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Zorro und Corneja

Sister, where are you?
von

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Die Zigeuner kommen

Gemächlich rumpelten die Wagen hintereinander her. Die Männer trieben die Pferde und Ochsen mit Pfiffen und schnalzenden Ruten an. Die Luft war stickig und heiß im Wagen.

Das Mädchen hatte sich daher entschlossen, draußen neben dem Wagen her zu laufen. Die dichte Lockenmähne wippte auf und ab bei jedem Schritt, der rotgestreifte Rock wehte um ihre zierliche Gestalt. Trotz der brennenden Sonne ging sie barfuss; sie war es nicht anders gewöhnt.

Hin und wieder glitt ihr Blick hinüber zu ihrer Mutter, die scheinbar ungerührt von der Hitze auf dem Kutschbock ihres Wagen saß, die Zügel in der Hand.

Die musterte ebenfalls ihre mittlerweile 19- jährige Tochter.

Sie hatte sich zu einer wahren Schönheit gemausert. Aus dem dürren Backfisch war eine erwachsene Frau geworden, die mit ihrem schüchternen, unschuldigen Charme reihenweise Männerherzen im Sturm eroberte. Wer einmal in ihre tiefblauen Katzenaugen geblickt hatte, war ihr verfallen. Sie musste schon seit einiger Zeit ihr die Verehrer vom Leib halten. Einer wütenden Zigeunermutter, die ihr Kind verteidigte, ging man besser aus dem Weg.

Dabei war sie gar keine Zigeunerin.

Sie seufzte tief.

„Wahrscheinlich muss ich bald für dich einen Ehemann finden, mein Engel. Obwohl alle hier unter deiner Würde sind, wärst du nur die, die du eigentlich bist!“

Zornig ließ sie ihre Rute auf das Hinterteil des Maultiers zischen.

Alltag

„Hat man noch Töne! Es ist jetzt zehn nach elf und dieser Faulpelz liegt immer noch im Bett.“ wetterte Maria und stampfte wütend in die obere Etage.

„Diego! Aufstehen!! Raus aus den Federn! Aber auf der Stelle.“ donnerte die resolute Frau und hämmerte mit der Faust gegen die Tür.

Als sich immer noch nichts im Zimmer dahinter rührte, fauchte sie weiter: „Wenn ich in dieses Zimmer kommen muss Bürschchen, kannst du was erleben!!“

Endlich hörte man das Quietschen des Bettes und das Zurückschlagen einer Bettdecke.

„Schon gut Maria, ich bin wach!“ murmelte Diego vor sich hin. Verschlafen saß er am Bettrand und kratzte sich gedankenverloren am Kopf.

„Wenn du noch Frühstück willst, beeil dich etwas! Ich habe schließlich nicht den ganzen Tag Zeit dir hinterher zu rennen! Kapiert!“

„Jajaja!“ Diego gähnte ausgiebig.

Im Vergleich zu der anstrengenden Nacht war Maria’ s Schelte gerade zu harmlos.

Wegen der Dürre hatte das Militär die Getreidevorräte rationiert und ließ den Bauern gerade mal soviel wie in ein Schüssel ging. Doch Zorro war nicht untätig und hatte heute nacht einige Wagenladungen mit Getreide entwendet. Bis zum Morgengrauen waren Bernard und er dann über die Gehöfte gefahren und hatten ihre Beute verteilt.

Diego konnte noch das wütende Gezeter von Leutnant Gabriel hören, den er unsanft in ein großes Wasserfass gestoßen hatte. Ein freches Schmunzeln glitt über sein Gesicht.

<<Wenigstens wurde der mal ordentlich gewaschen!>> dachte er

„Diego!“ rief Maria von unten.

„Ja! Ich komme!“
 

„Du bist wahrlich der größte Faulpelz, den ich je gesehen habe! Verschläfst den halben Tag und drückst dich vor jeder Arbeit. Aus dir wird nie etwas wenn du dich nicht bald mal änderst, Junge!“

Während Maria das Frühstück auftrug, mäkelte sie nach Lust und Laune an Diego herum.

Der ertrug es schweigend.

„Jaja Maria!“ gähnte er.

„Und hör’ endlich mit diesem ewigen "Jaja" auf! Mach dich einmal nützlich!

Wenn es deiner Aufmerksamkeit nicht entgangen ist, feiert dein Vater am Sonntag seinen Geburtstag und ich habe alle Hände voll zu tun. Das ganze Haus muss geputzt werden, das Essen vorbereitet und noch tausend andere Dinge. Glaubst du das erledigt sich von selbst?“

„Stell doch eine Hilfe für die Zeit ein!“ war Diego’ s müder Kommentar. Gelangweilt stocherte er in dem Rührei herum.

Mit einem Rumms donnerte Maria die Kaffeekanne auf den Tisch.

„Soweit kommt es noch! Nur weil der Herr Sohn zu faul ist, soll dein Vater jemand einstellen und unnötig Geld ausgeben! Das ist doch die Höhe!“

Die Tür wurde aufgerissen und Bernard kam ins Esszimmer gestürmt.

„Diego! Das musst du dir ansehen. Ein Zirkus ist in der Stadt. Sie bauen ein großes rot-gelbes Zelt mitten auf dem Marktplatz auf, das ist bestimmt so groß wie ein Haus!“ berichtete der Junge mit leuchtende Augen.

„Ehrlich! Das muss ich mir ansehen!“ rief Diego fröhlich und war er mit Bernard zur Tür hinaus, bevor Maria ihnen noch etwas aufhalsen konnte.

Die stand nun sprachlos da und sah den beiden nach:„Also...das ist doch...“
 

Diego und Bernard waren bereits auf dem Weg in die Stadt. Die Sonne stand bereit hoch und schien heiß auf das trockene Land. Wenn die Dürre noch länger anhielt, würde die Ernte in der Ähren vertrocknen. Diego wandte den Blick gen Himmel. Der war strahlend blau, nicht die geringste Spur einer Wolke.

<< Hoffentlich kommt bald Regen auf! Es würde in einer Katastrophe enden, wenn die Lebensmittel noch strenger rationiert werden.>>

„Woran denkst du?“ fragte Bernard.

„Daran ob sich das Wetter bald ändert. Einen solch trockenen Sommer hatten wir hier in Tasco noch nie.“

„Bestimmt regnet es bald! Die Wolken können sich schließlich nicht verstecken!“ meinte Bernard zuversichtlich. Diego musste lachen. Dieser kindliche Optimismus war herrlich.

Endlich tauchten die ersten Dächer der Stadt auf. Geschäftiges Treiben herrschte auf den Straßen und Gassen. Und mittendrin erhob sich nun ein rotgelb-gestreiftes Monstrum von einem Zelt, um das eine Wagenburg stand. Lautes Stimmengewirr und Gelächter drang zu Diego und Bernard.

„Ah, das fahrende Volk!“ meinte Diego.

„Häh, was für ein Volk?“ Bernard sah seinen Freund verständnislos an.

„Das ist eine beschönigende Umschreibung für die Zigeuner. Seit undenklich langer Zeit schon zieht dieses bunte Völkchen durch die Welt.“

„Ich habe noch nie Zigeuner hier gesehen!“

„Anscheinend haben sie einen Weg in die neue Welt gefunden. In Spanien habe ich einige auf den Märkten gesehen. Manche sind recht geschickte Handwerker und echte Künstler, aber es gibt auch welche die sich für alles bezahlen lassen.“

Ein kleines Mädchen, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, kam auf die beiden zu. Sie hatte zwei dicke Zöpfe aus pechschwarzem Haar, die über ihre Schultern hingen. Ein etwas fleckiger himmelblauer Rock flatterte um die schlanken Beine.

„Ein Horoskop, die Herren. Ich kann euch die Zukunft vorhersagen. Meine Familie verfügt über das zweite Gesicht. Unsere Prophezeiungen erfüllen sich immer.“ plapperte sie munter drauf los.

„Nein, vielen Dank!“ wehrte Diego ab.

„Oder habt ihr Interesse an schönem Schmuck? Meister Janosch fertigt die feingliedrigsten Ketten, leuchtendsten Ringe und funkelnden Ohrringe.“

„Nein, danke!“

„Aber zu unserer großen Vorstellung heute abend müsst ihr kommen! Ihr seht die größten Artisten, die jedes noch so unwahrscheinlichste Kunststück vollführen. Mein Bruder und meine Schwester machen einen einhändigen Handstand auf einem Pferderücken, schlagen Saltos und jonglieren mit brennenden Fackeln.“

Diego kam nicht drum hin die kleine Werberin zu bewundern, die über ein unglaubliches Selbstbewusstsein zu verfügen schien.

„Vielleicht!“ antwortete er ihr.

Lachend verbeugte sie sich vor ihnen und gab ihnen noch einen Handzettel bevor sie wieder weitereilte.

„Meine Güte! Die plappert ja wie ein Wasserfall! Und eine Zahnlücke hat sie auch noch.“ meinte Bernard als außer Hörweite waren.

„Mag sein, aber sie macht ihres Sache mit Bravur!“

„Diego! Bernard! Wusste ich doch das ich euch hier finde!“

Lolita kam durch die Menge auf sie zu, ein bezauberndes Lächeln auf den Lippen.

„Seht mal, wie findet ihr die. Ich habe sie mir gerade dort drüben gekauft.“

Stolz präsentierte sie eine goldene Kette mit einer funkelnden roten Glasrose als Anhänger.

„Ja, ganz hübsch!“ urteilte Diego.

„Ganz hübsch???“ Lolita zog die Augenbrauen zusammen , ihr Gesicht nahm einen säuerlichen Ausdruck an.

<< Eijeiei! Mal wieder gründlich in die Nesseln gesetzt!>> dachte Bernard, als Lolita’ s übliche Schimpftirade auch schon über sie losbrach.

Leona

Es war später Nachmittag, als Diego und Bernard zurück auf die Hacienda kamen. Takle und Figaro kamen ihnen entgegen gelaufen um sich streicheln zu lassen. Aber kaum waren sie in der Nähe der Hintertür, da hörten sie auch schon Maria’ s Stimme.

„Oje, die ist immer noch wütend!“ wisperte Bernard.

„Das heißt, wir klettern über den Baum in mein Zimmer. Ich habe keine Lust mich wieder von ihr maßregeln zu lassen. Wir haben jetzt Wichtigeres zu tun!“

„Du meinst die Gerüchte wegen der angeblichen Wassersteuer, die Raymond plant?“

Diego nickte ernst.

„Ich will mich heute abend an geeigneter Stelle umhören.“

„Du willst in die Kaserne einsteigen?“ fragte Bernard nervös. Er wusste, dass dies ein hohes Risiko barg.

„Nicht wenn’s auch anders geht!“. Diego lehnte sich gegen den Stamm des großen Kastanienbaums und machten eine Räuberleiter für Bernard, der sich gewand wie ein Katze über die Äste auf den Fenstersims hangelte. Diego sah sich noch einmal nach allen Seiten um und folgte Bernard schließlich.

Gerade als er durch das Fenster schlüpfte, trat eine Gestalt auf den Hof.

Die junge Frau zog das schwarze Schultertuch mit den langen Fransen enger. Mit beiden Händen fuhr sie sich noch einmal durch ihre wilde Lockenmähne und versuchte sie etwas zu ordnen. Sie griff in ihre Tasche und holte ein kleines schwarzes Notizbüchlein und einen Stift hervor. Mit einigen schnellen Handbewegungen schrieb sie etwas auf eine freie Seite. Dann schritt sie auf die Hintertür zu und klopfte.

„Na endlich kommt ihr! Glaubt ja nicht dass ich...“

Maria verstummte, als sie anstelle von Diego und Bernard das fremde Mädchen erblickte. Diese war erschrocken einen Schritt zurück gesprungen. Scheu hielt sie Maria ihr Büchlein entgegen.

„Was soll...?“ Maria nahm das kleine Buch entgegen und begann zu lesen.

*Bitte entschuldigen Sie das ich mich in dieser Form an sie wende, aber ich bin stumm und kann mich nur schriftlich mitteilen.

Hätte Sie vielleicht für einige Tage Arbeit für mich? Ich scheue harte Arbeit nicht und habe mir bisher nie etwas zu schulden kommen lassen. Über den Lohn werden wir uns sicher einig.*

Maria musterte das fremde Mädchen.

„Du bist Zigeunerin, stimmt’ s?“

Das Mädchen nickte und senkte demütig den Kopf.

„Und wie lange bleibt ihr in Tasco?“

Sie deutete mit beiden Händen zweimal mal zehn an.

„Zwanzig Tage?“ hackte Maria nach. Wieder nickte das Mädchen schüchtern.

Maria legte nachdenklich die Stirn in Falten.

Eigentlich sollte sie sich freuen. Dieses Mädchen hatte ihr der Himmel geschickt. Aber sollte sie einer Zigeunerin die Tür öffnen. Das konnte sie unmöglich alleine entscheiden. Aber Don Vega wegen solch einer Sache...

Plötzlich schoss das Mädchen unvermittelt an ihr vorbei.

„Halt! Hier geblieben!“ schrie Maria ihr noch nach, da sah sie es.

Das Gulasch, das sie gerade in der Pfanne hatte, begann verdächtig zu riechen. Und das Wasser für die Nudeln kochte blubbernd über.

„Ach du liebes bisschen!“ Maria schlug die Hände ins Gesicht und eilte neben das Mädchen, das dabei war das Nudelwasser vom Feuer zu ziehen und gleichzeitig das Gulasch zu umrühren.

„Gerade noch rechtzeitig!“ keuchte die stämmige Frau erleichtert.

„Du bist aber ein aufmerksames Kind!“ lobte sie das Mädchen. „Wie heißt du?“

Aus ihrer Tasche zog sie eine Handtafel, die Kreide quietschte leise, dann drehte sie die Tafel Maria zu. In geschwungenen Buchstaben stand da: *LOENA*

„Loena!“ wiederholte Maria lächelnd.

Don Alejandro saß in seinem Arbeitszimmer, als Diego den Kopf hineinsteckte.

„Hallo Vater! Hast du kurz Zeit!“

„Sicher, komm’ rein.“ antwortete Don Vega, erleichtert den letzten Monatsberichten und Rechnungen zu entfliehen.

Diego setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.

„Ich hätte eine Frage. Müssen wir unbedingt feiern? Ich finde, die letzten Tagen sind wahrlich kein Grund.“ kam er gleich zur Sache.

Don Vega seufzte.

„Ja, mir geht es ähnlich! Aber ich bin nun mal aus gesellschaftlicher Etikette gezwungen. Die Leute wären bestimmt...“

„Die Leute haben im Moment gewiss andere Sorgen, als es dir zu verübeln.“

„Gerade deshalb sollte eine kleine Fiesta dafür sorgen, das die Menschen ihre Sorgen für einige Stunden vergessen.“

„Aber wenn das Militär wirklich eine Wassersteuer verhängt, ist sicher keiner mehr zum feiern aufgelegt!“

„Was sagst du da!!“ Don Vega sah seinen Sohn sprachlos an.

„Bis jetzt sind es nur Gerüchte, aber wenn die Dürre anhält...“ Diego musste den Satz nicht beenden. Sie beide wussten was dann geschah.

„Grundgütiger!“

Drückendes Schweigen herrschte als es an der Türe klopfte.

„Ja herein!“ rief Don Vega und Maria kam ins Zimmer.

„Maria, was gibt es?“

„Nun, bei mir hat sich ein Mädchen gemeldet, das Arbeit sucht und da ich im Moment bald nicht mehr weiß wo mir der Kopf steht, dachte ich es wäre ein schlechter Gedanke sie einzustellen.“

Don Vega nickte zustimmend: „Ja das wäre sicher eine Erleichterung für dich.“

„Heute morgen warst du doch noch so permanent gegen eine Hilfe!“ Diego konnte sich die freche Bemerkung nicht verkneifen und ernte sofort einen von Maria’ s wütenden Blicken.

„Mit dir habe ich nachher noch ein Hühnchen zurupfen! Glaub’ bloß nicht, dass du mir wieder entwischen kannst!!“

Diego machte auf Unschuldsmiene und sah zu Fenster hinaus.

„Gibt es noch etwas Maria?“ fragte Don Vega.

„Nun ja, das Mädchen ist Zigeunerin. Ich dachte, es wäre besser sie machen sich ebenfalls ein Bild von ihr.“

„Nur zu, bitte sie herein.“

„Sie ist im Übrigen stumm. Also wundern sie sich nicht wenn sie ihnen nicht gleich antwortet.“

Maria wandte sich zur Tür und rief hinaus: „Komm’ rein Loena, der gnädige Herr will dich sehen!“

Zögernd kam das Mädchen ins Zimmer, den Blick nach unten gesenkt.

Diego beobachtete sie aus dem Augenwinkel, und kam zu dem Schluss das sie eine recht schüchterne Person seien musste.

Schließlich hob sie den Kopf und man sah ihre funkelnden blauen Augen.

„Aber...“ Don Vegas Stimme stockte „ Das, das, das kann... Ba..Barbara“

Sein Gesicht war schlagartig kreidebleich geworden und er sank tiefer in den Stuhl.

„Vater was hast du?“ Diego war aufgesprungen.

„Don Vega, ist ihnen nicht gut?“ rief Maria und kam sofort besorgt näher.

Er aber starrte immer noch auf das ebenfalls paralysierte Mädchen.

„Sag doch endlich was ist los!“ rief Diego.

„Barbara...sie...sie ist Barbara!!“

Diego wandte den Kopf.

Die Starre hatte sich gelöst und wie ein Blitz rannte Loena aus dem Zimmer.

„Warte!“ rief Diego ihr nach.

„He, was ist denn hier los!“ Bernard war von der Aufregung angelockt worden.

„Maria kümmer’ dich um Vater! Ich versuche ob ich sie noch erwischen kann. Schnell Bernard, wo ist das Mädchen hin.“

„Die Treppe runter und zur Tür hinaus! Was ist...“

„Erklär’ ich später!“ Damit war Diego verschwunden.

„Barbara!“ hörte Bernard Don Vega immer wieder sagen.

Schatten der Vergangenheit

Diego hatte sich immer für einen guten Sprinter gehalten, aber dieses Zigeunermädchen wies ihn gnadenlos in die Schranken. Der Abstand zwischen ihnen wurde immer größer. Mit der Ausdauer eines Pferdes jagte das Mädchen die Straße entlang. Das sie ihr Schultertuch verlor, kümmerte sie nicht weiter.

„Jetzt warte doch!“ rief er ihr nach. „Ich will doch nur mit dir reden!“ Aber sie schien ihn zu ignorieren. Schließlich verlor er sie hinter einer Wegbiegung. Keuchend blieb er stehen, die Hände auf die Schenkel gestützt.

„Verdammt!“

Als er sich wieder aufrichtete fiel ihm ein wo er das Mädchen sicher wieder finden würde.

Wenig später stand er wieder vor dem Zirkuszelt. Er hielt Ausschau nach dem Mädchen mit den Zöpfen. Sie saß im Schatten eines Wagens und rangelte mit einem kleinen Welpen, der auf ihrem Schoß saß.

„Hallo, kennst du mich noch?“ sprach er sie an.

„Ja klar, heute Vormittag, stimmt’ s? Doch ein Horoskop?“ fragte sie lachend.

„Nein, aber ich muss etwas wissen. Bei euch lebt doch ein Mädchen mit Namen Loena, oder?“

„Ja natürlich, das ist meine große Schwester!“ nickte die Kleine.

„Hast du sie gesehen? Ist sie da?“

„Weiß nicht! Vielleicht ist sie hinten bei Mama! Komm’, ich zeig’ s dir!“

Sie ergriff Diego’ s Hand und zog ihn hinter sich her. Es ging quer zwischen den kleineren Zelten und Wagen hin durch.

„Wie heißt du eigentlich?“

„Kiara!“ antwortete die Kleine und lachte. Schließlich kam sie zu einem Wagen mit leuchtend roten Dach und blauen Wänden mit gelben Sternen.

„Warte kurz! Ich schau’ mal!“

Kiara verschwand hinter einem Perlenvorhang. Kurz darauf kam sie in Begleitung einer älteren Frau heraus. Die Frau war sicher Ende Vierzig, hatte bereits dicke graue Strähnen im schwarzbraunen lockigen Haar, das ihr lose über die Schultern hing und bis zur Hüfte reichte. Einige Falten im Gesicht ließen sie sehr streng wirken.

Misstrauisch beäugte die Zigeunerin Diego von oben bis unten.

„Was willst du von meiner Tochter?“ Ihre Stimme war so streng wie ihr Gesicht.

„Nicht was sie denken. Ich muss nur mit ihr reden.“ beschwichtigte Diego die Frau, doch die fuhr mit scharfen Stimme fort: „Sie kann nicht reden! Wenn du etwas zu reden hast, dann mit mir!“

„Sind sie... Barbara?“ fragte Diego vorsichtig.

Die Frau schnaubte und meinte dann herablassend: „Wenn schon, dann „Seniora Barbara Garíca Alvarez“, Bursche. Und wer bist du?“

„Ich...? Don Diego Vega.“

Die Frau zog erschrocken die Luft ein.

„Don Alejandro Vega’s Sohn?“ fragte sie.

„Sie kennen also meinen Vater?“

Seniora Barbara schwieg und knurrte dann: „Ja, leider!“

Damit verschwand sie wieder im Wagen. Diego blieb verunsichert stehen.

„So habe ich Mama Barbara noch nie erlebt! Normalerweise ist sie zu allen freundlich.“ versuchte Kiara zu erklären.

„Aber wenn du mit Loena reden willst, ich hab noch eine Idee wo sie sein könnte.“

Wieder zog sie ihn hinter sich her. Etwas außerhalb der Stadt hatte die Zigeunergruppe ihre Pferde auf eine Wiese gebracht. Pferde aller Couleur tummelten sich hier. Große schlanke, kleine stämmige, kräftige Kaltblüter und rassige Andalusier.

„Bei euch gibt es wohl nichts was es nicht gibt!“ rief Diego, als ein leuchtender Schimmel, der ihn entfernt an Viento erinnerte, an den beiden vorbei galoppierte.

„Die Pferde sind unser aller Stolz!“ erklärte Kiara und hob suchend den Kopf „Aha wusste ich’ s doch! Dahinten ist Leona, bei Brìos ihrem Pferd. Da geht sie immer hin, wenn sie Streit mit Mama hat.“

Tatsächlich stand die Gesuchte neben einem herrlichen Palomino Hengst. Seine hellen Hufe scharrten im Staub, der leuchtend weißgelbe Schweif zischte hin und her. Leona hatte sich an seinen Hals gelehnt und streichelte ihn gedankenversunken.

„Loena! He Loena!“

Kiara lief fröhlich auf sie zu. Leona wandte ihnen den Kopf zu und zuckte sofort wieder zusammen. Bestimmt wäre sie wieder davon gerannt, doch Kiara hatte sich bereits lachend an sie gehängt und plapperte munter drauflos.

„Was ist denn los mit dir?“ fragte die Kleine verwundert, als sich Loena aus ihrem Griff herauswand.

„Ich glaube sie hat Angst. Das musst du aber nicht. Ich will nur mit dir reden, Loena. Ehrlich!“ versuchte Diego sie zu beruhigen. In ihren Augen lag immer noch Panik und Furcht.

„Ich weiß zwar nicht was mein Vater mit deiner Mutter zu tun hatte, aber ihre Reaktionen lässt auf keine guten Erinnerungen schließen.“

„Allerdings!“ antwortete Diego eine andere Stimme. Hinter ihm war ein junger Bursche etwa in seinem Alter auf getaucht und musterte ihn argwöhnisch. Diego hatte ihn erst bemerkt als er sprach, was bedeutete das er über eine exzel-lente Körperbeherrschung verfügte. Nur wenige konnten sich so einfach an ihn heran schleichen.

„Nico, du bist’ s! Wo hast du solange gesteckt?“ rief Kiara dem Fremden zu. Diego fiel auf, das Kiara und er beinahe identische Gesichtszüge und dieselben tiefschwarzen Haare hatten. Die beiden waren auf jeden Fall Bruder und Schwester, Leona hingegen kam deutlich mehr nach ihrer Mutter.

Jedoch war sie die einzige mit blauen Augen. Seniora Barbara, Kiara und ihr Bruder Nico hatten feurig- braune. Seltsam!

„Ich musste arbeiten, Nena. Was will der von Loena?“

Nico war augenscheinlich genauso misstrauisch wie seine Mutter. Statt Kiara antwortet Loena, indem sie in die Hände klatschte und dann ein paar seltsame Handzeichen machte. Anscheinend beruhigten diese Nico, denn der junge Mann nickte nur kurz und kehrte Diego den Rücken zu.

„Was ist los, Große?“ wollte Kiara wissen und Loena gab ihr ebenfalls Hand-zeichen.

„Ich soll gehen? Aber warum?“

Ein strenger Blick, ein energisches Kopfdeuten und Kiara wusste, dass sie sich trollen musste. Schmollend zog sie eine Schnute und gesellte sich zu ihrem Bruder, der begonnen hatten einen Fuchs-farbenen zu striegeln.

Leona sah ihr nach dann drehte sie sich zu Diego. Unsicher sahen sich die beiden an.

„Du musst dir keine Vorwürfe wegen vorhin machen, Leona. Das war nicht deine Schuld. Mein Vater ist nur erschrocken. Es stimmt schon, du siehst deiner Mutter ähnlich.“ begann Diego langsam.

Eigentlich wusste er gar nicht was er zu ihr sagen sollte. Er hatte bis zu heutigen Tag nie etwas von der Bekanntschaft seines Vaters gewusst. Was sollte er also sagen?

„Bitte, versteh mich nicht falsch. Aber weißt du warum deine Mutter so schlecht auf meinen Vater zu sprechen ist?“

Leona nickte und seufzte dann. Es war der erste Laut den sie bisher von sich gegeben hatte, wahrscheinlich auch ihr einziger. Sie zog ihr schwarzes Hand-buch aus der Tasche und begann zu schreiben. Als sie den Stift senkte, verhar-rte sie noch einen Augenblick. Ihre Augen ruhten auf Diego, so als suche sie etwas in ihm. Verlegen versuchte er ihr aufmunternd zu zulächeln.

Schließlich atmete Leona tief ein und drehte langsam die Seite...

„Aiiii! Kommt schnell! Soldaten reißen unser Zelt ein!“ Ein Zigeunerjunge kam lautrufend auf die Wiese gestürmt.

Ärger

„Was sagst du da, Ishma!“ rief Nico.

„Sie reißen unser Zelt ein und wollen unser Pferde konfis...noch was!“ Die Augen des Kindes war geweitet vor Schreck.

„Leona, Kiara, schnell wir müssen die Pferde weg bringen! Diese verdammte Brut bekommt unsere Schätze nicht!“

Mit einem Satz war Nico auf dem Fuchsfarbenen.

„Etwas weiter die Straße hinab, ist ein Wald. Versteck’ die Pferde am besten da!“ riet Diego ihm. Leona klatschte erneut in die Hände, so das Nico auf sie blickte. Sie gab ihm schnell gestikulierend etwas zu verstehen.

„Ist gut! Irgendjemand muss Mutter zurückhalten, sonst bricht sie wieder einen Streit vom Zaun und das können wir nicht brauchen. Kiara, du kommst mit mir!“ Mit einem schnellen Griff packte er die Kleine und setzte sie vor sich. Dann drückte er seinem Pferd die Fersen in die Seiten und sprengte im gestreckten Galopp davon.

Leona hatte sich ebenfalls auf den Rücken von Brìos geschwungen. Sie hielt Diego auffordernd die Hand entgegen. Er zog sich hinter ihr auf das Pferd. Brìos tänzelte einen kurzen Augenblick auf und ab, dann setzte er zum Spurt an und Diego und Leona flogen förmlich nach Tasco zurück.

Die Szenerie auf dem Marktplatz, die sie erblickten, deckte sich mit Diego’ s Vorstellungen.

Leutnant Gabriel thronte hoch zu Ross und führte sich mal wieder auf wie der Großkotz vom Dienst. Neben ihm wieselte der dicke Gonzalez hin und her. Auf seinen Befehl hin hatten Gabriel’ s Leute damit begonnen das Zelt einfach von den Stangen zu reisen. Die Zigeuner wurden derb zurückgedrängt, wenn sie dagegen vorgehen wollten.

„Los jetzt! Schafft mir diese Pferde her! Die Kaserne braucht dringend neue Tiere!“ donnerte der blonde selbstverliebte Schönling. Das Geschrei um ihn nahm er gar nicht zu Kenntnis.

„Ich habe schon einige Männer losgeschickt, um die Pferde einzufangen!“ berichtete Gonzalez euphorisch.

„Die werdet ihr gefälligst wieder zurückbeordern! Und zwar sofort!“

Seniora Barbara kam drohend wie eine schwarze Unwetterwolke auf Gabriel und Gonzalez zu.

„Soweit ich weiß herrscht zur Zeit kein Kriegsrecht! Also haben Sie kein Recht meine Pferde zu konfiszieren!“ fauchte sie wie eine Wildkatze, so dass Sergeant Gonzalez vorsichtshalber zwei Schritte zurückwich. Leutnant Gabriel hingegen ließ sich nicht von der wütenden Frau beeindrucken.

„Gonzalez, schaffen sie mir diese Zigeunerfurie aus den Augen!“ befahl er.

„Aber Leutnant, eigentlich hat sie doch...“

„Soll das Befehlsverweigerung im Dienst werden!“ Gabriel’ s linke Augenbraue stieg um einige Zentimeter.

„Äh nein... ich...“ stotterte Gonzalez und machte sich schließlich daran Seniora Barbara wegzuführen.

„Bitte um Entschuldigung.“ nuschelte er „ Aber Befehl ist Befehl!“

„Augenblicklich die Finger weg!“ schrie die Zigeunerin und sie trat Gonzalez mit aller Wucht gegen das Schienbein, so der jammernd in die Knie ging.

„Jetzt reicht es! Ich werde dir Manieren beibringen, du Hexe!“ donnerte Gabriel, wendete sein Pferd und preschte im Galopp auf die wehrlose Frau zu.

Da stürmte ein gelber Schemen zwischen den Wagen hervor und das Pferd stellte sich vor Seniora Barbara. Leona fixierte den verwunderten Leutnant mit einem durchdringenden Blick, sodass er die Zügel anzog und abdrehte. Diego war im selben Moment von Brìos abgestiegen und ging auf Gonzalez zu.

„Bitte Sergeant, können wir das hier nicht friedlich lösen!“ bat er freundlich.

„Wenn’ s nach mir ginge, gerne!“ antwortet der leise.

„Dieses Pack hat kein Recht sich hier breit zu machen! Als Schausteller braucht man eine offizielle Lizenz des Gouverneur’ s.“ wetterte Gabriel, der wieder Herr seiner Sinne war.

Das sich dieses verwöhnte Muttersöhnchen wieder einmal einmischen musste, passte Gabriel gar nicht. Wenn er nur könnte, würde er diesen Luftikus nur zu gerne zurecht stutzen.

„Wenn Sie gefragt hättet wie es sich gehört, dann hätte ich Ihnen unsere Lizenz auch gezeigt!“ keifte Seniora Barbara und zog aus ihrer Gürteltasche einen weißen Umschlag. Diesen hielt sie Gonzalez unter die Nase.

„Hier! Lesen werden sie hoffentlich können!“

„Ähem, danke!“ Gonzalez zog den Briefbogen aus dem Couvert.

„Das... das ist eine völlig rechtskräftige Urkunde mit der Unterschrift des Gouverneur’ s, Leutnant!“

„Zeig’ den Wisch her! Das will ich selbst sehen!“ fauchte Gabriel und riss ihm das Blatt aus der Hand. Doch er kam zu dem gleichen Schluss: Das Papier war ordnungsgemäß und rechtskräftig. Was bedeutete, dass sich die Zigeuner hier solange aufhalten konnten wie sie wollten und ihnen ihr Besitz zugesichert wurde. Nichts also mit den Pferde! Verflucht!

Noch aber gab sich Gabriel nicht geschlagen.

„Und wer garantiert mir, der Fetzen hier echt ist. Ihr Gauner versteht euch doch meisterhaft auf’ s Fälschen!“

„Aber, Leutnant der Brief...“ begann der Sergeant vorsichtig.

„Klappe!“ fuhr Gabriel Gonzalez an und richtete den Blick wieder auf Seniora Barbara.

„Ich kann es garantieren! Der Gouverneur hat es vor meinen Augen unterzeichnet.“ gab diese unmissverständlich zu verstehen.

„Und wer bürgt für dein Wort, Zigeunerin!“ meinte Gabriel herablassend.

„Ich!“ rief eine vertraute Stimme.

Don Vega, immer noch etwas bleich, saß auf dem Kutschbock, Bernard neben ihm.

„Im Übrigen redet ihr mit einer Tochter aus einem der besten spanischen Häuser. Also behandelt Seniora Garcìa mit dem fälligen Respekt.“

„GARCÌA!“ keuchte Gonzalez. Man musste schon ein wahrer Tölpel sein, um noch nie etwas von dem weltumspannenden Handelsimperium der Garcìa’ s gehört zu haben, der drittgrößten der Welt.

„Ihr behauptet diese Zigeunerin, da...“

„Ist Seniora Barbara Allegra Garcìa Alvarez, die Tochter von Riccardo Garcìa, dem ehemaligen Wirtschaftsberater seiner Majestät, dem König. Er und mein Vater waren eng befreundet. Ich kenne die Seniora, seit frühster Kindheit und bürge für ihr Wort.“

„Hör’ auch hier den Caballero zu spielen, Alejandro. Ich will deine Hilfe nicht!“ fauchte Seniora Barbara weiter.

„Bitte Barbara, besinn’ dich!“

Doch ihre Augen blitzen gefährlich, wie die einer Schlange kurz vor dem Angriff.

Leona war neben ihre Mutter getreten und versuchte sie zu beschwichtigen, was aussichtslos erschien. Denn Seniora Barbara schien gerade zu einem neuen verbalen Angriff auszuholen.

„Was geht hier vor sich!“

Oberst Jekyll war aufgetaucht und versuchte sich einen Überblick zu verschaf-fen.

Gonzalez räusperte sich verlegen, salutierte und berichtete: „Auf Befehl von Kommandant Raymond wollten wir diese anscheinend illegale Lager aufheben. Aber es hat sich heraus gestellt, das die Gruppe über eine gültige Schausteller-lizenz verfügt.“

„Ich habe doch gesagt...“ zischte Gabriel dem Dicken zu, als Jekyll ihn unterbrach.

„Ist das korrekt, Leutnant?“ fragte er scharf.

Gabriel biss sich auf die Zunge und nickte schließlich.

„Dann gibt es keinen weiteren Grund die Leute zu belästigen. Sie sollen ihr Zelt wieder aufbauen und ihre Vorführen abhalten. Solange sie nicht gegen das öffentliche Recht verstoßen, sind sie willkommen Gäste in der Stadt.“

Freudiges Geplapper wurde laut. Es freute das fahrende Volk als „willkommen“ angesehen zu werden.

„Außerdem werden sie sicher bald den Ort wieder verlassen. Also kein Grund für eine solche Behandlung!“

„Ich für meinen Teil werde bleiben!“ verkündete da Seniora Barbara lauthals, das Leona’ s Kopf erschrocken herum wirbelte. „Ich habe hier noch eine alte Rechnung zu begleichen.“

Sie bedachte Don Vega mit einem düsteren Blick.

„Um sich hier niederzulassen, Seniora, müssen sie aber über Land verfügen oder eine Anstellung in der Stadt.“ erläuterte Oberst Jekyll.

„Keine Sorge! Das habe ich erledigt, als ich die Lizenz besorgt habe. Das Land von Fluss Madrez bis zu den Hängen der Berge ist urkundlich auf meinen Namen eingetragen. Glücklicherweise verfüge ich über genügend Geldmittel.“

„Vom Madrez? Der grenzt doch an das Land deines Vaters, nicht wahr Diego?“ fragte Bernard leise.

„Stimmt, ich fürchte wir haben ab sofort eine Nachbarin. Eine, die jetzt schon nicht gut auf uns zu sprechen ist.“

Er beobachtete Leona, die versuchte ihrer Mutter etwas mit den Händen zu sagen. Anscheinend war sie ebenfalls überrumpelt worden. Doch Seniora Barbara ignorierte sie einfach.

<<Anscheinend ist das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter nicht das aller-beste.>> dachte Diego und irgendwie tat die scheue Leona ihm leid, denn sie war unschuldig in diesen Streit geraten.

Aber er machte sich auch Sorgen um seinen Vater.

Das gerade war eine indirekte Kriegserklärung von Seniora Barbara an ihn. Und augenscheinlich war da mal weit mehr als nur Freundschaft zwischen den beiden, sonst hätte es Don Vega nicht so erschüttert.

Die Soldaten zogen gottlob endlich ab. Gabriel bedacht sie noch alle mit einem finstern Blick. Sobald er nur die geringste Gelegenheit bekommen würde, dann konnte diese Hexe ihr blaues Wunder erleben!

„Also, sie sind weg!“ rief Barbara den Zigeunern zu „Steht nicht so da! Baut gefälligst das Zelt wieder auf. A vanti! In einer Stunde ist Vorstellung!“ Einige gehorchten, doch viele der Älteren rührten sich nicht von der Stelle. In ihren Augen spiegelte sich Verachtung.

<< Sieh’ da, die Königin scheint sie nicht zu sein, auch wenn sie sich so aufführt!>> ging es in Diego Kopf einher. Er bemerkte wie Leona wieder Zeichen gab und die Alten nickten. Dann machten sie sich an die Arbeit.

Leona war in Wahrheit die stumme Königin der Zigeuner.

Böse Pläne

Das Zelt der Zigeuner war brechend voll, knisternde Spannung lag in der Luft.

„Komm’ schon Lolita, das heute morgen war keine Absicht. Du weißt doch, dass ich von Schmuck keine Ahnung habe!“

Das blonde Mädchen hatte bockig die Arme vor der Brust verschränkt und übersah Diego einfach.

„Was soll ich denn machen, damit du wieder gut mit mir bist?“

„Für’ s Erste lass mich in Ruhe!“

„Ich bitte dich. Warum bist du so sauer? Nur wegen dieser Kette?“

„Nein!“ versetzte Loilta finster „Was hast du mit diesem Zigeunermädchen zu schaffen!“

„Ähem, was genau meinst du?“ Diego stellte sich ahnungslos.

„Hör’ auf! Ich habe gesehen, wie du mit ihr hergeritten bist, dicht an dicht!“

<< Da liegt des Pudel’ s Kern! Sie ist eifersüchtig auf Leona!>>

Insgeheim schmeichelte es ihm sehr, das Lolita ihn trotz allem nach wie vor als ihren Verlobten betrachtete. Aber mit Leona lag die Sache anders. Diego hatte den Eindruck, dass da noch etwas im Argen lag.

Als er mit Bernard ins Zelt gegangen war, sah er noch wie sein Vater mit Seniora Barbara wegfuhr. Anscheinend hatten sie etwas unter sich zu bereden. Und Diego hatte den Eindruck, dass es sich hierbei um Leona handelte. Gleichzeitig verwarf er den Gedanken, weil das unmöglich sein konnte. Das konnte nicht...

Laute Musik setzte ein, Gitarren- und Geigenklang erfüllte das Zelt und ließ die Gespräche verstummen.

„Sie fangen an!“ rief Bernard begeistert. Er wartete schon ungeduldig auf die Vorstellung.

Nach einigen Akrobaten, die in Atemberaubendem Tempo Salto und Flik-Flak schlagend durch die Manage hüpfen und einem jungen Mädchen, das hoch über ihren Köpfen zusammen mit einer Katze auf dem Seil tanzte, kündigte der Ansager, die Geschwister García an.

Vor dem Manegeneingang flammte plötzlich Feuer auf, durch das zuerst Leona auf Brìos und danach Nico auf dem Fuchsfarbenen geschossen kamen. Die Pferde fielen in ruhigen Trab und liefen in entgegengesetzter Richtung ihre Runde. Leona und ihr Bruder hatten sich zunächst auf den Rücken ihrer Pferde gestellt und winkten fröhlich in die Menge. Dann ließen sie sich so unvermittelt fal-len, dass das Publikum entsetzt den Atem an hielt, doch beide hingen gelassen an den Gurten, welche die Pferde anstelle eines Sattels trugen. Dafür ernteten sie tosenden Beifall.

Während sich Leona wieder auf Brìos’ Rücken schwang, setzte Nico auf den Boden über und ließ den Fuchsfarbenen , Salvaje mit Namen zu Brìos aufschließen. Nebeneinander trabten sie nun und Leona stellte sich zunächst breitbeinig auf beide Pferderücken, dann wechselte sie von einem zum anderen in dem sie einen hohen Salto aus dem Stand schlug.

Wieder wurde applaudiert und bewundernde Pfiffe ertönten. Als Lolita Diego heimlich einen Seitenblick zuwarf, bemerkte sie das er wie gebannt das Zigeunermädchen beobachtete.

<< Also doch! Dieser elende Halunke.>> dachte sie grimmig. Es musste nur ein hübsches Mädchen auftauchen und er saß da wie ein kopfloser Trottel. Obwohl Lolita ihn ohnehin dafür hielt, kratzte es an ihrem Stolz, dass er sie einfach so links liegen ließ.

<< Sie ist unglaublich gut! Sie verfügt über ebensoviel Körperbeherrschung wie ihr Bruder, wenn nicht sogar mehr.>> dachte Diego.

Nico hatte mittlerweile sechs Fackel angezündet und jongliert sie scheinbar mühelos. Leona stand wieder auf dem Rücken des Palomino, der Fuchs trabte hinter ihnen. Immer wenn sie ihn passierte, warf Nico ihr eine der Fackeln zu. Während sie nun die sechs Fackeln jonglierte, schloss Nico mit schnellen Schritten zu Salvaje auf und zog sich an der Schlaufe nach oben. Als nun die Pferde gleichmäßig mit ihren stehenden Reiter im Rund trabten, warf Leona drei der Fackeln hinter sich und die beiden jonglierte auf den Pferderücken.

„Das ist super!“ rief Bernard euphorisch.

„Beeindruckend!“ nickte Diego zustimmend, Lolita schwieg beleidigt.
 

Zeitgleich zur Vorstellung der Zigeuner saßen Don Vega und Seniora Barbara schweigend nebeneinander auf der Kutsche am Strand. Die Sonne befand sich in ihrem letzten Stunden und tauchte die Welt in eine sanftes Rot. Die Wellen rauschten tosend an und verliefen sich dann im Sand.

Das Schweigen hielt nun schon verhältnismäßig lange an.

„Bitte, sag’ endlich etwas! Beschimpf’ mich meinetwegen wieder, aber rede mit mir!“ begann Don Vega schließlich.

„Und über was!“ war Seniora Barbara’ s knappe Antwort. „Deine Tochter viel-leicht?“

Sie hörte wie er seufzte und das Gesicht in der Hand barg.

„Es ist also wahr!“

„Natürlich! Nur ein Dummkopf oder Ignorant würde nicht sehen, das sie dein und mein Ebenbild ist!“

„Mein Gott! Warum hast du denn nie etwas gesagt!“

„Du warst doch bereits mit Elena verlobt, weil sie ja angeblich auch schwanger war! Welch ein Drama! Rettest eine andere davor in üble Nachrede zu kommen, und verdammst die eigene Geliebte zu eben diesem Schicksal. Ein feiner Caballero bist du mir!“

„Ich bitte dich, Barbara! Wenn du nur den Mund aufgemacht hättest, dann...“

„Dann was?“ unterbrach sie ihn. „Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen. Du hast Elena von ersten Augenblick an geliebt. Wirklich von Herzen geliebt. Nicht so wie mit mir. Das war doch nur ein Strohbrand der Leidenschaft! Gib das endlich zu!“

Wieder herrschte angespannte Stille zwischen den beiden.

„Ja, ich gebe es zu. Das damals mit uns... war mir nicht ernst! Wir beide... wir kannten uns doch schon ewig. Aus so etwas wäre nie etwas geworden.“

„Auf die Idee, dass ich dich vielleicht wahrhaftig geliebt habe, bist du wohl nicht gekommen!“ versetzte Seniora Barbara scharf. „Gott, was war ich damals naiv! Als mein Vater von meinem Zustand erfahren hat, ließ er mich augenblick-lich aus Madrid weg in ein Kloster schaffen. Ich soll ihm nie wieder unter die Augen treten, waren seine letzten Worte an mich! Gottlob, bin ich unterwegs entwischt und geflohen.

Aber wo sollte ich hin mit dem Kind unter dem Herzen? Meine Gedanken waren damals nahe daran, Hand an mich zu legen. Aber dann brach etwas in mir und Flamme brannten in meinem Herzen. Flammen des Hasses und der Rache.“

Don Vega fuhr ein eiskalter Schauer über den Rücken, als er die Frau neben ihm so reden hörte. Was hatte das Schicksal nur aus dem freundlichen, temperament-vollen Mädchen von früher gemacht!

„Die Zigeuner nahmen mich schließlich bei sich auf. Dort habe ich Leona in einer schwülen Juninacht entbunden. Einer von ihnen, Falco mit Namen, hat sich dann in mich verliebt und geheiratet.“

„Was ist mit ihm!“

„Er ist tot! Erschossen vom spanischen Militär! Deshalb mussten wir auch unbe-dingt aus Spanien verschwinden. Und als Frau des Anführers konnte ich bestim-men wohin! Ich entschied mich für Kalifornien, weil endlich Frieden in mein brennendes Herz kommen soll!“

„Dann sieh’ doch bitte ein, dass Rache kein Weg ist.“ beschwor sie Don Vega.

„So, findest du? Mir ging es schon lange nicht mehr so gut wie heute. Dein sonst so hocherhobenes Haupt gesenkt zusehen, bereitet mir ein geradezu diabolisches Vergnügen. Und das wird nur der Anfang sein, Alejandro, verlass’ dich darauf!“

Sie sprach zwar leise, aber jedes ihrer Worte kam einem Peitschenhieb in Don Vega’s Gesicht gleich.

„Barbara, bitte. Um Leona’ s Willen hör’ auf damit!“

„Leona? Der bist genauso gleichgültig wie mir. Sie nennt Falco ihren Vater und ist mit Herz und Leib eine Zigeunerin. Sie, die eigentlich eine stolze Tochter aus gutem Hause sein könnte, wie ich es einmal war.“

„Willst du das ich sie öffentlich anerkenne? Bist du dann zufrieden?“

„Was soll ich davon haben? Dein Sohn wird später einmal alles erben und Loena wird als eheloses Kind leer ausgehen! Oh nein, so kommst du mir nicht davon! Ich will meine Rache, komme was wolle!“

Eisige Kälte lag über der Szenerie.

„Fahr mich zurück!“ befahl Barbara schließlich.

Nicht nur am Strand wurde heute Abend gestritten, auch in der Kaserne herrschte dicke Luft.

„Und sie behaupten allen Ernstes diese Zigeuner haben eine rechtskräftige Lizenz!“ fauchte Raymond, den bohrenden Blick auf Gabriel gerichtet.

„So leid es mir tut, dass zu sagen: Ja, Sir! Ordnungsgemäß, was bedeutet hieb- und stichfest.“

Knurrend ließ sich der Kommandant zurück in den Stuhl fallen.

Es hätte alles so gut gepasst!

Senior Capital saß vor seinem Schreibtisch. Lustvoll eine Havanna paffend beo-bachtete er das Schauspiel amüsiert.

<<Was ist das Heer doch für ein Haufen Waschlappen! Einer dümmer als der andere!>> dachte der schmierige Geschäftsmann im Stillen.

Den Kommandant klammerte er selbst verständlich aus. Bei Raymond musste man auf der Hut sein. Wenn es die Situation erforderte, dass hieß wenn er seinen Hals aus der Schlinge retten musste, war dieser Mann zu einer 180° Wende im Stande und fiel seinen Verbündeten in den Rücken. Senior Capital hatte das schon einmal mit ihm erlebt, und war gottfroh das trotzdem alles beim Alten ge-blieben war. Ein Hoch auf die Bestechlichkeit des Militärs!

„Zum Teufel, wir brauchen diese Pferde wenn ich die Kavallerie erweitern will!“ knurrte Raymond wütend.

„Lassen sie sich deshalb mal keine grauen Haare wachsen. Die paar Pferdchen besorg’ ich ihnen schon. Vorausgesetzt sie legen bei Gouverneur ein gutes Wort ein wegen der Schürfrechte am Madrez!“ bot Capital gönnerhaft an.

Das Thema lenkte Raymond schlagartig ab und seine Laune wuchs wieder.

„Ach richtig!“ säuselte er „Haben ihre Leute wirklich Kupfer in den vertrock-neten Hügeln gefunden?“

Capital grinste breit: „Nicht nur das, anscheinend verläuft dort auch eine Platinader so dick wie ein Haus. Und alles kann ich für einen Spottpreis erwerben, weil es als Siedlungsland ausgewiesen ist!“

„Wie schön! Ich kann nur hoffen, sie vergessen bei Bau der Mienen nicht wem sie den Zuspruch für die Schürfrechte verdanken. Es bedarf allerdings noch gewisser...“

„Mittel?“ Capital zog die linke Braue hoch. „Das soll unser geringstes Problem sein. Sagen sie wie viel sie brauchen um den Kartograph zu schmieren und ich bezahl’ es ihnen.“

Raymond grinste zurück.

„Ich werde es ihnen so bald wie möglich mitteilen.“ Er sah auf.

„Gibt es noch etwas, Leutnant?“ fragte er scharf. Er mochte es nicht sonder-lich, wenn Gabriel mitbekam wenn er nicht offizielle Geschäfte tätigte. Zwar war er sich seiner Loyalität mehr als sicher, aber man wusste ja nie...

„Nun, ähem. Wenn ich richtig mitgehört habe, dann sprachen sie gerade über das Grundstück am Madrez.“

„Korrekt!“ Raymond taktierte ihn argwöhnisch.

„Ich fürchte, ich habe in dieser Sache schlechte Nachrichten für sie!“

„In wie fern?“ fragte nun Senior Capital. Anspannung zeigte sich in seinem Gesicht.

„Eine der Zigeuner hat dieses Land erworben!“

„WASSS!“ kam es von dem Kommandant und Capital zugleich, dass Gabriel sich reflexartig duckte.

„Sie behaupten eine dieser ...“

„Um genau zu sein die Bekannte von Don Vega!“

„Auch das noch!“

„Wir müssen diese Person so schnell wie möglich los werden, sonst ist alles für die Katz!“ blaffte Senior Capital.

„Das Problem ist Don Vega." knurrte Raymond. "Er hat verdammt viel Einfluss, und wenn diese Frau wirklich zu seinem Freundeskreis zählt, dann können wir sie nicht einfach verhaften. Würde sie gegen ein Gesetz verstoßen, dann sähe die Sache anders aus.“

„Da lässt sich doch bestimmt was machen. Im Moment ist doch das Wasser so knapp... Da könnte man doch...“

Senior Capital lies den Satz unausgesprochen, denn er wusste das Raymond begriffen hatte.Ein diabolisches Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.

„Aber sicher! Das würde auch das Problem mit den Pferde im Handumdrehen lösen!“

Mutter und Tochter

Gemächlich rumpelte die Kutsche zurück auf den Marktplatz. Seniora Barbara und Don Vega hatte in der Zwischenzeit kein Wort mehr miteinander gewechselt.

„Würdest du mir gestatten, meine Tochter für diesen Abend mein Gast sein lassen?“ fragte Don Vega schließlich als der Marktplatz in Sichtweite kam.

Seniora Barbara schnaubte.

„Mit welchem Zweck? Willst du sie auf deine Seite ziehen? Vergiss das gleich wieder. Für Leona bist und bleibst du ein Fremder, egal wie sehr du dich auch bemühst.“

„Nein, ich will sie kennen lernen, dass ist alles. Das wirst du mir doch wohl zugestehen.“

Seniora Barbara sah zur Seite.

„Außerdem muss ich mit meinem Sohn reden, und da wäre es mir lieb wenn Leona ebenfalls anwesend wäre. Schließlich ist sie auch seine Halbschwester.“

„Was soll das Theater? Ich hab dir gesagt, dass ich dein Mitleid nicht nötig habe.“

„Jetzt stell’ dich nicht quer, Barbara. Lass Leona entscheiden, ob sie mitkom-men will, einverstanden?“

„Glaub’ bloß nicht dass sie dir dankbar in die Arme fällt!“

Diego, Lolita und Bernard wartet vor dem Zirkuszelt. Etwas entfernt standen Leona, Kiara und Nico bei ihren Leuten, Fackeln brannte und einige der Zigeuner spielte ein romantisches Folklore- Lied. Die Stimmung war sehr angenehm.

Davon angesteckt fing Leona an sich wiegen und begann dann zu tanzen, was von den Zigeunern mit Rufen und fröhlichem Lachen beantwortet wurde. Einige der anderen Zigeunermädchen tanzten heiter mit.

Hin und wieder ertappte sich Diego dabei, wie er zu Leona hinüber sah. Die erwiderte seinen Blick, genau so unsicher wie er. Eigentlich musste er nur zu ihr rüber gehen und sie fragen, aber Diego wusste nicht ob er die Wahrheit wirklich hören wollte.

Lolita, der das alles nicht entging, zog aus Diego’ s Verhalten falsche Schlüsse und meinte schnippisch: „Geh’ doch rüber zu ihr! Du musst dich wegen mir nicht zurückhalten!“

„Was hast du gesagt?“ Diego wurde aus seinen Gedanken gerissen.

„Gar nichts!“ maulte Lolita und drehte ihm den Rücken zu.

„Lolita, glaub’ mir! Das ist nicht so wie du denkst! Ich kann es dir im Moment nicht erklären, weil ich selbst noch nicht alles begreife. Aber ich versichere dir, dass Leona dich in keinster Weise ersetzen kann oder wird!“

Lolita äugte über die Schulter. Das war das mit Abstand netteste was er in den letzten drei Wochen zu ihr gesagt hatte. Sie war fast bereit ihm die Sache zu verzeihen.

„Dann sag’ mir endlich, was da los ist!“ bat sie ihn.

„Ja! Ich will das jetzt auch wissen! Den halben Nachmittag stehe ich nur da und begreife von allem nur die Hälfte.“ stimmte Bernard ein.

Diego seufzte.

<<Wenn es doch nur so einfach wäre! Ich kann es mir ja nicht einmal selbst erklären.>>

Da bemerkte er die Kutsche mit seinem Vater und Seniora Barbara. Anscheinend war das Gespräch nicht sehr erfreulich gewesen. Sein Vater schien um Jahre gealtert zu sein. Seniora Barbara hatte den Blick auf die Wagenburg gerichtet.

Auch Leona hatte die beiden bemerkt, denn sie verließ den Reigen der Tanzenden.

Schließlich hielt die Kutsche, Don Vega stieg ab und hielt Barbara höflich die Hand hin. Doch die schlug sie brüsk von sich.

„Einen schönen Abend wünsche ich noch!“ verabschiedete sie sich knapp, doch Don Alejandro wollte sie nicht so einfach gehen lassen.

„Barbara, bitte. Nur diesen Abend!“ bat er.

Sie stieß widerwillig die Luft aus und sagte dann: „An mir soll’ s nicht liegen. Aber Leona soll selbst sagen, dass sie gehen will. Was ich im Übrigen bezweifele!“

Sie hob den Kopf und rief: „Leona! Komm’ her!“

Diego und seine Freunde hatte sich zu seinem Vater gesellt.

„Alles in Ordnung mit dir?“ fragte er den alten Mann.

„Ich habe viel erfahren, zu viel beinahe. Ich werde es dir und den anderen zuhause erklären!“

Mit bangem Blick beobachtete er wie Barbara mit Leona in Zeichensprache redete. Die sah lange hinüber und schließlich nickte sie.

„WAS! Ich hör’ wohl nicht recht!“ fauchte Seniora Barbara, aber Leona lies sich nicht beirren und ging ohne ein weiteres Wort an ihrer Mutter vorbei.

„Hier bleibst du, du widerspenstiges Ding!“ befahl die Zigeunerin, packte Loena am Arm und verpasste ihr im Umdrehen eine Ohrfeige, die über den ganzen Platz hallte. Die Musik verstummte augenblicklich. Anspannung lag in der Luft.

Beide Frauen starrten sich lauernd in die Augen, wie zwei Katzen, zwei Löwin-nen die um die Herrschaft stritten.

Es war Loena, die als erste den Kopf senkte und sich nach hinten zum Wagen schlich. Triumphierend sah Seniora Barbara zu ihnen hinüber, aber ihre Freude währte nur kurz. Denn schon bald erschien Loena wieder, in der Hand ein Bündel. Ein letztes Mal starrte sie wütend auf ihre Mutter, dann pfiff sie schrill durch die Finger und sofort hörte man Hufegeklapper. Als Brìos in atemberaubendem Tempo an ihr vorbei flog, schwang Loena auf seinen Rücken und ritt davon.

„Bleib’ hier, du Ausgeburt eines Dickschädels!“ brüllte Seniora Barbara wie von Sinnen. „Nico, schaff’ sie mir augenblicklich wieder her!“ befahl sie herrisch.

„Nein, dass werde ich nicht!“ antwortete dieser und zupfte ungerührt auf seiner Gitarre.

„Wie bitte!“

„Ich werde nicht noch weiter zusehen, wie du Leona gegen ihren Willen vor deinen Streitkarren spannst. Und helfen werde ich dir schon gar nicht!“

„Ich warne dich, Bürschchen, treib’ es nicht zu weit!“ drohte die Zigeunerin mit erhobenem Finger, doch der Junge blieb unbeeindruckt.

„Was willst du tun? Ich bin nicht dein Sohn, ja dass weiß ich. Und dass ich dir auf Knien danken sollte, weil du mich und meine Schwester aufgenommen hast, dass Szenario haben wir bereits durch. Falls es dir noch nicht entgangen ist. Ich bin erwachsen und Leona im Übrigen auch. Also lass sie gefälligst selbst über ihr Leben bestimmen!“

Er schwang sich auf und verließ den Platz.

„Nico, warte auf mich!“ Kiara rannte hinter ihrem Bruder her.

Die Zigeunerin blieb allein vor ihrem Wagen stehen. Als sie die Blicke der Umstehenden bemerkte keifte sie wütend: „Was gibt’s da zu glotzen! Seht zu das ihr in eure Wägen kommt! Verschwindet!“

Dann verschwand sie.

Die Söhne der roten Krähe

Nico hatte Loena nach einigen Metern außerhalb der Stadt eingeholt. Sie saß auf Brìos Rücken und zitterte am ganzen Leib.

„Alles in Ordnung mit dir?“ fragte er.

„Nichts ist in Ordnung! Ich hasse sie!“ antwortete da Leona, als wäre es für sie das natürlichste der Welt. „Ich hasse es, wie sie mich immer wieder in ihr verdammtes Spinnennetz einbindet! Ich bin das alles hier so leid!“

Sie ballte die Fäuste vor Wut so dass die Knöchel weiß hervortraten.

„Sollen wir weggehen? Willst du das?“ fragte Nico sie.

„Weg?“ Loena lachte kurz auf „Wohin denn, Dummkopf. Und selbst wenn wir ein Ort fänden, wir können nicht weg! Nie! Wir haben...“ Leona unterbrach sich. Sie zwang die Tränen, die unter der Oberfläche warteten hervorzutreten, zurück.

Sie würde nicht weinen. Sie weinte nicht, nie!

„Ich weiß, was du sagen wolltest. Die Söhne der Krähe dürfen die Gruppe nie verlassen. Das haben wir vor fünf Jahren geschworen. Damals als Falco noch lebte.“

Leona nickte und ihre Gedanken drifteten zurück.

Mit sechs Jahren hatte sie bemerkt, dass ihr vermeintlicher Vater immer wieder mit Nico verschwand und war ihnen kurzerhand gefolgt. So hatte sie deren großes Geheimnis erfahren.

Immer wieder wenn ihre Gruppe in Gefahr geriet, tauchte ein maskierte Mann auf. “El Azor“ - der Habicht. Und dieser war niemand anderes als ihr Vater Falco, der begonnen hatte Nico auszubilden. Leona war von jenem Augenblick nicht mehr zu beirren und schaffte es schließlich auch aufge-nommen zu werden. Von Falco erfuhren sie, das die rote Maske auf eine junge Zigeunerin namens Kadara zurückging, die man „El Bucho rojo“ – die rote Krähe nannte. Sie hatte den Mythos erschaffen und an ihre Söhne und Enkel weitergegeben. Deshalb wurden die Maskierten Reiter auch als Söhne der roten Krähe bezeichnet, deren Nachfolger Leona und Nico nun waren. Denn Falco hatte man vor drei Jahren als „El Azor“ entlarvt und er war als Rebell hingerichtet worden.

Seit jenem Tag war Leona angeblich stumm geworden. Noch zeigte ihr Gesicht je eine Regung; sie weinte nicht genauso wie sie nicht lachte.

Nun hing die Verpflichtung an ihnen, ihre Familie zu schützen. Und beide hatte vor ihren Schwur zu erfüllen. Aber wenn nun Seniora Barbara vorhatte hier zubleiben, dann waren sie in einer großen Zwickmühle, denn die Frau hatte keine Ahnung was die beiden des Nachts trieben.

„Ich kann bei der Gruppe bleiben und sie weiterhin beschützen.“ bot sich Nico an, aber Leona’ s Kopf wirbelte zornig herum.

„Ach, und damit ist wieder alles in Ordnung?“ fragte sie drohend.

„Nein, das ist es nicht. Aber es ist ein Weg, Corneja!“

So nannte er sie, sobald Leona begonnen hatte zu sprechen und sie unter sich waren. Dann war sie „Corneja“- die Dohle, die so gar nichts mit der scheue und unterwürfigen Leona gemein hatte. Corneja war mutig, scheute kein Risiko und nahm auch nie ein Blatt vor den Mund. Eine Jeanne d’ Arc der Zigeuner, die bereit war ihr Leben auf’ s Spiel zu setzen.

„Und? Was willst du jetzt tun?“

„Ich weiß nicht! Angeblich will mich mein Vater kennen lernen. Was denkst du? Soll ich hingehen?“

„Es ist sicher kein Fehler. Aber lass dich nicht einwickeln! Bei dem Rachefeldzug, den deine Mutter plant, gerät’ s du nur unter die Räder!“

„Stimmt! Dennoch. Irgendwie bin ich auch neugierig auf meinen Vater.“

Langsam fuhr der Wagen die Straße entlang. Diego hatte die Zügel in der Hand und saß vorn neben seinem Vater. Lolita und Bernard saßen hinten.

Es herrschte ein drückendes Schweigen.

<< Ich verstehe dass alles nicht!>> dachte Bernard bei sich << Da kommt ein fremdes Mädchen hier-her und alles scheint aus den Fugen zugeraten! Eigentlich wollten wir doch heute nacht in die Kaserne einsteigen.>>

Aber wenn er Diego so ansah, glaubte der Junge nicht mehr, dass heute noch irgendetwas geschehen würde.

Er lies kurz den Kopf hängen und als er sich wieder aufrichtete rief er: „He, seht mal da vorn!“

Die anderen folgten seinem ausgestreckten Finger.

Unweit vor ihnen stand Brìos mit Leona auf dem Rücken an der Weggabelung. Sie schien auf sie zu warten. Ihr Gesicht wirkte traurig, aber nicht verweint.

Diego hielt die Kutsche an als sie auf gleicher Höhe waren.

Leona hatte wieder einmal scheu den Kopf gesenkt.

„Du willst mit uns kommen, auch gegen den Willen deiner Mutter, hab ich recht?“ fragte Don Vega nach einem kurzen Augenblick.

Das Mädchen nickte und hob vorsichtig den Kopf.

<<Ja, wenn man genau hinsah, da gleichen sich ihre Gesichtszüge und die von Diego. Sie kann nur meine Tochter sein!>> hämmerte es in Don Vega’ s Unterbewusstsein.

Leona drückte ihrem Pferd sacht die Schenkel gegen die Flanke und Brìos schritt langsam hinter der losfahrenden Kutsche her.

Nachdem sie Lolita, die durch die seltsame Stimmung ebenfalls nachdenklich geworden war, zuhause bei ihren Eltern abgeliefert hatten, erreichten die Gruppe endlich die Hacienda.

Maria stand an der Tür und wollte ihre Herrschaft gerade freundlich, als sie Leona bemerkte. Da wusste die gutmütige Frau, das der heutige Abend nicht wie jeder andere werden würde.

„Möchtest du dein Pferd in den Stall stellen?“ fragte Diego Leona, als er das Kutschpferd nach hinten zum Ausschirren bringen wollte. Bernard stand neben ihm und beobachte alles mit Spannung. Leona wandte den Blick zu Don Vega, der auf der Veranda stand und mit Maria sprach. Dann nickte sie, stieg ab und folgte den beiden.

Fröhliches Gewieher begrüßte die drei. Der Anblick solch schöner Tiere hob Leona’ s Laune sofort. Nachdem sie Brìos in eine Box gebracht und ihn mit etwas Heu und Wasser versorgt hatte, ging sie neugierig zwischen den anderen Pferden umher.

Diego verfolgte sie aus dem Augenwinkel heraus, während er zusammen mit Bernard noch das Pferd abstriegelte und es dann zu seiner Box führte.

„Was genau ist jetzt hier los!“ zischte der kleine Junge ihm zu.

„Ich weiß es noch nicht, aber ich glaube Vater wird es uns bald sagen!“

Zunächst aber saßen sie zusammen im Esszimmer und aßen zu Abend. Leona schien sich etwas unwohl zu fühlen, konfrontiert mit den Unmengen von Geschirr und Besteck. Aber sie hielt sich tapfer. Dann, nach dem Dessert, räumte Maria schweigend den Tisch ab.

„Es war wie immer köstlich.“ lobte Don Vega seine Haushälterin wie üblich.

„Sie können sich auch bei der Kleinen bedanken. Wenn sie heute Mittag nicht eingegriffen hätte, wäre mir das Gulasch in der Pfanne verbrannt!“ gab sie zu und nickte zu Leona hinüber. Die erwiderte es mit einem scheuen Lächeln.

„Wenn du mit aufräumen fertig bist, komm’ doch bitte auch zu uns, Maria. Ich will das du auch Bescheid weißt.“

„Das mit dem Aufräumen kann warten.“ sagte die Haushälterin.

Der alte Mann seufzte. Wie sehr wünschte er, er könne diesen Moment noch hinauszögern, aber er wusste dass es keine andere Wahl mehr gab außer der Wahrheit.

Er blickte über den Tisch, an dessen Ende Leona saß. Sie erwiderte seine Blick voll Verständnis und gab mit einem kurzen Nicken ihre Einwilligung.

Das Geständnis

„Ich habe euch etwas zu sagen.“ begann Don Vega schließlich.

„Etwas, von dem ich bis zum heutigen Tag selbst keine Ahnung hatte. In der Tat, ich wusste nicht dass meine Freundin Barbara noch am Leben war. Als Elena und ich mit dir, Diego damals Spanien verließen, habe ich noch tags zuvor ihrem Vater kondoliert, da es hieß Barbara sei an einer Infektion gestorben. Was wirklich mit ihr geschehen war, habe ich erst heute erfahren.“

Don Vega hob den Kopf und sah erneut zu Leona, die betroffen den Kopf gesenkt hatte.

<< Ich wusste es!>> durchströmte es Diego und dennoch traf es ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Auch Maria schien jetzt zu begreifen, denn sie hielt erschrocken die Hand vor den Mund.

Nur Bernard begriff immer noch nicht, was sich hier zu trug.

„Was haben sie denn erfahren, Don Vega!“ fragte er unschuldig.

Diego versuchte ihm dafür nicht böse zu sein, aber dennoch war sein Blick eisig.

„Das Leona meine Tochter ist, Bernard!“ antworte Don Alejandro schließlich und stieß erleichtert die Luft aus.

Jetzt hatte er es ausgesprochen.

Diego ballte unter dem Tisch die Fäuste. Er hatte es geahnt, nein gewusst. In dem Augenblick als er vor Leona gestanden hatte, heute Nachmittag bei den Pferden.

Er hatte in ihr Gesicht gesehen und sich selbst erkannt. Und es dennoch verdrängt, weil er es nicht glauben konnte, nicht glauben wollte!

Bernard hatte sich auf seine Stuhl gekauert und fühlte sich komisch. Irgendwie passte hier etwas nicht zusammen für ihn. Don Vega war doch mit Seniora Elena verheiratet gewesen, wieso also hatte er denn jetzt von einer anderen Frau eine Tochter?

„Wie kann das sein? Wie konntest du...?“

Diego versuchte seine Bestürzung in Worte zu fassen und bemühte sich um Fassung, denn am liebsten hätte er laut geschrieen.

„Damals waren deine Mutter und ich gerade mal einen Monat verlobt. Ich hatte es nie für möglich gehalten, dass Barbara mehr in unsere kleines Intermezzo hineininterpretiert hatte. Sie war wie eine Schwester für mich, ich hätte nie... Jedenfalls hatte sie mich an einem Abend so weit herumgekriegt, mit Hilfe eine schweren Rotweins! Vermutlich war das ihre letzte Hoffnung auf Erfolg. Für sie muss eine Welt zusammengebrochen sein, als ich Elena geheiratet habe. Und eine zweite, als sie bemerkte dass sie schwanger war.“

Drückende Stille herrschte im Raum, die von einem Knarren unterbrochen wurde, als Diego den Stuhl zurückschob.

„Ich muss raus an die frische Luft.“ presste er zwischen den Zähnen hervor.

„Diego, warte! Ich...“

„Lass ihn Bernard! Er muss das Ganze erst einmal verstehen.“

„Aber ich...“

Wieder quietschte ein Stuhl, Leona verließ schweigend den Raum.

Sie musste nicht lange suchen.

Diego stand am Zaun der Veranda, eine Hand gegen den Pfeiler.

Sie sah ihm an, wie sehr er mit sich kämpfte.

Sie kannte dieses Gefühl.

Alles was dir dein Leben lang Halt und Sicherheit gegeben hat. Die Menschen, die für dich der Anker deines Lebens waren. All dass hatte sich mit einem Satz in Rauch aufgelöst.

Sie musste ihrem Vater zugute halten, das er dabei um einiges taktvoller ge-wesen war als Mutter. Mit einem einzigen Satz voller Hass hatte sie ihrer Tochter die Wahrheit ins Gesicht gesagt.

„Hör’ auf mit der Trauerspiel! Dieser Zigeuner war nie dein Vater und ist deine Tränen nicht wert!“

Gott, selbst heute brachte ihr die Erinnerung noch das Blut zum Kochen. Sie hasste diese Frau, die nur noch für ihre Rache lebte und der jeder andere gleichgültig war. Sie wollte weg von ihr damit ihr Herz endlich frei war! Aber sie konnte nicht, denn ihrer erste Pflicht als Tochter war, der Mutter zu gehorchen.

Andererseits war es ein Einfaches für Leona ihrer Mutter den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie bei den Zigeunern blieb und weiterzog.

„Bist du’s?“

Diego’ s Frage holte das Mädchen wieder in die Wirklichkeit.

„Lass uns die Pferde satteln und aufbrechen! Ich muss von hier weg! Unsere kleine Erkundung wird mir gut tun!“

Verwirrt blinzelte Leona. Wovon sprach er denn? Was für eine Erkundung?

„Es wird Zeit, mal wieder die Rollen zu tauschen. Diego, der Sohn eines Lügners macht Platz für Zorro, den Kämpfer der Gerechtigkeit. Welch Ironie des Schicksals!“ versetzte Diego sarkastisch.

Leona hoffte sich verhört zu haben. Hatte er gerade Zorro gesagt?

„Was ist los, Bernard? Hat’s dir die Sprache verschlagen? So wie meinem neuen Schwesterchen.“ meinte Diego, dann wandte er sich um und erstarrte zur Salz-säule.

Sie sahen einander an, unfähig etwas zu sagen oder zu tun.

„Was hast du gehört?“ fragte Diego

Leona holte ihre Tafel hervor.

*Alles!* schrieb sie.

Ein schlechter Morgen

Diego hatte diese Nacht fürchterlich geschlafen. Besser gesagt, er hatte so gut wie gar nicht geschlafen und war unruhig in seinem Zimmer auf und ab gegangen. Er kam sich vor wie ein Tier in einem Käfig.

Gefangen!

Als er aus dem Fenster sah, dämmerte bereits der Morgen.

Er hielt es nicht mehr aus im Zimmer, schlüpfte in seine Kleider und schlich auf Zehenspitzen nach draußen.

In den Stallungen holte er wahllos eines der Pferde und begann es zu satteln. Als er aufsitzen wollte stand wie aus heiterem Himmel Leona hinter ihm.

Erschrocken machte er eine Schritt zurück.

„Spionierst du mir nach?“ knurrte er dann.

Leona schüttelte den Kopf, einige Strohhalme fielen aus der Lockenmähne. Sie zeigte auf eine Kuhle zwischen den Strohballen. Offenbar hatte sie die Nacht im Stall verbracht und nicht im Gästezimmer.

Sie hob ihre Tafel hoch.

* Wir müssen reden!*

„Das müssen wir in der Tat.“ gab Diego zu. Er musste eine Versuch starten, um zu retten was noch zu retten war. Leona holte Brìos und gemeinsam verließen sie die Hacienda.

Einer innern Stimme folgend lenkte Diego sein Pferd Richtung Strand. Leona folgte ihm.

Die beiden Pferde schoben sich vorsichtig die steile Böschung herab. Der Strandbereich schien endlos zu sein. Wasser spritzte als die Hufe die Wellen zerrissen.

Diego sah auf als Leona in die Hände klatschte.

* Kleines Rennen bis zur Landzunge dort vorn?* fragte sie und ein Grinsen glitt über ihre Lippen, das ansteckend auf Diego wirkte.

„Meinetwegen! Wer sagt los?“

Als Antwort drückte Leona dem Palomino die Fersen in die Seiten und schoss davon. Sofort nahm Diego die Verfolgung auf. Der Sand wirbelte auf als die Pferde über den Strand preschten. Beide Reiter schenkten sich nichts und trieben ihre Tier weiter an. Brìos setzte mit Leichtigkeit über eine heran-rollende Welle hinweg. Als sie die Landzunge erreichten, waren sie trotz aller Versuche gleichauf.

„Unentschieden!“ schlug Diego vor und Leona nickte lächelnd.

„Du solltest öfter lächeln, dass steht dir!“ Das Rennen hatte ihn kurz abgelenkt, wofür Diego dankbar war.

Leona zuckte nichtssagend mit den Schultern und stieg ab. Sie lies sich genüsslich das kühle Wasser über die Füßen strömen. Diego beobachtete sie vom Pferd aus. War ihre Harmlosigkeit nur gespielt oder war Leona wirklich so.

Wenn sie nach ihrer Mutter schlug, konnte das auch eine berechnende Finte sein. Doch als Leona ihm wieder scheu zu lächelte, wusste Diego dass sie ehrlich zu ihm war.

„Wirst du mich verraten?“ fragte er sie, worauf Leona sofort energisch den Kopf schüttelte. Sie hielt ihre linke Hand auf die Brust und erhob die Rechte, eine Geste die sagte: Ich schwöre!

„Kann ich mich darauf verlassen?“

Leona nahm ihr Notizheft und begann zu schreiben. Immer wenn sie mehr zusagen hatte, schrieb sie in das Buch, einzelne Worte oder Sätze sprach sie mit der Tafel. Sie reichte ihm ihr Notizbuch und setzte sich in den Sand, den Blick hinaus auf den Horizont gerichtet.

Diego, mittlerweile auch abgestiegen, lies sich neben ihr nieder.

*Ich bin unter Zigeunern aufgewachsen. Wir werden von alters her von den Menschen herumgestoßen und immer für alles verantwortlich gemacht. Wir sind der Willkür des Militärs noch gnadenloser ausgeliefert als die Bevölkerung. Du hast es ja gestern gesehen.

Ich bin dankbar dafür, dass es noch Menschen gibt für die Gerechtigkeit nicht bloß ein einfaches Wort ist. Bei mir ist dein Geheimnis sicher, du kannst mir glauben. Ich werde diesen Ort bald wieder verlassen und es in meinem Herzen mit mir tragen. Niemand wird davon erfahren!*

„Du wirst gehen? Auch gegen den Willen deiner Mutter?“ fragte Diego überrascht.

* Gerade wegen ihr! Ich will endlich frei sein!!*

Harte Worte, aber er konnte es nachfühlen. Die kurze Zeit die er sie kannte, hatte er nur gesehen wie ihre Mutter Leona zum Spielball ihrer Machenschaften benutzt hatte. Gab es da überhaupt noch Liebe zwischen Mutter und Tochter.

„Schade, ich hatte gehofft dich noch etwas besser kennen zulernen.“

* Lüg’ nicht! Du bist froh, wenn ich aus deinem Leben verschwunden bin und aus dem deines Vaters!*

„Nein, Leona! Ich meine es ehrlich. Auf die Gesellschaft deiner Mutter kann ich gut verzichten, du aber bist anders. Von dir geht kein Hass oder Rachegefühl aus. Wahrscheinlich weil du wie wir von deiner Mutter überrumpelt wurdest. Es gibt also keinen Grund für mich dich nicht zu mögen. Außerdem glaube ich, will Vater dich auch näher kennen. Trotz allem, du bist seine Tochter. Er ist ein guter Mensch, musst du wissen.“

* Das wusste ich, aber weißt du das?*

Diego schluckte. Er hatte sich gestern Sohn eines Lügners genannt. Aus reiner Wut. Leona war sehr aufmerksam und erkannte die kleinsten Nuancen.

Er senkte betroffen den Kopf. Zu was wäre er noch im Stande gewesen gestern Abend? Er musste sich bei seinem Vater entschuldigen. Unbedingt!

Da fühlte er Leona’ s Hand auf seiner Schulter, ihr Blick sagte: Ich verstehe dich gut!

Das brachte ihn zum Lächeln. Fast tat es ihm leid, dass er seiner neugefun-denen Schwester schon bald wieder Leb wohl sagen musste.

Sie ritten wieder zurück auf das Landgut. Maria war auf der Veranda und deckte den Tisch ein.

„Holla! So früh schon auf den Beinen, Schlafmütze?“ grüßte sie.

„Morgen Maria, wo ist Vater?“

„Oben! Ich glaube, er hat gar nicht geschlafen. Sieh mal nach ihm, bitte.“

„Ist gut. Willst du mitkommen Leona?“

Doch die schüttelte den Kopf.

* Ich helfe hier wenn’ s recht ist.* stand auf der Tafel.

„Gutes Mädchen!“ lobte Maria sie wieder.

Bernard kam Diego im Haus entgegen. Er war sichtlich beleidigt, weil Diego ihn nicht mitgenommen hatte.

„Ist sie jetzt deine beste Freundin?“ fragte er gekränkt.

„Leona und ich musste reden. Ich habe ihr gestern als Versehen... unser kleines Geheimnis verraten.“

„Was!“ keuchte Bernard, fassungslos starrte er auf Diego.

„Ich dachte du ständest hinter mir. Sonst läufst du mir doch immer hinterher. Und als ich mich umdrehe, steht sie vor mir.“ versuchte Diego zu erklären.

„Die bringt alles durcheinander! Je schneller sie wieder verschwindet desto besser!“ knurrte Bernard wütend.

„Beruhige dich! Sie hat gesagt, dass sie bald gehen wird und das Geheimnis mit ihr. Und ich vertraue ihr.“

„Warum das auf einmal?“

„Weil sie meine Schwester ist!“ gab Diego zu.

Das Frühstück verlief schweigend, es wurde nur das Nötigste gesprochen. Bernard starrte die ganze Zeit wütend auf Leona, der das nicht entging. Ebenso wenig wie Diego.

Der kleine Junge fürchtete um seine Stelle als bester Freund und Bruder und schlug nun nach allen Seiten. Er musste dringend noch mal mit Bernard in Ruhe reden.

„Leona, wann hast du vor uns zu verlassen? Ich hatte mit deiner Mutter nur den gestrigen Abend aushandeln können.“ fragte Don Vega.

* Ich bleibe solange wie es mir passt! Mutter muss endlich akzeptieren, dass ich in manchen Dingen anderer Ansicht bin als sie.* war die Antwort des Mädchens, das entschlossen den Kopf hob.

* Allerdings muss ich heute Abend zur Vorstellung. Das ist wichtig für die Gruppe.*

„Verstehe!“ nickte Don Vega. „Hättest du Lust, mit mir das Landgut anzusehen?“

Leona ging auf die versteckte Bitte um ein Gespräch ein: * Ja gern.*

Doch es kam nicht dazu.

Denn als die Kutsche angespannt war und sie losfahren wollten, kam im gestreckten Galopp Salveje mit Kira und Nico auf den Hof. Leona wusste sofort, dass etwas Schreckliches passiert war.

Nico’ s Hemd war zerrissen und blutig, Kiara heulte wie von Sinnen.

Das wahre Gesicht

„Aahh, sei doch vorsichtiger, Leona. Das brennt wie der Teufel!“ fluchte Nico. Sie hatten sich in der Küche versammelt. Leona tupfte ungerührt weiter Jod auf die Wunde und deutete mit einer Handgeste an weiter zu erzählen.

Kiara saß weinend auf einem Stuhl neben ihnen. Sie konnte sich noch immer nicht beruhigen und war schreckensbleich.

„Wie gesagt. Als wir heute morgen anfangen wollten, unser Stände aufzubauen kam es zu einem Tumult. Als die Leute Wasser aus dem Brunnen schöpfen wollten, war das Wasser ganz braun und stank fürchterlich. Irgendeiner behauptete dann, wir hätten was mit dem Wasser angestellt und sind dann auf uns los.“

„Aber das ist doch Quatsch! Das kommt wahrscheinlich von der Trockenheit.“ warf Diego ein. Nico schnaubte nur und versetzte dann: „ Erklär’ das mal ’nem wütenden Mob, der kurz vor einem Lynchmord steht! Aua!“

Leona verband die Wunde und setzte sich dann auf. Verzweiflung machte sich in ihrem Gesicht breit.

„Was geschah dann?“ fragte Don Vega.

„Das Militär ist wieder aufgetaucht, allen voran dieser blonde Schnösel!“

„Gabriel. Au weia, ich kann mir schon vorstellen was da los war!“ meinte Bernard

„Sie wollten uns verhaften, wegen Erregung öffentlichen Ärgernis und Bedrohung der Bevölkerung. Zu Glück haben sie nicht alle erwischt. Wenn’ s sein muss können wir rennen wie die Hasen. Nur...“

„Was ist mit Barbara?“

„Sie wurde verhaftet.“

Don Vega unterdrückte knurrend den Fluch der auf seinen Lippen lag.

„Ich fahre zur Kaserne und versuche ob sich da etwas machen lässt.“ sagte er.

Nico schüttelte den Kopf.

„Das glaube ich nicht. Der Mob tobt nach wie vor, die wollen Vergeltung. Dafür sind wir Zigeuner wie geschaffen! Würde mich nicht wundern, wenn sie noch heute ein Exempel statuieren!“

„Aber... das können die doch nicht so einfach!“ schluchzte Kiara. Leona nahm das Mädchen in den Arm und drückte es tröstend an sich.

„Hast du ’ne Ahnung!“ Nico’ s Blick verfinsterte sich.

Leona und er wussten genau, das sie in einer unglücklichen Lage waren und niemand ihnen helfen konnte. Sie hatten es damals in Spanien erlebt.

„Trotzdem. Ich werde es versuchen!“ bestand Don Vega und verließ mit ener-gischen Schritten die Küche.

„Leona,...ich hab Angst!“ Kiara klammerte sich mit aller Kraft an sie.

Drückendes Schweigen herrschte.

„Am besten ihr ruht euch etwas aus. Nach diesem Schrecken ...“ begann Diego, doch Nico unterbrach ihn schnaubend: „ Glaubt ihr, ich kann schlafen mit dem Wissen, dass man meine Mutter und einige meiner besten Freunde hinrichten wird! Wie dämlich kann man eigentlich sein! Ihr seid so etwas von naiv, ihr...ihr...“

Dem jungen Zigeuner stand die Wut förmlich ins Gesicht gemeißelt.

Es war Leona, die die Spannung aus der Situation nahm.

Sie legte ihrem Stiefbruder die Hand auf den verletzten Arm, so dass er zu ihr hinüber sah. Ihr Blick sagte anscheinend mehr als tausend Worte, denn Nico meinte dann: „Entschuldigung, mit mir sind die Pferde durchgegangen. Wahrscheinlich habt ihr recht. Kiara wird etwas Schlaf gut tun.“

„Kommt mit! Ich zeig euch den Weg zum Gästezimmer.“ bot Maria an und verließ zusammen mit Leona und ihren Geschwistern die Küche.

Diego und Bernard blieben alleine zurück.

Aber kaum waren die Schritte verklungen und die Tür oben ins Schloss gefallen, sprangen sie auf.

Ihr Weg führte sie direkt in Diego’ s Zimmer. Über den Geheimgang gelangten sie in ihr Versteck. Viento wieherte ihnen freudig zu.

„Warum willst du der Frau helfen. Sie hasst deinen Vater!“

„Wenn es um die Gerechtigkeit geht, muss man private Dinge heraushalten, Bernard!“ wies Diego seinen kleinen Freund zurecht. Er legte die schwarze Weste an, schnallte sich den Gürtel um und ließ den Degen herausgleiten. Sein Gesicht spiegelte sich in der schmalen Klinge.

„Auch wenn es schwer fällt.“
 

„Ist das ihr letztes Wort, Kommandant?“

Don Vega hatte sich drohend vom Stuhl erhoben.

„Wie gesagt, Don Vega. Mir sind da die Hände gebunden. Ich musste eingreifen, um eine Massenhysterie zu vermeiden. Sie haben doch die Leute in der Stadt gehört, oder?“

Raymond genoss es sichtlich mit Don Vega zu spielen.

Der alte Mann kochte innerlich vor Wut.

Ja, er hatte gehört und gesehen wie die Volksseele brodelte und kurz vor dem Überschäumen war. Eine riesige Menschenmenge stand vor der Kaserne und tobte und schrie.

Allein die Festungsmauern hielten sie zurück.

Dennoch...

„Dann lassen sie die Leute ziehen.“ versuchte es Don Vega erneut. „Es liegen doch keine triftigen Anschuldigungspunkte gegen sie vor. Die Brunnen sind wegen der Hitze umgekippt und nicht wegen den Zigeunern.

„Sind sie sich da so sicher? So weit ich informiert bin, hat ihnen doch eine von diesen Subjekten öffentlich gedroht. Sie waren einmal Bürgermeister dieser Stadt.“

„Und?“ meinte Don Vega mit einer abwehrenden Geste.

„Das liegt doch auf der Hand. Sie rächt sich, indem sie den Ort zerstört. Ein Verbrechen, dass unter Umständen...“ grinste Raymond und sah zu wie Don Vega wütend die Hände ballte.

„Bitte lassen sie mich mit ihr reden. Ich bin sicher, das Ganze ist ein fürchterlicher Irrtum.“

„Ich weiß nicht. Die “Dame“ ist äußerst renitent. Ihr Geschrei ist selbst noch im Hof zu hören. Ich glaube kaum, dass man vernünftig mit ihr...“

„Das überlassen sie besser mir.“
 

Es war stickig in den Zellen. Anderes als die Zigeuner, die man in einen Ver-schlag im Hof gesperrt hatte, war ihre Anführerin hier untergebracht worden.

Trotzdem führte sich Seniora Barbara auf wie vom Teufel besessen.

„Das ist Freiheitsberaubung, ihr verfluchten Hunde! Ich bin spanische Bürgerin! Warte nur, wenn ich hier rauskomme. Dann gnade euch Gott, der Allmächtige!“

„So tobt sie schon den ganzen Vormittag!“

Sergeant Gozanlez schüttelte ungläubig den Kopf.

„Jeder andere Mensch hätte sich mittlerweile beruhigt oder wäre heiser!“

„Es würde mich wundern, wenn sie still gewesen wäre. Lassen sie mich zu ihr.“ meinte Don Vega.

„Bitte, auf ihre Verantwortung. Aber Vorsicht! Es könnte was geflogen kommen.“ sagte der Sergeant noch, öffnete die Tür und duckte sich sofort, als ein Blechteller scheppernd gegen das Holz schlug.

„Kommt nur rein, wenn ihr euch traut! Ich hab noch genügend Munition.“ kam es von innen.

„Lass das kindische Geschrei, Barbara. Ich bin es!“

Langsam betrat Don Vega den Raum.

„Was willst du schon wieder! Ich sagte doch...“ zischte die Zigeunerin.

„Ich weiß, ich weiß, du brauchst keine Hilfe. Die große Donna Barbara schafft immer alles alleine.“

„Du sollst mich nicht so nennen.“

„Wirst du mir zuhören, Barbara?“

„Habe ich denn eine andere Wahl?“ schnaubte diese und lies sich auf die schmale Holzbank sinken.

„Hör zu, man wirft dir Gefährdung des öffentlichen Lebens vor. Anscheinend will man nicht nur die Zigeuner loswerden. Diese Intrige geht gegen dich, begreifst du?“

„Selbstredend! Wegen dem Flecken Land in meinem Besitz. Darauf sind diese Gauner aus. Nur leider hatte ich die Besitzurkunde nicht bei mir, als sie mich verhafteten. Jetzt spielen sie auf Zeit oder etwas anderes. Und ich weiß auch, was das sein wird.“

„Dann gib ihnen diese verfluchte Urkunde, Barbara. Kein Land der Welt ist so viel wert.“

„Nein, dass ist es wahrlich nicht. Aber was macht das noch für einen Sinn, Alejandro. Ich habe bereits alles verloren, was in meinem Leben noch zählte."

Mit einem Mal wurde die Zigeunerin still und senkte den Kopf.

"Mein Kind hat mich all die Jahre am Leben erhalten. Ihm einen Sinn gegeben. Und nun....“

Seniora Barbara seufzte traurig.

„Nun hab ich sie mit meiner Wut und Rachsucht selbst vertrieben und für immer verloren. Versprich’ mir, dass du ein Auge auf sie haben wirst. Leona ist ein gutes Kind. Sie hat ein Leben verdient, dass ich ihr mit meinem Hass und meinem verletzten Stolz nie bieten konnte. Sie braucht eine Familie, die sie liebt und ihr Halt gibt.“

„Sag’ doch so etwas nicht, Barbara. Du kannst dich immer noch mit deiner Tochter aussöhnen.“

Aber die Frau schüttelte den Kopf.

„Nein, es ist zu spät! Versprich’, dass du auf sie aufpasst. Mehr will ich gar nicht.“

„Barbara!“

„Bitte...“ Sie blickte ihm tief in die Augen. „Versprich’ es mir.“

Seine Hand suchte die ihre.

„Ich verspreche es!“ nickte er.

„Danke!“ flüsterte sie.
 

Kiara war endlich eingeschlafen. Leona hatte lange an ihrer Seite sitzen müs-sen. Jetzt erhob sie sich.

„Wollen wir los ?“ fragte Nico und schwang sich auf.

„Du bleibst hier! Ich gehe!“ befahl Leona streng.

„Spinnst du? Du kannst nicht...“

„Weißt du schon wieder besser, was ich kann und was nicht?“ fragte Leona bissig. „Ich werde die Lage auskundschaften, mehr nicht. Aktiv können wir erst im Schutz der Nacht werden.“

„Besser wir schlagen gleich zu!“ bestand Nico.

„Nein, das ist zu riskant!“

„Riskant ist es noch länger zu warten! Hast du vergessen wie rasch das Ganze abläuft? Hast du vergessen, wie sie Falco damals erschossen haben?“

„Nein, dass habe ich nicht, Dummkopf!“ erwiderte Leona zornig. „Aber wir nutzten der Gemeinschaft nicht, wenn wir unüberlegt handeln. Geht das in deinen Hitzschädel hinein!“

Leona fixierte Nico drohend.

„Ich mache mich jetzt auf den Weg. Pass solange auf die Kleine auf! Sobald ich ein genaues Bild von der Sache habe, legen wir uns einen Plan zurecht und machen dem Militär die Hölle heiß! Darauf kannst du dich verlassen!“

Mit diesen Worten verließ Leona den Raum und schloss die Tür hinter sich.

<<Hoffentlich ist dann noch nicht zu spät, Corneja>> dachte Nico.

Wachposten

Die ganze Situation sah für sie alles andere als gut aus.

Zorro saß versteckt auf einem Häuserdach in der Nähe der Kaserne. Er beo-bachtete aufmerksam das wilde Getümmel am Eingang. Die Leute wollten sich immer noch nicht beruhigen. Ein Grund mehr hier sehr vorsichtig zu agieren.

<< Womöglich hat Raymond extra Leute angeworben, die die Menge immer wieder aufhetzen. Das sieht ihm ähnlich!>>

Hoffentlich konnte Bernard da unten mehr herausfinden. Zorro beneidete seinen kleinen Freund nicht um diese Aufgabe. Sich durch eine Menschenmenge zu schieben und dabei unauffällige Fragen zustellen, grenzte selbst für einen Erwachsenen an ein Wunder.

Tatsächlich hatte Bernard alle Mühe nicht von den Leuten zerquetscht oder niedergetrampelt zu werden. Immer wieder musste er blitzschnell ausweichen, sich ducken oder den Kopf einziehen.

Gerade war er wieder einem Arm ausgewichen, da trat der Mann vor ihm einen Schritt zurück und warf Bernard gegen den Dahinterstehenden.

„He du Bengel, kannst du nicht aufpassen wo du hintrittst!“ schnaubte ihn dieser wütend an.

„Entschuldigung!“

„Nix Entschuldigung. Mach' das du von hier verschwindest, oder ich mach dir Beine.“ fuhr der Kerl Bernard an. Seltsamerweise hatte der Junge den Mann noch nie in Tasco gesehen. Was hatte...

„Bist du taub, verschwinde oder ich helf’ dir nach.“

„Jetzt mal langsam, Senior. Kein Grund hier gleich ausfällig zu werden. Der Junge hat sich bei Ihnen entschuldigt!“

Ein weiterer Mann war hinter Bernard aufgetaucht. Im ersten Moment glaubte der, es handelte sich um Zorro, aber dann bemerkte er das dieser etwas kleiner war und eine andere Stimme hatte.

Der Fremde sah den Unruhestifter vor sich eindringend an. Der wusste nicht so recht wie er reagieren sollte und verschwand einfach wieder in der Menge.

„Vielen Dank.“ bedankte sich Bernard bei dem Fremden.

„Keine Ursache.“ nickte dieser. Dann hob er den Kopf und rief unüberhör-bar: „Kann hier irgendjemand einem Außenstehenden den Grund für diesen Aufstand erklären.“

Das Unglaubliche geschah: Die Menge wurde ruhig und verstummte.

Alle blickten auf den fremden Mann. Dieser zog höflich den Hut, so das man seine goldblonde Engelsmähne sehen konnte.

„Entschuldigen Sie bitte meine etwas rüde Art. Aber ich beobachte das Ganze nun eine geringe Weile und habe immer noch nicht verstand, worüber Sie alle sich so eschoffieren. Ist jemand in der Lage, mich in Kenntnis zu setzen.“

Seine Ausdrucksweise ließ auf einen hohen Bildungsgrad schließen, der den Leuten Respekt einflösste. Schließlich fasste sich der Wirt ein Herz und trat vor.

„Unsere Brunnen sind von diesen verlausten Zigeunern vergiftet worden! Wir wol-len Gerechtigkeit! Diese Herumtreiber sollen endlich zur Rechenschaft gezogen werden.“ rief er wütend. Die Menge stimmte ihm lautstark zu.

Der Fremde nickte verständnisvoll fuhr aber dann fort: „ Ich habe mir ihre Brunnen angesehen, Seniors et Senioras. Meiner Meinung nach, sind diese auf-grund der anwehrenden Hitze umgekippt. Das ist bei solchen Temperaturen gerne der Fall. Dem Wasser fehlt der Sauerstoff und die Algen nehmen darauf hin überhand. Wenn sie die Brunnen reinigen und Luft in die Zisternen pumpen, sollte sich das Problem schon bald lösen.“

„Wer sagt so etwas?“ blaffte einer aus der Menge.

„Ich bitte Sie, Senior. Das ist langläufig bekannt. Was denken Sie wie oft in Spanien so etwas der Fall ist. Wenn wir immer jemand deshalb umbringen würden, gäbe es längst keine Menschen mehr in diesem schönen Land. Ich würde ihnen daher vorschlagen, ihre Energie in die Behebung des Problems zu investieren und nicht weiter hier zu randalieren.“

Aufgeregtes Gemurmel brach aus.

„Und wer genau sind sie, Senior? Wir haben sie noch nie hier gesehen. Wer sagt uns das sie nicht den Zigeunern unter einer Decke stecken?“

„Oh wie unhöflich von mir. Ich bitte vielmals um Verzeihung, meine Herr-schaften. Mein Name ist Rigoletto, Casimir Rigoletto. Ich bin Naturwissen-schaftler von Beruf, sowie Künstler und Philosoph. Sie können meinem Urteil vertrauen, Seniors et Senioras. Ich bin sehr bewandert, was dieses Thema betrifft.“

Rigoletto deutet eine Verbeugung vor dem Publikum an.

Aufgeregtes Getuschel machte die Runde, und bereits wenige Minuten zerstreute sich die Menge als sei nie etwas geschehen.

Bernard sah bewundernd zu Rigoletto hinüber, der beiläufig den Straßenstaub von seinem langen Mantel klopfte. Es grenzte an ein Wunder, was dieser Mann gerade hier vollbracht hatte. Grinsend hob dieser grüßend den Hut vor Bernard und ging dann seines Weges.

Der Junge sah dem komischen Vogel noch hinterher, dann schlich er sich eben-falls davon.

In einer etwas entfernten Gasse traf er auf den wartenden Zorro.

„Was in aller Welt ist da geschehen, Bernard? Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als die Menge friedlich auseinander gegangen ist.“

„Das hättest du erleben müssen. Ein Fremder hat die Leute mit wenigen Worten einfach überzeugt, dass es besser ist zu gehen. Ich glaube, der ist in Wahr-heit ein Zauberer.“

Bernard konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Was machen wir jetzt?“ wollte der Junge wissen.

„Wir warten auf die Nacht. So weit ich das Ganze sehe, Bernard, ist es besser wenn wir im Schutz der Dunkelheit uns in die Kaserne hineinschleichen. Dieser Fremde hat uns etwas Zeit geschunden. Jetzt kann Raymond nicht mehr so schnell ein Urteil fällen. Die Volksseele hat sich beruhigt.“

Erinnerungen

Der eigenartige Mann stand vor der verlassen Wagenburg der Zigeuner. Aufmerksam hielt er Aus-schau nach möglichen Wachposten, dann schlich er sich näher und verschwand in den Wagen von Seniora Barbara.

Lautes Gekrächze begrüßte ihn.

„Ruhig, Pepito. Ich lass dich ja gleich aus dem Käfig. Hör’ mit dem lauten Gekrächze auf. Willst du, das uns die Soldaten erwischen.“

>Nicht da...ist nicht da...Urkunde...nicht da< krächzte die kleine Dohle und schlug aufgeregt mit den Flügeln. Endlich öffnete sich die Käfigtür und der schwarze Vogel flatterte auf die Schulter seines Befreiers. Der strich beruhigend über das weiche Gefieder.

„Na du, haben sie dich wenigstens in Ruhe gelassen, mein Frecher!“

> Urkunde...Urkunde...wo ist... verfluchte Urkunde< wiederholte der sprachbegabte Vogel.

Rigoletto legte die Stirn in Falten.

« Mit Urkunde kann doch nur... Natürlich, dahinter sind diese verfluchten Mistkerle her. Ich hätte es mir denken können.» fluchte Rigoletto innerlich.

Der mysteriöse Fremde war niemand anderes als die verkleidete Leona.

Sie hatte die Perücke, die sie üblicherweise über ihren blonden Haaren trug, abgenommen und ihre dunkle Hautfarbe mit etwas Mehl aufgehellt. Da sie ihre Stimme problemlos verstellen konnte, nahm ihr jeder den etwas schrägen und leicht hochnäsigen Rigoletto ab. So hatte sie schon oft problemlos herumschnüffeln können.

« Wo kann Mutter diese verfluchte Urkunde nur versteckt haben? Wenn ich sie nicht finde, dann findet das Militär sie und mein einziger Trumpf ist dahin!»

Leona stöberte in den Körben und Schachteln, die es in dem Wohnwagen zu Hauff gab. Aber die Urkunde war unauffindbar.

Das Mädchen versuchte sich zu erinnern, wo ihrer Mutter sonst immer ihre wichtigen Dinge verwahrte, aber ihr wollte nichts einfallen.

Da fiel ihr Blick auf Pepito, der mit dem Schnabel auf eine Holzdiele in der Wand pickte. Sie nahm den Vogel auf die Hand und tastete das Brett ab. Es fühlte sich lose an. Sollte etwa dahinter...

Es war verräterisch still auf der Hacienda. Loena und ihre Halbgeschwister hatten sich immer noch zurückgezogen. Don Vega versuchte sich mit Arbeit abzulenken.

Und Maria hantierten in der Küche. Doch auch ihre sonst gute Laune war getrübt.

Daher empfing sie die beiden Heimkehrer äußerst frostig.

„Da seid ihr Rumteiber ja wieder!“ fauchte sie und donnerte den Teig auf den Tisch. Mürrisch knete sie ihn durch und würdigte Diego und Bernard keines weiteren Blickes.

„Was machen wir jetzt?“ fragte Bernard leise.

„Abwarten!“ antwortete Diego ruhig. Sie verschwanden in seinem Zimmer.

„Und niemand hat Verdacht geschöpft, Corneja?“ fragte Nico

„Wofür hältst du mich? Natürlich nicht! Es war schon beinahe zu leicht. Hier deine Sachen, ich hoffe ich habe nichts vergessen!“

Leise um Kiara nicht zu wecken, packte Leona ihre Verkleidungen aus.

Nico und sie trugen als „Krähengeschwister“ ähnliche Kleidung.

Eine fast schwarze Lederhose, ein weites Hemd mit einer blutroten Schärpe, hohe Stiefel mit einem metallenen Absatz und einen breiten, reichverzierten Gürtel, an dem ihre Waffen baumelten.

Leona besaß einen herrlichen Säbel, mit schmaler Klinge und aufwendig bearbeiteten Griff, der ihr optimal in der Hand lag. Außerdem trug sie immer eine Reihe kleiner Wurfdolche bei sich, welche die Form von Federn hatten. Zuletzt kam noch ihr Wurfseil mit einem Haken, dass Leona auch wie eine Peitsche führen konnte.

Nico dagegen hatte es zur Angewohnheit gemacht, mit zwei armlangen Messern zu kämpfen, ganz in der Tradition der Zigeuner.

Beide hatten noch allerlei weitere tödliche Überraschungen in den Ärmelfalten und den Stiefeln versteckt.

Zum Schluss kamen noch ein weiter, schwarzer Hut mit einer roten Feder, ein schwarzer Umhang und ebenso schwarzer Handschuhe. Und natürlich die feuerrote Maske.

Während Nico sich anschickte in seine Verkleidung zu schlüpfen, stand Leona untätig am Fenster und sah hinaus. Gedankenverloren spielte sie mit ihren schulterlangen Locken.

„Was ist los? Hast du was?“

„Nichts! Nur Erinnerungen. Traurige Erinnerungen. Ich musste an Papa denken. Er hat mir immer gesagt, ich soll stets aufpassen das Mutters Wut nie überhand nimmt. Und irgendwie... denkst du, ich habe den richtigen Zeitpunkt verpasst um einzugreifen?“

Nico seufzte, dann hob er den Kopf und trat vor seine Stiefschwester.

„Wir wussten doch beide, das deine Mutter irgendetwas im Schilde führte als wir in die neue Welt aufbrachen. Nur zu diesem Zeitpunkt hätten wir es abwenden können. Aber unsere Trauer hat uns beide gelähmt. Also, hör auf dir Vorwürfe deswegen zu machen! Was vergangen, ist Vergangenheit!“

Leona schwieg.

Zu viele Dinge gingen ihr durch den Kopf. Allen voran das Bild! Das grauenhafte Bild des Exekutierplatzes in Granada.

Sie hatte sich Nico’ s Warnungen zum Trotz in die Kaserne geschlichen und stand ihrem Ziehvater in seiner letzten Stunde bei. Und kaum hatten die Soldaten die Gewehre abgesetzt, ließ sie Pepito laut kreischend über den Hof fliegen.

„Wisset das euch meine Rache eines Tages ereilen wird, egal wo ihr euch verkriechen werdet.

Hört den Fluch der Corneja!

Tot allen die Unschuldige meucheln und die Gerechtigkeit mit Füssen treten. Euer jüngster Tag wird kommen und ich werde euer Scharfrichter sein!

Hört den Fluch der Corneja!“

So hatte sie damals vom Wachturm geschrieen, entfesselt vor Zorn und Trauer.

Jene Worte hallten jetzt in ihrem Kopf wieder.

Würde sie heute ihren Schwur erneuern müssen?

Leona wand sich vom Fenster ab.

„Ich muss noch mal weg!“ sagte sie kurz angebunden, dabei streifte sie ihre Perücke über. Im Spiegel sah ihr nun wieder das Zigeunermädchen entgegen.

„Wohin?“

„Meine Sache!“

Damit schloss sie die Tür.

Die Bitte

Es klopfte an Diego’ s Tür.

„Wer kann das jetzt sein?“ fragte Bernard.

Diego zuckte mit den Schultern und öffnete. Leona stand vor ihm. Wieder war ihr Gesicht traurig aber keine Spur einer Träne. War dieses Mädchen überhaupt zu einer Gefühlsregung fähig?

Doch Diego erinnerte sich, dass sie heute morgen am Strand einmal kurz ge-lächelt hatte. Dennoch, ihr haftete im Moment eine eisige Aura an, als sie ins Zimmer trat.

Bernard fixierte lauernd den Eindringling. Was wollte die schon wieder?

„Alles in Ordnung mit dir, Leona?“ fragte Diego sie. Leona nickte, oder zumindest bewegte sie den Kopf, den ihr Gesicht schien das Gegenteil zu sagen.

„Wirklich?“ fragte Diego sie erneut und dieses Mal kam das Nicken energischer.

„Und was willst du?“ rief Bernard barsch und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Bernard! Lass das!“ wies Diego ihn scharf zurecht.

Leona hingegen sah niedergeschlagen zu dem Jungen. Schließlich ging sie einige Schritte auf ihn zu und schrieb etwas auf ihre Tafel.

»Es tut mir leid!«

„Was tut dir leid?“ fragte Bernard.

»Alles! Ich will mich nicht zwischen euch drängen. Bitte, das musst du mir glauben!«

Der Junge schluckte verkrampft als Leona in mit ihren leidvollen Augen ansah. Irgendwie tat sie ihm auch leid. Sie konnte doch wirklich nichts dafür.

„Mir tut’ s auch leid. Entschuldige bitte, das ich so eklig zu dir war.“

Ein flüchtiges Lächeln huschte über Leona’ s rosige Lippen.

»Freunde?« fragte sie

Bernard grinste: „Freunde!“

„Das muss man dir lassen, Leona. Du kannst wirklich gut auf Menschen eingehen.“ meinte da Diego anerkennend.

»Ach was! Wer schweigt, der hört dafür genauer hin. Ich kann spüren, was in meinen Mitmenschen vorgeht.« wehrte das Zigeunermädchen ab.

Sie wand sich wieder Diego zu.

»Was genau habt ihr vor? Ich konnte es genau erkennen, unten in der Küche. Ihr wollt doch einschreiten? Das heißt Zorro will es, stimmt’ s?«

« Ertappt!» dachte Diego.

„Du musst dir keine Sorgen machen, Leona. Deiner Mutter und deinen Freunden wird nichts geschehen. Ich werde mich...“

»Lass es!« unterbrach ihn da Leona mit ihrer Tafel.

„Wie? Warum? Willst du das...“

Diego war wie vor den Kopf gestoßen als er in ihr entschlossenes Gesicht sah.

»Das hier ist nicht deine Angelegenheit! Wir Zigeuner können uns gut selbst verteidigen. Uns beschützen die „Söhne der roten Krähe“. Zorro muss nicht auf uns acht geben!«

„Die Söhne der roten Krähe? Wovon redest du?“

»Ich habe dir schon mehr verraten, als gut ist. Nur soviel, geh heute nicht in Kaserne! Wenn du Corneja oder Cuervo vor die Klinge läufst, kann ich für nichts garantieren. Bestimmt fühlen sich die beiden in ihrer Ehre gekränkt, wenn ein anderer ihre Aufgabe erfüllen will. Merk’ dir meine Warnung, die beiden erfüllen ihren Schwur und sind dabei alles andere als zimperlich!«

Leona blickte sehr ernst drein.

„Ich verstehe immer noch nicht. Warum...“

Diego überlegte, da ging ihm ein Licht auf.

„Leona! Bist du übergeschnappt. Nico und du, ihr könnt doch nicht einfach...“

»Ach, aber du?« versetzte Leona bissig. Die Kreide quietschte laut über die Schiefertafel. Ihre Augen funkelten Diego an.

»Versteh’ endlich! Es ist unser Aufgabe in der Gemeinschaft. Unser Schwur! Weder Nico noch ich werden uns da hinein pfuschen lassen! Im Übrigen wissen wir beide genau auf welches Risiko wir uns einlassen. Wir sind nicht das erste Mal in dieser Situation!«

Hier aber schwindelte Leona. Es war das erste Mal, das wirklich all ihr Geschick und Können geforderte wurde. Eigentlich hätte sie über den zweiten Degen an ihrer Seite freuen sollen, aber hier kam der Stolz der Garcias durch. Der, für den sie ihre Mutter hasste. Dennoch!

»Halte dich bitte raus!« waren ihre letzten Worte

Dann verschwand sie so schnell wie sie gekommen war.

Diego und Bernard blieben sprachlos zurück.

„Na, was sagt man denn dazu! Die ist vielleicht dreist! Da ist sie ganz ihre Mutter!“ meinte der Junge schließlich.

Er sah zu Diego.

„Und? Halten wir uns raus?“

Der biss knirschend die Zähne aufeinander.

„Nein! Jetzt erst recht nicht!“ knurrte er.

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Anmerkung von mir:

«...» sind Gedanken.

»...« sind Leona' s schriftliche (auf ihrer Tafel) wörtliche Rede.

Musste das umstellen.

Angriff !

„Ich versteh’ das immer noch nicht. Was meinte Leona mit: „Die Söhne der Krähe“?“

„Es muss eine Art Kampfname sein. Ich weiß nicht genau. Aber wir sollten zusehen, das wir sie erwischen bevor es zu spät ist.“

Zorro und sein kleiner Kumpan huschten über die Häuserdächer. Tasco lag schweigend und still zu ihren Füßen. Es war weit über Mitternacht und die letzten Spelunken schlossen ihre Pforten.

Es war soweit!

Corneja und Cuervo hatten bereits ihr Ziel erreicht. Geduckt verharrten die beiden im Schatten der Seitenstraße, den Blick auf die Kaserne gerichtet.

„Wie genau gehen wir vor? Wie sieht dein Plan aus?“

Corneja blies eine ihrer blonden Strähnen weg.

„Willst du die Wahrheit hören. Ich habe keinen!“ versetzte sie mürrisch.

„Du veralberst mich! Irgendetwas hast du dir doch überlegt! Du bist der Kopf und ich die Schwerthand, hat Vater immer gesagt. Sag’ wo ich hinschlagen soll und ich tu es!“

„Unsere Leute zu befreien ist das kleinste Problem, Bruder. Aber Mutter... ich fürchte...ich weiß einfach nicht...Die Zellen sind wie eine Sackgasse! Rein komme ich spielend, aber raus?“

„Du...bitte sag’ nicht, das du mit dem Gedanken spielst...“

„Spinnst du! Eher sterbe ich, als das ich Mutter hier lasse! So sehr sie mich auch immer verletzt und benutzt hat, das Militär verabscheue ich mehr denn je. Wenn sie ihr auch nur ein Haar gekrümmt haben, vergelte ich es ihnen hundertfach!“

Die blauen Augen nahmen einen finsteren Ausdruck an.

Cuervo wusste das sie jedes ihrer Worte todernst gemeint hatte. In solchen Augenblicken hatte selbst er Angst vor Corneja. Vor ihr und ihrer Besessenheit, den Schwur der Söhne zu wahren. Dafür war sie wahrhaftig bereit alles zu riskieren!

Zur selben Zeit verhörte Raymond zusammen mit Gabriel zum fünften Mal Seniora Barbara.

„Ich frage dich jetzt wirklich zum letzten Mal, wo zum Geier ist diese Urkunde!“ fauchte der blonde Leutnant die Zigeunerin vor sich an.

Doch diese hatte sich als äußerst widerspenstig und dickköpfig herausgestellt und jede seiner noch so schaurigen Drohungen ignoriert. Sie sah einfach durch ihn durch als wäre er Luft.

„Verfluchte Hexe!“ Schallend dröhnte die Ohrfeige durch den Raum. „Wird’ s jetzt endlich! Oder muss ich erst grob werden?“

„Das sind sie bereits!“ zischte Seniora Barbara. Ihr Blick bohrte sich in ihn hinein.

„Dann rede, oder ich lass dich windelweich prügeln!“

„Nur zu! Aber davon werden sie genau so wenig haben!“

„Ich hör’ wohl nicht recht!“ brauste Gabriel los, packte sie an den Schultern und schüttelte die Frau heftig hin und her. Dabei flog auch wieder seine Hand durch die Luft.

„Machst du jetzt endlich dein dreckiges Maul auf!“

„Gabriel! Es reicht!“ Raymond’ s Stimme war so schneidend wie eine Schwertklinge.

Knurrend hielt der inne und ließ Leona’ s Mutter gehen. Der Kommandeur erhob sich von seinem Stuhl in der Ecke und schritt lauernd wie ein Raubtier um die Gefangene.

„Meine Gute, warum machen sie uns denn das Leben so schwer? Ein Wort von ihnen und das ganze Theater hier hat ein Ende. Was versprechen sie sich denn von diesem Zirkus? Letzten Endes werde ich doch bekommen was ich wünsche. Warum also sträuben sie sich so?“

„Das bezweifele ich, du elender Mörder!“ zischte Seniora Barbara angewidert.

„Was faselst du da!“ Raymond war stehen geblieben und starrte der Frau in die Augen.

„Du erinnerst dich nicht mehr an mich, stimmt’ s? Aber deine eingebildete Visage ist mir noch so vertraut wie am ersten Tag! Ich sage nur,... Granada!“

Raymond’ s Gesicht zuckte kurz unruhig dann hatte er sich wieder in der Gewalt.

Dieses verfluchte Ereignis damals hing ihm an wie der Geruch eines toten Tieres. Dabei war er sich so sicher gewesen, dass er den Habicht , „El hazor“ erwischt hatte. Doch kaum hatten den die Kugeln durchlöchert, stand auf dem Wehrgang sein Ebenbild, einem Racheengel gleich und belegte alle mit seinem grausigen Fluch. Die Vorgesetzten hatten ihn dann wegen Übertreten seiner Befugnisse und anderen illegalen Machenschaften degradiert und hier in dieses Kaff strafversetzt.

„Richtig, du bist die Braut dieses Aufrührers den ich damals erschießen ließ. Die Welt ist wahrlich klein. Was macht denn sein Nachfolger? Willst du mir jetzt mit ihm drohen?“

Dieses mal war es an Seniora Barbara irritiert zu sein.

„Ich habe keine Ahnung wovon sie reden.“ wehrte sie ihn schließlich ab. „Mein Mann ist tot und meines Wissens ist keiner in seine Fußstapfen getreten!“

„Da habe ich aber etwas anderes gehört!“ Raymond schob sich näher an sie heran, so das sich beide fast berührten.

„- Hört den Fluch der Corneja! - Kommt ihnen das nicht bekannt vor?“

„Nicht im Geringsten!“

„Ähem Sir, wovon reden sie da?“ fragte Gabriel sichtlich verwirrt.

„Eine alte unahngenehme Geschichte, der ich vielleicht heute Abend ebenfalls ein Ende setzten kann. Gesetz dem Fall, Corneja hält seinen Schwur!“

Eine heftige Detonation ließ die Erde erbeben. Die Fenster klirrten in ihren Rahmen.

„Was war das!“ rief Gabriel verärgert.

„Ein frecher Vogel ist soeben in der Kaserne gelandet. Bringen sie ihn zu mir!“ meinte Raymond und ein zynisches Grinsen glitt über sein Gesicht.

Kampf

Die Explosion hatte das Haupttor aus den Angeln gehoben. Einem wütenden Schwarm Hornissen sammelten sich die Soldaten im Hof. Zwischen ihnen rannte Gonzalez, der in der ganzen Aufregung seine Jacke offen und die Hose nur halb anhatte.

„So eine Unverschämtheit, mitten in der Nacht! Wie soll man denn da einer seine verdiente Ruhe finden!“ schimpfte er und hüpfte von einem Bein zum anderen um endlich die Stiefel an der richtigen Stelle zu haben.

Oberst Jekyll versuchte in dem Durcheinander den Überblick zu behalten und rief ständig Befehle um die konfuse Meute zu ordnen.

„Ein Suchtrupp nach draußen! Sichert die anderen Eingänge! Besetzt die Wach-türme. Die Fackeln an! Macht endlich Licht! Und das ganze nicht wie Marktweiber beim Schlussverkauf! Mehr Ordnung in den Reihen, wenn ich bitten darf!“

„Wenn das wieder Zorro ist, bin ich heute aber wirklich sauer!“ wetterte Gonzalez weiter und lief ins Haupthaus „ Kann der sich nicht einmal raushalten!“

„Kann er nicht! Guten Abend, Gonzalez!“ Eine Klinge stand quer vor dem dicken Hals des Sergeant. Zorro lehnte ruhig an der Wand.

„Verflucht! Was willst du schon wieder!“ zischte Gonzalez.

„Nicht viel, nur eine Frage, mein Guter. Wo ist die Seniora Garcia? Ich denke, du weißt das, nicht wahr!“

„So weit ich weiß ist sie oben im Büro des Kommandanten. Er wollte sie noch mal verhören. Was hast du eigentlich mit den Zigeunern zu schaffen? Das Pack geht dich doch gar nichts an!“

„Sobald die Gerechtigkeit verletzt wird, geht es mich etwas an. Und jetzt...gute Nacht mein Guter. Träum’ schön!“

„Was hast du...“ Rumms! Da traf Gonzalez auch schon ein harter Schlag von hinten und er fiel der Länge nach auf den Boden.

„Oh Mann! Der Besen ist hinüber. Ich wusste gar nicht das Gonzalez so einen Holzschädel hat!“

Der kleine Zorro betrachtete den abgebrochen Stiel in seiner Hand.

„Ich hoffe, du hast nicht zu doll zu geschlagen.“ meinte Zorro noch, dann eilten beide den Gang hinunter.

Eine weitere Detonation erschütterte das Gebäude.

„Sind die übergeschnappt? So bringen sie noch jemanden um.“

„Nein, die Sprengladungen sind gerade so groß wie nötig. Groß, aber nicht groß genug um wirklich Schaden anzurichten. Trotzdem halt die Augen auf. Ich will nicht in eine hineingeraten.“

„Was genau haben die beiden nur vor.“

„Ich weiß nicht, noch nicht!“

„Da oben! Da seht doch! Der Zorro!“ brüllte einer der Soldaten und die Blicke richteten sich gen Himmel.

Cuervo spurtet über die kleinen Dächer des Küchengebäudes und lenkte so die Aufmerksamkeit auf sich. Im nächsten Augenblick donnerten auch schon die ersten Gewehrsalven los.

Die gefangenen Zigeuner beobachteten gebannt das Spektakel.

„Das ist nicht euer Zorro! Das ist „El hazor“! Er ist von den Toten auferstanden um uns zu befreien.“ rief einer der Alten und Beifall wurde unter dem fahrenden Volk laut.

„Haltet endlich die Backen oder ich schneid euch ein zweites Maul!“ fluchte Gabriel zornig und schlug mit seinem Säbel gegen den Pferch.

„Aber, aber, das sind wahrlich keine guten Manieren für einen Ehrenmann!“ tadelte da eine laute Stimme von oben herab. Ein Schatten fiel direkt vom Himmel vor Gabriels Füßen. Wirbelnd fuhr der herum und schlug dem verdutzten Leutnant den Boden unter den Füßen weg.

„Mistkerl, verfluchter! Dich werd’ ich...“

Die vorgehaltene Klinge aber ließ Gabriel sofort verstummen. Der Schatten mit der roten Maske schüttelte tadelnd den Kopf.

„Tsetsetse! Was für eine miserable Deckung. Sie sollten besser acht geben, Leutnant! Über die eigenen Füße zu stolpern kann im ungünstigsten Fall böse enden.“ spottete der Schatten.

„Zorro, eines Tages da werde ich...“ knurrte Gabriel

„Zorro? Machen sie ihre Äuglein auf, Leutnant. Ich bin nicht Zorro! Man nennt mich Rote Corneja, den Fluch aller Übeltäter! Und ich kann es gar nicht leiden, wenn man Gottes Gesetze mit Füßen tritt oder sie zu seinen Gunsten zurecht biegt.“

„Du verfluchter...“

Die Klingenspitze kam drohend nahe an Gabriel’ s Kinn.

„Nana, nicht doch! Sehen sie es mal als ausgleichende Gerechtigkeit. Sonst verbreiten sie Angst und Schrecken, heute ist Rollentausch angesagt.“ feigste Corneja mit teuflischer Schadenfreude.

Mit einem unglaublichen Sprung hob der Schatten vom Boden ab, wirbelte durch die Luft und landete auf dem Wehrgang.

„Hinter her, ihr Schlafmützen. Lasst diesen Teufel nicht entwischen! Wenn ich den erwische...“ fluchte Gabriel und hastet hinter der Menge her .die Corneja folgte. Weg von den Gefangenen

Darauf hatte Cuervo aber nur gewartet. Mittlerweile war er zurückgekommen und öffnete nun den Verschlag.

„El hazor, bist du es wirklich?“ „Wie gut das du kommst!“ „Wer ist jener, der sich Corneja nennt?“

Er hob die Hände und die Menge verstummte.

„Ich bin El Cuervo. El hazor hat euch seine Erben geschickt. Und jetzt lauft, trödelt nicht und verlasst so schnell ihr könnt die Stadt, die Wagen sind unbewacht. Die restlichen werden bald zu euch stoßen! Beeilt euch!“

Die Zigeuner rannten so schnell sie konnten durch das offne Haupttor, das verlassen da stand.

Cuervo wartete. Schon bald kamen die ersten des Suchtrupps mit Oberst Jekyll an der Spitze zurück. Grinsend machte er eine Verbeugung und sprang mit der gleichen Leichtigkeit auf die Dächer wie zu vor Corneja.

„Fangt ihn ein! Los Beeilung!“ befahl Jekyll und die Soldaten folgten ihm in die andere Richtung.

Durst nach Rache

„Alle Achtung! Ganz schön ausgefuchst. Das muss man ihm lassen!“ kommentierte Raymond das Spektakel im Hof. Er wandte sich zu Seniora Barbara um, die gefesselt auf einem Stuhl vor ihm saß.

„Na, immer noch keine Idee, wer da draußen ist!“

„Zum letzten Mal, ich weiß es nicht!“

„Aber wo die Urkunde ist, das wissen sie, stimmt’ s? Raus mit der Sprache, wo ist sie! Das ist ihre letzte Gelegenheit.“

Das Geräusch des einrastenden Hahn’ s der Pistole in Raymond’ s Hand schien den ganzen Raum zu erfüllen. Seniora Barbara starrte teilnahmslos in den Lauf der Waffe.

„Nein, es ist ihre. Denn ich werde das Geheimnis mit ins Grab nehmen.“

„Wie sie wollen!“ meinte Raymond bedauernd, legte an und...

...die Tür flog krachend auf.

Mit einem Aufschrei ließ Raymond die Waffe fallen und hielt sich die schmerzende Hand. Die Pistole fiel zu Boden und der Schuss traf die Wand.

„Was für ein schreckliches Benehmen sie doch haben, Kommandant. Einer Dame steht nun wirklich eine bessere Behandlung zu.“

Raymond sah verwirrt auf.

„Zorro!?“

Der stand mit gezogenem Degen im Türrahmen.

„Hatten sie jemand anderes erwartet?“

„Ehrlich gesagt, ja! Aber das ist jetzt gleichgültig. Dann werde ich eben euch beide auf einmal los!“

Blitzschnell hatte der Kommandant die Waffe wieder erhoben. Er zerrte Seniora Barbara hoch und hielt sie vor sich als Deckung.

„Den Degen weg, Zorro. Oder du trägst die Verantwortung für den Tod dieser edlen, spanischen Bürgerin.“

Langsam schritt Raymond mit seiner Geisel hinter den Schreibtisch, im Rücken das große Fenster zum Hof.

„Wird’s bald! Die Waffe weg!“

„Sie glauben doch nicht wirklich, das ich so dumm wäre.“ meinte Zorro und versuchte verbal die Situation in den Griff zu bekommen. Raymonds Waffe richtete sich auf ihn.

„Dumm würde ich es nicht nennen. Sie haben einfach ein zu großes Ehrgefühl, ganz im Gegensatz zu mir! Den Degen weg und was sie noch bei sich haben. Ich will alles sehen! Und Zorro, keiner ihrer Tricks oder diese nette Dame hier tritt ihrer letzte Reise an.“

„Fahr zur Hölle, elendes Ekel!“ zischte Seniora Barbara.

„Vorsicht Gnädigste, ich habe einen recht nervösen Finger. Nicht das ich sie noch aus Versehen erschieße.“

Klirrend zersprang die Scheibe. In unglaublicher Geschwindigkeit legte sich eine Drahtschlinge um Raymond’ s Hals und wurde so heftig zugezogen, dass er einen Schritt nach hinten machen musste. Der Kommandant ließ schlagartig seine Geisel und die Waffe fallen und griff nach der Schlinge, die ihm die Luft anschnürte.

„Eine schönen Guten Abend! Ich denke, auf eine Vorstellung können wir ver-zichten, mein Bester. Da bin ich! Wie gesagt, ich finde sie, egal wo sie sich verkriechen werden.“ raunte Corneja ihrem Opfer ins Ohr.

Der Wind bauschte ihrem langen Umhang in die Höhe. Sie verharrte auf dem Fensterbrett, ihr Opfer fest in der Hand.

„Verfluchte Ausgeburt der Hölle!“ würgte Raymond hervor, im nächsten Augenblick zog sich die Schlinge weiter zu.

„Auch noch frech werden? Sie haben sich wahrlich nicht geändert. Schade, ich hatte gehofft die kalifornische Luft bläst ihnen ein für allemal ihre bösen Gedanken aus dem Kopf. Dann muss ich wohl dafür sorgen.“ zischte Corneja.

„Lass’ das! Das ist Wahnsinn!“ rief Zorro ihr zu, der gerade Seniora Barbara beim Ausstehen half.

„Was du Wahnsinn nennst, ist für mich Gerechtigkeit!“ zischte Corneja düster und zog die Schlinge noch ein Stück enger. Raymond japste nach Luft und krallte die Finger in den Hals.

Zorro machte einen Schritt auf sie zu, doch sofort funkelte Corneja ihn zornig an.

„Einen Schritt und ich ziehe die Schlinge vollends zu!“ drohte sie.

„Wach auf! Merkst du denn nicht, dass du dich auf sein Niveau herabgelassen hast. Hör’ auf bevor es zu spät ist!“

Corneja hielt einen kurzen Moment inne. Diesen nutzte Zorro, sprang vor, packte sie am Arm und schleuderte sie unsanft in den Raum. Im selben Moment ging Raymond zu Boden.

Corneja rollte sich gekonnt ab. Als sie wieder auf die Füße kam, hatte sie ihren Säbel gezogen.

„Ich hatte dich ausdrücklich gewarnt, du selbstgerechter Besserwisser! Komm’ mir nicht in die Quere!“

Zorro stellte sich vor sie, die Spitze der Klinge hing dicht über seiner Wange.

„Lass’ das!“ sagte er mit Nachdruck. „Ich werde mich nicht mit dir schlagen. Begreif’ doch das dein Weg falsch ist. Gewalt hat immer neue Gewalt zur Folge!“

„Das sagt der Richtige!“ knurrte Corneja wütend und ließ ihre Klinge vor

Zorro’ s Gesicht hin und her tanzen. „Wer von uns beiden ist denn hier der Rebell. Du oder ich?“

„Was bist du lieber? Rebell oder Mörder?“ konterte Zorro.

Die Klinge zog sich zurück. Unsicherheit spiegelte sich in Corneja’ s Augen.

„Ich weiß nicht welchen Schwur du geleistet hast, aber ganz sicher keinen, der dich zur Mörderin macht.“

„Halt den Mund!“

Der Säbel zuckte und senkte sich ein Stück. Corneja’ s Rechte begann zu zittern.

„Du bist keine Mörderin! Du willst Gerechtigkeit, und Gerechtigkeit kann es nur geben wenn das Gesetz eingehalten wird, das weißt du. Hast du nicht gesagt, du hasst Ungerechtigkeit. Dann sei es nicht!“

Zorro ging einen Schritt auf sie zu, als sie ihre Waffe vollends gesenkt hatte.

„Es gibt immer einem besseren Weg als Mord. Man muss ihn nur finden!“

„Würdest du auch so klug daherreden, wenn es dein Vater gewesen wäre, den der Kerl eiskalt erschissen ließ?“ knurrte sie und die Wut flammte erneut auf.

„Ich habe keine Ahnung wie viel dir dein Stiefvater bedeutet haben muss, aber eines weiß ich. Er wollte sicher nicht, dass du seinetwegen zur Mörderin wirst.

Corneja zuckte zusammen.

« Mein Mädchen, ganz gleich was das Schicksal mit dir vorhat, versprich’ mir eines: Such’ keine Vergeltung für meinen Tod, so schwer es dir auch fallen mag! Sei die Gerechtigkeit, die diese Welt so dringend braucht. Gerecht zu sein heißt auch, sich selbst zu überwinden. Vergiss dies nie meine kleine Corneja!»

Die letzten Worte von Falco hallten in ihr wieder wie ein düsterer Choral.

Glitzernd wie ein Kristall, so rein und klar, liefen sie ihr über die roten Wangen.

Der ewige Damm war gebrochen!

Die zurückgedrängte Tränen von sieben Jahren fanden ihren Weg ans Tageslicht.

Tränen

Leona vergaß die Welt um sich herum. Sie wollte nur noch weinen. Weinen solange sie nur konnte.

Denn sie hatte etwas begriffen.

Nicht etwa ihre Mutter, ihr Schwur oder sonst was legten ihr seelische Fesseln. Es war sie selbst, die sich mit dem erzwungenen Ignorieren all ihrer Gefühle selbst kasteite. Und sie hasste sich! Sie hasste sich für den Frevel, den sie an sich selbst begangen hatte. Sie kam sich so unendlich schäbig und schlecht vor.

Was war nur aus ihr geworden?

Sie war wie ihre Mutter, die nur nach Vergeltung schrie. Wer aber würde die Wunden stillen, die ihr ewiger Zorn riss?

Der Säbel fiel laut klappernd zu Boden. Schluchzend barg sie ihr Gesicht in den Händen. Zorro nahm sie zärtlich in den Arm.

„Es wird alles gut werden, LEONA!“ versprach er.

„Leona! Nein! Nein! Das glaube ich nicht! Wie...wie ...kannst du?“

Seniora Barbara starrte das Paar entgeistert an.

„Es tut mir leid, Mutter. Aber es war der Weg meines Herzens. Egal, was immer du auch sagst. Ich bin eine Zigeunerin. Und als Tochter des Anführers fällt es mir zu mein Volk zu schützen. Es tut mir leid, aber so ist es nun mal!“ gab Leona traurig von sich, den Kopf gegen Zorro’ s Brust gepresst.

„Ich fasse das nicht. All die Jahre... und ich dachte du bist verstummt. Wie kann das nur sein?“

„Mein Mund war stumm, weil ich meine Seele in Ketten gelegt habe. Bitte, verzeih’ mir meine Lüge!“

„Ich soll dir verzeihen, wo ich doch dich um Vergebung bitten muss. Ich hätte es sehen müssen, wie sehr du dich selbst gequält hast. Mein armes geliebtes Kind, was musstest nur meinetwegen erdulden.“ Seniora Barbara flossen nun ebenfalls die Tränen über die Wangen.

„Welch rührendes Bild! Erlaubt mir meinen Beitrag zu leisten und euch zu euerem geliebten Zigeunerführer zu schicken.“

Raymond war wieder auf den Beinen und hatte die Waffe auf Zorro und Corneja gerichtet.

„LEONA!“

„MUTTER!“

Der Schoss hallte durch den Raum.

Zorro setzte mit einem schnellen Sprung über den Schreibtisch hinweg und verpasste dem Komman-danten eine Kinnhacken.

„MUTTER! NEIN!“

Seniora Barbara’ s Körper lag leblos auf dem Boden. Blut sickerte aus einer Wund am Hals.

„Mein...Mädchen...sag...das du...das du mir vergibst, bitte.“

Leona stand da wie paralysiert, unfähig etwas zu sagen oder zu tun.

„Zorro schnell, Gabriel und die anderen sind wieder hier und werden bald hoch kommen!“

Der kleine Zorro kam ins Zimmer gestürmt und blieb wie angewurzelt stehen.

„Schnell hilf mir!“ rief ihm Zorro zu und hob Seniora Barbara vom Boden. „Nimm’ Leona an die Hand! Ich glaube, im Moment ist sie nicht im Stande zu handeln.“

Mit diesen Worten stürmte er aus dem Raum, seinem Kumpan mit der immer noch gelähmten Leona hinter sich.

„Na sieh’ an wen haben wir den da? Die ganze Bande, wenn das kein Zufall ist!“

Gabriel versperrte ihnen mit sechs Mann, die auf sie angelegt hatten, den Weg.

„Hände hoch, aber plötzlich!“ befahl er grinsend.

„Einen Scheiß werden wir!“ zischte mit einem Mal Corneja und schoss nach vorn. Keiner hatte mit ihrem Blitzangriff gerecht; wie besessen schlug und trat Corneja nach allen Seiten und schon bald lagen die Soldaten am Boden.

Gabriel stand fassungslos für ihr.

„Ich warne euch! Ärgert mich heute nicht, oder ihr bereut den Tag schon sehr bald!“ knurrte sie wütend.

„Verfluchtes Biest! Dir geb’ ich!“ fauchte Gabriel zurück und holte aus. Gekonnt parierte Corneja den Angriff und stieß ihn mit zwei schnellen Finten zurück.

„Bringt meine Mutter weg. Ich komm’ schon klar!“ rief sie Zorro zu. „Los, haut ab so lange noch Zeit bleibt.“

Flink duckte sie sich unter Gabriel’ s herabsausendem Säbel weg.

„Bist du dir sicher!“ rief Zorro noch, als er mit den anderen floh.

„Hau ab! Ich bin gleich wieder bei euch.“ zischte Corneja und wich in die andere Richtung zurück.

„Du gehörst mir, du kleines Miststück.“

„Das bezweifle ich!“ grinste sie plötzlich. Als Gabriel, dadurch nur noch wütender, laut schreiend auf sie zugestürmt kam, ließ sich Corneja im letzten Moment fallen, rammte ihm die Beine in den Bauch und beförderte ihn hinter sich die kleine Treppe hinunter.

Es schepperte lautstark als der Leutnant unten an kam.

„Ich hoffe sie haben sich nichts von Bedeutung gebrochen. Beim Kopf kann der Schaden ja nicht all zu groß gewesen sein!“

Mit diesen Worten eilte sie den anderen hinter her.

Wenig später ritt die Gruppe über einen entlegenen Pfad im Wald. Hier trafen sie auf Nico, der sich seiner Verkleidung bereits entledigt hatte.

Er kam ihnen entgegen. Aber als er Zorro erblickte blieb er misstrauisch stehen.

„Wer ist das?“ wollte er wissen.

„Wo sind die anderen!“ rief Corneja stattdessen.

„Nicht weit von hier. Wir haben sie sicher bald eingeholt.“ Da erst bemerkte er Seniora Barbaras bleiches Gesicht.

„Was ist mit Mutter? Was ist passiert? Ist sie verletzt!“

„Wir müssen uns beeilen. Jede Minute zählt! Sitz auf, mach’ schon.“

Doch Leona’ s Mutter, die vorn auf Viento saß hob schwach die Hand.

„Nein...nein, bitte. Lass mich bitte absteigen.“

„Mutter, was redest du da? Du brauchst dringend einen Arzt. Wir reiten zur Hacienda und...“

„..und dann sind euch schon in wenigen Stunden die Soldaten auf den Fersen. Nein, lasst mich hier absteigen. Es bleibt sowieso nur noch wenig Zeit, zu wenig denke ich.“

„Nein, Mutter sag’ so was nicht.“ beteuerte Leona erneut, doch die ältere Frau winkte ab.

„Wärt ihr so nett, Herr Zorro. Dort unter der Weide wäre ein schöner Platz.“

„Wollt ihr das wirklich, Seniora Barbara?“ fragte Zorro besorgt, obwohl auch er ahnte das die Frau recht hatte.

„Ich will eurem Vater nicht noch mehr Ärger machen, Don Diego!“ flüsterte sie ihm leise zu.

Zorro schluckte und schwang sich dann von Viento’ s Rücken.

„Beim Allmächtigen! Was machst du Idiot! Du kannst doch nicht...“ fuhr Nico ihn sofort an. Doch bevor er ihn erreichte, stand schon Leona vor ihm.

„Du hast Mutter gehört. Sie wünscht es so.“ sagte sie mit nassen Augen.

Nico rang mit sich selbst, schließlich nahm Leona seine Hand und sie gingen hinüber zu dem Weidenbaum.

Seniora Barbara’ s weiße Bluse war mittlerweile beinahe schwarz. Nico und Leona knieten sich ihr zur Seite nieder und ergriffen eine ihrer beiden Hände.

„Kommt zu mir meine Kinder, beide. Egal, ob Kinder meines Blutes oder nicht. Es ist mir jetzt gleichgültig. Ich muss euch um so vieles um Vergebung bitten. Ich war keine gute Mutter, für keinen von euch. Nein, widersprecht mir jetzt nicht. Ich weiß, dass es so ist. Meine Rachegedanken haben ein fürchterliches Ungeheuer aus mir gemacht, unter dem gerade ihr, die ihr mir so sehr am Herzen liegt, am meisten leiden musstet. Es tut mir so leid, dass ich das es jetzt begriffen habe.

Leona, bitte geh’ zu deinem Vater und bitte ihn in meinem Namen um Vergebung. Ich hoffe, Alejandro ist immer noch ein so gütiger Mensch, wie damals als ich kennen lernte. Er wird auf dich acht geben mein Engel, wenn du je Schutz brauchst. Aber wahrscheinlich wirst du mit den anderen weiterziehen, mein kleines Zigeunerkind.

Nico, pass mir immer gut auf meine beiden zwei Engel auf. Sie sind kostbarer als alles andere auf der Welt, denn nur eine Familie schenkt dem Menschen wahren Wohlstand.“

Nico nickte tapfer unter Tränen.

„Guter Junge.“ lächelte Seniora Barbara milde.

„Leona, mein Kind. Du musst mir jetzt eines versprechen, ich bitte dich darum. Lass nie wieder zu, dass du dich selbst so verletzt. Ich will dich vom Himmel aus Lachen und Weinen sehen. Aber vor allem: Lebe! Lebe dein Leben! Und spiel’ nie wieder die Nemesis für jemanden!“

„Die strafende Gerechte will ich nicht mehr sein, aber wann immer Unrecht geschieht wird Corneja die Flügel spreizen und in den Kampf ziehen. Das werde ich nie lassen können.“ erwiderte Leona bedauernd.

„Ich sehe schon, du beginnst bereits deinen Kopf durchzusetzen. Na, meinetwegen. Zorro, dann gib’ du ebenfalls acht auf dieses dickköpfige Kind und unterschätze nie ihren Starrsinn und ihre Spitzfin-digkeit.“

„Wie ihr wünscht, Seniora Barbara!“

Glücklich lächeln lehnte sich diese zurück.

„Dann...dann...dann ist alles gut!“ meinte sie noch, dann schloss zum letzten Mal die Augen.

„Mutter! Nein, nein, nein!“ schrie Leona und rüttelte sie an der Schulter.

„Nein, geh nicht! Geh nicht!“

Heise Tränen, wie sie nur aus dem tiefsten Grund des Herzens kommen konnten, liefen über ihre Wangen.

Abschied ?

Sie begruben Seniora Barbara unter jenem Weidenbaum. Schweigend ritten sie zur Hacienda. Keiner sprach auch nur ein Wort. Diego gestattete seiner Schwester wie ihrem Stiefbruder, ihre Sachen in seiner Höhle zulassen.

Nachdem sie diese über den Geheimgang verlassen hatten, gingen Leona und Nico zu Kiara ins Zimmer. Diego machte sich auf den Weg zu seinem Vater.

Er berichtete das in der Stadt folgendes passiert war

Zorro hatte den Zigeunern zur Flucht verhelfen können, aber leider gab es ein Opfer zu bedauern.

Don Vega nahm die Nachricht vom Tod seiner Jugendfreundin scheinbar ruhig auf.

Seine traurigen Augen aber verrieten die Wahrheit.

„Ich...ich muss es Leona und ihren Geschwistern sagen.“ meinte er schließlich und raffte sich auf.

„Ja!“ nickte Diego und folgte ihm ins Gästezimmer.

Während Kiara dicke Tränen der Trauer weinte, versuchten Nico und Leona so gefasst wie möglich zu erscheinen.

„Ich kann euch anbieten, noch für einige Zeit hier zu bleiben. Das Haus ist groß genug.“

Einen Augenblick lang herrschte tiefes Schweigen.

„Das ist sehr freundlich von ihnen, Don Vega. Aber ich denke, wir sollten noch heute aus Tasco verschwinden und zurück zu unseren Leuten gehen. Wir wollen ihnen keinen weiteren Ärger bereiten.“ antwortete Nico schließlich

„Ich...“ begann Don Vega noch einmal, dann aber nickte er verständnisvoll. „Ich verstehe!“

Er sah zu Leona hinüber. Sie kam langsam näher bis vor ihm stand. Zaghaft streckte sie die Arme aus und umarmte ihren Vater.

„Ich wünschte, ihr würdet bleiben. Besonders du, Leona. Aber ich sehe schon. Zigeuner weht der Wind wohl ewig weiter. Was soll man da machen.“

Die Kreide quietschte über den grauen Schiefer.

* Du wirst immer in meinem Herzen sein, Vater!*

„Und du in meinem, mein Kind. Meine Tochter! Und denk’ immer daran, du hast hier ein Zuhause.“ nickte Don Vega und fuhr ihr über die wallenden Locken.

In Windeseile hatte Maria den drei Geschwistern einen Proviantkorb zusammengestellt, den sie Nico einfach in die Hand drückte.

„Nimm ihn und gut ist, verstanden!“ meinte sie nur.

„Vielen Dank.“

Brìos und Salvaje standen gesattelt im Hof.

Leona verabschiedete sich von allen unter Tränen. Zuletzt kam sie zu Diego

„Pass gut auf dich auf, kleine Schwester. Ich kann nicht immer ein Auge auf dich haben!“ flüsterte er ihr zu.

„Wieso sagst du eigentlich kleine Schwester? Ich bin vier Monate älter! Wenn hier jemand aufpassen muss, dann ich auf dich.“ raunte sie zurück „Also gib acht! Vielleicht reitet eines Nacht Corneja an Zorro’ s Seite.“

„Mir soll’ s recht sein!“

Dann schwang sich das Mädchen auf Brios hellen Rücken und unter Winken und Abschiedsrufen, galoppierten die Pferde davon und verschwanden in der Dunkelheit.
 

„Jetzt komm’ schon, Lolita! Was willst du denn noch! Ich habe mich entschuldigt. Was muss ich denn noch tun?“

„Erzähl’ endlich was es mit diesem Zigeunermädchen auf sich hatte. Dann überleg’ ich es mir noch einmal.“ gab das selbstbewusste Mädchen zurück und schritt mit hocherhobenem Haupt vor Diego her, der ihr hinterher dackelte wie ein Hündchen.

„Ich sagte doch, ...das ist kompliziert. Zu kompliziert um es in zwei- drei Sätze zu packen.“

„Ach, für mehr reicht wohl mein Verstand nicht! Wolltest du das damit sagen!“ fauchte sie beleidigt.

„Große Güte nein, nein. Das habe ich nie gesagt!“ beteuerte Diego sofort.

„Aber gedacht!“

„Nein, ehrlich. Ich halte dich für ein außergewöhnlich intelligentes junges Mädchen.“

„Ein Mädchen! Das ist ja wohl die Höhe!“

„Bitte Lolita, so war’s doch nicht gemeint!“ plapperte Diego drauflos.

Bernard lief schweigend neben den beiden her.

« Wann das je aufhören wird.» dachte er, verschränkte die Arme hinterm Kopf und sah in den Himmel.

„Na meinetwegen! Ich verzeihe dir!“ meinte Lolita mit einem Mal und lächelte holdvoll.

„Ehrlich!“ Diego atmete erleichtert auf.

„Ja natürlich! Ich brauche schließlich jemand der meine Einkäufe trägt. Los, beeil’ dich. Die Läden haben nicht den ganzen Tag auf!“

Diego und Bernard seufzten resigniert.

Die drei kam an einem kleinen Geschäft vorbei, das gerade die Läden öffnete. Es war ein Büchergeschäft.

„Oh, das ist neu! Da muss ich mal rein!“

„Du hast doch schon so viele Bücher!“ beschwerte sich Diego.

„Ach, weißt du heute ist mir danach. Vielleicht finde ich hier das zehnbändiges Lexikon, das ich mir schon so lange wünsche.“ kicherte Lolita schadenfroh.

„Oh nein!“ jammerte Diego.

„Nun, werte Dame. Ich hoffe, meine bescheidene Auswahl an Büchern trifft ihrem Geschmack.“ sagte da eine Stimme und eine Gestalt schob sich hinter einem Stapel Manuskripte hervor.

„Sie kenn ich doch! Sie sind der Naturwissenschaftler von neulich.“ rief Bernard.

„Sehr richtig! Casimir Rigoletto, zu euern Diensten, werte Herrschaften.“

ENDE, oder?



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Kommentare zu dieser Fanfic (12)
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Von: abgemeldet
2007-04-16T18:17:45+00:00 16.04.2007 20:17
hä? Ende is dann doch ein bisserl verwirrend - aber gut!
freut mich, dass dir die Story so gut gelungen ist!
bab, CHI
Von: abgemeldet
2007-04-16T18:06:15+00:00 16.04.2007 20:06
ui! Schmalz!
Von: abgemeldet
2007-04-16T17:46:25+00:00 16.04.2007 19:46
coole Aufmachung der Beiden!
Von: abgemeldet
2007-04-16T17:21:06+00:00 16.04.2007 19:21
jaja, der geheimnisvolle Spanier!
Von: abgemeldet
2007-04-16T16:57:21+00:00 16.04.2007 18:57
*grinz*
*hihi*
Von: abgemeldet
2007-04-16T16:23:42+00:00 16.04.2007 18:23
kabumm! spannend, absolut!
Von: abgemeldet
2007-04-16T15:47:07+00:00 16.04.2007 17:47
cool! mir is nur eben aufgefallen, dass du den namen Loena in Leona umgewandelt hast... da hast aber recht gehabt, ich find den neuen viel schöner.. *gg*
Von: abgemeldet
2007-04-16T15:33:05+00:00 16.04.2007 17:33
supi supi! weiter so! freu mich über ne tolle story!
Von: abgemeldet
2007-04-16T15:24:25+00:00 16.04.2007 17:24
spannend spannend - muss ich schon sagen!
Von: abgemeldet
2007-04-16T15:09:16+00:00 16.04.2007 17:09
^_^
lustig! kurze Pause, dannn les ich weiter!


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