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Kunan

Das Amulett von Thana
von

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Ein neuer Freund

Ein neuer Freund
 

Als Luca aus dem Zelt trat, stand die Sonne bereits hoch oben. Er hatte also den ganzen Vormittag beim Hohen Rat verbracht.

Da Luca in seinem Zelt schon jeden Zentimeter genau kannte, wollte er sich diese Stadt ansehen. Er war auch neugierig, ob hier alle so bekleidet waren wie Canis und das schüchterne Mädchen, das ihm jeden Tag Äpfel und Wasser brachte. Also schlenderte er in eine andere Richtung, als in die, wo er mit Canis heute Morgen hergekommen war. Hier auf dieser Seite des Zeltes vom Ältestenrat waren die Zelte gelb.

Hier und dort sah er Rauch aus den Zelten aufsteigen. Kleine Kinder spielten vor den Zelten. Luca konnte einige Spiele erkennen, die auch in seiner Welt gespielt wurden; wie etwa Hüpfkästchen, die mit einem Stock in die Erde gezeichnet worden waren. Einige junge Mädchen spielten mit Holzpuppen, doch bei den Jungen ging es brutaler zu. Sie tobten und kämpften miteinander.

Luca blieb stehen, um sich das Spiel von zwei Jungen genauer anzusehen.

Sie hatten beide ein Holzschwert in der Hand. Beim Kämpfen gingen sie jedoch recht brutal miteinander um. Als der größere der beiden den anderen am Bein traf und dieser hinfiel und weinte, kam eine Frau aus dem Zelt. Luca nahm an, dass sie die Mutter war.

Sie tröstete den Verletzten, nahm ihn auf den Arm und beschimpfte den anderen Jungen mit wüsten Worten.

Luca ging weiter.

Er sah noch weitere Kinder spielend herumlaufen. Einige wurden bereits zum Mittagessen gerufen. Als ihm der betörende Duft eines Grills den Weg in seine Nase fand, bekam er Hunger. Er fragte sich, ob er zurück zu seinem Zelt gehen oder ob er weitergehen und den Hunger zurückhalten sollte.

Luca entschied sich für letzteres. Er wusste nicht, wann die nächste Gelegenheit kommen würde, um sich ungestört in Kailu umzusehen.

Luca hatte wohl richtig entschieden, denn nach einer Weile kamen nach roten Zelten Hütten aus Holz. Über den Türen hingen Schilder mit Symbolen wie das eines Hammers, Weinkruges oder das eines Schweins.

Luca nahm an, dass dies Gaststube, Schmiede und andere Geschäfte waren.

Um endlich seinen Hunger zu stillen, ging er auf ein Haus zu, das das Symbol eines Brotes hatte. Doch kaum war er an dem Nachbarhaus angelangt, flog plötzlich die Tür der Bäckerei auf und ein Junge kam herausgestolpert. Er fiel auf den Boden. Hinter ihm erschien ein älterer Mann.

„Raus hier!“, brüllte er den Jungen an. „Diebe haben hier nichts zu suchen, und wehe, du lässt dich hier noch einmal blicken!“ Er spuckte vor die Füße des Jungen. Dann ging er, die Tür hinter sich laut schließend, zurück ins Haus und ließ den Hasserfüllten Jungen zurück.

Luca lief zu ihm hin. „Bist du ok?“ Er hielt dem Fremden seine Hand hin. Dieser packte sie dankend und stand mit Lucas Hilfe auf.

„Ich hasse ihn!“ Der Junge schaute hasserfüllt zur Bäckerei. „Kaum sieht er mich, schmeißt er mich raus.“

„Er hat dich einen Dieb genannt. Stimmt das?“

„Nein, ich habe nichts angefasst. Aber ich gestehe, dass ich ihm mal ein paar Brote geklaut habe – aber nur, weil meine Mutter todkrank war“, fügte er hastig hinzu, als er Lucas erstauntes Gesicht sah. „Wir hatten damals kein Geld und so blieb mir nichts anderes übrig. Aber es hat nicht geholfen. Sie ist im letzten Winter gestorben.“

„Das tut mir Leid.“ Luca konnte ihn verstehen. Canis hatte ihm zwar versichert, dass es seinen Eltern gut gehen würde, aber was war das schon. An Feen hatte er bis jetzt nicht geglaubt, also warum jetzt?

„Wer bist du eigentlich?“ Die Stimme des Jungen riss ihn aus seinen Gedanken.

„Ich heiße Luca“, antwortete er. Der Fremde packte Lucas Hand und schüttelte sie. „Freut mich, dich kennen zu lernen, Luca. Ich bin Masanari.“ Er lächelte.

„Ich habe gehört, es gibt einen aus der Anderen Welt. Bist du das?“ Luca nickte.

„Wenn du möchtest, zeige ich dir Kailu“, schlug Masanari vor. Luca nahm seine Einladung dankbar an, fügte jedoch hinzu: „Nur, wenn ich die Möglichkeit bekomme, meinen Magen zu besänftigen.“

Masanari lachte. „Du gefällst mir. Du bist nicht so ernst wie die meisten hier in unserem Alter“

„Wieso?“

„Der bevorstehende Krieg macht ihnen Angst. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass Paratas sein Heer sammelt.“ Doch den Rest des Tages sprachen sie dieses Thema kein einziges Mal an.
 

Als Luca abends in seinem Zelt lag, konnte er nicht schlafen. Nachdem er Masanari bei der Bäckerei getroffen hatte, wurde er von seinem neuen, wissbegierigen Freund, der neugierig auf sein Leben in der `anderen’ Welt war, gebeten, es doch ein wenig zu erklären, der sich auch prompt für die Blechkisten interessierte, mit denen die Menschen auf der Erde auf wundersamer Weise schneller fahren konnten als so manche Kutsche.

„Aber Autofahren ist ziemlich gefährlich“, hatte Luca erklärt, um Masanari von dem Gedanken abzubringen, eine Reise in seine Welt zu unternehmen. „Es gibt jedes Jahr viele Tote und umweltschädlich ist es auch. Kennst du das Ozonloch?“ Doch auch das schien Masanari nicht zu kennen, denn er hatte ihn angestarrt, als ob er in Luca einen Verrückten sah. „Ein Loch im Ozean?“, fragte er erstaunt. „Wie geht denn das?“

Und Luca hatte versucht, ihm auch das zu erklären, was nur daraus hinauslief, dass Masanari nun etwas mehr über das größte Problem der Menschheit auf der Erde wusste, als vorher.

Luca seufzte. Morgen wird mir Masanari mehr über Kunan erzählen und mir seinen Lieblingsplatz hier in Kailu zeigen, dachte Luca. Er lächelte und schloss die Augen. Schade, dass es schon dunkel geworden war, sonst hätte Masanari ihn mir schon heute gezeigt.

Doch glücklich und zufrieden schlief er mit dem Wissen ein, dass er hier einen Freund gefunden hatte.



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