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Rosewood Manor

Sallust Inc. Teil Drei
von

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Die Morgensonne lässt das Grün der Blätter und Gräser unbeschwert fröhlich wirken. So fremd. Möglicherweise liegt das Fremde dieser Szenerie für mich ganz einfach daran, dass wir lange nicht mehr hier waren.
 

C. hockt auf der Erde und scheint sich ganz auf die kleinen weißen Blumen zu konzentrieren, die vor ihm aus der Erde sprießen. Seine Umwelt nimmt er kaum noch wahr, nicht einmal den Schmetterling mit den bunt schillernden Flügeln, der auf seinem Haupt gelandet ist, bemerkt er. Manchmal ist er so ein Kind... Reglos sitzt er da und lässt mich leicht lächeln. Wie skurril, dass ein Cyborg derart naturverbunden sein kann.

Ich beschließe, mich anderen Dingen zu widmen, nämlich dem Sammeln von Kräutern, die ich für meine derzeitigen Forschungen benötige. In meinem Koffer habe ich ein Handbuch über Heilpflanzen, jedoch hilft mir dieses reichlich wenig, da die meisten der darin aufgelisteten Gewächse längst ausgestorben sind. Das Buch stammt genauso wie der gesamte Inhalt meines Koffers aus vergangenen Zeiten.

Bei jedem Schritt raschelt das Laub unter meinen Füssen. Vertrocknete Blätter zerbröckeln in ihre Einzelteile. Hinter mir höre ich leise, vorsichtige Schritte. Ich muss wohl sehr in Gedanken versunken gewesen sein, dass ich nicht früher bemerkt habe, dass C. mir gefolgt ist. Warum er das tut? Ich weiß es nicht. Er ist viel älter als ich, er liebt mich auf eine Art und Weise, die wohl auch etwas mit der Liebe eines Vaters zu seinem Sohn zu tun hat.

Langsam gehe ich Richtung Rosengarten. Wer auch immer die Rosen einst angepflanzt hat, muss ein großer Naturliebhaber gewesen sein. Die alten Sorten waren schon zu früheren Zeiten eine Seltenheit, jetzt wachsen sie kaum noch anderswo. Nur in meinem Garten blühen sie von der Schneeschmelze bis zum ersten Frost. Die Rosenstöcke haben nicht mehr viel mit gewöhnlichen gemeinsam. Wie junge Bäume wachsen sie beinahe mannshoch in pedantisch regelmäßig angelegten Beeten und brauchen viel Pflege. Ich kümmere mich gerne um sie, jeden Tag. Unter meiner Pflege sind sie noch schöner geworden.

Neben dem Rosengarten habe ich ein kleines Kräuterbeet angelegt. Gartenarbeit entspannt mich und hilft mir, all die Dinge zu vergessen, die ich Tag für Tag sehen muss. Auch in diesem Beet herrscht vollkommene Ordnung. Ich habe Sand um die einzelnen Pflanzen gestreut, damit sie nicht von Schnecken zerfressen werden. Jedes winzige Unkraut, das seinen Kopf aus der schwarzen Erde streckt, wird gnadenlos von mir ausgejätet. Klarheit und Struktur sind mir wichtig, denn in meinem Inneren herrscht das Chaos.

Unter dem Rosengarten liegt ein Grab. Ein junges Mädchen liegt hier unter der Erde, wer es getötet hat, will es mir nicht sagen. Es stört mich nicht, wenn ich hier arbeite. Nur manchmal versteckt es meine Gartengeräte.

Ich gehe neben dem Kräuterbeet in die Knie und untersuche den Feuersalbei, den ich erst vor kurzem gepflanzt habe. Er blüht rot und ich weiß, dass ich ihn bald ernten kann. Dann bin ich in der Lage, berauschende Mittel zuzubereiten. Durch seine faszinierende Wirkung wird er mir helfen, meine Ängste zu überwinden und mich zu entspannen. Ich muss lächeln, als ich daran denke.

C. lässt sich neben mir nieder. „Weichst du mir aus?“, fragt er sanft und legt den Kopf schief.

Tue ich das? Vielleicht. Aber zugeben werde ich es nicht, das kann ich nicht. Also schüttle ich den Kopf, lächle und versuche so seine Gedanken zu zerstreuen.

Er scheint mir zu glauben und sieht mich liebevoll an, doch seine blauen Augen bleiben nachdenklich. Er kennt mich viel zu gut, hat mich aus dem Sumpf gezogen und sich um mich gekümmert, als ich noch ein kleiner, verschreckter Junge war. Ich habe ihm nie dafür gedankt, aber ich bin mir sicher, er weiß, wie viel er mir bedeutet.

Vorsichtig berührt C. eines der Rosenköpfchen mit den Fingerspitzen. Unter dieser künstlichen, fast menschenähnlichen Haut verbirgt sich blankes Metall. Ich weiß das, weil ich ihn schon unzählige Male auseinander genommen habe. Ich mag es, ihn von innen zu betrachten. Er ist ein faszinierendes Geschöpf, halb Mensch, halb Maschine. Ein Cyborg eben. Wie es wohl ist, wenn man erwacht und in einen fremden Körper hineingedrängt wurde? Ich kann es mir nicht vorstellen. Aber irgendwann will ich dieses Gefühl auch erleben.
 

Dass C. stark ist und zerstören kann, macht es für mich noch faszinierender, ihm bei seinem Aufenthalt im Rosengarten zuzusehen. Er betrachtet die weißen Rosen. „Sie verändern sich“, murmelt er und sieht mich an. „Sie passen sich dir an.“

Ich starre C. an. Er hat es auch bemerkt. Wann habe ich es bemerkt? Er hat Recht, die Rosen werden mir immer ähnlicher. Wieso ist mir das nicht schon früher aufgefallen? Einige haben rosa Blütenblätter, andere haben schon die Farbe meiner Haare, dieses blonde Weiß angenommen. Das Innere der Rosen ist so rot wie meine Augen. Das ist unheimlich und faszinierend. Ich muss lachen, obwohl mir eher nach Weinen zu Mute ist.

Dass ich es jetzt schon schaffe, die Umwelt nach meinen Wünschen zu verändern, gefällt mir gar nicht.

Das kleine Mädchen flüstert mir unverständliche Worte zu. Vielleicht war sie es, die die Rosen verändert hat? Ich kann nur hoffen, dass es so ist.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  broetchen
2006-05-15T18:13:58+00:00 15.05.2006 20:13
Noch kein Kommentar? oô

Mann - was ist denn hier los? Haben alle das Lesen verlernt, oder wie? ^^; Und ich dachte, ich müsste mir jetzt irgendwas aus den Fingern saugen, weil schon fünf/sechs Leute vor mir hier Kommentare abgegeben haben. *ts* Faulpelze! XD

*räusper* Ehem, ja... also vorweg erstmal: Der Teil hat mir gut gefallen. Kurz irgendwie, aber sehr ansprechend. Der Anfang war besonders schön. Diese Naturverbundenheit von C., wie er so dasitzt, mit seinem Schmetterling auf dem Kopf, und das Gänseblümchen betrachtet... diese Vorstellung hatte irgendwie was. ^__^

Auch die Gedanken des Docs bezüglich der Vergänglichkeit, die ja eigentlich mehr eine Ansammlung von kurzen Anspielungen waren, fand ich schön. Es ist irgendwie komisch, aber die gesamte Szenerie - mit ihrem Sonnenschein und der Natur auf der einen Seite (in deren Mitte der Cyborg (!) hockt) und dem eigentlich meist seltsam unwirklichen und etwas weltfremd wirkenden Doc auf der anderen Seite - hat mir irgendwie ein merkwürdig friedfertiges Gefühl gegeben. *Kopf schief leg* Vielleicht bin ich ein bisschen seltsam? oô *sorg* Aber ich hab mich sehr ruhig gefühlt. ^_^; Uhm... denken wir einfach nicht darüber nach...

Was ich richtig stark fand, war das so ganz nebenbei eingestreute tote Mädchen. Echt, da war ich einen Moment lang richtig geschockt. Ich meine, man WEIß ja von seinen seltsamen Fähigkeiten, aber... Eben erzählt er noch von den tollen Rosen, seinen Kräutern und dem Unkraut, das gnadenlos ausradiert wird, und dann versteckt (platt gesagt) der Geist einer verscharrten Leiche ständig seine Gartengeräte. o_O Boah, so völlig natürlich in die Handlung eingeflochten, dass es fast unheimlich war. Ach, was rede ich: Es WAR unheimlich. Ich saß wie blöd da und dachte: Wie bitte? oô Er klingt, als redet er über einen Hund, der ständig seine Schuhe irgendwo vergräbt! >.< - Krass. *grins*

Na ja, und zu den Rosen zum Schluss sag ich jetzt nichts. Warum sich irgendwelche Pflanzen einem Mann anpassen, der offenbar zwischen Genie und der Schwelle zur absoluten, inneren Labilität wandelt, will ich gar nicht wissen. ^^;

...

Okay, ich WILL es wissen, aber hey: Wir sind erst bei Kapitel 2, richtig? Also Geduld. *grins* Toller Teil. Bitte weiter so! ^__^


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