Helfende Hände
Titel: Life is Colorful
Teil 01 / ? -- Helfende Hände
Autor: Khana
Warning: Slash
Genre: Original/ Reality
Rating: PG13 (sag ich einfach mal...)
Inhalt: Kai sitzt mit zwei gebrochenen Beinen im Rollstuhl und trifft im Krankenhaus auf den blinden Shawn.
Kommentar: Meine Urlaubsbeschäftigung, erstmal handschriftlich entstanden... *will Laptop haben* *hoil* *flenn* *kreisch*
Inspiriert durch diverse Fics und Bücher über Blinde und ein bissl durch ,Erbsen auf halb sechs'. Und halt irgendwie durch ,Wheels', das ich an einem einzigen Nachmittag verschlungen hab. >^.^<
Hoffe, es ist halbwegs realistisch geworden... Ist mein erster Originalslash.
Und weil ich mir das schon ewig vorgenommen hab, widme ich ihn als ersten dieser Art: WINTERSPROSS. *niederschmuuuuus* Du schreibst genialst, Schatz! Und danke für's Beta, und dafür, dass du mir die beiden malen willst, und für die cd's die dann wohl bald kommen, und überhaupt, weil es dich gibt!!! *umknuffl*
Kapitel 1: Helfende Hände
Eigentlich war es ein schöner Tag.
Die Sonne schickte warme Strahlen zur Erde herab, die Vögel zwitscherten, und am liebsten hätte Kai die Schuhe ausgezogen, um die Zehen im Gras zu versenken, das so herrlich weich aussah.
Das Dumme war nur, dass er gar keine Schuhe trug. Und auch ganz sicher nicht auf dem Rasen hätte stehe können. Noch nicht einmal sitzen war möglich, denn allein wäre er dann niemals wieder hochgekommen.
Verdammt, warum hatte er auch ausgerechnet jetzt, im Frühsommer, seiner liebsten Jahreszeit, einen Unfall bauen müssen. Das Motorrad war hin, ebenso wie beide Beine, die aus eben diesem Anlass auch mit einer dicken Schicht Gips überzogen waren. Ein paar Rippen hatten ebenfalls etwas abbekommen, aber das war wirklich das kleinere Übel.
Stöhnend quälte Kai den Rollstuhl einige Meter weiter den Weg entlang, der sich durch die krankenhauseigene Parkanlage schlängelte. Das ging mit der verstauchten Hand doch schlechter, als er gedacht hatte...
Er blickte auf und sah vor sich jemanden sitzen. Die dunklen Haare hingen dem Fremden in den Nacken und über die Augen, er trug eine Jogginghose und ein weites, dunkelrotes T-Shirt.
Die drei Meter bis zu der Bank, auf der der Andere saß, würde er jetzt auch noch schaffen, beschloss Kai im Stillen. Und dann könnte er sich ja erst einmal ausruhen...
Er setzte die Räder also wieder in Bewegung, bis er neben der Bank angekommen war, und lächelte den Fremden dann an. "Hallo."
"Hallo", kam es leise zurück.
"Hast du was dagegen, wenn ich hier bleibe?"
Der Dunkelhaarige schüttelte stumm den Kopf.
"Gut. Weiter wäre ich wohl eh nicht gekommen... Ich bin Kai."
"Shawn", hörte er wieder diese leise, sanfte Stimme.
"Hm... bist du Engländer oder so?", wollte Kai interessiert wissen.
"Meine Mutter kommt aus Amerika."
Irgendwie schien der andere - Shawn - einsilbig zu sein... Naja, Kai würde ihn schon noch in ein Gespräch verwickeln.
"Warum bist du hier?"
"Blinddarm." Immer noch in diesem leisen, fast unbeteiligten Tonfall.
"Ich hatte nen Motorradunfall", erklärte Kai und klopfte zu Demonstrationszwecken auf den Gips. Die erhoffte Reaktion blieb aus, Shawn nickte nur zum Zeichen, dass er gehört hatte.
Einige Minuten saßen sie schweigend da, und schließlich beschloss Kai, dass er genauso gut wieder reingehen, oder besser gesagt -rollen konnte. Er fing ohnehin langsam an zu frieren in seinem recht dünnen T-Shirt.
"Ich geh dann mal wieder", lächelte er dem unkommunikativen Jungen noch zu, bevor er wieder nach den Reifen seines Rollstuhls griff.
Er setzte an, das Rad durch eine kraftvolle Handbewegung in Schwung zu versetzen, und zuckte schmerzvoll zusammen. Das war gar nicht gut für seine verstauchte Hand gewesen...
Er startete einen neuen Versuch und stellte resignierend fest, dass er sich an diesem Tag allein wohl keinen Meter mehr von der Stelle rühren würde.
Er brauchte also Hilfe. Nur von wem...?
Sein Blick fiel auf den Dunkelhaarigen, der immer noch ein wenig zusammengesunken auf der Bank saß, und er zuckte die Schultern. Blieb ihm was anderes übrig?
"Ähm... Shawn?"
Der Angesprochene zuckte ein wenig zusammen. "Ja?"
"Könntest du... mir helfen? Ich fürchte, allein komm ich hier nicht mehr weg..."
~*~
Helfen? Er sollte jemandem helfen?
Shawn konnte sich nicht erinnern, wann ihn zum letzten Mal jemand um seine Hilfe gebeten hatte. Folglich musste es schon verdammt lange her sein...
Aber wobei genau sollte er eigentlich helfen? "Was müsste ich denn machen...?", fragte er vorsichtig.
"Na, mich schieben. Meine Hand ist etwas hinüber..."
Schieben? Ach, richtig, er hatte ja vorhin Räder gehört. Dieser Kai saß also im Rollstuhl. Wahrscheinlich wegen diesem Unfall, von dem er vorhin geredet hatte.
Konnte er denn überhaupt helfen? Müsste man dazu nicht wissen, wo man hin- und langging?
"Ich weiß nicht...". murmelte er leise.
"Och, komm schon. Bitte..." Shawn konnte sich die bettelnden Augen geradezu vorstellen. Was sie wohl für eine Farbe hatten?
"Na gut, aber du wirst mir sagen müssen, wo es langgeht."
"Wie, warum?" Der Tonfall des anderen war eindeutig erstaunt.
"Ich bin blind."
"Oh..." Das hatte dieser Kai offensichtlich nicht erwartet. Doch er fing sich schnell wieder. "Na, macht nichts. Den Weg kann ich dir ja beschreiben."
Shawn blinzelte. Macht nichts?! Doch, es machte eine ganze Menge, aber im Moment hatte er weder Zeit noch Lust, die unzähligen Nachteile seiner Blindheit aufzulisten.
Langsam stand er auf und ging mit kleinen Schritten in die Richtung, aus der er die Stimme gehört hatte. Sein Fuß stieß gegen etwas hartes.
"Das war der Reifen", erklärte Kai, und Shawn hörte das Lächeln geradezu aus seinem Tonfall heraus.
Vorsichtig tastete sich der Dunkelhaarige um den anderen herum, bis er schließlich die Griffe des Rollstuhls in den Händen hatte. "Und jetzt?", fragte er leise.
"Erstmal müsstest du mich drehen. Nach links", setzte Kai noch hinzu.
Langsam, unsicher begann Shawn, den Stuhl herumzudrehen, bis er ein "Stop" von dessen Insassen vernahm.
"Und jetzt erstmal einfach geradeaus. Ich sag dann Bescheid, wenn du abbiegen musst."
Shawn lauschte dem Klang dieser Stimme nach. Sie war recht tief, das hatte er gleich zu Anfang bemerkt. Man merkte ihr an, dass ihr Besitzer gerne lachte, und irgendwie fühlte Shawn sich wohl, wenn er sie hörte.
Gemächlich schob der Dunkelhaarige den Anderen vor sich her und hing seinen Gedanken nach. "In zwei Metern müssen wir rechts", erklang wieder die Stimme, und Shawn wurde noch langsamer.
"Jetzt."
Er drehte den Rollstuhl auf der Stelle herum, bis ihm das "Stop" zeigte, dass er die richtige Richtung erreicht hatte.
Auf diese Weise gelangten sie durch den Park in das Gebäude und schließlich in Kais Zimmer.
Sie sprachen kaum in dieser Zeit, doch das Schweigen war nicht mehr so unangenehm wie zuvor. Vielmehr schienen sie in stiller Übereinkunft jeder seinen Gedanken nachzuhängen.
"Willst du... noch hierbleiben?", erkundigte sich Kai schließlich vorsichtig, als Shawn ihn durch die Tür geschoben hatte. Doch der schüttelte den Kopf. Nein, lieber nicht. Außerdem wollte seine Mutter doch heute noch vorbeikommen...
"Ich ... krieg noch Besuch...", murmelte er deshalb. "Könntest du.. mir erklären, wie ich von hier auf meine Station komme?"
"Ne, sorry, keine Ahnung. Aber warte mal... Am Ende vom Gang ist so ein Glaskasten, wo immer irgend'ne Schwester drinsitzt. Einfach links den Gang runter. Da kann dir sicher wer sagen, wie du weitermusst..."
"Danke...", sagte Shawn leise, bevor wieder für einen Moment Schweigen herrschte. Irgendwie wollte er noch nicht gehen. Er wusste nicht, warum, aber er fühlte sich wohl in der Nähe des Anderen.
"Ähm...", durchbrach Kai schließlich die Stille, "Wollen wir uns morgen wieder im Park treffen? Wieder an der Bank, so gegen drei...?"
Unsicher, und irgendwie seiner Stimme nicht ganz trauend, nickte Shawn lediglich.
"Cool", freute sich der Andere. "Dann... ähh... bis morgen."
"Bis morgen...", flüsterte Shawn und trat wieder auf den Gang hinaus. Er zog die Tür hinter sich zu und machte sich - vorsichtig an der Wand entlang tastend - auf den Weg in Richtung "Glaskasten".
~*~
Die Tür fiel ins Schloss und Kai wurde der Blick auf den Kleineren versperrt.
Blind. Das hatte er nicht erwartet, aber irgendwie störte es ihn auch nicht weiter. Und dieser Shawn schien ja recht nett zu sein. Etwas arg verschlossen, aber das würde sich schon noch geben...
Und gut sah der Junge auch noch aus, jedenfalls soweit, wie er ihn bisher gesehen hatte. Dieser unglaublich lange Pony versperrte ja die Sicht auf den Großteil des Gesichtes...
Zarte Gesichtszüge, recht schmal gebaut...
Grinsend blickte Kai auf seine diversen Verbände und seine beiden Gipsbeine hinab. Er war wirklich nicht in der Verfassung, sich jetzt über sowas Gedanken zu machen...
Morgen würde er den Kleinen wiedertreffen... Lächelnd dachte er daran, wie schüchtern der das Angebot angenommen hatte. Irgendwie richtig niedlich.
Noch sooo lange, bis er ihn wiedersehen würde...
Seufzend griff Kai nach den Rädern, biss die Zähne zusammen und rollte in Richtung Bett. Dort drückte er auf den Knopf an der Wand, der innerhalb weniger Minuten eine Schwester im Zimmer erscheinen lasse würde.
So peinlich und unangenehm es ihm war, dabei Hilfe zu brauchen - irgendwie musste Kai schließlich ins Bett kommen.