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Schatten der Vergangenheit

Kapitel 22 "So long, Star Sheriffs" ist fertig!!!
von

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Im Herzen des Chaos

Unsanft wurde Colt am nächsten Morgen durch das monotone Piepen seines Weckers aus dem Schlaf gerissen. Sie hatten bis tief in die vergangene Nacht an den Plänen für ihren Sprung in die Phantomzone gearbeitet, auch wenn sie dieses Szenario mindestens schon dreißig Mal durchexerziert hatten. Und zu allem Überfluss hatte Saber den Appell für den heutigen Tag unnötiger Weise auf sieben Uhr gelegt. Der Cowboy fand dieses Verhalten absolut übertrieben und vertrat zusammen mit Fireball einhellig die Meinung, dass es sich viel besser kämpfen ließ, wenn man ausgeruht aufs Schlachtfeld zog und einem nicht vor Müdigkeit die Augen zufielen. Wie zu erwarten gewesen war, hatte sich der Säbelschwinger nur unmerklich von dieser doch durchaus einleuchtenden Theorie beeindrucken lassen.

Schlaftrunken stemmte Colt sich in seinem Bett auf und warf einen verkniffenen Blick auf die blinkende Digitalanzeige: „Zwanzig vor sieben, das ist die reinste Sklaverei!“ brummte er undeutlich vor sich hin, während er mit der linken Hand unkoordiniert vor dem Wecker herumfuchtelte, um endlich dieses lästige Piepen abzustellen. Seine müden Glieder ächzten, als er sich langsam aus dem Bett schälte und schrieen förmlich nach einem Koffeinschock. Was er jetzt brauchte, war eindeutig eine Tasse Kaffee!

Wie er die anderen kannte, saßen sie bestimmt schon geschniegelt und gebügelt bei einem üppigen Frühstück beisammen und lauschten den Anweisungen ihres Bosses, die Colt mittlerweile schon so oft gehört hatte, dass er sie auswendig kannte. Zum Glück war er ein Mensch, der zu so früher Stunde noch keinen Bissen herunter bekam. Sein Magen gehorchte einem ganz eigenen Biorhythmus und meldete sich nie vor zehn Uhr zu Wort, eine Begebenheit, die ihm heute immerhin zu einer Viertelstunde mehr Schlaf verholfen hatte.

Mit einem herzhaften Gähnen kratzte er sich den durchtrainierten Bauch, bevor er sich ein T-Shirt überzog und hinaus auf den Gang trat. Aus der Küche waren keine Geräusche zu hören. Dieses Strebergesindel war doch nicht etwa schon in den Startlöchern und würde den Dimensionssprung wagen, während er noch in Boxershorts durch die Gegend turnte? Wohl kaum, aber um Sabers Zorn nicht schon wieder auf sich zu ziehen, war wohl ein wenig Eile geboten. Er wandte sich nach links, weg von der Kommandobrücke, und schlurfte gemütlich an den Quartieren der anderen vorbei zum Waschraum. Der Kaffee würde warten müssen, zuerst war notdürftige Katzenwäsche angesagt.

„Guten Morgen, Billy-Boy“, Fireball stand an einem der Waschbecken und fuhr sich mit einem Handtuch über das tropfnasse Gesicht, welches er den verstreuten Utensilien auf der Spiegelablage zufolge gerade rasiert hatte, „dachte schon, Du würdest Dich heute gar nicht mehr aus den Federn schwingen.“

Angewidert verzog der Cowboy das Gesicht: „Billy-Boy? Ich glaub, Deine Cornflakes waren schlecht!“ er hasste es, mit seinem richtigen Namen angesprochen zu werden und der Rennfahrer wusste das ganz genau. Ohne ihm weitere Beachtung zu schenken belegte er das zweite Waschbecken mit Beschlag und drehte den Hahn auf. Eiskaltes Wasser strömte über seine Handgelenke und erweckte die abgekämpften Lebensgeister aus ihrem Schlummer. Ein paar Sekunden verharrte er in dieser reglosen Position, dann fing er etwas Wasser mit den Händen auf und spritzte es sich ins stoppelige Gesicht.

„Mylady haben wohl einen unruhigen Schlaf gehabt!“ Fireball schleuderte sein Handtuch achtlos in Richtung Wäschekorb, verfehlte diesen aber um gute anderthalb Meter, was Colt aus dem Augenwinkel mit Genugtuung zur Kenntnis nahm: „Und genau deswegen bist Du nur ein mieser kleiner Seifekistenkutscher!“

Als der Rennfahrer zu einer Antwort ansetzen wollte, kündigte ein wohlbekanntes metallisches Knacken gefolgt von statischem Rauschen an, dass mal wieder jemand seine Finger an der Sprechanlage hatte.

„Man, wer diesen Mist eingebaut hat, sollte kielgeholt werden. Nicht mal beim Pinkeln hat man seine Ruhe…“ die letzten Worte des Cowboys gingen in Christas glockenheller Stimme unter, die im Jargon einer Stewardess trällerte: „Verehrte Fluggäste, ich begrüße Sie zu unserer Reise in die Phantomzone an Bord unseres vielgerühmten Kampfschiffes Ramrod. Es ist ein strahlender Morgen und die Konditionen für einen Dimensionssprung stehen günstig. Daher werden alle Star Sheriffs gebeten, sich um 0700 auf der Brücke einzufinden, um weitere Instruktionen entgegen zu nehmen. Allen anderen Passagieren wünschen wir noch einen angenehmen Aufenthalt. Bei Wünschen oder Fragen wenden Sie sich bitte an unser freundliches Bordpersonal“, der Redeschwall kam kurzfristig zum Erliegen und man hörte deutlich, wie die junge Frau sich räusperte, „Saber sagt, Ihr sollt zusehen, dass Ihr Euch auf Eure Plätze bewegt – pronto di flotto!“

„Wir haben noch ganze fünfzehn Minuten Zeit, sag das dem Drill Seargent“, raunzte Fireball in Richtung Lautsprecher zurück, „und jetzt mach, dass Du wegkommst, das hier ist ein Privatgespräch.“ ohne weiteren Kommentar schloss Christa den Funkkanal und das Rauschen erstarb.

„Sieht ganz so aus, als hätte sich unser wackerer Anführer ein neues Haustier zugelegt.“ Ungehalten griff Colt nach seiner Zahnbürste und der Zahnpasta. Wieso konnte man nicht wenigstens morgens fünf Minuten lang seine Ruhe haben. Sieben Uhr hieß für ihn sieben Uhr und nicht eine Viertelstunde vorher. Und diese Viertelstunde würde er sich auch nicht nehmen lassen.

Fireball schluckte die anzügliche Bemerkung, die ihm zu diesem Spruch eingefallen war herunter, fuhr sich prüfend durch das widerspenstige schwarze Haar und befand dann, dass der Einsatz einer Bürste sowieso keinen Zweck haben würde: „Ich genehmige mir noch einen Kaffee, wer weiß, wann wir das nächste Mal dazu kommen.“

„Grüsch den Bosch, wenn Du ihn siehscht“, Colt verfolgte im Spiegel skeptisch die Zahnbürste, die er in seinem Mund auf und ab bewegte, „er scholl gefälligscht auf die Uhr schauen, bevor er unsch die Militärpolischei auf den Halsch jagt.“

Die Tür glitt lautlos zur Seit und Fireball überließ den Cowboy kopfschüttelnd seiner Morgentoilette.

„Und lasch mir wasch vom Kaffee übrig“, eine dicke Ladung Schaum landete im Waschbecken und verschwand zusammen mit dem laufenden Wasser im Abfluss, „sonst kannst Du gleich Dein Ticket zu Manitu lösen.“ Colt spülte seine Zahnbürste ab und nahm noch einen großen Schluck Wasser, den er gurgelnd in alle Richtungen verspritzte und dann ebenfalls wieder ausspuckte. Er konnte die ganze künstlich erzeugte Hektik überhaupt nicht verstehen. Die Phantomzone lief ihnen schließlich nicht davon und sie würden schon noch früh genug herausfinden, ob Ramrods neu eingebautes Spielzeug funktionierte. Prüfend ließ er seine Hände über die Bartstoppeln an seinen Wangen gleiten. Er fühlte sich nach einer Rasur grundsätzlich frischer, aber eigentlich hatte er keine Lust, mit dieser Prozedur weitere wertvolle Minuten zu verlieren. Zumal es den Outridern sicherlich ziemlich schnuppe war, ob er mit einem Gesicht wie ein rosaroter Babypopo oder einem Backenurwald wie Robinson Crusoe auftauchte.

Mit zusammengekniffenen Augen taxierte er sein Spiegelbild: „Diesen Schmutzfüßen werden wir schon zeigen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind“, der Colt im Spiegel starrte ziemlich argwöhnisch zurück, „wenn wir in einem Stück bei denen ankommen!“

Der Cowboy entschied, dass eine Dusche wohl die beste Wahl war, um den Schlaf und damit auch alle dunklen Gedanken vorläufig abzuschütteln. Rasch zog er sich das T-Shirt über den Kopf und hängte es auf den Handtuchständer. Die Tür öffnete sich erneut, als er gerade an den Bändern seiner Boxershorts nestelte und Christa betrat mit verschlossener Miene den Raum: „Saber sagt, Du sollst’n Zahn zulegen!“ ihr war offenkundig eine Laus über die Leber gelaufen, denn ihr Mund kräuselte sich, als hätte sie gerade eben in eine Zitrone gebissen.

„Na, na, Cinderella, was machst Du denn für ein Gesicht“, Colt machte einen Schritt auf sie zu und legte einen Zeigefinger unter ihr Kinn, „drückt etwa da Schühchen?“

Angriffslustig schlug Christa seine Hand fort und funkelte ihn blindwütig an: „Wenn Du es genau wissen willst, Cowboy, ja tut es!“ sie verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete Colt abschätzend von oben bis unten. Kleine Wassertropfen hatten sich in den braunen Locken verfangen, die sich wirr in seine Stirn kräuselten und tropften angelegentlich auf sein sowieso schon nasses Gesicht. Von dort liefen sie in kleinen Rinnsalen über den Hals, seine breite Brust und die gut trainierten Bauchmuskeln hinab, bis sie vom Bund der Shorts aufgesaugt wurden. Der jungen Frau wurde einmal mehr bewusst, welche Anziehungskraft der Star Sheriff auf sie ausübte und versuchte angestrengt, sich nicht von seiner überwältigenden Erscheinung aus dem Konzept bringen zu lassen.

Colt hob bei soviel offenkundiger Feindseeligkeit überrascht die Augenbrauen: „Sag mal, habe ich Dir irgendwas getan, Prinzessin?“ er legte leicht den Kopf schräg und beäugte sie voller Interesse.

Oh bitte, flehte Christa bebend, tu das nicht! Wenn Du mich so ansiehst… Sie schloss energisch die Augen und atmete tief durch: „Du bist ein mieser Heuchler Colt, das wollte ich Dir nur sagen!“

„Was“, der Cowboy glaubte seinen Ohren nicht trauen zu können, „Du hast wohl auch von den verdorbenen Cornflakes genascht, was?“

Der Puls der jungen Frau raste und sie war kurz davor, fluchtartig den Raum zu verlassen. Aber sie hatte sich nun einmal vorgenommen, Colt noch vor dem Dimensionssprung die Meinung zu sagen und das würde sie verdammt noch mal auch tun: „Du kannst Deine blöden Witze auch nicht mal für fünf Minuten in der Kiste lassen, oder?“

Colt hob gleichmütig die Hände: „Kommt aufs Publikum an. Aber mich dünkt, Du bist nicht an einer kleinen Spaßeinlage interessiert.“

„Kommst Du Dir eigentlich nicht ziemlich schäbig vor?“ Christas Worte senkten sich wie die Krallen eines Raubtieres, das seine Beute zerfleischen wollte in seine Brust.

„Sag mal, wovon Du redest?“ verwirrt stemmte er die Arme in die Hüften. Dieser Morgen entwickelte sich zu einem äußerst bizarren Alptraum.

„Davon, dass Du Dir selber ganz schön etwas vormachst und Deiner holden Robin noch dazu!“ das Glitzern in Christas Augen unterstrich die schwerwiegende Bedeutung ihrer Worte, auf deren weitere Ausführung Colt nicht die geringste Lust verspürte: „Hör zu, Süße, das Thema ist doch längst abgehakt“, er versuchte sie mit einem verschmitzten Lächeln milde zu stimmen, „schließlich ist ja wirklich nichts passiert und Robin weiß das. Himmel, wir waren beide ziemlich angesäuselt, daraus solltest Du kein Drama machen!“

Anklagend richtete sich der Zeigefinger des Lieutenants auf Colts ungeschützte Brust, der unwillkürlich einen Schritt zurück wich: „Hör auf, allen was vorzumachen. So betrunken, wie Du vorgibst, bist Du gar nicht gewesen!“

Der Cowboy musterte sein Gegenüber mit aufkeimender Skepsis. Worauf zum Teufel wollte sie hinaus. Sie war sichtlich erregt und konnte ihre Anspannung nur schwer verstecken. Das rote Haar fiel wie ein Wasserfall aus Feuer auf ihre Schultern, die sich mit jedem Atemzug heftig hoben und senkten. Ihr Gesicht glühte vor wilder Entschlossenheit und ihre wunderschönen Augen funkelten wie schwarze Opale. Ihr gertenschlanker Körper war mit einem dunkelgrünen, hautengen Overall bekleidet, der ihre Kurven und Rundungen besonders gut zur Geltung brachte. Sicherlich war das ihr Outfit, welches sie für gewöhnlich unter dem Kampfanzug trug.

„Na und wenn schon“, was tat es zur Sache, wie viel er an diesem Abend tatsächlich im Kahn gehabt hatte, „Tatsache ist doch nun mal, dass nichts zwischen uns gelaufen ist.“

„Nein, Tatsache ist, dass etwas gelaufen wäre, wenn Saber nicht dazwischen geplatzt wäre. Du hast genau gewusst, was Du tust und warst bereit, aufs Ganze zu gehen. Und Deiner Frau erzählst Du, dass Du doch eigentlich gar nicht auf Rothaarige stehst und dass nur das böse Bier an allem Schuld war“, schnaubend holte Christa Luft, gab Colt aber keine Gelegenheit, sich zu verteidigen, „und den anderen beiden gegenüber machst Du ständig Deine Witzchen, so als wenn das alles nur ein dummer Scherz gewesen wäre. Und ich stehe als blöde Gans daneben, die sich bei dem Versuch, Dich zu verführen die Finger verbrannt hat! Weißt Du, wie sehr Du mich damit demütigst?“

Colt fehlten die Worte. Verzweifelt rang er die Hände und suchte nach einer Erklärung, nach einer guten Ausrede, um dieses Gespräch zu beenden. Das führte doch zu nichts: „Du übertreibst maßlos…“ sein Blick fiel ungewollt wieder auf ihren wohlgeformten Körper und er bekam das Gefühl, vor Hitze verglühen zu müssen.

„Nein, tue ich nicht!“ für einen Moment starrten sich die Kontrahenten wild an, aber Christa konnte dem Blick nicht standhalten und sah schließlich zu Boden.

„Was genau willst Du eigentlich?“ erst jetzt bemerkte Colt, dass der Lieutenant keine Schuhe trug. Ihre nackten schmalen Füße waren perfekt geformt und gekrönt mit scharlachrot lackierten Nägeln.

„Dass Du endlich ehrlich bist!“

Colt riss sich von Christas Füßen los und konzentrierte sich wieder auf ihr attraktives Gesicht: „Ich bin froh, dass an diesem Abend nichts passiert ist, okay! Ist es das? Bist Du nun zufrieden?“

„Du kapierst es immer noch nicht, oder“, die junge Frau kam noch näher an ihn heran und bohrte ihm den Zeigefinger in die Magenkuhle, „gib endlich zu, dass Dir Deine Frau an dem Abend völlig egal war. Damit ich mich selber wieder im Spiegel anschauen kann und weiß, dass ich nicht allein Schuld an dieser blöden Geschichte war.“

Energisch langte Colt nach dem Finger, den Christa anklagend in seine Haut gegraben hatte: „Hör auf, ständig mit dem Finger auf mich zu zeigen, kapiert“, er umschloss ihre Hand mit eisernem Griff, „ich liebe meine Frau und würde sie niemals betrügen, ist das klar!“ ihr Oberkörper drängte sich hart an seinen und er konnte die Wärme ihrer Haut spüren.

„Gib doch endlich zu, dass Du es wolltest“, Christa fühlte seinen erregten Atem auf ihrer Wange, „dass wir es beide wollten…“ die letzten Worte kamen nur noch als gehauchtes Flüstern über ihre Lippen. Ihr ganzer Körper pulsierte mit jedem Schlag ihres Herzens und für den Bruchteil einer Sekunde fürchtete sie, dass Colt sie vor Abscheu von sich stoßen würde. Doch plötzlich schoss seine rechte Hand nach oben, legte sich fest um ihren Nacken und zog ihren Kopf ganz nah zu sich heran: „Ja, ich will Dich…“ knurrte er unbeherrscht und im nächsten Moment spürte Christa, wie sich seine Lippen fordernd auf die ihren pressten. Er ließ ihre Hand los und wand den frei gewordenen Arm um ihre schlanke Taille. Willenlos ergab sich Christa ihrer aufbrodelnden Leidenschaft und drängte ihr Becken an den Oberschenkel des Cowboys. Sie spürte, wie sich seine Zunge verlangend zwischen ihre Lippen schob und wie berauscht ihren Mund erkundete, als sie ihm den Zugang gewährte. Die aufs Äußerste gereizten Sinne raubten ihr den Verstand. Alles um sie herum hatte mit einem Mal die Bedeutung verloren, es gab nur noch sie und Colt und diesen herrlichen Kuss. So leidenschaftlich hatte sie noch nie zuvor einen Mann erlebt. Völlig im Rausch der Ekstase schlang sie ihre Arme um seinen nackten Oberkörper und krallte die Fingernägel in seinen Rücken. Ihre Zunge fand die seine und elektrisierende Stromschläge zuckten durch ihren Magen. Alles in ihr schrie nach diesem Mann. Ihre Fingernägel hinterließen blutige Striemen auf seiner Haut und Colt stöhnte leise auf. Sie wollte ihm Schmerzen zufügen und bettelte gleichzeitig danach, er möge das gleiche mit ihr tun, weil sie fürchtete, diesem Wahnsinn sonst nicht länger standhalten zu können.

Unruhig verlagerte der Cowboy das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und geriet dabei ins Trudeln. Er verlor das Gleichgewicht und stolperte unsanft nach vorne. Christa schlug hart gegen die Wand und Colt konnte sich gerade noch im letzten Moment mit der linken Hand daran abstützen, bevor er sie mit seinem Körper halb erdrückt hätte. Seine andere Hand hatte sie nach wie vor fest im Nacken gepackt. Schwer keuchend starrten sich die beiden an. Wogen der Erregung brandete durch ihre Körper und betäubten jeden klaren Gedanken.

„Für den Fall, dass wir hierbei draufgehen sollten“, flüsterte Colt schwer atmend und streichelte sanft mit dem Daumen ihren Hals, „will ich das hier um nichts in der Welt verpasst haben!“ erneut küsste er sie heiß und hingebungsvoll. So ein unbändiges Verlangen nach dem Körper einer Frau hatte nie zuvor von ihm Besitz ergriffen. Natürlich liebte er Robin, fand sie sexy und aufregend, aber die Wirkung, die Christa auf ihn hatte, war nicht zu beschreiben. Er spürte ihren festen Busen, der sich an seine nackte Brust drückte und musste dem Begehren widerstehen, die dünnen Träger von ihren Schultern zu schieben um zu erkunden, was sie darunter trug.

Doch plötzlich schoben sich Christas Hände zwischen ihre aufgeheizten Körper und drängte ihn sanft zurück. Er wollte protestieren und sie wieder an sich ziehen, da bemerkte er, dass ihre Augen feucht schimmerten: „Was ist?“ er zog sich erschrocken zurück und starrte in das todunglücklich dreinblickende Gesicht des hübschen Lieutenants. Ihre Hand schoss so schnell vor, dass er sie kaum kommen sah. Sie traf ihn mit der flachen Seite mitten ins Gesicht und riss ihn schmerzlich zurück auf den Boden der Tatsachen. Völlig perplex berührte er die anschwellenden Striemen, die ihre Finger hinterlassen hatten: „Wofür war das?“

Christa straffte tapfer ihren zitternden Körper: „Für den Fall, dass wir hierbei nicht draufgehen!“ so würdevoll wie es ging, wischte sie sich die Tränen fort und verließ fluchtartig den Raum, ohne Colt noch einmal anzusehen.

Entgeistert starrte der Cowboy ihr hinterher. Das Blut rauschte noch immer in seinen Ohren und sein Körper bebte vom Adrenalinschub, den der leidenschaftliche Kuss in ihm ausgelöst hatte. Doch dann griff er nach seiner Dose Rasierschaum, das erstbeste, was ihm unter die Finger gekommen war, und schmiss sie mit einem unkontrollierten Wutschrei an die Wand. Was hatte er nur getan? Aufgebracht fuhr er sich durch die nassen Haare, krallte sich in den drahtigen Locken fest und zog daran, bis der Schmerz kleine Blitze durch seinen Schädel schickte. Ein weiterer Wutschrei entrang sich seiner Kehle: „Herrgott, ich bin der größte Hornochse, der rumläuft!“ wie von Sinnen drehte er sich um die eigene Achse, die Hände zu Fäusten geballt und suchte nach einer Möglichkeit, die aufkeimende Wut abzulassen, bevor sie ihn erstickte.

Da er so schnell kein weiteres Wurfgeschoss finden konnte, schlug Colt seine Fäuste mit voller Wucht gegen die Stahlwand, an der eben noch Christa gelehnt hatte. Er hatte sie geküsst, hatte völlig die Kontrolle verloren. Was hatte er sich nur dabei gedacht. Verzweifelt presste er die heiße Stirn an das kühlende Metall: „Aarrr, ich bin so ein verdammter Idiot!“ selbstgeißelnd schlug er nun sogar seinen Kopf gegen die Wand, immer und immer wieder bis ihm schwindelig wurde. Dann drehte er sich erschöpft um und lehnte sich mit dem Rücken an. Die Kratzwunden auf seinem Rücken brannten, als seine Haut das Metall berührte: „Oh man, wieso? Wieso?“ jetzt stiegen auch ihm Tränen in die Augen. Tränen der Wut und Enttäuschung. Er hatte Robin betrogen, die Frau, die es eigentlich verdient hatte, dass man ihr jeden Stern einzeln vom Himmel holte. Wie konnte er ihr je wieder unter die Augen treten? Gestern erst hatte er ihr noch hoch und heilig geschworen, wie sehr er sie liebte und dass er keine andere Frau mehr auch nur ansehen würde. Und gerade eben war er wie ein läufiger Hund über Christa hergefallen. Er spürte noch immer die Berührung ihres Körpers auf seiner nackten Haut, schmeckte ihren Mund, wenn er sich die Lippen leckte.

„Nein, nein, nein, nein…“ verzagt trat er rücklings gegen die Wand. Das durfte er nicht. Wenn er nicht alles noch schlimmer machen wollte, durfte er nicht einmal mehr an sie denken. Weder an ihre wohlgeformte Oberweite, noch an den Geschmack ihrer Haut und erst recht nicht an das Temperament, das sie beieinander hervorgerufen hatten. Aber er konnte nicht anders, die eben erlebten Gefühle waren zu mächtig und noch zu allgegenwärtig, als dass er sie jetzt einfach zu verdrängen vermochte.

Christa hatte verlangt, dass er ehrlich zu sich selbst sein sollte, doch was hieß das? Colt wusste nur, dass er diese junge Frau mit jeder Faser seines Körpers begehrte, ja geradewegs vor Begierde verbrannte, andererseits aber den Gedanken kaum ertragen konnte, was er Robin soeben angetan hatte. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Der Cowboy konnte sich nicht daran erinnern, dass er je eine Frau grob angefasst hatte, schon gar nicht die zarte und zerbrechliche Robin. Aber bei Christa hatte er das unauslöschliche Verlangen gehabt, seine Zähne in ihre Schultern zu senken, ihren Hals noch fester zu packen und sie noch härter und fordernder zu küssen, als er es sowieso schon getan hatte. Er war wirklich kurz davor gewesen, ihr absichtlich weh zu tun, um sein Verlangen zu bändigen. Und Christa war es ähnlich ergangen, die Spuren, die ihre Fingernägel auf seinem Rücken hinterlassen hatten, sprachen eine eindeutige Sprache. Es hatte sich so gut angefühlt, so vollkommen. Und trotzdem war es so falsch und so verboten gewesen. Colt war innerlich wie zerrissen. Wie konnte es sein, dass man die eine Frau so sehr liebte, dass man den Rest seines Lebens mit ihr verbringen wollte, aber eine andere Frau, die sich im Charakter und im Wesen so sehr von der ersten unterschied, so begehrenswert fand?

„Colt!“ Fireballs ungeduldige Stimme schallte draußen den Flur entlang und eilig nahende Schritte kündigten an, dass der Freund jede Sekunde hier hereinplatzen würde. Panik ergriff den Cowboy. Der Rennfahrer durfte auf keinen Fall die Kratzer auf seinem Rücken sehen. Hastig griff er nach seinem Shirt, das noch immer über den Handtüchern hing und schlüpfte hinein. Dann ließ er einen flüchtigen Blick durch den Raum wandern und befand, dass später noch genug Zeit bleiben würde, die Dose Rasierschaum wieder an ihren Platz zu stellen. Noch einmal tief durchgeatmet und auf in den Kampf!

Mit einem gezwungenen Lächeln trat er hinaus auf den Gang und wäre beinahe mit Fireball zusammengeprallt, der eine äußerst säuerliche Miene zur Schau stellte: „Du bist zu spät. Wenn Du nicht willst, dass Saber wieder einen Tobsuchtsanfall bekommt, schwingst Du Dich jetzt schleunigst in Deinen Kampfanzug und kommst nach oben“, er musterte den Freund mit unverhohlener Neugier, „was hast Du überhaupt so lange im Bad getrieben?“

„Nur’n bisschen getrödelt“, Colt fühlte sich äußerst unbehaglich in seiner Haut und zwängte sich deswegen schnurstracks an Fierball vorbei, „bin in zwei Minuten da!“

„Na hoffentlich!“ der junge Star Sheriff verfolgte misstrauisch, wie sein Freund sich verlegen in sein Zimmer zurückzog: „Ach Colt“, der braune Lockenkopf reckte sich mit fragendem Blick noch einmal zur Tür hinaus, „solltest den Lippenstift abwischen, die Farbe steht Dir nicht!“
 

Christa hielt den Blick starr auf ihren Monitor gerichtet, als Colt endlich in voller Kampfmontur auf der Kommandobrücke erschien. Sie verspürte im Moment nicht das mindeste Verlangen, in diese so unschuldig anmutenden braunen Augen zu schauen. Nnicht nach dem, was im Waschraum vorgefallen war. Ihre Gefühle schlugen noch immer Purzelbäume und der Stich, den der Star Sheriff ihr mit seiner laxen Art versetzt hatte, hatte sich tief in ihr Herz gebohrt und verursachte unbeschreibliche Schmerzen.

„Für den Fall, dass wir hier draufgehen…“ seine Worte hallten noch immer in ihrem Gedächtnis nach. Damit hatte er unmissverständlich klar gestellt, was für einen Stellenwert die ausgewachsene Flirterei zwischen ihnen für ihn einnahm. Natürlich wusste Christa, dass sie ihm gefiel, das hätte selbst ein Blinder mit Krückstock bemerkt. Sie war der Typ Frau, der den Cowboy provozierte, eine Herausforderung für seinen ausgeprägten Jagdtrieb darstellte. Und wenn sie dem Treiben vorhin kein Ende gesetzt hätte, wäre er mit Sicherheit bis zum Äußersten gegangen, um sein männliches Ego zu ergötzen. Aber anschließend wäre der Spaß für ihn vorbei gewesen. Er hatte kein weitreichenderes Interesse an ihr und würde sie nach dieser Mission sicherlich auch nicht wiedersehen wollen. Sie war nichts weiter als eine nette kleine Abwechslung vom wahrscheinlich recht tristen Ehealltag.

Hatte sie sich denn tatsächlich eingebildet, Colt könnte mehr als nur freundschaftliche Empfindungen für sie hegen? Nur weil er auf ihren gut gebauten Körper so reagierte, wie es jeder andere normale Mann auch getan hätte? Genau da lag augenscheinlich der Hund begraben: der Star Sheriff war eben nicht der außergewöhnliche Mensch, den sie sich in schillernden Farben ausgemalt hatte, sondern schlicht ein Mann wie alle anderen auch. Und er würde Robin sicherlich nicht wegen irgendeiner dahergelaufenen Frau verlassen, nur weil diese vielleicht sein Blut in Wallung brachte und ihm schöne Augen machte. Sie war so dumm gewesen! Wenn sie doch nur von Anfang an auf ihren Verstand gehört hätte, der sie vor diesem smarten Cowboy gewarnt hatte. Nun hatte sie sich für nichts und wieder nichts zum Narren gemacht!

„Wie schön, dass Du auch mal vorbei schaust!“ Sabers Stimme troff vor Sarkasmus, als er mit finsterem Blick verfolgte, wie Colt sich schnurstracks zu seiner Satteleinheit begab. Aus dem Augenwinkel konnte Christa erkennen, dass er bereits seinen Helm aufgesetzt hatte, der sein Mienenspiel vor den anderen verbarg. Vielleicht hatte ihre Ohrfeige einen vorerst bleibenden Eindruck hinterlassen und Colt wollte so versuchen, die roten Striemen auf seiner Wange zu vertuschen, um lästigen Fragen aus dem Weg zu gehen. Aus welchen Gründen auch immer, Christa war dankbar dafür, dass er den Helm trug, denn so musste sie wenigstens nicht den Anblick seines Antlitzes ertragen.

„Ach Boss, was soll ich sagen…“ lässig hielt der Cowboy sich am Gestänge seiner Satteleinheit fest und schwang sich behände auf seinen Platz.

„Lieber nichts“, Fireball betrat Ramrods Schaltzentrale, den eigenen rot-weißen Helm unter den Arm geklemmt, „kommt ja doch nur Stuss bei rum!“ im Vorbeigehen drehte er flüchtig den Kopf zu Christa und warf ihr aus anklagenden Augen vorwurfsvolle Blicke zu. Es traf die junge Frau wie ein Schlag in die Magenkuhle: der Rennfahrer wusste bereits über die Geschehnisse im Waschraum bescheid!

„Wenn wir jetzt endlich vollzählig sind, können wir ja vielleicht unserem eigentlichen Job nachgehen.“ Der Säbelschwinger wartete ab, bis Fireball sich hinter der Steuerung niedergelassen hatte, bevor er seinen Helm aufsetzte und in seiner eigenen Satteleinheit Platz nahm. Durch Colts Trödelei hatten sie bereits eine Viertelstunde verloren, was den Anführer der Star Sheriffs maßlos ärgerte. Er drückte einige Tastenkombinationen an seinem Computer, um seinem Team eine kompliziert wirkende Grafik auf die Monitore zu spielen: „Was ihr hier seht“, mit einem raschen Blick versicherte er sich, dass alle drei ihren Bildschirm beobachteten und er nun ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hatte, „ist das Koordinatensystem, dass wir anhand der Technik des gekaperten Outriderschiffes entwickeln konnten. Es ist mit Sicherheit fehlerhaft und wird nicht mit den tatsächlichen Begebenheiten, die uns in der Phantomzone erwarten übereinstimmen. Aber trotzdem haben wir so die Möglichkeit, den Ursprung des abgesetzten Funkspruches relativ genau zu lokalisieren.“

„Na prima, wir suchen also mal wieder die Nadel im Heuhaufen!“

Saber versuchte Colts unqualifizierten Kommentar zu ignorieren: „Sobald wir den Dimensionssprung hinter uns gebracht haben, wird es unser oberstes Ziel sein, eben diesen Ursprungspunkt auszumachen und zu überprüfen. Die Daten sind bereits in das Maverick-Navigationssystem eingespielt, und wenn die noch unbekannten atmosphärischen Zusammensetzungen keine Auswirkungen auf unsere Systeme haben…“

„Wenn?“, der Cowboy musste einen gequälten Lacher unterdrücken, „wenn mich nicht alles täuscht, spielen wir mal wieder russisches Roulette, oder wie?“

„Man, Colt“, Fireball wandte den Kopf nach rechts zu seinem Partner, „das sind alles Sachen, die Saber uns mittlerweile schon hundert Mal erzählt hat. Jetzt tu also nicht so, als würdest Du nur Bahnhof verstehen!“ in seiner Stimme schwang eine ungewöhnliche Schärfe mit.

Saber wusste nicht, ob der junge Heißsporn aufgrund des bevorstehenden Sprungs in die Phantomzone angespannt war, oder ob er sich mal wieder einen kleinen Privatkampf mit dem Cowboy geleistet hatte, der nun seine Nachwirkungen zeigte. Auf jeden Fall war er dankbar für die unerwartete Unterstützung: „Danke, Fireball!“

„Streberischer Klugscheißer!“ grummelte Colt ungehalten vor sich hin, verkniff sich aber jeden weiteren Kommentar und auch Fireball stieg nicht auf das Wortgefecht ein.

„Also wenn unsere Systeme den Sprung unbeschadet überstehen“, nahm Saber den Faden unwirsch wieder auf, „und auch sonst durch keine Störfaktoren beeinträchtigt werden, sollte es uns innerhalb kürzester Zeit gelingen, das Ziel zu erreichen. Da wir nicht wissen, was uns dort drüben tatsächlich erwartet, ist äußerste Vorsicht angesagt. Vielleicht treffen wir auf einen verlassenen Planeten, aber wenn wir auf feindliche Einheiten treffen sollten…“

„Werden wir diese eliminieren, wie Commander Eagle befohlen hat!“ vollendete das jüngste Mitglied der Star Sheriffs den Satz. Die Worte waren ihm trotz ihrer schwerwiegenden Bedeutung spielend leicht über die Lippen gekommen. Wenn es nach Fireball gegangen wäre, hätten sie bereits am Abend zuvor den Sprung gewagt. Er konnte es nicht erwarten, endlich herauszufinden, was es mit diesem mysteriösen Funkspruch wirklich auf sich hatte.

„Tut mir aber bitte den Gefallen, Jungs, und ballert nicht wie wild auf alles, was sich bewegt!“

„Aye, Boss!“ der Rennfahrer hob zum Zeichen des Verständnisses den linken Daumen.

„Hast Du mich auch verstanden, Colt?“ die Ungeduld in Sabers Stimme wuchs langsam aber beharrlich an. Wenn der Cowboy so weitermachte, würde er ihm noch selbstpersönlich mit einem gezielten Schuss das Gehirn aus dem Schädel pusten.

„Klar hab ich Dich verstanden, Partner“, Colt verschränkte maulend die Arme, weil er es unfair fand, dass Saber ihn natürlich wieder besonders auf dem Kieker hatte, „hab ja nichts mit den Lauschlappen nicht.“

Hätte der Säbelschwinger nicht bereits seinen Helm aufgehabt, wäre er sich mit Sicherheit mit den Fingerspitzen über die Nasenwurzel gefahren, um seinen Geist zur Ruhe zu rufen. Er atmete tief durch und hoffte, dass sein aufkeimender Zorn davon verrauchte. Sie hatten keine Zeit, um sich überflüssigen Diskussionen um Ordnung und Disziplin hinzugeben. Besonders da Saber genau wusste, dass seinen mahnenden Worte an dem Cowboy abprallen würden, wie Waffenprojektile an einer schusssicheren Weste.

„Nun gut, Ihr wisst alle, was zu tun ist! Dann trödeln wir nicht weiter herum und machen uns bereit für den Sprung in die Phantomzone“, er ließ seine Finger über die Tastatur fliegen und auf den Bildschirmen der anderen erschienen wieder die üblichen Anzeigen ihrer jeweiligen Systeme: „Maverick-Navigationssysteme bereit?“

„Bereit!“ Christas Stimme zitterte vor Anspannung, als sie die Befehle an ihren Computer weitergab, die sie in den letzten Tagen wieder und wieder und wieder simuliert hatte. Sie betete, dass sie nun, da der Ernstfall eintrat, keinen Fehler begehen würde.

„Maverick-Steuersysteme bereit?“

„Mehr als bereit, Boss!“ grimmige Entschlossenheit klang aus Fireballs Worten. Geübt zündete er die abgeschalteten Triebwerke, deren gewaltige Kraft den Kampfkoloss für einige Augenblicke erzittern ließ. Dann gab der Rennfahrer vollen Schub auf die Turbos und Ramrod schoss seinem ungewissen Schicksal entgegen.

„Gut“, Saber aktivierte das neu integrierte Dimensionssprung-System, welches sie auf direktem Weg in die Phantomzone bringen sollte, „Maverick-Feuerleitstand bereit, Colt?“

Der Cowboy konnte es sich nicht verkneifen, seine Bereitschaft anhand einer kleinen Demonstration zu veranschaulichen. Sicher schloss er beide Hände um die Feuerkontrollen und zog den linken Zeigefinger schnell dreimal hintereinander durch. Eine Hitzewelle durchflutete das Cockpit, als drei Stafetten Langstreckenraketen aus den Hauptgeschützen des Kampfschiffes donnerten und in den weiten des Alls verschwanden: „Ist die Erde eine Scheibe, oder was?“ zufrieden bemerkte Colt, dass sich zwei der eingebauten Wärmeaustauscher automatisch aktivierten und für ausgleichend kühle Luftzufuhr sorgten.

„Vielen Dank für dieses beeindruckende Schauspiel!“ Saber enthielt sich eines Kommentars hinsichtlich der mangelnden Notwendigkeit von Munitionsverschwendung. Fireball hingegen konnte mit seiner Meinung zu diesem idiotischen Gehabe nicht hinter dem Berg halten: „Wenn Du so weitermachst, Nummer eins, werden wir die Phantomnasen nur noch mit Kieselsteinen bombardieren können. Es sei denn natürlich, Du willst Ihnen ein paar von Deinen unheimlich komischen Witzen erzählen und sie lachen sich tot.“

„Ein bisschen Spaß wird ja wohl erlaubt sein, oder?“

„Meinst Du nicht, dass Du Deine Portion an Spaß bereits mehr als ausgeschöpft hast?“ sie war erschrocken, als diese Worte aus ihr herausplatzten, aber Christa hatte es einfach nicht mehr mit anhören können, wie selbstgefällig der Cowboy hier schon wieder den großen Mann markierte.

„Schluss jetzt mit dem Unsinn“, fällte Saber ein Machtwort, bevor die Situation eskalierte, „ich werde jetzt den Sprungprozess einleiten. Hat noch jemand etwas Wichtiges zu sagen?“

Colt räusperte sich demütig: „Ob ich noch mal kurz für kleine Königstiger…?“

„Zehn, neun…“ ungerührt hatte Saber den Startknopf gedrückt und zählte nun den Countdown herunter.

„Wohl eher nicht.“ Colt lehnte sich erwartungsvoll in seinem Sitz zurück.

„…sieben, sechs…“

„War mir eine Ehre, mit Ihnen geflogen zu sein, Gentlemen!“

„Dito Lieutenant“, im Angesicht der Gefahr war Fireballs Wut auf Christa mit einem Schlag wie weggeblasen, „wir sehen uns auf der anderen Seite.“

„…zwei, eins…“ Sabers Stimme erstarb im ohrenbetäubenden Getöse des einsetzenden Chaos.

Ein metallisches Kreischen, als hätte ein Riese den Stahlgiganten in die Finger bekommen und versuchte jetzt, ihn in der Mitte durchzureißen, schallte durch das Cockpit, begleitet von gigantischen Druckwellen, die den Star Sheriffs die Luft zum Atmen nahmen. Grelle Explosionen tauchten alles in ein stechend gleißendes Licht, gleich einem ganzen Raum voller Schwarzpulver, in den man unachtsam eine Zigarette geworfen hatte.

Fireballs Kopf drohte vor unsagbaren Qualen jede Sekunde zu bersten. Er versuchte, schützend die Arme um den Helm zu legen, aber sein ganzer Körper verkrampfte sich bei den Höllenqualen, die er zu erleiden hatte. Er brüllte auf, aber sein Schrei verhallte in dem bestialischen Getöse. Und im nächsten Moment glaubte er, ein klaffendes Loch hätte sich in seinen Unterlaib gesprengt, das alles mit einer unglaublichen Kraft ansog und verschluckte. Seine Eingeweide, seine Muskeln, sein Gewebe, ja selbst sein Gehirn. Eine überwältigende Übelkeit ergriff ihn, während um ihn herum noch immer das tumultartige vermeintliche Ende der Welt tobte. Sein Kreislauf versagte augenblicklich den Dienst und Fireball wurde in einen tödlichen Strudel gerissen, der ihn an den Rand der Bewusstlosigkeit führte. Eine Detonation erfasste das Schiff und schleuderte es in einem hellgrünen Blitz nach vorne. Der Rennfahrer glaubte, das ganze Universum würde auf ihn einstürzen und ihn erdrücken, doch dann war mit einem heftigen Rucken plötzlich alles vorbei.

Benommen reckte Fireball den Kopf um zu testen, ob er auch wirklich noch fest auf seinen Schultern saß. In seinen Ohren tönte ein durchdringender Pfeifton und das unbestimmte Gefühl ergriff ihn, dass sein Magen kurz davor war, das kürzlich eingenommene Frühstück wieder von sich zu geben.

„Seid Ihr okay?“ Sabers Frage war mehr Stöhnen als alles andere gewesen. Der Rennfahrer wandte ihm vorsichtig den Kopf zu und nickte behutsam: „Ich glaub, ich wurde gerade von einer Dampfwalze platt gemacht…“ er griff nach seinem Helm und zog ihn mit Bedacht vom Kopf, um die stechenden Schmerzen hinter seinen Schläfen zu lindern. Erleichtert nahm er einen tiefen Atemzug, „man, was für ein Höllenritt.“

Neben sich nahm er ein undeutliches Ächzen wahr: „Ich glaub, ich muss gleich kotzen!“ Colt ließ seinen Helm achtlos zu Boden fallen. Sein Gesicht war kreidebleich und auf seiner Stirn hatten sich winzige Schweißtropfen gebildet. Flach keuchend war er tief in seinen Sitz gesunken, die Hände schützend über seinem Magen verschränkt.

„Christa?“ Saber schaute sich besorgt um, weil die junge Frau sich bislang nicht gerührt hatte, aber sie schien unverletzt. Ihre Arme hingen schlaff an den Seiten ihrer Satteleinheit herunter, anscheinend hatte sie es noch nicht fertig gebracht, sich ihres dunkelgrünen Helms zu entledigen. Wie in Zeitlupe reckte sie aber den rechten Daumen in die Höhe, um ihrem Anführer zu signalisieren, dass sie soweit in Ordnung war.

Langsam kamen Fireballs Lebensgeister wieder zu sich: „Ich hoffe nur, dass mich die Outrider erwischen“, er streckte probehalber ein Bein aus, um zu sehen, wie schmerzhaft diese Bewegung sein würde, „das Rückfahrticket kauf ich mir jedenfalls nicht!“ überraschender Weise waren die Schmerzen zu ertragen. Es war eher ein Gefühl, als hätte er am Tag zuvor exzessiven Sport betrieben und würde nun mit dem Muskelkater kämpfen müssen.

„Wollen wir mal hoffen, dass sie sich damit noch ein wenig Zeit lassen“, angeschlagen zog Saber sich am Metallgehäuse seiner Satteleinheit nach oben und kam wackelig auf die Beine, „im Moment geben wir sicherlich ein sehr passables Ziel ab.“

„Scheiße…“ alle Blicke richteten sich auf Colt, der es plötzlich sehr eilig hatte, von seinem Sitz aufzustehen. Seine Gesichtsfarbe war von kalkweiß zu giftgrün gewechselt und mit den ungelenken Schritten eines neugeborenen Kalbs taumelte er so schnell es ging in Richtung der Treppe, beide Hände in wilder Verzweiflung vor den Mund gepresst.

Unter normalen Umständen wäre Fireball in schallendes Gelächter ausgebrochen, konnte so aber nur ein amüsiertes Krächzen von sich geben: „Nicht vergessen, hinterher aufzuwischen!“

„Was machen Deine Systeme, Christa, alles noch intakt?“ Saber wankte zu der jungen Frau hinüber, die noch immer reglos auf ihrem Platz verharrte, jetzt aber endlich müde ihren Helm abnahm: „Tschuldige, Boss, aber die Systeme sind mir im Moment echt egal. Ich versuche gerade herauszufinden, ob ich noch am Leben oder schon in der Hölle angekommen bin!“ ihre Stimme klang müde aber trotzdem ein wenig schnippisch, was Fireball durchaus verstehen konnte. Dieser Dimensionssprung war wohl das übelste, was er je erlebt hatte und entsprechend stand ihm der Sinn nur nach seinem Bett und nicht nach der Funktionalität der Maverick-Systeme. Christa war eine zart gebaute Frau und hatte sicherlich noch mehr unter den Nachwirkungen des Sprungs zu leiden.

„Mag sein, aber wir könnten hier mitten auf dem Präsentierteller liegen“, aufmunternd legte Saber ihr eine Hand auf die Schulter, „wir müssen uns so schnell wie möglich orientieren wo wir sind. Im Moment sind wir völlig schutzlos.“

Ein müdes Anzeichen von Verständnis zeichnete sich in den matten Zügen des Lieutenants ab, als sie ergeben nickte und dann einige Knöpfe auf der Konsole vor ihr drückte: „Scheint soweit alles in Ordnung zu sein, jedenfalls kann ich keine Unregelmäßigkeiten entdecken.“

Fireball wusste, dass die nächste Frage ihm gelten würde, also startete er einen kurzen Systemscheck: „Hier ist auch alles soweit okay, glaub ich“, gebannt beobachtete er die vielen Abfragen, die nach und nach erst orangefarben blinkten und dann zu grün umschlugen, „bislang keine Störungen.“

„Gut“, Saber nickte ihm dankbar zu, „behalt das aber weiter im Auge, wir wollen später keine bösen Überraschungen erleben.“

„Geht klar“, Fireball hörte hinter sich ein röchelndes Husten und drehte sich grienend um, „wo wir gerade bei den bösen Überraschungen sind… wer hat jetzt die schlechten Cornflakes gefuttert, Cowboy, hä?“ er warf seinem Partner, der sich erschöpft aufs Treppengeländer stützte, einen hämischen Blick zu.

„Matchbox, wenn ich nicht gerade dem Teufel von der Schippe gesprungen wäre, könntest Du jetzt Dein blaues Wunder erleben.“ Colt legte sich wehleidig eine Hand auf den Bauch und schlich dann ziemlich kleinlaut zurück zu seiner Satteleinheit.

„Hast Dir wohl noch mal den Sprung durch den Kopf gehen lassen, wie?“ der Rennfahrer fühlte sich zusehends besser und kostete den kleinen Triumph in vollen Zügen aus. Ein leises Prusten aus seinem Rücken verriet ihm, dass Christa sich ebenfalls auf dem Weg der Besserung befand.

Colt lehnte sich ausgezehrt gegen seine Satteleinheit und warf Fire einen missgünstigen Blick zu: „Ja, mach Du nur Deine schäbigen Witze, Amigo, werde Dich dran erinnern, wenn ich Dich das nächste Mal aus der Patsche hauen muss.“

„Colt, wie lautet Dein Schadensbericht?“

Ungläubig starrte der Cowboy den blonden Schotten an, der sich augenscheinlich bereits von dem Sprung erholt hatte und seinen Blick mit stoischer Ruhe erwiderte: „Hey, ich habe gerade den weißen Gott aus Porzellan angebetet, woher soll ich wissen, wie der Schadensbericht lautet?“ das war doch wirklich nicht zu glauben.

„Dann würde ich vorschlagen, Du gehst Deiner versäumten Pflicht nach und holst ein paar Erkundigungen ein.“

„Ist ja schon gut“, biestig ließ Colt sich seitlich auf seinen Platz sinken und überflog so konzentriert es ging die Statusanzeigen der einzelnen Waffensystem, „hättest Oberaufseher im Knast werden sollen!“

Saber überging diesen bissigen Kommentar und stellte sich mit verschränkten Armen vor die große Glasfront. Sie hatten es tatsächlich geschafft, vor ihnen erstreckten sich die düsteren Weiten der Phantomzone. Eine undurchdringliche Schwärze griff nach Ramrod und zog ihn samt Besatzung in seinen alles verschluckenden Schlund. Bei dieser Vorstellung kroch eine leichte Gänsehaut über den Körper des Säbelschwingers. Er konnte sich nur wage an seinen ersten und bis dato einzigen Trip in die Phantomzone erinnern. Damals war er bei der Verfolgung eines Outrider-Schiffes mit in diese Dimension katapultiert worden, aber seine Materialisierung hatte nahe einem großen Planeten stattgefunden. Eine kleine orangefarbene Sonne hatte ihre Strahlen gespendet und alles in ein beinahe warmes, wenn auch diffuses Licht getaucht. Von dieser abstrusen und leeren Dunkelheit hatte er damals nichts ahnen können. Wohin er jetzt auch blickte, er konnte keinen Stern, keinen Planeten, keine Sonne, ja nicht einmal einen kleinen Mond ausmachen. Es war, als würden sie mit Ramrod in schwarzer Tinte schwimmen.

Christa erschien mit fahlhäutigem Gesicht und angstvollem Blick in den Augen neben ihm: „Das ist sie also?“ Saber bemerkte, dass auch sie versuchte, in diesem Dickicht aus Nichts ein Zeichen von Leben zu entdecken. Fröstelnd rieb sie sich die Oberarme, obwohl auf der Kommandobrücke weit mehr als 20° herrschten. Der Sprung hatte die Maverick-Systeme an ihre Grenzen gebracht und sie dabei enorm aufgeheizt.

„Nicht besonders einladend, oder“, Fireball ließ für einen Moment seine Anzeigen außer Acht und gesellte sich zu den anderen beiden, „da kann man schon verstehen, dass es den Jungs hier nicht so sonderlich gut gefällt!“

„Es ist gespenstisch!“ instinktiv rückte Christa ein Stück näher an den Rennfahrer heran und lehnte sich zaghaft an dessen Schulter. Eine Handlung, die Colt nicht verborgen blieb. Etwas Unangenehmes begann sich in seinem Inneren zu regen, als er mit ansah, wie Fireball kameradschaftlich den Arm um die junge Frau legte und sie tröstend an sich zog. Und sicherlich hatte dieses Etwas nichts mit seinen vorangegangenen antiperistaltischen Magenbewegungen zu tun: „Papperlapapp, da muss doch nur mal einer die Taschenlampe anknipsen!“ in Erwartung einer Reaktion taxierte er Christa mit gerunzelter Stirn. Wenn sie unbedingt einen Beschützer brauchte, musste sie sich nun wirklich nicht den Grünschnabel aussuchen. Leider war dieser aber der einzige, der Colts Blick erwiderte: „Dann sag doch dem Mann im Mond bescheid, dass er mal den Schalter umlegen soll!“

Überrascht nahm Fireball den drohenden Ausdruck in den Augen des Cowboys wahr. Was um alles in der Welt hatte er denn nun schon wieder falsch gemacht? Im Moment war wirklich kein leichtes Auskommen mit dem Scharfschützen.

„Hast Du nicht noch irgendwelche grünen Lämpchen zu beobachten, Partner?“ sein Blick huschte für den Bruchteil einer Sekunde zu Christa hinüber und in diesem Moment ging Fireball ein Licht auf. Es gefiel Colt anscheinend nicht, dass er den Lieutenant im Arm hielt und er wollte mit dieser Drohgebärde seine Besitzansprüche an der jungen Frau geltend machen. Wenn er wegen einer harmlosen Umarmung bereits so heftig ansprang, steckte hinter der kleinen Knutscherei im Bad wohl doch mehr, als Fireball befürchtet hatte. Sicherlich war ihm äußerst unwohl bei der Vorstellung gewesen, dass der Cowboy und Christa trotz Sabers klarer Anweisung nicht die Finger voneinander gelassen hatten, aber jetzt festzustellen, dass wohl weitaus mehr im Spiel war, als nur ein paar fehlgeleitete Hormone, war ein Schlag unter die Gürtellinie. Konnte es sein, dass sein Freund dabei war, ernsthafte Gefühle für diese Frau zu entwickeln? Wo doch die Liebste von allen zu Hause in ihrem gemütlichen Heim auf seine Rückkehr wartete und sich die größten Sorgen um sein Wohlergehen machte?

„Keine Sorge“, Fireball nahm den Arm von Christas Schulter und begab sich zurück zu seinem Platz, „pass Du lieber auf, dass bei Dir nichts anbrennt!“ eine Anspielung, die der Cowboy nur zu gut verstand: „Ich sage Dir rechzeitig bescheid, wenn ich Hilfe beim Löschen brauchen sollte, comprende?“

Mit einer Mischung aus wachsendem Unmut und aufkeimender Sorge verfolgte Saber das kleine Geplänkel zwischen den beiden männlichen Mitgliedern seiner Crew. Was auch immer kurz vor dem Sprung in die Phantomzone vorgefallen sein musste, ihm war es leider entgangen. Allerdings blieb auch keine Zeit, sich jetzt mit dieser Thematik zu befassen. Sie hatten das Primärziel ihres Auftrages erreicht, nun war es daran, sich mit der Erfüllung des nächsten auseinander zu setzen.

„Christa“, aufmunternd lächelte er der jungen Frau zu, die angesichts der öden Leere um sie herum noch immer sehr verloren wirkte, „würdest Du bitte die Koordinaten für unseren Zielsektor anvisieren. Ich möchte uns so schnell wie möglich aus dieser Suppe heraus haben.“ Er selber machte sich daran, die Maverick-Ortungssysteme auf die neue Umgebung zu kalibrieren. Wenn es in der näheren Umgebung das kleinste Anzeichen auf die Existenz eines Himmelskörpers gab, so würde er dieses bald wissen.

„Ziel ist erfasst, Saber“, Christas Stimme hatte ihre Zuversicht zurückgewonnen, „der Sprung war ziemlich gut kalkuliert. Wir werden den geplanten Sektor in weniger als einer Stunde erreichen – was auch immer wir dann dort finden werden!“ es mochte sein, dass die Wissenschaftler auf Yuma mit ihren Berechnungen völlig daneben gelegen hatten und die Star Sheriffs unter den angegebenen Koordinaten nichts anderes als noch mehr Öde vorfinden würden. Aber die kleine Hoffnung, dass sich dort tatsächlich ein Planet und vielleicht sogar Leben befanden, gab ihr Mut.

„Na, dann mal nichts wie los“, voller Tatendrang griff Saber nach seinem Helm, „Fireball, würdest Du bitte…“

„Entschuldige, wenn ich Dich unterbreche, Boss, aber wir haben da eventuell ein kleines Problem.“ Besorgt schaute der Cowboy durch Fireballs Satteleinheit zu Saber hinüber.

Dessen Herzschlag setzte für eine Sekunde aus. Er hätte es wissen müssen, bislang war einfach alles viel zu glatt verlaufen: „Welche Art von Problem?“ er versuchte, seine Stimme beherrscht klingen zu lassen, um die anderen nicht unnötig zu beunruhigen.

Colt tippte sachlich auf seinen Monitor: „Sieht ganz so aus, als hätte unser Baby bei der Karussellfahrt doch was abbekommen“, seine Augen waren starr auf die Fehleranalysen gerichtet, „die Kurzstreckenlaser sind ausgefallen, genauso wie die oberen Raketenlafetten.“

Sabers Gedanken überschlugen sich bei dieser Nachricht: „Aber der Rest der Waffensysteme ist funktionstüchtig?“

Colt nickte lahm: „Ich denke schon.“

„Du denkst“, nun konnte der Schotte seine Anspannung nicht länger verbergen, „wäre es wirklich zuviel verlangt, wenn Du nicht nur denken sondern Dir ausnahmsweise auch sicher sein könntest?“

Wie unter einem Schlag zuckte der Cowboy merklich zusammen: „Wollte damit nur sagen, dass laut Systemscheck alle anderen Waffen funktionieren sollten, ich mich aber nach dieser Odyssee auf nichts mehr verlassen würde, Sir!“ das letzte Wort spuckte er ihrem Anführer buchstäblich vor die Füße. Er war für die Verteidigung und den Angriff von Ramrod zuständig und fühlte sich, als hätte man ihm soeben den rechten Arm auf den Rücken gebunden und ihn dann vor ein ganzes Rudel Wölfe gestellt.

Widerwillig nahm der Säbelschwinger diese kleine Rüge hin. Vielleicht hatte er für einen Moment vergessen, dass seine Crew aus zwar hitzköpfigen, aber dennoch erstklassigen Piloten bestand, die sich ähnliche Sorgen um ihre Sicherheit machten, wie er selbst: „Das heißt im Falle eines Nahkampfes wären wir…“

„Am Arsch, jawohl!“ einer Raserei nahe hieb Colt mit aller Wucht gegen die linke Waffensteuerung. Ein Schiff, das nicht in der Lage war, seinem Gegner auf kurzer Distanz Schaden zuzufügen, war so gut wie verloren. Das musste ihnen allen klar sein.

„Ganz so schwarz würde ich es nicht malen, Colt. Wir haben in der Challenge-Phase immer noch die Möglichkeit…“ ein lautes Räuspern von Fireball unterbrach erneut die Worte des Schotten: „Da haben wir fürchte ich auch ein kleines Problem“, der Rennfahrer hämmerte mit nervösen Fingern auf seine Tastatur ein und machte einen ausnehmend unglücklichen Eindruck, „mit der Kampfbereitschaftsphase hat es sich ausgechallenged.“

Entsetztes Schweigen legte sich über die Kommandobrücke, in der nur das leise Klicken der Tastatur zu hören war. Fireball wollte sich wohl noch nicht mit dieser niederschmetternden Gewissheit abfinden.

Saber hatte einen schalen Geschmack im Mund. Sie waren immer davon ausgegangen, dass der Dimensionssprung nicht reibungslos vonstatten gehen und das eine oder andere Problem auftreten würde, aber diese Ausfälle kamen einer Katastrophe gleich: „Bist Du hundertprozentig sicher, Fire?“

Das jüngste Mitglied der Star Sheriffs nickte beklommen. Es kam so gut wie nie vor, dass ihr Anführer ihn mit der Koseform seines Namens ansprach. Ein eindeutiges Anzeichen dafür also, dass Saber dabei war, die Kontrolle über die Situation zu verlieren. Und leider konnte Fireball auch nichts tun, um ihm sein Selbstvertrauen wiederzugeben: „Tut mir leid, Boss“, frustriert ließ er von den Tasten seiner Konsole ab, „ich habe es jetzt dreimal geprüft, jedes Mal das gleiche Ergebnis. Die Initialisierung der Challenge-Phase kann nicht mehr gestartet werden. Außerdem sind drei unserer Wärmeaustauscher über den Jordan gegangen…“

„So ein verdammter Mist!“ unbeherrscht trat der Säbelschwinger gegen die Innenwand seines Sitzes, eine Reaktion, die Colt und Fireball dazu brachte, sich erschrocken anzustarren. Die Emotionen, die ihr Anführer in der letzten Zeit so an den Tag legte, hatten ihren Gipfel anscheinend noch nicht in der flammenden Gardinenpredigt gefunden.

„Wessen bescheuerte Idee war dieser ganze Ausflug eigentlich?“ ereiferte Colt sich in dem kläglichen Versuch, die Situation durch einen kleinen Witz zu entschärfen. Leider erfolglos.

„Was machen wir denn jetzt?“ besorgt drehte Christa sich zu den drei Männern um. In ihrer Verzweiflung konzentrierte sie sich automatisch auf das Gesicht des Cowboys, der ihr ermutigend zuzwinkerte: „Kein Sorge, Süße, unserem Genie wird schon ein Ausweg einfallen“, heimlich presste er seine Hände so fest er konnte zu Fäusten zusammen, um seine Unsicherheit zu überspielen, „stimmt’s, oder hab ich Recht, Top Sword?“

„Seid mal bitte alle ruhig, ich muss nachdenken!“ es hatte ein paar Sekunden gedauert, aber nun verbarg Saber sich wieder hinter seinem unerschütterlichen Antlitz. Die Nahkampfsysteme außer Gefecht, drei Wärmeaustauscher, die für den Kampf mit den Langstreckenwaffen unabdingbar waren defekt und die Challenge-Phase funktionsunfähig. Schlimmer konnte es nun wirklich nicht mehr kommen. Wenn sie so auf feindliche Einheiten trafen, waren sie in der Tat „am Arsch“, wie Colt es so ungeniert auf den Punkt gebracht hatte. Eigentlich blieb ihnen in der augenblicklichen Lage nur ein einziger Ausweg: „Wir werden einen Platz zum Landen finden müssen. Vielleicht haben wir am Boden die Chance, wenigstens einen Teil der Schäden zu beheben. Die Ortung zeigt mir zwei Planeten an, die beide nicht weit von hier sind. Bei einem könnten wir unser Glück versuchen.“

„Kannst Du mir die Koordinaten rüberschicken, Saber?“ Christa war froh, endlich etwas tun zu können und nahm die Daten, die auf ihren Computer transferiert wurden in genauen Augenschein. Dabei machte sie eine erstaunliche Entdeckung: „Der kleinere der beiden Planeten liegt genau in dem Sektor, in dem wir auch den Ursprung des Funkspruches vermuten.“ Das konnte doch nur heißen, dass die Daten auf Yuma wirklich richtig entschlüsselt worden waren!

Zu diesem Ergebnis kam auch Fireball, der mit bebender Stimme murmelte: „Dann muss die Botschaft auf diesem Planeten abgesetzt worden sein!“ versonnen starrte er in die Dunkelheit hinaus. Konnte es sein, dass auf diesem Planeten, mitten im Nirgendwo der Phantomzone, sein Vater darauf wartete, das Streitkräfte des neuen Grenzlandes auf seinen Funkspruch reagierten? So viele Jahre war er nur eine blasse Erinnerung, der Held in einer abenteuerlichen Kriegsgeschichte gewesen, und nun war er vielleicht zum Greifen nahe.

„Wir wissen nicht, ob die Botschaft tatsächlich von diesem Planeten gesendet wurde.“ versuchte Saber der Euphorie des Rennfahrers einen Dämpfer zu verpassen. Wenn sie jetzt auch noch wegen Hirngespinsten den Kopf verloren, würde keiner der Star Sheriffs lebend nach Yuma zurückkehren. Aber Fireball wollte nicht so recht auf die mahnenden Worte hören: „Aber wenn die Ortung in diesem Sektor nur einen Planeten anzeigt…“

„Muss das trotzdem noch nichts heißen. Hast Du schon mal darüber nachgedacht, dass der Funkspruch auch von einem Schiff übermittelt worden sein könnte?“

Kleinlaut schüttelte Fireball den Kopf, was Saber ein flüchtiges Lächeln abrang. Er konnte ja verstehen, was in seinem Freund gerade vorgehen musste, aber einen kühlen Kopf zu bewahren war jetzt das oberste Gebot.

„Welchen Planeten steuern wir an, Saber?“

Eine Frage, die der Schotte Christa nicht so ohne weiteres beantworten konnte: „Wie weit sind die beiden von unserer jetzigen Position entfernt?“ er hoffte auf eine eindeutige Antwort, die ihm bei der Entscheidungsfindung behilflich sein würde, aber die junge Frau zuckte nur gleichgültig mit den Schultern: „Ist einerlei. Beide können wir innerhalb einer Stunde erreichen, aber sie liegen beinahe in entgegengesetzten Richtungen.“

Das passte perfekt in die Abfolge von unglücklichen Umständen, der die Besatzung von Ramrod bisher ausgesetzt gewesen war. Nun hieß es für Saber die Gefahren beider Möglichkeiten abzuwägen. Wie er selbst gesagt hatte, war nicht sicher, ob es sich bei dem einen der Planeten tatsächlich um ihr ursprünglich angestrebtes Ziel handelte. Sicher war nur, dass sie Zeit einbüßen würden, wenn sie sich so weit von ihrem Ursprungskurs entfernten. Und welche der beiden Strecken sicherer war, ließ sich sowieso nicht sagen. Gewiss, für den Fall, dass der Funkspruch von diesem einen Planeten gekommen war, bestand die Gefahr, dass sie mitten in eine Falle hineinflogen. War die Nachricht andererseits von jemandem gesendet worden, der dem neuen Grenzland wohlgesinnt gegenüber stand, würden sie dort vielleicht Unterstützung bei den Wartungsarbeiten an Ramrod erhalten. Riskant war sowohl der eine als auch der andere Weg, warum also nicht die Koordinaten anfliegen, die ohnehin auf dem Plan standen.

„Wir werden den Kurs beibehalten, Christa. Visier den kleineren der beiden Planeten an!“

Begeistert riss Fireball den linken Hebel in seiner Satteleinheit nach hinten und gab damit vollen Schub: „Dann haltet Euch gut fest, noch sind wir nämlich nicht aus dem Rennen!“ seine Augen leuchteten vor Spannung und seine zitternden Finger schlossen sich noch fester um die Steuerung.

„So ist es, Amigo“, bestätigend gab Colt zwei Laserschüsse ab, „noch kann die Schlange beißen!“

Nur zu gern hätte Saber diese Inbrunst seiner Kameraden geteilt, aber er konnte dieses ungute Gefühl in seiner Magengegend einfach nicht verdrängen. Etwas Unheilvolles lag vor ihnen und sein Instinkt sagte ihm, dass der angenehme Teil ihrer Reise endgültig vorbei war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2006-12-06T12:14:04+00:00 06.12.2006 13:14
Durch den Weihnachtsstress bin ich diesmal leider erst etwas später dazu gekommen das neue Kapi zu lesen. Ich glaube den Kommentaren meiner Vorredner gibts nix mehr hinzuzufügen... da würd ich mich nur wiederholen. *g*

Einfach klasse! Die Stimmung bringst Du hevorragend rüber und der Dimensionssprung ist echt gut beschrieben, konnt mir die vier dabei gut vorstellen. *gg* So wie ich Deinen Schreibeifer mittlerweile kennengelernt habe biste wahrscheinlich schon wieder fleissig. Dabei wünsch ich Dir natürlich wie immer viel Spaß!!! Bin auch schon neugierig auf mehr.... ;) LG, Piper
Von: abgemeldet
2006-12-03T13:40:06+00:00 03.12.2006 14:40
Mehr, mehr mehr... *auf die Knie fall*
Man, das ist ja kaum noch zum aushalten. Warum musst du das auch so spannend machen*g*
Ich brauch Lesefutter*bettel fleh*

LG,

Turbo
Von: abgemeldet
2006-12-02T16:04:40+00:00 02.12.2006 17:04
Tja, was soll man da noch sagen. Wie immer klasse geschrieben. Ich hab es auch gestern Nacht noch verschlungen. :-)

Muß den anderen zustimmen, den Dimensionssprung hast du richtig genial rüber gebracht. Mir war danach auch zihmlich übel *grins*
Bei der Stimmung an Board, kommt ein schon mal das Schmunzeln. Die Szenen super beschrieben, als ob man live dabei ist.

Ich möchte dich ja auch sehr ungern drängen, aber ich hoffe es geht bald weiter.
Lange halte ich das warten nämlich nicht aus. *gg*
Guß carry
Von:  Adame
2006-12-02T11:14:01+00:00 02.12.2006 12:14
oh mann... dieses Kapitel... dieser MANN schafft mich...
Ich finde es klasse wie du seine doch ziemlich durcheinander geratenen Gefühle beschreibst. der junge soll sich bloß an sein holdes Eheweib zuhause halten. an rothaarigen wird er sich nur die Woschtfinger verkokeln...

wie blueeyes schon gesagt hat. den Sprung fand ich richtig gut beschrieben. sicher, dass du ihn nicht schon selbst miterlebt hast?! gib zu, du bist in wahrheit April und machst hier nur mal einen kleinen abstecher^^

ich bin ja jetzt echt mal gespannt, was da noch auf die jungs zukommt. nach deinen andeutungen zu schließen, wird mir nicht alles gefallen... aber ich bin geduldig (*im schreibtisch verbeiß*) und werde warten, bis du dein neues Kapi on hast^^

*knuff* ada
Von: abgemeldet
2006-12-02T10:53:53+00:00 02.12.2006 11:53
Und mal wieder die erste, was Bluey ;-)
Von:  Bluey
2006-12-02T06:00:10+00:00 02.12.2006 07:00
Es ist da, es ist da *rumschrei und freu*
Vermutlich sollte ich in Zukunft nicht mehr morgens um Sieben total verschlafen durch die Foren tappsen, damit ich die Reihenfolge besser koordiniert bekommen tu.
*auf dein GB deut*^^

Boah, was für eine Entwicklung der Handlung.
Ich habs letzte Nacht noch gelesen und dann bin ich mit meinen Gedanken gar nicht mehr davon weggekommen.
Was geht denn bei denen ab? *staunhusträusper*

Christa tut mir ja ein bissi leid, auch wenn sie an der ganzen Sache nicht wirklich unbeteiligt ist. Da gehören ja bekanntlich immer zwei dazu. Aber das Colt so auf sie abfährt find ich irgendwo auch cool. Naja, im übertragenen Sinn.
Jetzt weiß er wenigstens, wie es Fireball am Anfang mit Mandy ging und umgedreht.^^ Seinerzeit hat er Mandy ja mächtig dafür verdammt, dass sie sich bei April und Fireball "eingemischt" hat, dabei war Fireball ja auch nicht unbeteiligt.
*ihre Mandy immer noch vermisst*
Aber Christa hast du auch super eingeführt und irgendwie erinnert mich Ramraods Aushilfsnavigatorin stark an Mandarin.
Auch wenn es Colt ist, der seine Hormone im Bezug auf sie nicht im Griff hat.^^
Das wird bestimmt noch richtig spannend. Robin sitzt Zuhause und betet, dass ihr Ehemann heile wieder ankommt und der macht sich derweil Gedanken in ganz andere Richtungen.
Die Spannungen an Bord sind beinahe greifbar für den Leser.

Der Dimensionssprung kam super rüber.
Ich saß hier und hatte Bauchweh, weil ich das Gefühl hatte, ich sitz daneben und erleb das life mit. *auaua*
Auch die Beklemmung und die spürbare Erwartung der Vier, was auf sie zukommen mag - einfach nur wahnsinnig gut dargestellt.

Ja, was wird denn nun auf sie zukommen? *aufgeregt rumzappel*
Du hast mich schon soooooo neugierig gemacht.
Werden sie finden, was sie erwarten?
Erwartet sie was ganz anderes?
Kommen alle heile durch?
Fragen über Fragen...

*dich mal gar nicht nerven will*
*räusperhüstel*
Aber dennoch schon ungeduldig und erwartungsvoll zappel...
Fühl dich jetzt bloß nicht gedrängelt... *beiseite guck und unschuldig pfeiff*

Alles in Allem:
Ein Superkapitel, welches Lust auf mehr macht!
Klasse, weiter so!
*knuddel*
Danke nochmal! *sich morgens gern und viel wiederholt^^*

LG Blue


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