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Das Zepter des Ra

von

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Eine ungewöhnliche Unterrichtsstunde

Die Morgenröte des neuen Tages war nicht mehr lange entfernt, als mehrere Grüppchen verschlafener Schüler durch die Gänge von Hogwarths stolperten und sich zum See begaben, wo sie die erste Stunde "Geschichte der Zauberei" bei ihrem neuen Professor haben sollten. Waren sie alle bei der Einführungsstunde noch mehr oder weniger neugierig wegen der ungewöhnlichen Zeit für eine Unterrichtsstunde gewesen, so herrschte doch bei dem Großteil der Jugendlichen gerade Schlaftrunkenheit vor - so auch beim Goldenen Trio von Gryffindor.
 

Hermine war schon am wachesten von den drei Freunden, während Ron von Harry am Ellenbogen mitgezogen wurde, damit der Rothaarige nicht der fast überwältigenden Versuchung nachgab, in einer der Nischen des Ganges eine Schlafpause einzulegen. Rons unwilliges Gemurmel darüber, zu solch unchristlicher Zeit aus dem Bett geworfen worden zu sein, brachte seine braunhaarige Hausgefährtin dazu, ihm mehr als einen strafenden Blick zuzuwerfen und ihm schließlich vorzuhalten: "Nun warte es doch erst einmal ab, Ron! Ich bin sicher, Professor Mutou hatte seine guten Gründe, uns zum Sonnenaufgang zum See zu bestellen - außerdem dachte ich, daß du durch Bills Arbeit ein ziemliches Interesse an Ägypten entwickelt hättest... nun, jedenfalls ein erhöhtes gegenüber dem Normalfall."
 

Diese Einschränkung ließ Ron indigniert blicken, während Harry schmunzelte. Die unterschiedlichen Auffassungen seiner zwei besten Freunde, was das Lernen betraf, würden sich wohl nie überwinden lassen - doch für ihn waren sie immer wieder Anlaß für heimliches Amüsement, wenn Hermine und Ron sich deswegen freundschaftlich in die Haare gerieten.
 

Doch bevor sich der schwarzhaarige Gryffindor noch als Streitschlichter betätigen mußte, waren sie - in Begleitung mehrerer Mitschüler - in der Nähe des Sees angelangt. Suchend blickte sich Harry um und hielt Ausschau nach Yuugi. Nachdem er von Bills Freundschaft mit dem jungen Mann erfahren hatte, war Harry zu der Überzeugung gelangt, daß etwas an seinem neuen Professor sein mußte, was so unterschiedliche Charaktere wie den Schulleiter, Rons Bruder und auch Remus Lupin anzog. Denn daß Letzterer ebenfalls schon Freundschaft mit Yuugi geschlossen hatte, war für Harry am vorherigen Tag deutlich erkennbar geworden, als der Werwolf gemeinsam mit Bill, Yuugi und dessen ägyptischer Freundin losgezogen war. Das lebendige Funkeln in den bernsteinfarbenen Augen und das gelöste Wesen des alten Freundes seiner Eltern war Harry beim Abendbrot ebenfalls nicht entgangen - Yuugi schien Remus gutzutun. Und dies verschaffte dem jungen Professor Pluspunkte bei Harry.
 

Während Harry in seine Gedanken versunken gewesen war, hatten sich weitere Schüler bei ihnen versammelt, so daß inzwischen fast der gesamte Jahrgang anwesend war. George und Fred tauchten gerade an Rons Seite auf, während sie leise, aber heftig über etwas diskutierten. Harry konnte nicht alles verstehen, daher nahm er sich vor, die Beiden bei nächster Gelegenheit nach Einzelheiten zu befragen.
 

Die Stimme eines seiner Mitschüler, der nach dem Verbleib ihres Professors fragte, ließ sich Harry erneut in der langsam aufhellenden Dunkelheit nach dem Gesuchten umsehen. Doch er konnte Yuugi nirgendwo entdecken und auch der Rest der Siebentkläßler schien irritiert vom Fehlen des Professors. Dann entfuhr Hermine neben ihm jedoch auf einmal ein Aufkeuchen des Erstaunens, welches kurz darauf von mehreren anderen Schülern wiederholt wurde.
 

Ein rituell klingender Gesang war vernehmbar, erst leise, doch stetig an Kraft und Intensität gewinnend. Keiner der Schüler war in der Lage, den Inhalt der Worte zu verstehen, da der Sänger sich des Ägyptischen bediente - doch der Ernst und die Kraft in den fremdartigen, melodisch ineinander verwobenen Tönen zog sie in seinen Bann.
 

Erstes Rot mischte sich in den dunklen Himmel, als am Horizont die Sonne emporzusteigen begann, um für einen weiteren Tag ihre Wanderung anzutreten. Und nun wurde auch die Gestalt dessen sichtbar, welcher die Schüler mit seinem Gesang so zu fesseln vermochte. Während die Töne weich, andachtsvoll und klar in den kühlen Morgen hinaufschwangen, als wollten sie die Sonne begrüßen und auf ihrem Weg in den Himmel hinauf begleiten, konnten Harry und der Rest seines Jahrgangs ihren neuen Professor nicht weit von ihnen entfernt dastehen sehen.
 

Der Gryffindor wunderte sich für einen kurzen Augenblick, wie ihm die Anwesenheit Yuugis hatte entgehen können, da der junge Mann nur wenige Meter von den Schülern entfernt war - doch dann verlor sich dieser Gedanke in purer Faszination. Denn nicht nur der Gesang, den ihr junger Professor angestimmt hatte, war merkwürdig anrührend, auch seine Kleidung war fremdartig und lenkte die Aufmerksamkeit auf ihn. In den sich nun minütlich weiter aufhellenden Himmel stieg die Sonne auf wie ein großer, rotorange glühender Feuerball und schickte ihre Strahlen wie liebkosend über die hochgewachsene schlanke Gestalt, welche ihr seine Morgengrüße in Form eines uralten Gebets entbot.
 

Gold glänzte auf, als Sonnenstrahlen sowohl von der Spange als auch den blonden Strähnen in Yuugis dreifarbigem Haar reflektiert wurden. Auch die Armreifen sowie das goldene Puzzle fingen das Licht der aufgehenden Sonne ein, um es dann wie eine strahlende, helle Aura um die Gestalt ihres Trägers zu verbreiten. Dies, gekoppelt mit der traditionellen ägyptischen Tracht, bot den anwesenden Schülern ein Bild, welches sie nicht so rasch wieder vergessen würden. Vielmehr fühlten sie unwillkürlich Ehrfurcht, als sie die hochgewachsene, schlanke Gestalt in den zeremoniellen Gewändern beobachteten und die starke Ausstrahlung von Würde und Macht spürten, die gerade von ihr ausging.
 

So herrschte auch noch mehrere Minuten andächtige Stille, nachdem der Gesang verklungen war und die Sonne, welche in einem prächtigen Farbenspiel von feurigem Rot über dunkles Orange hin zu Gold gewechselt hatte, nunmehr rasch dem Zenit entgegenstrebte. Es war fast, als hätte das ägyptische Lied dem Himmelskörper erst die nötige Kraft dafür verliehen.
 

Der Großteil der Schüler war entweder in die Betrachtung ihres jungen Professors in seiner wiederum ungewöhnlichen Kleidung versunken oder fasziniert vom Farbenspiel des Sonnenaufgangs. Weder Ersteres noch Letzteres war etwas, was sie schon oft gesehen hatten.
 

Yuugi, welcher in seiner Geistform ein paar Schritte entfernt von Yami stand und somit sowohl seinen Seelenpartner als auch die Schüler im Blick hatte, lächelte zufrieden. Seine Idee war anscheinend ein voller Erfolg gewesen, bedachte man die eindeutig faszinierten Gesichter, in denen Bewunderung und manchmal sogar fast Ehrfurcht geschrieben stand.
 

Yami und er waren schon früh auf gewesen, da Yuugi zu aufgeregt vor seiner ersten Unterrichtsstunde war, als daß er lange hätte schlafen können. Daher waren sie schon so zeitig am See gewesen, daß sie in aller Ruhe ein paar leichtere Trainingsübungen durchführen sowie Yuugis Kontrolle der Schattenmagie stärken konnten, bevor es Zeit wurde, in der nahenden Morgendämmerung auf ihre Schüler zu warten.
 

Yuugi hatte Yami die Kontrolle überlassen, als sie beide die Schüler nahen spürten. Nachdem seine dunkle Hälfte ihm so großzügig bei der Umsetzung seiner Idee half, wollte Yuugi ihm auch die daraus resultierende Bewunderung nicht verwehren. Ihm verschlug es regelmäßig den Atem, wenn er dabei war, wenn der ehemalige Pharao seine morgendlichen Gebete an Ra richtete - für Yuugi kam dann das wahre Sein seines Yamis am deutlichsten zum Ausdruck. Der Ernst, der Glaube an das Lichte und Gute, aber auch die Königlichkeit seines Seelenpartners ließen sich Yuugi dann manchmal fragen, ob wirklich er der Hikari ihrer Bindung war.
 

Um den Schülern einen Eindruck von der Besonderheit dieses Augenblicks zu vermitteln und gleichzeitig einen passenden Einstieg in ihren Unterrichtsstoff zu haben, hatte Yuugi sich in seine Geistform versetzt, als Yami seinen Gesang begann. Während der Pharao kurz darauf völlig in seinem Gebet aufging und die faszinierten Schüler unbeachtet ließ, wirkte Yuugi ein wenig seiner Magie und ließ die Schatten um Yamis Gestalt herum sich auflösen, damit der Pharao mit den ersten morgendlichen Strahlen sichtbar wurde. Und anhand der sofortigen Reaktion erkannte der Hikari zufrieden, daß seiner ,Show' ein glänzender Erfolg beschieden war. Doch bei Seto hatte Yuugi gelernt, daß ein gelungener Auftritt manchmal schon die halbe Miete ausmachte.
 

Yuugi ließ die Schüler noch für einige Momente ihre Eindrücke sortieren und trat auf seinen Seelenpartner zu, um diesem von hinten zärtlich die Arme um den Körper zu schlingen. Der Pharao blieb völlig still stehen, so daß niemandem etwas auffallen würde, doch als er Yuugis Bewunderung und Dankbarkeit darüber, daß er etwas so Privates wie seine Gebete an den ägyptischen Sonnengott dieses Mal ,öffentlich' praktiziert hatte, über ihr Seelenband spürte, sandte Yami nachsichtige Wärme und Liebe zurück. Er wußte, wie sehr Yuugi die Augenblicke genoß, wenn er seine Gebete verrichtete - es schien auch jedes Mal seinen Hikari wieder ins Gleichgewicht zu bringen, gemeinsam mit Yami dem Sonnenaufgang zuzusehen.
 

/Danke, itoshii. Dieses Ritual geht mir immer wieder unter die Haut./
 

//Gern geschehen, Aibou. Normalerweise ist das öffentliche Morgengebet ja eine Aufgabe der Priester, doch ich glaube kaum, daß Seto willens gewesen wäre, eine solche Zeremonie durchzuführen, um deine Schülerschaft auf das Thema deines Unterrichts einzustimmen.//, endete der ehemalige Herrscher humorvoll.
 

Ein mentales Lachen hallte durch die Seelenverbindung, bevor Yuugi antwortete. /Wohl kaum, Yami. Doch ich hoffe, daß Seto eines Tages verstehen wird, wie wichtig seine Vergangenheit für ihn ist - trotz der Dinge, welche wir bis jetzt über seine vorherige Inkarnation erfahren haben. Ich kann nicht glauben, daß Seth dich damals wirklich verraten hat.../
 

//Yuugi. Für dieses Thema ist jetzt nicht der richtige Augenblick. Wenn mein Gedächtnis erst wieder vollständig zurückgekehrt ist, werden wir auch die ganze Wahrheit über Seth und seine Handlungen kennen. Bis dahin vertraue deinem Instinkt und höre auf das, was dein Herz dir sagt. Doch jetzt solltest du deine Unterrichtsstunde halten, Hikari.//
 

/Wie mein Pharao befiehlt/, scherzte Yuugi und umarmte Yami noch einmal, bevor er in seinem Seelenraum verschwand und von dort aus wieder die Kontrolle über seinen Körper übernahm. Das Sonnenlicht, welches sich auf der goldenen Pyramide brach, verbarg das kurze Aufleuchten des Puzzles, als der Tausch vollzogen wurde und nunmehr Yami in seiner nur für Yuugi sichtbaren Form neben diesem erschien, um zuzusehen, wie sein Aibou seine erste Unterrichtsstunde abhielt.
 

Dann wandte sich Yuugi um und trat näher an die Klasse heran, woraufhin die Schüler Einer nach dem Anderen ihre volle Aufmerksamkeit auf ihn lenkten. Yuugi sah die Faszination und das Interesse, welches Yamis Gebet geweckt hatte, in mehr als einem Augenpaar blitzen und ein warmes Lächeln legte sich auf seine Züge.
 

#Guten Morgen#, grüßte er auf Ägyptisch, um dann Englisch fortzufahren: "Ich begrüße euch zu unserer ersten gemeinsamen Unterrichtsstunde und hoffe, daß euch der wunderschöne Sonnenaufgang dafür entschädigt hat, daß ihr so früh aufstehen mußtet. Doch ihr braucht nun wirklich nicht die ganze Zeit zu stehen - setzt euch ruhig. Als geübte Zauberer und Hexen dürfte es für euch ja kein Problem sein, für eine passende Unterlage zu sorgen."
 

Nach diesen Worten herrschte für ein paar Minuten ein kleines Durcheinander, als mehrere der Schüler ihre Zauberstäbe zückten und für sich und ihre Freunde Kissen oder Decken herbeizauberten. Währenddessen hatte sich Yuugi seine helle Djellabah gegriffen und ebenfalls übergeworfen, denn es war so früh doch noch empfindlich kalt. Vor allem, da Yami und er die letzten Monate im viel wärmeren Klima Ägyptens verbracht hatten. Eigentlich trug er ja am liebsten seine bequemen Ledersachen und seinen langen dunkelblauen Mantel, doch in seinem Unterricht wollte Yuugi nicht nur die Geschichte Ägyptens, sondern auch alltäglichere Themen behandeln. Und dazu gehörte nun einmal auch die passende Kleidung.
 

Kaum kehrte langsam Ruhe ein, leistete eine Schülerin dem Fortgang der Stunde dadurch Vorschub, indem sie ihren Arm hob und auf Yuugis Nicken hin fragte: "Was war das eben für ein Gesang, Professor? Es klang sehr...sehr schön, Sir." Die letzten Worte hatte sie nur noch sehr leise gesagt, als sie die Blicke ihrer Freundinnen bemerkte und sie errötete leicht.
 

Yuugi hingegen lächelte und erwiderte: "Das war ein Sonnengesang. Ein Gebet, wie es in Ägypten zu Zeiten der Pharaonen üblich war. Mit Gebeten wie dem, das ihr gerade gehört habt, begrüßte man die Sonne am Morgen, wenn sie ihren täglichen Lauf über den Himmel begann. In der Verkörperung der Sonne ehrte man Ra, den obersten Gott Ägyptens."
 

Hier verstummte Yuugi kurz, doch sofort schnellte Hermines Arm nach oben und sie fragte: "Ist diese Art von Gebet nur für diesen einen Gott bestimmt gewesen, Professor? Ich habe gelesen, daß in den alten Kulturen oftmals viele Götter nebeneinander existierten."
 

"Das ist richtig, Hermine", antwortete Yuugi und erläuterte: "Auch im Alten Ägypten gab es viele verschiedene Götter, welche unterschiedlichen Bereichen zugeordnet wurden, für die sie zuständig waren und für welche man von ihnen Schutz oder Hilfe erflehte. Je nach Bedeutung für das Leben der Bevölkerung erlangten diese Götter einen höheren oder niedrigeren Status in der Hierarchie.

So war Ra stets ein sehr bedeutender Gott für die Menschen Ägyptens - er war ihr oberster Gott. Er verkörperte die Sonne, welche Tag für Tag mit ihrer Wärme und ihrem Licht Schutz vor der Kälte und Dunkelheit gab, die Pflanzen auf den Feldern zum Wachsen brachte und somit den Menschen und Tieren Nahrung spendete. Außerdem stand er als Schutz vor der Finsternis - dem Bösen - welches sowohl in Form eines Krieges mit den Nachbarländern oder auch als Naturkatastrophe über das Land hereinbrechen konnte. All diese Attribute machten Ra zum Beschützer Ägyptens und ihre Könige, die Pharaonen, bezeichneten sich selbst als "Söhne des Ra", um ihre Verbindung zum Vater der Götter zu verdeutlichen."
 

"Aber was hat das damit zu tun, daß wir so früh aufstehen mußten, um dem Sonnenaufgang zuzusehen?", wollte eine leicht mißmutige Stimme von weiter hinten wissen. "Es hätte doch auch gereicht, uns das so zu erzählen."
 

Yuugi schmunzelte erneut. "Ich sehe schon, viele von euch sind nicht gerade Frühaufsteher. Doch ich bin der Meinung, daß man die Pracht eines Sonnenaufgangs nicht beschreiben kann; vielmehr man muß sie selber erleben, um die Ehrfurcht begreifen zu können, welche die alten Ägypter besonders der Sonne entgegenbrachten. Denn wie willst du jemandem erklären, wie schön es für dich persönlich ist, dem Wechsel der Farben beim Aufgehen zuzuschauen; wie belebend es sich anfühlt, die ersten morgendlichen Strahlen auf deiner Haut zu spüren und ihr Licht in dich aufzunehmen?"
 

Yuugi schüttelte den Kopf und meinte: "Schönheit kann man nicht erklären. Und darum auch nicht die Ehrfurcht und Bewunderung, welche ihr Anblick in uns auslöst. Jeder von uns hat eine andere Meinung von Schönheit, die er zwar versuchen kann, mit Worten auszudrücken - aber dennoch wird derjenige doch nie hundertprozentig vermitteln können, was er empfindet, wenn er die Person oder den Gegenstand betrachtet, welchen er als schön ansieht.

Aus diesem Grund habe ich diese unsere erste gemeinsame Stunde auf die Zeit der Morgendämmerung verlegt - damit ihr euch selbst einen Eindruck verschaffen könnt. Manchen von euch wird ein Sonnenaufgang nicht viel bedeuten; doch vielleicht werdet ihr trotzdem besser verstehen können, wie die Menschen in früheren Zeiten glücklich und dankbar dafür waren, daß die Sonne jeden Tag aufging. Aus dieser Dankbarkeit entwickelte sich die Verehrung für Ra und die anderen Götter - und damit war die Grundlage für eine Religion geschaffen, welche in alle Bereiche des Lebens reichte und den Alltag der Bevölkerung mit den Göttern verband."
 

"Und aus dieser Dankbarkeit entwickelten sich die Gebete - wie das von vorhin?", war eine weitere neue Stimme zu vernehmen. Viele hatten nach Yuugis Worten nachdenklich genickt, da sie nach dem vor wenigen Minuten selbst genossenen Sonnenaufgang seine Erklärung zum Empfinden von Schönheit nachvollziehen konnten.
 

"Ja, die Gebete waren ein Ausdruck dieser Dankbarkeit. Sie machten die Verehrung deutlich, beinhalteten aber auch die Bitten und Nöte der Menschen. Der Sonnengesang zum Beispiel ist ein Dankgebet an Ra, daß er dem Land jeden Tag erneut sein Licht und seine Wärme schenkt. Dieser Gott war ein Sinnbild der Weltordnung, da der tägliche Auf- und Untergang der Sonne sowie der Ablauf der Jahreszeiten - von denen es in altägyptischer Zeit übrigens nur drei und nicht wie heute vier gab - genau bestimmbar und nicht zu beeinflussen war. Ra wurde somit zum Hüter all dessen, was geordnet war und in geregelten Bahnen ablief. Um das Gleichgewicht der Weltordnung jedoch aufrechterhalten zu können, mußte Ra ständig gegen die Mächte der Nacht - und damit der Unterwelt - ankämpfen."
 

Yuugi machte eine kurze Pause, um all das bisher Gesagte einsinken zu lassen, doch als er sah, wie die Schüler mit sichtlichem Interesse an seinen Lippen hingen, lächelte er und fuhr in seinen Ausführungen über Ägyptens Götter fort.
 

"Zahlreiche ägyptische Mythen und Legenden besagen, daß Ra in seiner Tagesbarke in zwölf Stunden über den Himmel reist, wobei er von anderen Göttern begleitet wird. Ihre tägliche Fahrt beginnt am frühen Morgen im Osten und endet am Abend im Westen, wo Ra seine Tagesbarke gegen die Nachtbarke eintauscht, um für die gleiche Anzahl von Stunden durch die Nacht zu fahren. In diesen zwölf nächtlichen Stunden durchquert Ra die Unterwelt, wobei er immer wieder von Apophis, dem Inbegriff des Bösen und Zerstörerischen, angegriffen wird. Apophis ist der Erzfeind der Götter, in Form einer Riesenschlange, welche die Finsternis bewohnt und damit die Nicht-Existenz symbolisiert. Er attackiert die Sonnenbarke in der Hoffnung, sie zum Sinken zu bringen und damit die Schöpfung zu unterbrechen, was wiederum die Welt aus dem Gleichgewicht bringen würde.

Doch Ra hat in seinem Kampf gegen Apophis andere Götter als Helfer. Die wichtigsten davon sind Isis und Seth. Isis beschwört Apophis durch ihre magischen Kräfte herauf und bannt das Ungeheuer, so daß es von den anderen Göttern besser vernichtet werden kann. Seth dagegen gilt zwar selbst als zerstörerischer, teils gewalttätiger Gott; dennoch wird er von Ra persönlich als der Hauptverteidiger der göttlichen Barke gegen die Attacken des Apophis eingesetzt, wodurch er die Harmonie der Weltordnung zu bewahren hilft."
 

Erneut hielt Yuugi inne, um seinen Schülern eine kurze Pause zum Nachdenken zu gewähren. Er hatte gesehen, wie Hermine eifrig mitschrieb als er die Legende von Ras täglicher Reise in der Sonnenbarke zu erzählen begann. Die junge Gryffindor war neben den Ravenclaws jedoch fast die Einzige, welche daran dachte, sich Notizen zu dem Stoff zu machen, den Yuugi ihnen gerade vermittelte. Der Großteil der Klasse wirkte viel zu fasziniert von der lebendigen Art und Weise, wie ihr junger Professor die Erzählungen über die Götter Altägyptens darlegte und vergaßen darüber das Mitschreiben. Doch das störte Yuugi überhaupt nicht, schließlich war es wichtig, daß ihm die Jugendlichen zuhörten und verstanden, was er ihnen über den Glauben und die Religion der Ägypter zu vermitteln versuchte. Daher wies er die Schüler auch nicht auf ihren Lapsus hin, da sie die Informationen zur Not jederzeit in einem Geschichtsbuch würden nachlesen können.
 

Ein Ravenclaw hob nun seine Hand und Yuugi nickte ihm bestätigend zu, woraufhin der junge Mann stirnrunzelnd meinte: "Ihr habt vorhin erzählt, die Ägypter hätten geglaubt, ihre Götter würden sie gegen Gefahren beschützen, ob gegen feindliche Angriffe oder Naturkatastrophen. Aber wie konnten die Menschen weiterhin daran glauben, wenn doch vor allem die natürlichen Katastrophen wie zum Beispiel Überschwemmungen selbst in der heutigen Zeit kaum genau vorhersehbar sind?"
 

"Eine sehr interessante Frage", erwiderte Yuugi und machte es sich auf einer großen Wurzel der Weide, die am See stand, bequem, um nicht weiter auf seine Schüler herabblicken zu müssen. Er wollte den Jugendlichen vielmehr ein Gefühl von Vertrautheit vermitteln, nicht die förmliche Distanz, die eine Unterrichtsstunde - egal ob in der Schule oder beim Studium - zu einer unangenehmen und langweiligen Pflicht machen konnte.
 

"Natürlich vertrauten die Menschen nicht nur allein auf ihre Götter. Sie wußten immerhin, daß nicht alle Götter ihnen unbedingt freundlich gesonnen waren. Daher lernten sie, wie sie selbst ihr tägliches Leben gestalten konnten, indem sie Glauben und Wissen zu ihrem Nutzen miteinander verbanden. Es waren vor allem die Pharaonen, die neben der Religion das förderten, was wir heute als die Anfänge der Wissenschaft erkennen. Und die Ägypter war erstaunlich weit fortgeschritten für ihre Zeit - immerhin liegt die Epoche, über die wir gerade sprechen, bis zu 5000 Jahre in der Vergangenheit."
 

"Beschäftigen wir uns zur Verdeutlichung meiner Worte mit deinem Beispiel", meinte Yuugi zu dem Ravenclaw, welcher die Frage gestellt hatte und nun interessiert zuhörte. "Du hast schon recht, wenn du meinst, selbst heute wären viele Naturkatastrophen kaum vorhersehbar oder gar genau zu berechnen. Auch im Alten Ägypten war man dazu natürlich nicht hundertprozentig in der Lage, doch man versuchte es, da der Nil regelmäßig über die Ufer trat und die Felder der Bauern überflutete.

Der Nil war - und ist es zum großen Teil auch heute noch - die Lebensader Ägyptens. Auch vor 5000 Jahren schon siedelte sich daher der Großteil der Bevölkerung im Nildelta sowie an den Rändern des Flusses an und wartete Jahr für Jahr auf das Eintreffen der Hochflut, die regelmäßig Anfang Juni in Oberägypten und etwa einen Monat später im Delta begann. Ohne das fruchtbare, schlammige Nilwasser, was die Flut mit sich brachte, würden die Pflanzen auf den Feldern vertrocknen und Mensch und Tier im Niltal wären dem Tode geweiht.

Durch die Bedeutung des Nils für die Ägypter begannen sie mit der Zeit, auch in dem Fluß an sich ein höheres, lebensspendendes Wesen zu sehen; den Gott Hapi. Dieser war die Personifizierung des Nil und seiner Fluten - und somit ein Gott der Fruchtbarkeit und des Wohlstands, welcher gnädig gestimmt werden mußte, damit die jährliche Flut genug fruchtbare Erde und Wasser für die Felder mitbrachte.

Aufgrund dieser dunklen Erde bezeichneten die Ägypter ihre Heimat, das Niltal, übrigens als Kemet = das schwarze Land. Die Wüste hingegen hieß bei ihnen "Rotland" und das dort angrenzende Meer trägt noch heute den Namen ,Rotes Meer'. Der Name "Ägypten" hingegen kam erst durch die Griechen auf, die das Land ,Aigyptos' nannten."
 

Yuugi war inzwischen voll in seiner eigenen Faszination für das Land seines Yamis versunken, welcher schweigend ganz in seiner Nähe an dem Baum lehnte, auf dessen Wurzel Yuugi Platz genommen hatte. Yami beobachtete Yuugi bei seinem Unterricht und die Begeisterung seines Hikaris für Ägypten wärmte ihm wie immer das Herz. Doch dieses Mal fühlte der ehemalige Pharao auch Bewunderung dafür, wie es Yuugi mit wenigen Worten gelang, nicht nur für ihn, der Ägypten sehr gut kannte, ein äußerst lebendiges und farbenfrohes Bild von dem Land am Nil zu erschaffen. Auch die Schüler, welche zum allergrößten Teil bis jetzt noch nie einen Fuß auf Ägyptens Boden gesetzt hatten und Yuugi aufmerksam und ungewöhnlich gespannt zuhörten, machten auf Yami den Eindruck, als könnten sie sich aufgrund der Erzählungen ihres Professors eine Vorstellung von den Lebensbedingungen dort machen.
 

"Wie gesagt, warteten die Menschen am Nil mit Sehnsucht auf die große Flut", fuhr Yuugi mit seiner Erläuterung fort. "Wissenschaftlich gesehen wird diese, wie mittlerweile von Forschern herausgefunden wurde, von den Monsunen ausgelöst, die sich im Hochland von Abessinien brechen. Die schlammigen Wassermassen strömten über drei Monate hinweg dem Meer entgegen und erreichten im unterägyptischen Delta etwa im Oktober ihren Höchststand. Anhand der Höhe des Wasserstandes entschied sich, ob das Jahr ein ergiebiges werden würde. Denn blieb die Nilschwelle unterhalb des Normalmaßes, bedeutete dies Dürre und dadurch ausgelöste Hungersnöte. Oberhalb des üblichen Maßes hingegen konnte es zu Dammbrüchen kommen, wodurch Felder überflutet und verwüstet wurden. Ihr seht also, die Nilschwelle war sowohl Segen, denn einerseits brachte er fruchtbare Erde; andererseits waren die Schwankungen des Wasserstandes auch als Fluch zu bezeichnen, denn schon ein wenig mehr oder weniger als das Normalmaß konnte eine Katastrophe für die Bewohner des Nildeltas bedeuten.
 

Damit die jährliche Nilschwemme, welche die Ägypter auch als "Hapis Ankunft" bezeichneten, wunschgemäß ablief, begann man beim Anstieg der Wasser damit, an bestimmten Orten entlang des Flußufers zu beten und Opergaben wie Nahrungsmittel, Amulette oder Statuetten in den Nil zu werfen.

Doch wie gesagt, verließen sich die alten Ägypter nicht nur auf ihre Gebete zu den Göttern, sondern sie nutzten auch technische Hilfsmittel wie die sogenannten Nilometer. Durch diese konnte man die Wasserstände kontrollieren und nach Unterägypten an den Pharao und seine Beamten melden. Die Nilometer sind Brunnen, in denen das Wasser des Nil ebenso aufsteigt wie im Bett des Stromes. Man findet sie noch heute bei archäologischen Ausgrabungen, auch wenn sie zum Teil Jahrtausende alt sind. Anhand der Pegelmarken, welche man angebracht hatte, konnte man den Stand der Wasserhöhe ablesen - in der Zeit der anwachsenden Nilschwelle wurde dies täglich von morgens bis abends von Beamten durchgeführt. Bemerkte man das erste Anzeichen eines Ansteigens, wurde diese Nachricht durch Boten oder Rauchsignale der gesamten Bevölkerung kundgetan, damit diese sich vorbereiten konnte. Man machte sich bereit, das Flußwasser einzudeichen, damit Dörfer und Gärten geschützt blieben. Außerdem leitete man es in Sammelbecken und Kanäle zur Speicherung und Weiterverteilung auf die Felder."
 

Yuugis Erläuterung weckte verschiedene Reaktionen. Manche waren einfach nur fasziniert von Yuugis lebendiger Art zu unterrichten, andere waren hingegen leicht erschlagen von der Fülle an verschiedenartigen Informationen. Diejenigen unter den Schülern, welche muggelgeboren waren, verstanden meist besser als die ihrer Mitschüler, welche aus reinen Zaubererfamilien kamen, daß technische Hilfsmittel wie ein Wasserstandsmesser eine deutliche Erleichterung des Lebens dargestellt hatten.
 

Dennoch prasselten bald von mehreren Seiten Fragen über Fragen auf Yuugi ein, welcher diese mit unendlicher Geduld beantwortete und manche Dinge auch mehrmals erklärte, bis jeder seiner Schüler verstanden hatte, wovon er sprach. Darüber verging, unbemerkt von den Jugendlichen - und auch von Yuugi, der sich darüber freute, wie gut die meisten mitdachten und Interesse zeigten - die Zeit. Erst Yamis Hand auf seiner Schulter und ein gedanklicher Hinweis des Pharaos machte den jungen Mann mit dem dreifarbigen Haar darauf aufmerksam, daß Professor McGonagall in Begleitung von Professor Snape aus Richtung des Schlosses hinter den Schülern aufgetaucht war - was nur bedeuten konnte, daß Yuugi seine Schüler davon abgehalten hatte, den Unterricht seiner Kollegen aufzusuchen. Ein Blick zum Himmel bewies, daß nur noch etwa zwei Stunden bis zur Mittagszeit blieben, was Yuugis Theorie unterstützte.
 

Anhand von Professor Snapes finsterem Blick wurde Yuugi klar, daß der Zaubertrank-Meister es gar nicht schätzte, sich auf die Suche nach seinen Schülern machen zu müssen, wohingegen Professor McGonagall zwar ebenfalls streng blickte, auf Yami und seinen Hikari aber dennoch mehr erstaunt als zornig wirkte. Sie hatte anscheinend nicht erwartet, daß Yuugis Unterrichtsstunde derartiges Interesse bei ihren Schülern wecken würde, daß diese ohne es zu merken länger als nötig blieben.
 

Yuugi erhob sich in einer geschmeidigen Bewegung von seinem Platz, woraufhin nun auch die Schüler darauf aufmerksam wurden, daß jemand hinter ihnen aufgetaucht war, der Yuugis Erzählungen über Ägypten unterbrach. Mehrere der Schüler drehten sich neugierig herum, um diese Person zu sehen - und erschraken, als sie die Hauslehrer von Gryffindor und Slytherin erkannten. Vor allem Professor Snapes Gesichtsausdruck versprach nichts Gutes.
 

Bevor jedoch einer der zwei Neuankömmlinge etwas sagen konnte, trat Yuugi auf sie zu und meinte mit einer leichten Verbeugung: "Ohayo, McGonagall-san, Snape-san. Gomen nasai. Ich bitte vielmals um Entschuldigung, daß ich die Klasse von Ihrem Unterricht ferngehalten habe. Sie waren so aufmerksam und wißbegierig, daß ich ganz die Zeit vergessen habe. Es wird nicht wieder vorkommen."
 

Professor Snape öffnete den Mund zu einer sicherlich wenig freundlichen Antwort, doch bevor er etwas sagen konnte, stoppte ihn Professor McGonagall mit einer Hand auf seinem Arm. Sie musterte Yuugi mit einem kaum sichtbaren Lächeln in ihren hellgrauen Augen, bevor ihr Blick über die Siebentkläßler glitt, welche mittlerweile ebenfalls erkannt hatten, was der Grund für das Auftauchen der beiden Professoren war und sich eilig erhoben.
 

"Guten Morgen, Yuugi", erwiderte Professor McGonagall schließlich freundlich und fügte noch hinzu: "Entschuldigung akzeptiert. Es ist erfreulich, zu sehen, daß Geschichtsunterricht die Schüler zumindest ein einziges Mal wahrlich zu faszinieren wußte - anstatt sie wie sonst einschlafen zu lassen." Der letzte Teil des Satzes ließ viele der Jugendlichen verlegen zu Boden blicken, was nicht nur Yuugi ein leichtes Lächeln entlockte, sondern auch einen Schatten von Amüsement über die Züge der Verwandlungs-Professorin gleiten ließ. Professor Snape hingegen murmelte nur etwas Unverständliches vor sich hin und unterzog Yuugi und dessen fremdländisches Gewand mit skeptisch erhobener Augenbraue einer eingehenden Musterung.
 

Dann sagte er mit seiner kühlen Stimme: "Wer in fünf Minuten nicht in den Kerkern ist, erhält Abzug von Hauspunkten und Strafarbeiten", bevor er herumwirbelte und mit langen Schritten auf das Schloß zuging. Überraschte, unwillige Ausrufe entwichen denjenigen der Schüler, welche die Drohung betraf und die Ravenclaws und Hufflepuffs beeilten sich, ihrem Zaubertrank-Professor zurück ins Innere des Schlosses zu folgen.
 

Der Rest der Klasse seufzte erleichtert auf, daß sie jetzt nicht Zaubertränke auf dem Stundenplan stehen hatten, sondern Verwandlung, denn die Jugendlichen merkten ganz deutlich, daß Professor McGonagall wesentlich ruhiger auf die Störung ihrer Unterrichtspläne reagierte. Yuugi, welcher Professor Snapes abruptem Abgang mit besorgten violetten Augen nachgesehen hatte, wandte sich nun beunruhigt an die ältere Professorin: "Ich hoffe, Snape-san wird die Schüler nicht unter meinem Fehler leiden lassen - sie können schließlich nichts dafür. Es tut mir wirklich..."
 

"Es besteht kein Grund, sich mehr als einmal zu entschuldigen, Yuugi", unterbrach Professor McGonagall Yuugis Rede und fuhr fort: "Und Severus weiß genau, unter welchen Bedingungen er Strafarbeiten verteilen darf und wann dies unangemessen ist. Hab keine Sorge."
 

Yuugi warf einen Blick in Richtung des Schlosses, dann nickte er zögerlich. Die ältere Professorin bemerkte die Sorge, die Yuugi um seine Schüler hegte und erwärmte sich immer mehr für ihren jungen Kollegen, welcher seit seiner Ankunft immer wieder für Überraschungen zu sorgen schien. Das Lächeln in ihren Augen wurde wärmer und nachdem sie den Gryffindor und Slytherins einen bezeichnenden Blick zugeworfen hatte, daß sie sich ebenfalls in Richtung ihres Klassenzimmers in Bewegung setzen sollten, fügte Professor McGonagall noch hinzu: "Ich freue mich, daß Albus dieses Mal anscheinend ein wirkliches Talent im Unterrichten nach Hogwarths geholt hat - in all meinen Jahren an dieser Schule habe ich es bis jetzt noch nicht erlebt, daß die Schüler so reges Interesse an Geschichte - oder einem anderen der Fächer - zeigten." Solch lobende Worte waren selten aus dem Mund der Stellvertretenden Schulleiterin und auch wenn Yuugis dies noch nicht wußte, so war er doch dankbar für die Ermunterung. Ein warmes Lächeln erhellte seine Züge und der Hikari neigte dankbar den Kopf.
 

"Ich gebe mir Mühe, McGonagall-san", erwiderte er bescheiden, woraufhin diese ein kleines Lächeln zurückgab und meinte: "Das habe ich bemerkt. Dennoch ist es eine Gabe, die leider nicht jeder Lehrer besitzt. Professor Binns hat es jedenfalls bis jetzt noch nicht geschafft, die Schüler so in seinen Bann zu ziehen, wenn er von der Vergangenheit spricht. Doch jetzt ist es an der Zeit, daß ich meiner Klasse noch die richtige Handhabung eines Verwandlungszaubers beizubringen versuche, bevor sie in das verlängerte Wochenende starten, das du ihnen verschafft hast, Yuugi", endete McGonagall mit einem Blick in Richtung Schloß, indem inzwischen auch ihre Hälfte von Yuugis vorheriger Schülerschaft verschwunden war.
 

"Viel Glück dabei", wünschte Yuugi ihr mit einem verschmitzten, aber aufmunternden Glitzern in den Augen, als er die kaum wahrnehmbare Nervosität spürte, welche die ältere Professorin bei dem Gedanken an manche Mitglieder des Jahrgangs verspürte, denen sie einen der komplizierteren Zauber zur Verwandlung beibringen sollte. Sie hoffte, es werde nicht zu weiteren Mißgeschicken kommen wie in der letzten Stunde. "Das werde ich vielleicht sogar brauchen", murmelte Professor McGonagall vor sich hin, als sie sich mit einem Nicken von Yuugi verabschiedete und dann auf das Schloß zuging, um endlich - wenn auch ziemlich verspätet - ihre heutige Stunde in Verwandlung abzuhalten.
 

Yuugi hingegen blieb vorerst am See und blickte nachdenklich, aber zufrieden auf das stille Gewässer. Yami trat, noch immer in seiner Geistform, neben ihn und gemeinsam ließen die beiden Seelenpartner Yuugis allererste Unterrichtsstunde noch einmal an ihrem inneren Auge vorbeiziehen. Doch schließlich wandte sich Yami seinem Hikari zu und trat hinter den jungen Mann, um ihn zu umarmen. Sein Kinn auf Yuugis breiter Schulter ablegend, meinte der ehemalige Pharao: //Deine Unterrichtsstunde war ein voller Erfolg, Aibou. Deine Schüler hingen richtiggehend an deinen Lippen, als du über mein Heimatland berichtetest. Ich bin sehr stolz auf dich, Yuugi.//
 

/Danke, Yami. Ich bin froh, daß die erste Hürde genommen ist. Doch viel faszinierter als von meinen Erzählungen waren sie von dir und deinem Gebet. Danke nochmals, daß du eingewilligt hast, es vor den Schülern zu halten...ich weiß, daß du dies sonst nicht tun würdest./
 

//Es ist wahr, daß mein Gebet an Ra für mich eine sehr persönliche Sache ist. Doch du hast du mich darum gebeten, Hikari und du weißt, daß ich dir kaum einen Wunsch abschlagen kann.// Dieses Geständnis wurde begleitet von tiefer Liebe und erhielt dieses Gefühl kurz darauf in gleicher Intensität zurück, was für Yami genug Dank war. //Außerdem versteht niemand außer dir, was ich in meinem Gebet ausdrückte - wodurch meine Privatsphäre nicht gelitten hat, Aibou//, fügte Yami noch gedanklich hinzu.
 

/Das ist auch wieder wahr. Trotzdem danke./
 

//Gern geschehen. Es war schließlich eine wirklich gute Idee, wie wir sehen konnten. Doch trotz aller positiven Entwicklungen, welche diese erste Unterrichtsstunde mit sich brachte, so ist mir trotzdem etwas aufgefallen, was deine Freude trüben wird.//
 

/Du meinst, daß nicht alle meine Schüler anwesend waren?/
 

//Es ist dir also auch aufgefallen, Aibou?//
 

Ein mentales Seufzen klang über die Seelenverbindung, bevor Yuugi antwortete. /Natürlich, Yami. Wie hätte mir gerade das Fehlen der Slytherins entgehen sollen?/
 

//Nicht alle Slytherins fehlten. Nur etwa die Hälfte. Sie testen dich mit allen Mitteln, Yuugi. Doch der blonde junge Mann aus dem Zug war anwesend - und während ich ihn beobachtete, konnte ich ehrliches Interesse bei ihm spüren, auch wenn er sich nicht aktiv an deinem Unterricht beteiligte. Er verbirgt seine Gefühle äußerst geschickt vor Anderen, doch da er nicht sehen konnte, wie ich ihn beobachte, war seine Kontrolle an manchen Stellen mangelhaft.//
 

/Vielleicht hat es etwas mit dem zu tun, was Ishizu vorgestern zu ihm sagte. Ich bin froh, daß er anwesend war, obwohl er so arrogant und abweisend tut. Ich glaube noch immer, daß er in Zukunft wichtig werden wird. Nicht unbedingt für uns, aber dennoch sehr wichtig./
 

//Dann sollten wir mehr über ihn in Erfahrung bringen.//
 

/Nicht nur über ihn, Yami. Auch über Professor Snape. Ich weiß nicht, warum, aber bei ihm habe ich ein merkwürdiges Gefühl./
 

Ein gedankliches Grollen entwich Yami, als er an den abschätzenden Blick zurückdachte, mit dem der Zaubertrank-Meister seinen Seelenpartner vor wenigen Minuten gemustert hatte. Das Verhalten des älteren Professors löste eine Welle von Beschützerinstinkt in Yami aus, der es überhaupt nicht leiden konnte, wenn Yuugi ungerecht oder abwertend behandelt wurde.
 

//Denkst du, er ist eine Gefahr?//
 

/Ich weiß nicht. Eher nicht. Ich spüre keine Bosheit in ihm, auch wenn er äußerlich sehr viel Feindseligkeit und Arroganz ausströmt - und unser Auftauchen hier überhaupt nicht gut aufgenommen hat. Ich glaube, ich verwirre ihn - und das bringt ihn gegen mich auf./
 

//Er sollte aufgeschlossener sein. Außerdem ist sein Verhalten nicht dadurch zu entschuldigen, daß du eine eher ungewöhnliche Ergänzung der hiesigen Lehrerschaft darstellst. Für den Rest der Professoren ist es doch auch kein Problem.//
 

Yamis Verärgerung war für Yuugi deutlich zu spüren, welcher auch sofort erkannte, was genau seinen Seelenpartner so aufbrachte. Der junge Mann lächelte und schloß seine dunkle Hälfte mental in eine Umarmung ein, bevor er flüsterte: /Nur, weil du mich liebst, geht das nicht auch jedem Anderen so, itoshii./
 

//Er soll dich auch gar nicht so lieben wie ich//, kam die leicht besitzergreifende Antwort, während sich Yamis unsichtbare Umarmung festigte. //Doch er soll dir den nötigen Respekt entgegenbringen, Aibou. Das wäre vollkommen ausreichend...auch wenn ihn ein wenig Freundlichkeit nun wahrlich nicht umbringen würde.//
 

Dem konnte Yuugi nicht widersprechen. /Bedeutet das, daß wir ihn im Auge behalten? Ich würde zu gern seine Aura einmal richtig unter die Lupe nehmen. Da waren so viele Schichten, wie ich sie noch nie zuvor bei einer Aura gesehen habe - und mein Gefühl sagt mir, daß wir dieses Rätsel ergründen sollten./
 

//Auf jeden Fall werden wir ihn beobachten; er tut es sicher auch, denn er scheint mir nicht der Typ Mensch zu sein, der leicht sein Mißtrauen ablegt. Und wenn du bei ihm ein merkwürdiges Gefühl hast, ist das ein sicheres Anzeichen dafür, daß irgendwas mit ihm nicht stimmt. Und aufgrund von deinen und Ishizus Visionen halte ich es für das Beste, wenn wir soviel wie möglich über die Personen hier in Hogwarths wissen.//
 

/Da hast du Recht, Yami. Unsere Arbeit hat gerade erst begonnen und doch türmen sich schon die Rätsel vor uns./
 

//Gut, daß du gut im Lösen von ihnen bist. Doch Dumbledore-sama wird sicherlich imstande sein, uns Hinweise in Bezug auf einige dieser Rätsel zu geben.//
 

Yuugi wollte dem ehemaligen Pharao gerade eine Antwort geben, als beide Seelenpartner spürten, wie sich ihnen jemand näherte. Während Yami in seinem Seelenraum verschwand, drehte Yuugi sich herum, um dem Neuankömmling entgegenzublicken. Dieser stellte sich als Fang heraus, der mit freudigen Sprüngen auf den jungen Mann zugestürmt kam. Erst wenige Schritte von Yuugi entfernt bremste der große Hund seine Geschwindigkeit ab, so daß er leicht schlitternd vor Yamis Hikari zum Stehen kam.
 

Yuugi konnte ein amüsiertes Lächeln nicht unterdrücken und kniete sich hin, um Fang sanft hinter den Ohren zu kraulen, was diesem ein wohliges Japsen entlockte. Der junge Hund ließ sich fallen und drehte sich wie ein Welpe auf den Rücken, damit Yuugi ihn am Bauch kraulen konnte, was dieser auch bereitwillig tat.
 

Das Geräusch schwerer Schritte und ein großer Schatten, der über ihn fiel, ließ Yuugi wieder aufsehen und willkommen heißend lächeln, als er Hagrid erblickte. Der Halbriese erwiderte die freundliche Geste mit einem dröhnenden "Hallo", bevor er kopfschüttelnd auf Fang hinabsah, welcher sich leise jaulend verwöhnen ließ. "Er mag Euch wirklich, Yuugi", meinte Hagrid, "Als er Euch eben sah, ist er losgerannt wie ein Wilder. Das macht er sonst nur bei Harry."
 

"Er ist halt noch jung und total verspielt", erwiderte Yuugi mit einem Schmunzeln. Fang sah auf, als würde er verstehen, daß sie über ihn redeten. Dann rollte er sich wieder auf die Beine und erhob sich, so daß er auf Augenhöhe mit Yuugi war. Der braungefleckte Hund schnüffelte an Yuugis Hand, dann leckte er mit seiner rauhen Zunge darüber. Als er dieses Zeugnis seiner Zuneigung jedoch mit Yuugis Gesicht wiederholen wollte, stoppte dieser ihn mit einer sanften Hand auf Fangs Kopf und einem leisen, aber bestimmten Nein.
 

Was Hagrid verwunderte, war die Tatsache, daß Fang sofort gehorchte. Sonst gelang es nur Hagrid selbst, den verspielten großen Hund zu bändigen. Doch die ruhige, warmherzige Art und Weise, wie Yuugi mit Fang umging, ließ diesen wohl zu dem jungen Mann wie zu einem Herrchen aufsehen; zu einem Menschen, dem man gehorchen mußte. Yuugi ließ sich willig zu einem Streicheln und Kraulen verleiten, doch er setzte Grenzen, die Fang akzeptierte.
 

Seine Gedanken führten dazu, daß Hagrid Yuugi wieder genauer in Augenschein nahm, so wie er es schon am Abend des Sortings getan hatte. Doch da war es später Abend gewesen, daher war es nun das erste Mal, daß der Halbriese seinen neuen Kollegen richtig ansehen konnte. Doch er stutzte bei der fremdländischen Kleidung, die Yuugi trug. Dem jungen Mann entging diese Reaktion nicht und mit einem letzten liebevollen Streicheln für Fang richtete sich Yuugi wieder auf, um Hagrid eine Erklärung zu bieten.
 

Als der Halbriese hörte, daß Yuugi seine erste eigene Unterrichtsstunde gehalten hatte, lud er ihn zu einer Tasse Tee in seine Hütte ein. Yuugi nahm die Einladung gern an, denn Yami und er hatten nichts Dringendes vor und der junge Mann fühlte sich in Hagrids Gesellschaft wohl. Auch Fang machte seine Begeisterung deutlich, daß Yuugi noch bei ihnen blieb und tobte auf dem Weg zu Hagrids Hütte um die Beiden herum. Erst ein Befehl von Hagrid machte diesem Treiben ein Ende und Fang folgte ihnen weitaus ruhiger in die Hütte hinein, wo er es sich zu Yuugis Füßen bequem machte.
 

Eine geraume Weile später verließ Yuugi Hagrids Behausung wieder, einen der steinharten Kekse des Halbriesen in der Hand, an dem er vorsichtig knabberte. Das Gespräch mit Hagrid war sehr interessant und aufschlußreich gewesen, denn sein neuer Freund hatte ihm viel über die Personen im Schloß erzählt, ohne daß Yuugi hatte fragen müssen. Hagrid war eine offene, vertrauensvolle Seele - aber dennoch nicht dumm. Das hatte Yuugi anhand der oftmals sehr treffenden Beschreibungen erkannt, welche ihm sein großer Freund von den Charakteren einzelner Leute geliefert hatte. Mit dem Versprechen, an Hagrids nächsten Stunde von "Pflege magischer Geschöpfe" in der nächsten Woche teilzunehmen, machte Yuugi sich auf den Weg ins Schloß, um mit Yami an ihrer Übersetzung der Schriftrollen weiterzuarbeiten.
 

Doch so weit sollte er gar nicht kommen, denn als Yuugi gerade mit langen, geschmeidigen Schritten die Eingangshalle durchquerte, rief ihn jemand an. Aufblickend erkannte Yuugi den Sprecher als Professor Dumbledore, der die Treppe herunter auf ihn zukam und bei seinem Anblick ein Lächeln nicht unterdrückte. Yuugi erwiderte das Lächeln und biß vorsichtig ein kleines Stück von dem Keks ab, der besser schmeckte als er aussah.
 

"Paß auf, daß du dir nicht sprichwörtlich die Zähne daran ausbeißt", lächelte der Schulleiter mit einem Funkeln in den hellblauen Augen, da er Yuugis Aktion beobachtet hatte, während er näherkam. "Mit Hagrids Keksen kannst du jemanden erschlagen, wenn du es darauf anlegst."
 

Yuugi lachte amüsiert, knabberte dann aber noch etwas vorsichtiger an seinem Keks. Yamis Belustigung wegen Dumbledores Worten erntete ihm die Drohung: /Wenn du dich weiterhin so über mich amüsierst, könnte ich mich veranlaßt sehen, Revanche zu üben, Yami./
 

Der ehemalige Pharao hob eine Augenbraue, versuchte aber, sein Lachen im Zaum zu halten, um nicht den ,Zorn' seines Hikaris zu wecken. Dennoch zuckten seine Mundwinkel verdächtig, was Yuugi zu einem gedanklichen Kopfschütteln veranlaßte.
 

Seine volle Aufmerksamkeit wieder Professor Dumbledore zuwendend, der ihn schmunzelnd betrachtete, fragte Yuugi: "Was kann ich für dich tun, Onkel Albus?" Daraufhin erwiderte der weißhaarige Zauberer: "Die Frage ist wohl eher, was ich für dich tun kann, mein Junge."
 

Dies erntete ihm einen fragenden Blick und er fuhr fort: "Eigentlich hatte ich vor, heute in der Großen Halle zu essen - doch da ich sehe, daß du wohl ebenfalls noch nicht zu Mittag gegessen hast, Yuugi, könnte wir das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und gemeinsam in meinem Büro essen, während wir unser Gespräch von vorgestern haben."
 

Yuugi nickte bestätigend, da dies Yamis und seinen Nachforschungen sehr entgegen kam. Auf diese Weise würden Hagrids Charakterisierungen mehr Schärfe bekommen, wenn der Schulleiter Yuugi seine eigenen Beurteilungen dieser Personen gab. Außerdem wollte der junge Mann auch Aufklärung über die besorgniserregenden Schilderungen erhalten, über die er im "Tagespropheten" gelesen hatte.
 

Daher schritten die zwei so ungleichen Männer die Treppe wieder hinauf, welche Professor Dumbledore zuvor herabgekommen war und begaben sich in dessen Büro. Auf dem Weg dorthin begegneten sie Harry, Ron und Hermine, die gerade von ihrer Verwandlungsstunde kamen und zur Großen Halle wollten, um dort zu Mittag zu essen. Professor Dumbledore nickte den drei Gryffindor freundlich zu, während Yuugi ihnen eines seiner warmen Lächeln schenkte, bevor er sich wieder der Unterhaltung mit dem Schulleiter zuwandte. Nachdem die Beiden um die nächste Ecke verschwunden waren, blickten sich die drei Freunde leicht verwirrt an.
 

"Hab ich eben richtig gesehen und Professor Mutou hatte einen von Hagrids Keksen in der Hand?", murmelte Ron vor sich hin. Hermine blinzelte und nickte nur wortlos, wobei sie innerlich betete, daß Yuugi den Genuß des Gebäcks unbeschadet überstehen möge.
 

Harry hingegen starrte für einen Moment blicklos vor sich hin, bevor er sich seinen zwei besten Freunden zuwandte. "Ich glaube, er ist wirklich nett. Ein absolutes Mysterium, aber nett. Jedenfalls hat er innerhalb von wenigen Tagen mit all den Leuten Freundschaft geschlossen, die wir mögen." Auf Hermines und Rons fragende Blicke erklärte er: "Da ist zuerst Professor Dumbledore, den er immerhin Onkel nennt und der sich sehr gefreut hat, ihn wiederzusehen. Dann ist da Remus, der ihn offensichtlich auch mag. Gestern abend war das erste Mal, daß ich Remus richtiggehend fröhlich gesehen habe; jedenfalls seit...", Harrys Augen verdunkelten sich und er stockte. Sirius' Namen erwähnte der schwarzhaarige Gryffindor so selten wie möglich; der Verlust seines geliebten Paten tat für den Gryffindor immer noch viel zu weh, auch wenn inzwischen über ein Jahr vergangen war. Hermine und Ron nickten; sie verstanden, was Harry meinte und nicht aussprechen konnte.
 

Der Gryffindor nickte dankbar und fuhr nach einem tiefen Atemholen fort: "Wie gesagt, zum Schulleiter sagt er Onkel, Remus mag ihn - und dann wäre da seine Freundschaft mit Bill. Und nun auch noch Hagrid. Ihr wißt genau, daß Hagrid nicht jedem seine Kekse anbietet", endete Harry nachdenklich.
 

Ron schwieg zu diesen Ausführungen, denn obwohl er seinem Bruder vertraute, weckte Yuugis Sorting ins Slytherin-Haus doch den Argwohn des Rothaarigen. Zu lange war alles, was mit Slytherins zu tun hatte, ein Synonym für Ärger gewesen, als daß Ron diese Assoziation schnell ablegen konnte. Andererseits hatte Harry gerade gute Argumente aufgelistet, die für ihren neuen Professor sprachen.
 

Und die Unterrichtsstunde des jungen Mannes war alles andere als einschläfernd gewesen, mußte Ron zugeben. Vielmehr war es eine der interessantesten Stunden gewesen, die er bis jetzt erlebt hatte. Yuugis lebhafte, farbige Art über Ägypten zu sprechen hatte Ron deutlich gemacht, wie sehr sein Professor dieses Land und seine Geschichte liebte...ebenso wie Bill, der auch immer ganz enthusiastische Briefe von seiner Arbeit dort nach Hause schrieb.
 

Während Ron ungewohnt still und nachdenklich blieb, hatte Hermine Harrys Überlegung aufgegriffen und meinte nun: "Du hast Recht, Harry. Er ist mit Menschen befreundet oder zumindest vertraut, von denen wir wissen, daß sie auf unserer Seite sind. Und es sind ganz verschiedene Charaktere, die ihn mögen. Der Schulleiter hat von der Wahl seiner Freunde her ein ganz anderen Ansatzpunkt als Bill oder Professor Lupin. Das gleiche gilt auch umgekehrt. Und Hagrid ist schon ein Fall für sich."
 

An dieser Stelle mischte sich Ron gedankenverloren in das Gespräch seiner zwei Freunde. "McGonagall mag ihn auch." Zwei fragende Augenpaare richteten sich auf ihn und er meinte: "Habt ihr nicht bemerkt, wie sie auf die Verspätung reagierte? Sie war kein bißchen verärgert, daß wir nicht pünktlich zu Verwandlung gekommen waren. Ich hatte angenommen, sie würde doch irgendwie negativ reagieren, auch wenn sie Professor Mutous Entschuldigung zuerst angenommen hatte. Doch es geschah nichts, ganz im Gegenteil - sie schien fast besser gelaunt als jemals zuvor, als sie ins Klassenzimmer trat und anfing, zu unterrichten."
 

Harry nickte und meinte dann: "Ich glaube kaum, daß Professor Snape derart reagierte. Er war ja schon am See mies gelaunt. Zum Glück hatten wir danach nicht Zaubertränke, sonst hätte er trotz McGonagalls beschwichtigenden Worten zu Professor Mutou einen Weg gefunden, seinen Frust damit abzureagieren, indem er Gryffindor massenhaft Punkte abgezogen hätte." Dazu konnten Hermine und Ron nur zustimmend nicken. Ungewohnt schweigsam setzten die drei Gryffindor ihren Weg zur Großen Halle fort, während ihre Gedanken sich um den jungen Professor drehten, welcher ihnen aufgrund der Wahl der Leute, welche mit ihm in den letzten Tagen Freundschaft geschlossen hatten, immer sympathischer wurde.
 

Yuugi hingegen ließ sich das köstliche Essen schmecken, welches die Hauselfen Professor Dumbledore und ihm im Büro des Schulleiters serviert hatten. Dabei unterhielt er den weißhaarigen Zauberer mit den Ereignissen des letzten Tages sowie seiner ersten Unterrichtsstunde. Als Yuugi leicht verlegen erwähnte, daß er sogar überzogen hatte, funkelten ihn die hellblauen Augen des Schulleiters fröhlich an. "Daß ist das noch erlebe", meinte Professor Dumbledore lächelnd, "die Schüler scheinen ja wirklich einmal interessiert an Geschichte zu sein. Meinen Glückwunsch, Yuugi."
 

"Danke, oji-san. Doch Snape-san wirkte weniger begeistert über das Interesse an meinem Unterricht. McGonagall-san und er mußten zum See kommen und ihre Schüler abholen, was wohl nicht dazu beitragen wird, daß er mir freundlicher gesonnen ist", erwiderte Yuugi mit einem leichten Seufzen. Professor Dumbledores Lächeln wurde, wenn möglich, noch breiter und er meinte beruhigend: "Nimm Severus und seine leicht ruppige Art nicht schwer, mein Junge, so ist er zuerst zu allen Leuten. Doch daß er seine Schüler nicht schon angstvoll vor ihm zitternd vor der Tür zum Zaubertränke-Klassenraum vorfindet und statt dessen auf die Suche nach ihnen gehen muß, ist ihm wohl wirklich noch nie passiert. Das hätte ich zu gern gesehen", schmunzelte der alte Mann amüsiert.
 

Yuugi konnte sich ein eigenes Lächeln nicht verkneifen, als er den alten Freund seines Großvaters betrachtete, den die Geschichte des Vormittags sichtlich belustigt hatte, ging man von dem Glitzern in den blauen Augen aus. Albus Dumbledore war schon immer ein Mann mit viel Humor gewesen, erinnerte sich Yuugi aus seiner Kindheit.
 

Dann legte Yuugi sein Besteck beiseite und wurde ernster, was seinen Gesprächspartner aufmerksam werden ließ. Auch Professor Dumbledore hatte inzwischen sein Essen beendet und wartete darauf, was Yuugi mit ihm besprechen wollte. Er hatte schon so eine Ahnung, doch wollte er den jungen Mann vor sich von selbst auf das Thema zu sprechen kommen lassen. Und Yuugi kam gleich zur Sache, in dem er die Artikel erwähnte, welche er im "Tagespropheten" gelesen hatte. Fragend blickten seine violetten Augen den Schulleiter an, der ihn für einige Augenblicke nur schweigend musterte und dann tief aufseufzte.
 

Eine unsichtbare Last schien seine Schultern herabzudrücken und das Funkeln in den hellblauen Augen dimmte, als er sich mit der Aufgabe konfrontiert sah, dem jungen Mann vor sich von Voldemort und der Gefahr, die der Schwarzmagier für die Zaubererwelt darstellte, zu berichten. Wie würde Yuugi darauf reagieren?

Professor Dumbledore fragte sich, ob er dem Enkel seines Freundes nicht schon vorher von der Gefahr hätte erzählen müssen, anstatt Yuugi ohne Kenntnis aller Tatsachen in die ganze Sache mit hineinzuziehen. Was, wenn Yuugi etwas geschah, nur weil er ihm half? Dumbledore war sich nicht sicher, ob er es verkraften würde, wenn dieser Fall wirklich eintreten sollte; er hatte schon zu viele Freunde und Vertraute durch den Kampf gegen Voldemort verloren. Zu viele hatten unschuldig leiden müssen - wie Harry. Und seitdem er Yuugi nach so vielen Jahren wiedergetroffen hatte, war dem weisen Zauberer klargeworden, daß er in dem jungen Mann - ebenso wie in dem schwarzhaarigen Gryffindor - einen Enkel sah.
 

Angesichts dieser Veränderung in dem weisen, gütigen Mann vor sich wurde nicht nur Yuugi besorgt. Auch Yami, welcher bis jetzt nur von seinem Seelenraum aus dem Gespräch zugehört hatte, wurde aufmerksam und sandte einen alarmierten Gedanken zu seinem Hikari. Doch Yuugi war schon aus seinem Sessel aufgestanden und hatte den mächtigen Schreibtisch des Schulleiters umrundet, um sich vor Professor Dumbledore hinzuknien und dessen Hände in die seinen zu nehmen. Instinktiv begann er damit, Wellen an Wärme auszusenden, um dem Freund seines Großvaters dabei zu helfen, sich wieder zu fangen.
 

Der Schulleiter schreckte aus seinen Gedanken auf, als er den sanften Druck bemerkte und Yuugi vor sich knien sah. In den warmen Augen des jungen Mannes stand unübersehbar Besorgnis um ihn geschrieben und der Druck seiner Hände nahm zu, als wolle er dem älteren Mann damit Kraft schenken. Erstaunt von der Reaktion, aber gleichzeitig auch gerührt von Yuugis sofortigem Versuch, ihm zu helfen, lächelte Professor Dumbledore den jungen Mann dankbar an. Doch das ernste, besorgte Licht in den violetten Augen ließ nicht nach, auch wenn Yuugi sich nach einer Weile wieder erhob und einen Schritt zurückwich.
 

"Es ist also, wie ich schon dachte, eine ernste Sache", meinte Yuugi schließlich. "Erzähl mir davon, oji-san. Vielleicht kann ich helfen." "Es ist sogar eine sehr ernste und gefährliche Angelegenheit, in die ich dich mit hineingezogen habe, Yuugi", seufzte Professor Dumbledore auf. Mit seiner Hand wies er auf das nahestehende, breite Sofa und meinte: "Laß uns dort drüben Platz nehmen, mein Junge. Diese Erzählung wird eine geraume Weile in Anspruch nehmen. Ich hoffe, du wirst mir vergeben, daß ich vielleicht dein Leben in Gefahr gebracht habe, indem ich dich bat, hierher zu kommen."
 

Yuugi blickte den Schulleiter nur schweigend an, während er auf dem Sofa Platz nahm. Mit seiner Reaktion zeigte er, daß er zuhören würde, bevor er ein Urteil fällte. Doch in den Augen des jungen Mannes zeigte sich ein Hauch von dunklem Karmesinrot, als Yami seine Wahrnehmung mit der seines Seelenpartners verschmolz, um wie dieser der nun folgenden Erzählung zu zuzuhören.
 

Und was sie zu hören bekamen, erschreckte und betrübte sowohl den ehemaligen Pharao als auch seinen Hikari. Die Grausamkeiten, die Voldemort im Namen seiner eingebildeten Überlegenheit über jedes andere Lebewesen beging, erinnerte die Seelenpartner nur allzu sehr an Maliks bösen Yami. Auch Marik hatte die Weltherrschaft an sich reißen wollen, auch wenn er dazu die Macht der Millenniumsgegenstände hatte gebrauchen wollen und nicht, indem er das Leben eines jungen Mannes zerstörte, welcher nunmehr als die einzige Hoffnung angesehen wurde, wieder für Frieden in der Zaubererwelt zu sorgen.
 

Bis Professor Dumbledore damit fertig war, Yuugi - und Yami - einen Überblick über Voldemorts Machenschaften sowie über das, was seit Harrys 1.Schuljahr alles passiert war, zu verschaffen, war eine geraume Zeit vergangen. Doch der Schulleiter hatte ein wenig Abbitte leisten wollen, indem er dem Enkel seines Freundes nichts über die Gefahren verschwieg, in der die Zaubererwelt schwebte. Er hoffte, er hatte Yuugi keinen zu großen Schrecken eingejagt, denn war die Art und Fülle an Informationen an sich schon einschüchternd, so würde dies auf jemanden, der bis jetzt nicht in Kontakt mit Magie gekommen war, sicher doppelt beklemmend wirken.
 

Der weißbärtige Zauberer beobachtete Yuugi aufmerksam über den Rand seiner Halbmondbrille hinweg und versuchte, die Reaktion des Jüngeren einzuschätzen, als dieser die Nachrichten zu verarbeiten suchte. Hatte er jedoch erwartet, Furcht oder Horror in den violetten Augen zu sehen, so wurde er enttäuscht. In den warmen Tiefen von Yuugis Augen spiegelten sich nur tiefe Nachdenklichkeit, offensichtlicher Abscheu angesichts der Grausamkeiten, von denen Dumbledore berichtet hatte - und Mitgefühl.
 

Dieses Mitgefühl wurde wenige Minuten später auch zum Ausdruck gebracht, als Yuugi seine volle Aufmerksamkeit wieder auf den alten Schulleiter richtete und meinte: "Du trägst eine schwere Last auf deinen Schultern, oji-san. Es ist sicher nicht leicht, Hoffnung in einer solch düsteren Zeit wie der jetzigen verbreiten zu können - dieser Voldemort scheint eine große Gefahr zu sein. Ich werde dir gern jederzeit bei deiner Aufgabe behilflich sein, wenn es in meinen Möglichkeiten liegt."
 

Professor Dumbledore war innerlich tief berührt, daß Yuugi sofort dazu bereit war, ihn zu unterstützen, ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren, daß er sich damit große Schwierigkeiten einhandeln konnte. Hatte Voldemort erst einmal Kenntnis davon erhalten, daß der junge Mann ein enger Vertrauter des Schulleiters war, würde er einen Platz ganz weit oben auf der Liste derer erhalten, welche der Dunkle Lord vernichten wollte.
 

"Du bist sehr großzügig, Yuugi", meinte Dumbledore schließlich, "und ich bin dir dankbar, daß du mir helfen willst. Doch sollte Voldemort in dir eine potentielle Gefährdung seiner Pläne sehen, dann wärest du in sehr großer Gefahr. Darum habe ich auch solchen Wert darauf gelegt, daß niemand weiß, was du hier in Hogwarths wirklich für mich tust."
 

Yuugis kluge Augen richteten sich direkt auf den weißhaarigen Zauberer und ein schmales Lächeln erschien in seinen Mundwinkeln. "Hab keine Sorge um mich, Onkel Albus. Ich weiß auf mich selbst aufzupassen. Schließlich präsentiert einem das Leben genug Hürden, die man nehmen muß - auch wenn psychopathische Massenmörder mit Größenwahn eher selten darunter sind."
 

Yuugis Charakterisierung brachte ihm nicht nur von seinem Gegenüber eine gehobene Augenbraue ein, auch Yami konnte sich ein Kopfschütteln nicht verkneifen. //Das war eine noch sehr nette Umschreibung dieses Mannes, Aibou. Ich hätte einige andere Worte, die ihn wahrscheinlich ebenso treffend beschreiben würden, aber weniger höflich wären.//
 

/Ich weiß, Yami und mir geht es genauso. Doch in unserer derzeitigen Situation kommt es mehr darauf an, wirkliche Hilfe zu leisten, um Onkel Albus in seinem Kampf gegen diesen selbsternannten 'Lord' zu unterstützen. Und die Schriftrollen scheinen eine derartige Möglichkeit zu sein./
 

//Du hast ja Recht, Yuugi. Doch werden wir noch eine geraume Weile brauchen, bis wir dem Dialekt der Schriftrollen soweit auf den Grund gegangen sind, daß wir mit einer Übersetzung schneller vorankommen. Und selbst dann heißt das nicht unbedingt, daß der Inhalt der Rollen dabei helfen wird, eine wirksame Verteidigung gegen ihren Feind zu errichten.//
 

Yuugi seufzte lautlos auf, denn Yamis Bedenken war korrekt. Dennoch konnte er das Gefühl nicht abschütteln, daß auf diesen Schriftrollen etwas sehr Wichtiges geschrieben stand. Und zwar nicht nur für Professor Dumbledore, sondern auch für Yami und ihn.
 

/Wir müssen uns halt Mühe geben, die Schriftrollen so rasch wie möglich zu verstehen, Yami. Und mein Gefühl sagt mir, sie werden von Nutzen sein - auf die eine oder andere Weise. Vertrau mir, itoshii./
 

Yamis Antwort darauf war prompt und voller Überzeugung. //Natürlich vertraue ich dir, Aibou. Dein Gespür hat dich bis jetzt stets richtig gelenkt - und auch wenn ich vorsichtig wäre, nur auf die Entzifferung der Schriftrollen zu setzen, um diesen Voldemort endgültig zu besiegen, so stimme ich dir doch zu, daß sie wichtig sind. Schon ihre Chiffrierung in den alten, komplizierten Dialekt legt nahe, daß ihr Inhalt von hoher Bedeutung ist. Nur für wen und welche Situation, ist die Frage.//
 

/Eine Frage, auf die wir eine Antwort finden müssen, Yami./
 

Yamis Einverständnis spürend, wollte Yuugi gerade noch etwas zu seiner dunklen Hälfte sagen, als ihn die weise Stimme von Professor Dumbledore aus seinem mentalen Gespräch riß. Aufblickend lächelte Yuugi entschuldigend und meinte: "Verzeih, wenn ich gerade so in Gedanken versunken war. Doch durch die Neuigkeiten, welche ich von dir hörte, erhalten die Schriftrollen, die ich für dich übersetzen soll, eine völlig neue Bedeutung. Du erhoffst dir von ihnen Hilfe in deinem Kampf gegen Voldemort, nicht wahr?"
 

Professor Dumbledore lehnte sich wieder in die Polster des Sofas zurück, als er sah, daß er wieder Yuugis Aufmerksamkeit hatte und nickte. "Ja, diese Schriftrollen sind ein Teil meiner Bestrebungen, Voldemorts Pläne zu durchkreuzen, Yuugi. Im Alten Ägypten gab es viele Geheimnisse und Rätsel, welche vielleicht heute von Nutzen sein können, um die Finsternis zurückzuhalten und wieder für Frieden zu sorgen. In den Schriftrollen können Hinweise verborgen sein, die magische Gegenstände oder Orte bezeichnen, welche unserer Seite einen Vorteil in diesem Krieg verschaffen könnten. Und glaub mir, Yuugi", seufzte Professor Dumbledore auf, "diesen Vorteil könnten wir wirklich gut gebrauchen. Ebenso wie weitere Verbündete, denn Voldemort bekommt von Tag zu Tag mehr Anhänger, auch wenn sich die Meisten von ihnen aus Furcht um ihr eigenes Leben unter seine Herrschaft begeben und nicht, weil sie seinen Zielen loyal sind."
 

"Du bist besorgt", schlußfolgerte Yuugi aus den Worten des Schulleiters.
 

"Ja, sehr sogar. Harry ist in ständiger Gefahr, da er Voldemorts größtes Hindernis auf dem Weg zur völligen Machtübernahme darstellt. Doch auch viele Andere, deren Loyalität zur Seite des Lichts bekannt ist oder die Voldemort Widerstand leisten, müssen ständig um ihr Leben fürchten."
 

Stille senkte sich nach diesen düsteren Worten über Professor Dumbledores Büro, bevor Yuugi schließlich sagte: "Ich danke dir für deine Offenheit, oji-san. Du hast mir viel Stoff zum Nachdenken gegeben, doch sei dir gewiß, daß ich helfen werde, so gut ich kann. Die Schriftrollen enthalten ein wichtiges Geheimnis, soviel habe ich bis jetzt schon herausgefunden. Der Dialekt, in welchem sie geschrieben sind, ist sehr alt und rätselhaft - als wenn sich jemand große Mühe gegeben hat, nur ganz bestimmten Personen ihren Inhalt zugänglich zu machen. Das hat etwas zu bedeuten; und ich werde es ganz sicher bald herausgefunden haben. Verlier nicht die Hoffnung, denn wo Schatten ist, da ist auch immer Licht. Und du hast Freunde an deiner Seite."
 

"Weise Worte", lächelte der Schulleiter, "doch jetzt sollten wir unser Gespräch vielleicht für's Erste beenden, mein Junge, denn ich glaube, die Neuigkeiten, welche ich dir anvertraute, brauchen doch eine Weile, um richtig einzusinken. Wenn du noch Fragen haben solltest, steht meine Tür dir jederzeit offen, vergiß das nicht."
 

Yuugi erhob sich mit einem zustimmenden Lächeln an den alten Freund seines Großvaters. "Ja, es ist wohl besser, wenn ich deinen Bericht noch einmal in Ruhe überdenke, oji-san. Außerdem hatte ich sowieso vor, den heutigen Nachmittag dazu zu nutzen, meine Übersetzung fortzuführen. Ich werde dich jetzt also deiner Arbeit überlassen, Onkel Albus und mich an die meine setzen. Vielen Dank für das Essen und unser Gespräch."
 

"Es war mir eine Freude, mich mit dir zu unterhalten, Yuugi", antwortete der Schulleiter, "auch wenn das Thema alles andere als erfreulich war." Auf diese Worte erhielt er ein bestätigendes Nicken des jungen Mannes, während dieser sich von der Couch erhob. Mit einem freundlichen Gruß verabschiedete sich Yuugi von Professor Dumbledore und verließ das Schulleiterbüro, um sich zu seinem Raum zu begeben.
 

Tief in ein gedankliches Gespräch mit Yami über das versunken, was sie gerade über die Zustände in der Zaubererwelt gehört hatten, überhörte der junge Mann fast die Stimmen, die sich näherten. Aufblickend horchte er aufmerksam und ein kurzes Lächeln glitt über Yuugis Züge, als er die Identitäten derjenigen erkannte, die ihm entgegenkamen. Die Weasley-Zwillinge.
 

Die beiden Rothaarigen waren in ein angeregtes Gespräch vertieft; es machte fast den Anschein, als würden sie über etwas diskutieren und könnten sich nicht auf eine Meinung einigen. Kurzentschlossen lehnte sich Yuugi an die Wand des Ganges und nutzte ein wenig Schattenmagie, um seine Gegenwart zu verbergen. Nach den gerade erhaltenen Nachrichten benötigte er ein wenig Amüsement als Ausgleich. Und anscheinend hatten seine beiden Duel Monster Fred und George schon ein oder zwei Streiche gespielt, über deren Konsequenzen die Brüder gerade diskutierten.
 

Ohne den Hauch einer Ahnung von Yuugis Anwesenheit kamen die Zwillinge näher und blieben nahe einer Gangkreuzung stehen. Einer dieser Gänge würde hinunter in zu den Kerkern führen, der zweite zum Büro des Schulleiters, woher Yuugi gekommen war, und der letzte hinab in die Große Halle.
 

"Und ich sage es dir noch einmal, Fred", hörte Yuugi einen der Brüder mit einem übertrieben geduldigen Tonfall sagen, "ich habe dich nicht auf den Astronomieturm bestellt. Warum sollte ich auch, wenn wir uns doch vielmehr bei der Statue der Buckligen Hexe treffen wollten!"
 

"Wollten wir nicht!", konterte Fred mit einem Augenrollen. "Nach dem Unterricht bei Professor Mutou heute morgen hast du mir gesagt, ich solle Punkt 12 Uhr auf der Plattform des Astronomieturms sein, damit wir in Ruhe besprechen können, wie wir unsere neueste Erfindung am besten zum Einsatz bringen."
 

"Was? Wann soll ich das gesagt haben?" George schien nun definitiv verwirrt.

"Oh Mann, wirst du vorzeitig vergeßlich?", war die entnervte Antwort seines Zwillings. "Während wir zu Verwandlung gegangen sind, George. Du erinnerst dich, daß McGonagall uns vorausschickte, nachdem Snape und sie uns am See abholen mußten?"
 

"Ja, natürlich erinnere ich mich an heute Vormittag", war Georges Antwort, während er die Arme vor der Brust verschränkte und seinen Zwilling kopfschüttelnd betrachtete. "Jedoch scheinst du Probleme mit deinem Gedächtnis zu haben, lieber Bruder", fuhr er fort, "denn unsere Verabredung trafen wir erst nach McGonagalls Unterricht. Und zwar beim Mittag, welches übrigens 12 Uhr stattfand, weshalb ich dich auch nicht zu solch einer Zeit auf den Astronomieturm bestellen würde!"
 

"Aber du hast doch gesagt...", begann Fred zu argumentieren, bevor ihn ein Kopfschütteln seines Bruders die Stirn runzeln ließ. Der Rothaarige fuhr sich durch die kurzen Haare und meinte: "Jetzt blick' ich überhaupt nichts mehr. Ich könnte schwören, daß du mir gesagt hast..."
 

Als Fred erneut stockte, meinte George genauso irritiert: "Was ist hier los? Ich weiß genau, daß du beim Mittag zu mir gesagt hast, wir treffen uns bei der Buckligen Hexe - während du hingegen glaubst, wir wären genau zu der Zeit auf dem Astronomieturm verabredet...denkst du, jemand nimmt uns auf den Arm?"
 

"Hmm, mag sein", erwiderte sein Bruder, bevor er den Kopf schüttelte, "aber wie? Mit einem Vielsaft-Trank?"
 

"Ein bißchen aufwendig oder nicht?", argumentierte Fred. "Der Trank ist schwierig und dauert so lang - und das alles nur, um ein Treffen von uns zu manipulieren? Das glaube ich nicht."
 

"Aber was ist dann los?" George lehnte sich an die Wand hinter sich und dachte nach. Fred hingegen zuckte die Schultern und beschloß, das Thema vorerst auf sich beruhen zu lassen. "Ich habe nicht die geringste Ahnung, Bruderherz", gab er zu und fügte an: "Doch ich habe auch keine Lust, jetzt weiter darüber nachzugrübeln. Laß uns vielmehr endlich unsere neue Erfindung an den Slytherins ausprobieren. Wir haben ihnen schon lange keinen Streich mehr gespielt."
 

"Das stimmt allerdings. Wir wollen doch nicht, daß sie denken, uns wären die Ideen ausgegangen", pflichtete ihm George mit einem teuflischen Lächeln bei. Fred erwiderte das Grinsen und wandte sich herum, um den Gang zum Slytherin-Territorium herunterzugehen. Dabei entging ihm, was sich nun hinter seinem Rücken abspielte.
 

George, der sich von der Wand hinter sich abstoßen wollte, bekam plötzlich große Augen, als er merkte, daß er sich nicht mehr bewegen konnte. Auch seine Stimme gehorchte ihm nicht mehr, wodurch es ihm unmöglich war, seinen Zwilling auf seine Lage aufmerksam zu machen. Der Gryffindor mußte zusehen, wie Fred ahnungslos wenige Meter weiter um eine Ecke bog und damit aus seinem Blickfeld verschwand.
 

Yuugi hatte gemeinsam mit Yami, welcher in seiner Geistform neben ihm erschienen war, alles beobachtet und lächelte, als er ein leises Kichern hören konnte, welches ihm definitiv bekannt vorkam. Ein Schatten huschte durch den Gang, unbemerkt von George, welcher noch immer gegen seine unsichtbaren Fesseln ankämpfte, und verschwand um die gleiche Ecke wie Fred zuvor. Yami schenkte seiner lichten Seelenhälfte einen amüsierten Blick, bevor er ebenfalls den Gang hinabschritt und um die Ecke schaute, um zu sehen, was passierte.
 

Sekunden später trat der ehemalige Pharao wieder zurück an Yuugis Seite, als erneut Schritte hörbar wurden und dann Fred wieder um die Ecke kam. Der Rothaarige hatte einen erstaunten Ausdruck im Gesicht, als er George noch immer an der Wand lehnen sah. "Was ist denn heute los mit dir?", wunderte sich der junge Mann. Mit einer ungeduldigen Handbewegung fuhr er fort: "Kommst du nun endlich, oder willst du erst noch eine Ruhepause machen? Die Slytherins warten, George!"
 

Der Angesprochene schenkte ihm einen hilflosen Blick, der Sekundenbruchteile später eindeutig verwundert wurde, als George fühlte, daß die unsichtbaren Fesseln plötzlich verschwanden und er sich wieder frei bewegen konnte. Und auch wieder sprechen konnte. Er setzte zu einer Erklärung an, überlegte es sich jedoch anders, als er Freds ungeduldigen Gesichtsausdruck sah. Statt dessen grummelte er nur etwas Unverständliches vor sich hin, während er auf seinen Bruder zutrat. Bevor sich die Zwillinge nunmehr gemeinsam dem Gang zuwandten, sah Fred sich noch einmal kurz um und blickte Yuugi genau in die Augen. Ein eindeutig schadenfrohes Grinsen flog über die Züge des Rothaarigen, welches Yuugi mit einem eigenen, belustigten erwiderte.
 

Dann erklang Yamis Stimme in Yuugis Gedanken: //Ich denke, unser Monster hat sehr viel Spaß bei dem Auftrag, den wir ihm gegeben haben, Aibou.//
 

/Ich wußte gleich, daß Copycat in unsere Revanche mit einzubeziehen ein voller Erfolg sein würde. Seine besondere Fähigkeit ist genau das Richtige für die Phase der Verwirrung - und gleichzeitig machen wir ihm eine Freude./
 

//Hmm. Aber ich denke, es ist Zeit, Phase 2 unserer Revanche ins Spiel zu bringen. Meinst du nicht auch, Aibou?//, war Yamis Antwort, als Yuugi wieder aus den Schatten hervortrat, in denen er sich zuvor verborgen gehalten hatte.
 

/Warum nicht? Ich glaube, Copycat wird ein wenig Unterstützung durch ein paar unserer Zauber- und Fallenkarten nicht ablehnen. Es wird ihm viel eher noch mehr Spaß machen, wenn er seine Streiche komplizierter gestalten kann./
 

Yami nickte schweigend, ein Funkeln der Belustigung in den karmesinroten Augen. Der ehemalige Pharao sah zu, wie Yuugi seine Hand auf die Duel-Monster-Karten legte, welche er an seiner Hüfte trug. Ein feiner Rand aus Gold erschien um Yuugis Hand, als er die Magie des Millenniumspuzzles nutzte, um die Fallen- und Zauberkarten zu aktivieren, auf die Yami und er sich bei ihren Planungen geeinigt hatten. Ein mehrfaches Aufblitzen der goldenen Energie zeigte an, daß die entsprechenden Karten auf Yuugis Befehl reagierten, woraufhin die beiden Seelenpartner nun ebenfalls ihren Weg zu ihrem Raum fortsetzten, um dort weiter an der Übersetzung der Schriftrollen zu arbeiten.
 

Und endlich ist es geschafft - Yuugis erste Unterrichtsstunde und weitere, jetzt schon deutlichere, Hinweise auf die Revanche von Yuugi und Yami an den Zwillingen! R & R!

Antalya



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von: abgemeldet
2008-11-06T15:33:18+00:00 06.11.2008 16:33
Eine sehr schöne Sache.
Und das mit dem Unterricht war ne klasse Idee.
Auch Yuugis Charakterisierung von Voldemord war spitze^^
Weiter so
JLP
Von:  Subtra
2006-04-12T19:57:48+00:00 12.04.2006 21:57
Dei Geschichte ist cool. schreib bitte schnell weiter ^^
Von: abgemeldet
2006-04-02T18:42:56+00:00 02.04.2006 20:42
Hallo du!
Du kennst mich zwar noch nicht, das wird sich aber gleich verändern.
ich find deine FF sowas von klasse, ich kann dir gar nciht sagen wie klasse ich sie find.
Wie du Ygo mit Hp verbindest ist einfach meisterhaft und du hast so einen klasse Schreibstil, der fesselt dich einfach.
Und wie du dann Yugi und Yami immer beschreibst, da verschlägst mir immer irgendwie die Sprache. Das machst du auch ganz klasse
Deine Ägyptenstunde war mal total detailreich und auch sehr gut recherchiert.
Hoff du schreibst bald weiter freu mich schon aufs nächste kap
Hdl Tati-chan^^
Von:  Lampow
2006-03-20T19:21:34+00:00 20.03.2006 20:21
Also, ich lese immer wieder gern was Neues von dir. Ich war über die ERklärung über Agypten erstaunt und auch finde ich es eine lustige Idee, Copycat bei Yuugis Streichen einzubinden und die Fallen - und Zauberkarten damit zu kompletieren lustig. Sagst du mir Bescheid, wenn es weitergeht? Bitte! Danke! Cu, Saturn - chan
Von:  Okamigami
2006-02-28T13:24:11+00:00 28.02.2006 14:24
bittö schreib ganz schnell weiter!
ich könnte sagen ich bin süchtig nach der story
mach bitte weiter!
Von:  Allmacht
2006-02-11T21:54:57+00:00 11.02.2006 22:54
Toll, dass wieder ein Kapi erschienen ist. Die Unterrichtsstunde hat ja wie eine Bombe eingeschlagen. Gibt es eigentlich diesen Sonnengesang wirklich?
Schreib bitte bald weiter.
lg
Julia
Von: abgemeldet
2006-02-11T11:28:48+00:00 11.02.2006 12:28
Hi ^^
Die Erklärungen über Ägypten fand ich echt gut!
Bin ja selbst großer Fan von diesem Land und konnte da mal wieder mein Wissen sozusagen auffrischen und wieder hervorkramen ^^
Yami konnte man sich so richtig bei dem Gebet vorstellen, einfach nur kawaii ^_____^ und Yugi ist eindeutig der beste Lehrer für dieses Fach, so macht Geschichte Spaß!
Bin langsam echt gespannt was auf den Schriftrollen steht und was sich Yami & Yugi noch so alles einfallen lassen um die Zwillinge zu ärgern *g*

Mata ne und mach so weiter!
Meli
Von:  Hineko
2006-02-10T20:53:55+00:00 10.02.2006 21:53
Jaa, ihre Streiche-Kommentatorin meldet sich zurück!
Da war ja 'ne ganze Menge los. Ich bin auch schon verwirrt @_@
Aaalso: Das Magier-Duo hat also ein Monster namens Copycat auf die Chaos-Twins angesetzt. Wenn ich richtig aufgepasst habe, dann hat dieses Monster die Fähigkeit das Aussehen anderer 'Personen' zu kopieren. Das sorgt natürlich für massenhaft Verwirrung.
Und nun bekommt dieses Vieh auch noch Unterstützung von ein paar Fallen und Zaubern. Sieht nicht gut aus für die Chaos-Twins... Im Moment hat das Magier-Duo die Nase vorn! Aber ich werde natürlich weiterhin berichten!
Ich freu mich jetzt schon auf das nächste Kapitel!

Also dann: Ciao, ciao,
Hineko ♪


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