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Eisblaue Augen

Shounen-Ai
von

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Liebeskummer

Für den Rest der Woche hielt ich mich von Kay fern. Ich verbrachte fast die ganze Nacht bei den anderen im Zimmer, wenn er kam wartete ich ein paar Minuten und verabschiedete mich dann. Ich wollte nicht mehr in seiner Nähe sein. Jedenfalls mein Verstand wollte das nicht. Ich fürchtete mich, vor etwas, das ich noch nicht mal beim Namen nennen konnte. Ich weigerte mich hartnäckig, darüber nachzudenken. Denn die Wahrheit hätte mir vielleicht nicht gefallen. Lieber lief ich davon.
 

Ich wusste nicht, ob Kay es mitbekam. Vermutlich eher nicht. Aber mir tat es weh. Ein Teil von mir wollte bei ihm sein, aber genau vor diesem Teil fürchtete ich mich.
 

So ging die Klassenfahrt vorbei und ich kehrte wie betäubt nach Hause zurück. Ich war wie ausgewechselt, ich konnte nicht essen, nicht schlafen, und ich wusste nicht mal, wieso. Ich wollte auch nicht darüber nachdenken, denn vielleicht wäre die Wahrheit noch schlimmer gewesen als diese merkwürdige Ungewissheit.
 

Mich in meiner Ignoranz und meiner Feigheit suhlend überstand ich irgendwie die Tage nach der Klassenfahrt, ohne ihm öfter als nötig zu begegnen.
 

Bis er mich einlud.
 

Mitten im Unterricht drehte er sich plötzlich zu mir um und fragte: "Wir gehen nächste Woche Weihnachtsmarkt. Willst du leicht mitkommen?"
 

Ich war überrumpelt. Und weil Unterricht war, konnte ich nicht weglaufen. Sollte ich nein sagen? Das wäre ziemlich auffällig gewesen. Also räusperte ich mich und antwortete heiser: "Klar... gern." Ich dämlicher Feigling hatte mich mal wieder in Schwierigkeiten gebracht.
 


 

Und deswegen fand ich mich eine Woche später frierend am Hauptplatz der nächsten großen Stadt wieder und wartete auf die anderen. Mir war schrecklich kalt und weil ich so nervös war, konnte ich mich an der Weihnachtsbeleuchtung oder der Aussicht auf Glühwein nicht freuen.
 

Zu viert kamen sie an. Kay, sein bester Kumpel, Kathrin und noch jemand aus unserer Klasse dessen Namen ich nicht kannte. "Hallo.", begrüßte ich sie schief. Mir schwante übles, ich ahnte schon, dass dieser Abend nicht gut ausgehen konnte.
 

Wir stiefelten los und die vier unterhielten sich angeregt. Ich blieb ein bisschen zurück und lief hinter ihnen her. Zuerst schauten wir uns die Stände an, gingen einfach nur durch, dann suchte jemand einen Glühweinstand aus und wir kauften uns jeder eine Tasse. Kathrin schrie: "Aaah, schaut euch das mal an!" Die Gruppe folgte ihr neugierig zu einem Stand. Mich interessierte es nicht, was sie jetzt wieder gesehen hatte. Ich blieb am Tisch stehen und wärmte mich am Glühwein, freute mich am Geruch von Zimt und den Lichtern, die über den Straßen hingen. Ich mochte Weihnachten.
 

Ich freute mich genau so lange, bis Kay plötzlich wieder neben mir stand. Ich ließ vor Schreck fast die Tasse fallen. Die Gruppe war noch immer etwas weit weg. Ich murmelte: "Hier ist es mir zu voll.", nahm meine Tasse und verzog mich. Etwas abseits von dem ganzen Trubel der engen Stände hielt ich inne. Kay folgte mir. Es war still, wir schwiegen beide.
 

Dann fragte er plötzlich: "Gehst du mir aus dem Weg?" Überrascht sah ich auf. Etwas unsicher erklärte er: "Ich meine, bist du irgendwie sauer auf mich? Hab ich was falsches gesagt? Du gehst mir seit dem Ski-Wochenende total aus dem Weg, kommt mir vor."
 

Ach was, da musst du dich täuschen. Warum sollte ich dir aus dem Weg gehen? Hab ich vielleicht was zu verbergen? Du bist auch nur einer unter vielen, ich mag dich nicht mal. Leise antwortete ich: "Das war sicher nur Zufall."
 

"Ach?", machte er und ich merkte deutlich, dass er mir nicht glaubte. Wieso interessierte es ihn eigentlich? Wir standen sehr lange schweigend da. Bis er sagte: "Gehen wir wieder zu den anderen."
 

Ich folgte ihm stumm. Ich merkte erst jetzt, dass es zu schneien begonnen hatte. Wir stießen wieder zum Rest der Gruppe. "Mann ist das kalt!", motzte Kathrin. Sie nervte wirklich total. Immer hatte sie was zu sagen. Immer brachte sie Kay zum lachen.
 

Kay stupste sie grinsend an. "Dann mach dir ein paar warme Gedanken."
 

"Blödmann.", murmelte sie schmollend. Jemand machte eine Bemerkung über sie und Kay fing wieder zu lachen an. Seine blauen Augen leuchteten. Seine Lippen leicht geöffnet, seine Haut jetzt leicht gerötet. Ich wurde ganz still. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich sah nur noch ihn.
 

Und dort, unter dem bezaubernden Sternenhimmel, dem Duft von Zimt und Schnee in der Luft, verpackt in einen dicken, warmen Mantel mit einer Tasse Glühwein in den frierenden Händen, da begriff ich, dass ich ihn liebte.
 


 

Endlich hatte ich begriffen, was mit mir los war, hatte mir eingestanden, dass ich bis über beide Ohren verliebt war. In Kay, in einen Jungen. Seltsamerweise war ich nicht einmal sehr schockiert über die Tatsache, dass ich mich ausgerechnet in einen Jungen verliebt hatte. Dabei hätte ich so etwas nie für möglich gehalten. Ich hatte schon mal eine Freundin gehabt, und die hatte ich auch sehr gemocht. Aber das war schon eine Weile her, damals waren wir zu jung gewesen als dass mehr als ein paar harmlose Küsse gewesen wären. Irgendwann hatte sie mit mir Schluss gemacht und ich hatte ihr nicht allzu sehr nachgetrauert. Seit dem hatte ich keine Freundin mehr gehabt, einfach weil sich bei keiner jemals so ein Gefühl eingestellt hatte, wie es jetzt bei ihm war. War das der Grund? War ich schwul? Ich hätte es nie für möglich gehalten und ich war einfach nur erstaunt.
 

Natürlich sagte ich es niemandem. Ich musste erstmal feststellen, ob ich mir das nicht nur einbildete. Vielleicht war es nur eine Phase. Vielleicht mochte ich ihn einfach nur und hängte mich so an ihn, weil er der einzige war, der in diesem gottverlassenen Dorf nett zu mir war.
 

Aber nichtsdestotrotz waren diese Gefühle da und sie ließen sich nicht abstellen. Ich wich ihm nicht mehr aus. Statt dessen versuchte ich alles, um ihm nahe zu sein. Das Herzklopfen, dieses wunderbare Gefühl in meinem Bauch das er bei mir auslöste, war so ungewohnt, so... schön. Es ihm zu sagen kam für mich nicht in Frage. Ganz davon abgesehen dass ich mich damit offiziell outen würde - und der Gedanke war mir nun doch unangenehm - hatte er eine Freundin und schloss damit die verschwindend geringe Möglichkeit, dass er meine Liebe erwidern könnte, gänzlich aus.
 

Am Anfang war das ok. Ich war damit zufrieden ihn zu beobachten, mir jedes Detail seines Gesichtes einzuprägen und Nachts von ihm zu träumen. Aber dann begann es, richtig fies weh zu tun, wenn ich bei ihm war. Ich dachte daran, ihn zu küssen, ich konnte mich kaum noch auf das konzentrieren, was um mich herum geschah. Die Schmetterlinge im Bauch hatten sich in Schmerz verwandelt. In unsäglichen Liebeskummer, mit dem ich mich niemandem anvertrauen konnte.
 

Vorläufiger Höhepunkt meines Liebeskummers war eine Fahrt nach Österreich. Es war kurz vor Weihnachten und er hatte vor, irgendwelche Verwandten in Salzburg zu besuchen und dann auch gleich die Stadt zu erkunden. Kay war nicht nur schon 18, wie ich armer noch-17-jähriger feststellte, sondern hatte sogar ein Auto. Zwar war es eine Klapperkiste, aber es fuhr. Sein bester Kumpel wollte mitfahren und als sie mich fragten, sagte ich auch gleich zu.
 

Die Fahrt war Qual und Freudentaumel zugleich für mich. Ich hatte nur Augen für ihn, und auch als wir zu dritt die Stadt anschauten, glotzte ich nur ihn an, während er irgendwelchen blonden, schlanken Mädchen nachstarrte. Es war eigentlich ein schöner Tag, obwohl es für mich auch die Hölle war.
 

Während sein Kumpel, der irgendeine Tussi aufgerissen hatte, noch bleiben wollte, fuhren wir wieder heim. Ich saß neben ihm. Er zündete sich eine Zigarette an und fragte mich irgendwas, ich bekam es gar nicht richtig mit. Bis er mir mit der Hand vor dem Gesicht rumwedelte. "Hallo?"
 

"Mmm.. WAS?", murmelte ich überrascht.
 

Er grinste. "Wir sind da. Oder möchtest du hier übernachten?"
 

"Was? Nein..." Ich lachte unecht. "Sorry, hab geträumt." Verwirrt wie ich war zog ich am Türgriff, und kapierte nicht, dass die Autotür abgeschlossen war.
 

Bevor ich den Griff abreißen konnte, beugte Kay sich geduldig rüber und angelte nach dem Hebel um die Tür zu entriegeln. Dabei musste er sich direkt über mich rüber beugen. Ich wäre fast wahnsinnig geworden. Er war so nah, und er roch so... so gut, so...
 

"Kay...", krächzte ich heiser. Es kam mir vor als hätte ich ihn noch nie mit seinem Namen angesprochen.
 

"Hm?", machte er abgelenkt, weil er noch immer nach dem Hebel suchte, anstatt mich selber machen zu lassen. Dann machte es Klick, und er sagte: "Aah, Tür ist offen." Er wollte sich wieder zurücklehnen.
 

"Kay!", sagte ich noch mal. Er drehte den Kopf um mich anzusehen, und... ich... küsste ihn. Er war so nah gewesen, ich hatte einfach nicht anders handeln KÖNNEN. Kay war total überrumpelt. So sehr, dass er einen Moment lang stocksteif in meinen Armen wurde, die ich um ihn geschlungen hatte.
 

Dann riss er sich los und prallte gegen die Tür auf der Fahrerseite. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er mich an und fragte wütend: "Spinnst du?? Was soll das?!" Wahrscheinlich ohne es zu merken presste er seine Hand gegen seinen Mund und ich begriff, was ich getan hatte.
 

Ich weiß nicht mal, ob es gut war, dass sich ausgerechnet jetzt mein Verstand einschaltete. Ich grinste breit und sagte fröhlich: "Das war doch nur ein Scherz! Du solltest mal dein Gesicht sehen, du schaust ja ganz entsetzt!" Wenn es denn möglich war, grinste ich noch breiter und streckte ihm dann die Zunge raus. "Hältst du mich vielleicht für schwul? Tja da muss ich dich enttäuschen, war nur ein kleiner Scherz."
 

Düster schaute er mich an und maulte: "Das fand ich aber nicht witzig. Mach so was nie wieder."
 

"Jaja. Also dann mach's gut!", sagte ich und riss die Tür auf.
 

"Tschüß.", brummte er und ich schlug die Autotür zu. In dem Moment da ich mich vom Auto abgewandt hatte, verschwand das falsche Grinsen von meinem Gesicht. Mir schwammen Tränen in den Augen und ich war einfach nur froh, dass er sie nicht gesehen hatte. Ich hörte ihn wegfahren und als ich sicher war, dass er fort war, sackte ich zu Boden. Ich war so ein Idiot! Wieso hatte ich das getan? Damit tat ich mir doch nur selber weh.
 

Ich stand auf und anstatt ins Haus zu gehen, schlug ich den Weg ein zu dem Wunschbrunnen, wo ich zum ersten Mal mit ihm gesprochen hatte. Diesmal hatte ich eine Münze dabei. Das Mondlicht glitzerte im Wasser, als ich sie hineinwarf, die Hände faltete und leise meinen Wunsch aussprach: "Ich wünsche mir, dass Kay mich liebt."
 

Ich war so ein Dummkopf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  sumomo_hioru
2008-02-26T20:31:23+00:00 26.02.2008 21:31
*schnüff*
ICH WILL DASS DIE BEIDEN ZUSAMMENKOMMEN!!!
so wird das aber nichts....
die ff war bis jetzt der hammer...
und der wunsch war ja auch so kawaiiii >.<
Von:  JemoKohiri
2005-07-07T21:04:27+00:00 07.07.2005 23:04
Lukas ist zwar ein Dummkopf, aber ein unglaublich süßer Dummkopf. Doch leider klappt das mit dem Ausweichen nicht immer so wie man es sich wünscht. Oft wird vieles dadurch nur noch schlimmer und das eigene Ich geht daran irgendwann zugrunde. Es tut weh ihn so leiden zu sehen, denn unerwiderte Liebe ist die schwerste Form dieser die es gibt. Trotzdem beschreibst du diesen Umstand sehr gut und lässt mich weinen. Denn Lukas kommt mit vor wie ein einsames Schäfchen, welches jetzt seinen Hirten gefunden hat. Mit einfühlsamen Worten beschreibst du seine Verzweiflung und seine Angst. Ich möchte sogar meinen seine Stimme zu hören und seine stummen Schreie. Ebenso bezaubernd ist die Erkenntnis seinerseits, dass er Kay liebt. Du hast dazu einen wirklich guten Ort ausgewählt und ich verneige mich wieder mal vor dir. Ebenso finde ich es toll, dass du hier was dazu gesagt wie Lukas zu früheren Freundeninnen steht oder was für Erfahrungen er damit überhaupt hat. Der Höhepunkt ist dann der Kuss und das Beste an dem Kapitel überhaupt. Ich verstehe Lukas und hätte es sicher auch nicht anders gemacht, denn Kay muss man einfach lieb haben. Es ist zwar fraglich ob der Zeitpunkt so super war, aber es ist nun mal geschehen. Und um so verständlicher ist irgendwo der Wunsch von Lukas. Ich würde ihn dafür am liebsten umarmen.
Von:  schmoergelmotte
2004-08-23T19:57:15+00:00 23.08.2004 21:57
Hiho!
Wirklich schöne Story, wenn auch etwas traurig (im letzten Kapi)...irgendwie tut Lukas mir verdammt Leid...
Hoffe, du schreibst schnell weiter und Kay ändert seine Meinung ^.~

Bis denne!
~Natsumi~
Von:  Rabenfeder
2004-08-23T17:42:55+00:00 23.08.2004 19:42
...schön...
*seufz*
...stimmt schon...es ist traurig...aber ich finde, dass bringst du voll klasse rüber
*smile*

blacky
Von: abgemeldet
2004-08-23T16:43:57+00:00 23.08.2004 18:43
*neu hier is* <<°
Deine FF is echt schön *____*
Und traurig ;__;
Schreib bitte schnell weida ;.;
Von:  YuriyKajomi
2004-08-23T11:41:43+00:00 23.08.2004 13:41
Das Kapi war wirklich traurig. Ich fühle mit ihm! Deine Geschichte ist wirklich schön. schreib bitte schnell weiter!
Von:  YU-Rl
2004-08-23T10:16:46+00:00 23.08.2004 12:16
*schnief* stimmt...das kapi war n bissl traurig...aba egal,mir htas wie imma echt gut gefallen!

hoffe,du tipselst ganz schnell weiter! *dich anfeuern tu* *mit chearleader pon-pons rumhantier*

lg azumi *blümchen geb* =^^=
Von:  Ryon
2004-08-22T16:49:32+00:00 22.08.2004 18:49
Also, für dass, das er ihm nicht sagen wollte, das er ihn liebt, geht er nun aber ganz schön ran XD~

Ansonsten find ich das Kap ur traurig ;-; Hoffe es geht bald weiter und das etwas fröhlicher ;-;

Glück Auf!
Ryon ^_-


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