

„Wie man es nimmt. Ist das da Pabumon?“, fragte Dustin und beugte sich über Motimon. Motimon sah ihn an und schüttelte en Kopf und antwortete: „Nein, ich bin Motimon.“

„Es war Pabumon. Und was mich so überrascht hatte, es konnte nicht nur normal mit mir reden, nein es konnte sogar schon lesen“, sagte Kurt und Motimon hob stolz die Brust.

„Calu, das kann passieren“, begann Calumon und die Jungs sahen sie an.

„Digimon können bei ihrer Geburt unter Umständen vorher erlerntes behalten haben. Ihr müsst wissen, wenn Digimon sterben werden sie zu Digieiern und schlüpfen dann erneut aus. Normaler Weise vergessen die Digimon dann alles aus ihrem vorherigen Leben, aber manchmal bleiben einige Fähigkeiten erhalten.“ Kurt runzelte die Stirn.

„Ihr werdet einfach zu Eiern, schlüpft neu und lebt wieder? Ihr Digimon seid wirklich erstaunlich“, sagte er und wandte den Kopf als die Zimmertür aufging. Zuerst hüpfte ein rosafarbenes Digimon hinein, dann betrat May das Zimmer und sah mit zornigen Augen zu Kurt hinüber.

„Wolltest du mich nicht wecken?“, fragte sie missgelaunt. Kurt machte ein Gesicht, als wäre ihm just in diesem Moment eine wichtige Sache wieder eingefallen.

„Ja… ich wollte gerade, aber… du hast süß im Schlaf ausgesehen, da habe ich es gelassen.“ Dustin blubberte durch seinen Strohhalm leicht in seiner Cola herum.

„Ausrede“, keifte May, sah beleidigt weg und ging fröhlich zu Calumon rüber.

„Guten Morgen Calumon, ach ja, Morgen Dustin“, warf sie ihm noch schnell über die Schulter hin, dann hob sie ihr Digimon hoch, setzte sich neben Calumon und setzte sich Koromon auf den Schoß.

„Langsam merkt man, dass sie in die Pubertät kommt“, flüsterte Dustin zu Kurt hinüber und grinste leicht.

„Sie benimmt sich schon wie eine junge Frau und zeigt dir die kalte Schulter.“ Kurt zuckte nur mit den Schultern und sah wieder zur Tür, die sich erneut öffnete. Holly, Cathy und Chris traten ein. Jeder von ihnen hatte die selbe Idee gehabt wie Kurt und trug einen großen Rucksack herum. Kaum waren sie drin öffneten sie diese und ihre Digimon hüpften heraus.

„Toll, calu, ihr seid ja alle digitiert“, freute sich Calumon und alle Digimon versammelten sich um sie. Für Dustin sah es aus wie ein Insektenschwarm, der sich um eine schmackhafte Süßigkeit versammelt hatte. Das fiel auch Kurt auf.

„Calumon, kann es sein, dass du eine Art Digimonmagnet bist?“, fragte er sofort und Chris kicherte.

„Na sicher. Genauso wie ich ein Bräutemagnet bin.“ Doch niemand reagierte wirklich auf diese Aussage, es war nur einige Sekunden ruhig. Calumon legte den Kopf leicht schief.

„Das kann ich leider nicht so leicht erklären, calu. Sagen wir einfach, junge Digimon können mich gut leiden“, sagte er leicht lächelnd und sah dann zu Dustin rüber.

„Wolltest du heute nicht mit mir irgendwo hingehen?“ Dustin seufzte.

„Ja stimmt.“ Alle sahen ihn verwirrt an und er deutete auf Calumon.

„Meine Mutter meinte, ich solle mit ihr einige Sachen einkaufen gehen. Schließlich muss sie hier ja was anziehen.“ Cathy meldete sich darauf sofort mit einem: „Holly und ich können dir doch Sachen borgen. Dann müsst ihr kein Geld ausgeben.“

„Daran habe ich eigentlich noch gar nicht gedacht.“ Alle zuckten zusammen, denn Roses Stimme war zwar zuhören gewesen, jedoch war sie nicht zu sehen. Sie musste hinter Dustins Tür stehen.

„Mama… willst du nicht reinkommen?“, fragte Dustin und sofort ging die Tür auf.

„Aber gerne. Oh wie süß!“, rief sie und gesellte sich sofort zu den Digimon.

„Was braucht sie denn für Größen?“, fragte Holly gewohnt leise, doch man hatte sie dennoch gehört. Erneut meldete sich Chris, noch eh Dustin etwas sagen konnte.

„Na ja die Oberteile sollten nicht zu eng sein. Calumon hat eine Cup Größe von etwa 65B. Ansonsten dürften die Größen mit euren übereinstimmen.“

„Moment mal.“ Dustin sagte das etwas lauter als er wollte, doch er und auch Kurt und Rose waren zu Recht sehr irritiert.

„Woher zum Kuckkuck kennst du Calumons Größe?“ Nun sahen die Mädchen sehr verwundert aus.

„Soll das heißen, dass er Recht hat?“, fragten sie synchron. Chris grinste überlegen.

„Ich habe mir die Fähigkeit antrainiert die Maße eines Mädchens mit den bloßen Augen abzulesen. Na ja ich habe es eher geraten. Aber ich kann es immerhin ziemlich gut.“ Scheinheilig musterte er Cathy und Holly, worauf Holly ihre Arme vor der Brust verschränkte und Cathy doch leicht irritiert die Stirn runzelte.

„Okay. Ich schätze mal. 70A und 65A“, sagte Chris locker und deutete dabei erst auf Cathy und dann auf Holly. Holly lief knallrot an und brachte trotz mehren Versuchen keinen vernünftigen Satz heraus. Ein sicheres Zeichen für einen Volltreffer. Cathy ließ einen leisen Pfiff hören und legte einen Arm um Holly.

„Hey, das heißt doch immerhin, dass du dünner bist als ich.“ Kurt und Dustin tauschten viel sagende Blicke. Auf der einen Seite fanden sie das wirklich interessant, aber auf der anderen Seite grenzte das ihrer Meinung nach schon an Sexismus.

„Wisst ihr was?“, fragte May freudig in die Runde und klatschte die Hände zusammen.

„Wir gehen jetzt um für Calumon einkaufen. Dann haben wir was zutun.“ Alle nickten. Calumon und die anderen Digimon hatten die ganze Zeit nur brav da gesessen und mit lächelnden Gesichtern zugeguckt.

„Seltsam, wie sich Menschen manchmal aufführen“, sagte Tsunomon. Die anderen Digimon nickten.
 

Das Einkaufscenter war im Vergleich zu größeren Städten eher klein. Es ähnelte eher einem riesigen Supermarkt. Trotzdem kam man hier doch auch leicht an billige Sachen heran. Die große Glastür öffnete sich automatisch. Calumon las interessiert das Eingangsschild.

„High Springs Plaza. Ist das der Name von diesem Center?“ Alle nickten.

„Ja, ich weiß nicht ob Dustin es dir schon gesagt hat, aber unsere Stadt heißt High Springs und liegt in Florida“, erklärte Kurt. Dustin machte ein Gesicht, als würde er einen schlechten Film sehen. Calumon hatte sich eng an seinen Arm geklammert. Zum einen konnte die Gruppe so Calumon nicht verlieren und zum anderen sollte eh der Eindruck erweckt werden, dass Calumon zu ihm ein engeres Verhältnis hatte.

„Ein Mädchen mit seltsamer Haarfarbe, das an einem Jungen hängt, ist weniger auffällig. Ach und übrigens solange sie diese Gestalt hat, heißt Calumon nun Clarissa“, hatte Rose ihm erklärt und kaum hatte sie ausgesprochen hing Calumon auch schon an seinem Arm. Langsam verlor er jedes Gefühl ihn diesem Arm.

„Hier sind wir. Bealls Outlet. Hübsche Klamotten zu billigen Preisen“, sagte Cathy und blieb vor einem Modeladen stehen.

„In Ordnung Cal… ähm Clarissa, du kannst deinen Dustin loslassen“ fügte sie hinzu und Calumon ließ endlich los.

„Diesen Satz zahle ich dir heim“, sagte Dustin zwischen zusammengebissenen Zähnen, doch sie streckte ihm nur die Zunge entgegen.

„Wir Mädchen kaufen Calumon ein paar Oberteile. Dauert nicht lange.“ Chris verdrehte die Augen als May diesen Satz zum Besten gab. Kaum war die Tür hinter ihnen zugefallen sagten alle drei Jungen synchron: „Von wegen.“ Kurt lies den Blick schweifen.

„Hier ist gerade niemand“, stellte er fest, nahm seinen Rucksack ab und öffnete ihn. Dustin und Chris taten es ihm gleich und ihre Digimon steckten interessiert die Köpfe raus und sahen sich um.

„Wow. Hinter dem Glas da sind aber viele Menschen“, sagte Nyaromon erstaunt.

„Auf der ganzen Welt verstreut gibt es wesentlich mehr Menschen“, sagte Chris und Nyaromon weitete leicht die Augen.

„Oh, gleich so viele? Das ist echt…“ Doch es brachte den Satz nicht zu Ende sondern begann sich hektisch umzusehen. Auch Kapurimon und Motimon taten dies.

„Was ist los?“, fragte Kurt und musste Motimon mit sanfter Gewalt im Rucksack halten.

„Hier stimmt was nicht“, sagte Kapurimon, das sich weiterhin umsah.

„Wie meinst du das?“, fragte Dustin. Er und die zwei anderen Jungen hatten keine Ahnung was die Digimon so in Aufregung versetzte. Nyaromon sah Chris an und sagte: „Wir vermuten… nein, wir sind uns sogar sicher, dass hier ein fremdes Digimon ist.“
 

„Das passt und steht dir auch noch super Clarissa.“ Während sie den Satz sagte nickte Cathy dreimal. Aus irgendeinem Grund sah an Calumon alles gut aus. May und Holly nickten ebenfalls. Calumon zupfte kurz an der Kleidung etwas rum, dann stutzte es plötzlich. Als ob es etwas suchen würde, ließ Calumon den Blick umherschweifen. Die Rucksäcke der Mädchen begannen plötzlich heftig zu zittern. Die Digimon darinnen wurden aktiv.

„Es kommt“, kam es dumpf aus Mays Rucksack.

„Was kommt?“, fragte sie, nahm den Rucksack ab und versuchte Koromon irgendwie ruhig zu stellen. Calumon sah ernst aus dem Schaufenster.

„Ein Digimon, calu, kommt.“ Es wollte gerade losgehen, als Cathy es zurückhielt.

„Warte, wir müssen dich noch umziehen.“

Nur kurze Zeit später kam Calumon aus dem Laden gerannt, dicht gefolgt von den Mädchen, und blieb vor den Jungs stehen.

„Habt ihr etwas gesehen, calu?“ Die Jungs schüttelten die Köpfe und versuchten weiterhin die Digimon ruhig zu halten. Calumon nickte.

„In Ordnung. Passt auf, calu. Normalerweise können wir Digimon uns nicht gegenseitig spüren, in der Menschenwelt allerdings geht das unter gewissen Umständen schon. Zum Beispiel wenn es sich gerade in der Welt formt, calu. Soll heißen, wir müssen das Loch finden und das Digimon aufhalten. Und dieses Loch, calu, ist hier sicher ganz in der Nähe.“ Dustin hatte so was Ähnliches mal im Fernsehen gesehen, der Name der Serie fiel ihm allerdings nicht gerade ein.

„Wie sieht es denn aus, dieses Loch?“, fragte Kurt. Calumon überlegte kurz ehe es antwortete: „Etwa so, wie ein schwarzes Loch.“

„Das sollte man eigentlich…“, begann Chris doch er verstummte langsam und folgte mit den Augen einer Bewegung, die sich hinter Calumon abspielte. Die anderen sahen ebenfalls hin. Man hätte das Tier für einen Hund halten können. Mit dem Unterschied, dass es auf zwei Beinen lief, lange Ohren und graues Fell hatte und wie selbstverständlich einen Hotdog verspeiste. Als es sich beobachtet fühlte blieb es stehen und wandte sich ihnen zu. Es blinzelte einige Male verwirrt, dann hob es langsam eine Hand und sagte mit voll gestopften Mund: „Hallo.“ Calumon trat näher ran.

„Seltsam, calu, ich hatte ein stärkeres Digimon erwartet. Was machst du hier Gazimon?“ Das hundeähnliche Digimon zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Als ich eben aufgewacht bin, war ich schon hier. Nette Gegend, will auch gar nicht mehr weg.“ Calumon wandte sich den anderen zu.

„Wir müssen das Loch finden. Solange es noch offen ist, können wir Gazimon zurückbringen.“

„Hey, ich will gar nicht mehr zurück. Hier hat man sicher mehr Spaß“, sagte Gazimon und klang wesentlich genervter als noch vor wenigen Sekunden.

„Leicht reizbar, das gute Digimon“, flüsterte May den anderen zu und diese nickten zustimmend.
 

Auch nachdem sie jeden Winkel des Centers untersucht hatten, fanden sie nichts was auf Calumons Beschreibung gepasst hätte. Gazimon schien das nicht zu interessieren. Es lief der Gruppe interessiert nach und sah sich um. Zum Glück waren nur wenige Leute gerade im Center und so konnten sie einige Grüppchen von Menschen umgehen. Nach einiger Zeit wandte sich Calumon völlig entnervt zu ihm um und redete Gazimon im forschen Ton an: „Nun spiel hier nicht das Kleinkind, sondern lass hören wo du zuerst warst, calu!“ Gazimon erschreckte sich so heftig, dass es Cathy in die Arme sprang, sich festklammerte und mit weit geöffneten Augen Calumon ansah. Chris tippte ihm auf die Schulter.

„Ganz ruhig, Calumon meint es sicher nicht so. Was ist mit dir los?“, fragte er denn zu Calumon und dieses hielt sich beide Hände vor den Mund.

„Ich weiß nicht, calu, ich bin plötzlich durchgedreht. Entschuldigung“, sagte es und sah verwirrt in eine Glasscheibe, wo sich sein menschliches, weibliches Spiegelbild abzeichnete. Kurt kratzte sich kurz den Kopf und flüsterte dann leise: „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Calumon hat ihre Tage.“ Die anderen nickten leicht.

„Es ist alles in Ordnung“, sagte Cathy und legte dem menschlichen Digimon ihre beider Hände auf die Schultern.

„Das ist ganz normal. Am besten, du verwandelst dich später für einige Zeit wieder zurück.“ Calumon nickte leicht, dann sah noch konzentrierter in die Scheibe.

„Calu… da, seht mal. Da ist das Loch! Dahinten.“ Es deutete in den Laden hinein. Am anderen Ende stand die Tür zum Hinterhof offen und hinter dem dortigen Parkplatz, schimmerte es leicht auf. Sofort schnappte sich Calumon das Gazimon und rannte los.

„Schnell, calu, dann können wir dich nach Hause schicken.“ Die anderen rannten so schnell es ging nach. Durch den Wind, den sie verursachten, schloss sich die Hintertür knallend und nur noch wenige Meter trennten sie von dem glitzernden Weltenloch, als Calumon schmerzhaft aufschrie und Gazimon fallen lies. Gazimon hüpfte zurück. Es hatte Calumon so tief in den Arm gekratzt, dass die Wunde leicht blutete.

„Ich habe es euch doch gesagt. Diese Welt gefällt mir. Ich gehe niemals zurück!“, rief es und während sich die Mädchen um Calumon kümmerten stellten sich die Jungs vor ihnen.

„Was sollte das denn? Wieso hast du Calumon angegriffen?“, fragte Dustin aggressiv und das Digimon zuckte mit den Schultern.

„Nur so. Aber gut, dass wir alleine sind. Wisst ihr, das hat man euch vielleicht noch nicht gesagt. Aber ich persönlich, würde gerne mal probieren wie ihr schmeckt.“ Alle sahen das Digimon verwirrt an. Erst jetzt merkten sie, dass eine Art schwarzer Rauch aus dem Loch drang und dass Gazimons Körper es gerade zu in sich hinein sog.

„Calumon, was ist das?“, rief Kurt. Calumon schluckte.

„Pure Finsternis. Geht weg, das wird gefährlich!“ Und bevor einer noch etwas fragen konnte, mussten sie zusehen wie Gazimons Körper anschwellte, sich verformte. Das Fell verschwand, machte schlammiger, stinkender Haut platz. Die Vorderbeine wuchsen an und die Hinterbeine verschwanden und wurden von stinkender Fleischmasse gänzlich verdeckt. Calumon atmete etwas schneller.

„Calu, es… es digitiert.“ Dann ertönte Gazimons Stimme, die zu einer unnormal tiefen Tonlage verzerrt wurde und sagte: „Gazimon digitiert zu Raremon!“ Als die Verwandlung abgeschlossen war, dachten alle erst, Gazimon hätte sich in einen Müllberg mit Augen und Krallen verwandelt. Absolut ungefährlich. Doch beim ersten, lauten Atemzug wussten sie, dass es lebte. Auch wenn es taghell war, die Mädchen hatten eindeutig Angst. Auch den Jungs ging es nicht so gut. Dann tat Raremon einen Schritt auf sie zu, sah auf die herab und seine tiefe Stimme klang erneut.

„Nun, werde ich euch fressen! Schlammatem!“ Dustin, Chris und Kurt riss es gerade zu von den Füßen. Irgendetwas war ihnen in den Rücken gesprungen und sie flogen nach vorne. Keine Sekunde zu früh. Die Attacke traf den Boden und begann die Erde zu verätzen. Die kleinen Digimon waren aus ihren Rucksäcken gehüpft und hatten die drei noch mal gerettet. Raremon sah zu den Mädchen.

„Dann eben ihr zuerst“, sagte es und holte Luft um eine weitere Attacke zu starten, doch kleine Blasen flogen durch die Luft, trafen es im Gesicht und schienen Raremon Schmerzen zu bereiten. Es schüttelte heftig den Kopf und senkte ihn um den Attacken der kleinen Digimon zu entkommen.

„Wie könnt ihr es wagen?“, rief es zu den kleinen, die alle begannen in andere Richtungen zu hüpfen.

„Das hilft euch auch nichts!“ Es holte mit einem Arm aus. Kapurimon war in seiner Reichweite. Gerade wollte es zuschlagen, als Dustin mit einem dicken Arm auf seine andere Klauenhand schlug. Raremon schrie kurz auf und wandte sich wütend zu ihm.

„Du glaubst doch nicht im ernst, dass dir das deine Lebenszeit auch nur einige Sekunden verlängert?!“, rief es. Dustin blieb entschlossen stehen.

„Offenbar doch. Kommt Leute, zusammen schaffen wir das. Gemeinsam sind wir stark!“ Kapurimon sprang mit aller Kraft hoch und schrie: „Du sagst es Dustin!“

Calumon lächelte leicht, band sich fast mit gespenstischer Ruhe das Stirnband ab und schloss die Augen. Das Symbol auf ihrer Stirn erleuchtete kurz und Dustins Digivice, welches er an seiner Hose befestigt hatte, fing an zu piepen. Dustin sah runter. Das Display wurde schwarz, aber in grünlicher Schrift, die aus dicken Pixeln bestand, erschien ein Wort darauf. Evolution. Er nahm aus dem Augenwinkeln weißes Licht war. Er sah zur Quelle. Es war Kapurimon, welches noch im Flug ebenfalls größer wurde. Doch durch das helle Licht war die Verwandlung nicht so deutlich zu sehen wie bei Gazimon.

„Kapurimon digitiert zu Kotemon!“ Durch den Schwung hatte es noch mehr Kraft. Kotemon sah aus wie ein Minisamurai mit Holzschwert und Echsenfüßen. Es schlug Raremon genau auf die Stirn. Diesem wurde der Kopf leicht nach hinten gezogen. Es keuchte kurz auf und richtete sich dann wieder auf. Kotemon landete nach einem eleganten Salto auf den Füßen und drehte sich um.

“Ich bin dein Gegner, Raremon“, sagte es entschlossen und deutete mit seinem Holzschwert auf das andere Digimon. Raremon grinste nur breit und dämonisch.

„Kein Interesse“, sagte es locker und holte erneut aus. Tsunomon hatte nicht aufgepasst, es stand genau vor Raremon und erst jetzt wurde ihm offenbar klar, dass es in ernster Gefahr war.

„Tsunomon!“, rief Kotemon entsetzt und rannte sofort los, doch es würde zu spät kommen. Tsunomon schoss erneut Seifenblasen, allerdings auf den Boden und rollte sich so aus der Gefahrenzone, doch die Druckwelle von Raremons Schlag lies es einige Meter wegfliegen. Holly rannte vor und fing Tsunomon im Flug auf.

„Das war gefährlich Tsunomon!“, rief Holly und hielt ihr Digimon fest an sich gepresst. Das Digimon sah sie entschuldigend und beschämt an.

„Tut mir Leid. Hast du dir Sorgen gemacht?“ Holly nickte. Tränen standen ihr in den Augen.

„Natürlich du Dummkopf.“ Dann blieb ihr die Stimme weg. Langsam sah sie auf. Raremon war urplötzlich vor ihr und hatte bereits erneut weit ausgeholt.

„Diesmal erwischt es euch!“, schrie es teuflisch und schlug zu. Holly wollte schreien, doch sie konnte nicht. Tsunomon hatte sich losgerissen und schrie dafür: „Nein!“ Genau wie bei Dustin begann nun Hollys Digivice zu piepen. Das Wort Evolution leuchtete auf und Tsunomon leuchtete kurz und hell auf und rief: „Tsunomon digitiert zu Penguinmon!“ Noch ehe das Licht ganz verloschen war, hatte das vogelähnliche und Blaugefärbte Penguinmon bereits ausgeholt. Kleine Eiskristalle formten sich um seine flügelähnliche Faust. Dann schlug es zu.

„Eisiger Schlag!“ Doch nicht nur Penguinmon hatte zugeschlagen und Raremons Schlag abgeblockt. Chris und Kurt hatten sich wie Dustin einen Ast geschnappt und waren dazwischen gegangen. Holly sah beide an.

„Ihr seid… lebensmüde“, brachte sie heraus. Chris grinste.

„Aber selber. Keine Sorge, wir machen das schon. Wir lassen dich nicht im Stich. Geh langsam zurück.“ Kurt nickte und fügte hinzu: „Um ehrlich zu sein. Ich habe zwar totalen Schiss. Aber der kann sich trotzdem warm anziehen.“ Calumon lächelte weiterhin und nickte.

„Ja. Es scheint der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein, calu.“ Erneut leuchtete seine Stirn auf. Nyaromon und Motimon sprangen Raremon ins Gesicht und beschossen es mit ihren Seifenblasen. Kotemon war nun endlich wieder im Kampf, sprang auf Raremons Rücken und versetzte ihm wütende Hiebe. Raremon schüttelte sie alle ab und stieß die Jungs zur Seite.

„Chris! Kurt!“, riefen Nyaromon und Motimon synchron. Wütend landeten sie auf dem Boden.

„Dafür zahlst du!“, rief Nyaromon zornig. Auch die Beiden begannen zu leuchten. Nach einigen weiteren Lichteffekten stand nun an Nyaromons Stelle ein bärenähnliches Digimon mit Baseballkappe und wo eben noch Motimon stand, war nun ein vierbeiniges Digimon mit rotem Fell.

„Nyaromon digitiert zu Bearmon!“

„Motimon digitiert zu Elecmon!“

Beide rannten los und sprangen Raremon in den Bauch. Dieses keuchte überrascht auf und stieß sie von sich. Im Flug visierte Elecmon es an. Kleine Blitze züngelten sich um seinen Schweif. Es öffnete sein Maul und schoss eine Art Blitz aus seinem Maul.

„Donnerschlag!“ Raremon erwischte es erneut am Kopf. Es taumelte. Die Blitze mussten sein Hirn kurz lahm gelegt haben, denn einige Sekunden lang unternahm es nichts. Cathy wandte sich zu Calumon.

„Calumon, wie machst du das? Egal. Bitte lass Tanemon auch digitieren.“ Calumon wollte antworten, doch dann sah es dass Raremon sein Ziel gewechselt hatte. So schnell es konnte kam es auf Calumon, Cathy und May zu. Die anderen Digimon rannten nach, doch würden nicht rechtzeitig an Raremon rankommen.

„Ihr müsst weg, calu!“, rief es, doch Cathy packte es sich und auch May half, anstatt wegzulaufen.

„Nicht ohne dich! Wir behandeln dich, wenn das alles vorbei ist!“, rief Cathy und es galt wohl nur dazu, ihre Angst zu verdrängen. Tanemon und Koromon stellten sich Raremon in den Weg. Dieses schien genug von dem Kinderspiel zu haben holte erneut tief Luft. Es spuckte erneut eine große menge Giftschlamm in ihre Richtung.

„May, geh weg!“, schrie Cathy.

„Nein!“, keifte sie, umklammerte die Beiden und schloss, wie Cathy, vor Angst die Augen. Eine Art kleine Explosion war zu hören. May öffnete wieder ihre Augen. Der Schlamm lag vor ihnen. Als wäre er in der Luft verbrannt und gesprengt worden, lagen verkokelte Teile um sie herum. Vor Cathy stand ein kleiner, grüner Affe mit Steinschleuder und vor May ein grünes, vierbeiniges Digimon mit gelbroter Rückenflosse. Der Affe ließ die Steinschleuder sinken und die Funken, die das grüne Digimon versprüht hatte, verschwanden.

„Koromon?“, fragte May zaghaft. Das Digimon sah kurz zu ihr und lächelte.

„Ich bin jetzt Betamon.“

„Und bevor du fragst, ich bin Monmon“, sagte der Affe ohne Cathy anzusehen. Calumon seufzte erschöpft auf.

„Nun sind sie alle auf ihr Rookielevel digitiert. Jetzt können sie es mit Raremon aufnehmen, calu.“ Es verwandelte sich zu einem Digimon zurück, wobei die Wunde an seinem Arm seltsamer Weise verschwand und sank zusammen. Cathy nahm es hoch und sah den Digimon zu. Sie hatten Raremon umzingelt. Es sah sich um. Jedes der Digimon sah ihn zornig an.

„Du hast die Umgebung in ein Chaos verwandelt“, brummte Bearmon und ließ seine Handknöchel knacken.

„Und unseren schönen Tag ruiniert“, fügte Monmon sauer hinzu.

„Aber das schlimmste ist. Du hast unsere Freunde in Gefahr gebracht!“, schrie Kotemon und hob das Schwert.

„Greift an!“, rief Elecmon und alle taten es zugleich.

„Feuemaske!“ Flammen schossen aus Kotemons Schwert, als es dieses kraftvoll schwang.

„Bärenschlag!“ Bearmon schoss auf Raremon zu und schlug mit aller Kraft in das Fleisch des Gegners.

„Kleine Schleuder!“ Monmon legte an, zielte und schoss haargenau zwischen Raremons Augen.

„Eisiger Schlag!“ Penguimon flog gerade zu in Richtung des Feindes und schlug kräftig zu.

„Donnerschlag!“ Wie zuvor schoss Elecmon einen Blitz aus seinem Maul.

„Elektroschock!“ Betamon versprühte helle Funken in Richtung Raremon, die bedrohlich knisterten. Jede Attacke saß. Alle Angriffe zusammen hatten eine enorme Wirkung. Raremon zuckte noch einige Male, dann fiel es unsanft und mit einem lauten Krachen zu Boden. Einige Sekunden lag es dort. Dann schien es sich langsam aufzulösen. Doch tatsächlich formte es sich langsam zu einem Ei, von grauer Farbe und Größe eines Fußballs. Kotemon nahm es auf.

„Helft mir mal“, sagte es. Beamon nickte. Zusammen schoben sie es vorsichtig durch das Loch. Dieses schloss sich kurz darauf. Dann sahen die Digimon zu ihren Menschenpartnern. Diese schienen total verstört. Calumon, welches immer noch auf Cathys Arm war, sah sie alle an.

„Versteht ihr nun wie ernst es ist, calu? Was eben passiert ist, darf nicht in aller Öffentlichkeit passieren. Es gibt Digimon, die nichts Böses vorhaben, calu, aber die anderen müssen gestoppt werden.“ Dustin sah auf den Krater, den der Schlamm hinterlassen hatte.

„Wieso… ist es plötzlich gewachsen? Was war das für ein Zeug?“, fragte er. Calumon seufzte.

„Finsternis, calu. Die Digiwelt hat eigene Probleme. Sie wurde aus Daten erschaffen, die ihr Menschen gemacht habt. Doch negative Daten, erzeugen negative Energie, calu.“

„Was sind negative Daten?“, fragte Holly dazwischen, die sich zu Penguinmon gekniet hatte und es an sich drückte. Kurt räusperte sich.

„Ich denke mal, so was wie Gewaltvideos. Schlägereien, Vergewaltigung, Kinderpornographie und auch… Mord.“ Calumon nickte.

„Ja, calu. Durch das absorbieren solcher Daten, werden Digimon wahnsinnig und aggressiv. Und digitieren oftmals zu bösen Digimon, calu. In Raremons Fall, waren es wohl Daten über Mord und etwas, was mit Fressen zu tun hatte, calu. Normaler Weise sind wir davor sicher, aber solche Locher in der Firewall, lassen es wieder und wieder zu, dass negative Daten unsere Welt mehr und mehr verseuchen, calu. Bitte macht, dass es aufhört.“ Die anderen nahmen ihre Digimon nun ebenfalls auf den Arm.

„Lasst uns erstmal nach Hause gehen“, sagte May und zitterte immer noch leicht. Kurt legte einen Arm um sie, damit sie sich beruhigte.

„Ja, gute Idee. Verarbeiten wir das erstmal. Komm Calumon“, sagte Dustin und Calumon sprang müde auf seine Schulter. Kotemon ging hinter ihnen her. Chris ging ebenfalls in Richtung Heim und Bearmon spazierte neben ihm her. Cathy und Holly wollten zusammen zu Cathy nach Hause. Beide trugen ihre Digimon auf dem Arm. Kurt und May blieben zurück. Sie drückte ihr Betamon an sich. Dieses sah sie besorgt an.

„Ich hatte solche Angst“, sagte sie und rieb sich die Augen.

„Ich weiß. Ich auch. Aber es ist vorbei“, sagte Kurt ruhig.

„Soll ich dich tragen?“ Sie nickte. Er ging in die Hocke und nahm sie, samt Betamon Huckepack.

„Elecmon, kannst du laufen?“, fragte er zu seinem Digimon. Es nickte,

„Sicherlich, das ist kein Problem.“ Zusammen machten sie sich auf den Weg. Obwohl es noch nicht mal dämmerte, waren sie alle recht müde geworden.
 

„Es ist merkwürdig.“ Dustin wiederholte diesen Satz, wieder und wieder. Kotemon sah zu ihm auf.

„Was ist merkwürdig?“, fragte es. Dustin sah es an.

„Na ja… Raremon müsste doch eigentlich Aufmerksamkeit erregt haben, oder? Trotzdem schien es keiner bemerkt zu haben.“ Kotemon machte ein nachdenkliches Gesicht. Zumindest soweit Dustin es in seinen Augen, welche als einziges im Gesicht sichtbar waren, erkennen konnte.

„Ja, du hast Recht. Aber das kann ich dir erklären. Ist dir was aufgefallen?“ Dustin blinzelte.

„Was?“ Kotemon machte mit einem Arm eine kreisende Bewegung.

„Na als wir gekämpft haben, ist dir die Luft nicht seltsam vorgekommen? Es hat gestunken, ja, aber ich meine sonst.“ Dustin nickte. Die Luft war wie im Dschungel gewesen. Warm, feucht und durch Raremon etwas stinkig.

„Das liegt daran, dass durch das Loch Digiatmosphäre in diese Welt gelang ist. Da sie sich aber nicht mit der Atmosphäre dieser Welt verträgt, ist alles was sich darin befindet und sich bewegt, quasi unsichtbar.“ Dustin blinzelte es verwirrt an.

„Woher weißt du das?“ Es deutete auf Calumon, welches in Dustins Armen schlief.

„Es hat mir das letzte Nacht erklärt.“ Dustin nickte. Diese ganze Sache mit den Digimon wurde immer fantastischer.

Nur noch wenige Straßen trennten ihn von seinem Heim. Dustin trug mittlerweile Kotemon wieder im Rucksack, wobei Kotemons Kopf rausragte. Klar sahen ihn manche Leute seltsam an, aber ihm war das egal. Er wollte ins Bett. Doch eine Stimme ließ ihn stillstehen.

„Ich kriege dich, Marie!“ Dustin sah sich um. Die Stimme klang gehetzt und leicht erschöpft.

„Gleich habe ich dich!“ Er sah sich weiter um. Es klang nach einer Verfolgung. Doch es war keine Kinderstimme, sonst hätte er ja an ein Fangspiel gedacht. Dann kreischte kurz ein Mädchen auf und sagte leise: „Lass mich Numemon! Bitte!“ Mon? Er sah sich weiterhin um. Wurde jemand von einem Digimon angegriffen? Doch nach diesem Satz war es plötzlich still. Einige Minuten lang horchte Dustin, dann gab er sich mit der Erklärung zufrieden, dass er sich sicher verhört haben musste. Er hatte Durst, Hunger, war müde und Kleider für Calumon hatte er ebenfalls keine. Das Sommerkleid, hatte er in den Rucksack gepackt. Er jetzt fiel ihm auf, dass er Calumon auf dem Arm trug. Doch mit geschlossenen Augen sah es eher wie eine Puppe aus. Keine Gefahr also. Zuhause angekommen setzte er sich auf die Couch und erzählte seiner Mutter von allem. Als Rose Kotemon ansah, lächelte sie leicht.

„Nun muss ich ja mehr kochen, kann das sein?“ Dustin sank auf der Couch zusammen. Er war heute einem riesigen Fleischberg entkommen und sie sprach vom Essen. Doch plötzlich stutzte er. Rose sah leicht lächelnd aus dem Fenster und spielte ein bisschen mit der Gardine herum.

„Mama? Ist was?“, fragte er leicht irritiert. Rose schüttelte den Kopf.

„Nein Schatz, nein.“

„Du lügst.“, sagte er sofort. Rose kicherte, setzte sich neben ihn und wischte ihm mit einem Taschentuch das Gesicht ab.

„Ich erzähle es dir bei Gelegenheit. Versprochen. Am besten gehst du jetzt baden. Calumon lässt du lieber hier, ich nehme es dann heute Abend mit.“ Dustin stand auf.

„Gute Idee. Komm Kotemon.“ Es nickte und folgte ihm. Rose wartete bis die Wohnzimmertür zuschlug, dann sah sie leicht verträumt aus dem Fenster.

„Ich habe es doch die ganze Zeit gewusst“, sagte sie leise.

Dustin blieb kurz am Telefon stehen. Auf dem Schuhschrank lag ein Notizzettel. Auf der ersten Seite stand etwas geschrieben. Er nahm den Block und las die Nachricht. Es war eine Einkaufsliste. Er blätterte um und weitete leicht die Augen. Kotemon sah ihn besorgt an.

„Was ist Dustin? Sag schon.“ Dustin las den Dreizeiler wieder und wieder. Dann las er es irgendwann laut genug, dass Kotemon es hören konnte.

„Nächstes Wochenende, Sonntag um 22 Uhr, Treffen mit Schatz.“

Im Gully geht es stinkig her

„Das hört sich ja schrecklich an“, sagte Rose ziemlich besorgt, als Dustin ihr am nächsten Tag erklärte, wieso sein Digimon schon wieder etwas größer geworden war. Dustin hatte Kotemon auf dem Schoß sitzen, welches, während er erzählte, seine Schüssel Müsli leer löffelte.

„Und wie geht es den anderen?“, fragte sie noch hinterher.

„Den Mädchen ist ja nichts passiert. Chris und Kurt haben allerdings leichte Schrammen. Aber nichts Schlimmes“, meinte er. Calumon war wieder in ihrer Mädchengestalt und saß neben ihm am Tisch. Langsam wandte sich Dustin ihr zu.

„Nun erklär mal Calumon, was war gestern genau los? Deine Stirn hat immer geleuchtet, kurz bevor unsere Digimon weiter angewachsen sind.“ Calumon seufzte und strich sich durch die Haare.

„Das mache ich wenn die anderen auch da sind, calu“, sagte sie und klang sehr nachdenklich. Wie auf ihr Kommando klingelte es auch schon an der Tür. Dustin stand auf und öffnete. Kurt und Chris standen so gut auf der Matte verteilt, dass er die Mädchen gar nicht sehen konnte. Als dann alle im Haus waren und sich mit zusätzlichen Stühlen im Raum verteilt hatten holte Calumon tief Luft.

„Also. Das Zeichen auf meiner Stirn ist weder eine Rune, noch normale Zierde. Ich kann es selbst nicht genau erklären, aber ich sage es mal so. In diesem Zeichen befindet sich das Licht der Digitation. Wenn ich dieses Licht freisetze, kann ich Digimon mit Energie versorgen und unter Umständen digitieren sie dann auch. Dabei verbrauche ich allerdings auch Energie, aber das ist im Moment nicht so wichtig. Das Licht ist aber nur eine Art, wie sagt ihr, Starthilfe. Der eigentliche Auslöser ist etwas anderes“, schloss sie und machte ein sehr erleichtertes Gesicht. Offenbar war sie froh, es so schön erklärt zu haben.

„Und was war nun der eigentliche Auslöser?“, fragte Kurt sofort. Calumon sah zu ihm und deutete auf sein Digivice.

„Das da. Ich habe euch doch gesagt, was die Wappen auf eurem Digivice bedeuten. Das Digivice ist eine Art Hilfsmittel, das eure Emotionen an euer Digimon weiterleitet. Durch Emotionen könnt ihr eurem Digimon im Kampf zusätzliche Power und Siegeswillen geben. Und diese Emotionen lösen auch letztlich eine Digitation aus.“ Kurt begann kurze Zeit nach dieser Erklärung, in der eigentlich völlige Stille herrschte, langsam etwas laut vor sich hinzumurmeln.

„Und lass mich raten. Bei guten Gefühlen hat es eine positive Wirkung, bei Schlechten eine negative.“ Calumon nickte.

„Genau, calu.“ Dustin schien im Moment nicht der einzige zu sein, der noch auch weniger als der halben Strecke einfach ausgestiegen war. Kurt nickte ebenfalls.

„Um es mal etwas leichter zu sagen. Wenn wir uns stark fühlen spüren das unsere Digimon und werden ebenfalls stärker. Fühlen wir uns dagegen schlecht oder verängstigt, werden die Digimon schwächer.“

„Heißt das, wenn wir noch mal kämpfen müssen, wird Betamon schwächer, wenn ich große Angst habe?“, fragte May und drückte ihr Digimon etwas mehr an sich.

„Ja ich denke mal so muss man es verstehen“, sagte Kurt. Betamon sah May zutraulich an.

„Keine Sorge, du schaffst das schon. Immerhin bist du ein mutiges Mädchen, nicht wahr?“ May sah jedoch nicht so überzeugt aus und nickte deshalb wohl auch nur um das Thema zu beenden. Kurt wandte sich erneut zu Calumon.

„Erzähl uns mal was über Raremon, Calumon. Du weißt doch so viel. War Raremon wirklich auf dem Championlevel?“ Calumon nickte.

„Ja, calu. Raremon sind primitive und bösartige Geistdigimon auf dem Championlevel. Und eure Digimon sind jetzt alle auf dem Rookielevel, also ein Level unter dem Champion.“ Jemand stieß Dustin einen Finger in seine Seite. Er wandte den Kopf und sah Cathy genau in die Augen, die sich zu ihm vorgebeugt hatte.

„Was ist?“, fragte er leise. Cathy flüsterte: „Kann es sein, dass sie langsam aber sicher ihren Dialekt verliert? Sie sagt immer weniger „calu“ in den Sätzen. Ob das an der Menschenform liegt?“ Jetzt wo sie es sagte, fiel es ihm auch auf. Tatsächlich wurden ihre calus immer weniger. Dustin zuckte mit den Schultern.

„Scheint so, ja“, sagte er leise.
 

„Und was sollen wir jetzt tun?“, fragte Holly etwas leise in den Raum. Alle sahen sie an. Sie hatte die Frage gestellt, die sich eigentlich jeder schon seit so langer Zeit stellte.

„Andere Digimon finden und zurück in die Digiwelt schicken. Zumindest wenn ein Loch offen ist“, sagte Calumon. Chris grinste.

„Also ich kenne Löcher, die so gut wie immer offen sind.“ Alle sahen ihn an. Nach kurzer Zeit sagte er dann nur leise: „Na Maulwurfshügel… was sonst?“ Cathy verzog das Gesicht.

„Ich will gar nicht wissen, was dir wirklich durch den Kopf ging.“ Chris grinste nur schelmisch.

„Besser ist das.“ Dann stand Kurt auf.

„Gut, am besten gehen wir los und versuchen etwas zu finden. Jeder nimmt sein Handy mit und dann schauen wir was dabei raus kommt. Einverstanden?“ alle nickten, und standen dann ebenfalls auf.

„Am besten gehen wir aber trotzdem in Gruppen los. Calumon bleibt schon mal bei Dustin und macht seine anhängliche Mädchennummer.“ Kaum hatte Kurt den Satz beendet, hing Calumon auch schon an seinem Arm.

„Okay, calu.“ Dustin zog eine Mine als wolle er panisch davonrennen.

„Ich gehe auch mit ihm mit“, sagte May und stellte sich auf seine andere Seite.

„Ähm okay, gut“, sagte Kurt und sah zu Chris rüber.

„Dann bilden wir zwei noch ein Team und dann noch Holly und Cathy. Unsere Handynummern haben wir ja alle. Dann mal los.“
 

„Wieso muss ich eigentlich sowohl Calumon als auch den schweren Rucksack tragen?“, fragte Dustin empört. May grinste zu ihm hoch.

„Meckere ruhig weiter, dann hänge ich mich an deinen letzten Arm“, sagte sie und war scheinbar ziemlich gut gelaunt.

„Bloß nicht. Ein tauber Arm reicht. Ich wünschte nur, ein gewisses Etwas, würde sich im Rucksack nicht so schwer machen.“ Der Rucksack erbebte dabei leicht, als wollte etwas protestieren. Jedoch vernahm man keinen Laut.

„So schwer kann Kotemon nicht sein. Betamon ist doch auch recht leicht und hinten in meinem Rucksack. Ach genau, können wir irgendwo in den Schatten gehen? Betamon braucht hin und wieder etwas Wasser.“ Calumon nickte.

„Genau. Betamon sind amphibische Digimon und brauchen viel Feuchtigkeit, calu.“

„Wie stellt ihr Zwei euch das vor? Der Brunnen am Park ist durch die Hitze sicher voll besetzt.“ May hielt die Plastiktüte hoch, die sich schon recht lange dabei hatte.

„Deshalb habe ich hier drinnen auch Wasserflaschen mit Leitungswasser. Da, hinter dem Haus ist Schatten und niemand ist da. Kurze Pause okay?“ Dustin sah sich kurz um, dann gab er nach.

„Okay, komm.“ Eigentlich war er sogar froh, dass sie sich kurz hinsetzen konnten. Sogar Calumon ließ seinen Arm endlich los. Er konnte gerade zu spüren, wie sich das Blut wieder seinen Weg durch die Adern suchte. May öffnete ihren Rucksack und zog das grüne Betamon heraus, welches schon ziemlich schwitzte und stark am atmen war.

„Warm… heiß… trocken“, keuchte es.

„Ich weiß mein Kleiner, warte.“ Sie griff sich eine Wasserflasche und schüttete sie über Betamons Kopf aus. Das es auf ihrem Schoß saß, wurde auch sie ziemlich nass, doch das schien sie nicht zu kümmern. Mit ihren Händen verteilt sie das Wasser etwas auf Betamons Körper.

„Besser?“, fragte sie. Betamon nickte.

„Ja, schon viel besser.“ Tatsächlich hatte es wieder eine gesunde Gesichtsfarbe, zumindest für Betamon.

„Okay, wir warten kurz hier und… Dustin?“ May sah zu ihm rüber. Dustin stand über einem Gullydecken gebeugt. Nicht nur, dass er geöffnet war, aus dem Gully selber, kam es seltsamer Geruch hoch.

„Irgendwie ist das seltsam. Der Gully ist offen und es richt irgendwie komisch von da unten.“, sagte er. Calumon und Kotemon standen neben ihm.

„Calu… den Geruch kenne ich irgendwo her.“, sagte es.

„Aaah!“ Alle zuckten bei dem Schrei zusammen. May dachte zuerst jemand würde die Digimon bei ihnen sehen, doch der Schrei kam aus dem Gully.

„Da unten muss jemand sein. Ein Kind oder so. Los, runter da mit uns“, sagte Dustin und machte anstallten runter zuklettern, doch May hielt ihn an einem Arm fest.

„Bist du verrückt? Das ist verboten und außerdem ist es da unten schmutzig.“ Betamon sprang auf Dustins Kopf und hielt sich fest.

„Los runter! Da unten ist es kalt und feucht!“, sagte es. Dustin sah May an.

„Da hörst du es. Also runter. Kommt ihr auch?“ Calumon und Kotemon nickten auch. May seufzte, dann zuckte sie mit den Schultern und murmelte: „Also gut, wenn es denn sein muss.“
 

Kaum waren sie unten angekommen rieb sich Dustin die Augen. May sah zu ihm hoch.

„Hast du was?“ Dustin stöhnte genervt.

„Nächstens Mal, ziehen wir Calumon eine Hose und kein Kleid an. Und sie darf nicht mehr über mir auf einer Leite stehen.“ May grinste leicht.

„Oha. Du scheinst kein Glück zu haben“, sagte sie belustigt.

„Ich rieche etwas, calu. Und ich spüre ein Loch.“ Betamon drehte sich um.

„Hey seht mal da“, sagte es und deutete auf etwas. Alle wandten den Kopf. Der Gang gabelte sich etwa 10 Meter weiter nach links und rechts ab. Zwei Schatten huschten plötzlich von rechts herum in ihren Tunnel herein. Zuerst ein kleines Mädchen und dahinter etwas, was aus der Ferne wie ein Haufen grüner Schlamm mit Stielaugen und großem Mund aussah. Beide blieben sofort stehen, als sie die kleine Gruppe sahen.

„Hey das da ist ein Numemon! Und es scheint das Mädchen anzugreifen!“, rief Calumon und Kotemon zog sein Schwert.

„Halt wartet mal! Ihr habt auch Digimon?“, fragte das Mädchen und stellte sich schützend vor Numemon, als es Kotemons Schwert sah. May stutzte.

„Wieso auch? Ich dachte wir sind die Einzigen mit Digimon“, sagte sie verwirrt. Calumon nickte.

„Das stimmt auch calu, aber es kann auch passieren, dass sich Mensch und Digimon ohne ein Digivice anfreunden. Diese Menschen nennt man dann nicht Digiritter, sondern Digimon Tamer. Sag mal, ist das Numemon da dein Freund, calu?“, fragte Calumon und hockte sich vor das Mädchen. Es nickte und streichelte Numemon am Kopf, welches ein freudiges Gesicht machte.

„Ja, es ist vor etwa drei Wochen aufgetaucht. Es war plötzlich da, keine Ahnung wo es herkam. Aber seitdem spielen wir immer zusammen.“ Calumon lächelte.

„Das hört sich echt toll an, calu. Sag mal wie heißt du denn?“ Das Mädchen sah Calumon an.

„Ich bin Marie.“

„Also hatte ich mich doch nicht verhört. Gestern auf dem Weg nach Hause habe ich also euch zwei aus dem Gully spielen gehört“, sagte Dustin. Marie sah ihn verwirrt an. Calumon stand auf.

„Also ich bin Bal… ähm Clarissa und das da sind May, Dustin, Kotemon und Betamon. Aber sag mal, du hast Numemon also vor drei Wochen getroffen?“ Das Mädchen nickte.

„Ja, wieso?“ Calumon sah es überlegend an.

„Aber dieses Gefühl … ein Loch bleibt eigentlich nie solange bestehen.“

„Herrje Marie, vergiss nicht, wir wurden doch verfolgt!“, meldete sich Numemon plötzlich und die Stimme war so tief, dass jeder kurz eine Gänsehaut hatte. Marie zuckte zusammen.

„Ach ja, du hast recht!“ Beide wandten sich um.

„Es ist weg“, sagte sie leise und zum Teil auch überrascht. Dustin zog beide Brauen hoch.

„Was ist weg?“ Gerade als Marie zu ihnen sah, trat sie einen Schritt zurück und deutete auf etwas hinter der Gruppe.

„Na das da!“ Alle drehten sich um. Hinter ihnen stand ein Numemon. Doch es war nicht grün, sondern gelb.

„Oha. Zwei Numemon?“, fragte May.

„Das ist kein Numemon, calu, das ist ein Geremon. Soweit ich weiß, sind sie sogar etwas primitiver.“ Geremon hatte einen sehr seltsamen Gesichtsausdruck. Seine Stielaugen waren seltsam verknotet, sein Mund stand halb offen, seine lange Zunge schliff seitlich am Boden entlang und grünlicher Speichel lief ihn aus dem Mund und zog sich wie eine Schneckenschleimspur hinter ihm her. May schluckte heftig.

„Also irgendwie ist mir schlecht“, brachte sie heraus und hielt sich danach sofort den Mund zu. Calumon trat einen Schritt zurück.

„Das ist nicht gut, calu, es ist bereits von der Finsternis verwirrt. Wir sollten lieber etwas Abstand halten.“ Geremon blinzelte kurz und sah sie alle an. Kurze Zeit tat es nichts, dann öffnete es den Mund etwas weiter und sagte dumpf:

„Das ist jetzt mein Revier… haut ab… sonst muss ich euch…“ Es holte tief Luft. Calumon griff May und Dustin an die Arme und rannte los.

„Lauft! Es setzt Hypergestank ein!“ Die ganze Gruppe rannte los und verschwand in dem Gang, wo zuvor Marie und Numemon um die Ecke gerannt gekommen waren. May wollte fragen was Hypergeruch sein sollte, doch ein ziemlich ekeliges Geräusch hinter ihnen ließ sie die Frage nicht aussprechen.

„Wieso rennen wir eigentlich Calumon? Ist Geremon zu stark?“, fragte Dustin im Rennen.

„Nein, calu, es ist ein schwaches Champion, aber der Gestank würde uns wirklich umhauen. Wir müssen das Loch finden und es reinschubsen, calu!“ Marie sah sie an.

„Loch? So ein kleines, rundes Ding in der Luft? Das ist gleich da vorne im Gang rechts. Da hat es uns plötzlich überrascht.“ Betamon war mit seinen kurzen Beinen schon so sehr aus der Puste, dass es sich an Mays Rücken klammern musste um den Anschluss nicht zu verlieren.

„Dann schnell da vorne in den Gang, calu!“, rief Calumon, bog ab und blieb sofort stehen. Der Gang war dunkel und leer.

„Hier ist kein Loch, calu“, sagte es enttäuscht, wandte sich wieder und rannte den Gang weiter runter. Dustin sah sich panisch um, während er gleichzeitig versuchte nicht aus versehen ins Dreckwasser zu fallen.

„Dann muss es ja wo anders sein. Aber wir haben keine Zeit zum suchen. Moment mal, bleibt mal stehen.“ Alle hielten an und sahen zurück. Geremon schien sie aus den Augen verloren zu haben.

„Ein Glück, ich kann nicht mehr“, sagten May und Marie synchron und atmeten einige Male tief durch.

„Bleibt ihr hier und macht ne Pause, ich gehe mit Kotemon mal dem Loch suchen. Komm Kotemon“, sagte Dustin und verschwand mit dem Digimon in einem Nebengang.
 

Es vergingen nur wenige Sekunden, als Dustin panisch aus dem Gang gerannt kam.

„Los weiter, es ist wieder da!“, rief er, nahm Marie und May an je eine Hand und rannte los, dicht gefolgt von den Digimon. Schon kam Geremon aus dem Gang gehüpft und sah ihnen hinterher. Kurz schien es, als wollte es nichts machen, dann ließ es seitlich aus seinem Körper einen Arm wachsen und holte aus.

„Fäkalienwurf!“, rief es und als es eine werfende Bewebung vollzog, flog doch tatsächlich ein riesiger Fäkalhaufen auf die Gruppe zu. Zu seinem Glück sprang Kotemon in diesem Moment hoch, ansonsten hätte es ihn erwischt.

„Das Teil wirft Scheiße?!“, schrie May entsetzt und angewidert.

„Ja calu, das ist ihre Geheimwaffe, damit halten sie sich Gegner fern.“

„Es funktioniert, ich will auch weg!“, rief Dustin, bog nach links ab und blieb stehen. Calumons Augen strahlten vor Glück.

„Hier ist es calu, das Loch. Nun müssen wir nur noch auf Geremon warten.“ Sie mussten nicht lange warten. Geremon kam bereits um die Ecke gehuscht. Langsam kam es näher.

„Okay Kotemon, wenn es nah genug dran ist, haust du ihm voll eine rein“, flüsterte Dustin Kotemon zu und dieses nickte. Es wartete, bis Geremon nur noch 8 Schritte entfernt war, dann sprang es vor. Es schlug mit seinem Schert von oben noch unten zu und traf genau das Ziel. Allerdings war die einzige Reaktion, dass Geremons Körper wie ein Wackelpudding erbebte und sich dann wieder beruhigte.

„Ich glaube… das wirkt nicht“, meinte Kotemon und trat wieder zurück. Geremon blinzelte nur kurz verwirrt.

„Okay Betamon, leg du los“, sagte May. Betamon nickte und sprang vor.

„Elektroschock!“ Geremon zuckte einige Male zusammen, doch sonst schien auch Betamons Attacke keine wirkliche Wirkung zu zeigen. Das gelbe Digimon schüttelte sich kurz und sah sich jeden Einzelnen genau an.

„Was jetzt?“, fragten Betamon und Kotemon synchron. Dustin überlegte.

„Na ja… vielleicht… versucht ihr es einfach zusammen, hm?“ Die Digimon holten gerade erneut aus, da hörten sie ein Geräusch, als würde man einen Saugnapf von der Wand reißen. Geremon hatte sich urplötzlich vom Boden abgestoßen und flog in einer seltsamen Flugbahn auf Marie zu. Das kleine Mädchen schrie und hockte sich ängstlich hin.

„Du musst weg da!“, rief Calumon, doch es würde zu spät sein. Ein dumpfes Aufschlagen ertönte und Geremon wurde aus seiner Bahn geschleudert. Fast lautlos platschte es gegen die Wand des Kanals und rutschte in Zeitlupe daran runter. Numemon hatte Geremon mit seinem Körper zurück geschleudert. Wütend und zum Kampf entschlossen trat Numemon näher an den Gegner ran.

„Lass gefälligst meine Marie zu Frieden, verstanden?!“, rief es und schien auf Geremons nächsten Zug zu warten. Doch dieses war gerade erst damit fertig geworden, sich wieder aufzurichten und blinzelte das grüne Digimon vor ihm fragend an.

„Hah! Ich habe eine Idee“, murmelte Dustin und sah zu Numemon rüber.

„Numemon, kannst du Geremon eine Weile beschäftigen?“ Numemon nickte und sprang vor. Der Kampf sah sehr eigenartig aus. Die zwei Weichtierdigimon ließen sich wieder Arme wachsen und schlugen sich damit gegenseitig an die unmöglichsten Körperstellen. Marie sprang aufgeregt von einem Bein auf das andere und rief: „Weiter so Numemon! Gibt’s ihm!“

„Was ist dein Plan, Dustin?“, fragte Kotemon aufgeregt.

„Ganz einfach“, antwortete er und deutete auf das Loch. Das Loch ist nur noch wenige Schritte von Geremon entfernt. Wir können es zwar nicht verletzten, aber da sein Körper offenbar wie Gummi reagiert, können wir ihn vielleicht dahin stoßen. Wie einen Ball, der durch einen Schuss genug Schwung hat um ins Tor zu fliegen. Ihr stellt euch auf, zieht und greift dann zusammen an.“ Betamon und Kotemon nickten.

„Gute Idee, so machen wir’s.“ Beide Digimon schlichen auf die gegenüberliegende Seite des Lochs neben Geremon und warteten.

„Das muss jetzt klappen calu, wer weiß wie lange das Loch noch offen bleibt“, sagte Calumon und sah gespannt zu. Dustin zählte runter.

„Drei… zwei… eins… okay Numemon, weg da!“ Numemon sank zusammen, als würde es die Luft aus seinem Körper lassen. Geremon war davon lange genug abgelenkt um den nächsten Angriff nicht reagieren zu können.

„Jetzt!“ Kotemon und Betamon sprangen mit aller Kraft vor.

„Donnerkote!“

„Flossenschneide!“ Beide Attacken saßen und trafen so heftig, dass Geremon geradezu weggeschossen wurde. Mit einem saugenden Geräusch verschwand es im Loch und dieses schloss sich daraufhin. Numemon richtete sich wieder zur vollen Größe auf.

„Na also. Aber wird es Geremon bald wieder gut gehen?“, fragte May besorgt.

„Ja calu, keine Sorge. In der Digiwelt dürfte es sich einigermaßen schnell wieder erholen.“ Calumon lächelte zu Numemon rüber.

„Das war echt mutig von dir, calu.“ Das grüne Digimon lief leicht rot an und drehte sich beschämt ab. Alle lachten. Marie umarmte ihr Digimon und streichelte über seinen Kopf.

„Ja und danke Numemon. Du bist echt lieb.“ Numemons grüne Farbe schien nun gänzlich ins rote zu ändern.
 

„Na endlich. Das ist unser Gully.“ May war schon ganz erpicht darauf zurück an die Oberfläche zu kommen.

„Vielen Dank noch mal“, sagte Marie und umarmte Kotemon und Betamon gleichzeitig.

„Kein Problem“, antworteten die zwei kleinen Digimon fröhlich. Dustin beugte sich zu Numemon runter.

„Und was dich angeht, pass immer schön auf Marie auf, ja? Immerhin bist du ihr Digimon.“ Numemon nickte mit ernstem Gesicht und machte eine Geste, als wolle es salutieren.

„Dann viel Glück noch, euch beiden“, sagte Calumon, winkte und kletterte die Leiter hoch, dicht gefolgt von den anderen.

„Euch auch, auf wieder sehen!“ Marie und Numemon winkten noch, als Dustin den Gullydeckel mit aller Kraft schloss. Der Ausgang lag zum Glück nur wenige Meter von seinem Haus entfernt.

„Wir haben gerade mal Mittag. Ich sterbe vor Hunger“, murmelte Dustin laut und alle anderen nickten zustimmend.

„Dann ab zu mir nach Hause und was futtern gehen.“ Dustin rannte vor und riss die Tür auf.

„Wir sind wieder da“, sagte er laut in den Raum hinein und schloss die Tür als alle drin waren. Rose trat aus der Küche.

„Ihr seid aber schon früh…“ Der Satz sollte nie ein Ende finden. Sie hielt sich die Nase zu und trat zurück.

„Was habt ihr denn angestellt?! Ihr stinkt!“, schrie sie. Die kleine Gruppe fing an zu lachen. Rose seufzte tief.

„Ihr geht euch gefälligst abwaschen. Die Mädchen und Digimon zuerst, Dustin, du wartest draußen.“ Dustin hob beide Brauen.

„Was? Draußen? Obwohl… okay!“ Mit einem lauten Scheppern schloss er die Tür nachdem er hinausgegangen war. Alle sahen fragend zur Tür.

„Was hat er denn?“, fragte Kotemon verwirrt.

„Keine Ahnung, calu… aber könnt ihr mir bitte mal helfen?“ Calumon hatte sich, mitten im Flur angefangen das Sommerkleid über den Kopf auszuziehen.

„Hilfe calu, es ist dunkel, so dunkel! Wo seid ihr?!“ Rose seufzte noch mal und diesmal schwerer.

„Calumon, ich glaube du musst noch so einiges über mädchenhaftes Verhalten lernen.“

Neue Freunde

„Gibt es einen besonderen Grund dafür, dass wir hier am Blue Spring gelandet sind?“, fragte Kurt interessiert und ließ nebenbei den Blick schweifen. Eigentlich hatte er die Antwort schon im Kopf, aber jeder Mensch kann sich ja mal irren. Chris klopfte ihm sachte auf die Schultern und grinste.

„Ja natürlich. Ich denke mal Digimon mögen den Strand genauso gerne wie Menschen und außerdem… na ja…“ Er schien zu überlegen wie er den Satz wohl am besten beenden sollte, doch Kurt nahm ihm die Aufgabe ab und sagte trocken: „Und außerdem erhoffst du dir einige interessante Einblicke gewisser Hügellandschaften?“ Chris strahlte und lachte gleichzeitig.

„Genau so und nicht anders.“ Tatsächlich waren am Strand einige kleinere Grüppchen verteilt. Einige sonnten sich, andere rannten ins Wasser oder kamen gerade heraus und wieder andere saßen unter Sonnenschirmen und beschäftigten sich anders. Kurt musste zugeben, dass er in diesem Moment auch gerne einfach nur dort im Wasser herum geschwommen wäre.

„Lass uns morgen, nach der Schule, mit den anderen auch hier hin. Das wird sicher witzig“, meinte Kurt, wandte sich um, doch anstatt Chris zu sehen, standen dort nur Elecmon und Bearmon und blinzelte zu ihm auf.

„Wo…“, begann er erneut, doch Elecmon nickte nur leicht nach rechts. Kurt sah hin und verzog das Gesicht. Chris hockte neben einem Mädchen und sprach auf dieses ein. Ganz sicher wollte er ihren Rücken mit Sonnencreme einreiben.

„Das wird sicher nicht lange dauern“, sagte Kurt und sah zu den Digimon hinunter.

„Solange sehen wir uns einfach mal etwas um. Wir bleiben aber besser im hinteren Teil des Strandes, dann sehen euch die anderen Leute nicht. Die Digimon nickten und trotteten ihm nach. Schon nach vier Schritten hätte Kurt schwören können, dass er es hatte knallen hören.
 

Nur Sekunden später war Chris wieder bei ihnen. Ein rötlicher Abdruck zierte seine rechte Wange.

„Kurt, ich gebe dir einen Rat. Sage einem Mädchen nie, dass sie schöne Hupen hätte.“ Kurt strich ihm mitleidig über den Kopf.

„Das wusste ich schon vorher, mein kleiner Chrisiboy.“ Elecmon und Bearmon sahen sich fragend an.

„Mädchen haben was? Hupen?“, fragte Bearmon. Elecmon machte eine Kopfbewegung, was bei ihm wohl eine Art Schulterzucken war.

„Ich kenne Hupen nur bei Fahrzeugen“, sagte es.

„Das ist nicht so wichtig, vergesst es einfach, okay?“, sagte Kurt sofort und Chris pfiff unschuldig ein Lied. Kurt gab ihm einen leichten Schlag auf den Hinterkopf und sagte leise: „Sag so was doch nicht, wenn sie dabei sind.“ Chris rieb sich den Kopf und schmollte.

„Als ob die Ohrfeige nicht schon gerecht hätte“, meinte er und fing sofort wieder an seine prüfenden Blicke schweifen zu lassen. Schon Sekunden später tippte er seinem Nebenmann auf die Schulter und deutete auf ein nicht sehr weit entferntes Mädchen. Kurt sah kurz hin, wandte den Blick aber sofort wieder ab. Sie hatte ihr Bikinioberteil geöffnet und obwohl sie auf dem Bauch lag, fühlte sich Kurt gar nicht wohl als er sie kurz betrachtet hatte.

„Ja und?“, fragte er genervt. Chris ließ ein kurzes, prüfendes Geräusch vernehmen, dann sagte er trocken: „80, 50, 78.“ Kurt und die Digimon sahen ihn verwirrt an. Chris schwieg kurz, dann fügte er hinzu: „Das sind ihre Körpermaße. Wie bereits gesagt, ich erkenne so was sofort. Für ein Mädchen, dass etwa 16 Jahre alt ist, ausreichend.“

„Ausreichend? Was bist du? Ein Spanner oder so was?“, rief Kurt schon fast und war sowohl verblüfft, als auch überrascht. Chris grinste.

„Nein, ich bin Experte meines Fachs. Aber gehen wir weiter, ich will mir nicht noch eine einfangen.“
 

Sie hatten schon mehr als die Hälfte des Strandes hinter sich gebracht, da fiel Kurt ein Junge auf, der nun schon zum dritten Mal eine Runde um den Strand gelaufen war und offenbar weiter machen wollte.

„Ist das da nicht Steve aus der zehnten Klasse?“, fragte er und Chris nickte sofort.

„Das ist er. Er ist Landesmeister im Juniorenhundertmeterlauf. Er schafft 100 Meter in 15 Sekunden.“

„15 Sekunden? Das sind ja nur fünf Sekunden bis zum Weltrekord. Für einen Jugendlichen echt super. Und da ist er nur Landesmeister?“, fragte Kurt interessiert.

„Ja, der Juniorenweltmeister läuft 13 Sekunden. Das schaffte Steve nicht, aber er sagt selbst, dass ihm der Landesmeister reicht.“ Nachdem Chris geendet hatte, fiel ihm auf, dass fast alle Mädchen Steve zusahen, wie er den Strand entlang lief.

„Was hat der, was ich nicht habe?“, fragte er mies gelaunt.

„Besseres Aussehen und mehr Muskeln“, sagte Bearmon.

„Ein freundlicheres Lächeln und mehr Ausdauer“, sagte Elecmon.

„Und garantiert mehr Geld und trockene Laken.“ Mit diesem Satz beendete Kurt die Argumentaufzählung und Chris winkte ab.

„Alles nur unwichtige Nebensächlichkeiten. Ich wette er ist wie alle anderen Sportler arrogant.“ Die Digimon und Kurt grinsten sich an.

„Ist da jemand eifersüchtig?“, fragte Bearmon übertrieben laut geflüstert.

„Mal abgesehen davon, dass es bei seiner Figur, den meisten Mädchen egal ist, wie sein Charakter ist. Solange das Äußere stimmt, kannste so ziemlich jede haben“, erklärte Kurt und sah erneut zu Steve hinüber. Als er ihn genauer musterte erstarrte er.

„Scheiße.“ Chris wandte sich ihm zu.

„Was ist?“

„Steve sieht zu uns rüber. Und… er hat Elecmon und Bearmon reden gesehen. Er kommt näher, was jetzt?!“ Elecmon und Bearmon fielen stumpf zu Boden und blieben liegen. Elecmon schloss die Augen und flüsterte: „Plüschtiertarnung.“

„Wenn er wie die meisten Sportler ist, fällt er locker darauf rein“, sagte Chris, hob Bearmon hoch und wartete ab. Steve musterte beide kurz, dann blieb er direkt vor ihnen stehen.

„Hi“, sagte er und schien leicht aufgeregt. Noch bevor die beiden anderen etwas sagen konnten sprach er weiter: „Ich an eurer Stelle würde die Digimon nicht so einfach hier rumlaufen lassen.“ Kurt und Chris blieb die Spucke weg und die Digimon sahen auf.

„D-Du kennst die Digimon?“, fragten die Jungs synchron. Steve lächelte leicht.

„Klar und ich bin nicht der Einzige, kommt mal mit.“ Steve ging vor in Richtung Stadt zurück. Die Jungs und ihre Digimon folgten ihm dicht.
 

Steve führte sie auf eine Art Gelände einer ehemaligen Fabrik. Das Betreten war verboten, doch er ging, ohne das Schild weiter zu beachten, zum Eingangstor und öffnete es. Das Quietschen war fast ohrenbetäubend.

„Nun wissen sie bescheid, dass wir kommen“, sagte Steve und wartete bis Kurt, Chris und die Digimon drinnen waren. Dann schloss er das Tor wieder und das Quietschen hallte erneut über das Gelände.

„Und nun wissen sie, dass Freunde kommen. Einbrecher würden ja das Tor nicht schließen. Logisch oder?“ Damit führte er seinen Weg fort in Richtung Halle. Die Tür schien dicht, doch Steve öffnete sie ohne Probleme.

„Kommt rein, aber seid vorsichtig. Bewegt euch besser nicht also zu hektisch. Folgt mir, wir sind gleich da.“ Kurt ging als Letzter hinein und schloss die Tür sofort.

„Nun erklär doch mal was wir hier tun sollen und wer sind die von denen du sprichst?“ Doch Steve antwortete nicht, sondern ging einfach weiter. Kurt hatte nicht als Einziger ein merkwürdiges Gefühl im Bauch, doch die Vierergruppe folgte ihm weiterhin. Die Halle voll gestopft mir Metallresten, die am Boden verstreut waren. Am Ende der Halle war eine weitere Tür. Steve legte seine Hand um die Klinke und sah noch mal zu ihnen.

„Also ich warne euch vor, der Empfang dürfte jetzt etwas anders verlaufen, als ihr vielleicht denkt.“ Chris hatte plötzlich eine dringende Frage auf den Lippen, doch die Tür schwang in jenen Moment auf, als er den Mund öffnen wollte um diese zu stellen. Das nächste was er sah, war eine Art leuchten. Etwas sprang durch die Tür und landete nur Zentimeter vor ihnen. Erst dachten die Vier es wäre Feuer, doch dann sahen sie Beine die aus dem Feuer ragten. Vier an der Zahl mit Klauen an den Pfoten und ein raubkatzenähnlicher Kopf. Das Wesen knurrte sie an, doch Steve tätschelte ihm den Kopf.

„Nur die Ruhe, das sind Freunde Lynxmon. Sie haben auch Digimon, siehst du?“ Lynxmon schnüffelte kurz, dann trat es zwei Schritte zurück.

„Entschuldigt, die Vorsicht ging mit mir durch“, sagte es und neigte entschuldigend den Kopf leicht vor.

„Sch-Schon gut…“, sagte Chris und mit Kurts Hilfe stand er auf. Lynxmon ging zurück in den Raum und Steve hielt ihnen die Tür auf.

„Kommt, rein mit euch.“ Kaum hatte Steve den Mund geschlossen, gingen Bearmon und Elecmon auch schon rein.

„Bearmon und Elecmon? Soll das heißen Kurt und Chris sind hier?“ Die Mädchenstimme kam den beiden Jungs sehr bekannt vor. Sofort betraten sie den Raum. Eine kleine Treppe führte sie etwas höher. Es war ein sehr großer Raum, wohl früher ein Versammlungszimmer. Es war mit Sitzgelegenheiten aller Art ausgestattet, Tische standen verteilt, auf denen sogar Getränke und Knabbersachen lagen und hübsche Bilder zierten die monotone Wand. Auf einer Couch direkt links saßen Bearmon und Elecmon zusammen mit Cathy und Holly, die wiederum ihre Digimon auf dem Schoß sitzen hatten. Cathy hob grüßend eine Hand.

„Halli hallo. Also seid ihr auch über einen Digimon Tamer gestolpert und hier gelandet?“ Steve, der die Tür geschlossen hatte und jetzt zu ihnen trat, nahm den beiden Jungs die Antwort ab.

„Ich habe sie tatsächlich am Strand gefunden. Das war ein guter Tipp von dir, Cathy.“ Cathy zwinkerte ihm zu.

„Na ja, Chris ist leicht zu durchschauen.“ Kurt sah sich weiter um. Außer ihnen waren noch sechse weitere Personen im Raum. Ein kleiner Junge, etwa elf Jahre alt und mit kurzen, blonden Haaren, saß auf einem Sitzkissen und hatte neben sich ein Digimon sitzen, dass wie ein Frosch aussah, der eine Art Tröte um den Hals gebunden hatte und sichtlich am warmen Wetter zu leiden hatte. Ihm gegenüber saß ein Junge, der etwa 13 Jahre alt war und kurze, schwarze Haare hatte. Neben ihm stand ein großes Vogeldigimon, das allerdings keine Flügel zu haben schien, dafür lange, kräftige Beine und einen langen Schnabel hatte.

„Du beobachtest gerne, wie?“ Kurt sah zur Seite. Steve hatte ihm die Frage gestellt und sah die zwei Jungen ebenfalls an.

„Na ja…“, begann Kurt, doch Steve lachte.

„Ist doch okay. Der Kleine heißt Nick, neben ihm liegt Gekomon und der etwas Größere heißt Thomas und der große Vogel da heißt Kiwimon.“ Steve deutete quer durch den Saal und stellte die Leute vor.

„Der Junge da mit den rötlichen Haaren heißt Kevin. Das Digimon hinter ihm heißt Kougamon. Das dunkel gekleidete Mädchen heißt Stella. Ihr Partner ist Devimon, aber dieses ruht sich tagsüber aus. Mein Tipp, lass sie lieber erstmal in Ruhe, zu Fremden ist sie eher unhöflich. Die Hübsche da drüben mit den blonden Haaren und mit dem engen Top heißt Vanessa, ihr Digimon ist Lunamon, das süße, rosafarbene da drüben. Die Beiden achten sehr auf ihr äußeres. Ja und dann gibt es noch Lynxmon und mich, ach und ein kleines Mädchen namens Marie und ihr Numemon, aber die beiden kommen wohl erst später.“ Alles im allem war das doch eine recht bunte Truppe. Steve und dieser Kevin schienen die Sportler zu sein, die zwei Jüngeren eben normale Kinder, die gerade Karten spielten und die zwei Mädchen waren das genaue Gegenteil voneinander. Vanessa, war schlank und hübsch. Besser konnte es Kurt nicht sagen. Lange, glatte Haare, enge Klamotten, bunte Kleider, eben einfach nur hübsch anzusehen. Stella hingegen hockte in der dunkelsten Ecke. Ihre Haare und Kleidung waren pechschwarz und ihre Haut so milchig wie die einer Leiche.

„Du sag mal, diese Stella, ist die irgendwie… na ja… Gothic?“, fragte Kurt leise. Steve zuckte mit den Schultern.

„Angeblich ist das ihr eigener Style. Sie ist nicht der Typ Mädchen der sich an etwas Vorgemachtes mit dran hängt. Aber selbst mir verrät sie dazu nichts Genaueres“, schloss er und sah zu ihr hinüber. Kurt stutzte.

„Was meinst du mit nicht mal dir?“ Steve kratzte sich verlegen am Kopf.

„Nichts Besonderes. Stella und ich sind nur seid der Grundschule immer in der selben Klasse gewesen und waren immer dicke Kumpel. Aber seid einiger Zeit entfernt sie sich mehr und mehr seid… ach lass gut sein. Nanu?“ Alle verstummten. Das Quietschen des Eingangstores war laut zu vernehmen. Sekunden später erklang es erneut.

„Das muss Marie sein. Wir werden es ja gleich wissen“, sagte der Junge, den Steve als Kevin vorgestellt hatte und sah zu dem Lüftungsschacht zu seiner linken. Sekunden später hüpfte ein grünes Digimon mit Stielaugen heraus und ließ einen lauten Gruß hören. Steve nickte.

„Ah Numemon, dann ist ja Marie auch jede Sekunde hier.“ Numemon sah zu ihm.

„Das schon, aber…“ Lynxmon erhob sich so plötzlich, dass Holly und Cathy erschrocken zusammenzuckten.

„Sie ist nicht alleine. Fremde. Es sind zwei.“ Ohne weiter zu reden sprang es vor. Genau in der Sekunde, in der sich dir Tür öffnete, sprang es mit einem kräftigen Satz hinaus. Ein langer und überraschter Aufschrei war zu hören, dann sprachen mehrere Stimmen wild durcheinander.

„Calu! Was für ein Schock!“

„Das ist aber eine große Katze…“

„Nehmt das Biest von mir runter, tut was!“

„Lynxmon, lass ihn!“ Kurt und der Rest der Gruppe zogen die Brauen hoch. Das konnten nur Dustin, May und Digimonanhang sein. Steve trat hinaus.

„Was ist denn hier los? Hey Lynxmon, geh runter. Sie haben auch Digimon, also sind es keine Feinde.“ Danach redeten die Leute vor Tür noch einige Zeit miteinander, dann traten auch sie in den Raum ein. Tatsächlich, dicht gefolgt von Steve und einem kleinen Mädchen, betraten Dustin und May, samt Digimon den Raum. Calumon hatte es sich auf Lynxmons Rücken bequem gemacht.

„Hottehü! Reiten wir in den Sonnenuntergang, calu!“ Vanessa, zeigt ohne irgendwelche Vorwarnungen, dass auch schöne Mädchen ziemlich schnell reagieren konnten. Blitzschnell war sie vorgetreten, hatte sich Calumon geschnappt und drückte es fest an sich.

„Mein Gott, bist du niedlich!“ Ihr eigenes Digimon stand etwas unbeholfen daneben. Nick und Thomas sahen sich jetzt zum ersten Mal interessiert um. Dass Neulinge unter ihnen sind, hatten sie offenbar erst jetzt wirklich gemerkt. Der kleine Nick sah mit zusammengekniffenen Augen zu Vanessa hinüber.

„Du findest doch alles süß, was kleiner ist als du und ein rundes Gesicht hat“, sagte er leicht genervt. Vanessa sah in finster an.

„Stimmt nicht, sonst müsste ich dich ja auch niedlich finden, tue ich aber nicht.“

„Na die haben sich ja lieb“, nuschelte Chris. Thomas stellte sich neben ihn und sagte: „Die beiden sind über mehrere Ecken miteinander verwandt. Man kann auch Cousin und Cousine des x-ten Grades sagen.“ Die Digimon verhielten sich alle recht ruhig. Gekomon und Lunamon saßen nebeneinander, sahen sich an und schüttelten nur die Köpfe, Kiwimon war im stehen eingeschlafen, Lynxmon hatte sich an die Wand gelehnt und hingelegt und Kougamon saß noch immer an Ort und Stelle und meditierte.

„Sagt mal…“, meldete sich Holly auf einmal und sah fragend in die Runde.

„Was macht ihr hier eigentlich?“ Nick und Vanessa verstummten schlagartig. Alle sahen zu Holly hinüber, die wie sonst auch leicht rosa anlief.

„Uns verstecken.“ Alle sahen in die dunkle Ecke hinüber. Stella, an der Wand gelehnt und mit verschränkten Armen, sah zu ihnen hinüber mit einem neutralen Gesichtsausdruck.

„Uns und unsere Partner. Vor ihnen.“ Damit schloss sie und wandte sich wieder ab.

„Vor wen?“, fragten Kurt und Dustin synchron.

„Omega“, meinte Kevin knapp.

„Die Terroristengruppe, die mit Digimon böse Geschäfte betreiben.“

„Also doch“, schoss es Dustin durch den Kopf. All die Zeit hatte er also nicht dummes Zeug geglaubt.

„Erzählt mal mehr. Was genau wollen sie damit bezwecken?“, fragte Kurt, dessen natürliche Neugier wieder erwachte.

„Ist das nicht klar?“, fragte Thomas ungläubig.

„Sie bauen seltsame Geräte, mit denen sie harmlose Digimon wie eure in brutale Killermaschinen verwandeln.“ Steve nickte und übernahm weitere Erklärungen.

„Es gibt diese Geräte in verschiedenen Ausgaben. Halsringe, Arm- und Fußreife, Gürtel. Auf jeden Fall sehen sie immer aus wie Ringe. Dunkelgraue Ringe, die seltsam summen. Wahrscheinlich mit seltsamen Zeugs gefüllt, womit die Digimon wild wie ein Stier in der Arena werden. Wir haben uns schon öfters mit solchen anlegen müssen. Das seltsame ist, wenn diese Digimon sterben, verpuffen sie einfach. Sie werden kein Ei, sie sterben endgültig.“

„Was?!“, riefen die Neuen alle gleichzeitig und Calumon weitete entsetzt die Augen. Steve sah traurig zu Boden.

„Ja. Die einzige Möglichkeit ist es diese Ringe zu zerstören, aber auch dann hat man keinen Erfolg. Denn die Digimon bleiben dann wahnsinnig und man muss sie letztlich doch umbringen. Und wir wissen, dass Omega mit Hilfe der Digimon schon bald etwas sehr großes starten wird. Wir wissen nur nicht was genau.“ Die Mädchen waren entsetzt. Würden sie bald auch Digimon umbringen müssen? Den Jungs ging ähnliches durch den Kopf. Im Falle von Raremon waren sie immerhin sicher, dass es wiedergeboren werden würde, aber ein Digimon endgültig umzubringen? Keiner wusste, ob er es tun könnte.

„Noch geben sie sich mit einfachen Kunst- und Geldraubzügen zufrieden. Nur die Frage ist, wie lange das noch so geht. Auch die DSE schafft keinen endgültigen Stich gegen sie.“ Steve hatte nach einer kurzen Pause den Rest schnell runter geredet. Für Kurt ergab nun dieses Versteck einen logischen Sinn. Wenn Omega ihre Digimon finden und mitnehmen würde, würden sie sicher auch umgepolt werden.

„Leute…“, begann Dustin, schlug beide Hände zusammen und sah sie ernst an.

„Wir sind die Digiritter, also ist es wohl oder übel unsere Aufgabe die Omega zu besiegen. Und wenn das getan ist, finden wir sicher einen Weg Calumon und die anderen Digimon wieder nach Hause zu schicken.“ Stella fing an zu lachen. Es war ein spöttisches und kaltes lachen.

„Du bist so erfrischend naiv Junge. Ausgerechnet ihr wollt die Omega besiegen? Träum weiter, das schafft ihr nie.“ Dustin sah zu ihr hinüber.

„Was willst du denn? Versteckst dich da drüben und spuckst große Töne? Schon mal was davon gehört, dass man alles schaffen kann, wenn man sich anstrengt?“ Stella lachte erneut auf, stieß sich von der Wand ab und trat langsam auf ihn zu. Sie war gut einen halben Kopf kleiner als er, doch ihre Erscheinung machte dies wett. Sie wirkte wie ein Vampir, der langsam auf sein Opfer zuschwebte.

„Die Omegadigimon zerreißen eure kleinen Hosenscheißer in der Luft. Sie sind doch nur jämmerliche Rookielevel. Sie hätten keine Chance. Selbst mein Partner war fast machtlos gegen ein Omegadigimon, da werden eure nur ein Snack sein.“ Dustin knurrte.

„Dann ist dein Partner eben ein Schlaffi.“ Stella grinste überlegen.

„Mein Partner ist zufälliger Weise Devimon, ein Digimon auf dem Championlevel. Der Einzige in diesem Raum der Devimon in Ansatz gefährlich werden könnte wäre Lynxmon und er ist auf dem Armorlevel.“

„Armor?“, fragte Kurt.

„Was für ein Level ist Armor?“

„Calu, so eine Art Zwischenstufe vom Rookie zum Champion. Aber von der Stärke her mit Champion gleichzusetzen. Calu, einige Armorlevel sind sogar stark genug um es mit Ultra aufzunehmen“, erklärte Calumon, das immer noch, wegen eben, geschockt war. Dustin ballte die Fäuste.

„Ob Champion oder nicht, mit deinem Devimon würde Kotemon ohne Probleme fertig werden.“ Kotemon sprang vor und nickte. Stella sah zu ihm hinab und kicherte siegessicher.

„Dieser kleine Minisoldat? Mir soll es recht sein. Nach meiner Uhr haben wir Sonnuntergang. Wir treffen uns draußen.“ Damit warf sie sich die Haare nach hinten und stolzierte aus dem Raum. Steve entglitt ein leiser Pfiff.

„Respekt. Du hast es geschafft Stella wieder aus ihrer Ecke zu treiben. Scheinbar mag sie dich.“ Dustin rümpfte leicht angewidert die Nase.

„Mir egal. Die kann was erleben. Fertig Kotemon?“

„Aber hallo“, sagte es und rannte zur Tür.

„Wartet doch mal.“ Alle wandten den Kopf. Cathy ging zu Dustin, sah ihn erst eine Weile an und schlug ihm dann gegen die Stirn.

„Hast du sie noch alle? Da finden wir endlich mal Leute wie uns und du musst dich wie sonst auch gleich mit allen anlegen?“ Er rieb sich die Stirn und sah sie an.

„Sie hat nicht nur mich, sondern uns alle verspottet. Oder glaubst du etwa auch, dass wir es nicht schaffen?“ Cathy sah zur Seite.

„Na ja… das… du… du stellst dir das viel zu leicht vor. Das sind erwachsene Profis. Glaubst du im ernst, dass wir auch nur die geringste Chance haben?“ Dustin nickte ohne zu zögern.

„Na klar. So und nun entschuldigt mich. Komm Kotemon, wir müssen ein Digimon grillen.“
 

Die Sonne leuchtete in einem angenehmen Mix aus Rot und Orange und war nur noch halb am Horizont zu sehen. Eine leichte Brise strich über das Gelände. Dustin und Kotemon traten aus der Tür und gingen einige Schritte. Dann sahen sie endlich Stella, die sich zu ihnen mit einer eleganten Bewegung umdrehte. Ihr Lächeln ergab für Dustin keinen Sinn. Er konnte es nicht zuweisen.

„In Ordnung Mister Ich-schaffe-alles. Das ist das Kampffeld. Nur die Digimon kämpfen, wir mischen uns nicht ein. Du kannst deinen Kleinen ruhig anfeuern, es bringt ja eh nichts. Aber keine Sorge, ich finde deinen Begleiter irgendwie niedlich. Ich werde Devimon sagen, dass er ihn schonen soll.“

„Genug Schwachsinn gelabert! Wo ist dein Digimon? Hah?“, fragte Dustin, der von ihrer arroganten Art total angepisst war. Stella strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.

„Oh entschuldige. Er ist hier. Zeig dich Devimon. Jemand will eine Tracht Prügel einstecken.“ Kaum hatte sich ihr Mund geschlossen, begann es links neben ihr seltsam zu leuchten. Am Boden erschien eine Art Strudel aus Dunkelheit. Erst dachte Dustin, es wäre ein Loch, doch dann schob sich langsam eine Gestalt heraus und als sie gänzlich zu erkennen war, verschwand das Portal. Die Erscheinung des Digimon war unheimlich. Es hatte Fledermausähnliche Flügel aus dem Rücken, sah aus wie ein großer, schlanker Mann mit langen Beinen und Armen und aus seinem Kopf wuchsen zwei Hörner. Es war fast gänzlich in schwarz gekleidet und seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt. Devimon wandte sich Stella zu und verneigte sich, wie ein Diener vor seiner Herrin.

„Du hast gerufen, hier bin ich.“ Stella sah es an.

„Sehr schön, das geht ja immer schneller. Schau mal da drüben. Dieser Junge behauptet dich in einem fairen Kampf besiegen zu können. Sein Digimon sieht allerdings nicht danach aus, oder was denkst du?“ Devimon sah zu Dustin und Kotemon hinüber. Es musterte sie sehr lange und prüfend.

„Also? Was sagst du?“, fragte sie erneut. Das Digimon sah Stella ernst an.

„Noch sind sie keine Gegner, das stimmt. Allerdings…“ Stella sah es ernst an.

„Was?“, fragte sie genervt, aber ein wenig Neugier lag doch in ihrer Stimme.

„Es ist nichts weiter. Ich werde für dich kämpfen, wie gewohnt.“ Devimon trat vor.

„Aber sei nicht allzu hart zu dem kleinem Echsensamurai, klar?“, rief sie ihrem Digimon hinterher und setzte sich auf den Boden.

„Natürlich“, sagte Devimon ruhig.

„Ganz wie du wünscht.“

Dustin war sauer. Wie die Beiden so über ihn und vor allem Kotemon redeten, als seien sie eigentlich gar nicht anwesend.

„Zeig es ihm okay? Du hältst dich nicht zurück.“ Kotemon nickte und sprang vor.

„Wann geht es los?“, rief er zu Stella hinüber, die eher gelangweilt aussah.

„Der Kampf läuft schon, legt einfach los.“ Dustin grinste.

„Werden wir nicht. Wer einen Kampf anfängt, verliert mit Sicherheit.“ Sie zuckte mit den Schultern.

„Wie du meinst, Devimon leg los.“ Devimon hob langsam seine Arme.

„Okay Kotemon, mach dich bereit!“ Kotemon nickte und zog blitzschnell sein Schwert. Der Kampf konnte nun beginnen.

Eine kleine Lektion

„So ein idiotischer Sturkopf. Er kann es einfach nicht lassen den starken Mann zu spielen.“ Cathy wiederholte diesen Satz nun schon zum zehnten Mal in Folge. Sie und so ziemlich alle anderen standen ebenfalls auf dem Gelände, allerdings etwas weiter entfernt. Steve lächelte leicht.

„Ach ist nicht so schlimm. Im Gegenteil. Stella scheint ihn wirklich zu mögen, sonst wäre sie nicht so offenherzig zu ihm“, endete er, verschränkte seine Arme vor der Brust und nickte wissend.

„Das nennst du offenherzig?“, fragte Kurt leicht irritiert. Steve kratzte sich verlegen am Kopf.

„Na ja… für ihre Verhältnisse ist sie es grade wirklich.“ Die Tür zum Gebäude öffnete sich erneut und das Digimon Kougamon trat heraus. Es war recht kleinwüchsig und musste erst an ihnen vorbei gehen um zu schauen was sich dort hinten abspielte. Es verzog die Miene.

„Ach du meine Güte, dieser Junge legt sich wirklich mit Devimon an. Schlimm.“ Es schüttelte den Kopf. May hockte sich zu ihm.

„Ist Devimon wirklich so stark wie alle sagen?“ Kougamon wandte sich ihr zu.

„Nun kleines Mädchen, ich erkläre es dir. Wie du ja weißt sind wir Digimon in unterschiedliche Level eingeordnet.“ May nickte.

„Ja, da wären Ausbildung, Rookie, Champion, Ultra… den Rest weiß ich nicht mehr so ganz“, endete sie verlegen. Kougamon winkte ab.

„Das sind die Wesentlichen. Devimon ist nun mal ein Championdigimon und somit schon mal automatisch Kotemon weit überlegen. Jedoch… gibt es auch Sonderfälle. Ich bin auch auf dem Championlevel, aber mit Devimon kann ich nicht mithalten. Der Level sagt nicht immer zuverlässig aus, wie stark der Gegner ist. Es kommt vor allem auf das Training an und wie lange man das Level bereits hält. Lynxmon zum Beispiel trainiert fast täglich sehr hart, selbst er ist zu stark für mich.“ May nickte.

„Also ist Devimon sogar für einen Championlevel sehr stark, willst du das sagen?“ Kougamon nickte. Sie schlug ihm leicht auf den Kopf.

„Und wieso sagst du es dann nicht einfach so und erzählst mir einen ganzen Roman? So dumm bin ich nun auch nicht.“ Das Digimon rieb sich die getroffene Stelle.

„Hört auf, ich glaube die zwei legen los“, sagte Lynxmon und sah nach vorne.
 

„Okay Devimon, fang mit einer kleinen Nebelaktion an, das müsste reichen.“ Devimon hob seine Arme gerade zu in Zeitlupe an, bis sie eine waagerechte zu seinem Körper bildeten.

„In Ordnung. Alptraum Welle“, sagte es und kaum hatte es den Mund geschlossen wurde um ihm herum alles dunkel und von Rauch durchzogen. Kotemon sah sich hektisch um.

„Beruhige dich Kotemon. Das ist nur ein Trick. Wenn du es siehst, greif an“, sagte Dustin und Kotemon nickte.

„Ja ist gut.“ Es ließ das Schwert wieder etwas sinken und verengte die Augen zu Schlitzen. Es schien, als sei Devimon verschwunden.

„Von wo werde ich wohl angreifen?“ Devimons Stimme schien aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen. Kotemon begann wieder sich panisch umzusehen. Auch Dustin ließ den Blick schweifen. Dann hatte er einen Einfall.

„Kotemon los, Donnerkote. Guck nicht so blöd, mach es.“ Das Digimon wusste zwar nicht was das sollte, doch es hob das Schwert wieder an und schwang es hin und her, bis die Fungen sprühten.

„Donnerkote! Ach so jetzt verstehe ich!“ Es schwang das Schwert schneller. Die Lichtblitze erhellten das Gebiet zwar nur für nicht einmal zwei Sekunden, doch so konnten sie sich immerhin etwas Überblick verschaffen. Und tatsächlich. Devimons schattenähnlicher Umriss wurde von ihnen entdeckt.

„Es ist links von dir!“ Kotemon sprang vor und holte erneut zum Schlag auf.

„Hier, nimm das!“ Es schlug zu und es spürte den Widerstand. Sein Angriff musste getroffen haben.

„Ja, erwischt!“, rief Dustin. Devimon wurde sichtbar. Doch Kotemon hatte es nicht getroffen. Mit nur einer Hand hatte sein Gegner den Hieb abgewehrt und hielt das Schwert noch umklammert.

„Das war eine nette Idee, doch um mich zu treffen müsst ihr mehr tun“, sagte Devimon, hob Kotemon an und warf es gegen die nächste Wand. Diese fiel es runter, doch es rappelte sich sofort wieder auf.

„Tut mir Leid, aber das nächste Mal erwisch ich es besser“, sagte Kotemon entschuldigend.

„Schon gut. Der ist echt ein harter Brocken. Aber das schaffen wir Kumpel.“ Doch Dustin hatte keine Ahnung was er tun sollte. Was Muskelkraft anging, war Devimon ihnen überlegen. Aber wie sah es mit der Geschwindigkeit aus?

„Hey Kotemon, am besten greifen wir direkt und schnell an. Wenn es so stark ist, ist es sicher nicht schnell.“

„Klingt logisch, ich versuche es.“ Es hob sich das Schwert bis über den Kopf und ging leicht in die Hocke. Devimon sah ihm interessiert zu und sagte: „Ich weiß was du vor hast. Aber es wird dir nichts nützen, du kannst es gleich sein lassen.“

„Hör nicht auf ihn, er blufft! Los, volle Kraft!“ Kotemon sprang genau auf Devimon zu und schlug zu. Dustin war erstaunt. Diesen Schlag konnte man mit bloßem Auge echt kaum sehen. Diesmal würde es klappen. Das Geräusch von Holz, das auf Fleisch und Knochen trifft war zu hören. Dustin und Kotemon weiteten die Augen. Devimon hatte den Schlag erneut mit scheinbarerer Leichtigkeit abgewehrt. In seinem Gesicht zweigte sich keinerlei Anstrengung.

„So, erlaube mir nun eine kleine Attacke. Todeskralle.“ Den Schlag hatte Kotemon nicht kommen sehen. In der nächsten Sekunde hing es von Devimons Hand an der Wand gedrückt. Unfähig sich zu rühren und unfähig sich zu befreien hing es nun da.

„Kotemon, dein Mut ist bewundernswert. Aber lass dir gesagt sein, nur mit Mut alleine gewinnt man keinen Kampf. Egal viel wie Kraft du in einen Angriff gegen mich stecken würdest, ich würde ihn wieder und wieder abblocken“, sagte Devimon, zog seine Hand zurück und schlug mit der anderen zu. Es sah aus, als würde das Digimon nur eine Fliege verscheuchen wollen, doch die Wucht reichte aus um Kotemon gut drei Meter bis vor Dustins Füßen zu schleudern. Reglos blieb es liegen.

„Kotemon!“ Dustin kniete sich zu ihm runter und nahm es hoch.

„Hey gib nicht auf, komm schon. Noch können wir gewinnen“, sagte er mit zittriger Stimme und schüttelte das Digimon leicht. Doch dieses rührte sich immer noch nicht.

„Hör auf Junge. Lass es gut sein, siehst du denn nicht, dass Kotemon nicht in der Lage ist weiterzukämpfen?“, fragte Devimon mit ernster Stimme. Dustin sah es an.

„Aber…“, begann er doch Stellas Stimme ließ beide innehalten.

„Es ist so wie Devimon sagt. Dein kleines Digimon ist kampfunfähig, damit haben wir gewonnen und du hast verloren. Oh ja, das muss dich gerade zu innerlich zerreißen, nicht wahr? Du bist der typische Kerl, du kannst eine Niederlage nicht akzeptieren und würdest deinen Partner sicher auch noch mit gebrochen Gliedmaßen kämpfen lassen oder? Du bist nicht nur dumm, sondern auch verantwortungslos.“ Dustin versetzen Stellas Worte mehr und mehr innerliche Tritte und Schläge. Aus irgendeinem Grund verletzen ihn diese Setze sehr. Lag es daran, dass sie etwa Recht hatte? War er wirklich verantwortungslos und so dumm nicht zu erkennen, wann man verloren hatte?

„Ich habe es doch gleich gewusst. Du bist nichts weiter als ein Großmaul. Riesen Klappe, nichts dahinter. Dein armes Digimon tut mir richtig Leid, dass es an dich geraten ist.“

„Stella…“, sagte Devimon doch sie ließ nur ein verächtliches Schnaufen in Dustin Richtung hören und trat an ihm vorbei in Richtung Gebäude.

„Das war’s Devimon, du kannst gehen.“ Die Gruppe machte ihr Platz und mit einem letzten Schulterblick zurück betrat sie die Fabrik. Dustin und Devimon blieben zurück. Das schwarze Digimon sah zu dem jungen runter. Dustin hatte sich seid er Kotemon hochgehoben hatte nicht bewegt. Langsam traten die anderen zu ihm.

„Immerhin ist Kotemon noch mal mit einem blauen Auge davon gekommen. Es ist nur etwas erschöpft“, sagte Kougamon. Kurt klopfte Dustin leicht auf die Schulter.

„Hey mein Alter… ist… ist alles okay bei dir?“ Er nickte nur stumm und stand langsam auf. Cathy stemmte die Hände in die Hüpften.

„Du bist selber Schuld. Weißt du das eigentlich? Markierst vor ihr den starken Mann und kloppst dumme Sprüche.“ Dustin zeigte keinerlei Reaktion.

„Cathy…“, meinte May vorsichtig, doch diese unterbrach sie sofort.

„Ich bin noch nicht fertig. Jedenfalls kannst du echt von Glück sagen, dass Devimon nicht ernst gemacht hat, sonst wäre es viel schneller vorbei gewesen, ich hoffe das ist deinem Sturkopf klar. Manchmal benimmst du dich echt wie ein dummer Volltrottel.“ Dustin fing an zu zittern. Cathy zog die Luft zwischen den Zähnen ein, als sei ihr der letzte Satz herausgekommen, ohne dass sie diesen sagen wollte.

„Oh… ich… tut mir…“

„Du hast doch keine Ahnung.“, sagte Dustin und seine Stimme klang zittrig und gequetscht.

„Wie?“, fragte Cathy verwirrt. Dustins Körper begann stärker und stärker zu zittern.

„Ihr alle… ihr habt doch keine Ahnung. Ihr wisst doch gar nicht… ihr wisst doch gar nicht was in mir vorgeht!“ Damit rannte er ohne Vorwarnung los, riss das Tor auf und rannte den Weg entlang zurück zur Stadt.

„Warte doch…“, rief Holly und wollte ihm nachgehen, doch Chris hielt sie zurück.

„Lass ihn Holly. Ich weiß wie es ihm geht. Glaub mir, das Letzte was er gerade will ist Gesellschaft.“ Sie sah ihn an. Bei seinem ernsten Blick konnte sie nicht anders als nickend nachzugeben. Cathy sah zu der Stelle, wo Dustin eben noch gestanden hatte und erstarrte.

„Das ist doch… hat er etwa…?“ Dort wo er gestanden hatte, befanden sich zwei kleine Flecken auf der Erde, die aussahen als sei Wasser drauf getropft.
 

Es war schon dunkel, doch das kümmerte ihn nicht. Dustin saß auf einer Bank im Park, der natürlich leer war. Der Halbmond leuchtete klar in der Nacht. Es war schade, dass man wegen den Lichtern der Stadt die Sterne nicht so deutlich sehen konnte. Kotemon, das auf Dustins Schoß lag, hatte die Augen nicht geöffnet. Seine Ohnmacht war wohl automatisch in einen Schlaf übergewechselt. Er selber verspürte keine Müdigkeit. Er war sauer. Aber es war keine Wut auf Stella oder Devimon oder sonst wen. Und genau das machte ihn noch wütender. Je länger er darüber nachdachte, desto klarer war es, dass dieses Mädchen doch mit allem Recht hatte. Er hatte es schon immer gehasst zu verlieren, er hatte sich oft genug wirklich dumm und verantwortungslos verhalten. Eben dass diese Tatsachen waren es, die er an anderen Leuten nicht leiden konnte. Es war schon fast eine Art Ironie.

„Darf ich dir Gesellschaft leisten?“ Dustin wandte leicht den Kopf. Devimon stand nur wenige Meter von ihm entfernt.

„Von mir aus“, antwortete er trotzig und hätte sich ohrfeigen können. Er tat es schon wieder. Eben diese Reaktion ließ seinen Wutpegel weiter ansteigen. Devimon reagierte keines Wegs beleidigt oder ähnliches, es trat genau neben ihn, doch es setzte sich nicht sondern blieb vor der freien Sitzfläche stehen. Sie schwiegen sich wohl einige Minuten lang an, dann:

„Wieso bist du bei Stella?“ Das Digimon sah ihn nicht an und Dustin war dankbar dafür. Doch es antwortete sofort.

„Weil sie mich aus einer Dunkelheit geholt hat, die mich beinahe um den Verstand gebracht hätte. Es muss nun schon sicher drei Jahre her sein. Damals reiste ich als Abenteurer durch die Digiwelt. Doch aus irgendeinem Grund zog es mich hier her. Lange Zeit irrte ich alleine umher und kein Mensch machte Anstallten mir zu helfen. Im Gegenteil, sie schienen Angst vor mir zu haben und scheuchten mich fort. Ich verbrachte so sicherlich vier Monate. Doch dann traf ich auf Stella. Ich hatte mit einer ganz anderen Reaktion gerechnet als sie mich erblickte. Weißt du was sie zu mir sagte? Sie sagte nur: „Bist du auch so alleine und hast keine Ahnung was du tun sollst? Wie wäre es dann wenn wir zusammen alleine sind?“ Genau das hat sie damals zu mir gesagt und eben diese Reaktion ließ mein Herz höher schlagen wie noch nie. Aus diesem Grund fühle ich mich ihr gegenüber sehr verpflichtet. Es ist doch ein schönes Gefühl, einen Freund zu finden oder?“ Damit Devimon und ein leichtes Lächeln lag auf seinem Gesicht.

„Bestimmt“, antwortete Dustin nur und erneut wollte er sich nur ohrfeigen.

„Aber es ist umso schwerer über seinen eigenen Schatten zu springen.“ Devimon sagte diesen Satz mit Absicht mit ruhigem Ton. Es ließ Dustin nicht überkochen.

„Was willst du damit sagen?“, fragte er und wollte ernst und unwissend klingen, doch das Digimon fiel nicht darauf rein.

„Das weißt du genau, denke ich. Ich weiß nicht was der Auslöser war, aber du scheinst dir irgendwann eingeredet zu haben, dass du keine Gefühle zeigen darfst und den Starken spielen musst, egal was passiert. Aus diesem Grund bist du auch weggelaufen.“

„Ja toll, vielleicht hast du Recht!“, sagte Dustin laut und mit zorniger Stimme.

„Vielleicht ist es ja so, na und? Was geht dich das an? Du hältst dich für sehr schlau ja? Bist du hier hergekommen, damit du über mich als schwacher, feiger Angsthase lachen willst?“ Devimon blieb ruhig sitzen. Es zeigte erst keine Reaktion, dann langsam sah es ihn so ernst an, dass Dustin sich wieder beruhigte.

„Wieso sollte ich über dich lachen? Weil du geweint hast? Ich verstehe nicht wieso Menschen lachen, wenn andere Menschen weinen, ich weiß nur, dass ich es nicht komisch finde. Auch mir war früher oft danach zumute. Oder soll ich darüber lachen, dass du den Starken markieren wolltest? So etwas macht man nicht ohne Grund, auch das finde ich nicht witzig. Nein, ich will, dass du deinen Fehler einsiehst Junge. Stark sein gut und schön. Aber wenn du stark sein willst, dann sei es auf eine richtige Art und Weise.“ Dustin schüttelte nur leicht den Kopf.

„Ich verstehe nicht was du meinst.“

„Ich erkläre es dir. Fandest du dich stark, als du andere mit deinen Muskeln verprügelt hast? Fandest du dich stark, als du den Hund in der Gasse verprügelt hast? Ja ich habe dich damals gesehen. Schon mal daran gedacht, dass dieser Hund einen Grund hatte dich anzuknurren? Nur wenige Schritte entfernt, lagen die kleinen Welpen des Hundes in einer Kiste. Er wollte Calumon nur vertreiben und er wollte dich und das Mädchen nur vertreiben. Aber du als großer, starker Mann musstest einen Unschuldigen schlagen, was sagst du nun Dustin?“ Dustin erstarrte. Devimon hatte Recht. Alles was er in der Sekunde tun wollte, als er den Hund gesehen hatte, war es zu zeigen wie mutig und stark er war. Deshalb hatte er den Hund einige Schläge verpasst. Und nun soll der Hund eine gute Absicht für das Knurren gehabt haben? Er stützte seinen Kopf ab und schloss die Augen.

„Scheiße… was willst du eigentlich von mir?“, fragte er und seine Stimme zitterte erneut leicht. Devimon wandte sich ihm nun ganz zu.

„Ganz einfach. Siehst du ein, dass dein Handeln falsch war?“ Dustin nickte.

„Ja verdammt, schon gut.“ Das Digimon nickte ebenfalls.

„Dann ist es gut. Dann weißt du ja, wie du es nicht tun musst. Weißt du Dustin, du interessierst mich. Ich glaube, dass du etwas Besonderes bist. Deshalb will ich dir helfen.“ Langsam sah er zu Devimon auf.

„Hör mir zu. Du willst stark sein und das ist auch gut. Aber wie du es bisher versucht hast, warst du nicht so stark, wie du es sein müsstest. Überleg mal. Wieso wollen Menschen stark werden? Wieso wolltest du stark werden?“ Er überlegte.

„Ich wollte meiner Mutter keine Sorgen bereiten. Und ich wollte anderen helfen.“ Das Digimon nickte.

„Anders gesagt, du wolltest nicht in erste Linie dich, sondern andere beschützen. Und genau darin liegt der Punkt Dustin.“ Doch Dustin verstand es nicht. Er hatte eine Ahnung was Devimon sagen wollte, doch der letzte Anstoß fehlte. Devimon bemerkte dies offenbar.

„Dustin, du brauchst offenbar Zeit um deine Gedanken zu ordnen. Ich lasse dich wieder alleine, aber denke mal über folgendes nach. Es ist ein Satz, den ich mal in einem Buch aus eurer Welt gefunden habe. Er lautet: Wahre Stärke zeigt sich erst dann, wenn das Schwache siegt. Gute Nacht und bis bald.“

„Warte.“ Doch mit einem Schwung seines Flügels, war Devimon schon verschwunden.

„Wahre Stärke zeigt sich erst dann, wenn das Schwache siegt?“, wiederholte er leise. Doch auch nach einigen weiteren Sekunden, in denen er angestrengt nachdachte, kam er zu keinem Ergebnis. Vielleicht würde er morgen auf eine Idee kommen. Er war gerade von der Bank aufgestanden, da hörte er Schritte. Er wandte den Kopf und sah Holly, die nur noch wenige Meter entfernt stand. Als er sie ansah, wurde sie leicht rötlich.

„G-Geht es dir wieder gut?“, fragte sie leise.

„Ja“, antwortete er und trat nah genug an sie sie ran, dass sie miteinander reden konnten. Sie kramte kurz in ihrer hinteren Hosentasche, zog etwas hervor und hielt es ihm hin.

„Hier, das hast du verloren.“ Es war ein Schlüssel. Sein Schlüssel.

„Oh, danke. Ohne den wäre ich nicht nach Hause gekommen.“ Er nahm den Schlüssel an sich und verstaute ihn wieder sicher.

„Schön, dass es dir wieder gut geht. Ein wenig besorgt war ich schon, als du gerade verschwunden bist“, sagte sie leise und lächelte zaghaft.

„Du hast dir Sorgen gemacht?“, fragte er leicht verwundert. Holly lief wieder rötlich an und sah leicht verlegen zur Seite.

„A-Also… ich meine… schließlich… sind wir doch Freunde. D-Da dachte ich…“ Dustin hob langsam eine Hand, legte diese auf ihren Kopf und strich leicht drüber. Sie blinzelte ein paar Mal verwirrt. Das hatte er bei ihr noch nie gemacht. Er lächelte leicht.

„Um mich muss man sich keine Sorgen machen. Völlig unbegründet. Okay?“ Sie nickte leicht und er ließ seine Hand wieder sinken.

„Die anderen sind sicher schon nach Hause oder? Sollten wir auch tun, ich bringe dich noch zu dir“, sagte er locker. Holly winkte ab.

„Ach nein. Nicht nötig. Wenn du mit zu mir kommst, musst du ja fast den ganzen Weg noch mal zurück. Ist echt nicht nötig, mir wird schon nichts passieren“, sagte sie sicher und lächelte. Doch Dustin schüttelte den Kopf.

„Nichts da, ich bringe dich noch bis zur Tür und keine Widerrede.“

„Du willst andere beschützen. Das ist der richtige Weg.“ Devimons Stimme hallte in diesem Moment in seinem Kopf wieder. Aber wieso? Freunde nach Hause zu bringen hatte doch nichts mit beschützen zu tun. Es war für ihn ganz normale, dass er so was tat und er tat es gerne.

„Wie du meinst. Wenn es dich glücklich macht“, sagte Holly und gab nach.

„Ja, macht es mich. Dann kann ich wenigstens ruhig schlafen.“ Holly wurde erneut etwas rosafarben im Gesicht.

„Also machst du dir Sorgen um mich?“, fragte sie leise und schüchtern. Er blinzelte kurz.

„Na ja… also … irgendwie… ja schon.“ Sie seufzte etwas erleichtert.

„Ach ist schon gut. Du bist halt jemand, der sich für seine Freunde einsetzt. Und das finde ich echt ganz toll an dir.“

„Hm? Wie jetzt?“, fragte er leicht verwirrt. Holly lief knallrot an.

„A-Ach nichts. Gar nichts, ich bin nur müde und rede Quatscht, haha. Penguinmon, wo bist du? Ah, da. Komm, wir gehen. Kommst du Dustin?“ Dustin folgte hinten dran.
 

Bis sie den Park verlassen hatten, sagte keiner von ihnen ein Wort. Dann fragte Dustin langsam: „Wo ist eigentlich Calumon?“

„Schon bei dir denke ich. Es ist zumindest in die Richtung geflogen.“, antwortete Holly leise.

„Verstehe. Du siehst irgendwie so konzentriert aus“, stellte er fest. Sie nickte.

„Du weißt ja, ich bin der Theater AG und wir führen schon in drei Tagen ein Stück auf. Du hast sicher davon gehört. Es wird eine etwas abgeänderte Version von Romeo und Julia. Und ich spiele die weibliche Hauptrolle.“

„Oh stimmt, davon habe ich gehört. Da gratuliere ich dir herzlich.“ Holly lief leicht rot an.

„Danke schön, aber…“

„Aber?“, fragte er verwirrt.

„Na ja… es gibt in dem Stück etwas… worauf ich mich nicht vorbereiten kann.“

„Und das wäre? Sicher eine schwere Textstelle, habe ich Recht?“ Holly sah beschämt zur Seite.

„So was Ähnliches, ja.“ Penguinmon meldete sich plötzlich krächzend.

„Es sind die Kussszenen. Sie hat keine Ahnung wie sie in den Kussszenen reagieren soll. Ob sie dem Kerl den Kuss erwidern soll oder nicht, ob sie vorher einen Lippenstift aufträgt oder nicht oder…“ Doch weiter konnte es nicht sprechen, denn Holly hielt ihm den Schnabel zu.

„Du Plappermaul…“, zischte sie mit knall rotem Gesicht. Dustin lächelte etwas, dann sah er in den Himmel.

„So, so… eine Kussszene macht dir also so zu schaffen. Da hilft nur eines.“ Holly und Penguinmon sahen ihn verwirrt an.

„Du brauchst einen Übungsdummy.“

„Eh?!“ Hollys Röte wurde dunkeler und auch Penguinmon machte ein Gesicht, als glaubte es sich verhört zu haben.

„Übungsdummy fürs küssen? So was gibt es nicht, da müsste ich ja jemanden fragen“, sagte sie etwas aufgebracht und Dustin sagte dazu trocken: „Ja, genau so meinte ich es. Du suchst dir jemanden aus, fragst ihn und wenn er zustimmt, übt ihr das ne Weile. Ich meine, ist es denn so schlimm? Ich dachte bei der Schauspielerei ist das egal, weil keine Gefühle vorhanden sind.“ Holly holte tief Luft und stöhnte laut auf.

„Ach du stellst es dir so vor, wie eine Runde Trainingslaufen. Aber das ist nicht so einfach Dustin. Für uns Mädchen sind Küsse etwas Besonderes und der erste Kuss ist…“ Sie hielt inne. Dustin sah zu ihr.

„Was ist? Sprich ruhig weiter.“ Doch sie schüttelte nur den Kopf und sah weg. Er verstand nicht wirklich was los war. Penguinmon sah ihn an, als würde es sagen wollen: „Hast du es nicht begriffen?“ Er schüttelte den Kopf und das Digimon zuckte nur mit den Achseln.
 

Es dauert nur noch wenige Minuten, da standen sie auch schon vor Hollys Tür. Sie wurden sogar erwartet. Kurt, Chris, May und Cathy saßen auf den Stufen vor dem Haus und standen auf, als Dustin und Holly nah genug waren.

„Was macht ihr denn hier?“, fragte Holly verwirrt. Chris hob beide Brauen.

„Oho, ihr zwei alleine im Park? Hat ja ziemlich gedauert, bis ihr hier aufgetaucht seid.“ Doch alles was er damit erreichte war, dass Kurt und May ihm ihre Ellenbögen in den Bauch rammten. Die Digimon lachten.

„Und was wolltet ihr nun wirklich?“, fragte Dustin verwirrt. Kurt gab Cathy in leichten Schupps in seine Richtung. Kurz vor ihm blieb sie stehen, sah ihn aber nicht an.

„Also… wegen eben… tut mir Leid“, sagte sie eher stockend. Er blinzelte.

„Was?“ Sie sah auf.

„Na was wohl? Dass ich eben etwas ausgeflippt bin.“ Sie sah aus, als würde sie gleich wieder ausflippen wollen.

„Ach das. Lass gut sein. Hattest ja Recht.“ Alle wandten sich ihm zu.

„Du hattest schon Recht. Ich weiß zwar noch nicht wie ich es anstellen soll, aber ich werde versuchen mich zu ändern. So kann es nicht weiter gehen. Deshalb, werde ich jetzt einige Zeit etwas kürzer Treten und hoffen, dass ich es dann richtig hinbekomme“, sagte er sicher. Bevor jemand etwas darauf sagen konnte, drehte er sich um.

„Ich gehe dann mal nach Hause. Wir sehen uns in der Schule, gute Nacht zusammen.“ Damit machte er sich auf den Weg zurück durch den Park und ließ die Gruppe irritiert zurück. Alle sahen zu Holly.

„Was hast du denn mit dem angestellt? Das ist ja Wahnsinn“, sagte Monmon und schien beeindruckt. Holly zuckte zusammen.

„I-Ich habe rein gar nichts mit ihm angestellt. Ich glaube, bevor ich zu ihm gekommen bin, war jemand bei ihm. Zumindest hatte ich geglaubt Stimmen zu hören, die miteinander redeten.“

„Ach so? Komisch. Wer sollte das gewesen sein? Und warum?“ Kurt murmelte dies laut genug, dass die anderen es verstehen konnten. Jeder zuckte mit den Achseln.

„Keine Ahnung. Aber vielleicht wird er nun doch endlich mal etwas vernünftiger“, sagte May und streichelte Betamon über den Kopf, das gerade laut gähnte.

„Können wir endlich mal ins Bett gehen?“, fragte Bearmon und rieb sich die Augen.

„Ja, eine gute Idee. Lasst uns nach Hause gehen, bis morgen.“ Damit verabschiedeten sich alle von einander und gingen.
 

„Hey Dustin.“

„Hm?“ Er sah hinab. Kotemon hatte seine Augen geöffnet und sah ihn ernst an.

„Seid wann bist du wach?“

„Lange genug um gehört haben, was Devimon gesagt hat. Ich will jetzt mehr denn je stärker werden. Und wenn es bisher nicht der richtige Weg war, dann versuchen wir es jetzt eben anders. Und dann, will ich eine Revanche.“ Die ganze Zeit blieb seine Stimme ernst. Dustin nickte.

„Ja so machen wir es. Wir finden schon heraus, was es gemeint hat. Und dann fordern wir es erneut heraus.“ Er öffnete die Haustür. Es war alles schon dunkel, seine Mutter musste also schon schlafen. Leise schlich er in die Küche und öffnete den Kühlschrank.

„Hey Kotemon, was hältst du von leckeren Würstchen?“ Das Digimon rieb sich die Hände.

„Sehr viel. Vor allem wenn sie in meinem Bauch landen.“ Geschickt und ohne ein Geräusch öffneten sie das Wurstglas und ein Würstchen nach dem anderen verschwand scheinbar ohne große Mühen. Schmatzend saßen beide auf jeweils einem Stuhl und als das Glas geleert war, wurden sofort die anderen Schränke nach was Essbarem durchwühlt. Plötzlich vernahmen sie ein Geräusch von der Treppe. Es schienen Schritte zu sein. Kotemon sah zur Tür.

„Haben wir deine Mutter geweckt?“, fragte es. Dustin zuckte mit den Schultern.

„Kann sein. Hoffe nur, das gibt nicht allzu viel Ärger.“ Eine zierliche Gestalt betrat die Küche. Hätte Dustin in diesem Moment etwas im Mund gehabt, hätte er es in diesem Moment wohl sofort ausgespuckt. Calumon stand als Mädchen und ohne Kleidung am Leib in der Küche. Knallrot im Gesicht hielt er sich die Augen zu.

„C-C-Calumon… wie oft habe ich dir gesagt…“ Doch Calumon unterbrach ihn.

„Dustin.“ Die Stimme klang so ernst, dass er verwundet die Hände runter nahm und dem Mädchendigimon in die Augen sah.

„Wir müssen Omega stoppen, calu. Sie bringen Digimon endgültig um und das müssen wir verhindern.“ Dustin und Kotemon sahen sich an, dann wieder zu Calumon.

„Und zwar so schnell wie möglich, calu. Sobald wir auch nur die geringste Spur haben, müssen wir eingreifen.“ Es war ungewohnt Calumon so ernst zu erleben. Tatsächlich war er so irritiert, dass er sogar vergaß, dass Calumon nichts anhatte.

„Und wie? Wie sollen wir das anfangen?“, fragte Kotemon. Calumon biss sich auf die Unterlippe.

„Weiß ich nicht, calu. Aber irgendwie müssen wir es schaffen…“

„Überlass das uns“, sagte Dustin und klopfte sich auf die Brust.

„Kurt verfolgt die Nachrichten, er sagt uns bescheid wenn Omega wieder was anstellt und dann gehen wir los.“ Während er sprach ging er einmal um den Tisch und stellte sich hinter Calumon.

„Und bis dahin… ziehst du dir gefälligst was an!“, sagte er laut, legte seine Hände auf die Schultern des Mädchendigimon und drückte sie die Treppe hoch. Kotemon nahm sich eine Packung Schokoriegel und folgte stumm.

Schauspiel ist Krieg (Filler)

„Aufwachen!“ Das Geräusch von dicken Büchern, die auf einen Tisch geschmettert wurden war zu hören. Dustin schrak hoch. Durch den plötzlichen Schock pochte sein Herz wie wild und panisch ließ er den Blick umherwandern.

„Tut mir echt Leid, wie war die Frage? Was?“, fragte er verwirrt. Der Klassenraum war fast ganz leer.

„Der Unterricht ist seid einigen Minuten vorbei“, sagte eine Stimme vorwurfsvoll in seine Richtung.

„Aber dass du im Unterricht pennst, ist mir neu.“ Er senkte den Blick ein wenig. May stand neben ihm.

„Ach du bist es. Tue ich eigentlich auch nicht, aber eines lässt mir keine Ruhe und ließ mich kaum schlafen“, erklärte Dustin und bettete seinen Kopf wieder auf der Tischplatte.

„Wegen Devimon und seinem Rätsel? Ach das kriegst du schon raus. Ich bin ja eh wegen etwas anderem hier.“ May zog sich einen Stuhl heran, setzte sich drauf und beugte sich zu ihm vor.

„Ich habe mich mal umgehört und rate mal wer den Romeo übermorgen spielt. Michael aus der Oberstufentheatergruppe“, erzählte sie leise. Dustin hob den Kopf leicht und sah sie irritiert an.

„Mike der Abschlepper? Wieso lassen die den in einer anderen Gruppe spielen?“ May zuckte mit den Schultern.

„Woher soll ich das wissen? Jedenfalls spielt er den Romeo. Holly ist deswegen total neben der Spur.“ Sie beendete den Satz, als würde sie eine Reaktion erwarten wollen. Er blinzelte nur.

„Ach ich hatte mal mit Mike zu tun. Er ist zwar ein Casanova, aber er will nix von zu jungen Mädchen. Er ist eine Art, noch gerade zu ertragbarer Macho.“ Er ließ seinen Kopf wieder auf die Tischkante sinken.

„Ich bin mir also mehr als sicher, dass…“ Doch May unterbrach ihn.

„Heute bei der Probe, hat er versucht ihr unter den Rock zu fassen…“ Dustin setzte sich auf.

„Du hast Recht, diesem Schwein muss das Handwerk gelegt werden.“ May stand grinsend auf.

„Dachte ich mir. Komm, die anderen warten im großen Busch bei den Digimon.“
 

„Eines ist klar“, sagte Chris entschlossen und schlug beide Fäuste zusammen.

„Dieser Kerl macht unseren Ruf als junge Männer kaputt.“

„Er oder deine dummen Sprüche…“, wandte Cathy ein und Chris sah sie wütend an.

„Bevor wir ihn verjagen, brauchen wir erstmal einen Ersatzromeo.“ Alle sahen Kurt verwirrt an, der den Satz gerade wie gewohnt nachdenklich vor sich hingegrübelt hatte.

„Am besten jemand, der sich schnell Textstellen merken kann. Oh nein, mich braucht ihr gar nicht anzusehen. Ich bin Computerexperte, kein Schauspieler.“

„Schon gut ich mache es!“, sagte Chris laut und hob beide Arme. Bearmon tippte ihm beruhigend auf die Schulter und schüttelte den Kopf. Alle lachten.

„Sehr schön gesagt oder besser nicht gesagt, Bearmon“, jubelte Penguinmon. Monmon grinste Cathy an.

„Wieso spielst du nicht den Romeo? Maskulin bist du dafür genug und Holly müsste sich nicht schämen, wenn sie ein Mädchen, statt eines Jungen küssen müsste.“ Cathy schlug Digimon auf den Kopf.

„Du kleiner Frechdachs. Ich bin nicht maskulin“, sagte sie gereizt.

„Aber ihre Rechte ist hart genug… ob das ein Beweis ist?“, fragte May flüsternd an Betamon und Calumon gewandt. Beide zuckten mit den Schultern.

„Ruhe ihr drei! Außerdem, wenn Holly mich küssen würde, wäre das kaum ein Unterschied zu einem Jungen oder sonst wen. Das eigentliche Problem bleibt für sie. Und da bin ich also wirklich ganz falsch“, erklärte Cathy und fast alle nickten. Dustin sah von seinem Pausenbrot auf.

„Welches eigentliche Problem?“, fragte er schmatzend. Stille durchzog die Situation gut zwei Minuten, dann meldete sich wieder Chris zu Wort: „Okay, wer ist dafür den Verpeiltesten als vorläufigen Ersatzromeo einzuplanen?“ Bis auf Dustin selber und Holly, hoben alle die Hände.

„Geklärt“, sagte Cathy nickend.

„Hey, habe ich da kein Mitspracherecht?“, fragte Dustin und Brotkrümel flogen kreuz und quer aus seinem Mund.

„Nein, du hast Funkstille“, meinte Kurt trocken und drückte ihn etwas weiter weg von der Gruppe, damit Dustin nicht alles einsauen konnte.

„Alles schön und gut, aber wie wollt ihr ihn nun von Holly wegbekommen?“, fragte May. Chris und Kurt grinsten.

„Genauso, wie man jeden Kerl von einer Frau wegbekommt“, sagten sie synchron. Nun begann auch Dustin zu grinsen.

„Ich weiß was ihr meint.“ Alle drei standen grinsend auf.

„Überlass den Typen nur unseren fähigen Händen“, sagte Chris grinsend und folgte Dustin hinaus aufs Gelände. Kurt beugte sich zu den Mädchen vor.

„Und ihr, besorgt unserem neuen Schauspieler schon mal ein Dreh- und Textbuch. Das werden lange Nächte für ihn.“ Damit verschwand auch er. Die Mädchen und die Digimon blieben zurück.

„Ähm… wieso soll denn nun Dustin den Romeo spielen?“, fragte Holly verwirrt.

„Er hat doch noch nie geschauspielert.“ Cathy lächelte sie an und meinte prüfend: „Wären dir Chris oder Kurt lieber gewesen?“

„Nein.“, wandte Holly sofort ein. „Aber…“

„Wir haben leider keine allzu große Auswahl. Wir müssen uns halt mit dem begnügen, was uns zur Verfügung steht“, sagte May.

„Aber…“, begann Holly erneut, doch Cathy fiel ihr wieder ins Wort.

„Nichts aber, so wird’s gemacht. Entweder ein Macho, der auf Minderjährige offenbar abfährt oder Dustin, unseren neuerdings verpeilten aber lieben Trottel.“ Seufzend gab Holly auf und zog ihre Schultern hoch.

„Na meinetwegen. Ich nehme das Zweite mit viel Soße zum spühlen…“, sagte sie.

„Oho. Mit viel Flüssigkeit also? Sogar schon Extrawünsche wie?“, fragte Cathy lachend. Holly verzog nur das Gesicht, welches wieder rosa anlief.

„Ich meinte eigentlich etwas anderes…“
 

„Die Oberstufe riecht immer so nach Zigarettenrauch. Ich frage mich, ob die Lehrer nicht aufpassen.“

„Ach die rauchen doch mit den Schülern hier zusammen.“ Dustin und Chris hatten ihren Spaß. Sie kamen schließlich nicht oft in die Oberstufe. Die höheren Klassen lagen ironischer Weise im Erdgeschoss. Allerdings in einem Nebenflur, wo man als normaler Schüler nur selten hinmusste. Kurt blieb vor dem Raum stehen, den er mit den zwei Plappermäulern nun schon seid Minuten suchte. Der Pausenversammlungsraum. Es war eigentlich ein normaler Klassenraum, allerdings wurde er dieses Schuljahr nicht benutzt. Also verbrachten einige Schüler, vor allem an kalten oder feuchten Tagen, ihre Pausen in leeren Räumen. Kurt öffnete die Tür und trat mit den anderen ein. Mike war tatsächlich da. Er saß auf der Fensterbank, auf der gegenüberliegenden Seite der Tür. Links hatte er einen hübschen Rotschopf sitzen. Das Mädchen schien zu der Sorte Frau zu gehören, die mehr als 90 Prozent ihrer Tageszeit vor Spiegeln verbrachten. Beide schienen sich zu unterhalten. Dustin trat an Kurt vorbei.

„Ich mach das“, sagte er und blieb neben Mike stehen.

„Hey Mike, hast du ein paar Minuten?“ Der Angesprochene wandte den Kopf mit einer eleganten, aber auch arrogant wirkenden Bewegung. Als er Dustin erkannte, setzte er ein leichtes Lächeln auf.

„Ach du. Was kann ich für dich richten?“, fragte er. Seine Stimme klang klar und deutlich. Man hörte, dass er oft vor vielen Leuten sprach.

„Es geht um diese Sache mit Romeo und Julia. Ich würde dir da gerne etwas erzählen.“ Mike hob interessiert beide Augenbrauen.

„Warte hier Baby, ich komme fix zurück“, sagte er, stand auf und folgte Dustin hinaus. Chris und Kurt warteten schon. Der Macho schloss die Tür.

„Also? Sag es schnell und deutlich. Was ist mit Shakespeares Meisterstück?“

„Es geht nicht um das Stück an sich. Sondern um Holly“, meinte Kurt. Mikes Brauen hoben sich offenbar noch einige Millimeter mehr an.

„Lass hörn.“

„Sie ist süß nicht wahr?“, fragte Dustin herausfordernd.

„Tolles Haar, nette Figur.“

„Süßer Hintern, ja“, sagte Mike und brachte Dustin damit aus dem Konzept.

„Wie?“, fragte er verwirrt. Chris sprang für ihn ein.

„Worauf er hinaus will ist, dass Holly uns im Vertrauen anvertraut hat, dass du nicht ihr Typ seihst und sie hätte lieber einen anderen als Romeo.“ Der Angesprochene blinzelte zweimal, dann zuckte er mit den Schultern.

„Das weiß ich doch. Sagte sie sofort. Deshalb will ich ja Romeo bleiben, und sie umstimmen. Klar ist sie noch jung, aber hy, junges Gemüse schmeckt immer angenehm frisch, oder nicht?“ Diesen Satz verstand Dustin allerdings sofort.

„Nein, finde ich nicht“, sagte er sofort. Alle drei sahen ihn an.

„Jung ist natürlich gut, aber wie bei Gemüse, sollte man die richtige Reife schon abwarten, sonst kann man sich übel den Magen verderben.“

„Nun hör mal zu Kleiner, die Sache ist längst abgeklärt. Ich bin fest für die Rolle eingeplant, klar? Außerdem bekomme ich langsam den Eindruck, dass du mich davon abhalten willst, kann das sein?“, fragte Mike und klang langsam gereizt.

„Also… nein, aber…“, stotterte Dustin, doch der Oberstufenschüler unterbrach ihn: „Na dann kann es dir doch egal sein, was ich mit der Süßen mache und was nicht. Und jetzt muss ich wieder da rein.“ Tatsächlich drehte sich Mike zum Gehen um. Da kam es in Dustins Kopf zu einem Kurzschluss. Alles was er im Moment nur noch tun wollte, war diesen Penner daran zu hindern Hollys Leben zu ruinieren. Jedes Mittel war ihn im Moment dazu Recht.

„Holly und ich sind zusammen“, sagte er entschlossen, aber er verstand die Worte selber nicht ganz. Kurt und Chris klappten die Münder auf. Sie mussten sich verhört haben oder? Mike wandte sich wieder ihm zu.

„Ach… sag das doch gleich. Mein Gott, ich bin doch kein Unmensch. Dann werde ich natürlich meine Finger von ihr lassen“, sagte er. Dustin atmete innerlich auf.

„Echt?“

„Nein“, sagte Mike sofort trocken.

„Selbst wenn ich es wirklich wollte, kann ich meinen Namen jetzt nicht mehr so leicht von der Liste streichen. Vergiss es also, Bubi.“

„Hör mal zu, sag einfach was dich dazu bringen könnte, diese Idee sausen zu lassen.“ Dustin ballte die Fäuste. Er musste doch etwas tun können. Tatsächlich ließ Mike die so eben ergriffene Klinge wieder los und drehte sich erneut um.

„Okay Kleiner. Ehrlich gesagt glaube ich, dass du mir einen vom Pferd erzählst. Ich weiß genau, dass die Kleine noch nie geküsst hat. Wenn ihr echt zusammen seid, dann dürfte es für dich doch kein Problem sein ihr das noch heute beizubringen oder?“ Dustins Gesicht entgleiste gänzlich. Verlangte dieser Typ etwa das, was er vermutete.

„Also. Heute nach der Schule, auf dem Hinterhof. Ich warte auf euch. Versteckt. Und du, wirst ein Mann sein und sie so richtig abschlabbern. Wenn du das machst, lasse ich meinen Namen von der Liste streichen und du entscheidest wer den Romeo spielen soll. Andern Falls bleibt es dabei und Holly wird ihren ersten Kuss auf der Bühne erleben. Bis heute Nachmittag hast du noch genug Zeit um zu überlegen. Wir sehen uns, Bubi.“ Damit verschwand Mike zurück in den Raum und ließ Dustin mit verzweifeltem Gesichtsausdruck zurück.

„Scheiße man, du bist im Arsch!“, sagte Chris laut.

„Verdammt ich weiß!“, rief Dustin und verstrubbelte sich die Haare.

„Damit hast du deines und Hollys Leben ruiniert!“, sagte nun Kurt laut und aufgebracht.

„Ja verdammt, ich weiß!“, rief Dustin und sank zusammen.

„Was hast du dir dabei gedacht?“, fragte Chris, der das Erlebte genau wie Dustin noch nicht ganz verarbeitet zu haben schien.

„Er hat gar nichts gedacht!“, sagte Kurt entschlossen und überlegte offenbar hektisch hin und her.

„Wir kriegen das hin.“ Entschlossen stand Dustin auf und ballte die Fäuste.

„Ihr zwei und ich, die drei Musketiere werden auch diese Prüfung… Leute?“ Verwirrt, sah er sich um. Er konnte hören, wie die Tür zu Oberstufe sich schloss. Wollten die zwei etwa zu... Sofort rannte er los, nahm mit jedem Schritt fast zwei Meter auf einmal. Um die selbst die engste Ecke rannte er vorbei. Draußen rempelte er trotz seiner Geschwindigkeit niemanden um, er betrat das Gebüsch und lief direkt in Cathys ausgefahrene Faust. Noch bevor Dustins Körper den Boden berührte hatte sie seinen Kragen fest gepackt und schüttelte ihn fast das bisschen Pausenbrot wieder raus.

„Sag mal spinnst du jetzt völlig?! Du hast doch echt zu viel Freizeit, oder wieso machst du dir selber solche Probleme?!“ Sie war völlig aufgebracht. Obwohl Kurt, Chris und May an ihr klammerten, hatte Cathy genug Kraft um Dustin weiter zu schütteln.

„Du bist echt ein Spinner, du hast keine Ahnung wie es Holly gerade geht man! Nicht nur du hast ein Seelenleben, klar?!“

„Lass ihn…“ Hollys Stimme klang zum ersten Mal, laut und deutlich vernehmbar. Cathy schien so überrascht davon, dass sie tatsächlich sofort losließ. Vor Dustins Augen drehte sich alles. Er rieb sich die Augen und sah Holly an, die ihn ebenfalls ernst ansah.

„Also heute, nach der Schule auf dem Hinterhof?“ Als er nickte stand sie auf und holte tief Luft.

„In Ordnung. Wir ziehen es durch.“ Alle weiteten die Augen und es verschlug ihnen die Sprache.

„Aber Dustin, versprich mir, dass du den Namen Vash auf die Listesetzen lässt“, sagte Holly ernst. Niemand schien mit dem Namen etwas anfangen zu können, bis auf Cathy, die leicht rosa im Gesicht zu ihr ging und flüsterte: „Aber das ist doch…“

„Ich weiß“, unterbrach Holly sie und sah wieder zu Dustin.

„Wirst du das tun? Wirst du Vash auf die Liste setzen lassen?“ Dustin nickte. Holly atmete auf.

„Gut. Dann ist es gut. Die Pause ist vorbei, wir müssen wieder hoch.“

„Lauf…“, knurrte Cathy zu Dustin und dieser verschwand sofort. Cathy blieb mit Holly alleine im Busch zurück und als auch sie gehen wollte, hielt Holly sie noch kurz auf.

„Cathy, ich… hätte da eine riesige Bitte und wenn du ablehnst, verstehe ich das natürlich… es geht um Folgendes…“
 

Die folgende Doppelstunde Biologie brachte Dustin keine gute Laune. Anstatt wie sonst den Unterricht langweilig zu gestalten, so dass man sich mit anderem beschäftigen konnte, waren in dieser Stunde praktische Aufgaben auf der Liste. Tiere und Pflanzen sezieren, mit dem Mikroskop untersuchen und das mehrmals hintereinander um dazupassende Fragebögen zu beantworten. Da dies keine Gruppenarbeit war, musste er sich selbst um alles kümmern und manchmal schrieb er seine Gedanken auf, so dass zu der Frage: Was sorgt in einer Pflanzenzelle für die grüne Farbe? Eine Antwort stand wie: Hätte ich doch nur die Klappe gehalten, wäre ich jetzt nicht in Schwierigkeiten. Chris wies ihn darauf hin, allerdings stand dieser Satz in Tinte geschrieben und so konnte Dustin nichts anderes tun als sich ein neues Blatt zu besorgen. Gerne hätte er mit Holly einen Plan ausgearbeitet, aber diese befand sich am genau anderen Ende des Klassenraumes und war offenbar in aller Seelenruhe mit ihren Sachen beschäftigt. Erst jetzt fiel ihm auf, dass jemand fehlte.

„Hey Kurt, Chris, wo ist Cathy?“ Beide sahen auf. Sie war nirgends zu sehen.

„Cathy wurde irgendwo hinbestellt“, sagte eine Klassekameradin, die ihnen zufällig zugehört hatte.

„Offenbar war es wichtig.“
 

Die große Pause war schon fast eine Art unnötiger Zeitschinder für Dustin. Pausen gingen normaler Weise in wahnsinniger Geschwindigkeit vorbei, doch in dieser waren Sekunden mit Minuten gleichzusetzen.

„Verdammt… Kotemon… bitte hilf mir“, flehte er das Digimon an, doch dieses machte ebenfalls ein hilfloses Gesicht. Die anderen Digimon sahen sich nur kopfschüttelnd an.

„Warumachst du nicht einfach die gute, alte Methode? Augen zu und durch“, fragte Bearmon und verschränkte die Arme.

„D-Das kann ich doch nicht machen“, sagte Dustin darauf und fing erneut an sich die Haare zu raufen.

„Aber wieso denn nicht? Was ist denn groß dabei?“, fragte Elecmon verwirrt und blinzelte. „Ist doch nur einmal sich gegenseitig kurz in den Kopf beißen.“

„In den Kopf beißen?“, fragten nun alle anderen synchron. Elecmon merkte, dass es etwas Falsches gesagt hatte und sah beschämt zur Seite. Monmon verschränkte seine Arme hinter dem Kopf und fragte trocken: „Aber es hat trotzdem Recht. Wieso tust du es nicht einfach du Feigling?“

„Weil man so was nicht macht“, sagte Dustin aufgebracht.

„Ich bin nicht feige ich bin nur… ich bin…“

„Du bist ein Weichei. Das ist es. Du kloppst dich zwar mit Jungs, aber bei Mädchen setzt bei dir alles aus wie mir scheint.“ Monmon sagte diesen Satz, als sei das Thema damit erledigt.

„Das ist es. Du hast völlig Recht“, sagte Dustin und sprang auf. Monmons setzte sofort ein verwirrtes Gesicht auf.

„Es stimmt. Bei Mädchen bin ich eine Vollnull und dabei gibt es dafür keinen Grund. Ich ziehe es durch als wäre es eine Prügelei. Ohne Rücksicht auf Verluste, genau!“

„So… war das nun… nicht gemeint“, stotterte Monmon immer noch recht verwirrt.

„Traust du dich eh nicht“, wandte Penguinmon plötzlich ein. Dustin ließ den Kopf hängen und nuschelte ein: „Stimmt.“ Er setzte sich wieder hin.

„Irgendwie muss ich es doch noch hinbiegen…“
 

Die letzten zwei Stunden begannen. Das Ticken der Uhr wurde irgendwie immer lauter. Die Zeit wurde langsam mehr als nur knapp. Bei dem überraschendem Test konnte Dustin keinen klaren Gedanken fassen. Er ging mehrere Pläne wieder und wieder durch. Doch ihre Durchführung war unmöglich. Die letzte Stunde war nun schon fest zu Ende. Er ließ den Blick schweifen. Kurt schien die letzten Minuten zu zählen, Chris spielte mit einem Bleistift rum und Holly hockte immer noch Seelenruhig über ihren Heften und Büchern. Genau fünf Minuten vor Schluss stand Holly auf.

„Herr Lehrer, mich schmerzt plötzlich mein Bauch höllisch. Wäre es in Ordnung wenn ich etwas früher gehe?“ Der Lehrer hatte nichts dagegen. Sie packte ihre Sachen zusammen und ging an Dustin vorbei nach draußen.

„Wir sehen uns gleich, ja?“, flüsterte sie ihm zu und verlies den Raum. Dustin knallte seine Stirn auf die Tischplatte. Nun war alles aus. Genau jetzt fragte er sich wieso er sich eigentlich dagegen so sträubte. Schließlich war es doch wirklich nichts Großes. Dann fiel ihm ein, dass Holly und die anderen etwas über dieses Thema gesagt hatten. Lag es daran, auch wenn er nicht so ganz verstand? Die Schulglocke ließ ihn zusammenzucken.

„In Ordnung Herrschaften. Hausaufgaben dürften klar sein, wir sehen uns. Kommt gut nach Hause“, sagte der Lehrer verabschiedend und alle Schüler standen auf. Kurt rüttelte Dustin etwas.

„Komm, es ist Zeit.“

„Bring es besser schnell über die Bühne“, sagte Chris und hielt Dustin seine Tasche hin. Dieser schulterte sie sofort. Irgendwie war ihm schlecht.
 

Die Tür zum Hinterhof schloss sich. Es war alles ruhig und leer. Er sah sich um. Niemand zu sehen. Beobachtet fühlte er sich irgendwie aber trotzdem. Er ging einige Schritte. Dann sah er jemanden unter einem Baum auf der Wiese stehen. Langsam trat er näher. Holly stand mit dem Gesicht zum Stand und wandte ihm also den Rücken zu.

„In Ordnung, hier bin ich“, sagte er etwas teilnahmslos. Sie nickte.

„Hey tut mir Leid, dass es so weit gekommen ist“, fügte er noch schnell hinzu. Sie schüttelte nur den Kopf.

„Schon gut. Fangen wir einfach an, ja?“, fragte sie gewohnt leise. Er stutzte. Sie wollte es also auch schnell erledigt haben.

„Gut. Wie denn?“, fragte er. Sie deute ihm an näher zu kommen und sagte: „Stell dich direkt hinter mich.“ Er tat es und blieb genau hinter ihr stehen. Erneut stutzte er. Trug sie plötzlich etwas höhere Schuhe?

„Nun leg deine Arme um mich“, sagte sie flüsternd. Dustin zuckte zusammen.

„Tu es einfach, los“, fügte sie fordernd hinzu. Langsam tat er es. Extra passte er auf, dass es nicht zu krampfhaft wirkte.

„So etwa?“, fragte er. Sie nickte.

„Ja genau so, nun leg deinen Kopf auf meine Schulter. Nun zuck nicht so nervös, das ist Schauspielerei, so wirkt es für Mike glaubhafter. Das ist Theater, verstehst du?“ Er konnte ein genervtes Stöhnen nicht unterdrücken und tat es einfach. Dabei fiel ihm erneut etwas auf. Irgendwie roch sie anders. Hatte sie sich etwa was aufgetragen? Sie tippte ihm leicht auf die Hand, damit er ihr zuhörte: „Erschreck nicht. Hebe gleich wieder deinen Kopf an und schließe lieber die Augen. Ich mache dann den Rest. Bereit?“

„Nicht wirklich…“, sagte er sofort. Doch gleich hätte er es eh überstanden. Also schloss er die Augen und hob den Kopf.
 

„Wow… die tun es wirklich“, sagte Kurt erstaunt. May wedelte eine selbst gebastelte Fahne.

„Ist es nicht gemein sie so zu beobachten?“ Er winkte ab und sagte: „Unsinn. Chris ist schon zu Mike rüber und lässt die Liste ändern.“ May sah auf. Jemand hatte sich neben sie gestellt.

„Ah Cathy, sieh nur was… was zum…“ Sie stutzte und trat einen Schritt zur Seite. Das Mädchen, welches Cathys Sachen trug, war nicht Cathy. Es war Holly. Diese lächelte beide an.

„Na? Schon alles erledigt?“ Kurts Gesicht machte einen sowohl überraschten als auch total irritierten Ausdruck.

„Zwei Hollys? Wenn du hier bist, wer ist dann…“
 

„Ich hatte doch gesagt, du sollst die Augen zu lassen“, sagte sie flüsternd. Dustin sah sie ernst an.

„Und ich hatte es schon im Gefühl. Du warst zu groß, rochst anders und deine Stimme hörte sich leicht erkältet an. Cathy, was sollte das?“ Sie zwinkerte.

„Wäre dir die echte Holly lieber gewesen? Sei doch froh, nun kannst du allen erzählen dass du…“

„Dass ich ein maskulines Mädchen geküsst habe…“, beendete er den Satz für sie und sah weg.

„Nette Vorstellung. Ich bin echt drauf reingefallen.“ Chris watschelte gut gelaunt auf sie zu und wedelte mit der Liste.

„Hier alles erledigt. Mike konnte es nicht fassen. Oh… Cathy du?“, fragte er verwirrt. Sie nahm die Perücke ab und schüttelte elegant den Kopf. Auch die anderen und die Digimon kamen hinzu.

„Sehr schön geschauspielert. Sah wirklich echt aus“, sagte May und alle applaudierten.

„Wieso sah es echt aus? Es war echt“, meinte Dustin trocken und rieb sich die Lippen. Alle erstarrten.

„Dann habt ihr…“ Cathy lachte.

„Ja klar. Ist doch nichts dabei, gel Dustin? War ja nicht das erste Mal. Nun lasst mal eure Gesichter nicht so entsetzt aussehen. Als wir Kinder waren haben wir oft Mutprobe gespielt. Das ein oder andere Mal kam auch mal so was dran“, erklärte sie kichernd.

„Ach so, deshalb hast du zugestimmt meine Rolle zu spielen?“, fragte Holly fröhlich. Cathy nickte.

„War aber sehr überzeugend. Wieso kannst du das so gut?“, fragte Dustin nun plötzlich sehr interessiert. Sie grinste ihn an.

„Weil ich früher in der Theater AG war. Etwa zwei Jahre lang. Damals nannte ich mich allerdings Vash, weil ich finde, dass Cathy nicht so ein toller Name für eine Schauspielerin ist.“

„D-Du bist Vash?!“, fragten alle verwirrt.

„Aber dann heißt das ja…“ Holly nickte.

„Genau das. Sie wird Romeo spielen. Das ist schon in Ordnung. Schauspielerei ist halt ein krieg. Nicht war?“ Sie und Cathy zwinkerten Dustin zu, der einen Schritt zurücktrat.

„Sie spielt den Romeo… das heißt…“, begannen Kurt und Chris.

„Das heißt… dass wir uns Karten besorgen und das sehen müssen! Dustin los, ab zum Kartenverkauf!“

„Was? Aber wieso das denn? Hey loslassen!“ Doch die zwei Jungs hatten ihn bereits gepackt und zogen ihn mit ins Gebäude.

„Ich frage mich, was die wohl gerade denken…“, nuschelte May und leg den Kopf schief.

„Na ja kommt mal mit mir. Wir gehen schon mal zu den anderen zurück.“ Die Digimon folgen May vom Gelände runter.

„Ich würde gerne noch mal kurz rein und meine Sachen wieder anziehen“, sagte Cathy und zupfte an dem Rock rum.

„Sorry aber diese Klamotten sind nicht so mein Fall.“ Holly lachte und ging einige Schritte vor.

„Okay, machen wir. Und… danke noch mal, dass du das gemacht hast.“ Cathy ging ihr nach und harkte sich bei Holly ein.

„Kein Problem, wofür hat man denn Freundinnen?“

Der Ansturm

„Ihr zwei wart einfach super“, sagte May begeistert. Holly und Cathy lächelten.

„Danke, echt super, dass ihr gekommen seid um uns spielen zu sehen“, sagte Cathy und ließ den Blick schweifen. Sie standen vor dem Schulgebäude, zusammen mit den Digimon. Doch jemand schien zu fehlen.

„Wo ist Chris?“, fragte Bearmon plötzlich und sah sich hektisch um.

„Keine Ahnung, schon nach Hause?“, fragte Kurt. Doch das Digimon verzog nur das Gesicht und sagte trocken: „Aber er würde mich doch hier nicht einfach stehen lassen.“

„Hey kein Problem, wofür gibt es Handys?“, sagte Dustin munter, zog seins hervor und tippte schnell eine Nachricht ab. Kaum hatte er sie weggeschickt, ertönte nur Sekunden später das Geräusch eines Mobiltelefons. Dustin grinste und meinte fröhlich: „Tja, Chris ist jemand, der sofort eine SMS beantworten muss.“

Er begann zu lesen, was nicht lange dauerte und verzog die Mundwinkel.

„Wie? Ich hatte gefragt, wo er denn stecke und er schreibt, dass er auf einem Date sei. Dahinter ein Grinsesmily“, sagte er irritiert. Bearmon ließ die Arme hängen.

„Also hat er mich wirklich vergessen…“, sagte es und nahm unwillkürlich die Fötusstellung ein. Die anderen Digimon halfen ihm beim aufstehen.

„Unverantwortlich“, begann Cathy aufgebracht.

„Wie kann er nur sein Digimon zurücklassen? Los Dustin, wo ist die kleine Ratte?“ Dustin sah auf und nuschelte: „Habe ich gerade gefragt.“ Schon klingelte das Handy erneut und er öffnete die Nachricht.

„Grinsesmily. Als ob ich das euch erzählen würde. Wir sehen uns. Ach, kann einer von euch Bearmon mitnehmen, danke. Ein Smily der zwinkert“, las er vor. Bearmon fiel nach hinten und blieb liegen.

„Er… er hat mich wirklich einfach sitzen gelassen. Für jemand anderes“, nuschelte es traurig. Die anderen Digimon richteten es wieder auf.

„Sei doch nicht traurig, war sicher keine Absicht“, sagten sie aufmunternd. Cathy riss Dustin das Handy aus der Hand und begann wild eine Nachricht zu tippen. Dabei sprach sie laut aus, was sie schrieb: „Hör mal, du verantwortungsloser Drecksack, wie kannst du einfach dein Digimon hier sitzen lassen?! Machst du dir auch mal um andere Gedanken?!“ Seltsamer Weise kam auf diese SMS keine Antwort mehr.
 

Sie hatten sich in ein Cafe gesetzt und dort die letzten 45 Minuten verbracht. Nach dem bezahlen der Rechnung, machten sie sich in der Gruppe auf dem Weg nach Hause. Zum Glück war es schon recht dunkel, die Straße war ziemlich leer und da sie draußen gesessen hatten, konnten die Digimon in ihrer Nähe bleiben. Die ersten Laternen wurden eingeschaltet.

„Huch? Ist ja echt schon sehr spät“, sagte May, die ihr Betamon wieder trug und es drückte.

„Ja, wir sollten uns auf den Weg nach Hause machen“, meinte Holly leise. Kurt lachte und sagte: „Schon komisch, sonst bist du immer so ruhig und auf der Bühne hast du dir fast die Seele aus dem Leib gerufen. Echt toll, wie du dich verstellen kannst.“ Sie blinzelte, als würde sie nachdenken, ob es nun ein Kompliment, eine Beleidigung oder eine normale Aussage war.

„Ähm, ja… danke“, sagte sie letztlich. Plötzlich zuckte sie zusammen und sprang zur Seite. Dustins Handy hatte angefangen eine laute Rockmusik zu spielen.

„Ein Anruf?“, fragte er verwirrt und zog es aus seiner Tasche. Er begutachtete das Display.

„Unbekannter Teilnehmer…“, nuschelte er, drückte auf annehmen und stellte das Mobiltelefon auf den Freisprecher, so dass alle mithören konnten.

„Ja, hallo?“, sagte er laut genug. Ein lautes Rauschen war zu hören und das Geräusch von umher fliegenden Trümmern war zu vernehmen. Dann erklang eine Stimme die sagte: „Hilfe! Hier ist ein böses Digimon! Bitte kommt zum Versteck, es wird…“ Doch das Mädchen konnte nicht weiter sprechen. Das laute Scheppern von fliegenden Steinmassen und Geräusche von Metall welches auf Stein traf durchzog die Stille um die Gruppe und das Telefonat wurde überraschend beendet. Alle hatten die Augen geweitet und sahen sich an.

„Das war die kleine Marie…“, sagte May leise.

„Das klang nicht gut…“, nuschelte Kurt. Dustin steckte das Handy weg.

„Los Leute, wir müssen hin!“ Er schnappte sich Kotemon und rannte los. Die anderen folgten direkt.
 

Das Tor rissen Dustin und Kurt so stark und so schnell sie konnten auf. Das Quietschen machte sie fast taub. Gerade wollten sie die Tür öffnen, da flog diese auch schon aus den Angeln und flog ihnen entgegen.

„Runter!“ Alle duckten sich und die Tür landete weniger Meter hinter ihnen auf dem Boden. Sofort standen sie auf und rannten rein. Der Vorderraum war von Rissen und Löchern durchzogen. Es war finster, doch links im großen Nebenraum erklangen laute Schreie. Sie traten ein und mussten sofort zur Seite springen. Kiwimon war in einer grotesken Flugbahn auf sie zugekommen. Als sie zur Seite gesprungen waren, knallte es mit einem dumpfen Aufschlag gegen die Wand und fiel zu Boden.

„Hey, was ist los Kiwimon?“, fragte Dustin, hockte sich hin und zusammen mit Kurt richtete er das Vogeldigimon wieder auf, welches etwas zitterig stehen blieb.

„Marie hatte uns etwas zu futtern gebracht, aber plötzlich kracht dieses Vieh hier rein“, sagte es angestrengt und sah auf. Alle folgen seinem Blick. Genau am anderen Ende des Raumes, kämpften Lynxmon, Devimon, Gekomon und Kougamon, gegen ein etwa drei Meter hohes Digimon, welches wie ein T-Rex in Metalrüstung aussah und wie wild auf sie einschlug.

„Calu, schrecklich. Das ist Sealsdramon. Ein Championlevel Digimon und äußerst gefährlich. Es ist ein Cyborg, empfindet also nichts und fühlt auch keine Schmerzen, calu.“ Kaum hatte Calumon den Satz beendet, verpasste Sealsdramon dem kleinen Gekomon, so einen harten Schlag, dass es einmal quer durch den Raum flog und regungslos auf dem Boden liegen blieb. Die Mädchen rannten zu ihm. Dustin, Kurt und die Digimon blieben stehen.

„Okay, mach eine Pause Kiwimon, wir übernehmen“, sagte Dustin und die Digimon nickten.

„Auf geht’s!“, schrieen sie und rannten los. Kougamon versucht Sealsdramon mit seiner Doppelgängertechnik zu verwirren, aber dieses durchschaute den Trick und trat das echte Kougamon so kräftig, dass es an die Decke flog und schlapp hinunter fiel.

„Es ist stark…“, sagte Devimon murrend. Devimon und Lynxmon hatten auch schon einige Kratze und kleinere Platzwunden und waren schon ziemlich außer Atem. Sealsdramon wandte sich ihnen zu und holte aus.

„Nun zu euch zwei Schlaffis, Todesschlag!“ Doch bevor es zuschlagen konnte, trafen ihn die Attacken der Rookiedigimon.

„Mit dieser Kombination haben wir Raremon besiegt, der hat gesessen“, sagte Dustin grinsend. Doch als sich der Staub lichtete, stand Sealsdramon unbeeindruckt an Ort und Stelle und sah zu den kleinen Digimon hinüber.

„Was seid ihr denn für welche? Na ja egal, ihr seid auch gleich dran.“ Devimon und Lynxmon nutzen Sealsdramon Unaufmerksamkeit und griffen an.

„Todeskralle!“

„Geheulfeuer!“ Doch Sealsdramon duckte sich mühelos drunter weg und schlug mit dem Schwanz zu. Devimon erwischte es zuerst, durch den Schwung wurde Lynxmon ebenfalls mitgerissen und beide krachten gegen die nächst beste Wand. Langsam richteten sie sich wieder auf.

„Wo sind denn die anderen und wo ist Marie?“, fragte Holly, die Kougamon gerade aus der Gefahrenzone trug. Es spuckte etwas Blut aus seinem Mund und sagte: „Numemon hat sie in Sicherheit gebracht. Die anderen sind sicher Zuhause, aber Lunamon wird vermisst.“

„Seltsam ist auch…“, begann Devimon, welches sich gerade wieder zu seiner vollen Größe aufgerichtet hatte.

„Wieso es uns überhaupt angreift und warum es so irrsinnig stark ist. Ich meine, Sealsdramon sind zwar aggressiv, aber sie nehmen es nicht gleich so ernst damit und ein Armband von Omega trägt es auch nicht.“ Sealsdramon begann herzhaft zu lachen.

„Ihr Dummköpfe, ich bin Omegas bestes Digimon und hier, um euch für unsere Zwecke mitzunehmen. Ich brauche keines dieser Bänder um den Omega treu zu dienen. Ihr aber seid Digimon, die sich bei dummen Kindern einnisten und sich verhätscheln lassen. Ihr werdet mit mir kommen und ebenfalls für uns schuften.“

„Für was hältst du dich eigentlich, hä? Glaubst du im ernst, dass wir so dumm sind?“, fragte Lynxmon knurrend. Sealdramon fing an zu grinsen.

„Das denke ich nicht, also werde ich auch eben zwingen. Und diese kleinen Hosenscheißer dort, fresse ich zum Abendessen.“ Es wandte sich den Rookies wieder zu und trat langsam auf sie zu.

„Los, alle noch mal!“, rief Kotemon und erneut starteten sie ihre Kombination. Doch Sealsdramon ging unbeeindruckt weiter. Seine Rüstung hatte noch immer keinen einzigen Kratzer.

„Okay, Rückzug!“, schrie Betamon und sie rannten auseinander in verschiedene Richtungen. Sealsdramon lachte, holte aus und rief: „Das hilft euch auch nicht!“

„Ohrenpfeil!“ Wie aus dem Nichts kam von der Eingangstür her ein rosafarbenes Digimon angeflogen. Obwohl es sich sehr schnell bewegte, konnte man die Ähnlichkeit zu einem Hasen deutlich sehen. Seine Ohren waren für die Attacke nach vorne gerichtet und prallten auf Sealsdramons Kopf. Dieses wurde scheinbar nicht sehr hart getroffen, doch es reichte aus um seinen Angriff zu stoppen.

„Wer…“, begann es und schlug zu, doch das rosa Digimon reagierte sehr schnell und stieß sich von ihm ab, um erneut mit wahnsinniger Geschwindigkeit in Richtung Boden zu springen. Nach einem eleganten Salto landete es und wandte sich erneut Sealsdramon zu. Es ging leicht in die Hocke und sprang erneut.

„Mondnachtkick!“ Es trat zu und stieß sich sofort wieder ab um neben Devimon und Lynxmon zu landen. Sealsdramon steckte den Tritt weg ohne einmal die Miene zu verziehen.

„Ach mist. Der zuckt ja noch nicht mal“, sagte das Digimon und schlug die Fäuste zusammen.

„Sag mal wer bist du?“, fragte Lynxmon interessiert. Das Hasendigimon drehte sich um.

„Hi, ich bin Lekismon“, sagte es grinsend. Devimon nickte und sagte: „Ich weiß schon. Du warst Lunamon und bist wohl in den letzten Stunden digitiert.“ Lekismon zwinkerte ihm zu.

„Gut erkannt, richtig erfasst.“ Sealsdramon murrte vor sich hin und wurde dann lauter: „Die nehmen mich nicht ernst und es werden immer mehr. Nun werde ich…“

„Du wirst gar nichts tun. Aufgepasst, verstanden?“ Eine Männerstimme ertönte. Sie schien aus dem Helm von Sealdramon zu kommen, offenbar war darin eine Art Headset eingebaut.

„Befehle, Herr?“, fragte das Digimon.

„Wir haben unser Druckmittel so gut wie besorgt. Sobald wir die Frau verschleppt haben, werden diese Digimon eh bald uns gehören. Verzieh dich da. Wir treffen uns im Quartier, Ende und aus.“ Sealsdramon begann zu grinsen.

„Hey ihr kleinen Hosenscheißer. Ist unter euch anwesenden Bälgern jemand, der mit Nachnamen Thompsen heißt?“ Dustin stutzte, aber er trat vor.

„Steht vor dir“, Sagte er knapp. Das Digimon musterte ihn und das Grinsen wurde breiter.

„Was du da gerade gehört hast, solltest du dir durch den Kopf gehen lassen. Also, viel Spaß noch!“ Es zertrümmerte die Wand neben ihm und im entstandenen Rauch verschwand es. Als sich der Staub wieder lichtete, fanden sich die Zurückgebliebenen in einem riesigen Chaos wieder. Nun betraten die anderen die Szene. Steve voran, dicht gefolgt con Thomas, Nick und Kevin und kurz darauf Chris und Vanessa. Stella bildete das Schlusslicht. Anstatt wie alle anderen zu ihrem Partner zu gehen, blieb es vor dem großen Loch stehen und sah sich genau um.

„Wo zum Henker warst du?!“, keifte Cathy Chris an. Dieser brachte sich erstmal hinter Kurt in Deckung. Dieser allerdings trat kaltherzig zur Seite.

„I-Ich hatte ein Date… was ist so schlimm daran?“, fragte er verwirrt. Sie ließ ihre Fingerknöchel knacken.

„Ganz einfach, Bearmon hat sich abserviert gefühlt…“

„Nun seid mal ruhig“, sagte Stella laut und alle verstummten. Devimon trat neben sie. Doch das Mädchen würdigte das Digimon keines Blickes.

„Was war hier los? Kougamon?“ Kougamon trat vor.

„Marie kam um uns das Abendessen zu bringen, doch urplötzlich brach Sealsdramon durch die Wand und griff uns an. Mehr kann ich leider auch nicht sagen“, es endete und rieb sich den rechten Arm. Stella biss sich auf die Unterlippe.

„Wie konnten sie nur wissen…“, begann sie, doch dann sah sie alle noch mal an und sprach weiter. „Marie ist zuhause, für die unter euch, die es interessiert. So, hat dieses Digimon irgendwas Wichtiges gesagt, denkt nach!“, sagte sie laut und befehlend. Jeder sah sich überlegend an.

„Ja…“, begann Dustin langsam.

„Es sagte zu mir, ich sollte über die Worte des Mannes nachdenken, den wir gehört hatten.“ Stella sah ihn ernst an.

„Und was hat er gesagt? Los du Taugenichts, raus mit der Sprache!“ Dustin strengte sich an. Ihre Beleidigungen prallten an ihm ab und offenbar reizte genau dies Stella bis aufs Blut.

„Er sagte, sie würden bald ihr Druckmittel haben. Eine Frau. Sonst nichts, danach sollte Sealsdramon sich zurückziehen.“

„Eine Frau? Welche Frau?“, fragte Stella. Langsam. Gerade zu in Zeitlupe kam ihm eine Erinnerung hoch. Hatte er nicht Anfang der Woche einen seltsamen Zettel gefunden? Was hatte darauf gestanden? Diesen Sonntag sollte ein Treffen stattfinden… aber es war noch nicht Sonntag. Könnte es trotzdem was damit zu tun haben? Wenn es so war, dann…

„Mama…“, sagte er langsam und leise und seine Augen weiteten sich. Blitzschnell wandte er sich zur Tür und rannte los, so schnell er nur konnte. Kotemon folgte ihm dicht und alle, sogar Stella rannten ebenfalls hinterher.
 

Dustin steckte das Handy weg. Er war selbst von seinem plötzlichen Tempo überrascht. Selbst Lynxmon schien er zurückgelassen zu haben. Während er rannte, hatte er die ganze Zeit versucht seine Mutter zu erreichen. Doch sie nahm den Hörer nicht ab. Nur noch die Ecke da vorne trennte ihn von der Straße, in der ihr Haus stand. Blitzschnell und so eng er konnte, nahm er diese und musste sofort zur Seite springen. Ein schwarzes, langes Auto mit getönten Scheiben verfehlte ihn nur um Millimeter. Doch er hatte zu viel Schwung. Der kleine Sprung änderte sich in einen unkontrollierten Flug. Mit einem dumpfen Aufschlagsgeräusch landete er mit einem Arm auf dem Asphalt und rutschte einige Zentimeter die Straße entlang. Der Arm schmerzte höllisch.

„Scheiße“, keuchte er auf und versuchte sofort wieder aufzustehen. Dieses Auto kannte er nicht, garantiert hatte es was damit zu tun.

„Ich verfolge sie weiter!“ Lynxmon sprang über ihn hinweg und hechtete dem Auto nach. Dustin setzte sich wieder auf. Sein Arm war vor Schmerzen fast taub. Unter all dem Dreck, konnte er sehen, dass die Haut aufgeschürft war und blutete. Kotemon sah ihn besorgt an und sagte: „Ist alles okay? Das muss schnell verarztet werden.“ Dustin winkte ab und stand auf.

„Unsinn, los komm wir dürfen…“

„Vielleicht nimmst du jetzt mehr Rücksicht auf andere, aber du bleibst immer noch ein Volltrottel. Von mir aus kannst du weiter gehen, aber beschwere dich nicht, wenn du an Tetanus elendig verreckst.“ Er wandte sich um. Stella stand mit den anderen hinter ihm. Alle waren außer Atem. Dustin wandte sich von ihr ab und ging zum Haus. Die Tür stand offen und innen drin war es stockfinster. Langsam betrat er das Haus und schaltete das Licht an. Stille. Nicht das kleinste Geräusch. Er biss die Zähne zusammen um nicht gleich los zu schreien. Was zur Hölle sollte seine Mutter denn nun damit zutun haben?

„Wo ist euer Medizinschrank?“, fragte Cathy. Dustin deutete zur Tür, die zum Flur führte und sagte: „Im Bad.“

„Nettes Häuschen…“, meinte Stella und sah sich interessiert um. Vor dem Telefonschrank blieb sie stehen.

„Gib mir das Notizbuch…“ Sie wandte sich um. Dustin hatte es nicht als Bitte, sondern als Befehl formuliert. Cathy saß bereits neben ihm und benutzte Jod um seinen Arm zu reinigen.

„Hör mal, Kleiner… was bildest du dir eigentlich…“, begann sie mürrisch doch er sah so sie so zornig an, dass selbst sie ihre Kühle und ihre Fassung total verlor und überrascht aussah.

„Verdammt tu es einfach!“ Sogar Cathy ließ vor Schreck alles aus ihrer Hand fallen. Der Notizblock kam angeflogen. Sehr leicht, fast wie ein Wurf, der von einem Kind war. Er fing ihn im Flug auf.

„Danke…“, nuschelte er entschuldigend und drehte den Block um. Der selbe Zettel, den er Anfang der Woche gelesen hatte, war noch dran.

„Nächstes Wochenende, Sonntag um 22 Uhr, Treffen mit Schatz“, las er leise im Kopf vor. Wieder und wieder. Es ergab keinen Sinn. Er zerdrückte den Block in der Hand. Sobald Lynxmon zurück käme und den Ort verraten würde, wo seine Mutter war, würde er losziehen. Nun war er sauer.
 

Die Schritte hallten von allen Seiten wieder. Die Gänge waren aus massivem Stein, hohl und kalt. Rose ging neben einem großen, glatzköpfigen Mann mit Sonnenbrille und schwarzer Kleidung her. Er würdigte sie keines Blickes, lächelte aber.

„Ich muss schon sagen sie, von der DSE, haben sehr brutale Methoden. Ich konnte nicht mal mehr abschließen oder mich frisch machen“, sagte sie leicht meckernd. Der Mann, der sich nur als Mr. Engine vorgestellt hatte, machte hinter der Brille ein entschuldigendes Gesicht und sagte: „Es tut mir Leid, ich hatte lediglich zu meinen Leuten gesagt, sie sollen sie schnellstmöglich herbringen. Sie scheinen das etwas missverstanden zuhaben.“ Vor einer elektrisch gesicherten Tür blieben sie stehen. Man schien eine Sicherheitskarte zu brauchen um eintreten zu dürfen. Mr. Engine kramte kurz in der Brusttasche seiner Weste und zog eine Karte hervor. Er zog sie durch den Schlitz und nach kurzen Piepen wurde die Tür aufgeschlossen. Er öffnete sie und hielt die Tür offen, damit seine Begleitung eintreten konnte. Rose tat es und wartete, bis er die Tür wieder verschlossen hatte. Dann ging er vor.

„Folgen Sie mir bitte, gleich da vorne ist das, was wir Ihnen zeigen wollten.“ Rose folgte ihm. Links und rechts den gang entlang, waren einzeln kleinere Zellen verteilt. In einer so ziemlich Ende, brannte Licht. Mr. Engine blieb zwei Zellen vorher stehen und deutete Rose, dass sie weitergehen sollte. Ziemlich unsicher ging sie weiter, bis sie genau vor der Zelle stand und sah hinein. Offenbar brauchte sie einige Sekunden um zu erkennen, was sie sah.

„Rose, du?“; fragte jemand aus der Zelle. Sie weitete nur ihre Augen, trat etwas vor und nuschelte verunsichert: „Ja, aber… das… das ist doch…“
 

„Du weißt wo sie sich aufhalten?“, fragte Steve und Lynxmon nickte.

„Ja, das weiß ich. Das Auto hielt dort und ich habe auch Digimon an diesem Ort gerochen. Kein Zweifel, es muss dort sein.“

Die Haustür öffnete sich und Dustin trat heraus. Er ging ohne jemand anzusehen zu Lynxmon.

„Sag mit bitte wo sie sind. Ich muss dort hin“, sagte er. Sein Arm war bandagiert, doch es schien ihn nicht zu behindern.

„Okay, allerdings… wenn ich es dir sage, dann wirst du sicher ohne Plan einfach losrennen, nicht wahr?“, fragte das Digimon ruhig. Dustin antwortete nicht.

„Hey Dustin…“, begann May langsam.

„Ich weiß was du denkst, wirklich. Aber ohne Plan hat das keinen Sinn.“

„Ich habe einen Plan“, sagte er und wandte sich Calumon zu. Dieses blinzelte fragend.

„Calumon, du hast es schon einmal getan. Ich habe es heute eingesehen. Mehrere Champions können es mit Sealsdramon aufnehmen. Bitte lass unsere Digimon digitieren. Dann wird Sealsdramon ein leichter Gegner.“ Das Digimon sah einige Sekunden lang überlegend zur Seite. In seinem Blick lag eine Art Unsicherheit. Dann nickte es entschlossen.

„Ist gut, calu. Ich kann zwar nichts versprechen, aber ich werde es versuchen.“ Dustin nickte nun ebenfalls, wandte sich den anderen zu und fragte: „Und was ist mit euch? Kommt ihr nun mit?“ Die Gruppe tauschte überlegende Blicke.

„Ist dir klar…“, begann Stella wissirisch.

„Dass wir auf Erwachsene mit gefährlicher Technologie stoßen und sie bewaffnet sein werden?“ Er überlegte nicht lange, eigentlich gar nicht und nickte sofort.

„Klar, aber wenn unsere Digimon alle auf dem Championlevel sind, ist das kein Problem.“ Sie seufzte schwer und sagte großspurig: „Alleine schon um zu sehen, wie dein Optimismus den Bach runter geht, werde ich mitkommen.“ Langsam nickten auch die anderen.

„Okay Alter, wir kommen mit. Deine Mutter muss rausgeholt werden“, sagte Chris und schlug die Fäuste zusammen. Die Digimon nickten ebenfalls.

„Dann geh mal vor Lynxmon“, sagte Steve. Es nickte und ging vor.
 

Es führte sie raus aus der Stadt. Nur wenige hundert Meter vom Stadteingangsschild ging es von der Straße runter auf eine Art Wanderweg. Einige Reifenspuren waren zu erkennen. Einige, war sogar noch ganz frisch.

„Vorsicht, gleich da vorne ist eine Art Gitter, an dem Wachen stehen“, sagte Lynxmon und bog in einen Busch ab. Die anderen folgten. Nach vielen Blättern, zweigen und Baumstämmen waren sie endlich so nah genug dran, dass sie das Gelände erkennen konnten. Hinter dem Gitter lag eine Art Parkplatz. Bis auf das schwarze Auto von eben, war er leer. Am Tor standen zwei Männer, scheinbar unbewaffnet. Aber sie hatten in ihrem Gürtel garantiert mindestens eine Pistole eingesteckt. Der Parkplatz war ansonsten gerade offenbar unbenutzt. Direkt hinter dem Platz, ragte ein etwa fünfstöckiges Gebäude. Es erinnerte an eine Art Labor oder Forschungsstation. Dustin verengte die Augen zu Schlitzen.

„Dieses Zeichen auf ihren Armen…“, begann er und deutete auf die Männer.

„Das ist das Zeichen der DSE.“ Alle sahen hin. Jeder musste zustimmen.

„Aber was sollten sie von deiner Mutter wollen?“, fragte Kurt überlegend. Keiner konnte sich was dazu denken.

„Und wie sollen wir da nun reinkommen?“, fragte Monmon recht genervt, da es offenbar etwas mehr Spannung erwartet hatte. Lynxmon deutete etwas weiter vor. Ein Loch befand sich im Gitterzaun.

„Ist das ein schlechter Scherz? Ein Loch im Zaun? Das ist doch ein sehr eigenartiger Zufall oder?“, fragte Stella misstrauisch.

„Ich wäre auch eher für den direkten Weg“, meinte Devimon, welches gerade aus einem Schatten hinter Nick und Thomas erschien. Beide Jungs zuckten stark zusammen. Das Digimon nickte entschuldigend mit dem Kopf. Stella grinste und sagte planend: „Gute Idee. Das überlasse ich dir. Sobald die zwei Kerle außer Gefecht sind, rennen wir rein. Ich denke, der richtige ernstzunehmende Gegner wäre Sealsdramon, welches uns wieder überraschen könnte. Devimon, Lynxmon und Lekismon werden es beschäftigen, sollte es sich blicken lassen. Wir anderen rennen rein, suchen Losers Mutter und rennen wieder raus. Okay?“ Als alle nickten gab sie Devimon ein Zeichen. Es nickte, verschränkte die Arme und schloss die Augen. Wie in Zeitlupe wuchsen hinter den Männern lange Arme aus dem Boden, die langsam höher gingen. Als sie auf Höhe des Nackens war, griffen sie blitzschnell zu.

„Todeskrallen, Paralysegriff“, murmelte Devimon und leichte Funken fliegen als die Hände fester zugriffen. Die Männer waren sofort betäubt und fielen zur Seite. Alle rannten los, sprangen über die Abzäunung und hatten gerade die Hälfte des Parkplatzes überquert, als Sealsdramons Stimme aus allen Richtungen ertönte: „Alarm, Eindringlinge. Eliminierung eingeleitet.“ Alle blieben stehen. Sealsdramon? Hier? Stella hatte es zwar in Erwägung gezogen, dass es erscheinen würde, aber wieso erklang dessen Stimme auf dem Gebiet der digitalen Sondereinheit, der DSE? Die linke und rechte Hebetür hob sich. Heraus traten zwei Digimon. Das eine erinnerte an einen Maulwurf, der einen Bohrer, statt einer Nase hatte, das andere an einen Mix aus mehreren Tierarten und hatte eine gelbliche Farbe.

„Calu, das sind Drimogemon und Cyclonemon, beides Championlevel Digimon.“ Kougamon, Kiwimon und Gekomon traten vor.

„Überlass die uns, sang das Gekomon und machte ein ernstes Gesicht. Kiwimon und Kougamon nickten. Nick, Thomas und Kevin traten ebenfalls aus der Gruppe.

„Genau, unsere drei Digimon werden mit ihnen fertig“, meinte Kevin. Steve nickte, ging aber nicht sofort weiter, sondern sagte noch vorher: „Seht mal. Sie haben dieses Band um dem Arm. Seid vorsichtig. Wir kommen so schnell wie möglich zurück.“ Dann rannten sie durch das links Tor hinein. Kougamon, Kiwimon und Gekomon blieben vor den zwei Gegnerdigimon stehen.

„Zeit für ein wenig Action!“, riefen sie synchron.
 

„Nun wird mir langsam alles klar! Deshalb wurde Omega nie gefasst. DSE und Omega, sind ein und dasselbe!“, rief Kurt während er versuchte mit den anderen Schritt zu halten.

„Ja, so konnten sie unbehelligt ihre Aktivitäten fortsetzen“, sagte Steve zustimmend. Sie erreichten eine große Halle. Wahrscheinlich die Eingangshalle. Niemand war zu sehen.

„Ihr seid unartige Kinder, wurdet ihr nicht erzogen?“ Der große Monitor über der Rezeption erstrahlte und ein männliches Gesicht mit Sonnenbrille und Glatze erschien darauf, welches sie angrinste.

„Maul halten! Wo habt ihr meine Mutter hinverschleppt?!“, rief Dustin mit geballten Fäusten. Der Mann schien beide Brauen zu heben, man konnte es durch die Brille nicht genau erkennen. Dann sagte er verwundert: „Dann bist du also der Sohn von Rose und Steve Thomsen?“ Dustin blinzelte. Woher kannte dieser Mann den Namen seines Vaters? Steve schien sehr verwundert darüber, dass Dustins Vater genauso hieß wie er selbst. Der Mann grinste und fuhr fort: „Das nehme ich mal als ein `Ja.´. Ich denke, dann sollte ich dir etwas zeigen.“ Das Bild des Monitors änderte sich. Es zeigte eine Art Gefängniszelle, die allerdings recht groß und mit verschiedenen Geräten und Hilfsmitteln voll gestopft war. Blätter, Notizhefte, Stifte und ein Computer lagen auf dem Schreibtisch verstreut. Dann fiel sein Blick auf zwei Menschen, die sich in der Zelle befanden. Die Frau vorne im Bild, war seine Mutter. Der Mann war von ihr noch etwas verdeckt. Sie hielt ihn umarmt. Schließlich riss er sich los und stand auf. Nun sah Dustin den Mann von vorn. Kurt, Chris und Cathy klappte der Mund auf. Dustin allerdings fiel der Unterkiefer einfach nur runter und seine Augen weiteten sich so weit, dass seine Brauen unter dem Pony verschwanden. Da seine Augen so weit geöffnet waren, fingen sie vor Schmerz an zu tränen und verschleierten seinen Blick leicht. Sein Atem blieb kurz stehen und er ging fast in die Knie.

„A-Aber… das… ist…“, nuschelten Chris und Cathy synchron und Dustin beendete den Satz etwas stotterig: „P-Papa…“

Die Stärke im Inneren

Seine schnellen Schritte halten von den Wänden wieder. Was Inneneinrichtung anging, hatten diese Leute wohl keine Ahnung. Die Wände waren kahl und luden eher zum einreißen, statt zum ansehen ein. Leicht außer Atem blieben Dustin und Kotemon stehen. Sie mussten sicher schon mehrere zehn Minuten in diesen Gängen herumirren. Doch sie mussten weiter. Steve und die anderen wollten ihnen lange genug Zeit verschaffen, damit er seine Mutter suchen konnte. Und natürlich auch den Mann, der wahrscheinlich sein Vater war. Es ergab alles keinen Sinn, zumindest noch nicht.

„Hey, du da! Stehen geblieben!“ Zwei dunkel gekleidete Männer rannten auf sie zu. Sie trugen Schlagstöcke. Kotemon sprang vor und schlug beide ohne große Mühen nieder.

„Weiter, los!“, rief Dustin und sie rannten weiter. Doch schon nach wenigen Schritten blieb er vor einer Tür mit elektrischem Schließsystem stehen. Man brauchte eine Karte um sie zu öffnen.

„Verdammt…“, nuschelte Dustin. Kotemon sah die Tür eine Weile an und trat dann drei Schritte zurück.

„Zur Seite“, sagte er. Er tat es und sah dem Digimon zu. Dieses hob sich das Schwert bis über den Kopf, schloss die Augen und atmete tief durch. Aus der Ferne konnte man die Geräusche eines Kampfes hören. Kotemon verharrte einige Sekunden, dann sprang es vor und schlug vor. Das Echo des Aufschlags war noch einige Sekunden nach dem Treffer zuhören. Doch die Tür, hatte nicht nachgegeben. Stattdessen ertönte ein kurzes Piepen von der Sprechanlage des Sicherungssystems und eine grobe Männerstimme sagte: „Was ist denn da draußen los?“ Jetzt durfte Dustin keinen Fehler machen. Er verstellte seine Stimme und sagte: „Hey Alter, hier auf der anderen Seite ist die Hölle los. Ich habe hier in dem Chaos meine Karte verloren. Mach mal auf, ja?“ Und tatsächlich. Das Schloss wurde entriegelt und die Tür schwang langsam nach innen auf. Kaum hatte der Mann einen Schritt hinaus getan, schlug Kotemon ihn auch schon nieder. Sonst schien niemand dahinter zu sein. Beide traten ein. Dustin nahm dem Mann die Karte ab und schloss die Tür hinter sich. Der Gang vor ihm schien nur aus Zellen zu bestehen, die links und rechts in die Wand gemauert haben. So ziemlich am Ende brannte Licht. Dustin holte tief Luft und schluckte. Kotemon nahm seine Hand und sah zu ihm auf.

„Komm, wir haben sicher nicht viel Zeit.“ Er nickte und machte langsam einen Schritt nach dem anderem.
 

„Aufpassen Kiwimon, es ist unter der Erde!“, rief Thomas und Kiwimon sprang so kräftig es konnte. Keine Sekunde zu früh. Schon stieß das Drimogemon mit seinem Bohrer aus der Erde hinaus und verfehlte so sein Ziel. Gekomon hatte darauf nur gewartet. Es zielte genau und rief: „Melodienschlag!“ Aus der Tröte schossen mehrere bunt leuchtende Musiknoten, welche in Zeitlupe auf Drimogemon zuschwebten. Das wilde Digimon blinzelte verwirrt und machte keine Anstalten auszuweichen. Und kaum hatten die Noten seine Stirn berührt, explodierte jede einzelne zeitgleich in einem riesigen und lauten Knall. Rauch verschleierte Drimogemon, doch scheinbar konnte Kiwimon, welches gerade neben Gekomon landete es sehen. Es zielte, öffnete den Schnabel und schoss kleine, schnabelähnliche Geschosse.

„Kleiner Picker!“, rief es dabei und auch diese Schnäbel explodierten, als sie ihr Ziel trafen. Auf der anderen Seite legte sich Kougamon alleine mit Cyclonemon an, welches mit seinem rechten Arm, an denen sich zwei lange Krallen befanden, immer wieder nach ihm ausschlug. Doch Kougamon war zu schnell, sprang mit einem Salto zurück, zog wie aus dem Nichts einen riesigen Wurfstern und warf diesen nach seinem Gegner. Nicht nur, dass der Stern sich tief in den rechten Arm rein schnitt, nein, als es auch noch ein Fingerzeichen machte, explodierte der Stern und hüllte Cyclonemon in dichten Rauch.

„Juhu!“, rief Nick, rannte es Gekomon und nahm es in den Arm.

„Geschafft!“ Doch kaum hatte er das letzte Wort gesagt, kamen Drimogemon und Cyclonemon aus dem Rauch geschritten. Beide waren zwar mit Platzwunden übersäht, aber offenbar immer noch entschlossen zu kämpfen.

„Oh nein“, sagte Nick und rannte zurück zu Kevin und Thomas.

„Wie grausam…“, begann Kevin und sah die zwei Wilden mitleidig an.

„Obwohl sie am Ende sind, werden sie gezwungen weiter zu kämpfen.“ Thomas nickte und fügte hinzu: „Man kann gerade zu sehen, wie sie leiden.“ Tatsächlich holten Drimogemon und Cyclonemon wie wild nach Luft und ihre Augen waren nur halb geöffnet.

„Hey… wie wäre es… wenn wir nur die Bänder zerschneiden? Vielleicht… klappt es ja diesmal, sie so zu retten“, sagte Nick leise und wandte sich den Digimon zu.

Diese sahen sich an. Kougamon nickte.

„Überlasst das mir. Haltet ihr euch bereit, wenn es nicht klappt.“ Es knallte kurz und Kougamon verschwand in einer kleinen Rauchwolke.

„Er und seine Ninjatricks…“, sagte Kevin leicht beschämt.

„Achtung!“; rief Thomas und deutete nach vorne. Drimogemon trat langsam auf sie zu, doch Cyclonemon hatte tief Luft geholt. Langsam aber sicher züngelten Flammen in seinem Mund.

„Drimogemon ist ein Nahkämpfer, aber Cyclonemon kann auch aus der Ferne angreifen“, sagte Kiwimon und öffnete erneut seinen Schnabel. Gerade als ihr Gegner sein Feuer spie, schossen Kiwimon und Gekomon erneut ihre explodierenden Attacken. Die dabei entstehende Druckwelle ließ Drimogemon einige Meter zur Seite fliegen, bis es auf dem Boden aufschlug und sich einige Male rollend, schließlich bäuchlings liegen blieb. Es zuckte noch einige Male, dann blieb es endgültig liegen, leuchtete kurz auf und zerfiel vor aller Augen. Kein Digiei blieb zurück. Es war tot.

„Nein…“, stammelte Nick entsetzt.

„Seht nur…“, sagte Gekomon und deutete nach vorne. Auch Cyclonemon war vom Rückstoß erwischt worden. Als es nach hinten gestolpert war, hatte es sich an einem Mast im Zaun selbst aufgespießt. Nick sah sofort weg und Gekomon tätschelte ihn beruhigend. Langsam zerfiel nun auch dieses Digimon und ebenfalls blieb kein Ei zurück. Kougamon tauchte vor den anderen auf.

„Ich… Ich konnte sie nicht mehr erreichen. Hätte es nicht geschossen, hätte es geklappt… tut mir Leid.“ Kevin und Thomas sahen zu Boden.

„Dich trifft keine Schuld…“, sagte Kiwimon und sah traurig zu der Stelle, an der Drimogemon gelegen hatte.

„Genau… sie sind Schuld!“, rief Nick und sah zum Gebäude.

„Ja, schnell. Wir müssen rein und den anderen helfen!“, rief Kevon und rannte los. Die anderen folgten dicht.
 

Die Eingangshalle war ein einziges Schlachtfeld. Sealsdramon war plötzlich aus der Decke runter gefallen, als Dustin durch die nächst beste Tür verschwunden war. Lynxmon, Devimon und Lekismon hatten alle Hände voll zutun das Digimon abzulenken.

„Calumon los, lass unsere Partner endlich digitieren!“, rief Cathy aufgebracht. Calumon schien verzweifelt.

„Calu, ich würde ja gerne! Aber es funktioniert nicht, ich bekomme hier keine Energie zusammen, Calu!“ Sealsdramon ließ sein Gelächter hören. Es wandte sich ihnen zu und grinste.

„Glaubt ihr im ernst, dass wir uns nicht auf alle Fälle vorbereiten? Eine normale Digitation ist hier unmöglich, da weder du noch die anderen Digimon ihre Energie hier konzentrieren können.“

„Das gilt dann aber auch für dich!“, rief Stella, die ihr Devimon unter einem Steinhaufen ausgrub.

„Du bist auch ein Digimon, du dürftest deine Energie auch nicht konzentrieren können.“ Devimon stand zittrig auf. Sealsdramon lachte laut auf und sagte: „Stimmt, aber ich brauche ja auch nicht zu digitieren. Und mit euch Schlaffis, werde ich auch so fertig. Und dann werden wir euch Kinder wegsperren und die Digimon werden für uns schuften.“

„Vergiss es! Ohrenpfeil!“, rief Lekismon und sprang, doch Sealsdramon griff es im Flug an einem Fuß und warf es in einen Schutthaufen. Vanessa rannte zu ihrem Digimon und versuchte es aus dem Haufen zu befreien.

„Los, unsere Kombi. Vielleicht hilft es wenigstens etwas!“, rief May und die Rookies nickten. Sie stellten sich auf und schossen ihre Kombi gut drei Mal hintereinander ab, doch ihr Gegner zuckte nicht einmal zusammen. Es holte nur mit dem Schweif aus und stieß alle auf einmal gegen die Wand, an der sie hinunterrutschten. Dann hielt Sealsdramon inne. Es sah verwirrt zu den Bildschirmen. Der Mann war daraus verschwunden.

„Herr?“, fragte das Digimon doch es erhielt keine Antwort.

„Sei es drum. Nun werde ich euch…“ Doch es brachte den Satz nicht zu Ende, sondern wandte den Kopf zum Eingang. Kiwimon, Gekomon und Kougamon kamen hinein gerannt und Lynxmon sprang aus der Ecke, in der es gelegen hatte. Sealsdramon seufzte und wandte sich ihnen zu.

„Dann eben ihr auch noch.“

„Calu? Seht mal was hier liegt.“ Calumon hob ein Digivice auf, welches auf der Erde lag und laute Piepser von sich hören ließ.

„Das ist Dustins, calu… aber irgendwas stimmt nicht.“ Auch die anderen sahen drauf. Auf dem Display war eine Art Anzeige zu sehen, die bis zur Hälfte gefüllt war.

„Was ist das?“, fragte Kurt irritiert. Kaum war die Frage gestellt, fing die Anzeige an zu steigen. Langsam, aber sicher. Calumon blinzelte und sagte: „Ich weiß es nicht genau… calu… aber es könnte sein, dass…“
 

Dustin stand vor dem Gitter. Kotemon stand neben ihm und sah ebenfalls hinein. Doch ihre Blicke galten nicht dem Raum, sondern den Personen, die sie offenbar noch nicht bemerkt hatten und mit gesenkten Köpfen, umarmt auf einer Bank saßen.

„Mama…“, sagte Dustin schließlich leise. Rosa öffnete sofort die Augen und sah zum Gitter.

„Dustin? Du?“ Der Mann stand auf. Sein Mund stand offen.

„Dustin…“, sagte er leise und klang, als sei ein Traum war geworden.

„Du bist es doch oder?“ Er machte einen Schritt und ungewollt trat Dustin einen zurück. Der Mann blieb stehen und sah traurig zu Boden.

„Ich verstehe deine Reaktion…“ Nein, dachte Dustin, er verstand nichts. Wie konnte er sich nur zwei Jahre hier verstecken?

„Dustin… dein Vater konnte nicht anders…“ Doch Dustins Vater hob eine Hand und Rose verstummte.

„Liebling… lass mich das klären. Von Vater zu Sohn.“ Er ging bis ans Gitter heran. Dustin sah ihn an.

„Hör zu, mein Sohn. Vor fünf Jahren gründeten einige meiner Kollegen und ich unsere eigene Softwarefirma. Sie lief überraschend gut und nach zwei Jahren hatten wir eine stabile Grundlage und weitere Mitarbeiter eingestellt. Dann entwickelten wir, im Auftrag der DSE, eine Software, die es ermöglichte, auf andere Server zuzugreifen. Während eines Testlaufes, verbanden wir uns mit einem Server, dessen Herkunft und ID-Nummer völlig unbekannt waren. Als wir forschten, worum es sich dabei handelte lief etwas schief und die Verbindung zum Server wurde unterbrochen. Dabei erlitt das Internet eine Art Zusammenfall und es kam zu einem Durcheinander weltweit. Diese seltsamen Bilder und Vorkommnisse… sie geschahen wegen uns. Nachdem sich alles beruhigt hatte, hatte ich den seltsamen Verdacht, dass wir es hier mit etwas Großem zutun hatten. Nur drei Tage später kamen die ersten Berichte über angebliche Monstersichtungen. Zeitgleich erhielt ich eine E-Mail von eben diesem Server, den wir kurz zuvor entdeckt und nicht zuordnen konnten. Darin stand, dass wir es unterlassen sollten erneut eine Verbindung herzustellen, andern Fall könnte viel Schlimmeres geschehen. Ich und meine Kollegen ließen uns beeindrucken und stellten das Projekt ein. Doch die DSE machte Druck und so kamen wir zu dem Entschluss, dass wir uns lieber eine Weile zurückziehen sollten. Also flog ich mit dem Programm, das wir auf CD gebrannt hatten, auf eine längere Reise. Ich sagte euch, dass es sich hierbei nur um eine Geschäftsreise handelte. Es war gelogen. Doch kaum war das Flugzeug in Frankreich gelandet, wurde ich von den Leuten der DSE abgefangen und mitgenommen. Euch wurde gesagt, ich sei mit der Maschine abgestürzt und verschollen, da ihr so was nicht nachprüfen würdet. Auch in meine Personalakte wurde es geschrieben. Dustin du musst mir glauben, ich wollte es nicht so weit kommen lassen. Hätte ich das Programm nicht weiter geschrieben… sie drohten mir dir und deine Mutter etwas anzutun. Bitte, du musst mir glauben.“ Dustin hörte alles. Es war nachvollziehbar aber wieso hatte sein Vater nie versucht um Hilfe zu rufen? Offenbar sah man ihm die Frage an, denn sein Vater fuhr fort: „Glaube mir, ich habe wieder und wieder versucht mit euch zu sprechen, aber diese Leute haben mir nie die Chance gelassen.“

„Wir sind ja auch nicht wie diese dummen Terroristen aus dem Morgenland“, sagte eine Stimme, die von der Richtung kam, aus der auch Dustin und Kotemon gekommen waren. Alle wandten sich um. Der glatzköpfige Sonnenbrillenträger stand nur wenige Schritte entfernt. Neben ihm stand eine Art kleiner Saurier, in Armeekleidung und einem Maschinengewehr in den Händen.

„Ich habe mich schon gewundert, wieso der Türsteher vor der Tür ein Nickerchen hält. Also habe mir Commandramon hier genommen um nachzusehen. Zum Glück. Aber nun muss ich sehen wie die kleine Ratte hier versucht ihre Eltern zu befreien. Und dabei hat der Papa noch nicht seine ganze Schuldigkeit getan.“ Dustin sah ihn wütend an.

„Sie werden jetzt diese Tür hier öffnen“, sagte er und knurrte fast. Wut stieg in ihm hoch. Ungewollt ballte er die Hände zu Fäusten. Er konnte es grade nicht sehen, doch Kotemons Augen schienen plötzlich heller zu leuchten. Der Mann verlor das falsche Lächeln und machte einer ebenso wütenden Miene Platz.

„Ausgerechnet du kleine Made wagst es mir Forderungen zu stellen? Was glaubst du eigentlich wer du bist?! Eigentlich wollte ich dich nur eine Weile wegsperren, aber diesen Plan werde ich nun verwerfen.“ Er wandte sich zum gehen und sagte noch: „Commandramon, mach ihn weg.“ Das Digimon legte an und entsicherte das Gewehr.

„Nein! Du mieses Schwein!“, rief Dustins Vater und rüttelte wie wild an den Gitterstäben. Doch das Metall gab nicht nach. Die Schüsse fielen und hallten in schneller Folge von den Wänden wieder. Mr. Engine, wie er sich Rose vorgestellt hatte, hatte gerade die Tür nach draußen erreicht, als er plötzlich stutzte. Hinter ihm war es still. Zu still. Langsam drehte er sich noch mal um. Ein Digiei rollte auf ihn zu. Langsam sah er den Gang entlang. Zwei Augen leuchteten in der Dunkelheit des Ganges. Sie traten langsam auf ihn zu. Er trat langsam zurück. Langsam konnte man Kotemons Umrisse erkennen, welches mit gehobenem Schwert auf ihm zuschritt.

„W-Was willst du von mir?“, fragte Mr. Engine aufgebracht, griff sich seinen Schlagstock und warf ihm nach dem Digimon. Ohne Mühe schlug dieses den Stock zur Seite.

„Kotemon mag es nicht, wenn man feige kämpft. Und ich auch nicht“, sagte Dustin, der hinter seinem Digimon stand. Kotemon hatte es geschafft sich vor seinen Partner zu stellen und jede Kugel mit gekonnten Schwerthieben abzuwehren. Danach hatte er Commandramon in ein Digiei gemacht und…

„Das Spiel ist aus.“ Dustins Vater stand genau hinter seinem Sohn. Kotemon hatte es auch geschafft die Gitter zu durchtrennen. Panisch schloss Mr. Engine die Tür und schloss sie mit einem Sicherheitscode ab. Er grinste.

„Nicht mal die Karte hilft jetzt noch. So leicht, lasse ich mich nicht…“ Drei mal klopfte es an der Tür. Das vierte Geräusch allerdings verhieß für den in Panik geratenen Mann nichts Gutes. Die Tür fiel gerade einige Meter hinter ihm auf die Erde. Er rannte los, sprang über die Tür und sah zurück. Kotemon und Dustin traten hinaus. Die Augen des Digimon leuchteten heller als zuvor auf.

„Wieso ist dein kleiner Hosenscheißer plötzlich so stark?!“, schrie Mr. Engine. Dustin sah ihn ernst an.

„Ist doch ganz klar. So was können Sie nicht verstehen. Ich verstehe es selbst gerade erst. Man ist nicht stark, wenn man andere unterdrücken kann. Man ist nur dann wirklich stark, wenn man mit seiner Kraft andere beschützen kann. Und eben weil wir dies können, können Sie uns rein gar nichts anhaben“, sagte Dustin und wandte sich zum Gehen.

„Komm Kotemon, die anderen brauchen uns. Wir müssen sie doch beschützen.“ Es nickte, sagte ein: „Ja, mein Freund“, und ging ihm hinterher. Dustins Eltern folgten, doch Rose trug Commandramons Ei auf dem Arm.

„Damit werdet ihr niemals durchkommen! Glaubt ihr echt es ändert sich etwas, wenn ihr dieses Gebäude zerstört?! Nein, es werden andere von unseren Leuten kommen und…“ Doch weiter kam Mr. Engine nicht. Etwas hinter ihm bewegte sich. Langsam wandte er sich um und sah direkt in die Mündung einer Pistole. Seine Augen weiteten sich.

„Aber… wie…“
 

Sealsdramon lachte, während es Devimons Kopf in seiner rechten Hand hielt und mehr und mehr Druck ausübte. Alle Digimon waren erschöpft, bis auf die Rookies.

„Wir können nichts gegen ihn ausrichten! Verdammt!“, schrie Bearmon und schlug auf den Boden.

„Devimon, wehr dich!“, rief Stella, doch Devimon konnte nichts mehr tun. Sealsdramon sah sich um.

„Schön, wer soll als Nächster…“ Ein lauter Knall ließ ihn verstummen. Kotemon hatte sich einen Weg durch eine der Wände geschlagen. Mittlerweile leuchteten nicht nur seine Augen, sondern sein ganzer Körper schimmerte in leichtem blau.

„Seht mal, was ist mit Kotemon los?“, fragte Holly verwirrt. Calumon sah auf das Digivice, dessen Anzeige nun voll war und das Wort „Overflow“ anzeigte.

„Overflow, calu?“, fragte es verwirrt.

„Wo kommt ihr denn her, ihr Buben?“, fragte das böse Digimon. Kotemon trat langsam vor.

„Egal, nun sind wir hier und ich bin dein Gegner“, sagte es und blieb einige Zentimeter vor ihm stehen. Sealsdramon musterte es kurz.

„Irgendwas stimmt mit dem Kleinen nicht. Mein Scouter zeigt ein hohes Kampflevel an“, dachte es und fing an zu grinsen.

„Interessant. Nun gut, es wird mit Spaß machen, dich in der Luft zu zerreißen, hey Flattermann, flieg!“ Es holte aus und warf Devimon wie eine leere Chipstüte weg. Es landete unsanft auf dem Boden.

„Devimon!“, riefen Stella, Dustin und Kotemon gleichzeitig. Sealsdramon lachte.

„Was für ein Waschlappen!“ Dustin sah es ernst an.

„Devimon ist wehrlos, du mieses Schwein. Was fällt dir ein es einfach so rum zuwerfen?!“ Kotemon knurrte ebenfalls und das Licht um ihn herum wurde heller. Das Digivice in Calumons Hand piepte und vibrierte wie wild. Sealsdramon holte aus und rief: „Ach Klappe halten du Fliegenschiss! Und du da, Echsenwinzling, nimm das! Todesschlag!“ Es traf und Kotemon rutschte einige Zentimeter nach hinten, doch es hielt der Wucht des Schlages stand. Es hatte den Schlag mit dem Schwert abgewehrt.

„Unmöglich!“, rief das bösartige Digimon überrascht.

„Wie kannst du diesen Schlag überstehen?!“ Kotemon sah es an. Es schien wütend zu sein.

„Wieso sollte ich gegen jemanden verlieren, der andere nur rumschuppst, weil er etwas stärker ist als andere? Ich werde dir zeigen, dass grobe Kraft nicht ausreicht. Das Schwache wir dieses Mal gewinnen!“ Den letzten Satz riefen Kotemon und Dustin synchron. Unbeeindruckt holte Sealsdramon erneut aus.

„Dummes Geschwätz! Nun stirb, leb wohl!“ Dustins Digimon ging in Stellung.

„Kotemon!“, rief Dustin und hob beide Arme nach oben.

„Bleib standhaft! Mach den Großkotz fertig! Wir müssen doch alle mit unserer Stärke beschützen!“ Kotemon nickte.

„Genau! Zusammen sind wir stark, Dustin!“ Für einige Sekunden schien die Zeit stillzustehen. Sealsdramons Faust war nur Millimeter von Kotemon entfernt. Calumon sah auf das Display von Dustins Digivice.

„Calu? Was ist los? Spricht da jemand zu mir?“ Das Display wurde schwarz. Dann erschien ein Wort darauf und Calumon weitete die Augen. Eine elektronische Stimme flüsterte das Wort auf dem Display: „Evolution.“ Licht schoss aus dem Digivice und traf Kotemon, welches vor den Augen aller Anwesenden in einem hellen Licht langsam anwuchs.

„Was geht hier vor?!“, rief Stella und musste sich wie fast alle anderen die Augen zuhalten um nicht geblendet zu werden.

„Sie haben doch tatsächlich über alles nachgedacht…“, sagte Devimon und musste lächeln. „Gut gemacht, Kotemon… oder sollte ich lieber sagen…“ Kotemons Stimme durchzog die plötzliche Stille.

„Kotemon digitiert zu Dinohumon!“ Das Geräusch von Sealsdramons treffender Faust ertönte. Doch etwas hatte den Schlag mit seiner Handfläche abgewehrt. Wo Kotemon gestanden hatte, stand nun ein etwa zwei Meter großes, menschähnliches Digimon, mit dem Gesicht und den Schuppen einer Echse. Auf dem Rücken hatte es ein Schwert geschnallt und an seinen Armen waren klingenähnliche Auswüchse befestigt.

„Wer… bist du?“, fragte Sealsdramon, welches seine Hand langsam zurückzog. Dinohumon ließ seine Hand sinken und sah seinen Gegner ernst an.

„Wer ich bin fragst du?“, sagte es mit ernster Stimme, fasste nach seinem Schwert und zog es blitzschnell.

„Ich bin derjenige, der alle hier vor dir beschützen wird!“

Die Ruhe nach dem Sturm

Stille herrschte. Dinohumon und Sealsdramon starrten sich nun schon bestimmt zwei ganze Minuten an und warteten darauf, dass ihr gegenüber den ersten Schritt tat. May hatte sich fragend zu den anderen gedreht.

„Ist… Ist dieser Echsenmann da wirklich Kotemon?“ Calumon nickte und sagte: „Ja, calu. Es ist digitiert.“

„Aber ich dachte du könntest hier keine Energie sammeln um uns digitieren zu lassen“, sagte Monmon aufgebracht.

„Wieso dann Kotemon und wir nicht? Häh?!“ Calumon kratzte sich am Kopf.

„Das weiß ich selber nicht, calu. Ich hatte damit nichts zu tun. Dustin und Kotemon haben es alleine geschafft. Wahnsinn, calu.“ Es spannte seine Ohrenflügel und schwebte zu den verletzten Championlevel hinüber. Es landete vor ihnen und winkte sie zu sich heran.

„Kommt zu mir, calu. Die Wände haben nun große Risse, ich werde euch mit meinem Licht heilen“, sagte es und schloss die Augen.

„So was kann der Zwerg?“, fragte Stella verwundert und Devimon, welches vortrat nickte.

„Vorsicht Stella, das ist Calumon. Es ist der Bote der vier Wächter der Digiwelt. Es hat Kräfte, von denen selbst ich nicht was weiß. Also sei bitte ihm gegenüber etwas nachsichtiger.“ Sie verschränkte bloß die Arme und sah interessiert zu. Als die Digimon einen Kreis um Calumon geschlossen hatten, leuchtete dessen Stirnsymbol weiß auf. Mann konnte gerade zu sehen, wie die Digimon diese weiße Energie aufsogen. Die Verletzungen heilten wie im Zeitraffer. Als das Licht verschwand musste sich Calumon erschöpft hinsetzen. Es schwitzte und atmete schwer.

Stella hob es hoch.

„Das kleine Ding ist völlig fertig“, sagte sie und tätschelte es am Kopf.

„Danke Calumon, nun können wir…“ Doch Dinohumon fiel Lynxmon ins Wort. Noch immer sah es Sealsdramon ernst an.

„Ihr werdet euch nicht einmischen. Das ist jetzt mein Kampf. Ich werde diesen Kampf gewinnen.“

„Ist ja interessant“, begann Sealsdramon und fing an zu grinsen.

„Ausgerechnet jemand wie du will mich besiegen? Du bist niemals stark genug, du hast das Championlevel gerade erst erreicht. Meine Kraft übersteigt deine bei Weitem, sieh her!“ Schnell und ohne Vorwarnung schlug es zu. Doch der Schlag ging es Leere.

„Was?!“, rief es verwirrt. Dinohumon hatte sich unter den Schlag weggeduckt. Blitzschnell richtete es sich wieder auf und nutzte den Schwung für einen Kinnhaken. Sealsdramon war überrascht und stolperte einen Schritt zurück. Seine Deckung war offen. Blitzschnell ließ Dinohumon die Fäuste und seine Füße fliegen. Es traf seinen Gegner so schnell, dass Sealsdramon wieder und wieder stark zusammenzuckte.

„Echsentanz!“, rief der Angreifer und tatsächlich sah es wie ein bizarrer Tanz aus, der auf Sealsdramon offenbar eine heftige Wirkung hatte. Doch es fing sich und schlug erneut zu. In letzter Sekunde riss Dinohumon beide Arme schützend hoch. Der Schlag ließ ihn gut fünf Meter zurückrutschen. Sein Gegner keuchte. Seine Rüstung war fast überall eingedellt.

„Das… ist doch… unmöglich! Wie kannst du nur so eine Kraft haben?!“ Es verengte die Augen zu Schlitzen. Nun konnte es den leicht bläulichen Schimmer erkennen, den Dinohumon umgab.

„W-Was…“, begann Sealsdramon und wandte den Kopf zu Dustin. Dieser rannte zu seinen Freunden und hatte den selben Schleier um sich.

„Du… du gibst ihm diese Kraft?! Gleich nicht mehr!“ Er wandte sich um und schlug mit dem Schweif zu.

„Dustin, Vorsicht!“, rief Chris, doch das war nicht nötig. Dinohumon war schon gesprungen und wehrte den Schweifhieb mit dem großem Schwert ab, welches es erneut gezogen hatte.

„Wie kannst du nur so schnell sein?!“, keifte Sealsdramon aufgebracht. Dustins Digimon stieß den Schweif weg. Dadurch verlor Sealsdramon erneut den Halt und seine Deckung war wieder offen. Dinohumon ergriff sein Schwert mit beiden Händen.

„Wieso ich das kann? Weil ich ein Ziel habe. Stark werden. Stark genug, um alle zu beschützen die mir wichtig sind.“ Dustin und Dinohumon sagten dies synchron. Das Digimon hob das Schwert und sprang.

„Das kannst du eh nicht verstehen! Du wirst nie wieder etwas Böses tun Sealsdramon!“ Es schlug zu.

„Akinakesu, Schwerthieb!“, rief Dinohumon und die Klinge schien sich durch Sealsdramon wie ein heißes Messer durch Butter zu schneiden. Es landete hinter seinem Gegner und schulterte sein Schwert. Sealsdramon stand nur da. Dann lachte es und wandte sich Dustin zu.

„Das war ja wohl nix, jetzt bist du… dran?“ Wie in Zeitlupe zerfiel es in zwei Teile.

„U-Unmöglich… wieso… wieso… Nein!“ Es leuchtete auf und zerfiel vor aller Augen. Wo es eben noch gestanden hatte, lag nun ein grauschwarzes Digiei.

„Der Loser… er und sein Digimon haben es geschafft. Nicht mal unsere Digimon zusammen konnten das schaffen.“ Stella war einfach nur baff. Devimon musste lächeln.

„Was so ein kleines bisschen Denktraining und die Entschlossenheit eines Menschen alles bewirken können. Unglaublich nicht war?“ Ein dumpfer Aufschlag war zu hören. Alle wandten den Kopf. Dustin war zusammengebrochen.

„Dustin ich…“ Dinohumon wollte wohl zu ihm, doch auch dieses brach nun zusammen, leuchtete kurz auf und digitierte zu Kotemon zurück.

„Was zum…“ Kurt und Steve stützten Dustin, während Lekismon Kotemon holen ging.

„Erklärt mir das bitte mal einer? Ich bin verwirrt“, sagten Cathy, Nick und sogar Calumon synchron. Die Digimon sahen sich alle gegenseitig fragend an.

„Ich denke mal, die Beiden haben ihre Energien gebündelt. Deshalb war Kotemon in der Lage zu digitieren und solche Kräfte freizusetzen. Als diese Energie verbraucht war, sind beide zusammengebrochen. Eine Runde Schlaf und sie sind wieder fit“, erklärte Devimon, nahm Calumon das Digivice ab und reichte es Kurt, der dieses in Dustins Tasche steckte.
 

Beifall ertönte. Alle sahen sich um.

„Ihr Sohnemann ist wahrlich ein kleiner Held, Mr. Thomsen.“ Dustins Eltern wandten sich zum Haupteingang. Zwei in schicken Anzügen gekleidete Männer kamen auf sie zu. Der eine war schwarz mit Glatze, der andere hellhäutig, mit kurzen, schwarzen Haaren und Dreitagebart. Dustins Vater weitete die Augen.

„Alvin?“, fragte er und trat langsam auf den Hellhäutigen zu. Dieser breitete die Arme aus.

„Genau, alter Freund. Schön dich wieder zu sehen. Endlich haben wir dich gefunden.“ Die zwei Männer umarmten sich kurz, dann trat der Schwarzhäutige vor.

„Mr. Engine, was natürlich nur ein Deckname ist, wurde soeben festgenommen. Auch sämtliche andere Mitglieder, der hier stationierten Terroristenorganisation, wurden bereits der Armee übergeben.“

„Armee?“, fragte Thomas irritiert und erst jetzt hörten sie die Hubschrauber und Geländewagen, die draußen offenbar zu Werke gingen.

„Wer sind sie?“, fragte Devimon. Der Mann griff in seine Tasche und zog eine Dienstmarke hervor.

„Agent Anderson, FBI.“ Allen klappte der Mund auf.

„FBI?!“, riefen alle synchron.

„Soll das ein Witz sein?“, fragte Chris irritiert. Agent Anderson hob beide Brauen und sagte leicht bissig: „Ihr glaubt wohl, das FBI würde sich nicht um Terroristengruppen kümmern? Tatsächlich waren wir nur Minuten nach euch hier.“

„Aber Alvin, wie konntet ihr uns nun endlich doch finden?“, fragte Dustins Vater seinen Freund und dieser schnippte. Ein graues Digimon mit langen Armen und großem Kopf erschien neben ihm.

„Das ist Keramon. Es gehört meinem Sohn, aber auf meine Bitte hin, hat es sich auf die Suche gemacht. Lange hat es gebraucht, aber ihr müsst wissen, es ist ein Meister im Aufspüren, aber auch im verspeisen von digitalen Daten. Letztlich konnte es eine Mail von hier abfangen und so konnten wir euch finden.“ Agent Anderson übernahm erneut die Führung der Unterhaltung: „Wie auch immer, ich kann nur sagen, dass ihr Kinder euch in höchste Gefahr begeben habt. Ich hoffe das ist euch klar. Doch angesichts der Sachlage… muss ich mich wohl sogar bei euch bedanken. Gegen dieses Viech von eben, hätten wir wohl eher schlechte Karten gehabt.“ Er deutete auf Sealsdramons Ei. Gekomon hatte es sich bereits gekrallt und hielt es fest. Rose trug immer noch Commandramons Ei bei sich.

„Gebt mir die Eier, wir werden sie zurück in die Digiwelt schicken“, sagte Alvin und duckte sich zu Geckomon hinunter.

„Das könnt ihr wirklich?“, fragte Devimon. Alvin nickte und fügte hinzu: „Ja, nicht nur Steve, auch ich habe mir das Programm auf einen Datenträger kopiert und es etwas ausgefeilt. Nun kann ich ohne nennenswerte Störungen zu verursachen Tore zur Digiwelt öffnen und die Eier dort durch schicken. Es funktioniert auch nur in eine Richtung. Steve, du hast aber herausgefunden wie es in beide Richtungen funktioniert. Deine Version muss zerstört werden.“ Dustins Vater nickte. Er schien nur froh darüber zu sein, endlich nach Hause gehen zu können.

„Alles weitere klären wir morgen“, sagte Agent Anderson und wandte sich zum gehen.

„Mr. Und Mrs. Thomsen, ich werde morgen bei ihnen vorbei schauen um das Protokoll fertig zu schreiben. Außerdem müssen wir eine Sterbeurkunde vernichten und jemanden, in den Akten zumindest, wieder beleben.“

„Natürlich und vielen Dank“, sagte Dustins Vater und lächelte. Alvin winkte zum Abschied, wobei er Sealsdramons Ei festhielt.

„Ich komme morgen auch vorbei, wir sehen uns. Komm Keramon.“ Das graue Digimon schwebte ihm nach. Die zurückgebliebene Truppe sah sich an.

„Und wir?“, fragten Holly, Betamon, Nick und Kiwimon synchron.

„Wir gehen nach Hause“, antworteten Steve, Rose, Calumon, Bearmon und Vanessa.

„Was ist hier los?“ Alle sahen zu Dustin. Er hatte die Augen wieder offen. Allerdings nur halb und sah ziemlich fertig aus.

„Wo ist Sealsdramon?!“, rief er plötzlich sah sich panisch um.

„Ganz ruhig Alter“, meinte Chris und schüttelte ihn kurz.

„Es ist alles überstanden. Kotemon hat gewonnen. Es ist nur etwas K.O.“ Dustin sah zu Kotemon, welches immer noch in Lekismons Armen lag.

„Gut… ihr könnt mich loslassen“, sagte er zu Kurt und Steve.

„Sicher?“, fragten beide und als Dustin nickte, ließen sie ihn los. Tatsächlich konnte er stehen. Seine Schritte wirkten allerdings wie die eines kleinen Kindes.

„Ab nach Hause! Ich will endlich mal wieder baden!“, rief Dustins Vater und hob einen Arm. Die anderen lachten.
 

Auf dem Weg durch die Stadt trennte sich die Gruppe nach und nach. Die Straßen waren leer. Man hatte offenbar von dem Militäreinsatz nichts mitbekommen. Dustin und Kotemon, welches wieder einiger Maßen munter war, trotteten hinter der Gruppe her.

„Müde…“, jammerte das Digimon und Dustin murmelte ihm zu: „Nur noch ein bisschen.“

„Hey Loser.“ Er wandte den Kopf. Stella ging neben ihm. Genervt wandte er den Blick ab.

„Das heute war eine echt nette Leistung. Vielleicht bist du ja doch nicht so Verlierer wie ich es dachte. Nur weiter so.“ Nach diesen Sätzen ging sie wieder vor zu den anderen. Er sah ihr verwirrt nach. Was sollte das denn?

„Gute Arbeit.“ Dustin und Kotemon zuckten zusammen.

„Steve… man… schleich dich doch nicht so an uns ran. Und was war gute Arbeit, der Kampf?“, fragte Dustin. Steve winkte ab.

„Das natürlich auch, aber vor allem, dass Stella offenbar langsam normal wird. Ich meine man, sie hat dir ein Kompliment gemacht.“ Die zwei Angesprochenen tauschten verwirrte Blicke.

„Wann?“, fragten sie zeitgleich.

„Na gerade, vor nicht einmal zwanzig Sekunden.“

„Das war ein Kompliment?“, wieder fragten sie zugleich.

„Na klar, für ihre Verhältnisse schon. Also bitte verblüfft sie weiter so. Vielleicht wird sie endlich mal etwas lockerer. Wir sehen uns später, komm Lynxmon. Macht’s gut alle zusammen!“ Er und sein Digimon bogen links ab.

„Sagt mal …“, begann Cathy so laut, dass es auch Dustin und Kotemon hören konnten. „Wieso ist Lekismon ein Champion geblieben, aber Kotemon ist wieder klein geworden?“ Calumon meldete sich: „Calu, das liegt an eurem Digivice. Eure Digimon sind somit, man kann sagen bestraft für immer auf dem Rookielevel zu bleiben. Außer ihr lasst sie digitieren. Die anderen Digimon, die nicht an ein Digivice gebunden sind, steht es frei auf ihrer Evolutionsstufe zu verweilen.“

„Und wie funktioniert die Digitation nun genau?“; fragte Kurt.

„Du sagtest, es kommt auf unsere Gefühle an. Also konnte Dustin Kotemon digitieren lassen, weil er richtig sauer war?“

„Nein“, sagte Devimon sofort.

„Er war nicht sauer. Hätte er negative Gefühle empfunden, hätte sich das auf Kotemons Digitation widergespiegelt. Sein Wappen steht für Stärke und da er etwas nachgedacht hat, ist er hinter das Geheimnis wahrer Stärke gekommen. Man ist nicht nur stark durch reine Muskelkraft, nur wer sich schützend vor andere stellt und sei er noch so schwach, nur der jenige zeigt in diesem Moment wahre Stärke. Das schien ihn wohl klar geworden zu sein und nur deshalb konnte Kotemon digitieren.“

„Man muss also hinter das Geheimnis seines Wappens kommen um seinen Partner digitieren lassen zu können?“, fragte Kurt, doch ab da hörte Dustin nicht mehr hin.

„Wahre Stärke zeigt sich nur dann, wenn auch das Schwache siegt…“, flüsterte er und fing leicht an zu lächeln. „Dieser Satz stimmt total, nicht?“ Kotemon nickte.
 

Etwas übte Druck auf seinen Bauch aus. Das war das Erste, was Dustin spürte, als er die Augen aufschlug. Doch vor Müdigkeit war sein Blick nur verschwommen. Es musste hell sein, denn durch das Licht erkannte er den groben Umriss eines Menschen, der offenbar auf seinem Bauch lag.

„W-Was?“, fragte er verschlafen und blinzelte mehrere Male. Langsam klärte sich sein Blick und erkannte das lächelnde Gesicht eines Mädchens mit hellroten Haaren.

„Calumon?“, fragte er verwirrt. Als Antwort hüpfte es einmal kurz auf, welches ihn dazu zwang sich kurz und schmerzhaft stöhnend aufzurichten und dann wieder zurück auf die Matratze zu sinken.

„Calu, endlich wach?“, fragte es fröhlich. Er rieb sich das Gesicht.

„Ja, ja, bin ich. Wie spät ist es?“ Calumon schien sich kurz nach der Uhr umzusehen ehe es sagte: „13 Uhr und 34 Minuten.“

„Schon so spät? Man ich bin immer noch erledigt…“; meinte er jammernd.

„Kein Wunder, calu, wenn du Kotemon mit so viel Energie versorgst, da musstest du ja umkippen. Weißt du, calu, das gestern war schon seltsame Digitation. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen, calu. Ich glaube, man könnte es Stoßdigitaion nennen, immerhin warst du enormen Stress ausgesetzt und du und Kotemon, ihr seid innerlich gerade zu explodiert, calu.“ Dustin verstand nicht einmal die Hälfte von dem, was Calumon da von sich gab. Eigentlich wollte er weiter schlafen, doch der Drang die Toilette aufzusuchen wurde nun doch stärker.

„Wie auch immer, würdest du bitte mal kurz…“ Er hielt inne. Irgendwie hatte er damit gerechnet. Als er das Menschendigimon bei Seite schubsen wollte, indem er an seine Seiten griff, fühlte er keinen Stoff. Sondern Haut. Noch immer hatte er den Blick etwas abgewandt.

„Calumon?“

„Ja, Dustin?“

„Hast du zufälliger Weise… nichts an?“

„Nein calu, immerhin war noch niemand da um mich anzuziehen. Diese Unterwäsche oder wie ihr das nennt ist ja das Komplizierteste aller Zeiten.“ Dustins stand auf, hatte dabei die Decke festgehalten und drückte nun Calumon und die darauf liegende Decke in die Matratze. Langsam ging er zur Tür.

„Ich sag Mama bescheid, dass sie hochkommen soll, ja? Bis später.“ Danach verließ er das Zimmer. Er musste tief Luft holen. Langsam war das alles eine Zumutung. Er ging einige Schritte und musste plötzlich inne halten, als ein lautes Quieken ertönte. Vor seinen Füßen lag ein kleiner, schwarzer Ball mit Ohren und gelben Augen. So etwas hatte er doch schon mal gesehen.

„Botamon?“, fragte er verwirrt.

„Halt es fest Dustin!“ May kam dicht gefolgt von Monmon und Elecmon die Treppe hoch gerannt und holten tief Luft.

„Nun haben wir dich, du Ausreißer.“ Botamon quietschte erregt auf und hüpfte blitzschnell an ihnen vorbei die Treppe hinunter.

„Ihm nach!“, schrie May und die drei rannten nun die Treppe wieder runter.

„Wieso ist hier ein… was geht denn hier ab? Wie lange war ich weg?“, fragte Dustin verwirrt und setzte seinen Weg fort in Richtung Toilette. Ohne lange zu fackeln riss er die Tür auf. Der Tag erlangte nun erneut einen Tiefpunkt. Die Toilette war bereits besetzt. Von Holly. Beide sahen sich einige Sekunden lang an, bis in Dustins Gehirn endlich ein befehl einrastete und er in Zeitlupe die Tür wieder schloss. Etwas torkelnd ging er die Treppe hinunter. Im Wohnzimmer waren bereits Kurt, Chris, Cathy, May und Digimon versammelt. May hatte es endlich geschafft Botamon zu fangen und hielt es nun fest umklammert.

„Woher…“, begann Dustin und deutete auf das schwarze Digimon.

„Das ist Commandramons Ei geschlüpft“, sagte Rose, die ihm einen Saft reichte.

„Ach ja und dein Vater ist mit Agent Anderson verschwunden, aber sie werden heute Abend wiederkommen. Und diesmal wird er das wirklich.“ Er nickte und trank einen Schluck. Dann fiel ihm etwas ein.

„Ach Mama, Calumon wartet oben auf jemand, der sie anzieht…“ Rose zwinkerte ihm zu.

„Mach du es doch, hast doch Erfahrung. Na schön, bin gleich wieder da.“ Sie ging nach oben und er lehnte sich an den Tisch.

„Setz dich doch“, meinte Chris und klopfte auf den freien Sitz neben sich. Doch Dustin winkte ab und sagte: „Nein, ich warte eher darauf, dass das Klo frei wird.“

„Stimmt, Holly ist grade drauf“, meinte Cathy.

„Ich weiß“, antwortete er und sie sie sah ihn sofort leicht irritiert an und fragte: „Woher?“ Offenbar brauchte er für die Antwort zu lange, dann auch Chris und Kurt wandten langsam den Kopf in seine Richtung.

„Ja Alter… woher weißt du das?“, fragte Chris nun höchst interessiert.

„Na ja… weil…“, begann Dustin und gestikulierte wild mit beiden Armen.

„Weil ich es ihm gesagt habe, ehe er die Tür öffnen konnte.“ Alle sahen zur Treppe. Holly kam diese gerade herunter. Ihr Gesicht war gewohnt weißlich. Dustin ging fix zu den Stufen.

„Genau, knappe Geschichte, unheimlich lustig sogar. Aber es nichts passiert, haha. Was sollte auch passieren, bis später.“ Schnellen Schrittes erklomm er Stufe für Stufe. Alle sahen ihn nach. Die Digimon tauschten kurze Blicke.
 

Als er fertig war zog er sich schnell neue Sachen an und ging hinunter. Calumon hatte sich zu May, den Digimon und dem neuem Botamon gesellt. Wie schon früher ihre kleinen Digimon, schien auch Botamon sehr an Calumon zu hängen. Kotemon saß etwas abseits und stopfte sich mit großem Genuss eine ganze Menge an Rührei in den Mund.

„Wo warst du denn?“, fragte Dustin und zwischen dem ganzem Schmatzen konnte er den Satz: „Irgendwo zwischen Tür und Zimmer liegen geblieben.“ heraushören.

„Es lag hier auf dem Teppich. Da habe ich es heute Morgen auf die Couch gelegt. Selbst das Gespräch zwischen deinem Vater und Mr. Anderson konnte es nicht aufwecken“, sagte Rose und reichte auch ihm einen großen Teller Rührei. Auch er brauchte nicht lange und begann wie ein Bagger den Essenshaufen zu vertilgen.

„Also Calumon, du sagtest gerade, dass die Stärke von Dinohumon gestern weit über die normale Kraft hinausging.“ Calumon nickte.

„Genau, calu. Normalerweise sind Dinohumon nicht so stark. Obwohl sie zugegebener Maßen durch langes Training ernstzunehmende Gegner werden können. Aber das gestern war sehr übertrieben, calu. Deshalb ist Kotemon danach auch zusammengebrochen. Aber…“, begann es und schielte zu Kurt hinüber.

„Wie oft soll ich diese Tatsache noch wiederholen, calu?!“ Kurt zuckte zusammen und winkte ab.

„Schon gut, ich wollte nur sicher gehen…“ Calumon seufzte genervt und fing an Botamon wie einen Ball in die Luft zu werfen und wieder aufzufangen, was dem Digimon offenbar sehr gefiel.

„Wem gehört das Botamon überhaupt?“, fragte Dustin irgendwann interessiert in der einzigen Sekunde in der er gezwungen war kurz Luft zu holen. Rose hob eine Hand. Er blinzelte sie verwirrt an. Sie musste leicht lächeln.

„Na ja, es lag heute Morgen neben mir im Bett. Und gestern Abend lag noch das Ei dort. Also muss es schon geschlüpft sein.“

„So schnell?“, fragte Penguinmon.

„Bei euch ging es noch schneller. Kaum wart ihr da, seid ihr auch ausgeschlüpft“, sagte Holly.

„Was?! So fix?! Wahnsinn…“, meinten Elecmon und Monmon synchron. Calumon streichelte Botamon über den Kopf, welches dabei freudig eine Art Schnurren vernehmen ließ.

„Die Ausschlüpfzeit ist immer anders. Mal kann es wenige Stunden sein, aber auch mehrere Jahre, calu. Manche schlüpfen auch nie. Und da es ein Ei war, hat es keine Erinnerungen an sein früheres Leben.“
 

Den Tag verbrachten sie mit Überlegungen wie es weitergehen sollte. Sie erhielten gegen Abend einen Anruf von Thomas, der ihnen den Standort ihres neuen Digimonverstecks durchgab. Gleich morgen würden sie alle dort besuchen. Es war bereits dunkel, als die Haustür aufgeschlossen wurde und Dustins Vater hineinkam.

„Ich bin wieder da. Gott wie lange habe ich darauf gewartet, diesen Satz wieder sagen zu können.“ Rose betrat die Diele und sagte lächelnd: „Willkommen zurück. Wie war dein Tag?“

„Anstrengend…“, sagte er und sah ins Wohnzimmer zu Dustin, Calumon, Kotemon und Botamon.

„So, das ist also Calumon als Mensch? Hallo… Hallo Dustin…“, sagte er etwas leiser. Dustin sah zu ihm. Zu lange schon hatte er es nicht mehr gesagt und irgendwie kam der Satz nicht ganz automatisch. Doch schließlich sagte er: „Hallo, Papa.“ Und es tat wirklich gut, diesen Satz wieder sagen können.

Chris auf Streife (Filler)

Trotz leichter, innerlicher Nervosität blieb er standhaft. Nun durfte nichts schief gehen. Schon mehrere Minuten hatte er neben dieser Schönheit verbracht. So perfekt war es noch nie gelaufen. Nebeneinander saßen er und sie auf der Sitzbank. Obwohl sie ihm scheinbar etwas erzählte, hatte er seine Ohren schon nach den ersten drei Minuten abgestellt und begnügte sich damit nur zu nicken, wenn sie scheinbar mit ihm sprach. Manchmal ließ er auch Sätze, die er allerdings nicht groß zusammendichtete und eh meistens aus höchstens fünf Wörtern bestanden hören. Die Zeit war gekommen für den letzten Schritt. Das Finale wurde eingeleitet. Als sie gerade für einen Moment die Augen schloss beugte er sich zu ihr hin, spitzte die Lippen und…
 

„Was ging diesmal schief?“, fragte Bearmon mit verschränkten Armen und begutachtete den Handabdruck auf der linken Wange von Chris. Dieser hockte überlegend dem Digimon gegenüber und gab nur ein Grunzen von sich ehe er antwortete: „Offenbar wollte sie keinen Kuss. Hallo? Sie hat mich gut zehn Minuten zugelabert, für uns Männer ist das eine halbe Ewigkeit, da sich unser Gehirn automatisch abschaltet.“ Bearmon nickte mehrmals als würde es voll und ganz die Situation begreifen.

„Du hast keine Ahnung wovon ich rede oder?“; fragte der Junge und sofort schüttelte das Digimon mit einem breitem Grinsen den Kopf.

„Nein, nicht ein Wort. Ich verstehe sowieso nicht, wieso du es wieder und wieder versuchst. Was ist denn so wichtig daran ein Mädchen zu haben?“, fragte es und beugte sich leicht vor. Chris kratzte sich kurz überlegend am Kopf.

„Du fragst was so wichtig daran ist eine feste Freundin zu haben? Ganz einfach, wenn du eine feste Freundin hast, bist du ein Mann. Mehr Vorteile hat es nicht. Es hat sogar eher Nachteile. Du musst immer für sie erreichbar sein, du darfst nur mit Mädchen reden die sie kennt oder die hässlich sind, du musst sie immer besuchen gehen auch wenn das Wetter mies ist und viel mehr. Aber ehe du fragst, ja, ich will das trotzdem, denn dann bin ich ein geachteter Mann.“ Die letzten sieben Worte sprach er mit verstellter und nicht sehr überzeugender, würdevoller Stimme. Das Digimon legte den Kopf erst verwirrt schief, dann schüttelte es diesen nur langsam und seufzte schwer.

„Gut, aber bevor du weiter machst, gehe ich erst den Verbandskasten holen“, sagte Bearmon und stand auf. Chris schnaubte.

„Das ist wirklich sehr lustig. Oh dahinten sieh mal. Ich sehe zwar nur ihren Rücken, aber das ist garantiert eine Hübsche. Sie dir die Hüften an.“ Das Digimon drückte die blätterigen Zweige des Gebüschs, in dem sie hockten, etwas runter und sah in die Richtung, die Chris ihm gedeutet hatte. Es hob beide Brauen hoch.

„Aber das ist doch…“, begann es, doch Chris redete sofort dazwischen.

„Mit Abstand der hübscheste Hintern aller Zeiten, ja da hast du Recht. Gutes Auge.“

„Nein…“, meinte Bearmon und wandte sich ihm zu.

„Hör mal Chris, das ist doch nur…“ Doch wieder ging Chris dazwischen: „Ein kleiner Fisch? Ich weiß, aber jeder fängt wie gewohnt klein an. Wünsch mir Glück.“ Chris warf sich einen imaginären Superheldenumhang in den Rücken und stürmte aus dem Busch.

„Aber Chris, das Mädchen ist… ach, dann eben nicht“, endete Bearmon leise flüsternd und sah ihm nach.
 

Chris musste nur wenige Schritte tun, schon stand er hinter dem Mädchen, welches gerade ihr Handy sinken ließ und es in die rechte Hosentasche gleiten ließ. Sehr dicht stellte er sich hinter sie.

„Verzeihung, aber ich hätte da mal eine kleine Frage. Sag mal Süße, brauchst du für dieses Ding hier nicht einen Waffenschein?“, fragte er und griff sofort zu. Das Mädchen zuckte nicht zusammen, drehte sich aber langsam zu ihm um.

„Nein…“, begann sie und grinste ihn breit an.

„Aber du brauchst gleich einen Krankenwagen, Chrisiboy.“, sagte Cathy und verschränkte die Arme. Stille trat ein. In Chris´ Kopf begannen die Zahnräder sich wie wild zu drehen. Langsam rastete die Erkenntnis ein, dass Cathy das Mädchen war, dem er gerade an den Po gefasst hatte. Als er es nach etwa zwanzig Sekunden begriffen hatte, ging der Schock durch seinen Körper und er zuckte so hektisch zusammen, dass auch Cathy überrascht einen Schritt zurückging.

“Was ist los?“, fragte sie sofort.

„Das ist der helle Wahnsinn“, sagte Chris, ergriff ihre Schultern, drehte sie auf dem Absatz um und musterte die Stellen von der Gürtellinie abwärts.

„Wieso habe ich nie bemerkt, dass du so einen tollen Po hast?“, fragte er verwundert. Sie drehte sich langsam wieder um.

„Da gibt es zwei Antworten. Erstens, ist die Hose etwas zu eng, weswegen ich sie auch morgen wieder umtauschen werde und zweitens, hast du nie wirklich Interesse für mich gezeigt.“ Chris nickte sofort.

„Oh, stimmt ja“, meinte er und klopfte ihr sanft auf die Schultern.

„Zum Glück bleibt das ja unter uns.“ Cathy fing an zu grinsen.

„Okay, das Grabschen behalte ich ausnahmsweise für mich, aber diesen lächerlichen Anmachversuch werde ich allen erzählen, das war echt ein Brüller.“ Die letzten Wörter waren kaum zu verstehen, da sie schon ab der Mitte des Satzes in lautes Gelächter ausgebrochen war und sich schon den Bauch halten musste, da er anfing zu schmerzen.

„Wieso? Was war denn so falsch?“, fragte Chris interessiert. Cathy holte einige Male tief Luft und begann seine Stimme zu imitieren: „Hey Süße, brauchst du dafür nicht einen Waffenschein?“ Wieder fing sie an zu lachen. Wollte sie auf etwas Bestimmtes hinaus? Wenn ja, dann verstand er nicht worauf. Offenbar konnte sie es in seinen Augen lesen, denn prompt verging ihr das Lachen.

„Du meine Güte, du hast das ernst gemeint. Hör mal, so spricht man doch kein fremdes Mädchen an. Das Wort, Süße, ist eh schon längst out und außerdem begrüßt man sich höflich und stellt sich vor.“

„Was? Machst du Witze? Ich muss ihr meinen Namen sofort sagen? Dann weißt die ja schon so viel über mich.“ Cathy verschränkte die Arme.

„Das ist doch Sinn der Sache. Wie soll sie dir auch nur Ansatzweise vertrauen, wenn du ihr nichts von dir erzählst? Glaubst du mit einer Anmache ist alles erledigt und es kann ans knutschen gehen?“, fragte sie, als sei er total verrückt.

„Ja klar. Wieso kompliziert wenn es einfach geht?“, meinte Chris als sei es das natürlichste der Welt, dass die Mädchen eigentlich sofort auf ihn fliegen müssten. Sie holte mehrmals tief Luft ehe sie wieder anfing zu sprechen: „Also… du… bist echt ein noch schlimmerer Fall als Kurt und Dustin und diese beiden sind schon schlimm. Aber weißt du was? Mir ist langweilig. Ich helfe dir. Mal sehen ob ich dich wenigstens zu einem Halbgentlemen erziehen kann.“ Chris fing an zu lachen.

„Ich könnte wetten, bis heute Abend habe ich mit meiner Methode mindestens eine Handynummer ergattern können.“ Cathy wurde hellhörig und fing wieder an zu grinsen.

„So? Interessant… okay, lass uns wetten. Wenn du es aber nicht schaffst mit deiner Methode eine Nummer zu bekommen, gibst du Bearmon, Monmon und mir eine Jumbopizza mit Getränken und Nachtisch in der Pizzeria aus.“ Chris deutete sofort mit einem Finger auf sie und sah sie siegessicher an.

„Okay, aber wenn ich es schaffe, darf ich noch mal grabschen und diesmal so lange ich will.“ Ohne lange zu zögern hielt sie ihm ihre offene Hand hin und sagte: „In Ordnung, Hand drauf.“ Er schlug ein. Somit galt die Wette. Sofort rannte Chris los. Da Cathy gerade alleine stand kamen Bearmon und Monmon aus ihren Büschen zu ihr.

„Ist das echt dein ernst?“, fragte Bearmon etwas verwirrt. Sie lächelte es an und sagte: „Na klar. Ich kenne ihn. Das schafft er nie. Kommt, das dürfen wir nicht verpassen.“
 

Nach etwa einer halben Stunde war Chris’ Gesicht von Faust und Handabdrücken übersäht. Leicht zittrig durch die vielen Kopftreffer hockte er neben Cathy auf der Bank, die genüsslich an einem Vanilleeis leckte.

„Sieht bisher nicht gut aus. Gibst du etwa schon auf?“, fragte sie und sah grinsend zu ihm hinüber. Er schüttelte wild den Kopf.

„Niemals! Das muss doch gehen… Komplimente über ihren Vorbau ziehen nicht, auf ihren Hintern auch nicht und meine coolen Sprüche ziehen nicht. Ich verstehe es nicht.“ Cathy fing an zu kichern, während das Eis immer weniger wurde. Er sah etwas wütend zu ihr hinüber und murmelte ein: „Was?“ Sie fing an mit den Fingern ihrer freien hand herum zu spielen.

„Ach nichts weiter, ich könnte dir ja einen Tipp geben, aber damit würde ich dir ja einen Vorteil verschaffen. Du weißt ja, ich bin ein Mädchen und weiß was wir hören möchten und was nicht.“ Chris sah sie lange überlegend an. Dann stellte er die alles entscheidende Frage: „Was willst du?“ Sie grinste ihn wieder an.

„Eine Fanta Limette.“ Er stand auf, betrat den nahe gelegenen Getränkemarkt und als er nur wenige Minuten später wieder zu ihr kam, hielt er ihr eine Flasche Fanta Limette entgegen. Lieb lächelnd nahm sie ihm die Flasche ab.

„Oh danke sehr“, sagte sie zuckersüß, öffnete die Flasche und nahm einige tiefe Züge ehe sie sich ihm zuwandte.

„Also, du willst Komplimente machen? Dann bezieh dich auf andere Dinge, nicht den Busen oder den Po. Sag ihr zum Beispiel, dass sie hübsche Augen hat, oder eine elegante Frisur, oder eine geschmackvolle Kleiderwahl. Verstanden?“ Chris nickte.

„Aha verstehe. Auf so was reagiert ihr also? Ihr Frauen seid echt kompliziert. Aber gut. Augen.“ Er beugte sich leicht vor und sah in Cathys Augen.

„Aha. Wie? Dann muss ich ihr ja sofort ins Gesicht sehen. Na ja okay. Was war noch? Ach ja, Haare.“ Dabei begutachtete er ihre Frisur.

„Wie sollte ich denn auf so was kommen? Haare sind Haare oder nicht? Na gut und das letzte war Kleidung.“ Er begann sie von oben bis unten zu mustern.

„Gut, gut, aber ich schätze ich soll nicht erwähnen dass, wow!!!“ Das letzte Wort stieß er so schrill und laut aus, dass Cathy fast einen Sprung gemacht hätte und sich panisch umsah.

„Was? Was denn? Ein Anschlag? Ein Digimon? Was ist es?“, rief sie panisch, doch Chris deutete auf ihre Beine.

„Das sehe ich ja jetzt erst! Du trägst Hotpans!“ Sie sah an sich runter.

„Ja und? Wir haben über 39 Grad heute, außerdem sagte ich doch, dass ich sie umtauschen werde, aber heute war es noch okay.“ Doch sein Finger blieb weiter auf ihre Beine gerichtet.

„D-Du… hast… lange, schlanke Beine? Das sehe ich auch erst jetzt…“ Cathy überschlug ihre Beine und kicherte ihn belustigt an.

„Jedes Mädchen hat lange Beine. Jedes. Außerdem gibt es noch viel an mir, was du noch nicht kennst. Und nun ab, Nummer suchen.“ Chris wandte sich ab und ging wieder auf Streifzüge. Kaum war er außer Sicht, steckte sich Cathy das letzte Stück ihrer Eiswaffel in den Mund und stand auf.

„War das eine gute Idee ihm den Tipp zu geben?“, fragte Bearmon etwas besorgt. Cathy zwinkerte ihm zu.

„Nur keine Bange. Dieser Tipp wird ihm nichts nützen. Es sind nicht allein seine Sprüche, sein ganzes Auftreten schreckt Mädchen ab. Weil er sich aus irgendeinem Grund negativ verstellt.“ Das Digimon machte große Augen.

„Wow, du weißt ja viel.“

„Klar, meine Cat ist ja auch nicht so unsensibel wie Chris. Der Junge hat doch kein Plan, vielleicht hilft ein gezielter Schuss an den Hinterkopf“, meinte Monmon und zog seine Schleuder.

„Nein!“, riefen Cathy und Bearmon synchron.

„Och menno…“
 

Das neuste, laute Klatschen machte Cathy Sorgen. Leise begann sie zu murmeln: „Oha. Schon wieder eine Abfuhr. Nicht nur, dass die Zeit für ihn langsam knapp wird, er dürfte auch bald jedes Gefühl im Gesicht verloren haben.“ Monmon fing an zu lachen.

„Ist doch super, nicht jeder kann behaupten in seiner Jugend eine Gratisgesichtskorrektur bekommen zu haben.“ Bearmon ließ sowohl seine Arme als auch Ohren hängen.

„Der Arme… und das alles nur um ein Mann zu werden? Ist das nicht etwas grausam?“ Das Mädchen sah es verwirrt an und fragte neugierig: „Ein Mann werden? Wie meinst du das?“ Das Digimon sah zu ihr auf.

„Chris meinte, dass er nur dann ein echter Mann werden würde, wenn er eine feste Freundin haben würde. Aber ist es das wirklich wert?“ Cathy streichelte es am Kopf.

„Du Dummerchen. Glaube ihm doch nicht alles sofort. Er ist auch so ein Mann, sogar ohne Freundin. Gewisse Aktionen beweisen es…“, sagte sie leise und rieb sich dabei eher ungewollt den Po. Bearmon sah sie fragend an.

„Und wieso macht er es dann?“ Cathy überlegte etwas lange, dann meinte sie: „Keine Ahnung. Ich schätze, dass er…“

„Einen totalen Sockenschuss hat?“, sagte Monmon und Cathy nickte sogar.

„So etwas in der Art, ja.“
 

Chris hing wie ein nasser Sack über der Banklehne und atmete schwer. Der letzte Schlag musste ihm die Wange blutig gehauen haben, denn er hatte das Gefühl auszulaufen.

„Wieso mache ich das eigentlich noch mal? Verdammt, ich habe es vergessen“, sagte er jammernd, setzte sich normal hin und sah in den wolkenlosen Himmel, dessen blau so aussah, als wolle es bald ins Abendrot ändern. Er rieb sich das Gesicht. Beide Wangen schmerzten, obwohl er sie kaum berührte. Ihm war die Lust gänzlich vergangen. Er musste sich nun doch eingestehen, dass es einen anderen Grund gab, wieso er nicht so konnte, wie er wollte. Eigentlich wusste er genau, wie man sich bei Mädchen verhält. Dass man ihr die Tür aufhält, dass man ihr hilft sich zu setzen, dass man immer höflich ist und niemals zu direkte Fragen stellt, all das und noch viel mehr wusste er ganz genau. Aber er konnte es nicht umsetzen. Der Grund war einfach und dumm zugleich. Er wollte nicht so enden wie sein Dad. Sein Vater war in seiner Jugend ein Schürzenjäger gewesen. Tatsächlich hatte er Chris´ Mutter nie geheiratet. Seine Mutter hatte um das Sorgerecht gekämpft, aber da sie in der Zeit keine Arbeit hatte, hatte das Gericht entschieden, dass Chris zu seinem Vater gehen sollte. Nun fiel ihm auf, dass er seine Mum schon seid über zwei Wochen nicht mehr besucht hatte. Wahrscheinlich war es eben dieser Wille, nicht zu einem Schürzenjäger zu werden, der ihn davon abhielt ernsthafte Versuche zu starten.

„Chris? Was ist denn mit dir passiert? Wurdest du verhauen?“ Er wandte den Kopf. May stand vor ihm.

„May? Wo kommst du denn nun her?“ Sie hob ihre rechte Hand, in der sie eine volle Plastiktüte trug und sagte: „Ich war einkaufen und wollte eine kleine Runde im Park drehen, tja und dann hast du da gesessen und völlig fertig ausgesehen. Alles okay?“ Chris war verwundert. Er hatte ihr genau zugehört. So schwer war das eigentlich gar nicht.

„Ja, alles okay. Ich wurde nur von einer Horde Mädchen verhauen“, sagte er locker und musste selbst etwas lachen. Es hörte sich einfach nur bescheuert an. May musste sich das Grinsen verkneifen.

„Versteh schon. Hey ich gebe dir mal nen Tipp. Meist geht’s auf die Entfernung leichter. Rede nicht lange mit ihr, frag sie doch mal nach nem Chatnamen, ICQ Nummer oder E-Mail und mache doch erstmal so eine Art Schreibfreundschaft. Viele kommen so auf die Dauer besser zurecht und wer weiß, aus Freundschaft kann ja mehr werden.“ Chris blinzelte verwundert. Auf so eine Idee, konnte auch nur eine Sorte Mensch kommen. Ein Mädchen.

„Danke. Soll ich dich nach Hause bringen?“ Sie winkte ab.

„Ach nein, geht schon. Viel Glück dann noch, man sieht sich.“ Damit verschwand sie wieder. Chris holte tief Luft, stand auf und ging noch etwas weiter. Bald schon war Sonnenuntergang. Sein Zeitlimit wurde eng. Da fand er doch tatsächlich ein rothaariges Mädchen, welches gerade auf der Wiese saß und in einem Englischbuch las. Er holte tief Luft und ging zu ihr. Etwa drei Schritte von ihr entfernt blieb er stehen.

„Entschuldigung? Weißt du zufällig wie spät es ist?“, fragte er höflich und sah sie an. Sie nickte, kramte aus ihrem Rucksack ihre Uhr hervor und sah drauf.

„Ja, gleich 20 Uhr und 30 Minuten“, danach sah sie zu ihm und hob beide Brauen.

„Oh weh, sag mal wie siehst du denn aus?“ Chris überlegte schnell.

„Ach nicht so schlimm. Ich komme vom Babysitten. Tja, kleine Racker übertreiben es mal gerne. Kinder eben, aber was solls, man darf ihnen nicht böse sein.“

„Eine super Ausrede“, dachte er und wartete auf ihre Reaktion. Täuschte er sich oder fing sie an zu lächeln. Zumindest schlug sie ihr Buch zu.

„Dann kannst du sicher gut mit Kindern umgehen. Oder sie mit dir. So jemanden trifft man nicht jeden Tag.“ War das eine Erfolgsaussicht? Er hatte einen neuen Plan.

„Du hör mal, ich hoffe du verstehst das nicht falsch, aber ich finde dich echt nett. Leider habe ich keine Zeit mehr, hast du zufällig eine Mailadresse oder ICQ über das wir uns mal unterhalten könnten?“ Sie musterte ihn kurz, dann nickte sie.

„Klar, Moment, ich schreibe es dir auf.“ Und tatsächlich. Sie kramte aus ihrer Tasche ein Blatt Papier hervor und schrieb sowohl E-Mail als auch ICQ Nummer auf.

„Hier bitte, lass mal was von dir hören.“ Er nahm ihr den Zettel ab und verstaute ihn sicher.

„Klar, noch heute. Also, man sieht sich.“ Leicht winkend ging er erst rückwärts, dann drehte er sich um und ging bis um die nächste Ecke. Es war ein Anfang, dachte er sich. Die Wette war aber trotzdem verloren. Immerhin hatte er keine Handy- oder Telefonnummer. Etwas betrübt machte er sich auf den Rückweg.
 

Seufzend blieb er vor Cathy stehen.

„Und?“, fragte sie neugierig. Er schüttelte nur den Kopf und hielt ihr den Zettel hin, den er gerade von der Rothaarigen bekommen hatte.

„Das ist alles. Eine ICQ Nummer, aber keine Telefonnummer. Damit habe ich wohl verloren.“ Sie sah sich den Zettel an und stellte fest, dass es nicht seine Sauklaue war. Jemand musste das doch tatsächlich geschrieben haben.

„ICQ und E-Mail? Du gehst wohl jetzt auf der sehr langsamen Route wie? Ist sicher besser für dich. Weißt du was? Du hast zwar nicht die richtige Nummersorte, aber immerhin hast du eine Nummer. Nennen wir es unentschieden, was meinst du?“ Chris überlegte nicht lange. So konnte er sein letztes bisschen Geld immerhin noch verwahren. Nickend sagte er nur knapp: „Okay.“ Cathy streckte sich.

„Gut, dann werd ich mal nach Hause gehen, ach eine Frage noch. Hättest du das wirklich gemacht wenn du gewonnen hättest?“ Er musste kurz überlegen was sie damit meinte, als es ihm einfiel zuckte er nur mit den Schultern.

„Eher nicht. Immerhin bin ich nicht lebensmüde“, meinte er locker. Sie lachte.

„Gute Entscheidung. Man sieht sich dann mal und schreib keinen Bockmist zu dem Mädchen.“ Dicht gefolgt von Monmon machte sie sich auf dem Heimweg.

„Du?“, fragte Bearmon und zupfte an seiner Hose damit Chris runter sah.

„Ist es immer noch so wichtig für dich eine Freundin zu haben?“ Der Junge schüttelte wild den Kopf.

„Bloß nicht. Weiber, tze. Werden immer gleich handgreiflich und stinken nach Parfüm und das alles, ne du lass mal. Mann sein kann ich später genug. Komm, ich muss mein Gesicht kühlen gehen…“ Doch hatten nur wenige Meter hinter sich gebracht, als Chris auch schon wieder stehen blieb.

„Wow sieh mal! Die hat ja Beine bis zum Mond. Warte kurz, ich bin gleich wieder da.“ Bearmon seufzte schwer.

„Ich hab’s geahnt…“, murmelte es.
 

„Meinst du, es könnte noch schlimmer kommen, als bisher?“, fragte Lynxmon.

„Wie meinst du das?“, fragte Devimon und sah es neugierig an. Lynxmon erwiderte den Blick und nickte auf den Eingang ihres neuen Verstecks.

„Na ich meine das da. Eine Höhle im nahe gelegenen Steinbruch, noch dazu ohne Licht und ähnliches? Geht es noch schlimmer?“

„Es ist unglaublich!“, rief Kiwimon und kam aus der Höhle zu den zwei anderen Digimon gerannt.

„Was ist unglaublich?“, fragte Devimon sofort. Das Vogeldigimon gestikulierte wild zum Höhleneingang und schnatterte: „Das kleine Digimon von Dustins Mutter, es wohnt doch bei uns.“

„Ja?“, sagte Lynxmon.

„Na ja und wir haben es mit frisch gefangen Fisch gefüttert“, fuhr Kiwkimon fort.

„Weiter?“, meinte Devimon und machte eine Handbewegung, dass das Vogeldigimon weiter sprach.

„Und es hat den größten und stinkigsten Haufen gemacht den ich je gesehen habe!“ Danach rannte es wieder zurück in die Höhle. Die beiden anderen schwiegen einige Minuten, dann begann Devimon: „Lynxmon?“

„Ja?“

„Es ist gerade schlimmer geworden.“

„Ja, ich weiß… ich weiß.“

Bärenstark!

„Das habt ihr euch in den letzten zwei Tagen ja schön eingerichtet“, sagte Agent Anderson und ließ den Blick in der Höhle schweifen. Drei Couches lehnten an den Wänden, mehrere Sessel und andere Sitzmöglichkeiten und kleine Tische waren ebenfalls noch verteilt und drei große Kühlbehälter, in denen sich kalte Getränke befanden, hatten sie heute hingetragen.

„Ist es wirklich okay hier zu bleiben? Werden wir nicht irgendwann auffallen?“, fragte Devimon und es musste diese Frage stellen, da es lange Zeit von ihr gequält wurde.

„Möglich, aber keine Sorge. Ich habe bereits angeordnet, dass eine Tür am Eingang aufgebaut wird mit einem Warnschild, dass es eine alte Mine sei, in der Einsturzgefahr herrscht. So dürftet ihr keine Störungen haben“, sagte der Agent und winkte die Frage damit ab. Das Digimon gab sich damit erstmal zufrieden.

„Und warum sind Sie nun zu uns gekommen?“, fragte Holly und streichelte Penguinmon, welches auf ihrem Schoß saß. Der Mann atmete einmal kurz ein, dann begann er zu erzählen: „Tja, wo soll ich anfangen? Zunächst mal will ich euch mitteilen, dass Mr. Engine gestern Abend schon dem Gericht übergeben wurde und das Urteil dürfte nicht mehr lange auf sich warten lassen. Dann haben wir alle Digieier, die wir unversehrt finden konnten, zurück in die Digiwelt geschickt. Das Programm von Mr. Thomsen wurde zwar zerstört, aber wir sind uns sicher, dass Omega noch weitere Kopien haben. Und das bringt mich nun zum Folgenden. Das FBI ist zwar noch nicht hundertprozentig von dieser Idee überzeugt, da ihr ja noch alle samt minderjährig seid, aber da wir es hier mit Digimon zutun haben, wollen wir, dass ihr uns helft gegen diese zu bestehen.“

„Wir wären also FBI-Agenten?!“, riefen alle Jungs begeistert und aufgeregt zugleich. Der Agent schüttelte den Kopf.

„Natürlich nicht. Ihr wärt offizielle, junioren Polizeihelfer von High Springs. Die lokale Polizei ist was das angeht eh schon eingeweiht, das wäre also kein Problem. Außerdem wird sich Alvin in nächster Zeit mit euch in Verbindung setzen, er hat da einige Fragen über Digimon und ähnliches. Auch ja und Dustin, du kannst dich freuen, die Akten deines Vaters wurden wiederhergestellt, die Entschädigung wird euch bald zugeschickt und dein Vater wurde bei uns eingestellt.“ Dustin fing leicht an lächeln.

„Klasse“, sagte er dann und tauschte freudige Blicke mit Kotemon und Calumon.

„Gut, das wäre es fürs erste. Wir bleiben in Kontakt Kinder, dann noch viel Erfolg und bei Neuigkeiten über eure Polizeikarriere komme ich noch mal vorbei.“ Winkend verabschiedeten sie sich alle vom Agent und als er verschwunden war gingen wahre Flüsterarien los. Auch die Digimon schienen etwas überrascht zu sein.

„Wir sollen fürs FBI arbeiten? Wahnsinn“, sagte Numemon aufgeregt und machte noch größere Augen als sonst. Kougamon setzte ein überlegendes Grinsen auf und murmelte: „Toll, das wäre doch mal eine echte Aufgabe.“

„Ach Dustin, dich hat man die letzten Tage ja kaum gesehen, was hast du gemacht?“, fragte Kurt neugierig. Grinsend hob Dustin sein Digivice hoch und sagte: „Na was wohl? Kotemon und ich haben geübt die Digitation zu beherrschen.“

„Klappt es schon?“, fragten Stella und Devimon sofort. Dustins Grinsen wurde breiter, doch dann ließ er den Kopf hängen und stammelte leise: „N-Nicht so… ganz.“ Stella lachte hämisch.

„Ich meine zwei Mal hat es geklappt, aber wir wissen nicht wie das passiert ist“, fügte er schnell hinzu und stand auf. Devimon trat zu ihm und sagte: „Dustin, versuche es mal. Überleg doch mal. Was hast du gedacht als es das erste Mal passiert ist? Denke noch mal daran. Aber du musst diesen Gedanken ernst meinen.“ Der Junge guckte nur irritiert, dann schloss er die Augen und überlegte. Was hatte er vor wenigen Tagen noch an diesem Abend gedacht? Klar, er wollte seine Freunde und seine Familie retten. Er konzentrierte sich nur auf diesen Gedanken: „Ich will stark sein um sie zu beschützen, ich will stark sein um sie zu beschützen ich…“

„Seht mal!“, rief Monmon und klang total verblüfft, was bei ihm eine Seltenheit war. Dustin öffnete die Augen. Neben ihm, wo eben noch Kotemon gestanden hatte, stand nun wieder Dinohumon. Auch dieses schien verblüfft und sah an sich runter.

„Hat doch super geklappt“, sagte es schließlich, ballte die Fäuste und zog die Arme zurück.

„So geht das also, Wahnsinn, calu“, sagte Calumon leise.

„Aha, na wenn das so ist“, begann Chris, hüpfte aus seinem Sessel und nahm sein Digivice nun auch.

„Dann werden wir anderen das doch wohl auch schaffen also.“ Er kniff seine Augen zu und konzentrierte sich so stark, dass seine Gesicht immer mehr ein rot annahm, dann aber langsam in einen Mix aus blau und grün überging.

„Hey man, hör auf…“, meinte Steve irgendwann. Chris gab schließlich auf und setzte sich zurück.

„Bearmon… hol mir mal bitte was zu trinken, vor mir dreht sich alles…“, flüsterte er fast und das Digimon ging sofort zu den Behältern.

„So leicht ist es nun auch wieder nicht. Ich denke mal wenn man es einmal geschafft hat und den Dreh raus hat, ist es recht leicht“, sagte Kurt und musterte Dinohumon genau. Ihm fiel tatsächlich etwas auf.

„Irgendwie… kann es sein, dass du nicht mehr so stark bist wie letztes Mal? Ich meine beim letzten Mal konnte man richtig spüren wie stark du bist, aber jetzt merke ich nichts.“ Devimon nickte sofort und erklärte: „So ist es. Wie ich schon sagte, deine letzte Digitation war ein Sonderfall.“ Das Klingeln von Maries Handy ließ alle zusammenzucken. Chris erschreckte sich so sehr, dass er die Flasche auf Bearmons Kopf fallen ließ.

„Kalt!“, rief dieses und rubbelte sich den Kopf. Marie nahm ab.

„Ja hallo? Oh Mama was ist? Nein ich bin bei meinen Freunden wieso? Was? Rede bitte langsamer… Wie? Welcher Nebel? Ein Monsterschatten läuft am See herum? Nein schon gut, ich bleibe einfach hier und komme nach Hause wenn es wieder ruhig ist.“ Damit legte sie wieder auf.

„Ein Monster am See? Nichts wie hin!“, sagten Dustin, Chris, Thomas und einige Digimon sofort.

„Hinaus in die Sonne?“; fragte Devimon und verzog das Gesicht.

„Na gut, wenn es sein muss…“
 

Der See war nicht sehr weit von ihrem momentanen Standort entfernt. Keine Menschen kamen ihnen entgegen. Als sie näher kamen merkten sie, dass das Gebiet von einer Art Nebel eingegrenzt war.

„Digiatmosphäre? Also hat sich hier ein Loch geöffnet, calu“, sagte Calumon und klammerte sich an das Shirt von Dustin, der mit Kotemon und einigen anderen vorgerannt war. Den Schluss bildeten May, Chris, Stella und ihre Digimon. May war deshalb so langsam, da sie Betamon wie gewohnt auf dem Arm tragen musste.

„Du brauchst längere Beine…“, meinte sie und klang recht atemlos. Betamon lief rot an und machte eine entschuldigende Miene.

„Dafür kann es doch nichts… außerdem ist es nicht so schlimm. Die verlieren wir schon nicht aus den Augen“, sagte Chris.

„Wenn du willst, trage ich Betamon. Ich bin schließlich etwas besser in Form als du“, fügte er noch hinzu. May machte ein beleidigtes Gesicht und sagte forsch: „Nein!“ Der Junge hob beide Brauen.

„Wieso denn nicht? Ich meinte doch nur…“ Stella schnaubte genervt und nuschelte nur: „Der hat echt keine Ahnung wie man mit Mädchen umgeht…“ Chris überhörte diesen Satz mit Absicht und konnte so zum Glück aufpassen. May stolperte genau in diesem Moment über die Wurzel eines Baumes und fiel vornüber. Chris und Stella reagierten sofort, bekamen sie tatsächlich noch rechtzeitig zufassen und richteten sie wieder auf.

„Alles okay bei dir?“, fragte Stella sofort. May nickte und wischte sich mit einem Arm den Schweiß aus dem Gesicht. Devimon erschien plötzlich vor ihr und hielt ihr seine beider Arme hin.

„Komm Kleines, ich werde Betamon tragen. Du solltest dich nicht allzu sehr überanstrengen, schließlich wollen wir den anderen ja nicht zur Last fallen oder?“ Sie überlegte kurz, nickte dann und reichte Betamon weiter. Stella nickte mehrmals.

„Siehst du Junge? So geht das. Kein Wort darüber, dass sie noch zu klein ist oder ähnliches, nur wichtige Tatsachen ohne irgendwelche versteckten Beleidigungen. So geht man mit Mädchen um, da musst du echt noch viel lernen. Gott, wieso haben Digimon kein Geschlecht? Devimon wäre ein so perfekter Mann… also ohne Flügel, Hörner und das ganze.“ Das Digimon machte nur ein Gesicht, was sowohl Ärger, als auch leichte Verlegenheit zeigte. Chris, Bearmon und May warfen Stella nur einen Seitenblick zu. Sie räusperte sich kurz, dann meinte sie: „Jeden Falls sind wir hier gerade alleine.“ Chris kramte schon in seinen Hosentaschen, als sich Stella die Hand gegen sie Stirn klatschte.

„In Digiatmosphäre funktioniert keine Electronic…“, sagte sie und schien noch genervter.

„Ich weiß Deshalb nehme ich auch das hier“, sagte der Junge und zog sein Digivice hervor. Auf dem Display war zwar keine Karte zu erkennen, dafür aber ein roter Pfeil, der nach links oben zeigte und leicht zuckte.

„Sie sind da lang, kommt.“ Stella schien verwundert und folgte als Letzte.

„Eure Dinger haben eine Art Ortungssystem? Was können die Teile denn noch?“
 

Sie waren etwa 30 bis 40 Schritte gelaufen, als Devimon und Bearmon plötzlich stehen blieben und sich umsahen. Auch Betamon ließ den Blick schweifen.

„Was…“, begann May, doch Devimon hielt ihr den Mund zu.

„Ruhig…“, flüsterte es. Alle spitzten die Ohren. Ein Kratzen, dann das Geräusch von schlagenden Flügeln. May bekam langsam Angst, da sie nichts sehen konnte und nur die Geräusche hörte. Stella nahm sie an die Hand um sie zu beruhigen. Chris spürte wie sein Fuß einschlief, also trat einen Schritt vor und ein dicker Zwerg zerbrach unter seiner Last mit einem lauten Knacken.

„Oh mist…“, murmelten alle und schon wurde das Flügelschlagen schneller und ein spitzer Aufschrei durchzog die Stille.

„Runter!“, rief Betamon und alle taten es. Über ihre Köpfe hinweg huschte etwas weißes und längliches, verfehlte sie aber. Langsam sahen sie auf. Das Digimon hatte den Körper einer Frau, allerdings die Flügel und die Füße eines Vogels.

„Harpymon“, sagte Devimon sofort.

„Ein Armorlevel“, fügte Stella schnell hinzu. In Harpymons Blick lag etwas Wahnsinniges. Etwas, was einfach nur gerade zu nach Gewalt gierte. Sein Opfer hatte es wohl schon gewählt und sah es an. Es sollte May sein. Schon ging es wieder in den Sturzflug und fuhr seine Krallen aus.

„So nicht!“, rief Devimon, stand blitzschnell auf und ging mit seinen Todeskrallen dazwischen. Die Attacken prallten aufeinander. Zwar konnte Devimon seinen Gegner wegstoßen, doch dieser fing sich und begann wie ein Geier seine Kreise über ihnen zu ziehen. Betamon wollte May unbedingt beschützen, also fing es an wie wild seine Stromstöße durch die Luft zu schießen.

„Das bringt nichts!“, sagte Bearmon laut und Betamon hörte auf.

„Aber…“, sagte es, doch es ging zu May und stellte sich schützend vor sie. Da sie aber weit größer war, würde dies nicht so viel nützen. Erneut schrie Harpymon auf und griff aus einer Baumkrone heraus an. Devimon reagierte sofort und ging noch in letzter Sekunde dazwischen. Wieder aber konnte es Harpymon weder treffen noch festhalten und so konnte es sich wieder verstecken.

„Verdammt… es ist zu schnell und außerdem kann es sich sehr gut verstecken.“ Devimon sah sich erneut genau um. Kein Rascheln von Blättern, keine knackenden Zweige, keine Äste, die durch eine Bewegung ebenfalls anfangen würden sich zu bewegen. Stella hatte May bereits umarmt und versucht sich so zu positionieren, dass sie dem Digimon die Sicht auf sein Opfer nehmen konnte. Aber da niemand wusste wo es gerade war, konnten sie nichts weiter tun, als auf alles zu achten.

„Bisher hat Harpymon immer geschrieen, ehe es angegriffen hat“, sagte Bearmon. Dann erklang der Schrei erneut. Direkt von vorne, genau auf May, durch die Lücke zwischen Devimon und Chris kam es auf sie zu. May und Stella schrieen auf, das Digimon holte mit seinen Krallen aus und…

„Bärenrolle!“ So einer Kugel gerollte kam Bearmon auf das Digimon zugerollte, stieß sich ab und holte im Flug aus.

„Bärenfaust!“ Mit enormer Wucht rammte es seine geballte Faust und Harpymons Gesicht, doch dieses änderte nur die Richtung und flog erneut in den Wald zurück.

„Gut reagiert…“, sagte Chris und die Herzen aller klopften wie wild.

„Vielen Dank Bearmon“, sagte May und umarmte es kurz.

„Passt wieder auf“, sagte Betamon und alle stellten sich wieder an ihre Positionen.

„Das ist zu gefährlich, wir müssen zu den Anderen oder hier raus. Es wird solange angreifen bis…“, doch Devimon brachte den Satz nur im Kopf zu ende.

„Wenn wir uns bewegen, wird es erst recht wieder angreifen“, meinte Stella.

„Was sollen wir dann tun? Auf die anderen warten?“, fragte Chris und schrie fast. Sein Kopf fing plötzlich an wie wild zu arbeiten. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er etwas ganz wichtiges zu erledigen hatte. Nur was es war, fiel ihm nicht ein.

„Hab keine Angst May, wir passen auf dich auf“, flüsterte Stella ihr beruhigend zu. Bei diesem Satz fiel es Chris wie Schuppen von den Augen.
 

Es war vor gut sechs Jahren gewesen oder eher mehr, wo sie alle noch Kinder waren. Im Winter hatten sich Kurt, Dustin und er an der Rutschte im Park getroffen um zu spielen. Kurt wollte ihnen eine Überraschung mitbringen. Als sie schließlich alle da waren, hatte er ein Mädchen im Schlepptau, welches sich schüchtern hinter ihm versteckt hielt. Stolz hatte er sie dann vor sich geschoben und gesagt: „So May, das sind meine besten Freunde Chris und Dustin, sag hallo.“ Doch anstatt zu reden, hatte das kleine Mädchen nur verlegen gelächelt und gewunken und sich anschließend sofort wieder hinter seinem Bruder verkauert. Dieser hatte geseufzt und lachend erzählt, dass seine Mutter einen neuen Mann geheiratet hatte und er jetzt eine Schwester bekommen hätte. Chris hatte ihn dafür sogar etwas beneidet. Damals wollte er auch immer so gerne Geschwister haben.

„Sie ist aber so schüchtern und ängstlich, dass ich mit ihr kaum etwas Aufregendes erleben könnte. Aber das macht nichts. Als großer Bruder habe ich die Pflicht, sie immer zu beschützen, egal was kommt“, hatte Kurt gesagt und wichtigtuerisch die Brust gehoben. Dustin applaudierte, doch Chris hatte große Augen gemacht und gesagt: „Hey Kurt, was ist wenn du mal nicht auf sie aufpassen kannst?“

„Oh? Oh nein. Das wäre schrecklich.“ Chris war näher getreten und hielt ihm die Hand hin.

„Komm, wenn du mal nicht da bist, dann werde ich das übernehmen? Was sagst du?“ Anschließend hatte Dustin dasselbe gesagt und Kurt ebenfalls die Hand gereicht. Dieser war hell begeistert gewesen.

„Ihr seid Spitze Leute. In Ordnung, danke.“ May hatte das ganze zwar nicht verstanden, doch sie fing plötzlich an ehrlich und munter zu lächeln.
 

„Da ist es wieder!“, rief Stella doch diesmal kam keines der Digimon dazwischen.

„Nein!“ Chris´ Ruf durchzog die ganze Situation. Ein schmerzhaftes Aufkeuchen folgte darauf. May hatte die Augen geschlossen und öffnete diese. Harpymons Krallen hatten sich in die Arme von Chris gebohrt. Dieser biss die Zähne zusammen, packte das Digimon am Fuß und schleuderte es weg. Zumindest sah es so aus, doch er hatte keine Kraft um es wirklich weit zu schleudern. Nach etwa sechs kurzen Metern fing es sich und verschwand erneut. Sein Arm schmerzt tierisch. Er fühlte wie das Blut seinen Arm hinab lief und zu Boden tropfte, da brauchte er nicht einmal hinzusehen.

„Chris, oh nein!“, rief Bearmon und ging zu ihm.

„Bleib stehen Bearmon! Du musst aufpassen, mir geht es gut“, stöhnte Chris auf und versuchte sich Taschentücher um den Unterarm zu binden.

„Seid ihr alle irgendwie von einer Art Möchtegernheldentum beseelt?“; fragte Stella spöttisch, empfand aber irgendwie doch etwas Mitleid, als sie ihn da so hocken sah.

„Klappe halten, du hast keine Ahnung“, sagte er und richtete sich auf. Solange er den Arm ruhig hielt ging es einiger Maßen.

„Dustin meinte mal zu mir, ich sei jemand, auf den man immer zählen könnte. Auf den man sich verlassen könne. Der seine Freunde nicht hängen lässt. Mal sehen ob ich das bestätigen kann. Außerdem, habe ich Kurt damals versprochen auf May aufzupassen, sollte er nicht da sein. Und das werde ich auch!“ Den letzten Satz schrie er. Devimon musterte ihn kurz aus dem Augenwinkel.

„So ist das also… jemand, der seinen Freunden treu bleibt, egal wie schlimm es aussieht. Langsam nimmt das alles Form an“, dachte es und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Harpymon schien es langsam leid zu sein und als eine Baumkrone erzitterte griff Devimon sofort an. Es sprang vor und griff hinein. Doch seine Todeskralle traf nichts.

„Das ist ein Trick!“, rief es, doch zu spät. Das Digimon war bereits von der anderen Seite bereits losgesprungen. Chris stand genau zwischen May und dem Digimon.

„Du musst da weg!“, rief Bearmon und rannte los.

„Nein!“, rief der Junge und hob schützend die Arme hoch. Gleich würde der nächste Schlag ihn treffen.

„Egal was passiert… du kommst an mir nicht vorbei! Niemals!“ Ein grelles Licht erstrahlte aus seiner Hose. Der Gegner schien geblendet zu sein und verfehlte ihn nur knapp.

„Was zum…“, fragte Chris verwirrt.

„Kann es sein…“, meinte Devimon, doch dann ertönte schon die Stimme: „Evolution!“ Harpymon richtete sich auf stieß wieder zu. Doch etwas ging dazwischen.

„Bearmon digitiert zu…“ Etwas packte das Digimon am Kopf und brachte es so zum stehen. Es war ein großer, blauer Bär mit roten Handschuhen.

„Grizzlymon!“ Harpymon zappelte in Grizzlymons Griff, dieses packte nur fester zu. Schmerzerfüllt schrie sein Gegner auf. Das Ziel noch immer gepackt, holte Grizzlymon aus und warf es schließlich gegen den nächst besten Baum. Die Kraft des Wurfes reichte aus um den Baum dabei bersten zu lassen. Harpyiemon zuckte, stand aber wieder auf. Doch schon stand Grizzlymon über ihm und packte es erneut. Es war stinksauer.

„Das kriegst du nun alles zurück!“ Doch so leicht wollte es Harpymon seinem Gegner es nicht machen und stieß mit seinen krallen zu. Wieder und wieder. Grizzlymon zuckte auch wieder und wieder zusammen und nach einem letzten, kraftvollen Stoß, ließ es Harpymon zu Boden fallen. Dieses rutschte einige Zentimeter weg, doch schon holte Chris Digimon so weit es konnte aus.

„Ich habe doch gesagt, dass du alles zurückbekommst!“ Seine Faust fing an geradezu zu brennen. Mit einem blitzschnellen Schlag traf es seinen Gegner in den Rücken.

„Konterschlag!“ Die Wucht ließ einen kleinen Krater entstehen. Nach diesem unausweichlichen Angriff, sahen sie alle auf ein kleines Digiei, welches auf May zurollte. Diese schluckte. Der Nebel begann sich aufzulösen. Grizzlymon ging auf allen Vieren zu Chris zurück.

„Wir haben es geschafft! Sie doch Chris, dank dir bin ich auch digitiert. Geht es deinem Arm wieder gut?“ Doch er stand nur noch mit offenem Mund da. Seinen Arm beachtete er gar nicht mehr.
 

„Da seid ihr ja! Ist alles okay?!“, rief Kurt und kam mit den anderen im Schlepptau zu der kleinen Truppe gerannt.

„Uah! Was ist das?“, fragte Cathy und deutete auf Grizzlymon und gerade als es antworten wollte, schrumpfte es wieder zu Bearmon zusammen.

„Du?!“, fragten alle anderen Digimon und fast alle Menschen irritiert.

„Ja, ich“, meinte das Digimon und grinste breit.

„Calu, sieht schlimm aus, calu. Warte“, sagte Calumon, kletterte auf Chris´ Schulter und seine Stirn fing an zu leuchten. Tatsächlich schloss sich seine Wunde.

„Das geht auch bei Menschen? Echt der Wahnsinn…“, murmelte Stella.

„Das Loch hat sich schon geschlossen, aber wir können das Ei ja auch an Anderson weitergeben“, sagte Steve und nahm es May ab.

„Danke sehr Calumon, mir geht es echt schon viel besser“, sagte Chris glücklich und fuchtelte mit seinem Arm in der Luft herum.

„Vielen Dank Chris“, sagte May und lächelte ihn an.

„Kein Problem. Ehrensache“, meinte er nur und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Ich habe nur ein Versprechen gehalten, kein großes Ding.“ May verzog das Gesicht.

„Also hättest du mich ohne dieses angebliche Versprechen einfach hängen lassen, ja? Versteh schon…“ Damit entfernte sie sich und schien beleidigt.

„W-W-W-Wie jetzt?!“, fragte er verwirrt und alle anderen ließen ihr tiefstes Seufzen hören.

„Echt ein schwerer Fall“, meinte Cathy und schüttelte den Kopf.

„Wenigstens ist nichts Schlimmeres passiert…“

Probleme über Probleme

„May, warte! Wo willst du denn hin?“, rief Betamon und rannte so schnell es seine kurze Beine tragen konnten hinter dem Mädchen her. Dieses war früh morgens, noch kurz vor Sonnenaufgang aus ihrem Zimmer gegangen und hatte sich aus dem Haus geschlichen. Nun waren sie schon einiger Zeit unterwegs und befanden sich nun im selben Teil des Waldes, an dem sie noch gestern das Ziel eines Digimons gewesen war. Sie ballte die Fäuste und biss sich auf die Lippen.

„Was hast du denn?“, fragte das Digimon und wirkte sehr betrübt. May sah zu ihm hinab. Betamon konnte ihren Gesichtsausdruck nicht genau zuordnen. Auf der einen Seite sah sie aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen. Aber auf der anderen Seite stand ihr Wut ins Gesicht geschrieben. Es nannte innerlich ihren Gesichtsausdruck: Traurige Wut. Es hob ein Vorderbein und tätschelte sacht ihre linke Wade.

„Komm schon, rede mit mir. Ich höre dir gerne zu und ich sage auch nichts, versprochen“, sagte Betamon und lächelte leicht zu ihr hoch. Nach einiger Zeit ging sie vor ihm in die Hocke und stützte sich zusätzlich mit den Händen ab.

“Sag mal… bin ich ein Feigling?“, fragte sie ohne lange zu zögern und machte ein etwas trauriges Gesicht. Das Digimon runzelte die Stirn.

„Wie?“, fragte es verwirrt. Sie strich ihm über beide Wangen und sagte leise: „Sei ehrlich…“ Dann schüttelte es den Kopf.

„Nein, wieso? Wegen gestern? Also wirklich, das war gefährlich, deshalb brauchst du dir nicht so den Kopf zu zerbrechen. Jeder hätte da Angst gehabt, dafür musst du dich nicht schämen.“ Mays Mundwinkel gingen runter.

„Nein, Chris hatte keine Angst. Devimon auch nicht und Stella sowieso nicht. Und auch du bist stehen geblieben.“ Sie stand auf und ging weiter. Betamon ging ihr weiter nach.

„Warte, May, nun sei doch nicht so! Was willst du überhaupt tun? Was wenn noch mal so ein Digimon auftaucht und kein anderer ist hier?“ Doch das Mädchen ging stur weiter, dicht gefolgt von ihrem grünen Anhängsel.
 

„Was? Sie war heute Morgen einfach weg? Und Betamon ist auch verschwunden?“ Rose sprach etwas aufgeregt und das ließ Dustin, Kotemon und Calumon aufhorchen. Betamon, also musste es um May gehen. War May verschwunden? Rose legte den Hörer schon bald wieder zurück und wandte sich ihrem Sohn zu.

„May ist weg. Ihr Zimmer war heute morgen leer und auch Betamon fehlt. Die anderen suchen schon nach ihr.“ Dustin und die zwei Digimon tauschten fragende Blicke, dann machten auch sie sich auf den Weg.

Auf ihrem Weg begegneten sie Alvin, dem Freund von Dustins Vater, der ihnen freudig zuwinkte.

„Hallo, Dustin. Wieder mal ein sehr heißer Tag nicht?“, sagte er lächelnd und Dustin nickte.

„Ähm, ja. Sagen Sie, was machen Sie hier?“ Alvin machte eine schweifende Handbewegung.

„Ich mag diese Stadt, außerdem war ich mir eben den Ort ansehen, an dem Harpymon aufgetaucht war. Chris war so nett mir den Weg zu zeigen, ehe er sich auf die Suchen nach Kurts Schwester gemacht hatte. Ich hörte, sie ist verschwunden?“ Als Dustin nickte machte er erneut eine Handbewegung, die wohl wegwerfend wirken sollte.

„Keine Bange, Mädchen in ihrem Alter probieren gerne was aus und sind sehr selbstständig. Da muss man sich keine allzu großen Sorgen machen, sie taucht schon wieder auf.“

„Selbstständigkeit…“, murmelte Dustin leise. Dies war Mays Wappen. Sollte sie etwa auf der Suche nach seinem tieferen Sinn sein? Ein kleiner Ellenbogenstich von Alvin riss ihn aus seinen Gedanken.

„Sag mal Junge, wer ist denn dieses Mädchen, was sich so an deinem Arm klammert?“

„Oh, ach das ist Calumon, in Menschenform. Sehen Sie…“ Er drehte sich etwas, so dass Calumon besser sichtbar war und hob ihr Stirnband etwas an, damit Alvin das Zeichen erkennen konnte. „Hier, das Zeichen, was es ja auf der Stirn hat. So ist Calumon etwas weniger auffällig und wenn sie sich so an mich klammert, geht sie nicht verloren.“ Der Mann nickte und sagte leise: „Ich verstehe. Klever, ja wirklich. Sie fällt kaum auf. Du sag mal, es ist nur aus Neugierde, ist sie ganz… also ich meine… voll und ganz… äh… verwandelt?“ Dustin räusperte sich kurz verlegen und mit einer leichten Röte im Gesicht nickte er knapp. Alvin kicherte.

„Und du teilst dir doch das Zimmer mit ihr, ja?“

„Worauf wollen Sie hinaus?“, fragte der Junge nun doch leicht gereizt und hob eine Braue bedrohlich an.

„Gar nichts, Dustin, gar nichts. Aber ich mag es einfach, wenn Teenager auf meine alten Tricks noch reinfallen. Ich werde dann mal wieder gehen, ich habe übrigens Keramon gebeten, ebenfalls nach… May zu suchen. May war doch der Name oder?“ Dustin nickte und sagte: „Danke. Echt nett von Ihnen.“

„Ja, wir werden uns bei Gelegenheit wieder sehen, denke ich. Bis dahin noch, viel Glück bei der Suche und… viel Erfolg bei euren… kleinen Nachtspielchen.“ Und mit einem breiten Grinsen verließ Alvin die Straße durch eine Nebengasse.

„Ich wette, der war mal in seiner Jungend wie Chris…“, murrte Dustin leicht sauer und machte sich wieder auf den Weg. Calumon schleppte er beinahe hinterher.
 

„May, hier ist nichts mehr…“, jammerte Betamon. Es war müde, ihm war heiß und seine kurzen Beinchen schmerzten bei jedem Schritt. Nun waren das Mädchen und ihr Digimon schon mehrere Stunden unterwegs. Allerdings liefen sie nur im Kreis. May blieb aber tatsächlich nach Betamons letzten Satz stehen. Sie ging in die Hocke und sah auf das Gras vor ihr. Der leichte Wind ließ dieses sachte tanzen. Das Digimon sah sie wieder besorgt an.

„May… du denkst doch nicht immer noch daran, dass du dich für feige hältst oder? Nun hör schon auf, immerhin war das gestern wirklich…“

„Erbärmlich…“, beendete sie leise den Satz.

„Aber nein…“

„Doch. Schon immer war ich so feige. So weit ich denken kann habe ich mich an Kurts Hosenbund geheftet. Immer wollte ich, dass jemand anderes meine Probleme aus der Welt schafft.“ Betamon trat näher heran. Und sagte dabei leise, aber verständlich: „Okay, aber ich denke, dass es okay ist, wenn man wie du eben noch nicht so alt ist wie die anderen. Es ist wirklich alles in Ordnung, ganz sicher.“

„Nein es ist nicht in Ordnung!“, rief May plötzlich und stand wieder auf.

„Ich kann rein gar nichts alleine… deshalb…“

„Deshalb, was?“, fragte jemand direkt hinter ihr. Sofort wandte sich das Mädchen um. Ihr Bruder Kurt stand genau vor ihr. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sein Gesicht hatte die Ausdrücke von Sorge und leichter Wut.

„Du haust einfach ab ohne Nachricht, meldest dich nicht, reagierst nicht auf Anrufe… wir alle sind fast ausgeflippt vor Sorge. Was sollte denn das? Dir hätte sonst was passieren können. Und irgendwelche verrückten Digimon meine ich nicht.“ May sah zu Boden. Es war das erste Mal, dass sie von ihm so eine Standpauke zu hören bekam. Langsam kam ihr in den Sinn, dass sie vielleicht wirklich nicht sehr erwachsen gehandelt hatte.

„T-Tut mir Leid…“, sagte sie schließlich leise und vermied es ihn anzusehen.

„Das ist ja wohl das Mindeste… und jetzt sag mir, was du eigentlich hier wolltest.“ Seine Stimme klang wieder normal, sogar wie gewohnt neugierig.

„Ich weiß selbst nicht so genau…“, meinte sie und sah weiterhin zu Boden. Kurt blieb vor ihr stehen, ging leicht in die Hocke, legte seine Hände auf ihre Schultern und sagte mit ruhiger Stimme: „Na komm schon… ich glaube, ich kann es mir denken. Ich… ich denke mal, du fühlst dich schwach. Nur weil du Angst hattest. Aber das ist nicht so, hörst du?“ Betamon tippte ihm leicht gegen das Knie und sagte leise zu ihm: „Das sage ich auch schon die ganze Zeit, aber sie will nicht hören…“ May sah langsam auf.

„Wenn du das sagst… dann muss ich es ja wohl glauben oder?“, sagte sie und ihre Stimme klang unüberhörbar ungläubig. Kurt nahm seine Hände wieder weg und stand auf.

„Müssen, musst du gar nichts. Tatsache ist nur, dass Angst nichts ist wofür man sich schämen muss. Jeder Mensch hat vor mindestens einer Sache etwas Angst und viele andere hätten an deiner Stelle auch so gehandelt.“ May sah mit leicht zugekniffenen Augen zu ihm auf.

„Vor was hast du denn zum Beispiel Angst?“, fragte sie als wolle sie es nun überprüfen. Kurt hob beide Brauen.

„Ich? Nun ja…“, begann er, sah sich kurz um und beugte sich dann zu ihr hinunter.

„Ich habe zum Beispiel Angst vor den Bratkartoffeln von Papa… der würzt die mit allem was er findet, sogar Muskat und Zucker…“ Betamon und Elecmon verzogen verwirrt ihre Gesichter, doch May fing herzhaft an zu lachen.

„Schon gut… schon gut. Tut mir Leid… ich werde mich auch bei den anderen wohl entschuldigen müssen…“, sagte sie und rieb sich die Tränen weg, die von ihrem Lachanfall noch übrig geblieben waren.

„Nicht nötig“, begann Kurt und fing an zu grinsen.

„Es war nämlich ausgemacht, dass wir heute zum See gehen wollten, wenn wir dich gefunden haben. Und gerade eben habe ich allen eine SMS geschickt, dass ich dich habe. Das heißt, wir gehen jetzt nach Hause, holen unsere Badesachen und nehmen den nächsten Bus. Was sagst du?“ May fing an zu lächeln, doch es wirkte etwas gequält

„Ja, hört sich gut an. Und was ist mit den Digimon?“, fragte sie und deutete auf die zwei Monster, die sich fragend zu Kurt umwandten.

„Die? Ach die bleiben im Versteck bei den anderen auch“, meinte er fies grinsend.

„Was?“, rief Elecmon aufgebracht.

„Ich glaube, ich habe mich verhört!“
 

„Alle weg da, Arschbombe!“ Ein lautes Plätschern, gefolgt von einer wahren Flutwelle veranlassten Dustin und Nick unterzutauchen. Als ihre Köpfe wieder über der Wasseroberfläche waren fingen sie laut an zu fluchen.

„Nun lass den Mist Chris! Du störst alle anderen damit!“ Doch dieser lachte nur.

„Solange mein Hintern noch nicht taub ist, werde ich so weiter machen, klar?“ Die anderen zwei Jungs tauschten grinsend ein paar Blicke.

„Na gut, dann… nimm das!“ Mit ihren Armen spritzten sie Chris wahre Wassermengen entgegen. Dieser macht einen Hechtsprung zur Seite und tauchte in Deckung.

„Hach ja. Jungs sind doch solche Spielkinder, oder?“, fragte Cathy mit einem Seitenblick zu Holly und klang leicht genervt. Diese zuckte nur mit den Schultern.

„Immerhin sind wir doch hier um Spaß zu haben oder?“, fragte sie leise und wandte leicht den Kopf zu May, die etwas Abseits unter einem Baum im Schatten saß und mit einem Stock Kreise in den Boden malte. Erst als ihr etwas auf einen Fuß tippte sah sie etwas auf.

„Was ist denn Betamon?“, fragte sie und klang zwar nicht abweisend, aber ein gewisses Desinteresse was seine Antwort anging war heraus zu hören. Das Digimon sah sie traurig an.

„Komm doch bitte und schwimm mit uns ein wenig. Du kannst doch nicht die ganze Zeit hier sitzen bleiben. Wir machen uns Sorgen um dich“, sagte Betamon, doch May rührte sich nicht. Sie murmelte nur ein: „Keine Lust… spiel doch lieber mit wem anderen.“ Und sah wieder zu Boden. Langsam ging das Digimon wieder zurück in die Büsche, in denen sich die anderen versteckt hielten.

„Und? Geht es ihr besser?“, fragte Penguinmon sofort. Doch Betamon schüttelte nur den Kopf.

„Also echt mal, das ist doch viel zu übertrieben. Jeder hat doch mal Angst, was ist so schlimm daran, ha?“, fragte Monmon altklug, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ging langsam im Kreis. Devimon und Lynxmon tauschten viel sagende Blicke.

„Vielleicht ist ihr Stolz einfach nur verletzt. Das kann bei Menschen oft solche Reaktionen hervorrufen. Es hört meist dann auf, wenn man dieselbe oder eine ähnliche Situation noch einmal durchlebt und sie meistert.“, erklärte Lynxmon und Devimon nickte. Monmon nickte und schlug die Fäuste zusammen.

„Schon verstanden. Lasst uns ein wildes Digimon suchen und May damit kämpfen lassen“, sagte es und fing laut an zu lachen. Kotemon schlug es kurz auf den Kopf.

„Mach über so was keine Witze. Das ist gefährlich“, sagte es und Monmon fing leise an zu knurren.

„Sagte das Digimon, was schon digitieren kann“, sagte es leise, sauer und zwischen zusammengebissenen Zähnen.

„Nun hört auf, ehe ihr euch noch streitet“, sagte Devimon und ergriff Kotemons Schwert, was das Digimon schon zum erneuten Schlag ausgeholt hielt.

„In diesem Fall sollten wir einfach abwarten. May ist noch so jung, darüber kommt sie sicher schnell hinweg“, meinte Lynxmon, gähnte und legte sich hin um zu schlafen. Noch ehe jemand etwas sagen konnte, ließ ein Blätterrascheln alle leicht zusammenzucken. Freudig ertönte ein lautes: „Calu!“ Und Calumon in Digimonform sprang mit einem großen Satz auf Lynxmons Rücken.

„Ist das wieder heiß heute, calu… Hey Freunde, lasst uns spielen gehen, calu!“, rief es und sprang aufgeregt auf und ab.

„Ich will lieber May helfen“, meinte Betamon sah etwas traurig zu ihr hinüber.

„Die ganze Zeit hat sie sich um mich gekümmert, jetzt will ich mich um sie kümmern…“, endete es.
 

May spürte wie sich jemand zu ihr setzte. Langsam öffnete sie ihre Augen einen Spalt breit und schielte zur Seite. Holly saß neben ihr. Offenbar wollte sie nicht mehr ins Wasser, denn sie hatte sich ein langes T-Shirt übergeworfen und sah sie lächelnd an.

„Na du? Wie geht es dir?“, fragte sie. May blinzelte kurz, dann schloss sie ihre Augen wieder und murmelte leise: „Geht schon.“ Holly schwieg kurz, dann sprach sie weiter:

„Habe ich dir schon mal erzählt, was für ein Herzflattern ich vor meinem ersten Theaterauftritt hatte? Man ich hatte so eine Angst einen Fehler zu machen.“ Kaum hatte sie den Satz beendet fiel ihr May ins Wort.

„Ich weiß worauf du hinaus willst. Und ich weiß auch selbst, dass ich mich total dämlich verhalte. Aber aus irgendeinem Grund wuchtet es mich ziemlich“, endete sie und machte ein leicht zorniges Gesicht.

„Verstehe ich vollkommen, glaub mir. Bei meinem ersten Auftritt habe ich mich an der dramatischsten Stelle versprochen. Noch während dem Gekicher wäre ich am liebsten im Erdboden versunken“, meinte Holly und lief während ihrer Erzählung leicht rosa an als sei es ihr immer noch peinlich.

„Was hast du gemacht?“, fragte May und klang nun doch leicht interessiert. Holly kratzte sich verlegen am Hinterkopf, dann sagte sie verlegen: „Also zuerst… hatte ich einen leichten Nervenzusammenbruch. Aber dann dachte ich mir, dass es nun mal eben passiert ist, es ist vorbei und ich sollte einfach weiter machen. Und das habe ich dann auch gemacht. Einfach weiter gesprochen und ab da ging es dann wieder aufwärts.“

„Willst du damit sagen, ich soll einfach weiter machen als sei nichts passiert?“, fragte May und sah Holly ernst an. Diese nickte einfach nur knapp.

„Genau, einfach weiter gehen, nicht mehr dran denken, einfach in Zukunft besser aufpassen und endlich mit mir ins Wasser gehen. Alleine gehe ich nicht zu den Jungs, die machen nur dummes Zeugs.“ Als hätte er es gehört machte Chris erneut eine Arschbombe ins Wasser, nur um den anderen Jungs anschließend abgefangen und unter die Oberfläche gedrückt zu werden. Als May das sah musste sie fast anfangen zu lachen.

„Schau mal, du hast Besuch“, sagte Holly und deute nach vorne. May sah zu der Stelle auf die gezeigt wurde. Betamon stand genau vor ihr. In seinem Maul hatte es einen kleinen Blumenstrauß eingeklemmt, den es ihr vor die Füße legte.

„Bist du immer noch traurig, May?“, fragte das Digimon mit weiterhin besorgtem Blick. May Augen wanderten zwischen wanderten zwischen den Blumen und Betamon mehrmals hin und her.

„Sind die…“, begann sie langsam und das Digimon nickte nur. Nun konnte sie nicht mehr anders. Sie streckte ihre Arme aus, nahm ihr Partnerdigimon auf den Arm, drückte und streichelte es.

„Danke sehr, du bist echt lieb. Und nein, ich bin nicht mehr traurig. Ich habe nur etwas überreagiert, alles ist wieder gut.“ Betamon fing an zu lächeln und sagte freudig: „Ich freue mich ja so! Dann können wir ja schwimmen gehen.“

„Genau“, sagte May nickte, stand auf, vergewisserte sich, dass keine anderen Besucher um den Strand zu sehen waren und rannte mit dem Digimon an sich gepresst zum Wasser.

„Und jetzt Betamon, spielen wir ein kleines Spiel.“

„Was denn?“, fragte es und sah neugierig auf. Sie grinste und rief laut lachend:

„Aufgepasst, jetzt setzen wir die Jungs unter Strom!“ Holly und die Digimon seufzten. Immerhin schien alles wieder in Ordnung zu sein.
 

Der Tag begann sich langsam dem Ende zuzuwenden. Totenstille, nur Unterbrochen von dem Geräusch von Fingern, die Tastaturen bedienten, herrschte. Das Licht war recht gedämmte und Agent Anderson genehmigte sich seinen dritten Kaffee.

„Hach Johnson, nur noch eine halbe Stunde trennen uns vom Feierabend“, sagte er und streckte sich ausgiebig, was seine Knochen knacken ließ. Der junge Mann namens Johnson fing leicht an zu grinsen und sah von seinem Monitor auf.

„Sie werden langsam alt, Sir, haben sie schon das Öl ausprobiert, was ich Ihnen empfohlen habe?“ Anderson machte ein ernstes Gesicht und sagte:

„Wie reden Sie bitte mit Ihrem Vorgesetzen?“ Als dann er und die sieben weiteren Männer im Raum anfingen zu lachen fügte er noch hinzu: „Aber ja, das habe ich. Diese Feuchtigkeitscreme tut meiner Haut wirklich gut.“

„Ja, sie hilft wirklich fast gegen alles, Sir. Ach was halten Sie eigentlich von der Idee diese Kinder gewisser Maßen als Mitarbeiter einzustellen? Ich meine immerhin… es sind Kinder…“, meinte Johnson und wandte sich während er sprach wieder seinem Monitor zu. Anderson nickte nur knapp.

„Ich verstehe Ihre Sorgen. Das denke ich auch die ganze Zeit. Ganz ehrlich, davon halte ich nicht viel. Wie Sie schon richtig sagten, es sind immer noch Kinder. Wir können ihnen nicht das zutrauen was unsere Oberbosse von ihnen verlangen wollen. Aber was soll ich bescheidener Abteilungsleiter schon groß machen? Alvin?“ Alvin, der sich ebenfalls im Raum an einem Monitor befand sah zu dem Agent auf.

„Nun ja… ich denke diese Kinder sind hart im Nehmen. Vor allem Dustin weißt ein sehr hohes Potenzial auf. Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, werde ich ihm eine Karriere als Polizist oder gar Agent vorschlagen.“ Als er endete schnaubte Anderson leicht.

„Bloß nicht Agent, das kann nach hinten losgehen. Ich hatte mir den Job auch aufregender vorgestellt. Stattdessen hocken wir Tag für Tag im selbem Raum, starren auf langweilige Monitore und…“ Ein heftiges Beben, was nur etwa vier Sekunden anhielt, allerdings alle Personen mächtig durchschüttelte, ließ den Agent sofort verstummen. Noch während das Beben anhielt, fiel der gesamte Strom aus und die Männer hockten im Dunklen.

„Was zum Teufel war das?! Ein Erdbeben?!“, rief einer der Männer und man konnte hören, wie sich Stühle verrückten.

„Ruhe Männer, versucht den Notstrom einzuschalten“, sagte Anderson und tastete bereits nach dem Schalter. Doch er hatte ihn gerade ertastet, da ging der Strom wieder an und die Rechner fuhren erneut hoch.

„Hoffe wir haben keine Daten verloren“, murmelte Johnson und hämmerte mit seinen Fingern auf der Tastatur rum.

„Johnson, Datenin- und Output auf Fehler und Mängel kontrollieren, Alvin checken Sie die Herkunft des Bebens in den nachrichten oder sonst wo, alle anderen zurück an die gewohnte Arbeit“, befahl Anderson und stand auf um den Raum zu verlassen, da erklang plötzlich eine Stimme aus allen Boxen der PCs im Raum: „Guten Abend, verehrte FBI-Mitarbeiter. Ich hoffe die kleine Erschütterung hat Sie nicht allzu sehr überrascht.“ Die war grässlich verstellt.

„Wer ist das? Wo kommt die Stimme her?“, fragte Anderson.

„Jemand hat sich in unser System gehackt und sendet von außerhalb!“, sagte Johnson laut.

„Das muss während des Ausfalls passiert sein, zurückverfolgen und Einheiten hinschicken!“

„Unmöglich, Position ist nicht feststellbar, es scheint, als habe der Server überhaupt keine ID.“

„Das kann nicht sein, so was geht doch nicht!“, rief Anderson aufgebracht und die Stimme fuhr fort: „Bevor ihr euch alle die Finger wund tippt oder es Entlassungen regnen, nehmen Sie ihre Männer nicht zu hart ran, es ist unmöglich unseren Server ausfindig zu machen. Ich darf mich vielleicht erst einmal vorstellen. Mein Name ist Mr. Cogwheel und werde Sie nicht lange belästigen. Sie müssen wissen, ich bin leidenschaftlicher Spieler. Das ganze Leben ist ein Spiel, jeder Münz oder Würfelwurf, kann im Leben über das weiter existieren oder die Vernichtung entscheiden. Da habe ich mir gedacht, ich könnte mich auf ein Spiel mit Ihnen einlassen. Ich möchte, dass auf alle seltsamen Anrufe oder Mails in nächster Zeit entsprechende Maßnamen eingeleitet werden. Das Resultat dürfte interessant werden. Das weitere Vorgehen hängt von Ihrer Schnelligkeit ab, Agent Anderson. Das Spiel beginnt… jetzt. Viel Glück.“ Die Verbindung wurde getrennt. Anderson ging auf und ab.

„Ein Spiel… lächerlich. Noch dazu der Name, Mr. Cogwheel. Will der uns verarschen? Wenn das wirklich jemand von Omega war, dann wird der…“ Doch ehe er anfangen konnte beleidigend zu werden, wandte sich Alvin zu ihm zu und sagte leicht panisch: „Anderson, ein seltsamer Anruf aus New York. Eine junge Frau behauptet, dass ein riesiger und rothäutiger Dinosaurier eben an ihrem Fenster vorbei gegangen wäre.“ Bevor der Agent Fragen stellen konnte meldeten sich die weiteren Männer.

„Sir, Meldung aus Los Angeles. Dort ist ein großer, weißer Gorilla gesichtet worden.“

„Sir, noch eine Meldung, aus Miami. Dort soll am Himmel ein gewaltiger, blauer Käfer gesehen worden sein.“

„Sir, diesmal Springfield. Ein lebender Baum läuft dort angeblich Amok.“

„Genug!“, rief Anderson laut und haute auf den Tisch. Alle verstummten.

„Geht allem nach. Schickt Leute hin, von mir aus bewaffnete Sturmtrupps, mir egal, aber hört auf mir alles laut vorzusagen.“ Nach einer kurzen Schweigepause meldete sich Alvin erneut zu Wort: „And… ähm, Sir. Diese Sichtungen… vielleicht sind das…“ Anderson hob genervt eine Hand und Alvin verstummte.

„Ich weiß… Digimon… und das bedeutet leider, dass Omega offenbar es irgendwie geschafft hat. Schauen sie nicht so verwirrt, sie wissen was ich meine. Diese Erschütterung, der Stromausfall… alles was unsere Experten berechnet hatten. Sie können tatsächlich Tore öffnen. Und ich glaube, damit sind wir überfordert. Ich werde Dustin und seinen Freunden einen besuch abstatten… noch heute. Vertritt mich solange.“ Damit warf er sich eine Jacke über und verließ den Raum, sein Ziel war High Springs.

Cathy und Monmon

„Das war heftig!“, rief Dustin, als er seine Zimmertür aufriss und dicht gefolgt von Kotemon und Calumon die Treppe runter rannte. Seine Eltern saßen bereits unten und hatten den Fernseher eingeschaltet. Der Nachrichtensprecher schien aufgeregt, als er immer wieder neue Informationsblätter zugereicht bekam, auf dem es die aktuellsten Geschehnisse geschrieben standen.

„Meine Damen und Herren, laut neustem Stand gibt es nun mehr Sichtungen und folgenden Städten: Springfield, New York, Miami, Los Angeles und Memphis. Wir wiederholen noch mal, dies sind keine Computeranimationen, es sind echte Bilder.“ Noch während der Nachrichtensprecher seinen Text verlas, huschten Videos von Amateurfilmern durchs Bild, welches verschiedene Wesen zeigte.

„Calu! Das waren Tyrannomon, Gorillamon, Woodmon, Kabuterimon und ShimaUnimon“, sagte Calumon und nannte die Namen der Digimon, als sie kurz durch das Bild huschten.

„Also sind es wirklich Digimon…“, murmelte Dustins Vater und seufzte.

„Alvin hatte mir davon erzählt. Omega war doch nicht untätig und hat einen Weg gefunden Tore zu öffnen. Deshalb auch die Erdbeben.“

„Aber Erdbeben gab es bisher nie wenn ein Digimon aufgetaucht ist, wieso jetzt?“, fragte Kotemon. Steve überlegte wie er es wohl einfach ausdrücken konnte und begann dann mit: „Stell dir mal die Frage, was mehr Schaden verursacht. Wenn du dir mit einer kleinen Klinge den Finger etwas aufschneidest oder wenn du mit dem Vorschlaghammer draufhaust. So in etwa musst du dir das vorstellen. Die Löcher, entstehen, ich nenne es mal natürlich und diese Tore wurden gerade zu in die Weltengrenzen gesprengt. Ich will gar nicht daran denken, welche Auswirkungen das auf die digitale Welt hatte. Diese Digimon von eben müssen total verschreckt und panisch sein.“ Das Telefon ließ alle zusammenzucken. Rose nahm den Hörer ab.

„Hallo? Oh Kurt, ja wir schauen die Nachrichten. Nein, wieso fragst du? Oh, warte kurz…“, sie nahm den Hörer von ihrem Ohr weg und wandte sich ihrem Mann.

„Schatz Kurt meint er finde es seltsam, dass wir von einem Erdbeben wach wurden, da die Städte, die genannt wurden, ja viel zu weit weg seien.“ Dustin weitete die Augen. Das hätte ihm auch schon auffallen müssen. Das hieße ja dann, dass es auch wieder bei ihnen zu einer Begegnung kommen müsste.

„Er hat Recht Rose… das ist wirklich seltsam. Das heißt, wir haben wieder ein kleines Problem“, meinte Dustins Vater und nahm seiner Frau den Hörer aus der Hand.

„Kurt? Hör zu Junge, eines vorweg, du und auch kein anderer von euch, unternehmt nichts. Es ist viel zu dunkel und solange es keine Sichtung gibt, haben wir nichts zu befürchten, okay? Gut, vielleicht hatten wir ja Glück und es kam gar kein Digimon durch… Genau, dann geh wieder ins Bett, ja? Gute Nacht.“ Er hing wieder auf und sah seinen Sohn an.

„Das gilt auch für dich Dustin und für euch zwei ebenso.“ Damit deutete er auf die zwei Digimon. Doch diese machten nur ein Engelgesicht.

„Gut. Dann legt euch wieder hin und versucht zu schlafen.“ Also ging Dustin mit den Digimon wieder hoch und legte sich ins Bett. Gerade als Calumon die Augen schließen wollte huschte sein Blick zum Fenster.

„Calu?“, sagte es, stand auf und sprang mit einem Satz hinaus.
 

„Ist es vorbei?“, fragte Cathy schließlich und sah sich um. Sie und Monmon waren noch abends im Park unterwegs gewesen, um etwas mehr Zeit für sich zu haben, als plötzlich das Beben eingesetzt hatte.

„Ja, natürlich! Es zittert nix mehr, außer dir. Jetzt lass mich los, du erdrückst mich!“, sagte Monmon und strampelte mit seinen Gliedmaßen um aus ihrer Umklammerung frei zu kommen. Etwas schmollend ließ Cathy los.

„Du hattest aber kein Problem, als dich an mich drückte, als das Beben anfing“, sagte sie und ließ den Blick umher schweifen. Offenbar war kein Gebäude beschädigt worden. Das Digimon klopfte sich die Schultern ab und meinte lässig: „Da war ich überrascht und musste mich kurz festhalten. Bilde dir darauf bloß nichts ein.“

„Wenn du öfters umarmt werden willst, dann sag es doch. Das mache ich gerne, echt“, sagte das Mädchen leicht lächelnd, doch das Digimon schnaufte nur auf und sagte: „Als ob ich das wollte. Ich bin kein Schmusetierdigimon wie Penguinmon oder Betamon. Wenn du schmusen willst, besorg dir ein Tier oder nen Freund!“ Cathy hörte auf zu lächeln. Ihr Gesicht wurde teilnahmslos. Das Digimon verstummte auch sofort. Offenbar wurde ihm klar, dass es zu weit gegangen war. Cathy war auf dieses Thema nicht sehr gut zu sprechen.

„I-Ich… also…“, begann Monmon, doch das Mädchen wandte sich nur um und ging in Richtung der Hauptstraße. Das Digimon blieb zurück und sah ihr traurig nach. Ihre Gefühle hatte es nicht verletzen wollen. Es ging ihr drei Schritte hinterher, dann blieb es stehen und sah in den Himmel.

„Warum kann ich nicht offen zu ihr sein? Ich wollte ihr nicht wehtun, ich wollte doch nur zeigen, dass auch ich stark genug sein kann jemanden zu beschützen. Aber offenbar habe ich die falschen Worte benutzt“, dachte es sich. Dann ballte es die Fäuste, nickte und sagte leise: „Ich werde ihr nachgehen und mich entschuldigen. Außerdem wird sie sich Sorgen machen wenn ich zulange weg bleibe.“ Doch gerade als es in einen Baum gesprungen war um unauffällig von Ast zu Ast zu hüpfen, ließ es ein Geräusch inne halten. Es war ein Brummen oder ein Summen wie von einem Insekt. Doch das war um einiges lauter als normal und bewegte sich schnell. Hastig ließ Monmon den Blick umherschweifen. Doch es konnte nichts entdecken. Dann sah es auf. Direkt über ihm, etwa in zehn Meter Höhe, zog ein großes Insekt seine Kreiße. Man hätte es für eine Libelle halten können, doch dafür war es viel zu groß. Und es hatte Monmon entdeckt.

„Oh verdammt…“; sagte das Digimon leise und sprang. Keinen Moment zu früh. Denn schon war das Insekt in den Sturzflug gegangen und ließ den Baum berstend zur Seite kippen.
 

Cathy blieb nach zwei Häuserblocks stehen. Eigentlich war ihr Haus nur noch wenige Minuten zu Fuß entfernt. Doch wollte sie lieber auf Monmon warten. Obwohl es ihrer Meinung nach den Bogen etwas überspannt hatte, hätte sie nicht einfach weggehen dürfen.

„Es ist fast so uneinsichtig wie ein Junge“, dachte sie sich. Doch als ihr plötzlich das Geräusch von splitterndem Holz, zwar nur sehr leise, aber trotzdem hörbar, ins Ohr drang wandte sie sich erneut um.

„Was war das?“, fragte sie leise. Nun hörte sie aus einer Seitenstraße ein Geräusch: „Calu.“ Es war Calumon, welches mit ausgebreiteten Ohren an ihr vorbei schwebte und sie ansah.

„Oh Cathy, calu, was machst du noch hier?“, fragte das Digimon und flog auf sie zu. Das Mädchen griff das Digimon aus der Luft und hielt es leicht fest.

„Das sollte ich lieber dich fragen. Wieso bist du noch draußen, weiß Dustin bescheid?“, fragte sie. Das weiße Digimon schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, calu, ich habe das Gefühl gehabt, dass etwas hier in der Nähe herumirrt. Ungefähr in diese Richtung.“ Nach dem letzten Wort deutete es in die Richtung, aus der Cathy gekommen war.

„Was, wieder der Park? Seltsam… aber da war ich grade mit…“ Doch das letzte Wort, was eigentlich ein Name war, blieb ihr im Hals stecken. Wenn Calumon etwas suchte, handelte es sich bestimmt um ein Digimon und Monmon war noch immer nicht zurück.

„Wir gehen zusammen“, sagte sie und ging schnell los. Doch sie hatten den Park noch nicht ganz erreicht, als ein schmerzhafter Aufschrei zu hören war. Cathy wurde schneller und endlich kamen sie um die letzte Ecke. Sie und Calumon sahen, wie Monmon durch die Luft flog. Allerdings sah es so aus, als sei es geschleudert wurden, da es mit dem Kopf voran in Richtung eines Gebäudes zuflog.

„Monmon!“, rief das Mädchen entsetzt. Das Digimon schien darauf zu reagieren, den es änderte seinen unkontrollierten Flug, in dem es einen Salto schlug, sich mit den Füßen von der Wand abstieß und zu Boden sprang. Cathy wollte näher ran doch Monmon hielt sie mit Rufen zurück.

„Bleib wo du bist! Hier ist ein Digimon, das total verrückt ist!“ Wie es der Vorführeffekt vermuten lies, kam nun jenes genannte Digimon aus einer Baumkrone wieder auf Monmon zugeflogen und beide krachten ineinander.

„Calu! Das ist Yanmamon!“; rief Calumon und schien plötzlich total aufgeregt. „Oh nein, es ist wahnsinnig, calu… genau wie Raremon vor wenigen Tagen“, fügte es leise und bedauernd noch hinzu. Doch Cathy sah ihr Digimon mit besorgtem Gesichtsausdruck an. Monmon sah fertig aus. Und schnappte nach Luft, hatte Kratzspuren und andere leichte Verletzungen. Ein Auge hatte es zugekniffen, als hätte es einen Schlag darauf einstecken müssen.

„Monmon…“, hauchte Cathy leise und merkte selbst gar nicht, dass sie langsam immer näher trat. Ihr Digimon so fertig zu erleben machte sie irgendwie fertig.

„Bleib stehen habe ich gesagt!“; rief ihr Digimon und klang sogar fast wütend.

„Aber…“, begann sie doch Monmon fiel ihr ins Wort:

„Geh los und ruf die anderen! Dustin, Chris, Steve, egal, Hauptsache ein digitiertes Digimon oder eines, was das kann! Ich halte es solange auf!“ Mit diesen Worten stieß es Yanmamon von sich weg, doch dieses fing sie nur Sekunden später und hob erneut ab.

„Du bist ja immer noch da, geh!“, rief das grüne Affendigimon und zog seine Schleuder um zu zielen. Cathy ging einige Schritte zurück und zog ihr Handy.

„Ich habe kaum noch Guthaben… aber für eine SMS reicht es noch. Hoffentlich ist Dustin noch wach.“ Während sie sich versuchte auf die Nachricht zu konzentrieren, konnte sie die Kampfgeräusche hören. Monmon musste dieses Yanmamon mit seiner Waffe vom Hals halten. Endlich, als sie die Nachricht versendet hatte, wandte sie den Kopf. Sie sah noch, wie ihr Digimon einen Schuss abfeuerte, doch schon in der nächsten Sekunde war Yanmamon nah genug heran geflogen, um ihm einen Schwinger mit dem Schweif zu verpassen. Die Kraft ließ Monmon erneut fliegen, diesmal genau auf Cathy zu. Das Mädchen breitet die Arme aus und fing ihren Partner gekonnt im Flug auf.

„Monmon, ich hab dich, keine Angst!“ Das Summen von Yanmamons Flügeln kam schnell näher. Sie sprang zur Seite, ins nächst beste Gebüsch. Calumon klammerte sich fest an einen Träger ihres Tops und zusammen fanden sie sich zwischen Blättern und Zweigen wieder. Das Libellendigimon drehte ab und erhob sich wieder in die Luft. Sie konnten hören, wie es über ihnen seine Kreise zog. Monmon saß, an Cathy gelehnt, auf ihrem Schoß und zuckte heftig, offenbar vor Erschöpfung und Schmerzen. Seine Schleuder lag noch außerhalb des Busches.

„Tut dir was weh?“, fragte das Mädchen besorgt und strich ihrem Digimon sanft über den Kopf. Dieses stieß ihre Hand leicht bei Seite.

„M-Mir geht’s gut… ich kann weiter machen, wirklich. Du musst gehen“, sagte es, versuchte aufzustehen, doch sackte sofort wieder ein. Cathy hielt es fest und meinte schon fast gereizt: „Nun halt still! Wieso versuchst du andauernd diese hirnrissigen Aktionen? Lass mich doch um dich kümmern, Herr Gott.“ Das Digimon sah sie an. In seinen Augen stand die pure Entschlossenheit.

„Ich will beweisen, dass auch ich kämpfen kann. Ständig stehe ich sinnlos daneben und sehe zu, wie Kotemon und Bearmon digitieren. Weißt du wie sehr das schmerzt? Zuzusehen wie alle langsam reifer und stärker werden, nur du selbst weißt genau, dass du niemals diese Stufe an Reife erreichen kannst?“ Es klang während es sprach gereizt, fast wütend und ballte die Fäuste. Sein Gesicht änderte von zornig in fast verzweifelt.

„Ich habe mich zwar für sie gefreut, aber wieso kann ich nicht auch nützlich sein? Wieso stehe ich immer nutzlos daneben? Wieso scheint alles an mir vorbeizugehen? Wieso bin ich nur so schwach? Wieso… Wieso habe ich das Gefühl ganz alleine dazustehen?“ Es hielt inne obwohl es weiterreden wollte. Cathy hatte ihre Arme um ihr Digimon geschlungen und drückte es an sich. Es wehrte sich nicht einmal. Etwas war anders. Ihr Griff war fordernd, aber nicht fest.

„Ich weiß, was du meinst… glaub es mir“, hauchte sie leise genug, dass Monmon und Calumon es hören konnten.

„Ich weiß nicht ob du es bemerkt hast, aber ich fühle mich sehr schnell einsam. Wenn ich niemanden um mich habe fühle ich mich allein und verlassen. Deshalb bin ich immer mit anderen zusammen und will sie eigentlich ständig um mich haben. Ich will nicht, dass man mich im Stich lässt. Sie wie mich damals meine Großmutter verlassen hat. Sie war schon sehr alt weißt du, sie ist damals gestorben. Doch da meine Eltern früher oft weg waren, habe ich die meiste Zeit bei ihr gelebt. Und plötzlich… ja, sie war einfach nicht mehr da. Ihre Zeit war abgelaufen.“ Das Digimon merkte wie etwas Nasses an seinen Schultern runter lief. Weinte sie etwa?

„Aber genau deshalb habe ich Angst vor engen Kontakten. Irgendwann wird dieser Mensch vielleicht auch nicht mehr da sein, wie auch immer sich das zeigt. Und als du plötzlich weg warst… ich hatte Angst dich auch noch zu verlieren, verstehst du? Ich will nicht, dass mich jemand alleine zurücklässt.“ Nun konnte auch das Digimon sich nicht mehr halten. Eine Träne lief ihm die Wange runter und es sagte fast zittrig: „I-Ich… Ich hatte keine Ahnung… aber… aber eines kannst du mir glauben, Cathy. Ich werde dich niemals alleine lassen, fest versprochen. Wir zwei sind Partner.“ Es befreite sich aus ihrem Griff und stand leicht keuchend auf. Sie wischte sich die Augen trocken.

„Soll das also heißen… du bist zurückgekommen weil…“, begann Monmon langsam und sah ihr dabei nicht in die Augen. Sie nickte, als wüsste sie was es fragen wollte und sagte: „Ja, ich habe mir große Sorgen um dich gemacht. Du findest mich jetzt sicher bescheuert oder?“, fragte sie, hielt sich schon selbst für eine dumme Heulsuse und sah ebenfalls bei Seite.

„Nein…“, begann das Digimon und sie sah langsam wieder zu ihm. Es stand genau vor ihr und nahm ihre Hand.

„Ich will mich bei dir, dafür bedanken. Und ich bin froh, dass du mir das alles erzählt hast. Ich weiß nun, was ich zu tun habe. Du wartest hier, Calumon, du auch.“ Es ließ sie los und rannte aus dem Busch.

„Nein warte!“, rief das Mädchen, stand auf, Calumon griff sich diesmal an ihre Hose und sprang nun auch aus dem Gebüsch.
 

Etwas sprang auf seinem Bauch auf und ab. Dustin öffnete langsam die Augen. Erst dachte er, es wäre wieder Calumon, was an Schlafstörungen leiden würde, doch es war ein kleiner, flauschiger, schwarzer Pelzball mit Ohren und gelben Augen.

„Bota, Bota!“, rief Botamon freudig und hüpfte weiter. Garantiert wollte Botamon wieder mit Calumon spielen und war deshalb herüber geschlichen.

„Och Botamon… geh zurück zu Mama ins Bett und schlaf weiter… was willst du denn?“; fragte der Junge und setzte sich auf und das hyperaktive Digimon aus der Luft zu fangen. Erst jetzt merkte er, dass es etwas im Mund hatte. Hatte es genascht? Als es anfing auf dem etwas rumzukauen, konnte er sehen, dass es sein Handy war.

„Ah, lass das los Botamon, das ist nichts zu essen“, sagte Dustin und zog mit leichter Kraftaufwendung das kleine Gerät aus dem Mund des Digimon heraus. Dieses blinzelte nur verwirrt und fing an zu schmollen. Kotemon war ebenfalls aufgewacht, allerdings eher durch das rütteln der Bettmatratze. Leise gähnte es auf und fragte verschlafen: „Was ist denn los?“

„Leg dich ruhig wieder hin. Botamon ist hat sich nur wieder raus geschlichen. Ich bringe es eben zurück und… Moment, ich habe eine SMS?“ Interessiert öffnete er die Nachricht und las sie durch.

„Wo ist eigentlich Calumon?“; fragte Kotemon interessiert und sah sich um. Dustin sprang auf. Als ihn sein Digimon verwirrt anstarrte meinte er nur knapp: „Cathy und Monmon haben Probleme. Wir müssen schnell los, aber leise…“
 

„Calu, das ist zuviel für mich… ständig dieses wegducken und wieder in Sicherheit springen…“, meinte Calumon und schien ein wenig ausgepowert zu sein, da es sich die ganze Zeit mit voller Kraft an Cathys Kleidungsstücken festgeklammert hatte. Diese war schon ein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden. Da sie sich ständig aus der Gefahrenzone bringen musste, verfing sie sich des Öfteren in Ästen oder ähnlichen Hindernissen. Doch konnte und wollte sie Monmon nicht einfach hier stehen lassen und Hilfe holen. Dieses beschäftigte Yanmamon so gut es konnte, doch langsam zeigten sich die Erschöpfung und der Schmerz der Schrammen. Cathys Sorge stieg von Sekunde zu Sekunde. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, was mit Monmon passieren könnte.

„Calu?“ Etwas in ihrer Tasche erregte offenbar Calumons Aufmerksamkeit, doch das bekam Cathy nicht mit. Monmon stolperte nach hinten.

„Nein, Monmon, pass auf!“, rief das Mädchen und rannte aus Reflex los.

„Nein, bleib weg!“, rief ihr Digimon und sprang auf, doch Yanmamon hatte es gar nicht mehr im Visier. Im Sturzflug änderte es die Richtung und steuerte auf Cathy zu. Für diese blieb die Zeit kurz stehen. Monmon war gesprungen und hatte die Schleuder erhoben um zuzuschlagen, doch Yanmamon war fiel zu nahe an ihr dran und viel zu weit von ihrem Digimon weg. Ein kurzer, aber heftiger Schmerz durchzuckte ihre Magengegend. Mit dem Kopf voran war das böse Insektendigimon in ihren Bauch geflogen und ließ sie nach hinten fallen. Sie rutschte wenige Meter über den Boden und spürte wie sie sich ihre Ellenbogen und zum Teil ihren Rücken auf dem Boden aufriss. Schmerzhaft stöhnte sie auf, richtete sich aber auch wieder auf. Calumon hatte es sogar noch etwas weiter weggeschleudert, allerdings auf eine weiche Grasstelle.

„Cathy!“, rief das grüne Affendigimon und blieb schliddernd vor ihr stehen. Es sah sie besorgt an.

„Geht es dir gut? Hat es dir sehr wehgetan?“ Sie schüttelte nur den Kopf, doch Monmon konnte das Blut sehen, was ihren Unterarm hinab lief.

„Wieso machst du so was? Ich als dein Digimon muss dich beschützen, aber wieso mischt du dich ein?“, fragte es und sie sah ihr Digimon mit einem gezwungenen Lächeln an und sagte mit zitternder Stimme: „D-Das sa-sagte ich doch bereits… ich mache mir eben Sorgen um dich, du kleiner Plüschaffe…“ Monmons Mund stand offen doch es sagte nichts. Langsam schloss es den Mund und ließ den Kopf leicht hängen.

„Danke… das bedeutet mir viel. Du bedeutest mir viel“, sagte es und wandte sich um. Yanmamon war erneut in den Sturzflug gegangen und schoss auf sie zu. Doch Cathys Partnerdigimon machte keine Anzeichen sich von der Stelle zu bewegen. Zu Cathy sagte es noch leise: „Ich will nicht, dass du dich noch weiter um mich sorgen musst.“ Dann riss es die Arme hoch und rief laut: „Du wirst ihr nicht noch mal wehtun, hörst du! Lass deine hässlichen Arme von ihr! Sonst nehme ich dich auseinander!“

„Monmon, pass auf!“, rief Cathy und musste die Augen schließen. Ihre Gedanken fuhren Karussel. Wieso kam niemand um zu helfen? Das Summen war nun so laut, dass Yanmamon nur wenige Meter entfernt sein musste.

„Monmon!“, rief sie noch mal doch sie wusste, dass es stehen bleiben würde.

„Calu! Dieses Licht!“, rief Calumon aus der Ferne und Cathy riss ihre Augen auf. Ein Fehler, denn das Licht, was von ihrem Digimon ausging, ließ sie sofort wieder wegsehen. Doch sie konnte eine Stimme hören. Monmons Stimme: „Keine Panik Cathy. Ich hol uns sicher hier raus. Ich werde dafür sorgen, dass du dich nie wieder um mich sorgen musst. Monmon digitiert zu Hookmon!“ Das Licht erlosch, doch Cathys Blick war noch immer leicht verschwommen.

„Aus dem Weg!“, rief Hookmon, holte mit seinem Harken aus und schlug das irritierte und leicht blinde Yanmamon bei Seite. Krachend landete es gegen einen Baum und dieser fiel zusammen. Langsam konnte das Mädchen wieder etwas sehen. Vor ihr stand mit dem Rücken zu ihr ein manngroßes Digimon, mit großem Harken an der einen und einer Kanone an der anderen Hand. Es war als Pirat gekleidet und trug sogar eine Augenklappe. Es wandte sich ihr zu.

„Monmon?“; fragte sie verwundert und das Digimon nickte.

„Bleib liegen Cathy… das wird nicht lange dauern. Nun bin ich stärker als dieses Insekt“, sagte Hookmon und sah zu der Stelle an der Yanmamon verschwunden war. Etwas an Hookmons Stimme war anders als an Monmons. Es klang stolzer, selbstsicherer und mutiger. War das normal wenn ein Digimon digitiert war? Yanmamon stieg blitzschnell in die Höhe und raste auf Hookmon zu. Kleine Blitze züngelten sich um seine Flügel. Diesmal meinte es ernst. Hookmon hob seine Kanone. Ein Klicken, als würde es diese Entsichern war zuhören und es zielte.

„Ich, Hookmon, bin ein Meisterschütze, der niemals sein Ziel verfehlt. Du, Yanmamon, hast meine Cathy verletzt, das wird nicht unbestraft bleiben. Hoffentlich wirst du wieder als gutes Digimon wiedergeboren. Kapitänen Kanone!“ Der Schuss war laut, aber saß. Die Kugel schien erst durch Yanmamon hindurch zufliegen, dann wurde aus dem Flug, ein Fallen. Es schlug auf den Boden auf und verwandelte sich in ein Digiei.

„Calumon, warte Cathy, ich helfe dir. Ich heile dich, es wird aber etwas dauern, bleib kurz sitzen.“ Während Calumon anfing sie zu heilen, sahen sich Cathy und Hookmon, was sich vor sich gesetzt hatte in die Augen. Sie lächelte und sagte: „Nun bist du nicht mehr nutzlos, freust du dich?“ Es nickte und sah seinen Harken und seine Kanone an.

„Ich finde du siehst cool aus. Etwas seltsam, aber cool“, fügte sie noch hinzu und genoss den sowohl leicht beschämten als auch schmollenden Ausdruck in seinem Gesicht. Dustin traf ein, nachdem Calumon mit der Heilung fertig war. Schlafend, trug Cathy es auf dem Arm und Yanmamons Ei lag vor ihr auf dem Boden. Hookmon stand neben ihr.

„Wow, Monmon?“, fragte Kotemon und sah zu dem Piraten auf. Dieser nickte nur.

„Nicht schlecht. Nette Waffen. Aber was soll dieser dämliche Hut?“, fragte Kotemon und Hookmon lief rot vor Wut an.

„Das ist ein Kapitänshut! So etwas tragen die Kapitäne eines Schiffs, du Banause!“ Kotemon kicherte.

„Toll, nun haben wir drei Digimon, die digitieren können. Ich nehme Calumon mal wieder mit“, sagte Dustin und nahm Cathy das kleine Digimon ab. Das Mädchen hob das Ei auf und mit Hookmon neben sich machte sie sich auf den Heimweg, nachdem sie sich von Dustin und Kotemon verabschiedet hatten.

„Man bin ich müde, du auch? Nanu?“ Hookmon war weg. Erst Sekunden später sah sie hinab. Es war wieder zu Monmon zusammengeschrumpft.

„Ich bin auch müde“, sagte es und gähnte.

„Soll ich dich tragen?“, fragte sie und Monmon schüttelte den Kopf.

„Nein, nicht nötig. Aber… kann ich heute bei dir im Bett schlafen, statt auf meinem Sessel?“; fragte es und lief leicht rosa an. Cathy lächelte glücklich und sagte leise und ernst gemeint: „Nicht wäre mir lieber, als das.“

Die Planung

Es hatte nur wenige Anrufe benötigt, um die Gruppe von Kindern und Digimon ins Versteck zu bestellen in dem Dustin, dessen Vater, Agent Anderson und Kotemon und Calumon bereits auf alle warteten. Der Agent machte einen genervten, verzweifelten aber vor allem einen müden Eindruck. Ringe zierten auf unschöne Weise seine Augen und er sah aus wie jemand, der schon lange keinen Kaffee mehr getrunken hatte und es gewöhnt war täglich welchen zu trinken. Als sich alle eingefunden hatten, räusperte sich Anderson leise und alle sahen ihn an.

„Tja Kinder… wo soll ich bloß beginnen? Ihr habt sicher alle die Nachrichten gesehen. Ja es ist wahr, Digimon sind aufgetaucht. Insgesamt sind fünf Städte betroffen. Eigentlich sechs aber wie ich hörte, haben Cathy und ihr Digimon dies letzte Nacht erledigt.“ Er machte eine kleine Pause in der Cathy und Monmon, welches auf ihrem Schoß saß, viel sagende Blicke tauschten und sich anlächelten. Danach fuhr der Agent fort: „Und wir sehen uns leider gezwungen euch in jene Städte zu schicken und nach dem Rechten zu sehen. Wenn es ein muss, vielleicht sogar mit euren Digimon zu kämpfen. Natürlich werdet ihr mit allem ausgerüstet und versorgt auf Kosten des FBI. Zum Beispiel mit Hotelzimmerbezahlung oder anderem, was ihr in Anspruch nehmen müsst. Ihr werdet über diese Zeit vom Unterricht befreit und habt bis zu einem gewissen Punkt die allzeit beliebte Handlungsfreiheit. Sobald sich Omega irgendwie einmischt, bringt ihr euch in Sicherheit, klar? Ihr solltet am besten schon heute los fliegen. Da es fünf Städte sind, solltet ihr besser aufteilen.“ Alle sahen sich an. Sie waren sechs Digiritter und sechs Tamer.

„Eine gerade Zahl wie die Zwölf auf eine ungerade Zahl aufzuteilen dürfte schwer werden“, murmelte Kurt leise. Sie sahen sich ihre Digimon an. Devimon und Lynxmon waren die stärksten, schon digitierten Digimon. Gekomon, Kougamon und Kiwimon folgten und als schwächstes fiel Numemon aus.

„Vielleicht sollte Marie lieber zuhause bleiben?“, meinte Stella und sah fragend in die Runde.

„Auf keinen Fall!“, antwortete das kleine Mädchen und umarmte ihr Numemon.

„Wir wollen mit. Numemon ist ein guter Spürhund, es kann sich überall durchquetschen.“ Bei dem Wort Spürhund, warf das Digimon seiner kleinen Tamerin einen verwirrten Blick zu, nickte aber dennoch.

„Stimmt schon, das ist ein Argument“, sagte Steve und Marie grinste. Kurt, Steve und Dustins Vater saßen sich zusammen und versuchten offenbar eine Aufteilung zusammenzustellen. Dann stand Kurt auf und las die Liste vor:

„Also wir haben uns folgende Gruppierungen überlegt. Nick mit Gekomon, May und Betamon, Cathy mit Monmon. Dann, ich mit Elecmon, Steve mit Lynxmon und Thomas mit Kiwimon. Als nächstes Chris mit Bearmon, Stella mit Devimon, Kevin mit Kougamon und Marie mit Numemon. Bleiben nur noch Dustin und Holly als Zweierteam, kommt ihr zwei alleine zurecht?“ Hollys Gesicht wurde leicht rosa.

„W-Wie? Dustin und i-ich, alleine?“, stotterte sie leicht und Cathy konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch dann ließ alle ein schrilles Kreischen zusammenzucken.

„Hey, vergesst uns nicht! Wir leben auch noch, auch wenn wir auf Klassenfahrt waren!“ Ein blondes Mädchen und ihr Digimon stürmten das Versteck.

„Oh? Vanessa… an dich hatten wir gar nicht mehr gedacht“; meinte Kurt kleinlaut und fing sich von dem Mädchen einen bösen Blick ein.

„Da sind Lekismon und ich nur zwei Tage weg und ihr vergesst uns alle einfach?!“, rief Vanessa und ruderte wild mit den Armen. Lekismon schniefte laut auf und vergrub das Gesicht in den Händen.

„Waren wir so nutzlos, dass wir vergessen werden mussten?“, fragte es und rieb sich die Augen. Kurt seufzte und hob seine Stimme wieder an: „Schon gut, Vanessa und Lekismon, ihr beiden geht mit Dustin und Kotemon und Holly und Penguinmon. Obwohl mir grade auffällt, dass wir dann nur vier Teams haben… gut, zwei Teams müssen nur aus zwei bestehen. Vanessa, Planänderung, du und Lekismon, ihr bildet mit Chris und Bearmon Team 5, alles klar? Okay, das wären dann Team 1, 2, 3, 4, 5, in der Reihenfolge wie sie gerade aufgerufen wurden. Team 1 flieg nach New York, da es dort viel Wasser für Gekomon und Betamon als Versteck gibt und für Monmon hohe Gebäude. Team 2 geht nach Memphis, da dort ein schnelles Digimon ist, brauchen wir auch schnelle Digimon, Team 3 nach Los Angeles, Team 4 nach Miami und Team 5 nach Springfield.“ Chris konnte sich vor Freude kaum halten.

„Ich bilde mit der süßen Vanessa ein Team“, flüsterte er wieder und wieder zu sich und sein Grinsen wurde immer breiter. Bearmon schüttelte nur den Kopf und auch Cathy konnte nur genervt die Augen verdrehen. Agent Anderson meldete sich nun erneut zum Wort.

„Gut, wo das geklärt ist. Hier, nehmt euch eure Flugtickets und das zur Verfügung gestellte Geld. Verstaut das alles sicher. Hier sind auch noch spezielle Funkgeräte, mit denen wir in Kontakt bleiben. Eure Flüge gehen heute Nachmittag. Ich muss wieder los, es wartet viel Arbeit. Und euch allen viel Erfolg, kommt gesund zurück, das ist das Wichtigste. Und vergesst nicht, haltet euch von Omega fern.“ Damit nickte er in die Runde und ging hinaus.

„Hey das wird super“, sagte Dustin und legte einen Arm um Holly, mit dem anderen hielt er Penguimon und Kotemon hoch. „Wir Vier schaffend as schon. Dieses Kabuterimon finden wir im Handumdrehen.“ Während Holly leicht beschämt zu Dustin schielte zog Calumon um die Gruppen seine Kreise.

„Calu, mit wem soll ich denn mit, calu?“ Alle wurden ruhig. Auch Calumon wurde nicht mitbedacht.

„Du bleibst zuhause und hältst mit uns Kontakt“, sagte Devimon und alle nickten zustimmend. Das kleine Digimon überlegte kurz, dann nickte es auch und sagte: „Gut calu, aber wenn ihr Tamerdigimon Hilfe braucht, sagt bescheid und ich kann euch vielleicht digitieren lassen. Die Digiritterdigimon digitieren ja quasi von selbst, bei euch ist das ja alles mit hartem Training verbunden, calu.“

„Das wird nicht nötig sein, Calumon“, meinte Lynxmon überzeugt und fuhr seine Krallen aus. „Das schaffen wir schon. Mal abgesehen davon, dass ich eh nicht weiter digitieren könnte. Nach dem Armorlevel kommt nichts mehr.“ Devimon kicherte besserwisserisch.

„Irrtum mein Freund. Zwar heißt es, das Armorlevel wäre das Ende, aber das stimmt nicht ganz. Mit Calumon Licht wäre es dir durchaus möglich zu digitieren. Nur zu was, das ist eine andere Frage“, sagte es und genoss den Gesichtausdruck von Lynxmon.

„Naja wie dem auch sei, lasst uns packen gehen und unsere Eltern anlügen…“, meinte Kevin und ging mit einem Großanteil der anderen hinaus. Als Dustin und sein Vater zuletzt das Versteck verließen ließ sein Vater ein Räuspern vernehmen.

„Junge, du…“

„Ich weiß Dad“, sagte Dustin und lächelte. „Ich werde auf mich, Holly und die Digimon aufpassen. Wir handeln nicht unüberlegt und Omega werden wir versuchen auszuweichen, schon klar.“ Doch der Ältere räusperte sich erneut.

„Eigentlich… wollte ich eher sagen… also du hast natürlich Recht, aber eigentlich… wollte ich sagen… dass das deine Chance ist.“ Der Junge blinzelte verwirrt. Der Vater kicherte, kramte in seiner Tasche und drückte seinem Sohn etwas in die Hand.

„Verrate deiner Mutter nichts davon, aber nimm es trotzdem mit, nur zur Vorsicht, ich weiß dass das heutzutage voll normal ist.“ Er ging weiter und Dustin sah auf seine Hand. Es war etwas sehr kleines und flaches und rundes, dass in Folie eingeschweißt war. Nach wenigen Sekunden wusste er, was das war und lief tomatenrot an.

„Argh! Dad, was soll das? Du glaubst doch wohl nicht, dass ich mit ihr... oh mein Gott! Was denkst du bloß? Mist, nun habe sicher dumme Träume… Ich bin doch erst 14! Gib es zu, das machst du nur um mich zu ärgern!“ Doch sein Vater fing nur laut an zu lachen.
 

Ihr Ziel, der Fort McCoy Airport, lag ein paar Autofahrtstunden von High Springs entfernt. Gefahren wurden sie von Wagen des FBI. Für die Digimon hatten zwei Wagen jeweils einen großen Anhänger hinten befestigt. Maria hatte ihre Eltern anlügen müssen um mitfahren zu dürfen. Sie hatte gesagt, es wäre eine spontane Aktion ihres Pfadfinderclubs. Etwas Ähnliches mussten Kurt und May auch gesagt haben. Nick war mit der Ausrede verschwunden, dass er bei Thomas übernachten würde und Thomas hatte wiederum gesagt, er wolle mit Nick und Kevin zelten. Vanessa, Stella und Steve hatten keine Probleme gehabt. Dustin hatte auch deshalb nur ohne weitere Schwierigkeiten gehen dürfen, da sein Vater, Rose die Situation genau erklärt hatte. Holly, Cathy und Chris hatten nichts gesagt wie sie es geschafft hatten. Dustin vermutete, dass Chris einfach gegangen war, da sein Vater eh selten zuhause war. Einige schliefen während der Fahrt ein, darunter auch May, die ihren Kopf auf Kurts Schulter gelegt hatte und leise durch den Mund atmete. Kurt hatte seinen Kopf wiederum leicht auf ihren gelegt, seine Augen waren geschlossen, jedoch war er wach. Das merkte man daran, dass seine Atmung nicht langsamer war und er sich hin und wieder kratzte. Dustin beobachtete die zwei eine kurze Zeit und musste lächeln. Früher hatte er sich ein kleines Geschwisterlein gewünscht. Jemand, auf den er aufpassen und dem er was beibringen könnte.

„Ist was mit den beiden oder guckst du sie so fasziniert an?“, fragte jemand leise von links und Dustin wandte den Kopf. Holly saß neben ihn und hatte offenbar diese Frage gestellt. Als er sie einem verwirrten Gesichtsausdruck ansah fügte sie noch schnell hinzu: „A-Aber wenn du nichts sagen willst, ist das auch okay. Ich hatte ja nur gefragt, ich bin schon ruhig.“

„Nein, nein“, begann er sofort und winkte ab. „Aber mir ist nur grade wieder eingefallen, dass ich als kleiner Junge unbedingt einen Bruder oder eine Schwester haben wollte.“ Sie nickte und meinte dann unter einem Gähnen: „Ging mir mal genauso. Aber meine Eltern ließen sich dafür nicht überreden.“ Danach kicherte sie etwas und auch Dustin musste schmunzeln.

„Glaubst du… dass wir kämpfen müssen? Ich meine was bisher im Fernsehen zu sehen war, sah nicht nach gewaltigen Digimon aus. Sie sind immer geflohen“, sagte sie dann leise und sah aus dem Fenster.

„Schon möglich. Aber selbst wenn, das werden wir schon hinkriegen“, meinte er lässig, verschränkte seine Arme hinterm Kopf und lehnte sich an um es sich bequem zu machen. Hollys Gesicht wurde etwas traurig.

„Typisch Jungs. Immer nur draufhauen“, dachte sie und eh sie es laut aussprechen konnte fügte Dustin mit müder Stimme hinzu: „Aber natürlich versuchen wir es erstmal auf die friedliche Art. Ich habe ehrlich gesagt, seid der Sache mit Sealsdramon keine wirkliche Lust noch mehr Lebewesen sterben zu sehen, auch wenn sie nur zu einem Ei werden und wieder ausschlüpfen.“ Er wurde immer leiser je mehr er sprach. Sie fing wieder leicht an zu lächeln. Sie war froh, dass es offenbar sogar unter den Jungs jemanden gab, der so ähnlich dachte wie sie. Ein leises Schnarchen verriet, dass nun auch Dustin weggenickt war.

„Sag mal, was läuft zwischen dir und dem Loser?“ Holly zuckte überrascht zusammen und sah nach links. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass Stella wieder wach war.

„Äh, wie meinst du das?“, fragte sie mit leicht geröteten Wangen und Stella hob beide Brauen an.

„So wie ich es sage. Wieso wirst du denn rot? Habe ich ins Schwarze getroffen?“, fragte die andere und mit einem breiten Grinsen fügte sie hinzu: „Das ist ja fast wie im Manga. Das schüchternste Mädchen kommt fast immer mit dem Abenteuerlichsten zusammen. Auch wenn es in unserem Fall der Loser neben dir ist.“ Dabei deutete sie mit einem Kopfnicken zu Dustin rüber.

„Er ist kein Loser, hör auf ihn so zu nennen.“, zischte Holly und schien leicht aufgebracht. „Nimm das sofort zurück. Was hast du eigentlich gegen ihn?“ Stella kicherte. Täuschte Holly sich oder war eine Art Triumph in dem Gesicht des anderen Mädchens zu sehen.

„Irgendwie alles“, begann sie und sah Holly dabei tief in die Augen. „Sein Aussehen, seine Persönlichkeit… alles eben. Und insbesondere hasse ich seine Art, niemals aufgeben zu wollen, egal was kommt. Er ist einer derjenigen, die früh sterben werden.“ Holly wurde wütend, auch wenn sie nicht ganz genau wusste was ihr mehr gegen den Strich ging. Stellas Arroganz oder die Art wie sie über Dustin sprach.

„Wo wir doch grade über Gefühle reden, was ist denn mit Steve und dir los, da scheint doch auch was im Busch zu liegen“, meinte Holly und funkelte Stella an. Diese streckte kurz ihre Beine aus, dann sagte sie unberührt: „Das ist ein offenes Geheimnis. Ich bin total in ihn verschossen, weil er mich so nehmen kann, wie ich bin. Umgekehrt weiß ich es zwar nicht, aber wieso sollte ich lügen? Ich bin total in ihn verknallt. War es das was du hören wolltest?“ Holly war noch röter geworden. Dass Stella auf einmal so offen über sich und sogar über ihre Gefühle sprach, war so überraschend gekommen, dass Holly den Faden total verloren hatte. Das andere Mädchen grinste.

„Ich glaube, ich muss mich entschuldigen“, sagte sie und Holly stutzte.

„Wieso musst du dich… natürlich musst du das“, sagte Holly. Stella kicherte.

„Nein, so meine ich das nicht. Ich hasse wirklich seine Verbissenheit, aber der Rest ist ganz okay. Ich wollte nur etwas mehr über dich herausfinden und da dachte ich, ich versuche es auf diese Weise.“ Offenbar war etwas von Devimon auf Stella abgefärbt. Beide hatten diese Psychotricks perfekt drauf, mit denen sie sich Informationen beschaffen konnten. Holly seufzte schwer und sagte leicht beleidigt: „Und was wolltest du nun wissen? Wieso fragst du nicht einfach?“

„So etwas kann ich nicht einfach fragen. Es geht um dein Wappen. Es steht für Zuneigung, nicht wahr? Deshalb dachte ich, wenn ich es schaffen könnte deine Gefühle freizulegen, indem ich einen deiner Freunde angreife, würde sich dort etwas tun. Bisher bist du mir nämlich nicht sonderlich als aktiv aufgefallen, eher als eine Mitläuferin.“ Stella sprach ganz offen und das genau das ging Holly irgendwie gegen den Strich. Es war die Art wie Stella sprach, so besserwisserisch und zugleich arrogant.

„Willst du damit sagen ich sei feige und Penguinmon ist schwächlich?“, fragte sie und Zornesröte stiegen ihr erneut ins Gesicht.

„Erstes ja, zweites nein. Ich weiß, dass du sehr schüchtern bist und genau das wird dich noch behindern. Du musst genau wie Dustin, Chris und Cathy lernen offen zu sein. Sowohl für andere, als auch zu dir selbst. Eure Wappen leuchten nur, wenn sie durch eure Gefühle gespeist werden, nur dann können sie die Energie auf eure Digimon übertragen und sie stärken. Wir Tamer haben so etwas nicht und müssen auf unser Digimon vertrauen, ihr Digiritter allerdings könnt etwas bewegen. Erinnerst du dich noch an May und ihr ausreißen? Sie wird ihr Wappen schneller zum leuchten bringen als du, denn sie sucht bereits nach seiner Bedeutung.“ Stella sprach die ganze Zeit leise, aber verständlich. Holly wurde immer wütender. Was bildete sich diese Gothictante eigentlich ein? In der nächsten Sekunde tat ihr allein schon der Gedanke wieder leid. Was zum Teufel war bloß los mit ihr? Sie doch sonst nie so.

„Du hast einen langen Weg vor dir“, sprach Stella weiter und Holly sah sie an. „Du hast es gerade gemerkt oder? Ich glaube, in dir stecken zwei Hollys. Die eine ist lieb und nett, aber die andere ist aggressiv und wartet nur auf eine Gelegenheit die Oberhand zu gewinnen. Aber erst wenn du es schaffst dir selbst treu zu sein, kannst du auch anderen Leuten positive Gefühle entgegen bringen. Du musst über deinen Schatten springen und vielleicht sogar zu einigen Leuten ehrlicher sein, als du es eigentlich sein willst.“ Hollys Augen waren voller Erstaunen.

„Woher weißt du… was ich gerade gedacht habe?“, fragte sie und es war eher ein Hauchen. Stella machte ein trauriges Gesicht, dann sah sie wieder ernst.

„Weil ich, das von mir selbst kenne. Auch ich habe zwei Seiten, weißt du? Nur Steve bringt es fertig, mich auf der Bahn zu halten und deshalb wünsche ich mir, dass er mein Mann wird.“

„Mann?“ Holly staunte. „Du denkst schon so weit?“

„Ja, denn es ist das einzige im Leben, was ich habe. Meinen Traum, von einer Familie. Meine Eltern haben nie Zeit und meine Großeltern wohnen zu weit weg. Ich bin quasi ständig alleine, nur Devimon und Steve sind hin und wieder bei mir und deshalb werde ich diese zwei niemals loslassen. Ich kann das ganz offen sagen, denn wieso sollte ich mich für meine Gefühle schämen, wenn sie ernst gemeint sind?“ Holly konnte nur nicken.

„Da hast du wohl Recht. Gefühle können niemals falsch sein, man muss nur wissen wie man sie am besten ausdrückt“, flüsterte sie und Stella lächelte.

„Genau, du verstehst. Dann weißt du sicher auch, was du tun musst um dein Wappen zum strahlen zu bringen. Sage einfach jemanden wie gern du ihn oder sie hast.“ Holly lief rosafarben an.

„D-Das geht doch nicht…“, meinte sie und sah aus dem Augenwinkel erst zu Dustin, dann zu May, Kurt und den letzten, der noch neben May saß und schlief, das war Nick.

„Du denkst an eine Liebeserklärung oder? Aber du übersiehst etwas. Dein Wappen heißt nicht Liebe, sondern Zuneigung. Zuneigung kann alles möglich sein. Eine Freundschaft ist doch nichts weiter, als die Zuneigung zweier Menschen zueinander, nur ist sie nicht so tief sitzend, wie Liebe, doch letztlich hat Zuneigung viele Formen.“ Nun konnte Holly die Frage nicht mehr zurück halten.

„Wieso erzählst du mir das alles? Wieso willst du mir helfen?“, fragte sie und war sich sicher, dass ein Plan dahinter steckte. Stella schwieg kurz, dann holte sie Luft um zu reden und sagte schließlich: „Sagen wir einfach, ich will etwas herausfinden.“ Noch ehe Holly etwas darauf erwidern konnte blieb der Wagen stehen und die Fahrertür wurde aufgestoßen. Sie hatten den Hayway schon längst hinter sich gelassen und so eben hatten sie den Airport erreicht. Die Seitentür des Kombis wurde schwungvoll aufgezogen und das Sonnenlicht flutete in den Wagen, so dass alle, die geschlafen hatten aufwachten.

„Aufwachen Kinder, wir sind da“, sagte der FBI-Beamte und trat bei Seite, damit sie aussteigen konnten. Dustin fiel gerade, als er einige Schritte gelaufen war, die Frage wieder ein, wie sie denn eigentlich ihre Digimon transportieren sollten. Nun sah er wie die in großen, seltsam aussehen Kisten verpackt waren. Lynxmons, Devimon und Lekismon waren in besonders großen Kisten verstaut.

„Der längste Flug dauert höchstens drei Stunden, solange haltet ihr es sicher aus oder?“, fragte Steve und klopfte leicht gegen den Behälter, in dem sich Lynxmon befand. Zustimmendes Kratzen und Murmeln war aus dem innerem zu hören.

„Okay, Dustin und Holly, euer Flug geht schon in 40 Minuten. Beeilt euch lieber, um eurer Gepäck kümmern wir uns“, sagte ein Beamter und schuppste die zwei geradezu in Richtung Eingang.

„Okay. Leute, viel Glück, wir sehen uns!“, rief Dustin und winkte allen zum Abschied.
 

Kaum, dass er mit Holly am Schalter stand, kam die Vorfreude in ihm hoch.

„Wahnsinn, wie ich mich auf den Flug freue. Ich bin noch nie zuvor geflogen, was ist mit dir?“, fragte er und sah Holly an, die dicht neben ihm stand und sich nervös die Flugzeuge ansah, die vor dem Fenster umherfuhren.

„Nein, ich auch nicht… und irgendwie geht es mir plötzlich nicht so gut…“, sagte sie leise und rieb sich leicht den Bauch.

„Höhenangst oder Flugkrank?“; fragte er leicht besorgt und sie schüttelte den Kopf.

„Dann ist das nur die Aufregung“, fuhr er fort und legte ihr beruhigend einen Arm um. „Keine Sorge, wir sitzen nebeneinander, wenn es schlimmer wird, helfe ich dir, okay?“ Er lächelte sie an und sie nickte nur leicht.

„O-Okay… danke.“
 

„Wuuuahhh! Wieso haben sie mich bloß zurück gelassen, calu?! Ich fühle mich so einsam…“ Calumon jammerte schon die ganze Zeit. Mit feuchten Augen lag es auf dem Küchentisch und starrte die Decke an.

„Calu… wie konnte mich Dustin bloß alleine zurück lassen… calu…“ Jemand beugte sich über das Digimon und dieses blinzelte. Es war Dustins Vater.

„Hey Calumon… kann ich kurz mit dir reden? Vielleicht lenkt es dich sogar etwas ab?“ Das weiße Digimon setzte sich auf und wandte sich ihm zu.

„Na gut, calu, einen Versuch ist es wert.“ Der Mann setzte sich an den Tisch und beugte sich leicht vor um mit Calumon auf Augenhöhe zu sein.

„Die Kinder haben mir gesagt, dass du mal erwähnt hättest, etwas mit der Digitation zutun zu haben. Aber wieso mussten die Kinder es dann bisher alleine machen? Kannst du ihren Partnern nicht einfach die Kraft dazu geben?“ Calumon seufzte schwer.

„Das ist etwas kompliziert, calu… das Problem ist ihr Digivice. Ich könnte die Digimon von Steve, Stella und den anderen ohne größere Probleme die Digitation ermöglichen, aber das Digivice versperrt mir sozusagen den direkten Zugriff auf ihre Evolution, calu. Dustin und die anderen müssen es durch ihre Gefühle schaffen. Gefühle stärken uns Digimon nämlich, weißt du, calu.“ Dustins Vater nickte und fragte: „Verstehe, na gut, aber wieso hast du die anderen dann nicht schon längst digitieren lassen?“ Calumon sah ihn nun etwas ernster an.

„Weil eine Digitation nicht rückgängig gemacht werden kann, calu. Das Digivice kann Energie geben und die Zufuhr unterbrechen, was eine Rückdigitation bewirkt, aber durch mein Licht bleibt das Level konstant, calu. Und außerdem lasse ich niemanden so einfach digitieren.“

„Ach so… sie würden also nie wieder so aussehen wie vorher…“, nuschelte der Mann und das Digimon nickte. Nach einer kurzen Pause fuhr er fort mit: „Aber meine eigentlich Frage lautet wie folgt: Ist dein Licht weit reichend oder hat es nur eine kurze Reichweite?“ Calumon blinzelte kurz verwirrt.

„Ich muss mir das Digimon nur vorstellen, die Reichweite ist unbegrenzt… aber wieso fragst du mich das, calu?“ Dustin Vater lächelte.

„Weil ich da einen Plan habe, wenn es Probleme geben sollte… komm mal mit in mein Arbeitszimmer, ich will dir da was zeigen.“

Kurze Freundschaft

„Ladys and Gentleman, welcome to the Miami Airport. We hope, that you...” Die Lautsprecheransage drang eher dumpf, als gut verständlich durch die Lautsprecher in Dustins Ohren. Der Flug war ohne Probleme und überraschend angenehm verlaufen. Er hatte gedacht, dass ein Flug schlimmer ablaufen würde, aber sie hatten noch nicht einmal leichte Turbulenzen gehabt. Das Gepäck kam auf den Fließbändern durch ein Tunnelsystem angerollt. Dustin hatte alle Mühe sowohl seine, als auch Hollys Taschen rauszusuchen. Holly hatte den Flug nicht so gut verkraftet. Sie war Luftkrank geworden und hatte sich nach der Landung sofort in Richtung der Toiletten begeben. Ab der Mitte des Fluges hatte sie die Augen geschlossen gehabt und sich in ihre Sitzlehne gekrallt. Sie hatte keine Angst gehabt, sie hatte gegen ihre Übelkeit angekämpft. Nach der Landung hatte sie den Kampf dann doch verloren. Zwei große Behälter kamen nun durch den Gang, die leicht zu vibrieren begannen, als sie die Bewegung merkten. Dustin griff beherzt zu und zog die zwei Behälter vom Band. Er öffnete beide, als er sich unbeobachtet fühlte und sah hinein. Im ersten sahen zwei grüne Kulleraugen zu ihm auf.

„Dustin… ich will hier raus…“, jammerte ihm Penguinmon entgegen. Auch das Digimon machte keinen ganz gesunden Eindruck. Der Junge sah sich kurz um, dann nickte er und hob das blaue Digimon aus der Kiste um es auf dem Arm zu halten, wie eine Art Kissen. Kotemon sah ebenfalls kurz aus der Kiste, als es dann aber die Menschen sah, zog es den Kopf sofort wieder ein. Genau wie Dustin, hatte auch Kotemon den Flug gut überstanden. Die Behälter hatten Luftlöcher und nun sah Dustin, dass sich darin auch eine Flasche Wasser und eine leere Dose befand, die wohl noch vor dem Flug mit etwas zu Essen gefüllt gewesen war.

„Wo ist Holly?“, fragte Penguinmon leise und da sich sein Schnabel an Dustins Ohr befand, verstand er es ganz deutlich.

„Auf der Toilette, es geht ihr nicht gut, aber sie kommt gleich“, antwortete er leise und als das Digimon einen leichten Rülpser los lies tätschelte er es am Rücken.

„Mir ist auch noch schlecht… aber es geht wieder einiger Maßen“, sagte Penguinmon und wurde sofort wieder still, als sich ein junges Pärchen an ihnen vorbei bewegte.

„Gut“, flüsterte der Junge und setzte sich mit dem Gepäck auf einen Sitz in der Nähe der Toiletten. Penguinmon und Kotemon setzte er neben sich, jeweils ein Digimon links und rechts von ihm. Klar musste es doof aussehen, dass ein Junge im Teenageralter offenbar mit zwei Kuscheltieren am Flughafen saß, aber was sollte er schon tun? Gerade als er sich für eine der langweiligen Flugblätter begeistern konnte schwang die Tür zu den Frauentoiletten auf und Holly trat hinaus. Ihr Gesicht war zwar immer noch bleich, allerdings kam es ihrer normalen Farbe wesendlich näher als noch vor einigen Minuten. Mit leicht beschämten Gesicht blieb sie vor den dreien stehen und sagte: „Entschuldigung, jetzt können wir gehen.“

„Geht es dir wieder besser?“, fragten die drei synchron, wobei die Digimon eher flüsterten. Sie nickte knapp. Dustin stand auf, reichte Holly ihr Digimon und nahm seine ebenfalls hoch. Dann griffen beide noch ihre Taschen, wobei Dustin noch Hollys zweite mit seinem nahm und gingen los.
 

Miami war eine großartige Stadt. Autos in allen Formen und Farben fuhren auf den Straßen, fröhliche Menschen gingen auf den Bürgersteigen ihre Wege und auf fast allen Seiten konnte man Läden unterschiedlichster Anbieter finden. Cafes sah man fast alle 2 Meter, Lebensmittel- und Mediageschäfte waren ebenso zahlreich vertreten wie Kleidungsläden und Duftwasserboutiquen. Ihr Hotel befand sich nicht weit vom Flughafen. Es war sogar vom Eingang aus zu erkennen. Trotzdem würden sie sicher mindestens 10 Minuten brauchen. Noch hinzukam, dass es bereits dämmerte. Sie gingen die Straße entlang, in der Hoffnung eine Ampel zu finden über die sie die Straße überqueren konnte, als sich Holly zu Wort meldete: „Du kannst mir ruhig meine zweite Tasche geben. Mir geht’s schon viel besser, wirklich.“ Doch Dustin lächelte und schüttelte den Kopf.

„Ich bin etwas aus der Übung. Ein wenig Training tut mir ganz gut. Ich will schließlich körperlich fit bleiben.“ Sein Blick wanderte die Strasse runter. Sie hatten Glück zurzeit fuhr kein Auto.

„Lass uns schnell rüber!“, rief Holly und rannte plötzlich los.

„Warte, nein!“, schrie Dustin, von vorne kam zwar kein Auto, doch von hinten kam gerade ein Sportwagen in hohen Tempo angefahren, doch zu spät. Sie hatte bereits die Mitte der rechten Fahrspur erreicht. Der Wagen hupte, doch wich nicht aus. Holly sah die zwei Lichter, gleich würde es einen schrecklichen Unfall geben.

„Kotemon!“, rief Dustin und sein Digimon sprang, digitierte im Flug, doch das war nicht mehr nötig gewesen. Holly spürte wie sie etwas auf Hüftehöhe traf. Es war fast wie ein umklammernder Griff, von der linken Seite. Die Wirkung reicht um sie noch in letzter Sekunde wegzureißen. Dinohumon blieb stehen, schlidderte wenige Zentimeter über den Boden und fing Holly dann auf. Der Wagen fuhr vorbei und der Fahrer rief ihnen noch eine Beleidigung hinterher. Dustin kam zu ihnen und stutzte. Etwas hatte Holly von der Straße weggezogen. Penguinmon war es nicht, es stand noch so unter Schock, dass es den Kopf wie benommen leicht im Kreis drehte. Was sich da auf Bauchhöhe um Holly geklammerte hielt, war ein Digimon. Es war etwa so groß wie Dustin, vielleicht etwas kleiner, hatte gelbes Fell und sah für ihn aus wie ein Fuchs mit Handschuhen.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte das fremde Digimon und Holly langsam. Dustin hob beide Brauen. Er war es gewöhnt, dass die Stimmen der Digimon eher neutrale Stimmlagen hatten. Dieses allerdings, klang wie ein junges Mädchen.

„V-Vielen Dank.“, stotterte Holly und langsam ließ der Schock auch bei Penguinmon nach. Das Fuchsdigimon erhob sich. Es stand auf den Hinterbeinen. Mit seinen Armen klopfte es sich den Staub aus dem Fell.

„Kein Problem. Pass aber besser auf. Manche Leute hier sind einfach…“ Ein Schrei unterbrach das Digimon und alle wandten sich um.

„Renamon! Da bist du ja!“ Ein Mädchen kam auf sie zu gerannt. Sie musste etwa 16 Jahre alt sein und hatte braune, glatte Haare, deren Länge bis zu ihrem Po hinunter reichte. Im Rennen wirbelten ihre Strähnen im Wind, da sie ihre Frisur offen trug. Wie aus Reflex machte Dustin einen Schritt zur Seite und das erwies nur Sekunden später als sehr vorausschauend. Dann nur etwa 2 Meter vor der Gruppe sprang das Mädchen mit voller Kraft und ihr Flug veränderte sich in einen Hechtsprung. Das gelbe Digimon weitete die Augen und ging einen Schritt vor, dabei ließ es ein lautes: „Bist du verrückt?“ hören und fing nun das Mädchen auf, ehe sie sich bei der Landung wehtun konnte. Obwohl dieses Renamon eher zierlich wirkte, so hatte es scheinbar genug Kraft den Rückstoß ohne Probleme hinnehmen zu können und bewegte sich keinen Millimeter zurück.

„Wieso warst du so plötzlich weg, ich habe dir gesagt, du sollst nicht draußen sein. Zumindest nicht wenn es hell ist“, sagte das Mädchen und stellte sich mit verschränkten Armen vor das Digimon. Dieses hob seine linke Hand und rieb sich leicht beschämt den Hinterkopf.

„Naja also, ich wollte nur…“ Doch ehe Renamon erklären konnte fiel Holly ihr ins Wort: „Es hat mich gerettet. Sei ihm nicht böse, ich wäre fast angefahren worden.“ Nun mischte sich auch Dustin in das Gespräch ein und meinte lässig: „Genau, außerdem verraten wir schon niemanden, dass du ein Digimon hast, wir haben ja selber welche.“ Dabei deutete er erst auf Dinohumon und anschließend auf Penguinmon. Beide nickten synchron. Das Mädchen begann zu lächeln.

„Ach so verstehe, dann ist ja alles gut. Ich bin übrigens Hillary“, sagte sie freundlich und reichte erst Holly, dann Dustin die Hand. Die anderen stellten sich ebenfalls vor und dann blieb Hillarys Blick an Dinohumon kleben, welches sie interessiert ansah.

„Ist etwas?“, fragte es und beugte sich leicht vor um mit ihr auf Augenhöhe zu sein.

„Du bist doch eben digitiert oder? Wie geht das? Ich will Renamon helfen zu digitieren“, sagte sie und Dustin und sein Digimon tauschten viel sagende Blicke.

„Äh… vielleicht verlassen wir erstmal die Straße, ehe ein Passant unsere nette Gruppe entdeckt?“, fragte Renamon in die Runde und so schnell sie konnten verschwanden sie in eine Nebenstraße, die total Menschenleer war.

„Stimmt daran hatte ich gar nicht mehr gedacht“, sagte Holly und setzte kurz ihre Tasche ab. Ein kurzes Leuchten war zu sehen und ein leises Geräusch war zu hören und schon digitierte Dinohumon wieder zu Kotemon zurück.

„Ja, Renamon hat immer so schlaue Geistesblitze“, erklärte Hillary lächelnd und legte einen Arm und ihre Digimon. „Sie ist echt clever wie ein Fuchs oder?“

„Sie?“, fragte Dustin irritiert.

„Ja sie“, sagte Hillary nickend und piekte ihr Digimon leicht in die Seite, worauf dieses zusammenzuckte. Dustin musste kurz überlegen, dann viel ihm wieder Renamons Stimme auf.

„Renamon ist ein Mädchen?“, fragte er und war total verwirrt. Aber dann fiel ihm wieder ein, dass Calumon am Rande erwähnt hatte, dass es durchaus Digimon gab, die geschlechtliche Charaktermerkmale aufwiesen und einige ganz wenige hatten sogar körperlich gesehen geschlechtliche Züge. Allerdings durfte man sich, wie in Devimons Fall, nicht immer darauf verlassen, da Digimon letztlich trotzdem keine Geschlechtsteile entwickeln konnten.

„Natürlich ist sie eins“, meinte das Mädchen und gab ihrem Partner einen leichten Stups auf die Schulter. „Nicht wahr?“ Renamon nickte knapp. Offenbar hielt es von dieser Unterhaltung nicht viel.

„Aber sagt mal, was macht ihr hier? Macht ihr Urlaub, wegen der Taschen? Seid ihr vielleicht sogar in den Flitterwochen?“, fragte Hillary und sah beide zwar lieb, aber auch leicht hämisch an. Holly zuckte kurz zusammen, dann meinte sie leise. „Nein, wir sind aus High Springs und… suchen etwas.“ Das andere Mädchen hob beide Brauen, doch Renamon wurde hellhörig.

„Dieses Beben… ihr sucht das Digimon, welches hier aufgetaucht ist“, erkannte das Fuchsdigimon und die Gruppe nickte.

„Genau, wir wollen es finden und wenn es friedlich ist, werden wir es einfach zurück schicken. Okay, jemand anderes macht es. Wenn es allerdings wahnsinnig oder feindselig ist, werden wir es wohl leider bekämpfen müssen“, erklärte Dustin und vermied es dabei das FBI zu erwähnen.

„Dann haben wir dasselbe Ziel“, schloss Hillary und zum ersten Mal wurde sie kurz ernst. „Auch Renamon und ich suchen es. Habt ihr ein Hotel?“ Die anderen zwei Menschen nickten.

„Ja, wir bleiben wohl nur heute und morgen, höchstens noch übermorgen“, erklärte Dustin. Hillary fing an zu lächeln.

„Wenn wir zusammen arbeiten, sollten wir auch zusammen bleiben. Kommt einfach zu mir mit, meine Eltern sind eh grade verreist. Wir müssten nur vorher einkaufen gehen, meine Vorräte würden nicht lange genug halten.“ Holly sah sie mit großen Augen: „Aber das geht doch nicht. Wir können doch nicht einfach deine Einladung annehmen.“

„Klar könnt ihr das“, sagte das andere Mädchen und grinste. „Immerhin haben wir alle Digimon und Renamon meinte mal, dass nur jene Kinder einen Partner bekommen, die ein reines Herz haben, deshalb brauche ich wohl kaum Angst zu haben. Und überhaupt, ein echtes Zuhause ist viel gemütlicher als ein Hotelzimmer oder? Außerdem gäbe es dann eher die Möglichkeit, dass ihr zwei in getrennten Zimmern schlafen könnt. So bräuchte sich niemand…“ Doch Dustin unterbrach sie sofort mit dem Satz: „Überzeugt, wir kommen mit. Danke schon mal für die Schlafgelegenheit.“ Hillary grinste breiter.

„Gut, wie gesagt, wir müssten erst einkaufen“, sie wandte sich Renamon zu und legte ihm etwas in die Hand. „Hier, die Schlüssel Renamon, geh mit Penguinmon und Dinohumon schon mal vor.“ Kotemon hob eine Hand und sagte laut: „Ich bin jetzt wieder Kotemon, ja.“
 

Nachdem sie den nächsten Supermarkt mit zwei weiteren gefüllten Taschen verlassen hatten, bereute Dustin bereits den Satz, den er während des Zahlens abgegeben hatte. Er hatte damit angeben wollen, dass er es gewohnt war die Einkäufe für die Familie alleine zu tragen. Hillary hatte ihn deswegen sofort zum Packesel degradiert. Gut gelaunt unterhielt sie sich mit Holly auf dem Weg zu ihrem Haus und ein schmollender und langsam, aber sicher schwächer werdender Dustin folgte ihnen. Aber seine Qual hatte schon wenige Minuten später ein Ende.

„So, hier wohne ich“, sagte Hillary und klopfte in einen kurzen Rhythmus an die Tür des Hauses, vor dem sie standen..

„Das ist unser Geheimzeichen“, erklärte sie, als ihr der verwirrte Ausdruck auf Dustins und Hollys Gesicht auffiel. Tatsächlich öffnete Renamon die Tür und hielt sie ihnen auf.

„Du siehst fertig aus“, meinte Kotemon trocken, als sich Dustin mit einem lauten Stöhnen auf den Sessel im Wohnzimmer sinken ließ.

„Ich durfte alle Taschen tragen… ich und meine große Klappe, vom Training habe ich erstmal genug…“, sagte der Junge, lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Kotemon hob kurz die Schultern und verlies den Raum leise. Es wollte mal nachsehen, was die Mädchen taten und ging fast automatisch in die Küche. Seltsamer Weise waren sie tatsächlich dort. Offenbar waren sie beim Essen machen.

„Na? Was macht unser Muskelmann?“, fragte Holly und sah lächelnd zur Tür, durch die Kotemon eben in den Raum gekommen war. Dieses sah interessiert durch das Glas in den Backofen und sagt: „Er scheint gerade eingeschlafen zu sein. Zumindest hat er die Augen zu. Oh, Pommes in wahnsinnigen Mengen, Hunger!“ Der letzte Satz war schon fast ein schreien. Hillary fing an zu lachen.

„So sah er auch aus. Also müde. Soll er schlafen, kriegt er eben nichts zu essen“, meinte sie und lachte synchron mit Kotemon auf.

„Das ist aber nicht nett. Ich meine, er hat es ja geschafft und es war sicher anstrengend“, flüsterte Holly fast und sah die beiden leicht enttäuscht an. Die Beiden sahen sie sofort entschuldigend an.

„Das war doch nur ein Scherz, ich schätze Kotemon ist genauso dankbar wie ich, dass er es alleine geschafft hat“, sagte Hillary und das Digimon vor dem Backofen nickte zustimmend.

„Aber hey Holly, kann es sein… dass du Dustin magst?“, fragte das Mädchen und Holly seufzte, konnte aber die leichte auf ihren Wangen nicht unterdrücken.

„Wieso fragt ihr mich alle das immer? Ist es verkehrt einem Freund zu loben oder ihn leicht zu bewundern?“ Dann hörte sie auf zu sprechen. Das Wort „bewundern“ war falsch ausgedrückt, doch das andere Mädchen winkte ab.

„Natürlich nicht. Ich habe auch jemanden den ich bewundere, das verstehe ich schon. Trotzdem sendest du irgendwie so Signale aus, als würdest du ihn mehr mögen, als nur als Freund. Du hörst ihm immer gut zu, schaust ihn zwar an, aber siehst schnell weg, wenn er zu dir schaut. Und du wirst schnell rot. Schüchterne Mädchen drücken so normaler Weise ihre Zuneigung aus.“ Holly weitete kurz und kaum merklich die Augen. Zuneigung? Ihr Wappen? Jetzt wo sie darüber nachdachte, kam das ganze eigentlich erst durch den Tag ins Laufen, an dem sie ihre Digimon erhalten hatten. Hatte ihr Digivice etwas mit ihren Gefühlen zutun? Hatte Calumon nicht gesagt, es würde Gefühle verstärken?

„Holly? Hallo? Weilst du noch unter uns? Erde an Holly.“ Eine Bewegung vor ihren Augen riss sie aus ihren Gedanken. Hillary hatte ihre Hand vor Hollys Nase auf und ab bewegt.

„Wo warst du grade? Du hast ein Gesicht gemacht, als seihst du weit weg gewesen. Alles okay?“, fragte das Mädchen und die andere nickte.

„Ja, schon okay. Ich sehe mal nach Penguinmon, bis gleich.“ Damit verlies sie den Raum.
 

Zu den Pommes gab es fast kleine Berge an Chicken Wings, natürlich vorher gewürzt und mit einer feinen Soße zum dippen verfeinert. Die Gruppe, bestehend aus drei Menschen und drei Digimon, schlugen sich den Bauch voll. Es kam sogar zu einem Kleinkampf zwischen Dustin, Kotemon und Penguinmon um den größten Chicken Wing. Ehe es zur Eskalation kam, hatte sich Renamon mit einer blitzschnellen Bewegung das Fleisch geschnappt und vor den tränenden Augen der Verlierer genüsslich verspeist.

„Boah, war das lecker… ein echt gelungener Einkauf“, sagte Dustin und streckte sich.

„Meine Batterie ist voll geladen. Auch wenn ich nicht gekämpft hab, eine Digitation ist auch so schon anstrengend genug“, meinte Kotemon und unterdrückte einen Rülpser. Dafür stieß Holly herzhaft aus und mit knallroten Wangen musste sie das folgende Gelächter der anderen ertragen. Renamon verstummte mitten drin und sah aus dem Fenster. Erst tat es nichts, dann stand es auf.

„Was ist los Renamon?“, fragte Hillary und sah ihr Digimon an. Dieses machte ein ernstes Gesicht.

„Da ist etwas. Ein Digimon ist ganz nah“, sagte Renamon und riss die Fenster um aus dem Fenster zu springen und in die Nacht rannte.

„Hinter her!“, sagte Dustin laut, stand auf und verlies dicht gefolgt von den anderen das Haus. Renamon führte sie auf eine kleinere Müllhalde, die einige hundert Meter entfernt lag. Als sie am Eingang ankommen sackten Holly und Hillary vor Erschöpfung fast zusammen und Dustin hielt sich keuchend die Seiten, da er von dem Gerenne leichtes Seitenstechen bekommen hatte. Den Digimon schien es gut zu gehen, nur Penguinmon war außer Atem.

Vorsichtig betrat Renamon, dicht gefolgt von Kotemon, das Gelände. Schrott umringte sie, doch man hatte sich aus den Haufen geradezu Gänge gebaut, welche einen sicheren Weg bildeten. Doch sie sahen die Bewegungen etwas großem aus einer hinteren Ecke des Geländes. Das Wesen musste etwa so groß sein, wie eine Ampel, die über der Straße hing und sah recht massig und schwer aus. Als sie vorsichtig näher traten wandte sich das Monster um. Es war ein roter Dinosaurer, zumindest hätte Dustin dies zuerst vermutet. Das Digimon sah sie mit großen Augen an.

„Ihr seid mir gefolgt? Bitte tut mir nichts, ich verstecke mich schon vor denen.“ Die sechser Gruppe tauschte Gruppe.

„Vor was versteckst du dich?“, fragte Renamon und das rote Digimon deutete mit einer Kralle auf ein altes Auto.

„Vor denen, oder ähnlichen. Sie brüllen immer, wenn ich ihre Wege kreuze. Noch dazu schreien immer diese Menschen voller Panik wenn sie mich sehen. Bin ich denn so gruselig?“, fragte es und machte ein trauriges Gesicht.

„Nein, sie sind es nur nicht gewöhnt Digimon zu sehen, das liegt nicht an dir“, sagte Holly und trat etwas näher and as Digimon ran.

„Ach so? Und da ihr die Digimon offenbar schon kennt, habt ihr also keine Angst? Das glaube ich euch sogar. Ich bin übrigens Tyrannomon“, sagte das Dinodigimon und beugte sich leicht vor um sie alle offenbar besser im Dunklen sehen zu können. Nachdem sich die anderen vorgestellt hatten, stellte Penguinmon eine Frage: „Weißt du, wieso du hier bist? Oder wie du hier her gekommen bist?“ Tyrannomon schüttelte den Kopf, wobei ein enttäuscht klingendes Gurgeln von sich gab und sagte dann: „Nein, ich weiß nur noch, dass es ein lautes Knallen gab und dann wachte ich genau hier, auf diesem Platz auf. Ihr müsst wissen, ich komme vom Dinosaurierdorf in der Digiwelt, ich habe nicht einmal andere Teile der Digiwelt gesehen als das Dorf und dessen Umgebung. Und plötzlich bin ich direkt in einer anderen Welt. Das nimmt mich ziemlich mit.“

„Völlig verständlich“, sagten Renamon und Hillary synchron.

„Aber keine Sorge, gleich morgen werden wir mit jemanden sprechen, der dich zurück schicken kann“, sagte Holly und streichelte Tyrannomons Bein. Mittlerweile hatten sie sich in eine Art Halbkreis gesetzt.

„Ehrlich? Ihr kennt jemanden, der so was kann?“, fragte Tyrannomon sofort nach und seine Augen fingen an freudig zu glänzen.

„Ja sicher. Versprochen, du kommst sicher zurück in dein Dorf“, sagte Dustin.

„Junge, man sollte nie etwas versprechen, was man nicht halten kann.“ Die Stimme durchschnitt das muntere Gespräch der Gruppe wie ein heißes Messer kalte Butter. Alle wandten sich zum Eingang. Einige Meter von ihnen entfernt, stand ein junger Mann mit scharlachroten Haaren und markantem Gesicht. Er trug pechschwarze Kleidung, seine Jacke war aus schwarzem Leder und die Sonnenbrille hätte ihn eigentlich blind machen müssen, so dunkel wie sie war. Er musste etwa Mitte zwanzig sein. Hinter ihm stand ein Wesen, welches aus Metall zu bestehen schien. Es sah aus wie ein eckiger Roboter mit einem Auge und langen Armen und war etwas größer als der junge Mann. Dustin, Kotemon und Renamon sprangen sofort auf.

„Wer sind Sie?“, fragte Renamon und die Haare in seinem Fell stiegen langsam zu Berge.

„Kann euch zwar egal sein, aber man nennt mich Mr. Screw und ich bin Mr. Engines erster Offizier gewesen. Allein deshalb habe ich mit dir noch ein Huhn zu rupfen, Jüngchen. Aber erstmal ist dieser rote Fettklos dran. Diese Portale waren zwar ein Unfall, das hätte nicht passieren dürfen, aber wenn diese Digimon schon mal hier sind, werden wir sie natürlich einsacken. Euer Sturmangriff hat uns ja schon einige Digimonsoldaten gekostet. Auch wenn diese Echse da eher harmlos aussieht“, sagte der Mann und deutete auf Tyrannomon.

„Mekanorimon, mach es weg“, fügte er hinzu und das Digimon hinter ihm sprang in die Luft. Nein, es flog mit einer Rakete, die es auf dem Rückenbefestigte hatte schoss es frontal auf das Digimon zu. Tyrannomon war aufgestanden. Kampflos wollte es sich nicht ergeben. Zwar ging der Feueratem des Dinos daneben, doch dafür flog das Maschinendigimon in den Schwanzhieb von Tyrannomon, machte eine Drehung in der Luft und wurde von dem folgenden Krallenhieb des Urgiganten zu Boden geschleudert, auf dem es liegen blieb. Screw pfiff auf.

„Gar nicht übel, es kann doch kämpfen“, sagte er und grinste.

„Sie haben verloren, ihr Partner ist kampfunfähig!“, rief Dustin und hatte bereits sein Digivice umklammert, dessen Display schon leicht aufleuchtete. Der junge Mann fing an zu lachen.

„Der Schrotthaufen da vor mir? Sei nicht albern, das ist nur mein Transportfahrzeug. Mein echter Partner, der ist dort drüben.“ Er deutete hinter Tyrannomon und als sich alle umwandten sahen sie ein weiteres Mekanorimon auf das Digimon zusteuern. Es war größer als das andere und dunkler gefärbt. Tyrannomon schaffte es sich erstaunlich schnell umzudrehen und drei Feuerattacken auf den Angreifer abzufeuern, doch diesen wich der Gegner aus und nach einem lauten Piepen schoss es aus seinen Armen zwei Raketen auf sein Ziel. Tyrannomon erwischte es im Gesicht und auf der Brust. Das rote Digimon stieß einen schmerzhaften Schrei aus und sank auf die Knie.

„Dem heizen wir ein, los Kotemon!“, rief Dustin und Kotemon rannte los. Mekanorimon landete und wandte sich um. Es schlug zu, wobei es seinem Arm leicht ausdrehnte, doch Kotemon duckte sich darunter weg und sprang.

„Kotemon digitiert zu Dinohumon!“ Es zog sein Schwert und ging in den Sinkflug. Doch ehe es mit Akinakesu zustoßen konnte erwischte ihn der zweite Arm und schleuderte Dinohumon zurück.

„Idiot, schon mal was von einer Finte gehört?“, fragte Mekanorimon und dessen Stimme klang so unecht und elektronisch, dass Dustin gelacht hätte wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre.

„Und hast du schon was von einer Überraschung gehört?“ Das Maschinendigimon sah auf. Über ihm schien Renamon zu schweben. Vor seinem Körper hatten sich klingenartige Splitter gebildet, die ohne Vorwarnung auf den Gegner zuflogen.

„Diamantensturm!“ Die Attacke traf und traf nicht. Trotz aller Treffer schien das Digimon unbeschädigt und unbeeindruckt.

„Lächerlich, durch meinen Digichrommantel kommt dein Angriff niemals“, sagte Mekanorimon und schlug wieder zu. Renamon erwischte es genau im Gesicht und es wurde in einen nahen Schutthaufen geschleudert. Penguinmon wollte sich auch einmischen, doch Holly hielt es fest.

„Nicht, das ist zu gefährlich“, sagte das Mädchen doch ihr Digimon versuchte sich zu befreien. Dinohumon hatte sich ebenso wie Tyrannomon wieder gefangen und beide standen auf. Doch Mekanorimon wartete ihren Angriff nicht ab, auf seine Brust hatte es eine Art rote Leuchte, diese fing an zu leuchten.

„Glitzernder Strahl!“, rief es und ein Laser schoss auf den Boden vor Dinohumon, dieses war zwar gesprungen, doch die Druckwelle der Explosion ließ gut drei Meter nach hinten auf den Rücken fallen.

„Das kann nicht sein, wir haben doch auch Sealsdramon besiegt, wieso jetzt nicht des Blecheimer da?“, fragte Dustin und sah sauer sein Digivice an.

„Wo ist denn unsere Seelenverbindung? Wieso kann ich meine Kraft nicht an Kotemon übertragen?“ Schon leicht wütend fummelte er an den Knöpfen seines Digivice rum, doch es half alles nichts.

„Vergiss es Junge. Bei Sealsdramon hattet ihr Glück, doch das fehlt euch nun“, sagte Screw und zog unter seine Jacke etwas hervor, was Dustin und Holly schlucken ließ. Es war eines dieser schwarzen Bänder, die Digimon in willenlose Sklaven verwandelte. Mekanorimon drückte Tyrannomon zu Boden. Screw warf den Reif und entsetzt mussten sie das Klicken hören und sahen wie es sich an Tyrannomons Arm festmachte. Das Digimon wurde losgelassen und erhob sich zitternd und mit geschlossenen Augen.

„T-Tyrannomon?“, fragte Holly leise und trat etwas näher. Das rote Digimon riss die Augen auf. Sie waren leuchtend rot und es stieß einen wilden Schrei aus. Penguinmon befreite sich endlich von Hollys Umarmung, schubste sie zurück und sprang gemeinsam mit Dinohumon und Renamon vor.

„Wir können doch nicht gegen Tyrannomon kämpfen!“, rief Holly und sah Dustin verzweifelt an.

„Es ist doch unser neuer Freund!“ Doch Dustin sah sie nicht an. Er ballte die Fäuste und sah ernst auf.

„Das ist es leider nicht mehr Holly. Nun müssen wir es besiegen.“ Er wandte den Kopf. Screw und sein Mekanorimon flogen davon, doch das schwächere blieb zurück und entfernte sich anschließend in eine andere Richtung. Hillary machte ein trauriges Gesicht.

„Ich kann nicht… nicht das liebe Tyrannomon.“ Dustin trat vor.

„Vielleicht ist es noch nicht zu spät! Dinohumon!“ Sein Digimon nickte.

„Überlass das mir!“ Es ging in Stellung und sagte: „Komm her mein Großer!“ Dustin wandte sich den beiden Mädchen zu.

„Hey ihr beiden, überlasst Tyrannomon mir, ihr folgt dem anderen Mekanorimon.“ Die Mädchen überlegen nicht lange und rannten los, ihre Digimon hinterher. Knurrend stapfte Tyrannomon mit jedem Schritt näher. Speichel lief ihm aus dem Maul und es bleckte die Zähne. Seine Krallen hielt es in Kampfhaltung und in seinen Augen stand der reine Wahnsinn. Dinohumon und Dustin konnten diesen Anblick nicht ertragen.

„Tyrannomon! Egal was passiert, wir behalten dich in guter Erinnerung!“, riefen die zwei synchron und Dustins Digimon griff an.
 

Fortsetzung folgt...

Großstadtdschungel

New York war genau so beeindruckend wie man es aus dem Fernsehen kannte, sogar viel mehr. Schon im Flugzeug konnten es May und Nick kaum erwarten die Stadt unsicher zu machen. Cathy sah es eher gelassen. Doch auch sie war froh hier zu sein, schließlich war sie endlich mal aus ihrer Geburtsstadt raus. Die Landung erfolgte ohne jegliche Probleme und als sie ihre Taschen und Digimon abgeholt hatten machten sie sich auf in die Innenstadt. Ihnen fehlte jeder Anhaltspunkt ihre Suche zu beginnen und wenigen Stunden würde es so dunkel sein, dass sie nichts mehr sehen würden. Also stimmte Cathy letztlich dem Vorschlag der zwei jüngeren zu und so machten sie sich auf den Weg, zu einem kleinen Stadtrundgang.

„Ich will unbedingt dahin, wo das World Trade Center stand“, sagte Nick.

„Weißt du wo wir dafür hin müssen?“; fragte May und Nicks Gesichtsausdruck machte eine Antwort überflüssig. Cathy kicherte. Sie trug nur eine Umhängetasche, so konnte sich Monmon an ihren Rücken festklammern und sah so aus wie ein Rucksack. Dabei hielt er sich an ihren Schultern fest.

„Mein Gott Cathy, du hast aber schön breite Schultern, ähnlich wie ein Junge“, sagte das Digimon leise und wollte sie ärgern. Doch das Mädchen erwiderte nur grinsend: „Ich weiß, deshalb komme ich auch gut klar in der großen Welt.“ Monmon schmollte. Die anderen trugen ihre Digimon, besser gesagt May hielt Betamon wie gewohnt auf dem Arm und Nick hielt sein Gekomon an der Hand. Zwar starrten einige Leute, doch scheinbar dachten sie ein Kind hätte sich als seltsam aussehender Frosch verkleidet.

„Klappt doch gut“, flüsterte Nick May zu, die neben ihm ging und diese nickte grinsend. Cathy beobachtete die beiden eine Weile. Sie fand es gut, dass sie sich offenbar verstanden. Kinder kamen eben besser mit anderen Leuten klar, sogar mit dem anderen Geschlecht. Ein wenig beneidete sie die beiden darum.

„An was denkst du?“; flüsterte das Digimon auf ihrem Rücken und bewegte sich dabei nicht mehr als nötig.

„Dass die beiden da vor uns in der Nacht ein wenig Aufsicht gebrauchten könnten“, antwortete sie scherzhaft. Monmon überlegte kurz, dann sagte es: „Ich habe keine wirkliche Ahnung was du damit meinst.“ Doch das Mädchen kicherte nur und beendete das Thema damit.
 

Es gab kaum eine Straße, in der es keine Einkaufsmöglichkeit gab. Das meiste war zwar Fast Food, aber so konnten sie immerhin nicht verhungern. Ihr Hotel fanden sie eher zufällig, als sie einen Flohmarkt besuchten und aus der Ferne das Schild sahen. Ein Glücksfall, denn die hohen Gebäude ließen nur selten eine weite Sichtmöglichkeit zu. Sie entschieden sich dazu das Gepäck erstmal im Zimmer zu verstauen und machten sich auf den Weg zum Hotel. Unterwegs blieben sie bei einem kleinen Jungen stehen, der unter einer Straßenlaterne stand und weinte. Cathy beugte sich leicht zu ihm runter.

„Hey Kleiner, was du denn?“ Der Junge sah mit verheulten Augen zu ihr auf und brauchte ein paar Sekunden, bis er reden konnte.

„I-Ich… Ich habe meine Mama verloren. Ich bin kurz stehen geblieben um es zu sehen, dann war sie weg.“ May und Nick stellten sich neben das große Mädchen und sahen sich an.

„Keine Sorge, wir helfen dir“, sagte Cathy lächelnd und nahm den Jungen an die Hand.

„Wirklich?“, fragte dieser und die drei nickten.

„Klar. Ich bin Cathy und das sind May und Nick und wie heißt du? Und wir werden deine Mutter schon finden, keine Sorge. Wie sieht sie denn aus?“ Der Kleine wischte sich erst die Tränen eh er die Fragen nacheinander beantwortete.

„Ich heiße Clark. Und meine Mama ist größer als du, hat lange braune Haare, braune Augen und trägt ein blaues Kleid.“ Für ein kleines Kind war das schon eine sehr gute Beschreibung, fand Cathy und offenbar dachten die anderen zwei dasselbe, denn Nick fragte: „Wie alt bist du eigentlich?“

„Sieben“, antwortete Clark.

„So groß schon?“, fragte Cathy und lächelnd dann stand sie auf. Dann nahm sie den Jungen an die Hand und gemeinsam gingen sie die Straße hinunter.

„Ich denke so weit ist sie sicher noch nicht weg“, sagte May aufmunternd und nahm Clark an die andere Hand. Sie, Nick und Clark unterhielten sich auf der Suche ausgiebig über ihre Lieblingsfernsehserien. Cathy fühlte ich beobachtet und wandte den Kopf. Monmon hatte seinen Kopf auf ihre Schulter gelegt und grinste sie breit und viel sagend an.

„W-Was ist?“, fragte sie leicht verwirrt und wurde sogar leicht rosa um die Nase. Das Digimon hob zweimal die Augenbrauen, ehe es antwortete: „Ich dachte immer dir ist es egal, was mit anderen passiert. Dafür bist du aber ziemlich nett zu dem Jungen.“ Das Gesicht des Mädchens änderte das Rosa in ein helles Rot.

„D-Das ist doch was anderes. Immerhin ist er noch ein kleines Kind, jeder hätte da doch…“, doch Monmon unterbrach sie mit der Erklärung: „Aber keiner der Erwachsenen ist stehen geblieben. Gib es auf Cat, mich täuscht du nicht. Das Wappen der Fürsorge hast du voll und ganz verdient.“ Cathy wurde noch röter, doch dann stutzte sie.

„Cat?“, fragte sie verwirrt.

„Ja, ein cooler Spitzname oder? Was dagegen?“, fragte das grüne Digimon und Cathy schüttelte leicht den Kopf und meinte lässig: „Nein, schon okay. Wie süß von dir.“ Nun wurde Monmon leicht rot auf den Wangen und sah stur zur Seite.
 

Sie liefen etwa zwanzig Minuten auf den Straßen herum, als ein Aufschrei alle Menschen auf der Straße zusammenzucken und herumfahren ließ. Erst erkannten Cathy, May, Nick und ihre Digimon nichts, dann aber, als sie aufsahen, sahen sie wie ein Digimon in der Luft schwebte. Es ähnelte einem brauen Automaten, mit Augen, Armen und Beinen und einem Raketenantrieb auf dem Rücken. Auf seinem Kopf öffnete sich eine Art Luke und eine junge Frau streckte ihren Oberkörper aus dem Digimon heraus. Laut lachend verfolgte sie mit ihren Augen, wie die Menschen in Panik davon rannten.

„Typisch New York, kaum wird es dunkel, ist hier die Hölle los. An Guadromon wird es wohl kaum liegen.“ Sie ließ den Blick schweifen und sie blieb an der Gruppe aus drei Digimon und vier Menschenkindern hängen. Ihre Mine verfinsterte sich von einer Sekunde auf die andere.

„Ach nein, ihr nervigen Bälger seid auch hier?“, fragte sie und klang leicht aggressiv. Mit einem lauten Rauschen landete das Digimon auf der Straße und die junge Frau sprang hinaus. Sie sah aus wie eine Athletin, hatte lange, rote Haare und leicht eckige Gesichtszüge. Das Digimon schloss die Luke und trat an ihre Seite. Es war um einiges größer als sie. Cathy blieb vor den anderen stehen.

„Wer sind Sie und was wollen Sie hier?“, fragte sie. Die Fremde hob eine Braue. Offenbar dachte sie sehr angestrengt darüber nach, ob diese Kinder eine Antwort überhaupt wert waren.

„Ms. Cable“, sagte sie nun knapp. „Aber ich habe keine Zeit mich mit euch Kindern rum zuschlagen. Ich muss dieses Gorillamon finden und ihm ein nettes Armband verpassen. Auch wenn es nicht Absicht war, dass diese Tore aufgerissen wurden, so wollen wir unsere Armee natürlich aufstocken.“ Cathy legte ihre Hand auf ihr Digivice. Es vibrierte leicht und sie war sich sicher, dass das Wort Evolution bereits auf dem Display zu sehen war.

„Monmon?“, fragte sie flüstert. Das Digimon rührte sich leicht.

„Alles klar“, flüsterte es zurück, sprang auf ihre Schulter und machte einen heftigen Satz auf die Feinde. Diese schienen überrascht, zumindest rührten sie sich nicht. Monmon zog seine Schleuder und schoss drei Mal, um den Staub auf dem Boden um seine Gegner herum aufzuwirbeln.

„Was soll das denn?“, rief die junge Frau und hustete, da sie völlig eingenebelt war.

„Los geht’s!“, rief Cathy und ihr Digivice leuchtete auf.

„Monmon digitiert zu Hookmon!“ Hookmon landete genau vor der Wolke und mit einem lauten klicken hob es seine Kanone an.

„Kapitänen Kanone!“ Es knallte und explodierte laut auf, als die Attacke etwas im Staub traf. Einige Zeit geschah nichts. Dann, als sich der Staub langsam lichtete, sahen sie geschockt, dass sowohl Ms. Cable, als auch ihrem Digimon nicht einmal ein Katzer zugefügt worden war. Die junge Frau lachte spöttisch.

„Netter Versuch ihr dummen Kiddies. Wisst ihr etwa nicht, dass jedes Digimon eine spezielle Fähigkeit hat? Teleportation, Graben, Wandlungsfähigkeit und vieles andere? Mein Guadromon hier beherrscht die Fähigkeit Schutzwall. Damit kann es einen Schild errichten, der jede Fernkampfattacke abwehrt. Pech für euch.“ Tatsächlich schien das Digimon von einer Art magnetischen Schild umgeben zu sein.

„Spezielle Fähigkeit?“; fragte Cathy verwirrt und auch Hookmon schien irritiert.

„Sind wir hier in einem Spiel oder was?“, fragte Nick und Gekomon zuckte mit den Schultern.

„Bringt Clark hier weg“, sagte Cathy und wandte sich den drei jüngeren zu. „Hookmon und ich halten sie lange genug auf, bis die Polizei hier eintrifft.“ Doch Ms. Cable fing wieder an zu lachen.

„Wie lustig. Wenn wir schon mal dabei sind, Guadromon, vergnüge dich ruhig.“, sagte sie und ihr Digimon hob seinen linken Arm. Mit einer elektronischen Stimme rief es: „Zerstörungsgranate!“ Ein seltsames Geschoss flog genau auf die Gruppe zu. Betamon wollte reagieren, doch Gekomon sprang dazwischen.

„Melodienschlag!“, rief es und eine Musiknote flog aus seiner Tröte dem Geschoss. Als beide sich berührten, explodierten sie. May, Clark und Nick schrieen auf.

„Los, haut ab! Hookmon!“ Das Digimon nickte, erneut klickte es und die Hookmons Kanone erfasste sein Ziel.

„Kapitänen Kanone!“, rief es und schoss. Guadromon sah es wohl kommen, denn mit einem lauten Summen errichtete es diesen Schild erneut und blieb unversehrt. Nun wurde es Hookmon zu bunt. Wenn dieser Schild, wie diese Ms. Cable sagte, nur gegen Fernkampffähigkeiten wirkte, dann musste es eine andere Route fahren. Es erhob seinen harken und sprang vor.

„Harkenhieb!“ Es stieß zu und Guadromon hob schützend einen Arm hob. Metall schlug auf Metall und leichte Funken stoben. Beide Digimon sahen sich an. Einige Sekunden rangen sie um die Herrschaft dieses Duells, dann stieß das Roboterdigimon das andere zurück und Hookmon fiel nach hinten.

„Oh nein, Hookmon, steh bitte auf!“, rief Cathy.

„Mama!“, rief Clark plötzlich und lief los. May und Nick konnten ihn nicht mehr festhalten. Er rannte auf eine andere junge Frau zu, die in der Nähe stand und alles beobachtet hatte, bei Clarks Schrei allerdings dem Jungen entgegen lief. Ms. Cable sah dies.

„Oh wie schön, ein Kind findet seine Mutter, echt rührend. Zu schade, dass ich keine Schnulzen mag. Guadromon, sei lieb und ändere das Programm in eine Tragödie“, sagte sie und mit geweiteten Augen sahen alle wie das Digimon beide Arme hob und auf die Mutter und ihr Kind zeigten.

„Zerstörungsgranate!“, rief es und schoss. Alles verlief in Zeitlupe. Gekomon und Betamon sprangen. Sie schossen ihre Attacken und trafen, allerdings nur eines der Geschosse. Da war auch May, sie war Clark gefolgt. Mit einem Sprung riss sie den Jungen zu Boden. Das andere Geschoss kam näher und flog nur um Zentimeter an ihrem Kopf vorbei. May konnte das Pfeifen der Luft hören. Erleichtert atmeten alle auf.

„Pfe, unartiges Gör, es hätte dich zerreißen sollen“, sagte die rothaarige Frau. Hookmon und Gekomon stellten sich Guadromon ins Sichtfeld. Dieses sah die zwei an, machte aber keine Anstalten sich zurückzuziehen.

„Lächerlich, ihr glaubt doch nicht im ernst, dass…“ Doch ehe Ms. Cable weiter sprechen konnte, ließ sie das Geräusch von Sirenen verstummen und sie wandte den Kopf. Blaue Lichter nährten sich. Sie schnaufte und sprang auf Guadromons Rücken.

„Euer Glück, die Uniformierten kommen. Wir sehen uns und dann mache ich ernst.“ Der Raketenantrieb brummte laut auf und sie und ihr Digimon flogen davon.

„Wir sollten auch gehen“, sagte Hookmon und wandte sich allen zu. Sie nickten und rannten los. Clark und seine Mutter ließen sie zurück. Der Junge rief ihnen noch zu: „Vielen Dank für eure Hilfe!“ Offenbar wusste er gar nicht, wie knapp er einer Katastrophe entkommen war.
 

Keuchend und völlig außer Atem blieb die Gruppe in einer weit entfernten Seitenstraße stehen. Alle lehnten sich an die kalten Steinwände und schnappten nach Luft. Sie waren solange gerannt, bis die blauen Lichter außer Sicht und die Sirenen außer Hörweite waren. Die Sonne war bereits gänzlich unter gegangen. May musste Betamon absetzen, sie hatte das Gefühl, dass sie sonst umfallen würde. An der Wand rutschte sie runter, bis sie saß. Der Schreck saß noch tief.

„Das war knapp“, keuchte sie und hielt sich ebenso wie Nick ihre stechenden Seiten. Cathy ging vor ihr in die Hocke. Einige Sekunde sahen sie sich nur an, dann hob Cathy langsam eine Hand. Ein schallendes Geräusch ließ alle zusammenzucken, als sie May eine Ohrfeige auf die rechte Wange verpasste. Diese fasste sich mit zittrigen Händen an die getroffene Stelle und sah Cathy mit weit aufgerissenen Augen an. Nick, der ahnte was gleich beginnen würde, wollte sich einmischen, doch Hookmon hielt ihn mit sanfter Gewalt zurück und schüttelte nur den Kopf.

„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“, fragte Cathy und ihre Stimme blieb ganz ruhig. May allerdings wäre es lieber gewesen, wenn Cathy sie angebrüllt hätte. Mays Augen würden feucht, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Auslöser waren allerdings nicht ihre schmerzende Wange, eher die Tatsache, dass sie erst jetzt langsam merkte, was passiert war.

„Weißt du was passiert wäre, wenn du nicht so viel Glück gehabt hättest? Du hättest verletzt werden können oder schlimmer, getötet. Was glaubst du hätte ich den anderen und vor allem Kurt sagen sollen?“ Langsam wurde Cathy lauter und May tat schon längst nichts mehr gegen ihre Tränen und es sah aus, als würden ihre Augen auslaufen. Lautes Schluchzen war das einzige, was May als Antwort zustande brachte. Dann stieß sie ein kaum verständliches: „Tu-Tut mir… Leid… i-ich wollte… helfen…“ Dann hob Cathy ihren Kopf leicht an. Sie lächelte etwas, doch auch ihre Tränen waren leicht wässrig.

„Mach das niemals wieder, hörst du? Wenn dir was passiert, wüsste ich nicht, was ich tun sollte. Wie es den anderen sollte. Okay?“ May nickte heftig und versuchte sich zu beruhigen und ihre Tränen wegzuwischen. Als ihr das nicht wirklich gelang sprang sie leicht vor und umarmte Cathy so fest sie konnte. Hookmon hatte alles beobachtet, nun zog es sich mit seinem Harken den Hut tiefer ins Gesicht und wandte sich um zum gehen.

„Wo willst du hin?“, fragte Betamon neugierig und sah ihm nach.

„Die zwei alleine lassen, damit sie sich ausheulen können. Das ist im Moment das Beste.“ Nick war verwundert. Monmon machte seiner Meinung nach als Hookmon einen wesentlich reiferen Eindruck. War das die eigentliche Digitation?
 

„Wieso digitierst du nicht zurück?“, fragte Gekomon und sah zu Hookmon auf. Dieses winkte mit seinem Kanonenarm ab.

„So sehe ich einiger Maßen unauffällig aus. Eher wie ein Clown.“ Alle mussten stumm zustimmen. Doch nachts waren die meisten Leute auf der Straße eh schon angetrunken und jene wenigen, die es nicht waren, hatten andere Sorgen um wirklich groß auf sie zu achten.

„Ob es Clark gut geht?“, fragte May. Ihre Augen waren leicht geschwollen und gerötet. Sie hatte ganze 15 Minuten mit Weinen verbracht. Offenbar hatte sich, nun da sie einmal angefangen hatte, gleich noch mehr entladen als nur der Schock von dem Kampf.

„Bestimmt. Immerhin ist er bei seiner Mutter. Wenn wir Glück haben, erzählt er auch nicht mehr, als er muss“, sagte Cathy und drückte Mays Hand kurz, die sie schon die ganze Zeit hielt, seid sie unterwegs waren. Endlich hatten sie dann ihr Hotel. Nun verwandelte sich Monmon auch schließlich zurück und heftete sich an Cathys Rücken. Die Aufzugfahrt verlief schweigend und auch als sie ihr Zimmer betraten, sagte niemand ein Wort. Erst als Nick verkündete, er sei kurz auf der Toilette, wurde die Ruhe unterbrochen. Nickend sahen die Mädchen zu, wie der Junge in das Badezimmer verschwand.

„Also… hat jemand Hunger?“, fragte Cathy und ein Magenknurren von Monmon machte weitere Antworten überflüssig. May kicherte und das Digimon sah beleidigt zur Seite.

„Ich kann ja den Zimmerservice anrufen, was wollt ihr?“, fragte Cathy und griff nach dem Telefon. Die Bestellung war schnell durchgegeben und sie hatten Glück, das Essen würde in spätestens einer halben Stunde auf ihr Zimmer gebracht werden. Nick hatte sich wieder zu ihnen gesetzt und stillschweigend in die Runde. Dann fragte er leise: „Ähm… vielleicht… sollten wir Calumon mal nach diesen Fähigkeiten fragen?“ Doch Cathy winkte ab.

„Morgen, dafür ist es zu spät.“ Ein Gähnen folgte ihren Worten. Dann fügte sie hinzu: „Und wir sollten auch bald schlafen gehen.“ Tatsächlich kam das Essen schon fünfzehn Minuten auf ihr Zimmer. Die Bedienung schob den Servierwagen hinein und verschwand sofort wieder. Im Fernsehen gab es nichts Sehenswertes, also begnügten sie sich mit einer Quizshow. Während der Quizmaster die Fragen zu seinen Kandidaten stellte, war Monmons lautes Schmatzen zu vernehmen.

„Wie viel Grad Neigung hat der schiefe Turm von Pisa?“; fragte der Moderator und nannte direkt die vier Antwortmöglichkeiten.

„Woher soll man das wissen?“; fragte May und kam ins grübeln.

„3,97 Grad“, antwortete Nick ohne lange zu überlegen. Alle sahen ihn an und fragten: „Woher willst du das wissen?“ Nick zuckte mit den Schultern.

„Das erscheint mir am logischsten. Außerdem habe ich es erst neulich irgendwo gelesen.“ Schon erklärte der Quizmaster im Fernsehen Nicks Antwort als richtig. Der Kandidat hatte dieselbe gegeben und war somit eine Runde weiter.

„Ah das war leckeres Fressi“, sagte Monmon schließlich und rieb sich den leicht gerundeten Bauch.

„Wurde auch langsam Zeit, du hast gefuttert wie ein…“ Doch ehe Betamon ein Beispiel sagen konnte, hatte es aus dem Fenster gesehen und folgte mit seinen Augen einer Bewegung.

„Was hast du?“ fragten May und Gekomon synchron. Doch Betamon hob nur eines seiner kurzen Forderbeine und deutete aus dem Fenster. Alle wandten sich dort hin. Über die Dächer der Gebäude, sprang etwas von Dach zu Dach. Es sprang in ihre Richtung und als es nah genug war erkannten sie was es war. Es war offensichtlich ein Digimon, das wie ein weißer Gorilla mit einer Strahlenkanone an einem Arm aussah.

„Ist das Gorillamon? Davon hat doch die Olle vorhin gesprochen“, sagte Cathy und sah wie die anderen zu wie es seine Richtung nach links änderte und sich nun von ihnen entfernte.

„Ja, das ist Gorillamon“ antwortete Gekomon und alle rannten sofort aus dem Zimmer, nahmen die Treppe nach unten und standen nur Sekunden später draußen auf der Straße. Sie sahen das Digimon noch und folgten ihm, ohne groß auf die Passanten zu achten.
 

Sie fingen es ab, es kurz auf dem Boden ging. Hinter ihm blieben sie stehen, es witterte seine Verfolger und wandte sich um. Es war gut mehr doppelt so groß, wie ein Erwachsener Mann.

„Was wollt ihr?“, fragte Gorillamon knapp und seine Stimme klang sehr rau.

„Wir wollen mit dir reden“, sagte Cathy und war wieder und wie alle anderen auch außer Puste.

„Über was?“, fragte das Digimon und verschränkte die Arme. May hob jetzt ihre Stimme und sagte: „Zuerst einmal musst du dich von einer rothaarigen Frau mit einem Guadromon fernhalten. Die wollen dich nämlich fangen.“ Gorillamon hob beide Brauen. Scheinbar war es überrascht, dass ein so kleines Ding wie May so laut sprechen konnte. Dann lachte es kurz und sarkastisch auf.

„Was sollten die schon von mir wollen?“ Eine Stimme über ihnen ließ sie aufsehen.

„Dich in unsere Armee aufnehmen!“ Gorillamon war zwar groß, doch reagierte schnell und flink. Mit einem kleinen Satz zur Seite wich es Guadromons Granate aus und sah auf. Es war Ms. Cable, die offenbar in Guadromon drin saß. Das Gorilladigimon brüllte auf.

„So geht’s ja wohl nicht!“ Es richtete seine Kanone auf den Feind.

„Energiekanone!““, rief es und schoss eine Art Laserkugel auf das Maschinendigimon, welches aber ohne große Probleme auswich. Doch das Affendigimon schoss erneut und diesmal würde sein Gegner in die Attacke hinein fliegen. Die Attacke traf, doch wie es die anderen erwartet hatten, hatte sich Guardromon mit seinem Schild geschützt.

„Das kann doch nicht sein“, sagte Gorillamon ungläubig.

„Deine Fernkampfattacke nützen nichts!“, rief Nick dem Digimon zu. Ms. Cable meldete sich erneut:

„Das ist wahr Riesenaffe und jetzt kannst du dich auf was gefasst machen!“
 

Fortsetzung folgt…

Ehrliche Worte bewegen die Welt

Der Airport in Memphis war, zur Enttäuschung aller, letztlich wie jeder anderer auch. Thomas hatte schon von einem Laminatboden mit Spiegeleffekt geträumt, tatsächlich war er als einziger während des Fluges eingeschlafen.

„Laminat am Flughafen? Du träumst echt seltsames Zeug“ hatte Steve lachend gemeint und das Gepäck entgegen genommen. Bis auf Elecmon, welches mit dem normalen Gepäck gekommen war, mussten sie die anderen Digimon von der Rampe abholen. Unterschriften oder andere Formalitäten waren nicht notwenig, da sich Flughafenmitarbeiter als FBI-Agenten herausstellten. In einem unbeobachteten Moment wurden die Kästen geöffnet und Lynxmon und Kiwimon waren mit wenigen, aber kräftigen Sprüngen schon außer Sichtweite verschwunden. Sie trafen sich in einer schatten Ecke des Flughafengebäudes und hatten einen kleinen Kreis gebildet. Kurt kramte ein Stück Papier heraus und las die darauf geschrieben Notizen.

„Okay, also unser Ziel ist ShimaUnimon, ich habe mal Calumon vor der Abreise abgefragt. ShimaUnimon, Level Champion, Fantasytierdigimon, Typus Serum und seine Attacken heißen Gegenfrost, Rasender Schuss und Wilder Donner“, sagte Kurt und las die Information runter.

„ShimaUnimon? Jetzt verstehe ich wieso Kiwimon und ich ein Team bilden sollten. Du wolltest auf unsere Geschwindigkeit setzen um es zu fangen“ erkannte Lynxmon und sah anerkennend zu Kurt.

„So ist es“, antwortete dieser knapp. Elecmon nickte viel sagend und sagte: „Und ich soll es mit meinem Strom betäuben, wenn es klappen sollte.“ Steve und Thomas klatschen leisen Beifall.

„Guter Plan, setzen wir sofort um“, meinte Thomas und schulterte seinen Rucksack. Steve ließt ein überlegendes Summen hören und sagte noch während er überlegte: „Wir sollten vielleicht erst ins Hotel und unsere Sachen abgeben.“ Noch während er sprach, ließen die anderen den Blick schweifen. Der Airport von Memphis lag etwas abseits der Stadt und man konnte bis auf die Betonsteppe und den sich dahinter befinden Bäumen oder Hausdächer, nichts sehen. Tatsächlich würden sie zu Fuß einige Minuten brauchen um die erste, richtige Verkehrsstraße zu erreichen.

„Obwohl es gleich schon dämmern wird, ist es immer noch sehr warm“, sagte Kurt, der auf seine Digitaluhr mit eingebautem Thermometer schaute. Thomas sah ihm über die Schulter und quiekte förmlich auf: „35 Grad? Also ich gehe nicht aus dieser Ecke, da vertrocknen wir ja.“

„Sei nicht albern“, sagte Steve knapp und sah noch mal über den Flugplatz hinweg. Er deutete auf einen Punkt, der eine Art Lücke zwischen den Bäumen darstellte.

„Dort ist wohl eine Straße und im Moment ist kein Flugzeug unterwegs oder sonst wer“, fügte er hinzu und ging zu Lynxmon.

„Und?“, fragte Kurt. Steve grinste und sagte, während er seinem Digimon den Kopf kraulte: „Nun habe ich eine gute Idee.“
 

Nur Sekunden später hätten zufällig daher laufende Passanten ein sehr merkwürdiges Schauspiel mit ansehen können. Lynxmon und Kiwimon huschten mit schnellen Schritten über die Flugbahnen. Beide waren groß genug um ihre Tamer tragen zu können, doch da Lynxmon mehr Masse besaß, die man nutzen konnte, als das Vogeldigimon, musste es noch das Gewicht von Kurt mittragen, während Elecmon noch mit auf Kiwimon ritt. Nebeneinander rannten die Digimon schnell wie der Wind auf ihr Ziel zu. Ihr Plan war es, die Straße zu erreichen. Dann würden sich Lynxmon und Kiwimon, so gut sie nur konnten unauffällig im Hintergrund halten.

Zwar im Grunde eine gute Idee, aber etwas unbequem“, sagte Kurt laut und hatte Mühe sich bei den heftigen Bewegungen festzuhalten.

„Oh Verzeihung, aber leider haben wir Digimon keine eingebauten Sitze aus feinem Leder“, meinte Lynxmon und klang leicht amüsiert. Plötzlich horchten alle auf. Sie hörten ein ungewohntes Geräusch. Ein Geräusch, was nicht zu dieser Situation passte.

„Hast du plötzlich Stöckelschuhe an?“; fragte Thomas und Kiwimon erwiderte entrüstet: „Sehe ich etwa so aus?“

„Das sind keine Stöckelschuhe… das sind Hufe“, sagte Kurt und wandte den Kopf. Und tatsächlich. Hinter ihnen, nur wenige Meter und in selber Geschwindigkeit rannte ein Pferd ihnen nach. Es hatte Zebrastreifen, einen Helm mit Horn auf dem Kopf und war etwas größer als ein normales Pferd.

„Das ist es, das ist ShimaUnimon!“, rief Steve und sah ebenfalls zurück.

„Ob es uns angreifen will?“, fragte Thomas. Doch offenbar war das Digimon nicht auf einen Kampf aus. Es versuchte nur an Tempo zuzulegen, um sie zu überholen. Und es war auf dem besten weg dies zu schaffen. Sie änderten ihre Richtung zurück auf die Landeflächen, doch Lynxmon und Kiwimon schien langsam die Puste auszugehen. Während sie immer langsamer wurden, schaffte ShimaUnimon ein gewagtes Überholmanöver. Es tat einen kräftigen Sprung und landete knapp vor ihnen. Die Digimon blieben stehen und auch ihr Verfolger machte nach wenigen weiteren Metern eine Bremsung und wandte sich ihnen zu. Es scharrte leicht mit einem Huf und ließ ein mehrmaliges Schnaufen hören. Dabei schüttelte es sich den großen Kopf.

„Es sieht so aus, als ob es mit uns reden wollte“, meinte Elecmon und sprang auf den Boden. Alle anderen stiegen ebenfalls ab. Sie gingen ein paar Schritte näher ran, bis es dem Digimon scheinbar zu nahe war und es langsam zurückwich. Sofort blieben sie stehen.

„Und nun?“, flüsterte Thomas leicht ratlos. Kurt erhob seine Stimme etwas lauter als normal.

„Hallo? Willst du etwas von uns?“, fragte er etwas unsicher. ShimaUnimon fasste ihn kurz in Auge. Was genau es ansah konnte er durch den Helm nicht erkennen, doch als es offenbar etwas Spezielles ins Auge gefasst hatte, nickte es und scharrte erneut.

„Und das wäre?“, fragte nun Steve, doch anstatt eine Antwort zu erhalten wieherte es laut auf und ein ebenso lautes Schnauben folgte. Alle sahen sich an.

„Verstehst du uns?“, fragte Thomas dann und das Digimon nickte sofort.

„Es versteht uns zwar, aber scheinbar kann es nicht sprechen“, meinte Elecmon altklug. Kurt machte verzog kurz das Gesicht.

„Also darauf wäre nun wirklich jeder gekommen“, meinte er knapp und sein Digimon schielte bedrohlich zu ihm auf.

„Okay, wenn es nicht reden kann, dann stellen wir ihm eben Fragen, die er nur mit nicken oder Kopf schütteln beantworten muss“, sagte Steve, nickte und fragte dann: „Weißt du, wie du hier hin gekommen bist?“ Das Digimon schüttelte sich kurz, was scheinbar seine Art war zu zeigen, dass es nachdachte, dann schüttelte es den Kopf.

„Willst du, dass wir dich nach Hause bringen?“, fragte Thomas dann und ohne nachzudenken nickte es sofort. Nun meldete sich Kurt. Er streckte dem Digimon seine Hand entgegen und sagte: „Dann komm zu uns. Wir gehen dann zu den Flugzeugen zu den Leuten, die dich zurückschicken können. Was sagst du dazu?“ ShimaUnimon war bereits zwei Schritte auf zu zugekommen, dann schrie es plötzlich auf und wurde einige Meter weggeschleudert. Etwas hatte ihn seitlich getroffen und nun stand dieses etwas vor ihnen. Es sah aus wie eine Uhr. Diese Uhr allerdings hatte ein Auge und zwei Beine. Noch dazu ragte ein Oberkörper oben raus, der in seinen Armen einen Hammer hielt.

„Was denn, war das schon alles?“, fragte es und klang sowohl enttäuscht, als auch provozierend.

„Ich habe dich doch gar nicht richtig getroffen, nun steh schon auf. Ich will mich etwas mit dir amüsieren, ehe ich dich in Namen unserer Organisation versklave.“ Entweder hatte das fremde Digimon die anderen nicht bemerkt oder es ignorierte sie eiskalt.

„Hey, was glaubst du wer du bist?“, rief Kurt aufgebracht und auch Steve und Thomas schienen alles andere als erfreut zu sein. Nun wandte dich das Digimon ihnen zu. Es schulterte seinen Hammer und begann sich in der Nase zu bohren während es sagte: „Ich? Das geht euch ja nichts an, aber ich bin Clockmon und eigentlich wollte ich dieses da“, dabei deutete es auch das zitternde und noch am Boden liegende ShimaUnimon. „In unsere Truppe aufnehmen, aber ich habe hiermit entschieden, dass es nutzlos ist, also mache ich es weg.“

„Nein!“, schrieen die anderen doch sie konnten sich tun. Clockmon erhob seinen Hammer und rief: „Zeitenbrecher!“ In der nächsten Sekunde hörten die Jungs drei schmerzerfüllte Aufschreie. Lynxmon brach zusammen, als wären ihm die Vorderbeine weggezogen worden, Kiwimon fiel nach hinten und Elecmon lag am Boden, als habe es einen Schlag von oben abbekommen. Clockmon, welches langsam einen Kreis um sie bog, lachte.

„Tja, schon blöd, wenn man gegen jemanden kämpfen muss, der die Zeit kontrolliert. Die Zeit ist mein Gefährte, sie arbeitet für mich. Sie und ich sind unzertrennlich.“ Kurt war fassungslos. Hatte sich dieses Digimon wirklich so schnell bewegt oder konnte es wirklich die Zeit anhalten? Aber das war doch eigentlich unmöglich. Clockmon wollte offenbar weiter sprechen, doch ein Bimmeln ließ es verstummen. Wie aus dem Nichts zog es hinter seinem Rücken ein Handy hervor und nahm den Anruf entgegen.

„Hallöchen?“, sagte es und stellte auf Mithören. Ein leises Rauschen, wie wehender Wind war zu hören und dann erklang eine männliche Stimme: „Clockmon? Screw hier.“

„Ah, Mr. Screw, Chef, alles nach Plan verlaufen?“, fragte das Digimon und klang wie ein gut gelaunter Teenager am Telefon.

„So ziemlich. Tyrannomon wurde übernommen. Zwar kamen uns ein blonder Junge und zwei dunkelhaarige Mädchen mit Digimon dazwischen, aber das war kein wirkliches Hindernis. Mekanorimon und ich sind bereits auf dem Rückweg. Hier in Miami ist es ja schon auch sehr dunkel. Aber wie läuft es bei dir?“, fragte die Stimme und klang als wolle es das Gespräch nun schnellstmöglich beenden.

„Ich werde das schwächliche ShimaUnimon erledigen Mister, es hat nicht mal eine Attacke ausgehalten. Danach werde ich mich der drei Nervensägen und ihren Digimon entledigen und zurückkehren“, sagte das Digimon. Ein Lachen des Telefonpartners folgte, dann sagte der Mann noch: „Du hast freie Hand Clockmon, ich vertraue deinem Urteilsvermögen. Viel Spaß.“ Damit wurde eingehängt und Clockmon steckte das Handy wieder weg und mit schnellen Schritten ging es auf ShimaUnimon zu, während es seinen Hammer bedrohlich hob.

„Aufhören!“, schrie Kurt und die drei anderen Digimon sprangen vor.

„Kleiner Picker!“, rief Kiwimon, riss seinen Schnabel auf und schoss kleinere Schnäbel auf den Feind.

„Wilde Nadelklaue!“, schrie Lynxmon und stieß mit seinen Vorderklauen zu.

„Donnerschlag!“, rief Elecmon und ließ einen Blitz auf Clockmon fliegen, doch dieses sagte ungedruckt: „Zeitenbrecher.“ Kurt weitete die Augen. Er hatte das Gefühl zu ahnen, was im Bruchteil einer Sekunde ablief. Clockmon hatte seinen Hammer einmal geschwungen und somit Lynxmon einen Schwinger in die Seite verpasst. Danach war es Kiwimons Attacke ausgewichen, vorgesprungen und dieses einen kräftigen Hieb mit der Faust in den Magen durchgeführt. Anschließend hatte es erneut den Hammer genommen und Elecmon ins Gesicht geschlagen. Dann war es wieder an seinen Platz gegangen und die Zeit lief normal weiter. Lynxmon schrie schmerzerfüllt auf, wurde einige Meter zur Seite geschleudert und überschlug sich einige Male auf der Flugbahn. Kiwimon hatte aufgestöhnt und war zuckend auf die Knie zusammengebrochen. Elecmon gab gar kein Geräusch von sich, sondern wurde nach hinten gerissen, schlug einige unfreiwillige Saltos und blieb genau vor Kurt liegen. Dieser hob es hoch. Elecmon schien ohnmächtig und seine Nase blutete heftig. Doch es war kein rotes Blut, was Kurt sah. Es sah für ihn aus wie ein hellblauer Schleier, in denen sich mehrere winzig kleine Nullen und Einsen tummelten. Waren das Daten? Bluteten Digimon, indem sie Daten verloren, wie Menschen ihr Blut? Ein lautes Scheppern ließ ihn aufsehen. Clockmon erhob seinen Hammer, mit dem es soeben zugeschlagen hatte. Er sah noch, wie ShimaUnimons Schädel getroffen worden war, dann löste es sich auf und ein Digiei blieb zurück.

„Tja, das war’s schon. Und nun“, sagte Clockmon und wandte sich Kurt zu. In diesem stieg die Wut hoch.

„Du hast soeben ein wehrloses Wesen getötet… du bist ein Monster, hörst du? Ein verdammtes Monster!“, schrie er und Zornesröte standen ihm im Gesicht. Das Digimon kicherte.

„Na und? Fressen und gefressen werden, wer zu schwach ist wird einfach aufgefuttert. So funktioniert die Gerechtigkeit der Wildnis und der Digiwelt. So stellen sich Digimon ihr Dasein vor und so wird es auch immer sein, solange die Zeit existiert.“ Es sprach, als wäre es ein Gebet.

„Das kann sein, das ist mir aber scheißegal!“, schrie Kurt und Elecmon wurde langsam wach, was er allerdings nicht bemerkte. Stattdessen sprach er weiter: „Es hatte doch keine Chance, wieso seid ihr so? Ich dachte Digimon seien friedliche Wesen, die zwar hin und wieder kämpfen, aber keine bösen Gedanken haben.“ Clockmon blieb stehen und sah ihn ernst an. Es schwieg kurz, dann lächelte es und sagte kalt: „Wieso wir, wieso ich, so bin? Wieso wir, wieso ich, zu den Menschen gekommen sind, die anderen Menschen schaden wollen? Weil es uns, weil es mir, Macht gibt. Macht, macht mich glücklich. Unsere große Anführerin in der Digiwelt, hat einen Pakt mit dem Leiter des Omega geschlossen. Sie wird uns aber letztlich führen und wir werden uns gegen die Menschen erheben. Und sobald wir uns beider Welten gefügig gemacht haben, wird sie herrschen und jene von uns, die alles riskiert haben, werden mitherrschen. Nur Macht, hat in dieser und in unserer Welt etwas zu sagen. Und deshalb, müsst ihr nun auch sterben.“ Es ging weiter, wobei es den Hammer wieder anhob. Ein wahnsinniger Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Kurts Gesicht war zu einer wütenden Grimasse verzerrt. Steve und Thomas halfen ihren Digimon auf die Beine und hatten offenbar nichts oder nicht alles mitgehört.

„Das ist dumm“, sagte er schließlich.

„Was sagst du da?“, fragte Clockmon und blieb direkt vor ihm stehen.

„Es ist total dumm. Macht ist Herrschaft, da hast du Recht. Aber ein Herrscher muss würdig sein zu reagieren. Daran glaube ich und deshalb kann ich dir nur sagen: Du bist der dümmste und letzte Dreckhaufen, den ich je gesehen habe.“ Clockmons Gesicht war kurz entgleist, dann grinste es.

„Und so waren seine letzten Worte. Stirb!“, es schlug zu. Kurt schloss die Augen. Steve und Thomas schrieen, Lynxmon und Kiwimon sprangen vor, doch es würde nichts bringen. Doch etwas stimmte nicht. Clockmon hätte längst treffen sollen. Langsam öffnete Kurt seine Augen wieder und wurde geblendet. Elecmon leuchtete weiß auf.

„Du wirst ihn nicht anrühren! Er hat total Recht! Du bist Dreck!“, schrie es und sprang vor. Kurts Digivice vibrierte und leise hörte er eine elektronische Stimme, die ein Wort flüsterte: „Evolution.“ Im Sprung sah Kurt Elecmons Veränderung.

„Elecmon digitiert zu…“ Seine Vorderbeine wurden länger und bekamen Federn, ebenso der Rest seines Körpers. Ihm wuchs ein Hals und der Kopf wurde vögelähnlich mit Schnabel. Mit einem dumpfen Aufschlag landete es auf seinen kräftigen, langen Vogelbeinen.

„Kokatorimon!“ Clockmon schien noch etwas blind und so konnte es den Angriff nicht sehen. Kokatorimon hob ein Bein und trat zu. Die Wucht war gewaltig. In Cockmons Körper scheppert es kurz und es flog nach hinten. Es landete auf dem Rücken und stand schnell auf. Den Hammer hielt es noch fest. Keuchend sah es auf.

„Dich in ein Brathuhn zu verwandeln hilft dir auch nichts“, sagte es und rieb sich die getroffene Stelle. Doch Kokatorimon rührte sich keinen Millimeter. Mit ausdruckslosem Gesicht sah es seinen Gegner an.

„Was?“, fragte dieser genervt.

„Eine Frage…“, begann Kurts Digimon und dessen Stimme klang etwas maskuliner und ernster als jemals zuvor. „Was hast du wohl vor, wenn deine so genannte Anführerin wirklich herrschen sollten, sie dich aber einfach stehen lässt?“ Clockmon hob beide Brauen.

„Das wird niemals geschehen. Und wenn, werde ich eben einen anderen Weg finden an Macht zu kommen, jawohl“, sagte es und wurde mit jedem Wort euphorischer. Kokatorimon schloss kurz die Augen und sah aus, als würde es diese Antwort, oder Clockmons Einstellung bedauern.

„Zu schade, aber du bist ein hoffnungsloser Fall“, sagte es und breitete seine Flügel aus. Kleine, grüne Blitze stoben aus den Schwanzfeder vor Kokatorimons geöffneten Schnabel und als die Kugel scheinbar groß genug war, schoss es einen gebündelten Strahl in selber Farbe auf seinen Feind ab.

„Versteinern!“ Clockmon schlug mit dem Hammer zu. Die Attacke verpuffte. Es grinste, doch ein noch breiteres Grinsen von Kokatorimon lies seine eigenen Gesichtszüge entgleisen.

„Was schaust du so blöd?“, fragte es aufgebracht. Doch das Vodeldigimon antwortete nicht, sondern deutete nur mit einer Federspitze am Flügel auf den Hammer. Clockmon sah hin. Erst sah er normal, doch bei genauerem hinsehen verschlug es Clockmon die Sprache. Es schlug mit seiner Waffe auf den Boden und diese zerfiel zu Brocken und Staub.

„Stein… ich glaube es nicht“, sagte es und keuchte überrascht. Dann sah es erschrocken auf. Kokatorimon hatte aufgeschrieen und rannte nun mit großen, aber auch schwerfällig schienen Schritten auf Clockmon zu. Doch es war schnell. In seinen Beinen mussten wirklich wahnsinnig starke Muskeln stecken. Es trat zu, schnell und mehrmals hintereinander. Clockmon wich aus und hatte alle Mühe auszuweichen.

„Ich habe vielleicht keine Waffe mehr, aber deshalb gewinnst du noch lange nicht!“, schrie Clockmon, wehrte einen Tritt ab und stieß Kokatorimon von sich weg.

„Zeitenbrecher!“ Es hielt die Zeit für die anderen an und sprang vor. Diesmal war es selbst im Vorteil. Kokatorimon rührte sich natürlich nicht. Wie auch? Es sah immer noch Clockmon einige Meter entfernt vor sich stehen. Es schlug zu und traf den Kopf des Vogeldigimons, ein weiterer traf seine Brust und der letzte, ehe die Wirkung verfliegen würde traf es erneut am Kopf. Als die Zeit normal weiter lief keuchte Kokatorimon auf und taumelte zurück.

„Zu früh gefreut!“, schrie Clockmon und schlug wieder zu, doch Kokatorimon fing sich scheinbar und machte einen flinken Schritt zur Seite, so dass der Schlag ins Leere ging und es nun hinter deinem Gegner stand. Schnell erhob es erneut einen Fuß und traf Clockmon mit aller Kraft im Rücken. Dieses fiel vorn über und rutschte einige Meter über den Boden.

„Unmöglich“; dachte es, während es zitternd aufstand. „Ich habe es doch so hart getroffen. Es müsste fertig sein, stattdessen kämpft es einfach weiter. Ohne meinen Hammer scheine ich nicht mehr ganz so stark zu sein.“ Kokatorimon nutzte Clockmons kurze Unaufmerksamkeit und begann erneut die grüne Kugel vor seinem Schnabel zu formen. Als es sein Gegenüber dann bemerkte war es zu spät.

„Versteinern!“, rief Kurts Digimon und die Attacke traf perfekt. Clockmon wurde zwar nicht versteinert im eigentlichen Sinne, doch schien es gelähmt zu sein. Es konnte sich nicht mehr bewegen. Langsam kam Kokatorimon näher. Jeder Schritt schallte dumpf auf dem leeren Platz wieder.

„N-Nein…“, keuchte Clockmon und zitterte, da es angestrengt versucht sich aus seine Betäubung zu befreien. „Bitte nicht… lasse mir eine Chance… gib mir doch eine verdammte Chance!“

„ShimaUnimon hatte auch keine Chance“, sagten Kokatorimon und Kurt synchron. Plötzlich konnte Clockmon eine Art gelblichen Schleier um Kokatorimon erkennen. Es kannte diese Erscheinung.

„Ist das etwa… das Digisoul?“, flüsterte es. Kurt, sein Digimon und auch die anderen, die alles nur mit offenen Mündern angesehen hatten horchten auf.

„Das Digisoul… die Kraft, die Menschen als Chi, bezeichnen, das, was jedes Lebewesen in sich trägt. Tatsächlich. Und ich dachte, es gäbe dies nicht.“

„Es scheint verwirrt“, sagte Lynxmon.

„Ja, sein Geist ist gebrochen“, fügte Steve hinzu. Thomas sah etwas traurig aus und meinte: „Es war so von Macht besessen, dass es seinen Glauben an diese Energie verloren hatte. Ich habe irgendwie Mitleid.“ Kokatorimon erging es wohl ähnlich. Es fächerte seine Schweiffedern auf, welche im letzten Licht der untergehenden Sonne glänzten. Eine Blitzschnelle Bewegung und ein schneidendes Geräusch erfüllten die Luft.

„Federnmesser.“ Langsam, zerfiel Clockmon in zwei Teile und löste sich schließlich ganz auf. Nur ein Digiei blieb zurück und rollte zu dem, welches vorher ShimaUnimon gewesen war. Thomas und Steve nahmen je eines hoch.

„Du warst super, danke, dass du mich gerettet hast“, sagte Kurt und sah zu Elecmon, welches wieder zusammengeschrumpft war und mit müdem Gesicht von Lynxmons Rücken zu ihm sah und leicht lächelte.

„Bitte, gern geschehen“, sagte es und klang sowohl glücklich, als auch etwas benommen.

„Schlaf jetzt, das hast du verdient“, sagte Kiwimon und Elecmon nickte, ehe es den Kopf auf Lynxmons Rücken bettete.

„Sollen wir zum Flughafen und nach den Agenten suchen?“, fragte Thomas. Kurt schüttelte den Kopf.

„Lasst uns eine Campingausrüstung leihen und draußen mit unseren Digimon übernachten. Ich habe richtig Lust dazu. Dann können wir auch bei ihnen bleiben.“ Alle nickten zustimmend.

Digimon in L.A.

Schon im Anflug hatten Stella, Marie und Kevin die Spielhallen und Theater von Los Angeles gesehen. Es war sogar noch beeindruckender gewesen, als im Fernsehen und dabei waren sie noch nicht einmal am Boden gewesen und es war noch taghell. Nun standen Stella, Marie und Devimon etwas Abseits der Straße auf dem Bürgersteig und Numemon, sowie Kougamon hatten sich versteckt, blieben aber in Hörweite. Sie alle warteten auf Kevin, der nach der Landung auf die Toilette verschwunden war.

„Flugkrankheit?“, fragte Marie und Stella zuckte mit den Achseln.

„Keine Ahnung Kleines, schätze schon. Immerhin ist er nun schon seid fünfzehn Minuten weg.“ Dabei wanderten ihre Augen zu Devimon, welches ganz dich neben ihr stand.

„Ist was?“, fragte sie halbtrocken und das Digimon nickte knapp.

„Ja, ich würde mich erstmal gerne etwas mehr aus dem Sonnenlicht zurückziehen und außerdem weiß ich nicht, wieso ich mich nicht ebenfalls verstecken sollte um unerkannt bleiben zu können.“ Stella lächelte und deutete auf Devimon.

„Mal abgesehen von deinen Flügeln, siehst du sehr menschenähnlich aus. Fast wie ein Mix aus Gothic, Emo, Punk und Satanist. So was sind die Leute schon gewöhnt. Sie werden dich höchstens für einen verkleideten Menschen halten, der einen alternativen Lebensstil eingeschlagen hat.“ Das Digimon verzog das Gesicht.

„Ich wäre lieber unerkannt, als für fehlgeleitet gehalten zu werden“, sagte es. Das Mädchen seufzte und meinte dann leicht genervt: „Dann hau halt ab.“ Das ließ sich das Digimon nicht zweimal sagen. Mit einem Schritt nach hinten hatte es sich bereits scheinbar im Nichts aufgelöst.

„So eine Zicke. Hat Angst vor etwas Sonne“, murmelte Stella und verschränkte die Arme vor der Brust. Marie lächelte etwas. Sie hatte diese Szene eigentlich ganz lustig gefunden.

„Sorry Leute…“, sagte Kevin leise, blieb neben Marie stehen und hielt sich den Bauch.

„Aber der Anflug hatte irgendwie was ausgelöst…“ Stella hob beide Brauen.

„War dir echt schlecht und warst grade spucken?“ Der Junge schüttelte den Kopf und sagte mit einer wegschiebenden Handbewegung: „Ehe in die andere Richtung.“ Stellas Augenlieder, die dadurch zu sehen waren, dass sie genervt ihre Augen geschlossen hatte, zuckten bedrohlich. Dabei zog sie ein Gesicht als wolle sie sagen: „Typisch.“ Marie sah von einem zum anderen und sagte leise: „Ähm, worüber redet ihr bitte?“ Kevin hatte bereits eine Mine aufgesetzt, als wolle er einen sehr komplizierten Prozess erklären und hatte auch bereits seinen Mund geöffnet um zu sprechen, da fiel ihm Stella laut ins Wort: „Das ist wirklich nicht so wichtig. Los, gehen wir zum Hotel. Kevin, du trägst unsere Sachen. Und ehe du fragst warum: Weil du, du bist!“
 

Sie folgten einigen Straßen und waren hin und weg. Auch wenn die Lichter noch alle aus waren und der Verkehr sehr stockend vorwärts ging, so war die Kulisse allgemein überwältigend. Menschen gingen in Maßen über die Straßen, Geschäfte aller Art und solche, die sie zuvor noch nie gesehen hatten gab es überall verstreut und man konnte sich fast jeder Zeit entscheiden, ob man ein Casino oder ein Theater betreten wollte oder nicht.

„Ach sag mal, wie viel Zeitverzögerung haben wir?“; fragte Stella irgendwann, als sie kurz anhielten um sich zu orientieren. Kevin überlegte angestrengt, dann sagte er: „Also zu High Springs glaube ich, sind es vier oder sechs Stunden. Zwei Stunden Flug, heißt zuhause ist es grade dunkel geworden.“ Marie ließ bei diesen Worten ein lautes Gähnen hören.

„Habe ich mir gedacht. Mir fallen auch gleich die Augen zu“, meinte Stella und musterte die Karte etwas genauer. Doch keine Chance, dieser Dschungel aus Gebäuden, Autos und Menschen irritierte sie so stark, dass sie sich nicht richtig konzentrieren konnte. Kevin nahm ihr die Karte ab und wandte sich zum gehen.

„Ihr wartet hier, ich werde schauen ob ich was machen kann“, sagte er und nachdem die zwei Mädchen genickt hatten ging er die Straße etwas zurück. Marie wandte sich auch zum gehen.

„Und du?“, fragte Stella leicht irritiert.

„Ich muss mal“, meinte Marie und drückte ihre Knie leicht zusammen. Stella kicherte, deutete auf ein Restaurant und sagte: „Frag mal dort nach, da kannst du sicher auf die Toilette gehen.“ Das kleine Mädchen rannte geradezu los und ging in das Restaurant. Stella nutzte ihre kurze Ruhezeit, schloss die Augen und versuchte sich etwas zu entspannen.

„Hey, kannst du mir mal sagen was jemand wie du hier verloren hat?“ Sie öffnete ihre Augen wieder. Drei Jungs standen mit grimmigen Mienen vor ihr. Das Mädchen konnte sie sofort einordnen und wusste auch, was sie damit meinten. Sie trugen alle Samt blaue Jeans mit unterschiedlichen T-Shirts. Einer hatte eine Weste darüber an, ein anderer eine Stoffjacke mit Kapuze, die er sich übergezogen hatte und der andere trug ein Baseballcape. Im Normalfall wären Stella die drei nicht weiter aufgefallen, so normal wie sie aussahen. Doch eben weil sie so aussahen ahnte sie schon worum es gehen musste.

„Ich warte auf ein paar Freunde“, sagte sie knapp und machte mit ihrem Ton klar, dass das alles war, was er wissen musste.

„Sind auch so welche wie du, hah?“, fragte der mit der Kapuze. „So schwarz angezogen, bleich und schwarze Haare was? Verzieh dich, so einen scheiß Emo wie dich wollen wir nicht hier!“ Stella rührte sich kein Stück.

„Ich bin kein Emo“, sagte sie knapp. Die drei schienen kurz verwirrt und aus dem Konzept.

„Scheiße, was bist du dann? Ein Punk? Ein Gothic? Oder was?“ Sie sagte erst nichts, dann meinte sie ruhig: „Ich bin nichts von alle dem. Ich mag dieses Outfit und das ist der einzige Grund, warum ich es trage.“

„Bist du bekloppt im Kopf?“, fragte nun der Westenträger und machte Anstalten näher zu kommen. Sie hob sofort ihre Hand und er hielt inne.

„Noch ein Schritt näher und dir wird es Leid tun. Ich mag es nicht, wenn mir erst total dumm kommt und dann auch noch aufdringlich wird.“ Doch das schien nicht zu interessieren, er packte sie grob am Arm. Stella wollte ihm eine verpassen, doch der Griff löste sich sofort wieder und der Junge wurde nach hinten geschleudert und er landete auf dem Bürgersteig. Kein Passant hielt an um zu gucken was vor sich ging. In Großstädten war das offenbar normal. Der Westenträger sah geschockt zu ihr. Außer Stella und seinen zwei Kollegen war niemand anderer zu sehen.

„Verdammter Mist, was war das?“ Der mit der Baseballcape ging auf das Mädchen zu, doch Stella sah aus dem Augenwinkel wie der Gullydeckel zwischen ihr und ihm sich fast wie von Geisterhand öffnete und mit einem unbeholfenen Schritt fiel er hinein. Zumindest ein Bein von ihm, der Rest passte nicht durch das Loch.

„Hilfe, ich komme nicht raus!“, schrie er und geriet leicht in Panik. Seine Freunde zogen ihn zusammen raus. Kaum dass einer wieder auf Stella zuging, glaubte das Mädchen Devimon nur kurz hinter ihr stehen zu spüren. Zumindest hatten die drei ihre Augen vor panischer Angst geweitet.

„Verdammte Scheiße… habt ihr das gesehen?“, fragte der mit der Weste.

„Die ist eine Satanistin, lauft! Scheiße man, lauft!“, schrie der Kapuzenträger und zusammen rannte sie die Straße runter. Stella lachte schallend und ging in die nahe, kleine Gasse. Devimon, Kougamon und Numemon, welches seine Augen aus einem weiteren Kanalloch schauen ließ warteten schon.

„Danke Leute“, sagte das Mädchen und grinste sie alle an. Kougamon grinste breit.

„So was von unreif. Das sollte sie belehrt haben“, sagte es.

„In was denn?“, fragte Numemon interessiert und Kougamon antwortete mit einem noch breiteren Grinsen: „Dass man Devimon nicht ansehen kann ohne in Panik zu geraten.“ Beide heulten fast nur Lachen, doch ein bedrohlicher Blick von Devimon ließ sie sofort verstummen. Stella kicherte.

„Ich warte dann mal weiter auf die anderen, nicht dass Marie uns nicht mehr findet.“
 

„Und? Hat es was gebracht?“, fragte Marie und Kevin nickte.

„Zumindest weiß ich jetzt wo wir sind und zwar hier“, sagte er, breitete die Karte aus und deutete auf einen Punkt, den er offenbar selbst darauf gemalt hatte.

„Dann sind wir fast richtig. Wir biegen einfach die nächste Straße rechts ab und…“, doch weiter konnte Stella nicht reden. Ein angsterfüllter Aufschrei und viele weitere überraschte Laute ließ alle drei aufsehen. Die ganzen Menschen auf der Straße hatten die Blicke gehoben und ihre Münder standen offen. Gerade fielen ihnen die seltsamen Geräusche in der Luft auf, dann sahen auch sie hoch. Etwas flog am Himmel in einem leichten Zickzack. Sie mussten genauer hinsehen, bis sie erkannten was es war. Es war ein Insekt, aber kein normales. Es musste größer sein als ein Mensch, war blau, hatte ein großes Horn und machte einen bedrohlichen Eindruck. Das seltsame Geräusch war das Summen von seinen schlagenden Flügeln.

„Das ist Kabuterimon“, sagte Kougamon, welchen auf einmal neben Kevin stand.

„Wollt ihr es verfolgen?“; fragte der Junge und sein Digimon nickte.

„Natürlich. Devimon und ich gehen vor, Numemon ist bereits auf dem Weg. Versucht uns zu folgen, sonst wird Numemon euch später abholen. Bis dann.“ Es machte zwei Fingerzeichen und mit einem leisen Geräusch war es plötzlich verschwunden.

„Ich werde mich nie an seine Ninjatricks gewöhnen“, sagte Kevin und zusammen mit Stella und Marie ging er los. Doch das Digimon zu verfolgen war nicht so leicht wie sie es gedacht hatten. Doch es schien Hoffnung zu geben. Als sie den Stadtrand mit starken Lungenschmerzen und Seitenstichen erreichten, schien Kabuterimon zum Landeanflug anzusetzen. Doch sie hatten keine Kraft mehr. An einer Hauswand blieben sie stehen und holten Luft.

„Ich frage mich, wieso die Polizei sich noch nicht hat blicken lassen“, keuchte Kevin und stützte seine Hände auf seine Knie. Stellas Antwort war kaum zu verstehen, da sie mitten in manchen Wörtern um Luft rang: „Weil unsere lieben FBI-Agenten das garantiert verhindern um es freie Bahn zu geben.“ Ein Klappern, als würde jemand ein einem Gitter schütteln ließ Marie erschrocken zusammenzucken und sie machte einen Schritt zur Seite. Direkt unter ihr hatte das Gullydeckel angefangen zu vibrieren. Schwungvoll wurde hoch gedrückt und ein Auge war im dunklen zu erkennen.

„Du hast mich erschreckt Numemon…“, meinte Marie schmollend.

„Tschuldige, aber ich soll euch abholen. Devimon meinte, ich könnte eh nicht wirklich helfen. Etwas weiter die Straße runter ist ein großer Kanaldeckel. Wenn ihr aufpasst, könnt ihr den runter“, sagte das Digimon und klang leicht dumpf, da es ja noch unter der Erde war.

„Toll, ich hoffe das Hotel hat ein Bad… ohne Guckloch“, fügte Stella hinzu und sah dabei Kevin amüsiert an. Dieser erwiderte den Blick, schaute aber verwirrt.

„Egal, kommt, runter!“; rief Marie und ging los zu dem Kanaldeckel, den Numemon beschrieben hatte. Gerade als Kevin und Stella es geschafft hatten ihn anzuheben, sprang Maria ohne Vorwarnung einfach runter.

„Hey warte“; rief Kevin entsetzt, doch als kein dumpfes Aufschlagen, sondern nur ein leichtes Stöhnen zu hören war, atmete er auf. Dann kletterten er und Stella hinunter.

„Alles gut überstanden?“, fragte Stella und hörte wie Kevin über ihr auf der Leiter den Deckel mit aller Kraft wieder drauf zog.

„Ja!“, rief Marie freudig. Numemon seufzte nur, da das Mädchen immer noch auf ihm saß.
 

„Was wollt ihr?“, fragte das große Insektendigimon und verschränkte beide Armpaare für der Brust. Seine Stimme klang zwar nicht bedrohlich, aber recht ernst. Devimon trat vor.

„Wir wollen dir helfen nach Hause zu kommen“, sagte es und Kougamon, welches auf Devimons Kopf stand, nickte. Kabuterimon hob leicht den Kopf, was wohl eher als das Heben von den nicht vorhandenen Augenbrauen gedeutet werden musste.

„Das stimmt wirklich. Wir kennen da ein paar Menschen, die können das garantiert. Dafür müssten wir allerdings erstmal auf unsere Freunde warten, damit sie fragen können, wo wir hin müssen“, erklärte Kougamon und sprach zwar etwas schnell, aber deutlich. Das große Insektendigimon schien kurz angestrengt zu überlegen, dann nickte es.

„Also gut“, sagte es und machte Anstalten sich hinzuhocken. „Dann warte ich eben hier noch etwas.“ Devimon nickte anerkennend.

„Findest du es nicht, dass es bisher etwas zu leicht lief?“, fragte Kougamon unter vorgehaltener Hand. Das schwarze Digimon zischte kurz und leise auf.

„So etwas bringt Unglück, weißt du das nicht?“ Ein lauter Knall, gefolgt von einem leisen Pfeifen und einem weiteren Knall mit Explosion ließ alle drei zur Seite ausweichen. Nur wenige Meter entfernt war etwas auf den Boden eingeschlagen und hatte eine kleinere Explosion verursacht.

„Du musstest ja fragen…“, knurrte Devimon das kleine Ninjadigimon an, dann erhob es seine Stimme: „Wer ist da? Gib dich zu erkennen!“

„Mir gefällt dein Umgangston nicht!“, rief jemand hinter einer Wand aus trockenen Büschen und kleineren Bäumen in der Nähe. Das Geräusch von etwas schweren, was sich durch Holz stemmte folgte und nur Sekunden später kam ein Digimon zum Vorschein. Es wirkte gerade zu grotesk. Es hatte mehr Ähnlichkeiten mit einem Panzer, der allerdings über den Antriebsketten einen Körper mit Kopf und Armen besaß. An den Händen befanden sich schwere Maschinengewehre und auf dem Kopf hatte es das Panzerrohr befestigt.

„Ein Tankmon“, meinte Devimon gleichgültig, als wäre das Auftauchen dieses Digimon nicht weiter überraschend. Tankmon grinste breit, als sein Name fiel.

„Ganz genau. Aber nicht einfach eines, sondern das“, sagte es und versuchte wohl erhaben zu klingen, was aber auf Grund der technischen und monotonen Stimme misslang. Kougamon runzelte die Stirn und fragte: „Und was macht dich besonders?“ Das Panzerdigimon grinste weiterhin, offenbar fühlte es sich überlegen.

„Mich? Viel. Ich bin sowieso nur hier, um dieses Kabuterimon zu unterwerfen. Und da ihr zu mir gekommen seid, erspart ihr mir eine Suche nach euch. Ich weiß zwar nicht, wo eure Menschenpartner sind, aber die wären dann als nächstes dran.“ Devimon und Kougamon fingen an zu knurren. Dann sprang Kougamon in die Luft, zog einen, im Vergleich zu seiner Körpergröße, riesigen Wurfstern hinterm Rücken hervor und warf diesen schwungvoll in Tankmons Richtung.

„Schluck das!“, rief es dabei und Tankmon rührte sich zuerst nicht einmal einen Millimeter. Dann schlug es schnell mit der rechten Handwaffe zu und der Wurfstern wurde abgewehrt.

„Lächerlich…“, murmelte es gelassen und kam langsam auf sie zu. Devimon flog auf den Gegner los und stieß mit einer Krallenhand zu.

„Todeskralle!“, rief es dabei, doch Tankmon hob nun die linke Handwaffe und wehrte diesen Angriff ebenfalls ab. Doch das schwarze Digimon stemmte sich gegen den Feind.

„Oh? Du scheinst etwas stärker zu sein. Aber das reicht nicht!“ Tankmon neigte leicht den Kopf und Devimon sah genau in das Kanonenrohr.

„Was…!“, rief es, doch schon konnte man hören wie das Projektil durch das Rohr gedrückt wurde.

„Hyperkanone“, sagte Tankmon gelassen und keine Sekunde zu spät zog Devimon seinen Kopf zurück und wurde verfehlt. Doch der Gegner reagierte auf diese offene Deckung sofort und schlug mit der freien Waffe zu. Ein lauter, dumpfer Aufschlag ertönte und das schwarze Digimon fiel wenige Meter entfernt zu Boden. Nun kam wieder Kougamon auf den Feind zu gerannt und rief: „Ich übernehme!“ Es machte einige Handzeichen und plötzlich waren es fünf Digimon, statt nur einem. Tankmon grinste.

„Erbärmliche Taschenspielertricks, Maschinengewehrarm“, sagte das Panzerdigimon, zielte mit beiden Armen und schoss in schneller Folge die Kugeln ab. Nach und nach traf es seine Ziele, doch keines der Kougamon war echt gewesen.

„Was?“ Sofort wandte sich Tankmon um. Das echte Kougamon stand hinter ihm und warf eine Ninjabombe. Erneut ertönte ein Schuss aus einer Waffenhand und die Bombe explodierte mitten im Flug. Kougamon riss die Druckwelle von den Füßen, auch Tankmon wurde erfasst, doch durch seine Größe ließ sie sie ihn recht kalt. Nun neigte der Panzer erneut den Kopf und zielte auf die zwei Digimon, welche sich noch nicht ganz von den Treffern erholt hatten.

„Das war schon fast zu leicht“, sagte es und wie vom Blitz getroffen durchzuckte plötzlich Starkstrom seinen Körper. Leicht zuckend wandte es sich erneut um. Kabuterimon schwebte leicht über den Boden und knurrte bedrohlich.

„Ich weiß zwar nicht was hier vorgeht, aber du sagtest etwas von wegen, dass du mich unterwerfen wolltest. Das kannst du dir abschminken, noch dazu hast du diese zwei netten Digimon angegriffen. Nimm das! Stromschlag!“ Es erschuf in seinen vier Händen kleinere Kugeln aus Blitzen und schoss sie als gebündelte Kugel auf den Feind ab. Tankmon reagierte sofort. Es schoss mit dem Rohr mitten in die Kugel hinein. Kabuterimons Angriff verpuffte und das Projektil schoss auf das Insektendigimon zu, welches jedoch überraschend agil auswich. Noch während die zwei Digimon ihre Attacken austauschend, meldete sich Kougamon leise an Devimon gerichtet zu Wort: „Ich kenne seine Schwachstelle. Ich habe es gesehen. Es hat unsere Angriffe mit den Körperstellen abgewehrt, die von Digichrome überzogen sind, wenn wir die unbedeckten Körperstellen angreifen, könnte ihn das sicher lahm legen.“ Devimon nickte und richtete sich ganz auf.

„Guter Plan, fangen wir an!“, sagte es und bildete mit seinen Armen ein Kreuz vor der Brust. Kabuterimon wurde von einer weiteren Hyperkanoneattacke gestreift und fiel zu Boden, Tankmon ergriff es am Horn, noch während es gen Erde gefallen war, drehte sich und schleuderte es damit leicht umher und rammte es danach schließlich in den Boden. Staub und Dreck wirbelte auf und ein widerliches Knacken war zu hören.

„Nun reicht es mit diesem dummen Spielchen!“, rief das Panzerdigimon und schien genervt.

„Wie recht du doch hast, Alptraumwelle“, sagte Devimons Stimme und ehe sich Tankmon versah befand sich inmitten von Schatten, die es umgaben. Irritiert sah es sich um. Doch es konnte niemanden ausmachen. Ein leises Piepen ließ es zusammenzucken, doch dann nahm es scheinbar einen Anruf entgegen, denn es sagte mit leicht panischer Stimme: „H-Hallo? Ms. Cable, ein Glück, hier gibt es Schwierigkeiten. Zwei Digimon haben sich eingemischt und ich glaube ich habe ein Problem. Ich könnte etwas Unterstützung…“ Doch weiter kam es nicht, denn Devimons Klaue und Kougamons Schwert hatten sich soeben durch seine Brust gebohrt, ohne dass Tankmon etwas dagegen hatte tun können. Es schrie noch mal kurz auf, dann löste es sich langsam auf und ein Digiei blieb zurück.
 

„Endlich sind wir da“, sagte Stella genervt und roch mit missmutiger an ihrer Kleidung.

„Nie wieder Kanalisation, nie wieder“, fügte sie noch schlecht gelaunt hinzu. Kevin nickte nur zustimmend, zog sich etwas Schleimiges von den Schultern und warf es achtlos weg. Marie war besserer Laune, als die anderen Beiden. Sie störte es nicht dreckig und stinkig zu sein.

„Schade, dass Numemon nicht mitkommen wollte. Aber es trocknet ja so schnell aus bei dieser Sonne“, meinte das kleine Mädchen und rannte vor. Stella und Kevin folgten ihr schnell. Dann endlich kamen Devimon und Kougamon in Sicht. Sie standen vor Kabuterimon, welches am Boden lag und schwer atmete. Sein Horn war abgebrochen und seine gesamte Haut war von tiefen Rissen überzogen. Seine Flügel waren abgeknickt und auch drei von seinen vier Armen hingen in einem unnatürlichen Winkel von ihm ab.

„Tut mir so Leid, dass wir dich nicht beschützen konnten“, sagte Kougamon und schien den Tränen nah. Devimon sah nur betroffen zu Boden. Das Insektendigimon schüttelte nur zittrig den Kopf.

„Du hast dich für uns eingesetzt. Das vergessen wir dir niemals. Wir versprechen dir, dich wenigstens als Ei zurück in die Digiwelt zu schicken“, fügte das kleine Digimon schnell hinzu. Kabuterimon nickte, offenbar dankbar und mit einem letzten, lauten Seufzer begann es sich aufzulösen und ein Digiei rollte Devimon vor die Füße. Stella hob es auf.

„Ihr kam zu spät wie?“, fragte Kevin und strich Kougamon über den Kopf, welches mit feuchten Augen zu Boden sah.

„Nein, wir konnten nur nichts tun, weil wir zu schlecht waren“, sagte Devimon laut, ballte die Fäuste und fügte hinzu: „Aber eines sage ich euch. Wir müssen die Omega jagen und zur Strecke bringen. Dieser Wahnsinn muss aufhören!“ Alle nickten und nachdem Kevin sich Tankmons Ei geschnappt hatte, machten sie sich auf den Weg zurück in die Stadt. Die Digimon mussten sich jetzt ausruhen.

Es ist nicht alles Holz was glänzt

„Und ich habe immer gedacht, in Springfield wären alle Leute gelb“, sagte Chris und musste über seinen eigenen Witz kichern. Vanessa verdrehte nur genervt die Augen.

„Du bist wohl ein Simpsonsfan, was?“, fragte sie und klang leicht genervt. Er antwortete nicht darauf. Seid sie gelandet waren und sogar schon auf dem Hinweg hatte Vanessa in geradezu dauerhaft ignoriert. Dabei gab er sich wirklich alle Mühe sie mal etwas lockerer zu machen. Doch irgendwie schien an ihr alles abzuprallen, wie ein geschmetterter Tennisball von einer Massivbetonwand. Auch ein hilfloser Blick auf Bearmon, welches er auf dem Arm trug, brachte nix, da das Digimon nur kaum merklich die Schultern hob.

„Wo ist eigentlich Lekismon?“, fragte Chris dann und ihm fiel erst jetzt auf, dass es fehlte.

„Wahrscheinlich auf den Hausdächern und folgt uns unauffällig“, gab das Mädchen knapp als Antwort. Der Junge seufzte, dann sagte er: „Hör mal, ich weiß zwar nicht was ich dir angetan habe, aber kannst du bitte aufhören mich so zu behandeln, als sei ich eine Plage?“ Doch schon bereute er es so heftig ausgedrückt zu haben. Vanessa blieb abrupt stehen und Chris hatte alle Mühe ebenso plötzlich zu bremsen. Tatsächlich schaffte er es nicht und stand nun in ihrem Rücken.

„T-Tut mir Leid“, sagte er sofort und wahrheitsgetreu. „Aber du bist so plötzlich stehen geblieben da…“ Doch ein leises Wort ließ ihn sofort verstummen.

„Entschuldige“, flüsterte das Mädchen leise.

„Was?“, fragte Chris, der es schon geradeso verstanden hatte, doch den Zusammenhang hatte er noch nicht erkannt.

„Entschuldige bitte“, wiederholte sie und sah zu Boden. „Ich weiß, dass du Recht hast wegen dem mies behandeln und das tut mir echt Leid, denn es ist ja nicht deine Schuld“, sagte sie und flüsterte immer noch. Chris, der einen Schritt zurückgegangen war, kam nun einen halben wieder näher an sie ran, damit er sie besser hören konnte. Denn tatsächlich sprach sie weiter: „Auf der Klassenfahrt, sie dauerte zwar nur zwei Tage, aber wir mussten in zwei Ferienhäusern übernachten. Natürlich haben uns die Jungs Streiche gespielt, indem sie sich zu uns geschlichen hatten. Natürlich lief alles ganz gesittet ab, es ist nichts Wichtiges passiert, doch ausgerechnet dieser Junge wollte mich unter vier Augen sprechen. Der, den ich schon länger im Auge habe, verstehst du? Jedenfalls… wir gingen in ein leeres Zimmer und er machte Anstalten mir etwas angeblich Wichtiges zu sagen. Nach langem hin und her meinte er dann, dass er mich ziemlich mögen würde. Mein Herz raste, ich dachte schon nun würde alles gut gehen. Doch gerade als ich ihn küssen wollte, ging die Tür auf und die ganzen Jungs aus unserer Klasse stürmten lachend den Saal und auch er lag vor Lachen am Boden.“ Sie wisch sich mit dem Handrücken kurz durch das Gesicht, holte tief Luft und sagte dann: „Aber wieso nerve ich dich eigentlich damit? Wir gehen besser weiter.“ Damit ging sie im etwas schnelleren Tempo weiter. Chris und Bearmon wechselten kurz mitleidige Blicke.

„Irgendwie fühl ich mich getroffen… ich glaube, ich lasse meine Sprüche erstmal besser“, sagte der Junge und ging langsam weiter. Das Digimon nickte nur.
 

„Hatten Sie eine Reservierung?“, fragte die junge Frau, welche am Schalter des Hotels stand und eifrig auf der Tastatur eines Computers herumtippte.

„Ja, hier ist der Papierkram, das hier sind die Reservierungskarten oder?“, fragte Chris und hielt der Dame die paar Papiere hin. Nach einer kurzen Überprüfung war alles schon erledigt, zumindest fast, denn eine Frage stellte die junge Frau noch: „Wie sieht es mit den Betten aus? Getrennt nehme ich an?“ Chris nickte zwar, sah sie aber verwirrt an. Die Frau zwinkerte ihm zu, als wollte sie ihm Glück wünschen, dann kam der nächste an die Reihe.

„Seltsame Reaktion, oder?“, fragte Bearmon, doch Chris, dem ein Licht aufgegangen war, grinste nur.

„Nein, ich finde es witzig“, meinte er nur und zusammen mit Vanessa betrat er nur kurze Zeit das Zimmer. Es hatte vier Zimmer. Den Wohnbereich, der Zugleich auch eine Essecke hatte, ein Bad mit Dusche, das Schlafzimmer mit den zwei Betten und eine kleine Küche, das nur mit dem nötigsten für Snacks oder kleinere Mahlzeiten ausgestattet war. Während Chris seine Reisetasche plump in eine Ecke schmiss, räumte Vanessa ihre Sachen ordentlich ein.

„Was machst du denn da? Wir bleiben doch eh nicht lange“, meinte der Junge verwirrt und sah ihr dabei zu, wie sie ihre Unterhöschen in eine Schublade verstaute.

„Ich räume ein… immerhin muss ja nicht alles von meinem Zeug sich zerknittern und hässlich aussehen, oder?“, meinte Vanessa und schloss die Schublade mit einer eleganten Handbewegung. Der Junge und sein Digimon tauschten kurz ihre Blicke, dann meinte Chris langsam: „Aber… okay, aber Unterwäsche? Die sieht doch niemand, oder?“ Das Mädchen seufzte und antwortete nicht.

„Egal, Bearmon und ich gehen uns schon mal etwas umsehen, hier“, begann er und hielt ihr einen Zettel entgegen, auf dem eine Handynummer geschrieben stand. „Das ist meine Nummer, falls etwas ist, ruf einfach an. Komm Bearmon, auf ins Vergnügen!“ Damit nahm er den kleinen Bären auf den Arm und verlies schnellen Schrittes den Raum. Vanessa sah hinab auf den Zettel in ihrer Hand. Als sie hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, zerknüllte sie den Zettel.

„Ich habe die Schnauze voll von Jungs. Von Nummern, erst Recht“, murmelte sie leise und warf das Papier in den Müll.

„Na ja das darfst du nicht verallgemeinern, ich finde ihn ganz nett“, sagte eine Stimme die nur wenige Zentimeter von ihr entfernt war. Das Mädchen zuckte zusammen und sah in die Richtung aus der die Stimme gekommen war. Lekismon stand fast genau in ihrem Rücken. Vanessa zuckte überrascht zusammen und stotterte: W-Was machst du denn hier?“ Das Digimon grinste und deutete in den Wohnraum.

„Die Balkontür war offen“, sagte es. Stimmt, Vanessa hatte sie ja extra dafür geöffnet.

„Oh, ja“, antwortete sie und sah wieder zu Boden. Beide schwiegen ein paar Minuten, dann setzte sich ihr Digimon neben sie und meinte altklug: „Hör mal so was passiert eben. Jeder macht mal gewisse Phasen durch, aber mach dich deswegen nicht verrückt. Komm, du speicherst seine Nummer ab und wir folgen ihm bei Gelegenheit. Okay?“ Das letzte Wort fügte es mit einem lieben Lächeln hinzu. Das Mädchen seufzte schwer, stand auf, hob den Zettel und zückte ihr Handy.

„Du weißt auch alles besser oder?“, fragte sie und fing an auf den Tasten herum zudrücken. Lekismon nickte bloß.
 

„Chris, du hast wirklich eine hervorragende Arbeit geleistet. In diesem Punkte kann man sich wirklich auf dich verlassen, darin bist du ein Meister unter den Meistern“, sagte Bearmon und fügte dann hinzu: „Wir haben uns nämlich total verlaufen.“ Chris knurrte das Digimon an, was sich mittlerweile an seine Schultern klammerte und als Rucksack aussehen wollte und sagte: „Ja ist ja schon gut. Dann fragen wir uns später halt durch oder fragen Vanessa wenn sie anruft.“

„Wie sollte sie uns helfen, wenn sie die Stadt genauso wenig kennt wie wir?“, fragte das Digimon und zog eine ungläubige Schnute. Tatsächlich fragte sich der Junge jetzt selbst, wie sie von einer belebten Einkaufsstraße in eine dicht besiedelte Wohngegend gelangen konnten. Kinder spielten in den Vorgärten und Teenager, sowie Erwachsene gingen oft in kleinen Grüppchen von mindestens zwei Personen die Straße entlang. Ein Szenenwechsel geschah erst nach einigen Minuten als Chris an einer Baustelle vorbei ging. Er blieb kurz stehen. Sein Blick war über das Baugelände gehuscht. Keine Arbeiter waren zu sehen. Das Haus war noch gerade am Anfang der Bauphase. Der Keller war ausgehoben, sonst war noch nicht viel passiert. Doch irgendetwas störte ihn. Irgendwas an der Szenerie stimmte nicht und widersprach sich gegen alles was Chris von gewöhnlichen Baustellen kannte. Dann fiel ihm wie Schuppen aus den Haaren. Ein großer Baum stand nur wenige Meter von der Kellergrube entfernt. Dieser Baum war ein Blickfänger. Er hatte nur zwei dickte Äste und sah aus wie abgestorben. Normaler Weise wurden solche Bäume schnellstmöglich von Holzfällern gefällt. Die Äste bewegten sich obwohl man keinen Wind spüren konnte. So dicke Äste würden sich aber auch eigentlich bei normaler Windstärke nicht rühren. Und hatte die Rinde nicht die Umrisse eines Gesichts? Bearmon, dem das wohl auch aufgefallen war, versetzt Chris einen leichten Tritt in den Rücken. Der Junge verstand den Wind und kletterte über die Absperrung. Er war nur zwei Schritte gegangen, da ertöhnte sein Handy. Die beiden erschraken sich, dann nahm Chris den Anruf entgegen und schaltete den Lautsprecher ein, damit Bearmon mithören konnte.

„Ja? Chris hier“, sagte er und zuckte erneut zusammen eine sich eine schrille Stimme meldete und rief: „Calu!“

„Calumon?“

„Ja, calu! Chris wie geht’s?“

„Ganz gut. Ich gucke mir grade einen komischen Baum an. Sieht seltsam aus.“

„Das muss Woodmon sein, calu. Aber hör mal. Kurts und Stellas Team haben ihre Digimon bereits gefunden. Leider sind sie gestorben. Calu, und Dustins und Cathys Gruppe kämpfen noch, das vermuten wir zumindest, wir können sie nicht erreichen. Pass also gut auf, die Bösewichte könnten auch zu euch kommen, calu.“

„Okay, aber sag mal woher wisst ihr das? Vanessa und ich sind erst vor kurzem gelandet.“ Nun antwortete eine männliche Stimme, die er als Dustins Vater erkannte und sagte: „Die Zeitverschiebung Chris. Ihr seid in Springfield, das ist quasi am anderen Ende des Kontinents. Zwar sind Stella und Co. noch weiter weg als ihr, aber sie mussten nicht umsteigen und hatten deshalb einen kleinen Vorsprung. Sie haben uns erst vor wenigen Minuten angerufen.“

„Okay, sonst noch etwas?“, fragte Chris.

„Nin, das wäre es soweit. Wir werden jetzt versuchen Dustins und Cathys Team zu erreichen. Viel Glück, bis dann.“ Es wurde aufgelegt. Nachdem der Junge sein Handy wieder eingesteckt hatte, sah er, dass sich der Baum etwas von ihm entfernt hatte. Calumon hatte etwas von Woodmon gesagt. Das passte. Er trat näher heran und stand nun genau vor dem Baum. Dieser rührte sich nicht.

„Hallo, Woodmon“, sagte Bearmon und winkte. Es war von Chris Rücken runter gesprungen. Der Baum reagierte erst nicht, doch dann öffneten sich in der Rinde zwei große Augen und noch größerer Mund. Da es durch die Zeitverschiebung noch nicht ganz dämmerte, wirkte es nicht sonderlich beeindruckend. Doch Chris war sicher, dass er sich erschreckt hätte wenn einem abgestorbenen Baum plötzlich zwei Augen und ein Mund wachsen würden wenn es dunkel gewesen wäre.

„Wie hast du das herausgefunden?“, fragte das Digimon und ließ nun die Äste, die wohl als Arme dienten sinken.

„Auf Baustellen werden die Bäume vorher immer weggeschafft. Deshalb kam mir das schon komisch vor“, erklärte Chris. Das Baumdigimon seufzte und sagte: „Ach so. Baustelle nennt man das hier also. Ja, das hätte mir auffallen müssen.“ Es klang müde und etwas traurig.

„Hey, was ist los?“, fragte Bearmon und sah es besorgt an.

„Ich will einfach nur nach Hause. Könnt ihr euch vorstellen wie es ist von einem lauten Knall wach zu werden und plötzlich in dieser fremden Umgebung zu sein? Ist echt nicht schön. Außerdem vermisse ich meine Kolonie.“ Der Junge und sein Digimon sahen sich an. Waren eigentlich alle Digimon im Grunde so harmlos? Wieso waren es dann die der Omega nicht?

„Hör mal, wir wüssten einen Weg dich zurück zubringen.“ Woodmons Augen weiteten sich leicht und es sah die zwei an.

„Jetzt wirklich, ohne Witz?“, fragte es. Chris nickte. Doch da zuckten jetzt alle drei zusammen, als sein Handy wieder anfing zu klingeln. Der Junge ging ran und stellte diesmal nicht auf mithören.

„Ja?... Oh Vanessa, hi. Ja, wir haben Woodmon gefunden. … Wo wir sind? Gute Frage. Äh, warte ich lese es dir mal von dem Schild da ab.“
 

„Wie zum Teufel ist er auf die Idee gekommen da lang zu gehen?“, fragte sich Vanessa immer wieder, während sie dieselbe Straße entlang ging, die ihr Chris beschrieben hatte. Die Baustelle war bereits in Sicht und gleich würde sie diese erreicht haben. Auf die Personen, die sich langsam in ihre Häuser zurückzogen, achte sie eher weniger. Endlich war sie da. Sie sah über das Gelände und traute ihren Augen nicht. Chris, Bearmon und ein Baumdigimon saßen in einem Dreieck und spielten Karten. Gleichzeitig schoss ihr die Frage durch den Kopf, woher sie die Spielkarten hatten.

„Mau Mau!“, rief Bearmon fröhlich und legte seine letzte Karte ab.

„Kann doch nicht sein, ich glaube das nicht“, meinten Chris und Woodmon und schüttelten die Köpfe.

„Tja, eine Glückssträhne ist immer schlecht für die anderen“, meinte Bearmon und lachte.

„W-Was… macht… ihr… hier?“, fragte Vanessa, die endlich nah genug dran war um mit ihnen reden zu können. Chris sah nicht auf, da er gerade dabei war die Karten neu zu mischen, sagte aber: „Na ja, da wir ja auf dich warten musste, dachte ich wir könnten ja Karten spielen. Also habe ich Woodmon schnell die Regeln erklärt und los ging’s. Aber jetzt können wir ja… was habt?“ Die Frage musste er unweigerlich einfügen, denn Bearmon und Woodmon waren einige Schritte zurück gewichen. Leicht verwirrt wandte sich der Junge um und sah den Grund für diese Vorsicht. Vanessas Gesichtszüge waren entgleist, allerdings ins Zornige. Er hatte nicht einmal gewusst, dass sie so wütend gucken konnte. Dann entlud sich offenbar alles, was sich wohl seid einiger Zeit in ihr angestaut hatte auf ihn: „Sag mal sonst hast du keine Sorgen oder? Wir sind nicht hier um dumm Karten zu spielen! Was wenn plötzlich etwas angegriffen hätte? Ja klar, soweit hast du natürlich nicht gedacht, schon klar! So etwas kann man ja auch nicht von dir erwarten du Kindkopf!“ Während sie schrie hatte er die Karten wieder zu Boden fallen lassen.

„Vanessa…“, sagte Lekismon, welches während ihres Schreianfalls hinter ihr aufgetaucht war bedauernd. Als wäre das Mädchen aus einem Schlaf erwacht, blinzelte sie und riss sich dann die Hände vor dem Mund. Eigentlich wollte sie nicht so ausrasten, aber die Art von Chris in dieser Situation nicht den nötigen Ernst zu zeigen hatte sie explodieren lassen.

„D-Das…“, begann sie, doch Chris, der den Blick gesenkt hielt, sah nicht zu ihr auf. Bearmon wandte den Kopf. Seltsam. War dieses Gerät schon länger da? Genau hinter ihm und dem Baumdigimon stand eine Maschine, die vom Aussehen und Größe her einem Bagger ähnelte. Ein gelber, dicker, kantiger Rumpf, mit Kettenrädern als Antrieb unter diesem und oben drauf ähnelte der Kasten fast einem Kopf. Links und rechts vom Rumpf hatte es Baugeräte, die fast schon Arme ähnelten. Rechts eine Staplergabel und links eine Baggerschaufel. Hinten dran hatte es auch noch einen Kranarm mit Harken. Bearmon hatte alle Geräte schon mal gesehen, doch alle vereint war ihm neu. Hatten die Menschen etwa schon Kombinationsgeräte gebaut? Auf jeden Fall biete es sicher Vorteile. Es wandte sich wieder ab.

„Ich bin lieber ein Kindkopf, der Spaß versteht und alles locker sieht, als eine verklemmte, eingebildete und verallgemeinernde Zicke!“, meinte Chris, stand auf und sah sie jetzt ebenfalls wütend an, wie Vanessa zuvor ihn. Sie zuckte zusammen. Obwohl sie es wollte gab sie keine Widerworte. Zum Teil hatte er schließlich Recht.

„Jetzt ist es aber mal gut, ihr beiden“, meinte Lekismon, stellte sich zwischen sie und legte beiden je eine Hand auf die Schulter. „Jetzt habt ihr euch die Meinung gesagt, damit sollte es gut sein. Ihr seid müde und gerade nicht ganz in der Lage euch vernünftig zu unterhalten.“

„Ich bin immer in der Lage normal zu reden“, sagte Chris sofort. Eine Stimme erklang plötzlich die sagte: „Target locked.“ Der Junge, Vanessa und Lekismon sahen zu den zwei anderen Digimon hinüber.

„Habt ihr was gesagt?“, fragten die drei gleichzeitig. Sie schüttelten die Köpfe.

„Nein“, begann Woodmon. „Wir warten eher darauf, dass ihr zwei… Aaaargh!“ Alle packte das Entsetzen. Von einer Sekunde auf die andere war das seltsame Gerät hinter Bearmon in Bewegung geraten. Es hatte mit seiner Staplergabel zugeschlagen und diese hatte sich durch Woodmons Körper getrieben. Langsam wurde es angehoben.

„Erkenne Kampfniveau. Erkennung abgeschlossen. Woodmon, Championlevel. Kraftleveleinschätzung, 80. Keine Gefahr.“ Die Stimme schien von diesem Baustellenmonster zu kommen.

„Hi-Hilfe…“, krächzte das Baumdigimon, welches hilflos und mit schmerzverzerrtem Gesicht auf der Gabel hing. Doch das gerät, welches wohl ein Digimon der Omega sein musste sprach weiter: „Eigener Errechnung nach, ist das Ziel nicht würdig der Organisation zu dienen. Beginne mit sofortiger Vernichtung.“

„Das kannst du dir abschminken!“, rief Chris, der sich als erster gefasst hatte und sein Digivice umklammerte. „Bearmon, Attacke, schnell!“ Das Digimon sprang und fing im Flug an hell zu leuchten.

„Bearmon digitiert zu Grizzlymon!“ Kurz bevor es auf den Feind traf, holte Grizzlymon weit aus und schlug genau auf den Kopf des Gegners. Dieser erzitterte nicht einmal, nur der Kopf zuckte kurz bedrohlich. Völlig unbeeindruckt fing es wieder an zu sprechen: „Erkenne Kampfniveau. Erkennung abgeschlossen. Grizzlymon, Championlevel. Kraftleveleinschätzung 115. Durchschnittliche Gefahr.“ Mit einer nebensächlichen Bewegung des rechten Arm, rutschte Woodmon von der Gabel und stürzte zu Boden. Chris rannte sofort zu ihm.

„Ist alles okay?“; fragte der Junge und das Baumdigimon nickte.

„Es tut zwar weh wie die Hölle, aber das wird schon“, sagte es und stemmte sich auf die Wurzeln. Beide sahen auf. Lekismon hatte sich nun ebenfalls eingemischt. Grizzlymon und Lekismon standen nun vor dem Digimon, welches immer noch keinerlei emotionelle Rührung zeigte. Tatsächlich fing das Spiel wieder von vorne an: „Erkenne Kampfniveau. Erkennung abgeschlossen. Lekismon, Championlevel. Kraftleveleinschätzung, 98. Niedrige Gefahr. Kampfniveau beider Feinde, 213. Hohe Gefahr.“ Die Digimon grinsten.

„Gut erkannt, machen wir es platt“, meinte Grizzlymon und beide rannten los.

„Kenkimon wechselt in den Kampfmodus“, sagte das gelbe Digimon und dessen Motor, der wohl im Rumpf saß fing an bedrohlich zu brummen.

„Kenkimon also. Egal, hörst du das? Wir sollten seine Magengegend angreifen“. Sagte Grizzlymon. Lekismon stutzt: „Magen? Aber ich weiß was du meinst.“ Beide sprangen und schlugen zu.

„Aufsteigende Mondsichel!“

„Ohrenpfeil!“ Doch die Attacken trafen nicht. Mit seinem Schaufelarm schlug es die zwei aus der Luft und schleuderte sie zur Seite. Bei dem Treffer war ein dumpfes Geräusch zu hören gewesen.

„Das sah schmerzhaft aus…“, meinte Woodmon und entfernte sich mit Chris immer mehr vom Geschehen. Vanessa stand noch immer an derselben Stelle. Nur sehr langsam tat sie zögerliche Schritte rückwärts. Kenkimon ließ den Blick schweifen und blieb an ihr hängen.

„Mensch erkannt. Digimonpartner, Lekismon. Bedrohung wird eliminiert.“

„Nein!“, dachte sich Chris und rannte los.

„Du musst weg da!“, schrie er, doch sie rührte sich nicht. Mit einem Kampfschrei kamen Grizzlymon und Lekismon wieder zurück gerannte. Kenkimon ließ seinen Kranharken kurz wirbeln, dann flog er auf Vanessa zu. Sie fiel zur Seite. Nein, sie wurde geschubst. Chris hatte sie geschubst. Der Harken schoss an sie beide vorbei, nur sehr knapp. Alle atmeten auf, dann vernahmen sie die Stimme des Feindes: „Angriff fehlgeschlagen. Situation erkannt. Beginne mit Durchführung ursprünglichen Befehls.“ Alle rissen die Augen auf. Woodmon war ungeschützt und verwundet. Über ihm schwebte die Staplergabel erst bedrohlich, dann schoss sie nach unten. Das Geräusch von berstendem Holz durchschnitt die Luft und Rindstücke flogen umher. Als sich die Gabel wieder hob, war nur noch ein Ei vorhanden.

„Ziel erreicht. Situation wird errechnet. Zwei Feinde, hohes Kampflevel. Errechne Chance auf Sieg. Rechnung ergibt eine Siegeschance von 75 Prozent. Leite alle notwenigen Maßnahmen ein.

„Nein, Woodmon! Du Schwein!“ Vanessa und Lekismon zuckten zusammen. Chris und Grizzlymon hatten dies zusammen geschrieen, völlig synchron.

„Dich machen wir fertig…“, knurrte Chris und Grizzlymon knurrte ebenfalls bedrohlich. Dann spurtete das Digimon los. War es von einem leicht grünlichen Schimmer umgeben? Kenkimons Augen blinkten mehrmals auf.

„Rechnung erneut durchgeführt. Grizzylmon, Championlevel. Kampfniveau: 274. Tendenz weiter steigend. Sehr hohe Ge…“, doch weiter kam es nicht, denn das Tierdigimon war gesprungen und hatte seine rechte Pranke in den Rumpf des Feindes versenkt. Kenkimon wurde von den Rädern gerissen und fiel mit einem lauten Krachen zu Boden. Ehe Grizzlymon den wahrscheinlich finalen Schlag setzen konnte, wurde es von dem zurückschnellenden Harken in der Luft getroffen und fiel zu Boden. Das Maschinendigimon stemmte sich überraschend schnell hoch. Sein Rumpf war verbeult und zerkratzt.

„Rückzug wird eingeleitet“, sagte es und begann mit der Schaufel Erde in die Luft zu werden. Die dabei entstehende Rauchwolke hüllte es gänzlich ein.

„Nicht so schnell!“, rief Lekismon und sprang mit einem Fuß voran in die Wolke, doch flog genau durch. Kenkimon war verschwunden. Radspuren verrieten, dass es mit hoher Geschwindigkeit davon gefahren war. Auf der Straße verloren sich die Spuren nach kurzer Zeit.

„Scheiße… so eine Scheiße“, brummte Chris, der auf allen Vieren lag und mit der rechten Faust wieder und wieder auf den Boden schlug. „Wieso ist mir das Teil nicht aufgefallen. Ich bin aber auch wirklich zu blöd!“ Vanessa sagte erst nichts, dann meinte sie langsam: „Danke.“ Er sah zu ihr hoch. Ihre Augen wurden feucht als sie weiter sprach: „Du hast mich gerettet, danke. Und es tut mir echt Leid wegen vorhin. Du hättest es bestimmt gesehen, wenn ich dich nicht angebrüllt hätte. Tut mir Leid.“ Er beruhigte sich von der einen, auf die andere Sekunde.

„Ich habe es gesehen. Aber ich habe mir nichts dabei gedacht, es ist meine Schuld“, meinte Bearmon, das zu ihnen gekommen war und das Digiei in den Pfoten hielt. Der Junge sah seinen Partner an und fragte: „Alles okay bei dir?“ Das Digimon nickte.

„Nur ein Kratzer“, antwortete es. Lekismon hatte sich auch wieder zu ihnen gesellt und seufzte, ehe es altklug sagte: „Ich war auch keine Hilfe. So, haben wir uns nun alle genug Vorwürfe gemacht? Es ist vorbei. Gehen wir lieber, ehe man uns sieht. Und wir sollten uns bei jemanden melden.“

Ein Pinguin der fliegt!

Schnell wie der Wind sprang das Fuchsdigimon von Balkon zu Balkon. Dabei gab es genau Acht sowohl schnell, als auch leise zu sein. Das Ziel durfte nicht bemerken, dass es verfolgt wurde. Doch das Ziel war schnell. Renamon musste des Öfteren zu seiner Fähigkeit Kohenkyo greifen um den Anschluss nicht zu verlieren. Dank dieser Fähigkeit konnte Renamon quasi mit dem Nichts verschmelzen und so war es ihm möglich schneller zu laufen. Doch verbrauchte dies viel Energie. Endlich schien das Mekanorimon etwas langsamer zu werden. Es begab sich außerhalb der Stadt. Nie zuvor war das Fuchsdigimon alleine so weit von Hillary entfernt gewesen. Doch um das Mädchen machte es sich keine Sorgen. Sie und das Digimon hatten eine Art emotionale Verbindung und spürten wo sich der andere befand. Bald würde sie zusammen mit den anderen auftauchen. Das Ziel ging plötzlich in eine enge Kurve und zuerst sprang Renamon vorbei, doch es fing sich recht schnell und mit einer gekonnten Bewegung war es wieder auf der Spur. Dann stutzte es. Der Richtung war es zwar noch nie gefolgt, doch es war sich sicher, dass in der Richtung eine große Bank lag. Und tatsächlich. Kaum dass sie die Hauptstraße wieder erreicht hatten, flog das Mekanorimon auf das Bankgebäude zu. Eigentlich clever, dieser Umweg war zwar total unnötig gewesen, doch normale Verfolger, die der Straße gefolgt wären hätten es niemals lange genug geschafft um bis hier hin zu kommen. Das Maschinendigimon landete in der engen Seitenstraße, genau zwischen der Bank und dem nächsten Gebäude und riss fast brutal einen Metallkasten auf, der an der Mauer der Bank befestigt war. Für einen Sicherungskasten gab es ziemlich schnell nach, dachte sich Renamon und beobachtete alles aus sicherer Entfernung. Mekanorimon schien sich sehr ausgiebig mit den Kabeln zu beschäftigen. Dann, urplötzlich, wurde es finster. Sämtlicher Lichter in der nahen Umgebung erloschen. Das Fuchsdigimon weitete entsetzt die Augen. Das war nicht der Kasten für die Sicherung der Bank, es war ein Kasten, durch den die Hauptstromversorgung lief. Doch die Bank müsste eigentlich einen Notstromgenerator haben, dachte es sich. Doch offenbar nicht, denn Mekanorimon machte sich auf den Weg nach oben auf das Dach. Über der Bank, befanden sich noch mehrere Etagen, die allerdings nicht bewohnt aussahen. Wahrscheinlich wurden sie geräumt, für Renovierungen oder ähnliches. Renamon folgte so gut es konnte und gleichzeitig so leise es nur ging. Doch konnte es nicht fliegen und so war das Fuchsdigimon gezwungen zu klettern. So elegant es sich um Sprung bewegt hatte, genauso plump wirkte es nun bei den Versuchen leise zu klettern. Es brauchte gut fünf Minuten, doch dann befand es sich endlich oben. Ruckartig zog es sich rauf und stand endlich am Rande des Daches. Der Wind ließ seinen Schweif rhythmisch tanzen. Renamon ging wieder mit der gewohnten Eleganz eines Fuchses über das flache Dach, das euer einem Plateau ähnelte. Luftschachtkästen, Stromkästen und Antennen jeglicher Art waren darauf verstreut. Doch von Mekanorimon fehlte jede Spur.

„Wo ist es bloß?“, fragte das Fuchsdigimon und sah sich auf dem Boden nach Spuren um.

„Da wo du es nie erwarten würdest“, erklang eine Stimme direkt hinter Renamon. Es wandte sich sofort um, dabei sprang es zurück. Eine gute Entscheidung an Bewegungsabläufen. Dann schon krachte die Metallklaue des Maschinendigimon in das Stein, genau an der Stelle wo sich das Fuchsdigimon noch eben befunden hatte. Es hatte dies geahnt. Noch dazu diese mechanische und unechte Stimme, wie sie nur dieses Digimon besitzen konnte. Noch während der Gegner seinen Arm zurückschnellen ließ hatte Renamon einen Angriff gestartet und rief: „Diamantensturm!“ Es hätte damit gerechnet, dass Mekanorimon auswich, doch das tat es eben nicht. Es nahm die Attacke hin. Als würde man Nägel gegen eine Stahlwand werfen, hatte der Angriff auf das Digimon keinen Effekt. Das Maschinendigimon lachte, wobei sein einzig normal wirkendes Auge bedrohlich blinzelte und ein leises Summen aus dem Metallkörper zu hören war.

„Du kannst mich nicht verletzten mit so einem Angriff. Glaubst du im ernst, dieser rote Fleischberg hatte mich wirklich verletzt? Sieh mich an. Meine Rüstung ist unversehrt. Ich bin nicht so schwach, wie ihr vielleicht denkt. Du als Rookie, hast keine Chance. Du hast noch wenige Sekunden Zeit einfach zu verschwinden. Andernfalls werde ich…“ Doch eine weitere Stimme unterbrach den Satz: „Sonst? Nein, du wirst jetzt.“ Die Kämpfenden wandten sich um. Der junge Mann, der sich selbst Mr. Screw nannte, stand nur wenige Meter entfernt. Das größere Mekanorimon machte sich an dem Lüftungssystem zu schaffen.

„Also… gut. Wie Ihr befielt, Screw.“, sagte das kämpfende Mekanorimon. Renamon sah wieder nach vorne und sprang diesmal aus Instinkt zur Seite. Wieder war es eine kluge Entscheidung, denn sein Gegner hatte soeben einen Laserstrahl auf das Fuchsdigimon abgefeuert. Innerlich betete es, dass Hillary schnell mit Verstärkung kommen würde.
 

„Echsentanz!“ Dinohumon sprang hoch. Tyrannomon zögerte nicht und schlug sofort zu, doch es war zu langsam und verfehlte sein Ziel knapp. Das andere Digimon nutzte seine Chance und schlug und trat mehrmals schnell auf die Schnauze und den Kopf seines Gegners ein. Dieser wurde geradezu durchgeschüttelt. Mit einem letzten Tritt beförderte Dinohumon seinen unfreiwilligen Gegner auf die Matte. So harte und viele Kopftreffer steckte niemand so schnell weg.

„Schnell! Der Ring, schneid ihm den Ring ab!“, rief Dustin und sein Digimon zog sofort sein Schwert Akinakesu und stieß damit zu. Es traf perfekt, da das Dinodigimon noch etwas benommen und somit regungslos am Boden lag. Mit einem Klirren zerfiel das schwarze Band um Tyrannomons Arm. Sofort nahm Dustins Digimon die Bruchstücke auf und brachte sie zu seinem Partner. Dabei berührte es sie nicht, sondern hatte sie auf das Schwert gelegt, in dem es dieses erst etwas durch den Boden geschoben und dann angehoben hatte. Auch Dustin traute sich nicht wirklich diese Scherben anzufassen. Mit der hand im Ärmel schob er sie in seine Jackentasche.

„Ich fühle mich damit sehr unwohl“, sagte er und sein Digimon nickte zustimmend.

„Auf Menschen müsste es aber keinen Effekt haben“, meinte Dinohumon und sah zu Dustins Hosentasche, als sein Handy anfing zu klingeln. Der Junge zog es hervor und sah reflexartig auf die Uhr. Mist, sie hatten viel zu viel Zeit vertrödelt. Er öffnete die SMS und las. Es war eine Beschreibung zu einer Bank von Holly, die mit Hillary und Penguinmon auf dem Weg dorthin war. Sein Digimon las mit, nickte anschließend und sagte: „Ich nehme dich auf meinen Rücken, dann kann ich von Dach zu Dach springen und wir sind schneller.“ Der Junge packte das Gerät gerade in seine Tasche zurück, als er einen bedrohlichen Schatten über sich und seinen Digimonpartner sah. Das Digimon reagierte sofort aus Instinkt. Es zog sein Schwert, drehte sich ruckartig um und stieß zu. Dustin und Dinohumon weiteten entsetzt die Augen. Immer noch vom Bösen gesteuert hatte sich Tyrannomon auf sie stürzen wollen. Nun hatte es Akinakesu in seinen Bauch stecken und hatte kurz aufgehört sich zu bewegen. Doch dann versuchte es weiter auf sie zuzugehen und so drang die Klinge mehr und mehr in dessen Körper ein. Dustin musste wegsehen. Er konnte es nicht mit ansehen.

„Nun tu endlich was Kotemon!“, rief er und wurde bei dem dabei entstehenden Geräusch fast wahnsinnig und ihm wurde schlecht. Sein Digimon tat das einzig Richtige in dem Moment. Tyrannomon würde niemals mehr normal werden und da es ab jetzt eh nur noch sterben konnte, so wollte es dieses nun tun, um dem Dinodigimon wenigstens weitere Schmerzen ersparen zu können. So griff Dustins Digimon fest sein Schwert und zog es rauf.

Als alles vorbei war sah Dustin wieder auf. Ein Digiei war auf Dinohumons Armen. Der Junge sah das Ei an. Dann kochte die Wut in ihm hoch er ballte beide Fäuste.

„Dafür wird… dieser Mistkerl… bezahlen“, sagte er und drückte dabei die Zähne zusammen um nicht schreien zu können. Das Ei würden sie zunächst hier lassen und später abholen. Mit einem Satz sprang Dustin auf den Rücken seines Digimon und sie starteten durch.
 

„Ich muss da rauf Holly, schnell!“, rief Penguinmon und hüpfte auf und ab, wobei es wild mit den Flügeln ruderte. Das Mädchen sah unsicher rauf, dann zu ihrem Digimon und wieder zurück. Sie wollte nicht, dass das kleine, blaue Digimon kämpfte. Es könnte sich verletzten oder vielleicht sogar schlimmeres erleiden.

„Renamon wird alleine nicht mehr lange durchhalten“, sagte Hillary leise, hatte ihre Hände wie zum Gebet gefaltet und sah mit suchendem Blick auf. „Wenn Dustin nicht bald hier ist, sieht es schlecht aus. Kotemon ist das einzige Digimon von uns, was ein Champion werden kann.“ Seid Hollys SMS waren nun schon gut mehr als fünf Minuten vergangen. Die drei sahen auf, als es eine kleine Explosion auf dem Dach gab. Dann hielten sie den Atem an. Rücklings flog Renamon über den Rand des Daches. Trotz der Entfernung sah man, wie angeschlagen es war. Seine Augen hatte es geschlossen, als es langsam mit dem Kopf voran in den Sinkflug ging.

„Renamon!“, schrie Hillary panisch und Holly hielt sich entsetzt beide Hände vor den Mund. Immer näher fiel das Fuchsdigimon dem Betonboden entgegen.

„RENAMON!“, schrie Hillary nun lauter und schriller, doch zu spät. Alle wandten sich ab. Doch man hörte nicht das Geräusch eines Körpers, der auf dem Boden aufschlug. Langsam sahen sie wieder auf. Die Mädchen atmeten erleichtert auf. Dinohumon stand auf dem Bürgersteig und hielt das Fuchsdigimon auf dem Arm.

„Das war mehr als knapp“, sagte Dinohumon und sah auf. Dustin trat zu den Mädchen und fragte: „Sind sie da oben?“ Als sie nickten setzte sein Digimon Renamon ab, welches das andere an den Schultern griff und sagte: „Mir geht es wieder gut. Ich komme mit dir. Alleine hast du keine Chance.“

„Wir haben keine Zeit lange zu diskutieren. Okay, halt dich fest, ich bringe dich hoch“, sagte Dinohumon ernst, nahm Renamon wieder hoch und sprang.

„Danke“, sagte das Fuchsdigimon, als sie sich dem Dach näherten.

„Wo ist Tyrannomon?“; fragte Holly besorgt, doch als Dustin den Kopf sinken lies war ihr sofort alles klar. Leichte Trauer trat auf ihr Gesicht. Nun war es Dustin, der eine Frage stellte: „Wo ist Penguinmon?“ Holly da sich um. Nichts zu sehen.

„Ich bin hier!“, rief das Digimon und alle wandten sich um. Es war ein seltsamer Anblick. Zum einen fragten sie sich, woher das blaue Digimon die wahnsinnige Anzahl an Ballons aufgetrieben hatte, zum anderen war es erstaunlich, dass es sich diese um den Bauch gebunden hatte. Als es auf sie zuhüpfte hob es kurz vom Boden ab, sank aber Sekunden später wieder.

„Mist, nur noch ein Ballon und ich könnte da rauf fliegen!“, sagte es laut und beleidigt und schlug mit den Flügeln, als hoffte es, dass es damit mehr erreichen könnte. Holly hielt es an den Schnüren der Ballons fest und sagte energisch: „Du sollst nicht kämpfen Penguinmon. Ich will das einfach nicht, also vergiss es.“

„Ich will aber nicht hier blöd herum stehen und die anderen immer alles machen lassen. Holly, ich bin ein Digimon. Ich bin dein Digimon. Meine Aufgabe ist es für dich zu kämpfen. Also lass mich da rauf und helfen, sie können jede Hilfe gebrauchen“, sagte es und sah seine Partnerin ernst an. Die Hand des Mädchens begann zu zittern.

„I-Ich weiß das doch… aber…“, begann sie doch Dustin ging dazwischen: „Ein Ballon noch? Wo hast du die her?“ Penguinmon deutete auf eine Stelle nur wenige Meter entfernt. Auch wenn man kaum etwas sehen konnte, so erkannte man genug um zu sehen, dass an der Straßenecke ein Ballonstand war. Und eine Gasflasche. Perfekt. Dustin ging hin und zog das blaue Digimon hinter sich her. Holly und Hillary folgten. Als sie ankamen, war der Stand leer.

„Hier ist kein Ballon mehr“, sagte Hillary nach kurzem Umsehen.

„Stimmt, aber ich hab da noch was. Zum ersten Mal muss ich Dad für seine dummen Späße danken“, sagte Dustin und griff in seine Hosentasche. Erst erkannten die Mädchen nicht was es ist. Es war eine Art quadratisches, kleines Tütchen, was der Junge unbeholfen aufriss. Dann, als er mit gekonnt aussehenden Bewegungen das Gummi entrollte wussten sie was es war und liefen mehr als nur rot im Gesicht.

„Ähm… Dustin… ha-hattest du e-etwas Besonderes damit vor?“, fragte Hillary stotternd Dustin verstand das erst nicht und begann stattdessen die Öffnung an das Gebläse der Gasflasche zu halten und das Ventil ein wenig zu öffnen.

„Dustin, das… das hätte ich gerade von dir nicht gedacht. I-Ich dachte wenigstens du wärst reifer…“, sagte Holly nun und trat zwei Schritte zurück. Noch immer verstand der Junge nicht was die zwei meinten, schloss das Ventil als der neue Ballon aufgeblasen war, knotete ihn zu und befestigte eine Schnur am Knoten. Erst als sich sein länglicher Ballon zu den runden gesellte wusste er worauf sie hinauswollten. Nun lief auch er rot an und ruderte nervös mit den Armen umher als er zu erklären versuchte: „Nein, nein! Das versteht ihr falsch! Wisst ihr mein Vater hat mir das auch Spaß gegeben und weil ich keine andere Wahl hatte, habe ich es eingesteckt!“

„Ich fliege!“, unterbrach Penguinmons Ruf und als die drei Menschen aufsahen waren sie erstaunt. Langsam aber sicher stieg das blaue Digimon in die Luft.

„Sei aber vorsichtig, ja?“, rief Holly ihm nach, doch bekam keine Antwort.

„Wo willst du hin?“; fragte Hillary und die zwei Mädchen sahen Dustin nach, der in eine kleine Nebenstraße abbiegen wollte. Er blieb kurz stehen und sagte: „Ich gehe die Feuerleiter rauf. Ich bleibe doch nicht hier unten, während die Digimon kämpfen.“ Und ohne ein weiteres Wort ging er weiter. Nach kurzem Zögern folgten nun auch die Mädchen.
 

Krachend flog Dinohumon mit dem Rücken voran gegen eine Antenne. Diese gab ohne Widerstand nach und das Digimon rutschte ein paar Meter über das Dach hinweg. Ein Mekanorimon war schlimm genug, aber gleich zwei davon? Renamon sprang in die Luft und schoss erneut seinen Diamantensturm, der aber wie alle vorherigen zu verpuffen schien. Dustins Digimon sprang sofort auf. Diese Maschinen mussten einen Schwachpunkt haben. Es zog sein großes Schwert und rannte los. Ein Mekanorimon peitschte mit beiden Armen nach ihm aus, doch mit einem Sprung entging Dinohumon der Attacken und stieß frontal mit der Klinge zu. Erfolg. Die Spitze grub sich ein paar Zentimeter in die Rüstung des schwächeren Mekanorimon. Dieses zeigte keine Berührung durch irgendwelche Schmerzen und versuchte den Angreifer von sich runter zuwerfen. Doch das Kriegerdigimon stieß sich mit den Beinen am Feind ab und gewann so wieder etwas Distanz.

„Jetzt komme ich!“, rief eine Stimme und die zwei Maschinendigimon wandten sich um. Penguinmon kam auf sie zu gerannt, fiel jedoch auf halber Strecke hin. Doch schien das beabsichtigt, denn auf dem Bauch rutschte es im schnellen tempo knapp an ihren Beinen vorbei. Offenbar hatte es getroffen, denn das schwächere Mekanorimon ging leicht in die Knie.

„Du bist ein erbärmlicher Jammerlappen“, krächzte das größere spottend, während Penguinmon knapp vor Renamon auf die Füße sprang und zu den Gegnern umdrehte. Mekanorimon stand auf und ließ sich scheinbar von dem Kommentar nicht stören.

„Ich bin schon fertig“, rief eine Stimme und alle wandten die Köpfe. Mr. Screw kam soeben aus dem Gebäude heraus. Er war offenbar durch ein Loch geklettert, dass in das Lüftungssystem gebrannt worden war. Total gut gelaunt warf der junge Mann einen großen Rucksack in die Luft und fing ihn elegant wieder auf. Dabei erzählte er lachend: „Dieses Sicherheitssystem war ein totaler Witz. Auch Notstrom ist abstellbar. Wie dem auch sei, wir hauen ab. Komm her Großer, Kleiner da überlasse ich dir.“ Als er Schritte hörte wandte er den Kopf und sah die Kinder, die soeben oben ankamen. Offenbar waren sie die Feuerleiter hochgeklettert.

„Oh wie süß, ihr kommt wie gerufen“, begann Screw und grinste finster. „Ich habe gerade einen anderen Partner angerufen. Offenbar sind eure Freunde in Memphis in Schwierigkeiten. Euch wird’s genauso ergehen.“ Damit warf er Mekanorimon den Rucksack zu, den es auffing und er selbst sprang durch eine Luke in das innere des Maschinendigimon. Ohne ein weiteres Word starteten sie durch. Die Rufe der drei Jugendlichen, brachten da gar nichts mehr, denn das Digimon war innerhalb weniger Sekunden aus der Sichtweite.

„Mist. Ein perfekter Bankraub“, sagte Dustin ärgerlich. Ein Aufschrei ließ ihn aber sofort wieder auf das Kampffeld gucken. Offenbar hatten die Digimon ebenfalls die Flucht verfolgt, denn Dinohumon wurde einem Hieb des Gegners beinahe über das Dach geschleudert. Doch mit aller Kraft hielt es sich fest und verhinderte ein Abstürzen.

„Warte ich helfe dir!“, rief Renamon, rannte los und streckte einen Arm aus, doch schon wurde auch das Fuchsdigimon von einem Seitenhieb erwischt, der es gegen den Lüftungskasten schleuderte und diesen völlig ausbeulte.

„Vorsichtig Penguinmon! Geh da lieber weg!“, rief Holly und da ihr Partner recht nah zu ihr stand, rannte sie zu ihm. Das blaue Digimon sah es und lief ihr ebenfalls entgegen, allerdings deshalb, weil Mekanorimon sie gehört hatte und sich umdrehte.

„Holly, das ist gefährlich!“, riefen Panguinmon, Dustin und Hillary gleichzeitig, doch wieder war es zu spät. Das Maschinendigimon schoss seinen Laser ab. Doch es zielte nicht auf das Mädchen oder das blaue Vogeldigimon, sondern den Boden. Dieser riss auf, das Mädchen klammerte sich an ihr Digimon und beider verloren den Halt. Wie in Zeitlupe fielen sie. Laute Rufe folgten ihrem Sturz, doch die beiden konnten es nicht verstehen.

„W-Wieso Holly? Wieso lässt du mich nicht einmal kämpfen?“, fragte Penguinmon und verstand nicht, was seine Partnerin dagegen habe könnte.

„Ich will einfach nicht, dass so was passiert, dass du verletzt wirst oder schlimmer“, antwortete sie. Der Boden kam immer näher. Ihr Digimon fragte leise: „Aber warum denn nur? Bitte sag es mir.“

„Weil…“, begann sie und sah das Digimon lächelnd aber mit tränenden Augen an. „Weil… Na weil ich dich lieb hab, kleiner Dummkopf.“ Penguinmon weitete die Augen. Plötzlich war Aufgeben keine Alternative. Plötzlich verstand es. Sein Blick wurde hart und ernst. Wie aus dem Nichts hatte es neue Kraft. Dass es anfing zu leuchten bemerkte es nicht einmal. Hollys Digivice brummte. Dann breitete das kleine Digimon seine Flügel aus.

„Penguinmon digitiert zu Saberdramon!“
 

„Nun zu euch und dann ist meine Mission erfüllt“, sagte Mekanorimon und wandte sich langsam zu Dustin und Hillary um. Der Junge stieß das Mädchen zur Seite, hinter das Treppengeländer und rannte über das Dach. Zum Glück folgte das Digimon ihm. Er musste es zu Dinohumon locken, dann schnell runter zu Holly und Penguinmon und tun was er tun konnte für die beiden. Innerlich betete er, dass sie nicht gestorben waren. Dann geschah das, was nicht passieren durfte. Er stolperte und fiel der Länge nach hin. Von Hillary kam ein überraschtes Stöhnen. Offenbar verfolgte sie ihn mit ihren Augen.

„Aus die Maus“, rief das Maschinendigimon und holte aus.

„Da hast du verdammt Recht!“, rief eine andere, völlig unbekannte Stimme. Dann hörte man das Krachen und Dustin wandte sich um. Etwas war mit großen, mit Krallen ausgestatteten Füßen auf das gegnerische Digimon gelandet und drückte es in das Dach. Risse durchzogen die Stelle. Die großen Flügel schlugen sachte, damit das Vogeldigimon nicht umfiel. Es wirkte bedrohlich. Ganz schwarz war es, mit Zähnen im Schnabel und von der Größe her etwa so groß wie ein Bus. Jemand sah genau hinterm Hals und hielt sich an dem Digimon geklammert.

„Holly!“, rief Dustin und war total erleichtert. „Dann bist du also…“ Doch das Digimon nickte bloß, da es offenbar wusste was er sagen wollte.

„Ich bin Saberdramon. Hollys Digimon“, sagte es und stieß sich mit zwei kräftigen Flügelschlägen wieder in die Luft. Mekanorimon stand zuckend und stotternd auf. Es war total verbeult. Auf diesen Schlag war nicht vorbereitet gewesen und so hatte es jeglichen Schaden direkt hinnehmen müssen. Saberdramon flog eine kleine Runde, dann ging es in einen leichten Sturzflug. Seine Flügel begannen violett zu glühen. Dann stieg es wieder auf und aus den Flügeln flogen violette, spitzenähnliche Geschosse.

„Nachtpfeil!“, rief es und die Spitzen trafen. Die meisten prallten zwar ab, doch an den verbeulten Stellen drangen sie ein und schienen bei Mekanorimon Schmerzen zu verursachen, denn es fing heftig an zu zucken. Dinohumon sah seine Chance und rannte mit gezogenem Schwert los. Das Maschinendigimon sah es kommen und hob ab. Mit seinem Raketenantrieb flog es die Mauer des Gebäudes hinunter, doch da, in einem Wahnsinnstempo kam Saberdramon von der Seite angeflogen und trat mit seinen Krallenfüßen zu.

„Mach-Schatten!“ Die Wirkung dieses Treffers war gewaltig. Das Baugestein und die Fensterscheiben brachen. Mekanorimon versank geradezu in der Wand. Man konnte hören wie das Digichrome seiner Rüstung nachgab. Es knackte wie brechende Knochen. Doch erledigt war es immer noch nicht. Das Vogeldigimon schlug mehrmals kräftig mit den Flügeln und flatterte davon um etwas mehr Abstand zu gewinnen. Das Maschinendigimon kämpfte sich mit letzten Kräften aus der Wand. Doch zur Flucht wollte es Dinohumon nicht kommen lassen. Es sprang hinunter und drehte sich im Fall um. Mit aller Kraft warf es sein Schwert frontal auf den Feind. Es traf. Zentimeter um Zentimeter drang die Klinge ein, doch nicht tief genug. Doch da kam Saberdramon wieder angeflogen und mit einem letzten Kick drückte es die Klinge fast gänzlich in den Körper des Gegners.
 

„Du warst einfach nur super Penguinmon!“, rief Holly glücklich und drückte das blaue Digimon fest an sich. Dabei färbte es sich erst rot, dann grün. Offenbar bekam es kaum noch Luft. Dustin hielt Mekanorimon Digiei auf dem Arm und Kotemon war losgezogen um das von Tyrannomon zu holen. Hillary stützte Renamon, was total müde war und kaum noch gehen konnte.

„Danke Hillary“, keuchte es und sah auf. Ein Auge hatte es zugekniffen. Das Mädchen schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, wir danken dir. Du hast dein Bestes gegeben, ich bin wirklich stolz auf dich.“ Das Fuchsdigimon lächelte etwas. Dustin war wütend und hatte eine Faust geballt. Für das alles würde er diese Mistkerle bezahlen lassen.

„Wir sollten schnell gehen, ehe das Licht wieder angeht oder die Polizei kommt“, sagte Hillary laut und die Gruppe setzte sich in Bewegung.

„Wir sind alle müde. Wenn wir bei mir sind, legen wir sofort hin, was meint ihr?“, fügte sie aufmunternd hinzu Holly nickte leicht. Ihre gute Laune war verflogen und sie murmelte laut: „Ich würde vorher noch gerne baden gehen, wenn’s geht.“

„Klar, da komm ich sogar mit“, sagte Hillary und warf Dustin einem herausfordernden Blick zu, den er nicht sah und eh nicht erwidert hätte, da ihm anderes durch den Kopf ging.

Kotemon erschien nur wenige Minuten nachdem die kleine Gruppe Hillarys Heim erreicht hatten. Dustin ließ es rein und schloss dann sofort die Tür. Er wollte nach Hause. Schnell nach Hause. Sein Hinterkopf riet ihm dazu einen Plan zu schmieden. Seiner Wut musste und würde er Luft machen. Zusammen mit Kotemon und all den anderen, würde er Omega vernichten. Und zwar endgültig. Das nahm er sich fest vor.

Teamwork ist alles

In Deckung!“, rief Hookmon und noch während es sprang verpasste es Betamon einen Schwinger, der diesen zwar ohne Zweifel wehtun musste, es allerdings aus der Gefahrenzone schleuderte. Gorillamon war in Rage. Die Wut auf Guardromon lies es zu unnormalen Mitteln greifen. So hatte es aufgegeben mit seiner Strahlenkanone auf das Roboterdigimon zu feuern, da es eh jeden Angriff mit seinem Schild verpuffen lies und warf stattdessen mit allen möglichen Gegenständen um sich. Hookmon und Betamon, währen um ein haar von einer Laterne getroffen worden. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sprang Betamon auf seine vier Füße.

„Entschuldige bitte Betamon!“, rief Hookmon zu ihm rüber, doch das Amphibiendigimon schüttelte nur den Kopf und rief als Antwort: „Danke!“ Das Mutantendigimon nickte ebenfalls und rannte los. Gorillamon war nicht sein Ziel, aber Guadromon. Es sprang und zielte. Ihm war eine Idee gekommen. Wer sagte denn, dass das Schild dauerhaft blieb?

„Dreifache Kapitänenkanone!“ In kurzen Abständen schoss es drei Mal. Guardromon wandte sich dem Geräusch zu und errichtete das Schild erneut. Es blieb solange, bis alle drei Schüsse zwar getroffen aber keine Wirkung gezeigt hatten. Hookmon landete auf den Füßen und sah genervt auf. Das konnte doch nicht wahr sein. Nur Nahkampf kommt durch, aber in der Luft konnte es unmöglich in einen Faustkampf wechseln.

„Wenn einer von uns doch nur fliegen könnte…“, murmelte es. Gekomon sprang zu ihm. Das Mutantendigimon wandte sich ihm zu und fragte: „Hast du sie in Sicherheit gebracht?“ Der Frosch nickte und antwortete: „Ja, aber May wollte einfach nicht dort bleiben, wegen Betamon. Cathy hält sie jetzt fest.“ Hookmon seufzte und sah zu Betamon. Eher nutzlos hockte es mitten auf der Straße und sah grimmig zu Guardromon rauf. Wie gerne hätte es nur gekämpft. Doch es half nichts. Es war geradezu an den Boden gebunden. Gorillamon wurde langsam schwach. Keuchend und völlig erschöpft lies es die Arme sinken und schnappte nach Luft. Ms. Cable, die in Guardromons Inneren saß, lachte.

„Was denn, was denn? Hat der große, starke, dumme Affe keine Kraft mehr? Aber du wirklich kräftig, dich nehmen wir in die Gruppe auf.“ Das Maschinendigimon griff an die vordere Luke, öffnete sie und zog einen Armreif hervor.

„Lauf Gorillamon!“, schrie Betamon, doch keine Chance. Das Affendigimon war zu erschöpft um sich zu bewegen. Guardromon warf. Der schwarze Ring flog schnell durch die Luft. Da ertönte der Schuss. Das schwarze Objekt wurd noch im Flug zerstörte und die Kleinteile flogen in alle Himmelsrichtungen. Lässig, wie ein geübter Cowboy stand Hookmon mit gezogener Waffe auf dem Dach eines Wagens. Langsam drehte sich das Roboterdigimon zu ihm um.

„So… du willst dich also wirklich mit uns anlegen, ja?“, fragte die junge Frau und ihre Stimme klang genervt und gereizt. Das Mutantendigimon hob leicht den Kopf, sah ernst auf und sagte locker: „Das ist wohl richtig, Schätzchen.“
 

„Lass mich los! Fass mich dort nicht an!“, rief May protestierend und versuchte sich aus Cathys Umklammerung zu befreien. Damit es der kleinen nicht zu leicht war zu flüchten, hatte sie Cathy von hinten umklammert und mit ihren Händen drückte sie May Brust fest gegen ihren eigenen Körper. Das große Mädchen musste grinsen, als der letzte Satz fiel und sagte: „Ich habe da etwas Ahnung weißt du? Und noch hast du keinen wirklichen Grund diesen Satz von dir zu geben, Liebes.“ Nick sah während dessen offenbar sehr interessiert in eine völlig andere Richtung. Seine Aufmerksamkeit hatte offenbar das ganze Getöse auf der Straße erregt, auf der sie sich befanden. Es war doch seltsam. Wieso war noch keine Massenpanik ausgelöst? Die Menschen um sie herum waren schon etwas verunsichert, was aber eindeutig an diesem seltsamen Nebel lag, der sich um das Kampffeld herum aufgebaut hatte. Gut, es war dunkel, aber der Krach hätte schon längst die lokalen Behörden alarmieren müssen.

„Ist das nicht diese Digiatmosphäre? Calumon und Kurt hatten sich mal darüber unterhalten. Ich dachte sie erscheint nur, wenn…“

„Ein Loch zwischen unserer und Digiwelt entstanden ist“, beende Cathy Nicks Satz und nickte zustimmend. May hielt kurz inne und sah auf.

„Seht mal!“, rief sie und deutete nach oben. Die zwei anderen folgten ihrem Blick, doch sie sahen nichts.

„Netter Versuch“, meinte Cathy, doch sie hatten ihren Griff nicht gelockert. „Aber wenn tatsächlich etwas durch die Luft geflogen wäre, hättest du uns sicher verunsichert.“

„Puh und ich dachte eines unserer Digimon kam gerade rausgeflogen…“, sagte Nick, klang erleichtert und rieb sich die Stirn.

„Sag nicht, du bist darauf reingefallen…“, begann Cathy etwas enttäuscht, doch dann sah sie wieder zum Nebel und fuhr fort: „Aber wenn da echt ein Loch ist, kommt uns echt der Zufall zur Hilfe. Dadurch können wir Gorillamon zurück schicken und…“ Doch nun sprach ihr Nick dazwischen: „Aber, heißt das nicht auch, dass ein neues Digimon auftaucht?“ Das Mädchen schwieg. Das wusste sie jetzt nicht genau.

„Jetzt lass mich endlich los, Betamon braucht bestimmt meine Hilfe!“, sagte May laut und versuchte Cathy Arme auseinander zu drücken. Doch keine Chance, das große Mädchen war stärker.

„Wie willst gerade du ihm jetzt helfen? Hookmon hatte Recht, wir würden nur im Weg stehen“, sagte Cathy energisch und verstärke ihren Klammergriff sogar noch etwas. Doch May gab nicht auf und sagte hektisch: „Aber ich kann es doch nicht alleine lassen! Ohne mich kann es sich nicht schnell genug bewegen! Es könnte sterben!“ Doch Cathy lies nicht los und hielt das kleine Mädchen eisern fest.

„Zwing mich nicht dich noch einmal zu schlagen kleines Fräulein“, sagte sie grimmig. „Betamon wusste was es tut, als es dich weg gehen lies.“ Doch man konnte so viel reden wie man wollte, May gab nicht auf. Nick sah wieder zu dem Nebel. Schüsse schallten ihnen daraus entgegen. Cathy sah auf.

„Hookmon…“, sagte sie leise und ihr Blick wurde etwas besorgter. Dies nutzte das kleine Mädchen aus. Mit einem kräftigen Aufsprung riss sie sich endlich los und rannte in Richtung des Nebels. Cathy hatte versucht sie noch zu packen, doch dabei griff sie daneben und fiel der Länge nach hin. Als sie sich schnell aufrichtete rief sie ihr nach: „Mach das nicht May, komm zurück!“ Aber May rannte weiter und befand sich schon nach wenigen Sekunden im Nebel.

„Betamon, ich komme!“, schrie sie.
 

Die Hauswand bröckelte leicht, als Hookmon gegen diese geschleudert wurde. Guardromon raste auf es zu. Das Mutantendigimon hob die Schusswaffe um den Schlag abzuwehren und stieß mit dem Haken zu. Klar, das Metall konnte es nicht durchdringen, doch es konnte jetzt auf seinen Gegner draufschlagen und ihn vielleicht wenigstens aus dem Gleichgewicht bringen. Doch das geschah leider nicht.

„Froschsprung!“, rief eine Stimme von der Seite. Das Maschinendigimon wollte sich gerade umdrehen, da wurde es schon seitlich von Gekomon gerammt. Kurz schien es das Gleichgewicht zu verlieren und Hookmon reagierte sofort. Noch einmal mit ganzer Kraft schlug es zu und tatsächlich fiel der Gegner zu Boden.

„Aufstehen, hörst du! Und schüttele mich ja nicht noch einmal so durch!“, drang Cables Stimme aus dem Inneren von Guardromon nach außen. Das Digimon stand sofort auf und flog wieder los. Hookmon setzte an, zielte und schoss. Seltsamer Weise traf es. Wieder wurde das Maschinendigimon kräftig durchgeschüttelt. Endlich verstand es das Mutantendigimon. Der Feind hatte zwar das Schild, doch es wirkte nur im vorderen Bereich des Körpers. Deshalb hatte es sich auch immer umgedreht um Schüsse abzuwehren.

„Das ist die Lösung. Gekomon, ich lenke es ab und du zielst mit deiner Attacke auf den Rücken, dort kann es sich nicht schützen“, erklärte Hookmon leise, aber schnell. Das Froschdigimon nickte eifrig und hüpfte davon.

Betamon blieb vor Gorillamon stehen und sah auf.

„Was willst du, Kleiner?“, fragte das Affendigimon gereizt und sah hinunter. Es hatte längst aufgegeben zu kämpfen. Seiner Meinung nach gab es keine Chance auf einen Sieg.

„Willst du aufgeben? Einfach so, obwohl noch nicht verloren ist? Ich weiß ja nicht ob du es schon mitbekommen hast, aber dieses da und sein menschlicher Partner wollen dich zu ihrem Sklaven machen und sie können das. Ein bisschen Gegenwehr wäre da wohl angebracht oder?“, sagte Betamon und sah dabei die ganze Zeit ernst aus. Doch Gorillamon schien unbeeindruckt. Es sah auch aus wie jemand, der untrainiert an einem Marathon teilgenommen hatte. Oder anders gesagt, es war einfach fix und fertig. Nach einem kurzen Blick nach oben, wobei es sah, dass Guardromon tatsächlich getroffen wurde, lies es ein schweres Seufzen hören und sagte: „Ich kann einfach nicht mehr. Ich habe keine Aussichten in meine Welt zurückzukehren und dieses Ding da oben ist zu stark für mich. Ich habe es akzeptiert. Schlimmer kann es nicht kommen.“

„Du bist also auch noch feige“, begann Betamon und wurde sogar fast wütend. „Weißt du, das ganze würde mir ja ziemlich egal sein, wenn ich nicht zufällig jemanden kenne würde, der so ziemlich das gleiche Problem hat. Aber diese Person versucht wenigstens was dagegen zu tun. Zugegeben, sie ist manchmal sehr aufbrausend und überschätzt sich etwas, aber das sind Eigenschaften, die auch etwas Gutes haben. Aber sie sie so klein im Vergleich zu dir und würde nicht zögern zu mir zu kommen. Egal wie gefährlich es wäre. Und du? Du hockst hier und wartest auf dein Ende? Das ist echt erbärmlich. Wenn ich so groß wäre wie du, würde ich alles dafür tun dieser Blechbüchse da oben die Karosse zu verbeulen.“ Doch erneut machte Gorillamon keine Anstallten zu reagieren. Es blieb einfach sitzen und sah zu Boden. Es machte Betamon wütend. Auf der einen Seite, dass sich eine so große und starke Person einfach so hängen lies und auf der anderen, dass es keine Möglichkeiten hatte etwas daran zu ändern. Langsam entfernte es sich von dem Digimon. Es hatte eigentlich vor gehabt nach dem Loch zu suchen, denn natürlich war niemanden der Nebel entgangen, doch es war einfach zu langsam. Wenn es doch nur eine Möglichkeit hätte etwas zu tun. Ja, wenn es doch nur die Möglichkeit hätte zu helfen. Wenn es doch bloß in der Lage wäre zu digitieren.

„Betamon!“ Das Digimon blieb ruckartig stehen und wandte den Kopf. Zum ersten Mal wünschte es sich, diese Stimme nicht gehört zu haben. Aber sie war es doch. Schwitzend und außer Atem kam May auf das Amphibiendigimon zu. Dieses kam ihr entgegen und nur Sekunden später hatte sich das Mädchen auf die Knie fallen lassen und drückte ihr Digimon fest an sich.

„Endlich habe ich dich gefunden“, brachte sie zwischen dem schweren Keuchen hervor.

„Warum bist du zurückgekommen Es ist gefährlich!“, sagte Betamon laut und sah sie besorgt an. Das Mädchen sagte grinsend: „Und genau deshalb kann ich dich Winzling doch nicht allein lassen. Und keine Sorge, wir sind hier nur wenige Zentimeter vor einer Hauswand mit Balkon über uns, hier passiert uns schon nichts.“

„Wie bist du Cathy eigentlich entkommen?“, fragte das grüne Digimon und diese Tatsache erstaunte es doch sehr.

„Sie ist eben doch nicht unüberlistbar“, meinte May und kicherte. Das Wort gefiel ihr gut. Ein lauter Knall lies sie zusammen zucken. Nur wenige Meter von ihnen entfernt war eine von Guadromons Granaten in die Hauswand gekracht und hatte einen tiefen Riss gesprengt.

„Wir sollten besser gehen“, sagte Betamon sofort. May musste nun doch nicken und begann zu murmeln: „Vielleicht hast du Re…“ Doch eine andere Stimme unterbrach sie: „May, Betamon, verschwindet von da!“ Cathy und Nick waren zwar weit von ihnen entfernt doch laut genug zu hören waren alle Mal. Sie standen in sicherer Entfernung. Zum Entsetzen aller, hatten nicht nur Hookmon und Gekomon sie gehört, sondern auch Guardromon.

„Sieh mal Guardromon, links von dir. Ein Häuserabriss ist doch eine willkommene Abwechselung.“ Das Maschinendigimon drehte sich im Flug um und feuerte sofort. Weder Hookmon, noch Gekomon konnten etwas tun. Beide schossen. Doch das Froschdigimon verfehlte die Projektile und das Mutantendigimon erwischte lediglich eines von zwei. Das andere traf. Es schlug über May und Betamon ein und wie in Zeitlupe brach die Mauer zusammen. Laute Stimmen durchzogen die Luft, zusammen mit dem Geräusch vom bröckelnden Gestein. May umklammerte Betamon fester, lief aber nicht weg und ihre Augen waren fest geschlossen.

„Lass mich liegen und lauf“, sagte Betamon ernst. „Ehe es zu spät ist!“

„Niemals“, antwortete das Mädchen energisch. „Ich habe es satt ständig voller Angst davon laufen zu müssen. Außerdem habe ich keine Angst.“ Ihre Augen öffneten und eine ernste Mine huschte ihr übers Gesicht. Die Wand fiel nun endgültig zusammen. Betamon nickte und meinte: „Ich verstehe dich sehr gut. Und weißt du was? Hier kommen wir raus und weißt du auch wieso? Weil wir beide…“ Den Rest des Satzes beendeten sie gemeinsam: „Zwar alleine sind, aber nicht hilflos!“ Mays Digivice leuchtete hell auf. Es war grell und alle mussten wegsehen um nicht geblendet zu werden.

„Was ist das?“, schrie Cable aufgebracht. Eine Stimme war zu hören, während die Trümmer auf dem Boden einschlugen: „Betamon digitiert zu…“ An einer Stelle prallten die Trümmer von etwas ab. Als sich der Staub langsam legte, breitete etwas Großes seine Flügel aus und stieß einen lauten Schrei aus: „Airdramon!“

„I-Ist das Betamon?“, fragte Cathy überrascht.

„Ja“, antwortete Hookmon und nickte. „Es ist digitiert. Endlich.“ Airdramon senkte den Kopf. Unter ihm und von den Trümmern somit geschützt gewesen stand May, die sich an den länglichen Körper des Drachendigimon drückte. Langsam sah sie auf und lächelte sowohl erleichtert, als auch glücklich. Auch ihr Digimon musste lächeln.

„Danke May. Durch dich, habe ich es geschafft.“ Das Mädchen legte den Kopf etwas schief und nickte dann.

„Gern geschehen“, sagte sie kichernd. Dann kletterte sie hinter den Kopf von Airdramon, hielt sich an dessen Mähne fest und rief: „Und jetzt hauen wir drauf! Jetzt wird abgerechnet! Airdramon, wir greifen an!“ Das Digimon nickte ernst und schlug kräftig mit den Flügeln. Sofort hob es ab und stieg hinauf. Alle anderen folgten dem Flug. Airdramon musste die eine Flügelspannweite wie ein Segelflugzeug haben.

„Festhalten May, ich greife an!“ Das Mädchen nickte und jubelte laut, als ihr Digimon in einen Sturzflug ging. Guardromon hatte sie die ganze Zeit beobachtet. Dann stutzte es.

„Was hast du?“, fragte die junge Frau. Ihr Digimon antwortete nicht, dann lies es seinen Raketenantrieb anspringen und flog los. Airdramons Stimme durchdrang die Luft: „Du entkommst uns nicht! Wirbelwind!“ Mit seinen Flügel schlug es einmal kräftig zu und schoss seinem Ziel einen starken Windsturm hinterher. Dieses drehte sich um und aktivierte seinen Schild. Doch wieder stimmte etwas nicht. Obwohl es den Angriff abwehrte, wurde es kräftig durchgeschüttelt.

„Der Wind ist vom Schild abgeprallt, dann daran endlang geflogen und hat hinter Guardromon einen Wirbel gebildet. Klasse!“, rief Hookmon, das alles genau beobachtete, begeistert.

„Hey das bringt mich auf eine Idee“, meinte Cathy und sah ihr Digimon an. „Du bist zwar sicher total erledigt, aber könnte es gehen, dass du und Airdramon gemeinsam angreift?“

„Das ist kein Problem, aber warum?“, fragte Hookmon verwirrt. Cathy grinste, als sie sagte: „Ganz einfach, deine Kugel wird daran explodieren und der Wind trägt die Explosion hinter Guadromon.“ Nick meldete sich nun ebenfalls: „Das wird nicht klappen. Wind kann nie und nimmer eine Explosion befördern. Das ist physikalisch unmöglich.“ Das Mädchen rief knallrot im Gesicht an. Ihr Digimon allerdings war hellhörig geworden.

„Aber etwas anderes könnte klappen. Gekomon, du passt auf die zwei auf“, sagte es, als es losrannte. Es folgte Airdramon, welches in einen Sinkflug ging. Mit einem kräftigen Satz sprang das Mutantendigimon und landete sitzend hinter den Flügeln des Drachendigimons.

„Wollkommen an Bord“, meinte May grinsend. „Was ist der Plan?“ Hookmon musste kurz Luft holen. Langsam war es wirklich zu müde um weiter kämpfen zu können. Dann fing es an zu erklären.

Guardromon schwebte noch in der Luft. Es beobachtete Airdramon, das nun mit zwei Passagieren beladen seine Kreise zog ohne anzugreifen. Sie planten etwas, das war ihm klar.

„Worauf wartest du, hah? Greif an!“, fauchte Cable aggressiv.

„Wer zu früh handelt, den bestraft die Zukunft“, meinte das Maschinendigimon knapp.

„Vielen Dank, Konfuzius“, murrte die junge Frau. Das Digimon sank langsam ab und sagte: „Sie kommen.“ Das Drachendigimon griff an. Zwar hatte Guardromon mit einem Fernangriff gerechnet, doch Airdramon holte mit seinem Schweif aus und peitschte zu. „Schwanzpeitsche!“ Doch das mechanische Digimon wich aus und sank noch mehr ab.

„Jetzt hab ich dich!“ Es wandte sich um. Hookmon war im vorbei fliegen abgesprungen und hatte seinen harken bedrohlich erhoben. Damit stieß es zu. In letzter Sekunde wehrte das Maschinendigimon den Hieb ab und lies seinen Gegner einfach fallen. Dann sah es auf, als es einen weiteren Schrei hörte: „Wirbelwind!“ Der Wind peitschte Guardromon um die Ohren, doch es hatte seinen Schild aktiv um größere Schäden zu vermeiden.

„Kapitänenkanone!“ Im Fall hatte sich Hookmon gedreht und schoss auf das mechanische Digimon. Dieses hatte nun keine Chance. Entweder würde es von vorne getroffen werden oder von hinten. Hookmon traf. Das Schild versagte plötzlich und der Windangriff schleuderte Guardromon zu Boden.

„Aua! Du Idiot!“, erklang Cables Stimme aus dem Inneren. Das Digimon setzte sich auf.

„Rückzug“, meinte es und erhob sich. Doch die junge Frau wollte nicht aufhören: „Vergiss es Kleiner, wir kämpfen weiter. Gegen die da können wir gar nicht…“

„Rückzug!“, rief Guardromon nun und schoss ohne weitere Worte in die Luft.

„Halt!“, rief Airdramon, doch eine Verfolgung startete es nicht. Es landete auf dem Boden vor Gorillamon. In der eingefallenen Wand war das Loch zum Vorschein gekommen. Es hatte sich in einer Lagerhalle des Gebäudes gebildet.

„Damit kannst du nach Hause gehen“, sagte Airdramon. Das Affendigimon wandte sich um. Dessen Gesicht war ausdruckslos. Dann nickte es und meinte: „Ja. Tatsächlich. Danke schön.“ Alle nickten.

„Und lass dir das eine Lehre sein, man darf niemals aufgeben, so wie diese Beiden“, sagte Monmon und deutete auf May, welche wieder auf dem Boden stand und sich an das Gesicht ihres Digimon drückte. Monmon lag in Cathys Armen und schien völlig erschöpft zu sein. Gorillamon nickte erneut und fing langsam an zu grinsen als es antwortete: „Ich werde es beherzigen. Also dann, macht’s gut.“ Und mit einem kräftigen Sprung verschwand es im Loch und auch dieses schloss sich anschließend. Kaum hatten sich alle etwas beruhigt ertönten Sirenen in der Ferne.

„Da kommen die blauen Jungs“, sagte Nick und grinste, anstatt panisch zu werden.

„Aufsitzen“, meinte Mays Digimon knapp und als sich alle auf dessen Rücken gesetzt hatten hob es ab in die Lüfte.
 

„Okay. Nachricht von Cathy. Immerhin sie haben geschafft ihr Digimon zu retten. Omega haben sie erstmal vertrieben. Aber sie haben auch scheinbar das meiste Chaos hinterlassen. Betamon ist außerdem zu Airdramon digitiert“, sagte Dustins Vater, der sich zusammen mit Calumon die Ergebnisse ansah. Das kleine Digimon seufzte.

„Immerhin eines, Calu…“, sagte es und sah zu dem rosafarbenen Digimon neben sich.

„Dann kommen sie alle nach Hause?“, fragte dieses und sah erst den Mann, dann Calumon an. Beide nickten und sagten: „Ja, Koromon, das heißt es und nun geh lieber ins Bett.“

„Och manno…“, brummte Koromon, schmollte, hüpfte aber aus dem Zimmer.

„Allerdings werden sie wohl erst in zwei Tagen alle wieder hier sein“, meinte Steve und sah überlegend auf seine Angaben. Diese las er leise vor, ohne es zu merken:

Dustin und Holly, Banküberfall, zwei Mekanorimon, eines zerstört, Mr. Screw, Tyrannomon gestorben, Hillary und Renamon getroffen, Dach der Bank und eine Wand zerstört, Penguinmon digitierte zu Saberdramon.

Cathy, May und Nick, Angriff auf Gorillamon, ein Guardromon, entkommen, Mrs. Cable, Gorillamon sicher zurück geschickt, Gebäude und Straße zerstört, Betamon digitierte zu Airdramon.

Kurt, Steve und Thomas, Angriff auf ShimaUnimon, ein Clockmon, zerstört, ShimaUnimon gestorben, Verbindung zu Mr. Screw, Elecmon digitierte zu Kokatorimon.

Stella, Kevin und Marie, Angriff auf Kabuterimon, ein Tankmon, zerstört, Kabuterimon gestorben.

Chris und Vanessa, Angriff auf Woodmon, ein Kenkimon, geflohen, Woodmon gestorben. Der Banküberfall sticht heraus, etwas stimmt da nicht. Wieso überfallen die eine Bank?“, fragte der Mann und Calumon antwortete trocken: „Für Geld, calu.“

„Aber warum brauchen sie plötzlich so viel Geld?“

„Vielleicht planen sie was Großes, calu?“ Steve sah aus dem Fenster. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit und er sagte: „Wenn du Recht hast Calumon, dann wird es bald erst richtig gefährlich.“

Überraschungsangriff

"Wo sind die Kinder und die Digimon?“, fragte Rose, als sie sich etwas irritiert an ihren Mann wandte. Dieser sah von seinem Laptop auf und deutete stumm auf die Haustür. Die Frau kam sich etwas veralbert vor und schlug auch so gleich sanft zu.

„Aua…“, kam es protestierend von ihrem Ehemann, der sich den Kopf rieb.

„Selbst Schuld Schatz… also? Eine Ortsangabe wäre hilfreich.“ Steve wandte sich schmollend wieder seinen Dateien zu und sagte: „An den See. Wahrscheinlich um zu reden und die letzten Tage zu verdauen. Das Wasser tut ihnen ganz gut.“ Er tippte noch mal kurz, dann nickte er zufrieden.

„Sehr gut. Die Digieier wurden erfolgreich transferiert.“ Rose horchte auf und konnte die Frage nicht mehr zurück halten: „Wie funktioniert das? Drückt ihr diese Eier durch ein Internetkabel oder was?“ Erstaunt war sie über die Antwort, da sie das nur aus Spaß gesagt hatte.

„Im übertragenden Sinne schon. Wie erkläre ich dir das bloß? Stell dir einmal mal eine Sperrholzplatte vor, die sich aber rasend schnell wieder zusammenbaut. Wirfst du nun von einer Seite eine Bowlingkugel durch, gibt es eine kurze Lücke, die sich aber schnell wieder schließt. Und wenn nun aber von beiden Seiten her Bowlingkugeln geflogen kommen, egal ob nun leicht verlagert oder nicht, ist der Schaden wesendlich größer und wirkt sich in beide Richtungen aus. So entstehen die Löcher, die die Kinder öfters schon gesehen haben. Nach unserer Methode, also nur von einer Seite, gibt es nur einen kurzen Knall in eine Richtung und das war’s. Größere Schäden kommen damit nicht vor.“

„Und wieso haben sich nun diese Risse in den Städten gebildet?“, fragte die Frau, die nun interessierter als jemals zuvor zuhörte.

„Das kann ich dir erklären, liebe Rose“, sagte Alvin, der schon seid dem Frühstück bei ihnen zu Besuch war und einen kurzen Schluck aus seiner Tasse nahm. „Omega sucht einen Weg, einen Tunnel zu errichten. Um das zu erreichen, muss der Zeitpunkt der Lochöffnung auf beiden Seiten total synchron sein. Wenn dies geschieht, würde sich eine Art Brücke zwischen den Welten bilden. Wie eine Hebebrücke, die sich auch zeitgleich auf beiden Seiten bewegen muss. Nur ist das nicht so einfach. Man muss es schaffen das Signal wie gesagt von beiden Seiten zeitgleich zu senden. Wie genau sich Omega das vorstellt es zu bewältigen, das wissen wir nun wirklich nicht.“

„Was ist mit unserem Verdacht, bezüglich ihres Standortes? Lagen wir richtig?“, fragte Steve nun und nahm ebenfalls einen Schluck aus seiner Tasse. Alvins Gesicht verfinsterte sich.

„Ja und Nein.“

„Wie meinst du das?“

„Das Gebäude ist tatsächlich auf einen gewissen Mr. Ashbe angemeldet, dieser lebt allerdings in Kanada und hat für eine Geldsumme von stolzen tausend US-Dollar seine Unterschrift unter den Mietvertrag gesetzt. Die Firma allerdings, die sich dort eingenistet hat, nennt sich National Computerhouse und stellt alle möglichen Hardwareteile her, mit denen man seinen Hauscomputer aufrüsten kann. Außerdem auch Software im großen Stil. Bearbeitungsprogramme sämtlicher Art und kleinere Spielentwicklungen, wie das beliebte Rollenspiel Eternal Quest fallen darunter. Wenn Omega wirklich diese Tarnung genommen hat, haben sie ihre Spuren perfekt verwischt. Denn sämtliche Behörden, die bisher dort waren, reden nur in höchsten Tönen von dieser Firma.“

„Hard- und Software für Computer? Alvin, das passt wie die Faust aufs Auge“, sagte Steve und klang als könne er die Vorgehensweise weder begreifen, noch nachvollziehen.

„Das weiß ich mein Freund, aber ich bin lediglich eine Art Berater und habe nicht viel dort zu melden. Sogar Anderson hat momentan seine Probleme. Aber sollte sich unser Verdacht bestätigen, ist euch beiden doch wohl klar was das heißt oder?“ Während Steve seine Hände faltete und ein schweres Seufzen hören lies, sah Rose verwirrt von einem zum anderen und fragte: „Was denn?“

„Dass unser Sohn und seine Freunde sich wieder in Gefahr begeben werden“, sagte ihr Mann knapp. Er stand auf und ging offenbar angestrengt nachdenken im Zimmer auf und ab.

„Ich hasse das. Wieso immer die Kinder? Wenn ich doch bloß etwas tun könnte um ihnen zu helfen“, sagte er und wurde mit jedem Wort ernster.

„Ich verspreche euch, wir behalten sie im Auge. Auch in den Städten hatten wir sie unter Beobachtung. Wenn große Gefahr im Verzug gewesen wäre, dann…“ Doch ehe Alvin weiter sprechen konnte, fiel ihm Steve laut ins Wort: „Die kleine May ist fast von Trümmern erschlagen worden. Holly wäre um ein Haar in den Tot gestürzt und allen anderen Kindern, sogar Zivilisten ist beinahe etwas Schlimmes passiert. Wenn es die Digimon nicht gegeben hätte… Entschuldige Alvin, ich wollte nicht brüllen. Ich fühle mich nur so hilflos.“ Damit beendete er nicht nur seinen Satz, sondern auch sein umhergehen und setzte sich neben seine Frau, die ihm beruhigend einen Arm umlegte.

„Schon gut Steve, ich verstehe dich nur zu gut. Glaub mir“, meinte Alvin knapp. Die beiden anderen sahen zu ihm rüber.

„Ja, tut mir Leid ich vergas. Wann ist der Todestag noch mal? Nächsten Monat?“, fragte Rose zaghaft, denn sie wollte Alvins Gefühle nicht verletzen.

„Nächsten Monat am 23ten, ja“, bestätigte er und klang als wolle er einen Themawechsel. Steve tat dies auch sofort und sagte in normalen Tonfall: „Danke für dein Kommen. Und halte uns bitte auf dem Laufenden. Willst du noch etwas bleiben?“ Doch Alvin stand langsam auf und trank schnell seine Tasse leer.

„Nein, ich gehe besser wieder arbeiten. Ich melde mich dann, sobald es was Neues gibt. Bis demnächst und grüßt Dustin und Calumon von mir“, sagte er und mit einem leichten Lächeln verlies er das Haus. Kaum war die Tür zu, wandte sich Steve seiner Frau zu und fragte: „Musstest du das mit dem Todestag erwähnen? Schatz du weißt doch, wie sehr er seinen Sohn geliebt hatte.“ Rose nickte bestürzt. Es tat ihr schon längst Leid, das wusste er. Gleichzeitig musste sie mit einem kalten Schauer im Nacken daran denken, wie es ihnen wohl ergehen würde, wenn Dustin etwas zustoßen würde.

„Liebling, ich will unseren Sohn nicht verlieren“, sagte sie dann und klang den Tränen nahe. Ihr Mann nahm sie sofort in die Arme und streichelte ihr beruhigend den Rücken als er flüsterte: „Keine Bange, das wird nicht passieren. Die Kinder sind clever und die Digimon auch. Alles wird gut, glaub mir.“
 

Mit Betamon auf dem Bauch lies sich May auf dem Wasser treiben. Chris, Thomas, Nick und Kevin saßen am Flussufer und ließen sich bräunen, während ihre Digimon in einem nahen Busch hockten und sich unterhielten. Cathy, Holly und Vanessa hatten sich etwas Abseits von den Jungs auf ihre Handtücher gelegt und bräunten sich ebenfalls. Dustin, Kurt, Steve und Stella saßen in einem Quadrat zusammen und dachten über vergangenes und zukünftiges nach. Das Thema, ob Omega bald wieder zuschlagen würde oder ob sie selbst die Omega zuerst angreifen würden, war das Topthema. Etwas Unglaubliches geschah. Dustin und Stella waren einer Meinung. Sie waren für einen sofortigen Direktangriff auf die Basis. Auch wenn Kurt und Steve derselben Meinung waren, so blieb das Standortproblem. Noch wussten sie nicht, wo sich diese Verbrecher herum trieben. Mit etwas Glück würde sich das aber bald ändern.

„Meine Eltern machen sich echt Sorgen“, sagte Dustin, als das Thema nun sehr eindringlich besprochen war.

„Natürlich machen sie sich das. Nachdem was dein Vater durchmachen musste? Da hat vor allem deine Mutter totale Angst“, sagte Kurt und die anderen beiden nickten. Steve fügte noch hinzu: „Und mein Dad, der würde mich ohrfeigen, wenn er von diesem Plan wüsste.“ Stella kicherte kurz und meinte dann: „Ja, das würde er wohl. So wie ich ihn kenne.“

„Ach sag mal Dustin, Tyrannomon ist zu einem Ei geworden richtig? Aber sagtest du nicht, es habe einen dieser schwarzen Armbänder bekommen?“, fragte Kurt und sah sehr verwundert aus. Dustin nickte und antwortete: „Ja genau. Ich schätze, es war noch nicht lange genug in Kontakt mit dem Virus gekommen. Zum Glück. Wenigstens ein Teilsieg.“

„Du Optimist…“, meinte Steve und klang unüberhörbar sarkastisch. „Es sind trotzdem zuviele unschuldige Digimon gestorben. Und du nennst das einen Teilsieg…“ Dustin lies den Blick gesenkt. natürlich war es das falsche Wort gewesen, das musste er selbst.

"Calu!" Alle zuckten erschrocken zusammen, als sich ein Mädchen Dustin von hintem um den Hals warf und beide nur Millisekunden später auf dem Boden lagen.

"Calumon... was machst du?", fragte der Junge das Digimon in Mädchenform und sah es irritiert an. Zugleich fragte er sich wer Calumon diesen hellblauen Bikini gegeben hatte.

"Calu... spiel doch mit uns Dustin... und ihr drei auch", sagte sie und wandte dich den anderen drei zu. Diese tauschten nur kurz ihre Blicke, dann nickten sie und standen auf.
 

Gegen Abend verabschiedeten sich alle voneinander und machten sich auf ihre Heimwege. Dustin, Kotemon und Calumon gingen in der Dämmerung durch extra viele Nebenstraßen um den Kontakt zur Hauptstraße und somit zu Menschen zu vermeiden. Zwar hatte Calumon weiterhin ihre menschliche Gestalt angenommen und trug Kotemon wie eine große Puppe auf dem Arm, doch die drei hatten nicht das Verlangen ihr Glück herauszufordern. Dustin wusste nicht warum, doch Hillary, das Mädchen aus Florida ging ihm nicht aus dem Kopf. Ihre letzten Gespräche vor seiner und Hollys Abreise hallten noch in seinem Kopf wieder.

"Wir werden uns sicher früher wieder sehen, als uns allen lieb ist. Renamon meint, es würde dich bald etwas Großes ereignen." Das hatte sie gesagt, kurz bevor das Flugzeug abhob. Für alle Fälle, hatten er und Holly ihre Handy- und Festnetznummer. Digiritter sollten immerhin Kontakt behalten.

Für die letzten Meter mussten sie dann allerdings doch auf die Hauptstraße. Dicht hinter Dustin und mit einer Hand auf seiner Schulter, folgte Calumon ihm. Dustin war aufgefallen, dass das Digimon, je länger es in Menschenform verweilte, langsam humane Züge annahm. So sagte sie immer seltener das Wort Calu, wurde immer ruhiger und sogar etwas schüchtern. Eigentlich wurde sie immer mädchenhafter.

"Alles okay Clarissa? Du zitterst", fragte Dustin udn sah über die Schulter. Cathy hatte alle noch einmal darauf hingewiesen, dass sie Calumon lieber mit ihrem menschlichen Namen anreden sollten. Calumon schüttelte den Kopf und lächelte etwas, als sie antwortete: "Es ist nur etwas kühl." Das wunderte den Jungen nicht. Sie trug noch ihren Bikini, und hatte mit nasser Haut das Sommerkleid übergeworfen. Folge warne ein nasses Kleid und die kühle der Dämmerung.

"Wir sind ja fast da. Keine Bange", flüsterte Kotemon leise. Das Turbinengeräusch eines entfernden Flugzeugs lies Dustin so heftig zusammenzucken, dass Calumon einen erschrockenen Aufschrei hören lies, zurücksprang und Kotemon mit dem Gesicht voran auf den Bürgersteig schlug. Ein ersticktes: "Autsch", kam von Kotemon hoch, doch es regte sich nicht.

"Entschuldige", sagte Dustin sofort und deutete Calumon an sich zu beruhiugen. Das Menschendigimon seufzte erleichtert auf und hob Kotemon hoch. Dustins Reaktion konnte zumindest Kotemon anchempfinden. Kaum, dass sie zurück waren und von Alvin, Dustins Vater und Agent Anderson vom Flughafen abgeholt wurden, hatte Alvin eine beunruhigende Aussage gemacht: "Omega hat sicher eure Aktionen früher und jetzt beobachtet. Calumon wird ihnen sicher nicht entgangen sein. In der einen Basis außerhalb der Stadt, haben sie es garantiert gesehen. Seid lieber vorsichtig und gebt darauf acht. Anderson und ich sind uns sicher, dass sie versuchen werden es zu beseitigen oder anders von euch wegzuschaffen." Dustin setzte mit den Digimon seinen Weg fort. Die Haustür ohne Probleme erreicht zu haben war eine Wohltat für ihn. Er drehte den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür. Das Haus war leer. Wahrscheinlich waren seine Eltern aus gegangen. Dustin gönnte es ihnen. Zusammen gingen die drei in die Küche.

"Wartet hier, ich hole ein Handtuch und neue Sachen für dich Clarissa."

"Soll ich solange den Müll rausbringen?", fragte Calumon und deutete auf einen großen Müllbeutel, der bis zur Grneze gefüllt zu sein schien. Dustin zuckte mit den Schultern und sagte: "Okay. Kotemon, geh lieber mit, ja?" Sein Digimon nickte und folgte Calumon hinaus. Kaum dass Dustin die Treppe hinauf gegangen war, über ihn ein ungutes Gefühl. Er hatte das Gefühl des Unbehagens. Etwas stimmte nicht. Dann geschah es. Es krachte, jemand schrie auf und wütende Rufe und hämisches Gelächter durchzogen die Stille draußen. Dustin wandte sich um, fiel fast die Treppe hinunter, doch änderte seinen Fall in einen plump aussehenden Sprung und nutzt den Schwung um mit voller Wucht durch die Hintertür nach draußen zu springen. Mekanorimon und ein Digimon, was wie ein Zahnrad aussah standen mitten im Garten. Mekanorimon hielt Calumon gepackt, die zu schwach war um sich zu befreien. Kotemon lag zucken dam Boden, offenbar nieder geschlagen.

"Los lassen!", schrie Dustin wütend und rannte los, doch das Zahnraddigimon rammte sich in seinen Bauch und keuchend sank der Junge zusmamen.

"Sei nicht albern. Ich führe Befehle aus. Du kleiner Mensch hast doch eh keine Chance. Letztes Mal hast du gewonnen, diesmal wird es anders sein", keifte Mekanorimon mit seiner unechtwirkenden, mechanischen Stimme. Kotemon regte sich endlich. Stemmte sich auf sein Holzschwert und stand Sekunden später auf den Beinen.

"Kotemon!", rief Calumon und schien etwas verängstigt.

"Los lassen", sagte das kleine Reptildigimon, genauso wie Dustin nur wenige Sekunden zuvor. Erneut brach Mekanorimon ind kurzes Gelächter aus und sagte gehässig: "Du elender Wicht. Selbst auf deinem Championlevel warst du mir nicht gewachsen. Was willst du angeschlagen, wie du bist, gegen uns ausrichten. Hagurumon, der Spaß gehört dir." Das Zahnraddigimon reagierte als sein Namen ertöhnte, rammte Kotemon weg und dieses schlug in die Mülleimer ein. Dustin wollte Kotemon digitieren lassen, doch es klappte nicht. Wut stieg in ihm hoch. Auch er stand nun auf. Nur wenige Sekunden darauf erhob sich wieder sein Digimon, ebenfalls mit einem wütenden Gesichtsausdruck.

"Habt euch wohl zu sehr am See ausgetobt, was?", fragte das Maschinendigimon. Dustin stutzte. Woher wusste es das?

"Was wollt ihr eigentlich von Clarissa? Sie ist doch kein Digimon, also lasst mei... meine Cousine frei!", rief Dustin sauer, doch Gelächter war alles was er die nächste, kurze Zeit hörte. Mekanorimon amüsierte sich scheinbbar königleich und antwortete: "Netter Versuch, aber alleine das Zeichen auf der Stirn genügt. Außerdem kann ich scannen, dass ihre Gene aus Daten und nicht aus Atomen bestehen. Das ist Calumon, der Botschafter. Und es hat besondere Kräfte, die Omega interessieren um ihr Projekt durchzusetzen."

"Welches Projekt?", fragte Dustin udn alleine das Wort machte ihn wütend. Mekanorimon keifte: "Das geht dich zwar nichts an, aber Omega wird bald die Grenze zur Digimon sprengen und diese betreten." Der Junge weitete entsetzt die Augen. Das musste einS cherz sein. Wenn schon Löcher ein solches Chaos versuchten, was würde dann eine Sprengung der Grenze verursachen? Kurt wäre sicher höchst entsetzt, da er sich damit mehr auskannte., Doch schon für Dustin hörte sich dieser Plan total hirnrissig an.

"Wenn die da erstmal drin sind, werden sie Chaos verbreiten! Sie werden alle Digimon töten, versklaven oder sonst was! Ist dir das klar?", rief er Mekanorimon zu, welches sofort verstummte. Auch Hagurumon schien kurze Zeit zu überlegen. Dann sagte das Maschinendigimon langsam: "Das ist nicht unser Problem." Als wäre dies ein Zeichen stürzte das Zahnraddigimon auf Dustin los. Dieser sah Mekanorimon bloß zornig an. Ein Aufschlag folgte. Hagurumon war zu Boden gegangen und wurde zu einem Ei. Kotemon, welches vorgesprungen war und mit einem kräftigen Hieb das Zahraddigimon erledigt hatte, richtete die Spitze seines Schwertes auf Mekanorimon. Dieses lies von Calumon ab, welches auf allen Vieren und in panischer Angst zu Dustin krabbelte.

"Du willst es also wissen, du kleiner Wicht?", fragte Mekanorimon und fuhr bedrohlich die Arme aus.

"Das wollen... wir", antwortete Dustin knapp, sein Digivice leuchtete auf und eine leise Stimme daraus sagte: "Evolution." Kotemon rannte los, sprang und ihm Sinkflug geschah die Verwandlung.

"Kotemon digitiert zu Dinohumon!" Als es mit dem großen Schwert zustieß umgab es kurzzeitig ein bläulicher Schimmer. Mekanorimon ließ ein nervöses Piepen hören und wicht aus. Doch nicht shcnell genug. Sein Panzer wurde getroffen und ein leichter Kratzer wurde sichtbar.

"Verdammt. Dann stimmen die Gerüchte. In diesen Falle ändere ich meine Strategie." Es ließ seine Arme vorschnellen und schlang diese um Calumons Körper. Sie schrie erschrocken auf und versuchte sich zu wehren, natürlich ohne Erfolg.

"Los lassen!", riefen Dustin und Dinohumon synchron und das Reptiliendigimon schlug mit dem Schwert erneut zu. Diesmal durchtrennte es den rechten Arm von Mekanorimon, der sich in wenigen Sekunden einfach auflöste. Doch anstatt schmerzerfüllt aufzuschreien, ließ das Maschinendigimon ein überraschtes: "Oh.", höhren und zog seinen linken Arm ein. Dustins Digimon schlug erneut zu, doch diesmal wurde es von irgendwas gehindert. Es gab einen Knall, eine kleine Explosion und Dinohumon flog nach hinten ehe es den Schlag ausführen konnte. Dustin sah auf. Ein zweites Maschinendigimon flog durch die Luft. Mit Mekanorimon hatte es nur sehr entfernt Ähnlichkeit und es war bräunlich gefärbt.

"Wurde auf Zeit Guadromon", piepte Mekanorimon laut und warf Calumon in die Luft. Guadromon fing das schreien Menschendigimon in der Luft auf und wandte sich um. Doch Airdramon versperrte ihm den Weg. Dieses knurrte. May saß auf seinem Kopf und rief: "Diesmal kommst du an uns nicht vorbei!" Dustin sah wie aus der Ferne Saberdramon näher kam. Kokatorimon und Grizzlymon sprang soeben über den Zaun und Hookmon, welches auf Grizzlymon saß sprang herunter.

"Wo kommt ihr denn her?", fragte Dinohumon und zog sich an Hookmon Harken hoch, den es ihm hingehalten hatte.

"Wir hatten ein ungutes Gefühl und Kurt hat einen lauten Knall gehört. Also wurden wir zum nachschauen geschickt", erklärte Kokatorimon knapp. Saberdramon war nun angekommen, mit Holly auf dem Rücken. Die zwei Maschinendigimon waren umzingelt.

"Hier kommt ihr nicht mehr raus!", rief May laut und Airdramon ging zum Angriff über. Es flog mit vollem Tempo auf Guadromon los, wobei es das Maul weit aufgerissen hatte. Mekanorimons Stimme ertöhnte etwas dumpf zwischen den allgemeinen Getummel, doch jeder vernahm: "Ach meint ihr nicht?" Ein Licht. Grell und so hell, dass Dustin dachte er müsse erblinden. Er schloss die Augen doch immernoch schien das Licht stark durch seine Lider. Man konnte nur verschiedene Geräusche hören. Unter anderem Calumons Hilfeschreie, verwirrte und wütende Rufe und Mays Stimme. Auch sie schrie. Als nächstes durchströmte Dustin ein starker Schmerz im Rücken und etwas schweres lag auf ihm drauf. Nach einiger Zeit wurde der neblige Blick von allen wieder klarer. Dustin hatte so ziemlich Mittig in seiner Sicht einen schwarzen Fleck. Er lag auf dem Rücken und sah zu seiner Brust, die sich schwer anfüllte, da etwas drauf lag. Es war May, die ihre AUgen geschlossen hatte und sich nicht regte.

"Hey May, mach keinen Unsinn", sagte Dustin, richtete sich auf, wobei sie von ihm runetr rutschte und rüttelte an ihr. Langsam begann das kleine Mädchen zu zucken und er sah auf. Seine Gesichtzüge entgleisten. Mekanorimon, Guadromon und auch Calumon waren verschwunden.

Für Calumon - Teil 1 - Offensive

"Geht es dir auch wirklich gut?", fragte May besorgt und Betamon, das auf ihrem Schoß saß, nickte knapp. Es sah müde aus. Das Pflaster auf seiner Stirn lies es noch erschöpfter aussehen. Auch May hatte ein Pflaster. Ihres trug am linken Ellenbogen, weil sie bei dem Aufprall auf Dustin mit den Armen auf den Betonboden geknallt war. Kotemon saß an Bearmon gelehnt auf dem Boden und hielt ein Nickerchen. Es war müde. Sehr müde. Dustin war wütend. Auf sich selbst, aber vorallem auf die zwei Digimon, die ihn so leicht ausgetrickst hatten. Das Schlimmste war aber, dass Kurt mit seiner Analyse absolut Recht hatte. Nach Kurts Auffassung hatten sie keine Chance aktiv zu werden. Denn Kotemon hatte nicht gesehen von woher die Feinde gekommen waren. Und jene wie Dustin, die am kampfgeschehen teilgenommen hatten, hatten nicht gesehen in welche RIchtung sie verschwunden waren.

"Calumon...", nuschelte Dustin sauer. Das tat er nun schon eine ganze Weile und auch immer dann wenn er in Gedanken tief versunken war, aber zu keinem Ergebnis kam.

"Wir finden es schon", sagte Holly aufmunternt, doch Dustin beachtete sie garnicht, sondern starrte weiter den Punkt an der Wand gegenüber fest. Er hatte im Moment garkeine Lust sich mit Holly oder wen anderes zu unterhalten. Wie sollten sie Calumon finden? Kurt hatte wie immer Recht. Ohne auch nur die gröbste Spur war nichts zu machen.

"Hey Dustin, Holly redet mit dir", kam es dumpf von Cathy. Doch er hörte es kaum. Ob es Müdigkeit oder Konzentration war wusste er nicht, aber er versank mehr und mehr in seine Denkstränge.

"Ist schon okay", konnte er von Holly hören, doch es klang weit entfernt. Calumon war weg. Omega hatte sicher nichts Gutes vor. Was wenn sie dem kleinem Digimon genau jetzt etwas Böses antaten? Was wenn Calumon gerade starb? Es wäre alles seine Schuld. Er hätte versagt. Nein, er hatte bereits versagt. Nur er alleine trug die Schuld an allem.

"Hey, ist jemand zuhause?!", wurde er von einer ernsten Mädchenstimme angeschriehen und nach einem Blinzeln kam er wieder zu sich. Cathys Gesicht war seinem irgendwie unangenehm nah. Er konnte die Adern sehen, die in dem Weiß ihrer Augen verliefen. Sie funkelte ihn etwas böse an. Offenbar hatte sie ihn am Kragen gepackt, denn er saß jetzt etwas nach vorne gebeugt und es war ziemlich unbequem. Nun ließ sie ihn los, sah ihn aber weiterhin böse an und sagte: "Wenn Eure miesepeterliche Erbärmlichkeit, endlich genug im Selbstmitleid geschmäht hat, würde er sich dann mal an unserem Gespräch beteiligen." Dustin reagierte erst nicht. Die Beleidigung kam ihm ganz Recht.

"Nun beruhigt euch mal", ging Kurt dazwischen und drückte Cathy mit sanfter Gewalt etwas von Dustin weg. "Niemand trägt Schuld an dem was..."

"Doch, ich bin Schuld!", rief Dustin plötzlich und sah zu Boden. "Lass sie ruhig weiter machen. Ich hätte besser aufpassen müssen. Stärke... tolles Wappen. Vorallem, weil ich diese berühmte Stärke ganz offenbar nicht habe."

"Nun seht euch das an, Mister Superheld verfällt wegen einem kleinen fehler in Selbstmitleid. Wer bist du und was du hast mit dem Dustin gemacht, den wir kennen, hah?" Er sah zu Cathy auf. Was meinte sie?

"Stimmt, wo ist der Typ voller Energie, der hingefallen ist, aber sofort wieder aufstand und weiter gerannt ist?", fragte nun Chris, der hinter Dustin stand. "Und du hast das Wappen der Stärke? Gib das lieber ab, im Moment ziehst du diese Eigenschaft in den Schmutz. Während Calumon Angst hat, hockst du hier und trauerst über dich selbst." Es klopfte in dem Moment, als der Junge seinen Mund zum Sprechen geöffnet hatte. Kurt, der der Tür am nächsten stand, öffnete diese nach einem knappen Nicken von Dustin. Steve und Stella betraten schnellen Schrittes den Raum und der Junge blieb zwischen Kurt und Holly stehen.

"Wir wissen was passiert ist, hab deine SMS bekommen Kurt. Ich habe auf dem Weg hier her Stella eingesammelt und zusammen haben wir auf Andersons Handy angerufen. Er sagte, die Suche liefe bereits. Alvin sei mit einem Spezialtrupp gerade außerhalb unterwegs und Dustins Eltern wurden informiert und sind jetzt...", doch Steves Erläuterung ging unter einem schmerzerfüllten Aufkeuchen unter. Ausnahmslos alle, auch die Digimon, wandten ihre Köpfe. Dustin hing nur noch halb in seinem Stuhl, mit dem einem Arm hinderte er seinen Oberkörper daran auf den Boden zu fallen, mit dem anderen hielt er sich das Gesicht. Stella stand vor ihm, die linke Hand zur Faust geballt.

"Sag mal, was ist mit dir los, hah? Anstatt hier so dumm herumzusitzen und wie ein kleines Mädchen zu heulen, könntest du lieber eigene Nachforschungen anstellen um dein ach so geliebtes Calumonschätzchen zu retten. Volltrottel. Wenn ich so ein Digivice hätte, dann würdest du mich in deiner Situation nicht hier, sondern draußen finden, beim Spurensuchen."

"A-Aber es gibt keine Spuren... und außerdem kamen wir alle zuspät. Er ist nicht alleine Schuld.", sagte Holly etwas zaghaft, doch laut genug, dass es alle hören konnten. Stella verdrehte die Augen und meinte genervt: "Hör auf damit Holly. Du hilfst hier allgemein am wenigsten. Ich will jetzt mal mit euch allen Klartext reden, ihr habt alle versagt, nur Dustin am Meisten. Oder sollte ich besser sagen, dieses jämmerliche Häufchen Elend?" Es geschah schnell. Sehr schnell. Dustin war aufgestanden, vorgesprungen, hatte das Mädchen an den Oberamren gepackt und nun drückte er sie mit genug Kraft gegen die Wand, das man ihre Knochen leicht hatte scheppern hören.

"Seid ihr beide jetzt völlig verrückt? Dustin, lass sie los verdammt!", schrie Steve und wollte dazwischen gehen, doch Chris und Cathy packten ihn fast wie abgesprochen an jeweils einen Arm und hielten ihn fest.

"Schau hin", sagte Chris knapp, als er von dem gepackten Jungen empört angestarrt wurde. Steve wandte sich den Streithähnen wieder zu. Sie standen dort. Stella starrte auf Dustins Haare, was das einzige von seinem Kopf war, dass sie sehen konnte, da er den Kopf vorgebeugt hatte. Er holte langsam aber schwerfällig Luft, wie jemand der in einem fast luftleeren Raum den Sauerstoffherausfiltern wollte.

"Das nimmst du zurück", murrte er dann knapp. Stella hob eine Braue und fragte: "Was? Das Elend? Das kannst du vergessen."

"Nein", meinte der Junge knapp, sah langsam auf und nun konnte man sein wütendes Gesicht erkennen. "Mich kannst du so viel beleidigen wie du willst, das ist mir im Augenblick völlig egal. Aber niemand, auch du nicht, beleidigt meine Freunde. Und erst Recht nicht jemanden wie Holly!" Den letzten Satz schrie er laut.

"Offenbar bist du wieder auf dem Damm." Dustin sah leicht zur Seite. Devimon stand neben ihm und grinste zufrieden. "Danke für deine Hilfe Stella. Es muss dich viel Überwindung gekostet zu haben, so mit ihm zu reden." Das Mädchen schmunzelte leicht als sie sagte: "Was ihn angeht nein, aber für Hollys Anmache und für die anderen entschuldige ich mich aufrichtig."

"Was...", begann Dustin irritiert, ließ Stella los und Devimon deutete auf seine Hosentasche als es erklärte: "Ich habe Stella gebeten so aggressiv mit dir umzugehen. Wir beide sind uns ähnlicher als ich es sogar wahr genommen habe. Die Art den Umgangs, hat dich nicht nur wachgerüttelt, sondern hat dich auch wieder auf den deinen Weg zurück gebracht." Nun bemerkte Dustin das Leuchten aus seiner Tasche. Sein Digivice reagierte und zeigte sein Wappen, welches aber genau jetzt erlosch, da er sich jetzt wieder beruhigt hatte. Dustin sah sich um. Er sah wie sie ihn alle anstarrten. Die Situation von eben wirkte auf ihn nun jämmerlich und zugleich so als wäre sie Wochen her. Das Telefon klingelte und Steve nahm den Anruf entgegen.

"Mr. Anderson? Ja... ja... nein, sie sind alle hier... genau... aha... was?! Sind sie sicher? So nah? Warum? Woher wissen Sie... Verstehe. In Ordnung, wann? Gut, ich gebe es weiter." Er legte auf und sah zu den Digirittern, die bereits ihre Ohren gespitzt hatten.

"Nachricht von Mr. Anderson. Die vom FBI verdächtigte Softwarefirma National Computerhouse, die ihren Hauptsitz in der Nähe von Alachua, im Osten, haben, scheint wohl tatsächlich in Kontakt mit Omega zu stehen. Alvin habe wohl berichtet, dass sie Mekanorimon und Guardromon dort haben hin fliegen sehen. Allerdings ist der Kontakt zu Alvin seid dem abgebrochen. Das Gelände wird gerade umstellt, doch sie vermuten, dass sich Digimon dort aufhalten. Eure Wagen, samt Fahrer sind in knapp 20 Minuten hier." Keiner sagte was. Dann, nach einigen Sekunden. ging Dustin langsam zum Wandschrank im Flur, zog einen großen Reiserucksack hinaus und begab sich in die Küche. Man hörte, wie er Türen und Schubladen öffnete und schloss.

"Was hast du vor?", fragte Stella neckisch und sah ihm grinsend zu, wie er auserlesene Gegenstände wie Wasserflaschen, Erste Hilfekoffer und anderes, nützliches Zeug einpackte. Als er den Reißverschluss schloss, sah er ins Wohnzimmer zu den anderen und sagte grinsend: "Einige Arschtritte verteilen und einen Freund retten." Kotemon sprang auf mit vor Stolz geschwellter Brust.

"Wir müssen uns auch vorbereiten!", rief Kumamon aufgeregt und schliff Chris geradezu hinter sich her und hinaus.

"Los, los!", sagte Penguinmon aufgeregt und stieß Holly ebenfalls mit sanfter Gewalt hinaus. Cathy und Monmon gingen Hand in Hand sofort hinterher und auch Kurt und May, samt ihre Digimon gingen danach ebenfalls. Steve, Stella und Devimon wandten sich nun ebenfalls zum gehen.

"Stella, Devimon...", sagte Dustin knapp und als sie stehen blieben fügte er hinzu: "Danke." Danach gingen sie weiter und schlossen die Tür hinter sich.

"Was jetzt, Dustin?", fragte sein Digimon. Der Junge ging die Treppe hinauf und antwortete: "Umziehen, schnell was essen und dann bereit machen. Bist du fähig zu kämpfen, trotz des Auftritts von eben?"

"Keine Sorge Dustin, ich bin jeder Zeit bereit. Solange die anderen mit uns kämpfen wird alles super. Zusammen sind wir immer stärker."

"Stimmt. Stärke... liegt auch in der Gesellschaft."
 

"Ich lasse dich nicht gehen! Und deine Freunde auch nicht!", schrie Rose ihren Jungen an. Sie und ihr Mann waren vor wenigen Minuten erschienen. Dustin hatte die Theorie, dass es mit diesem Mutterinstinkt zu tun hatte.

"Ich muss... für Calumon... und Tyrannomon... und alle anderen Digimon. Wenn nicht ich und die anderen, wer denn dann?", fragte Dustin und sah seine Mutter mit ernster Mine an. Rose sah nicht so aus, als wolle sie aufgeben, doch ihr Mann legte beruhigend eine Hand auf die Schulter, als er sichs einem Sohn zuwandte.

"Dustin, auch wenn es mir nicht gefällt. Aber ich denke, du hast Recht. Ich habe auf der Rückfahrt mit Kurts Vater geredet. Er sieht es genauso wie ich. Wenn du mir versprichst, vorsichtig zu sein und nicht unüberlegt zu handeln. Dann sollst du gehen. Es muss sein", fügte er an seine Frau gewandt hinzu, als diese ihn entsetzt ansah. "Gegen digitale Monster, kann man nur mit anderen digitalen Monstern vorgehen. Außerdem gefällt mir der Gedanke nicht, dass das kleine Calumon bei diesen Gangstern ist. Wer weiß, was sie mit ihm anstellen." Natürlich wären alle Eltern dagegen, dachte sich Dustin. Bis auf den Vater von Chris. Dieser würde wahrscheinlich wieder betrunken vorm Fenseher sitzen und es garnicht merken, wenn sein Sohn längere Zeit fehlen würde. Holly und Cathy würden ihren Eltern ebenfalls nichts sagen. Natürlich hatten Kurt und May es mit ihren Eltern beredet, ebenso wie er selbst jetzt. Sein Blick wanderte zu Kotemon, welches neben Koromon stand undihms cheinbar erklärte, dass es jetzt noch weg müsse. Rosa ging zu den zwei Monstern und hob den kleinen Kämpfer, welches sie zwar siegessicher ansah, allerdings konnte man in seinem Blick auch erkennen,d ass es sich wie jemand fühlte, der Rose etwas wichtiges wegnahm.

"Bitte Kotemon... liebes Kotemon... pass gut auf meinen Sohn auf, versprichst du es?"

"Natürlich, fest versprochen", antwortete Kotemon deutlich, nickte und klang dabei wie ein Teenager, der sich einen Samurai immitieren wollte.

Das laute Quietschen der Bremsen und das zuschlagen von Autotüren verriet den Jungen und seinem kleinen Begleiter, dass es Zeit war. Zeitgleich sprangen beide auf und holten tief Luft. Dustin schulterte seinen Rucksack und Kotemon steckte das Holzschwert, dass er wie aus dem nichts aus einem seiner Ärmel gezogen hatte, in die Schlaufe an seinem Gürtel.

"Machts gut und bis später dann. Mum, Dad", sagte der Junge und wandte sich blitzschnell zum gehen. Kotemon nickte zum Abschied und tat es ihm gleich. Ein undefinierbares Geräusch seiner Mutter lies ihn ganz kurz inne halten. Plötzlich ging es ihm mulmig. Eine Art düstere Vorahnung. Das Gefühl wegzugehen, ohne jemals zurück zu kehren.

"Sei vorsichtig Dustin, du auch Kotemon und natürlich alle anderen", sagte sein Vater und Dustin öffnete die Haustür. Holly nahm ihn in Empfang. Er schrack, kurz nachdem die Tür ins Schloss gefallen war. Holly, hatte eine leicht geschwollene Wange und ihre AUgen sahen aus, als habe sie noch bis vor kurzem geweint.

"E-es... Es ist nicht schlimm. Mein Vater, er... nun... ist nicht wichtig, die anderen warten schon. Komm." Dustin folgte ihr stumm. Damit hatte er nicht gerechnet. So hatte er sie noch nie gesehen. Ganz kurz fühlte er wieder diese Wut in sich hochkommen, doch diesmal hielt er sich zurück. Er hatte andere Sorgen. Er musste nachdenken, unter anderem über seine Gefühlsschwankungen und was das Wappen mit seinen Gefühlen anstellte. Er stieg nach dem Mädchen in den Hummer ein, einen Jeep der Spitzenklasse. Groß genug, dass die Stammgruppe darin Platz hatte. Chris saß am Fenster und sah etwas desinteressiert hinaus. Offenbar hatte er keine Probleme gehabt wegzugehen. Kumamon saß zu seinen Füßen und strammte seine Bänder an, die es um die Klauen trug. Cathy saß genau neben Chris, mit Monmon auf ihrem Schoss und schaute auf dessen Hinterkopf. Scheinbar war sie gegangen ohne etwas zu sagen und hatte nun Gewissensbisse. Holly setzten sich neben sie und somit ans andere Fenster. Dustin setzte sich neben May, welchen an ihren Bruder angelehnt lag und scheinbar ein kleines Nickerchen hielt. Betamon und Elecmon hatten es geschafft, sich so zwischen die beiden zu quetschen, dass sie als Kissen und Wärmedecke fungierten und es gleichzeitig bequem genug hatten um selbst zu schlafen. Als Dustin und Kotemon sich auf den Sitze setzten, hoben alle, bis auf May, kurz die Köpfe und lächelten ihm kurz zu, was er allerdings nur mit Mühe und Not und gekünstelt erwiedert konnte. Der Wagen fuhr los. Die Fahrt würde bestimmt 2 Stunden dauern.
 

Nach kurzer Zeit war Dustin des Schweigens leid.

"Kurt, hast du neue Infos? Irgendwetwas, was wir noch nicht wissen?", fragte Dustin und wollte die STimmung etwas ins Positive kippen. Kurt sah langsam zu ihm, offenbar um die drei Schläfer nicht zu wecken und fragte: "Du meinst die Wappen, oder?" Dustin nickte und Kurt ordnete kurz in seinem Kopf alle Fakten.

"Kurz bevor Calumon verschwand, habe ich es diesbezüglich nochmal bei Seite genommen. Ich habe es wegen unseren Emotionschaos gefragt. Wieso du zum beispiel plötzlich so leicht reizbar bist, Holly etwas offener, Cathy etwas emotionaller, Chris kontaktfreudiger, May etwas sturer und ich viel weniger redegewandter. Es sagte, die Wappen seien nicht nur plumpe Emotionsverstärker, sie saugen jene Emotion geradezu auf. Das hat den Nachteil, dass das Gegensätzliche Gefühl dadurch stärker zum Vorschein kommt. In deinem Fall, saugt es den Mut auf und lässt Übermut zurück. Bei Holly kleint es die Zuneigung anderer gegenüber und hinterlässt Schüchternheit. Chris verliert seinen Überblick und wird untreu. Mays Selbstsicherheit verwandelt sich in Leichtsinn und bei mir wird es Verschlossenheit. Es sagte, je mehr und länger wir insere Wappen verwenden, desto eher müssen wir lernen unsere Gefühle im Zaun zu halten. Ich denke, Devimon versucht dir eben genau das beizubringen. Dass du immer einen kühlen Kopf behalten sollst und so. Wir alle sollten lernen immer cool zu bleiben."

"Heißt das, wenn wir das Wappen zu oft verwenden, werden wir gefühlsleer?", fragte Holly plötzlich und für alle so überraschend, dass jeder kurz zusammenzuckte.

"Nein", sagte Kurt, "Wir dürfen uns das nicht als schwarzes Loch vorstellen. Diese Gegenteilgefühle, können ja wieder zum eigentlichen Gefühl werden. Übermut kann wieder zum Mut und damit zur Stärke werden. Aber eben das muss man lernen. Calumon meinte, wir sollten zuerst die Angst vor unseren Gefühlen verlieren und sie einfach am besten ausleben." Chris musste kurz kichern und sagte: "Das dürfte bei Holly interessant werden. Wie oder besser mit wem, soll sie ihr Wappen den ausleben?" Alle schmunzelten etwas, sogar Holly selber.

"Das hat es natürlich nicht gesagt. Es sagte, dafür gäbe kein Idealrezept. Das müsste jeder für sich feststellen. Aber es sei sehr wichtig es zu tun, damit unsere Digimon eines Tages ein höheres Level erreichen können."

"Höher als das Champion-Level?", fragte Cathy und Kurt nickte.
 

Der Highway raste an ihnen vorbei. Mit jeder MInuten, die verstrich, fühlte sich jeder Anwesende, ob nun menschlich oder nicht etwas mehr mulmiger. Penguinmon wurde sogar etwas hippelig und rutschte auf Hollys Schoß leicht hin und her. Monmon spannte immer wieder seine Schleuder an und ließ sie wieder locker. Kumamon schlug hin und wieder in die Luft, Elecmon hatte sich in zwischen auf den Boden gelegt und hin und wieder konnte man es kurz funken hören, wenn es etwas Strom durchs ein Fell fließen ließ, Betamon machte den Eindruck als würde es kauen, doch keiner wusste genau was es da tat und Kotemon hatte die Augen geschlossen und versuchte entspannt auf dem Ledersitz zu hocken, was ihm jedoch nicht gelang, da es so angespannt war. Die Zeit kam immer näher. In der Zwischenzeit war ihnen der Plan von Anderson am Telefon erklärt worden. Die Agenten würden so unauffällig wie möglich versuchen ins Innere der Anlage zu kommen. Dann würden die Kinder samt Digimon blitzschnell reinstürmen und zusammen mit den Agenten die Omega überraschen. Ein zweiter Hummer, etwas weiter hinter ihnen, war besetzt von FBI-Agenten. In einer großen Tasche unter Hollys SItz hatten sie kleinere Schutzwesten gefunden, die sie sich ohne zu zögern übergeworfen hatten. Nach Kurts Uhr waren es nur noch 15 Minuten, bis zur Ankunft. Dustin konnte sein Herz hören, wie es vor Aufregung in seiner Brust pochte. Allen ging es wohl gleich. Diesmal würden sie auf Steve, Stella und die anderen verzichten müssen. Anderson wollte unbedingt nur die Digiritter. Wahrscheinlich, weil sie ihren Digimon ein Power Up geben konnten. Das Fahrzeug wurde langsamer. Holly hielt die Hand in die Mitte des Innenraum und alle sahen sie an.

"G-Geben wir alles. Holen wir Calumon da raus und verschwinden von hier. L-Lasst und danach zu Burger King gehen, na?" Sie lächelte etwas unsicher und kam sich ziemlich dumm vor, da sich ihr letzter Satz so blöd angehört hatte. Doch Dustin legte seine Hand auf die ihre und sagte: "So machen wir das." Alle taten es ihm gleich.

"Wir machen das schon. Das wird unser erstes und letztes, gemeinsames Rein-Raus-Spielchen", sagte Chris.

"Für unsere Freund und danach gehen wir pennen", sagte May.

"Ohne Leichtsinn und voller Vorsicht, klar?", stimmte Kurt zu.

"Lasst uns böse Digimon verhauen", meinte Cathy. Letzten stimmten auf die Digimon ein und ruckartig hoben sie ihre Arme an und sagten synchron: "Calumon, wir kommen!"
 

"Entschuldigen Sie bitte, dürfte ich Ihre Passierscheine sehen?", fragte der Wachmann, der an der Schranke den Jeep anhielt und mit dem Fahrer sprach, der bereitwillig das Fenster runter gekurbelt hatte und den Wachmann freundlich anlächelte.

"Aber natürlich, nur einen Moment", sagte der Fahrer und ließ sich von seiner Beifahrerin einen zusammengeknickten Schein geben, den er dem Wachmann übergab. Dieser falltete ihn auseinander und las ihn aufmerksam.

"Hm. Verstehe. Sie haben Glück, denn heute ist unser Alldaylong-Arbeitstag. Das heißt, es sind noch genügend Mitarbeiter anwesend, mit denen Sie sich unterhalten können. Hier, das kriegen Sie mit meinem Stempel zurück. Bewahren Sie ihn gut auf, dieser Zettel ist sowas wie ihre Zulassungskarte", erklärte der Wächter und gab nach kurzer Bearbeitung den Zettel an den Fahrer zurück.

"Vielen Dank, sehr freundlich", antwortete der Fahrer nickend. Der Wachmann ließ die Schrank langsam hochfahren und sagte laut, da das Gerät etwas qietschte: "Fahren Sie bitte jetzt links auf den Besucherparkplatz und melden Sie sich ind er EIngangshalle beim Förtner."

"Das werde ich tun, nochmals vielen Dank Mister", rief der Fahrer zurück, ließ das Fenster hochkurbeln und fuhr auf das Gelände und links lang auf den Parkplatz. Sie waren durch. Die getöhnten Fenster hatten keine Aufmerksamkeit erregt. Unauffälig fuhr der Wagen einen längen Weg, bis er den Besucherparkplatz erreichte. Dieser war fast so groß wie eine Etage in einem Parkhaus. Und alle Plätze waren frei. Elegant machte der Wagen einige Kurven und stand schließlich punktgenau in einer Parkfläche.

"Du Luft ist rein und es ist schon dunkel genug, dass uns niemand sieht. Steigt aus Kinder, aber leise, ja?", flüsterte die Beifahrerin und zusammen mit dem Fahrer stiegen alle langsam auf. So leise sie konnten huschten die Kinder mit ihren Digimon aus dem Wagen und stellten sich schützend hinter das Auto.

"Jesse und ich, wir gehen nun zum Empfang und bequatschen den Wächter. Einer von uns wird ihn dann betäuben und wir versuchen uns in die Personalräume zu schleichen", erklärte die Frau flüsternd, aber laut genug.

"Genau, sobald wir dann drin sind, werdet ihr Kinder dann...", doch ehe Jesse erklären konnte, wie es genau ablaufen sollte, ertöhnte ein lautes Sirenengeräusch. Gitter ein Stacheldraht schlossen sich am Parkplatzeingang und versperrten den Weg, Scheinwerfer gingen an und leuchteten in ihre Richtung und vertraute, brummende Geräusche durchströhmten die Luft.

"Nun sieh einer an, wer uns da gefolgt ist. Perfektes Timing, nach meinen Berechnungen." Alle sahen auf. Guadromon und Mekanorimon, mit je einem gleichartigem Anhang, landeten vor ihnen. Durch Megafone an den Wänden drangen Stimmen zu ihnen.

"Hehe, da sind ja die Kinder, die letztes Mal so viel Glück hatten. Aber damit ist jetzt Schluss!"

"Diesmal brauchst du dich nicht zurückzuhalten Guadromon. Vermöbel ihre kleinen Hintern!"

Die Agenten sprangen zurück. SIe schienen angesichtsder Digimon etwas verunsichert, doch die Kinder sprangen mit ihren Begleitern vor. Die warnenden Rufe der Agenten überhörten sie mit Absicht.

"Hallo Dustin und Holly, schön euch zwei wieder zu sehen", sagte Mekanorimon und ein unechtes Lachen folgte. Guadromon sah Cathy und May an und fügte hinzu: "Man trfft sich halt immer mehrmals im Leben, nicht?"

"Woher kennen die eure Namen? Eure Gesichter okay, aber eure Namen?", fragte Kurt verwirrt.

Mekanorimon ergriff das Wort: "Wir wissen viel über euch. Auch über dich Kurt. Wir wurden mit Informationen geradezu gefüttert. Omega hat ihre Methoden, wisst ihr?"

"Was soll dieser ganze Zirkus? Warum alle die Opfer, wieso all diese Morde?!", schrie Dustin und nun, wo er seine Gegner sah war wieder so gereizt wie er die letzte Zeit immer so schnell war.

"Du Menschen sollen Respekt und Angst vor der Organisation lernen. Sie sollen aber vorallem UNS fürchten lernen. Ihr Kinder, ihr habt ja keine Ahnung. Ihr wisst genauso wenig wie alle Menschen wie es als Digimon ist. Das Leben eines Digimon ist hart und wer dankt es einem so hart zu leben? Niemand. In unserer Welt nicht, und hier auch nicht. Aber hier haben wir wenigstens die Chance ein klein wenig Respekt zu erhalten, auch wenn es Angst ist.", erklärte Guadromon und klang und mehr kampflustiger.

"Wir sind aber Digimon und wir leben gerne hier und jetzt!", rief Elecmon laut.

"Ja genau, nur weil ihr etwas Pech hattet, wollt ihr alles zerstören? Das ist doch krank!", schrie Monmon und tänzelte aggressiv auf der Stelle. Nun sprach Mekanorimon weiter: "Ihr? Ihr seid nur einige Wochen alt. Und noch dazu bei warmherzigen Kindern geboren worden und lebt bei ihnen. Ihr könnt das garnicht verstehen. Ihr würdet in der Digiwelt keine einzige Woche überleben. Aber was soll das alles? Da ihr sie eh niemals mehr sehen werdet, istd as alles hier Zeitverschwendung. Und die Zeit, arbeitet gerade für uns", endete es und ging in Kampfstellung.

"Für sie? Was solld as heißen?", fragte sich Kurt, doch er konzentriete sich jetzt lieber nach vorne, da auch die Guadromon in Stellung gingen.

"Überlasst die uns", sagten May und Holly gleichzeitig und traten vor. "Ihr geht weiter."

"Seid nicht dumm", sagte Chris sofort, doch Cathy fiel ihm ins Wort: "Ihr geht weiter, wir haben keine Zeit zu verlieren. Je länger es dauert, desto schlechter für uns." Monmon und Betamon nickten zustimmend.

"Sie hat Recht, also gut. Kommt, weiter. Pass gut auf May auf, ja?", fragte Kurt und das große Mädchen nickte.

"Wie langweilig", kam es von Guadromon und sah zu wie die anderen das Gebäude betraten.

"Hey Blechhaufen, hier spielt die Musik!", rief May und ihres und Cathys Digivice begannen zu leuchten.

"Betamon digitiert zu Airdramon!" Majestätisch erhob sich das Drachendigimon kurz in die Luft und landete schützend vor seinem kleinen Partner.

"Monmon digitiert zu Hookmon!" Das Mutantendigimon sprang zurück und nahm ebenfalls eine Beschützerpose vor seinem Partner ein.

"Kommt doch ruhig her wenn ihr es euch trauen solltet", sagte Hookmon und hob bedrohlich den Harken.

"Sonst müssen wir euch holen kommen", stimmte Airdramon brummend zu und fauchte. Die Maschinendigimon sahen sich kurz an, dann zündeten sie ihre Raketen und schossen auf ihre Ziele zu. Der Kampf um Calumon, hatte begonnen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (31)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-06-30T14:39:36+00:00 30.06.2009 16:39
Hookmon is cool!!!
Es wir mir immer symphatischer.
XP
Aje, is ja ne tolle Bilanz die Dustins Vater da hat.
Bin mal gespannt was jetzt passiert.
:3
Von: abgemeldet
2009-06-30T14:22:54+00:00 30.06.2009 16:22
*Trauer Musik einspiel*
Armes Tyrannomon.
Aber Dinohumon hat richtig gehandelt.
Lieber sterben, als diesen Omegatypen zu dienen.

Wie Penguinmon zu Saberdramon digitieren konnte fand ich toll.
X3
Von: abgemeldet
2009-06-30T08:26:30+00:00 30.06.2009 10:26
*mich selber hau*
Schon drei Kapitel und ich hab nix gelesen.
T__T
Okay, jetzt halt ich mich aber wider ran.
>.<

KArtenspielen.
XDDD
Achja, das is lustig.
Aber was diese Jungs damals mit Vanessa gemacht haben war wirklich fies.
Und wieder is ein Digimon tot.
.___.
Blöde Omega.
Von:  Selma
2009-05-12T12:41:08+00:00 12.05.2009 14:41
Tja Guardromon is halt nich besonders gepolstert. Die soll sich nich beschweren, musste ja nicht einsteigen. Die war nur zu feige sich den andren offen zu stellen.
Von:  Selma
2009-03-31T05:36:59+00:00 31.03.2009 07:36
Wieder ein sehr schönes Kapitel. ^^
Freue mich schon aufs nächste.
Tja, es gibt btw. in Amerika nicht nur ein Springfield. Sie waren einfach im falschen ;)
Von: abgemeldet
2009-03-07T19:05:21+00:00 07.03.2009 20:05
Hier spricht deine treue Kommischreiberin.
X3

Meine Lieblingstelle is schonmal die mit diesen drei Jungs.
Bahh, ich hasse solche Typen, die denken sich alls erlauben zu können.
XDDD
Aber Devimon und Co. haben es dennen richtig gezeigt.

Auch den Kampf fand ich toll.
*sfz*
Warum immer diese lieben Digimon sterben müssen.
Von: abgemeldet
2009-02-26T07:21:47+00:00 26.02.2009 08:21
Digisoul?
Du scheinst echt mehrere Staffeln in einer zu vereinen.
XD
Wer is blos diese Herscherin?
*überlegen tu*
Mir is übrigens aufgefallen, dass alle feindlichen Digimon bis jetzt MAschinen Digimon sind.
Hat das ne bestimmte Bedeutung?

PS:
Irgendwie hab ich das Gefühl du schreibst die FF nur noch für mich.
XD
Ich geb aj als einzigste Kommis.
Von: abgemeldet
2009-02-26T07:07:56+00:00 26.02.2009 08:07
Erstmal sorry, wegen dem späten Kommentar.
Bin in letzter Zeit nich zum lesen gekommen.
>___<

Wieder tolles Kapitel.Die Idee mit diesen SPezialfähigkeiten find ich genial.
XDD
Bin mal gespannt wie die Guardromon besiegen wollen.
Von: abgemeldet
2009-02-08T17:27:38+00:00 08.02.2009 18:27
Yay!
Renamon.
X3
Und dann auch noh als weiblich beschrieben.
*dich dafür schonmal lob*
Wieder sehr gutes Kapitel.
Mach ja weiter so.
*dich anfeuer*
Von: abgemeldet
2009-01-27T16:43:47+00:00 27.01.2009 17:43
Okay.....
Ich kann das was Stella da zu Holly gequatschthat zwar nicht verstehen, aber egal.
XDD
Das wo Dustins Vater ihm den Ring gibt find ich genial.
XDD


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