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Die Pergamentlilie

von

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1.Act: Erste Begegnung

1.Act: Erste Begegnung
 

Kate öffnete ganz langsam die Augen, aber wegen der Sonne, die sie blendete legte sie die Hände auf ihr Gesicht. „Was für ein seltsamer Albtraum!“, sagte sie zu sich und richtete sich dann auf, die Hände immer noch schützend vor den Augen. „Ich sollte mir keine dieser seltsamen Filme mehr ansehen, bevor ich in die Gassen gehe.“

Doch plötzlich fiel ihr auf, dass sich ihre Matratze nicht wie üblich anfühlte, sie war um einiges weicher und auch die Decke war nicht, wie sonst auch, kratzig und steif. Kate nahm ihre Hände vom Gesicht und nachdem sich ihre Augen an das helle Licht im Raum gewöhnt hatten, sah sie, dass sie keineswegs in ihrem Zimmer war. Sie lag in einem fremden Bett. Einem riesigen Bett, mit blutroten Kissen und einer seidenen Decke in derselben Farbe. An beiden Seiten des Bettes hingen grosse, samtene Vorhänge, die mit goldenen Kordeln jeweils an einen der grossen und kunstvoll geschnitzten Holzpfosten am Fuss und am Kopf des Bettes angebunden waren. Kate blickte direkt auf eine riesenhafte, robuste Holztür und durch die Fenster, die fast bis zur Decke reichten, schien die Sonne herein. An den Wänden des Zimmers waren viele Gemälde, ein alter, antiker Schrank und ein Sofa mit grossen, bestickten Kissen. Eine Uhr stand auch im Zimmer, eine dieser alten Standuhren mit einem grossen Pendel, welches beruhigend hin- und herschaukelte. Sie zeigte gerade halb drei an. „Wo zum Teufel bin ich? Wie bin ich hierher gekommen? Und was soll ich hier?“, schrie Kate durch das Zimmer und erwartete eine Antwort, obwohl niemand da war. Auf einmal gingen mit einem Ruck sämtliche Vorhänge zu und im Zimmer wurde es stockdunkel. Dann ging die Tür auf und Kate konnte die Silhouette eines grossen Mannes mit breiten Schultern erkennen: „Wer bist du?!“, schrie sie hysterisch. „Ruhe!“, donnerte eine tiefe Männerstimme und Kate zuckte zusammen. „Es zeugt von wahrlich wenig Benehmen, wenn man seinen Gastgeber auf solch bäuerliche Weise begrüsst.“ „Gastgeber?!“, schrie sie zurück, “Sie haben mich verschleppt! Wie komme ich hierher? Kommen Sie gefälligst näher, so dass ich Sie sehen kann! Sie reden von Manieren und bleiben selbst unter der Türschwelle stehen, wo man Sie nicht erkennen kann!“ „Es ist ungebührlich eine Dame in dieser Situation zu nahe zu kommen.“, gab er trocken zurück. Mit vor Wut und Angst zitternder Stimme entgegnete Kate: „Welche ungebührliche Situation und wieso verdammt noch mal reden Sie so?“ Er gab ihr keine Antwort und blieb unter der Türschwelle stehen. Er hob nur seine Hand und zeigte auf Kate. Sie folgte seinem Finger und schaute sich suchend und etwas gereizt an. Da merkte sie, dass sie bis auf ihre Unterhose vollkommen nackt war. Ein Schrei entfuhr ihr und sie zog die Decke ruckartig über ihren Körper. „Wer war das?! Wer hat mich ausgezogen?“, schrie Kate den Fremden an. „Das war ich, oder hätten Sie gewollt, dass Sie in diesen Lumpen schlafen? Wahrlich, dass wäre keiner Frau würdig gewesen.“, antwortete er ihr. Aus vollem Zorn heraus schrie Kate ihn an: “Sie?! Sie wagen es…“ „Es war nichts, was ich nicht schon unzählige Male gesehen hätte.“, viel er ihr ins Wort „Und, nun ja, ich habe auch schon besseres gesehen.“, fügte er noch hinzu. „Was erlauben Sie sich? Sie elender Macho! Sie kommen jetzt sofort hierher, wo ich Sie sehen kann!“, kreischte sie mit hochrotem Kopf. Aus seiner Richtung konnte Kate nun ein leises, überhebliches Lachen hören gefolgt von einem: „Nun gut, wie Sie wünschen…“ Danach kam er langsam aus dem Schatten der Türe auf sie zu. Kate erschrak, als sie den grossen Mann mit den breiten Schultern und der schmalen Hüfte sah. Seine Haut war sehr blass und seine pechschwarzen Haare gingen ihm bis weit unter die Schulterblätter. Er trug einen schwarzen Mantel, der bis zu den Knien reichte und schwarze Hosen mit schwarzen Reitstiefeln. Sein Gesicht war schmal und seine Lippen kaum dunkler als der Rest seiner Haut. Doch das unglaublichste an ihm waren seine Augen. Sie hatten die Farbe des Eises und nur winzig kleine Pupillen, solche Augen hatte Kate noch nie zuvor gesehen. Sie blickten sie an und schienen sie zu durchbohren. Kate hatte unglaubliche Angst vor diesen Augen. Ängstlich und doch interessiert musterte sie ihn von oben bis unten und endlich hatte sie wieder die Macht über ihre Stimme erlangt und gab stotternd von sich: „Wer sind Sie?“ Er blickte sie finster an, verbeugte sich tief vor ihr und sagte dann: “Ich bin Graf Vladislaus Dragulia, Herr des Schlosses Draguls. Und wer sind Sie?“ Am liebsten hätte Kate lauthals losgelacht und ihn gefragt, ob er noch alle Tassen im Schrank hätte und sich über seine Behauptung, der grosse Graf Dracula zu sein lustig gemacht. Doch etwas hielt sie davon ab, es war wohl Angst. Also gab sie ihm die Antwort, die er forderte. „Mein Name ist Kate. Kate O’Donald.“ „Nun gut, Miss Kate, ich würde Ihnen sehr gerne, meine Burg und mein Land, Transsilvanien, zeigen. Es wäre mir also eine grosse Ehre, wenn Sie mir diese Bitte nicht abschlagen würden.“ Als sie das gehört hatte konnte sie nicht mehr anders und fing lauthals an zu lachen: „Du willst mir jetzt wirklich weismachen, dass du der grosse Vampir, Graf Dracula bist und ich hier in Transsilvanien auf deiner Burg bin? Hei Junge, was hast du heute Morgen geraucht?!“ Er sah Kate an, sein Mundwinkel verzog sich zu einem schmalen, überheblichen Grinsen, dann drehte er sich um und ging zur Tür. „Es wäre besser, wenn Sie es sich mit mir nicht verscherzen würden, meine Dame, denn wissen Sie, Sie werden eine lange Zeit hier bleiben und ich werde weit und breit der einzige sein, mit dem Sie reden können… Ich habe Ihnen ein Gewand hingelegt“, sagte er und zeigte auf einen Stuhl neben Kates Bett, „es müsste Ihnen passen.“ Und mit diesen Worten schloss er hinter sich die Türe und die Vorhänge sprangen wieder auf. Kate sass im Bett, ihre Augen waren auf den Stuhl mit dem Kleid gerichtet und sie überlegte sich, was gerade passiert war. Auf einmal hallte im ganzen Zimmer seine Stimme wieder: “Vielleicht sollten Sie ihren Hals einmal etwas genauer betrachten, dann werden Sie feststellen, ob ich wirklich der bin, für den ich mich ausgebe.“ Kate sprang aus dem Bett und blickte um sich, um irgendwo einen versteckte Lautsprecher oder etwas Ähnliches zu finden, doch da war nichts. Sie folgte ängstlich seiner Aufforderung und ging zu dem grossen Spiegel, der an der linken Wand neben ihrem Bett war. Dort strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und betrachtete ihren Hals im Spiegel. Da, auf der rechten Seite, da waren zwei kleine Löcher, kaum grösser als ein Reiskorn. Vor lauter Schreck ging Kate zu Boden und wurde ohnmächtig…

Als sie wieder zu Bewusstsein kam, lag sie wieder im Bett, doch diesmal war sie nicht alleine, er war da. Er sass auf dem rechten Rand des Bettes und drückte einen Lappen in einer Wasserschale, die auf dem Nachttisch stand, aus. Er legte sie ihr auf die Stirn, und als er bemerkte, dass sie wieder wach war, sagte er: „Sie sind wirklich sehr schreckhaft, meine Dame. Vielleicht hätte ich es Ihnen etwas schonender beibringen sollen.“ Kate sah in seine eisblauen Augen, die finster auf den Lappen blickten, mit dem er ihre Stirn abtupfte. „Warum tun Sie das?“, fragte sie ihn. Trocken und ohne irgendein Gefühl antwortete er ihr: „Nun, ich pflege mein Futter…“ Wieder kam dieses komische Gefühl in Kate hoch und am liebsten wäre sie gleich wieder in Ohnmacht gefallen, doch sie versuchte diesen Satz von eben einfach zu ignorieren und fragte ihn weiter: „Warum haben Sie mich hierher gebracht? Warum haben Sie mich nicht einfach getötet und mein gesamtes Blut getrunken?“ „Ich muss ehrlich gestehen, das hatte ich vor.“, gab er ihr zur Antwort und fuhr dann fort: “Ich wollte Sie wirklich töten, aber ich wäre ein Narr gewesen, wenn ich Euer ganzes Blut auf einmal getrunken hätte, denn dann wäre mir diese Gaumenfreude nur ein einz'ges Mal vergönnt gewesen. Sie müssen wissen, ich hatte schon so lange kein Blut von solcher Reinheit mehr. Die Zeiten haben sich geändert, die Menschen verändern ihr Blut durch irgendwelche stimulierenden, Hirn vernebelnde Mittelchen, die sie für kurze Zeit aus dieser, ihnen so verhassten Welt entreissen, die sie sich im Grunde alle selber geschaffen haben. Doch dies zerstört für unser eins den Wert und den Geschmack des Blutes. Es ist zu einer wahren Seltenheit geworden, dass ein einziger Mensch alleine es vermag, mir das gewünschte Sättigungsgefühl zu bescheren. Doch von Ihrem delikaten Blut reichen schon wenige Tropfen, um meinem Hunger für mehrere Stunden Einhalt zu gebieten.“ „Soll ich mich darüber freuen oder nicht?“, fragte Kate ihn etwas unsicher weiter. „Oh, es sollte für Sie wahrlich eine Ehre sein, ein solches Kompliment zu bekommen, zumal ich für meinen äusserst wählerischen Gaumen bekannt bin.“, antwortete er ihr und Kate schien, als hätte sie da einen kleinen Funken eines freundlichen Lächelns in seinem ernsten Gesicht gefunden. Doch das war sicher nur Einbildung, denn sie sah ihn nur ein einziges Mal mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Doch bevor sie das sieht, wird noch so einiges vergehen müssen.

Eine zeitlang starrten sie einfach nur so aneinander vorbei. Kates Gesicht war zur Türe gerichtet und er achtete darauf, dass der Lappen auf ihrem Kopf nicht austrocknete. Er kümmerte sich wirklich rührend um sein Essen und obwohl er ein Vampir war - und er offen gestanden hatte, dass Kate ihm für lange Zeit als Futter dienen würde - hatte sie keine Angst mehr vor ihm. Sie konnte es sich eigentlich selber nicht genau erklären und so schob sie es, nach reiflicher Überlegung, auf eine verborgene Hypnosetechnik von ihm, die ihr Unterbewusstsein steuerte, ab. Plötzlich kam ihr eine Frage wieder in den Sinn, die ihr eigentlich schon länger auf der Zunge brannte. „Waren Sie es? Haben Sie alle diese Menschen in dieser Gasse umgebracht?“ Kate fragte ihn ohne dabei ihren Blick von der Türe abzuwenden und dennoch merkte sie, wie er sie verdutzt ansah. Dann antwortete er ihr: „Meine Dame, Sie sollten eigentlich erkennen, dass diese Menschen auf gar keinen Fall die Opfer eines Vampirs gewesen sein können. Ein Vampir pflegt einen gewissen Stil, was seine Jagd betrifft. Nein, ein Vampir würde niemals einen Menschen derartig zurichten, dies bietet uns keine Befriedigung. Das muss ein Mensch gewesen sein. Schliesslich seid ihr die einzige Spezies, die aus purer Freude und zum eigenen Vergnügen tötet, ihr nehmt nicht einmal Rücksicht auf eure eigenen Artgenossen. Jedes andere Lebewesen tötet um zu überleben und dann auch nur soviel, wie es sein Hunger befiehlt.“ „Da haben Sie Recht. Aber warum waren Sie dann da?“ „Ich habe nach einem Menschen mit reinem Blut gesucht.“, antwortete er kurz. Und wieder verfielen sie in Schweigen. Plötzlich stand Dracula auf, nahm die Schale mit dem Lappen vom Nachttisch und drehte sich zu Kate um. „Ich hoffe, Sie fühlen sich wieder besser. Nun, es ist jetzt Nacht, die beste Zeit um Ihnen Ihre neue Heimat vorzustellen. Mein Angebot steht noch. Ich erwarte Sie in fünfzehn Minuten vor Ihrem Gemach.“ Mit diesen Worten drehte der Vampir sich ab und ging zur Tür hinaus. Kate setzte sich auf, zog die Beine an, legte ihren Kopf auf die Knie und überlegte sich, was sie jetzt tun sollte. Würde es überhaupt etwas nützen, wenn sie nicht gehen würde? Er würde sie bestimmt dazu zwingen. Dazu kam noch, dass sie ja, so wie es aussah, sowieso keine andere Möglichkeit hatte, denn sie wusste ja noch nicht einmal genau, wo sie war. Also stand sie auf und zog das Kleid an, welches er ihr gegeben hatte. Es war ein schönes, weinrotes Kleid, wohl schon recht alt mit goldenen Knöpfen und einem, mit goldenen Pajetten bestickten Dekoltee. Die Schultern waren frei und die Ärmel gingen unten weit auseinander. Ein richtiges altes Burgkleid.

Neben dem Schrank befand sich eine Tür und als Kate sie öffnete, trat sie in ein wunderschönes Badezimmer mit goldenen Hähnen und Marmorboden. Kate wusch ihr Gesicht und fand dann auch noch eine Bürste und einige Haarklammern und gleich daneben eine Zahnbürste. Sie fragte sich, ob er das wohl für sie hingelegt hatte und musste bei dem Gedanken kichern.

Als Kate die schwere Türe öffnete erwartete Dracula sie bereits. Er lehnte an der linken Wand des grossen Flures, der unendlich lang zu sein schien. An den Wänden waren duzende Bilder mit prunkvollen Rahmen aufgehängt und ein roter Teppich führte durch den ganzen Flur. Riesige Kronleuchter erhellten alles und warfen ein wunderschönes Licht an die hohe, gewölbte Decke, die aus einem einzigen Gemälde zu bestehen schien. „Es ist wunderschön.“, sagte Kate und bestaunte alles mit offenem Mund und riesigen Augen. Er stiess sich von der Wand ab und sagte dann: „Es freut mich, wenn es Ihnen gefällt.“ Dann streckte er Kate höfflich seine rechte Hand entgegen, die linke hatte er hinter dem Rücken und verbeugte sich vor ihr. „Bitte, lassen Sie mich Ihnen meine Heimat zeigen.“ In diesem Moment bekam Kate eine leichte Röte im Gesicht. Sie war es sich nicht gewohnt, so höflich behandelt zu werden. Kate versuchte sich so damenhaft wie möglich zu benehmen. Wobei sie sich an einige Filme hielt, die sie einmal gesehen hatte. Sie machte einen Knicks vor ihm, gab ihm ihre Hand und sagte: „Mit dem grössten Vergnügen.“ Dann führte der Vampir sie den langen Flur entlang bis zu einer marmornen Treppe, die in der Mitte des Flures war und nach unten ins Erdgeschoss führte. Im Erdgeschoss schien es nur eine Art riesige Empfangshalle zu geben, welche mit prunkvollen Statuen und Gemälden an den Wänden ausgeschmückt war. Das riesengrosse Eingangstor öffnete sich langsam wie von Zauberhand, als die beiden in seine Nähe kamen und zeigte ihnen ein wunderschönes, in Mondlicht getauchtes Märchenland.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2005-08-04T18:07:56+00:00 04.08.2005 20:07
Ich hoffe, du schreibst noch weiter an deiner story! Der Anfang ist schon nach meinem Geschmack *gg*
LG


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