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Katzenjammer

von

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In der Höhle des Idioten

‚Was soll das?‘, maunzte Bunny aufgeregt.

Nun war sie tatsächlich in der Wohnung ihres Erzfeindes gefangen? Hat er etwa gewusst, was ihr passiert war und wollte sie jetzt ärgern? Und wieso reagierte er nicht auf ihre Frage? Bunny war drauf und dran von der Couch zu springen, um nach einem Ausweg zu suchen, doch ihre Pfote tat ihr zu sehr weh, dass sie es gerade schaffte langsam vom Sofa zu klettern und sich unter das Bett in vermeintliche Sicherheit zu bringen.

Ihr Kopf drehte sich und die Situation schien ausweglos. Bunny verstand nicht, warum sie von allen Menschen in Tokyo ausgerechnet beim schlechtesten landen musste. Er würde sie bestimmt ärgern und quälen. Da sie nicht gut laufen konnte, war Verstecken die einzige Lösung. Unter dem Bett würde er sie bestimmt nicht finden, dachte sie sich naiv. Der Boden war zwar kalt, aber ihr Fell schützte sie ein wenig, und es war allemal besser, als auf dem Präsentierteller zu liegen und auf einen Streich des Blödmanns zu warten.

Draußen begann es langsam zu dämmern und ein Hunger machte sich breit. Sie wollte plötzlich so gerne was essen, aber mit der schmerzenden Pfote war die Suche nicht so einfach. Sie wollte es dennoch wagen und kroch langsam unter dem Bett hervor, als sie plötzlich die Schlüssel in der Tür hörte. Augenblicklich verschwand sie in der hintersten Ecke unter dem Bett und wurde ganz ruhig. Sie beobachtete aufmerksam seine Beine, die nun geschäftig durch die Wohnung spazierten und, wie er zwei Kisten abstellte.

‚Bestimmt ist das was drin, um mich einzusperren.‘, dachte sich Bunny ängstlich.

Plötzlich merkte sie, wie der Gang des Mannes unruhiger wurde und ihn scheinbar wahllos durch die Wohnung führte, bis er schließlich auf die Knie ging und unter das Bett schaute. Sein angespannter Blick zeigte augenblicklich Erleichterung. Doch Bunny gefiel es gar nicht. Das Versteck war nicht gut genug und so fürchtete sie sich weiterhin.
 

Als er die Wohnung betrat und sein Findelkind nicht mehr da war, wo er es zurückgelassen hatte, wurde er nervös, schließlich war das Kätzchen verletzt. Im ersten Augenblick machte er sich Vorwürfe das Geschöpf in einer fremden Umgebung alleine gelassen zu haben, doch, als er sie schließlich unter dem Bett fand, begriff er, dass sie einfach immer noch Angst hatte. Es blieb ihm nichts über, als geduldig zu sein. Er ließ es unter dem Bett sitzen und holte erst mal einen kleinen Kratzbaum aus einem Pappkarton. Er öffnete den nächsten Karton und zog ein flauschiges, rundes Katzenbett hervor. Da er nicht glaubte, dass die Katze so bald unter diesem Bett hervorkommen würde, schob er das Katzenbett einfach zu ihr unter sein Bett. Ein Katzenklo durfte auch nicht fehlen. Als letztes und wichtigstes öffnete er eine Dose Katzenfutter. Es war eine teure Premiumsorte. Er hatte sich beim Kauf gedacht, dass es ihr bestimmt am besten schmecken würde. Er platzierte es auf einem großen Teller und schob es an den Rand seines Bettes. Als er sich nach unter beugte, um zu sehen, ob sie schon das Bett und das Futter angenommen hatte, hatte sich an der Position und an dem verängstigten Blick der Katze nichts verändert. Es ging wohl nicht anders, er musste abwarten, zumindest, bis die Pfote wieder verheilt war.

Bunny beeindruckte es nicht. Sie hatte nicht vor sich von ihm einlullen zu lassen. Das war bestimmt alles nur ein Trick, um sie wieder daraus zu locken. Sicher war in einer der Kisten eine Transportbox und er würde sie bei der nächsten Gelegenheit zum Tierfänger bringen. Auch, wenn er sie gefunden hatte, hatte er sie nicht unter dem Bett hervorgeholt, also fühlte sie sich für den Augenblick zumindest noch sicher. Sie war empört, dass er ihr eine Dose Katzenfutter hingestellt hatte. Sollte er ihre missliche Lage beobachtet haben und wissen, wer sie war, dann war das eine pure Gemeinheit, aber es roch so lecker. Trotzdem entschied sich Bunny ihren Posten nicht zu verlassen, da sie überall eine Falle witterte.

Es wurde langsam Nacht. Bunny sah die Beine des Idioten immer wieder durch die Wohnung laufen, doch er vermittelte nicht mehr den Eindruck, dass er unruhig war. Schließlich tauchte er in einer Pyjama Hose vor dem Bett auf und beugte sich noch einmal drunter, um nach dem Rechten zu sehen. Bunny erstarrte wieder. Jetzt musste es doch soweit sein, irgendetwas musste kommen, doch es kam nichts. Er sah die Katze in ihrer unveränderten Position in der gleichen Ecke sitzen, stand wieder auf und legte sich ins Bett.

Bevor er einschlief, machte er sich Gedanken, wie er nun ein Foto schießen sollte, wenn sie nur unter dem Bett blieb und, wie er ihre Wunde kontrollieren sollte. So würde er es sicher nicht wieder an seine Besitzer übergeben.

Am nächsten Morgen stand er einfach auf und ging seinem gewohnten Tagesablauf nach. Bis er den Kratzbaum sah, hatte er vollkommen vergessen, dass er neuerdings einen kleinen Mitbewohner hatte. Als er das realisierte, schaute er sofort unter das Bett. Er erwartete, dass das Tier immer noch in der gleichen Position unter dem Bett saß und das Futter nicht angerührt hatte, aber er täuschte sich. Die Dose war fein säuberlich leer geleckt und die Katze lag friedlich auf dem Katzenbett und schlief. Dieser Anblick zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht.

Er wollte das Kätzchen nicht stören, also ging er seinen morgendlichen Gewohnheiten nach, zog sich an und machte sich einen schwarzen Kaffee. Bevor er die Wohnung Richtung Uni verließ, öffnete er noch eine Dose Katzenfutter, dann fiel die Tür ins Schloss.

Dieses Geräusch weckte Bunny. Nachdem sie in der vergangenen Nacht gemerkt hatte, dass er nun endlich eingeschlafen war, musste sie ihren Hunger stillen. Katzenfutter roch normalerweise sehr ekelig für sie, doch das, was er ihr dahingestellt hatte, duftete nicht nur lecker, sondern schmeckte auch ausgezeichnet. Und, wenn schon so ein flauschiges Bett da war, konnte sie es auch nutzen. Sobald er aufstehen würde, nahm sich Bunny vor wieder in die hinterste Ecke seines Bettes zu verschwinden. Das war ihr aber nicht gelungen. Sie war so erschöpft von dem ganzen Stress des Vortages, dass sie, wie ein Stein eingeschlafen war, bis sie das Schloss in die Tür fallen hörte.

Bunny saß ganze 30 Minuten in der Ecke, bis sie merkte, dass er nicht zurückkam. Ihr kam die Überlegung, dass er sicher auch eine Beschäftigung hatte, der er tagsüber nachgehen musste, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Und, wenn es so war, hatte sie jetzt mehrere Stunden Ruhe. Auch, wenn ihre Pfote noch schmerzte, war es schon viel besser und sie konnte vorsichtig und langsam die Wohnung erkunden. Springen konnte sie leider nicht, doch sie durchstreifte die gesamte Fläche auf der Suche nach einem Ausweg. Irgendwann gab sie enttäuscht auf. Es war nichts zu machen. Ohne einen erhöhten Standpunkt würde sie ihre Situation doch sowieso nicht überblicken können und draußen würde sie es mit ihrer Verletzung womöglich nicht mal bis zum nächsten Block schaffen, dachte sie sich. Als die Pfote dann langsam wieder mehr zu schmerzen begann, entschloss sich Bunny wieder unter das Bett zu gehen und sich in ihr flauschiges Katzenbett zu legen.

Sie wurde erst geweckt, als sie wieder den Schlüssel in der Tür hörte. Sie verkroch sich wieder in der Ecke, bis sie neben der Stimme des Idioten eine vertraute Stimme hörte. Es war Motoki. Konnte es möglich sein, dass der Idiot und Motoki sich kannten? Bunny kroch vorsichtig an den Rand des Bettes und schaute hervor. Vor ihr stand wahrhaftig Motoki, der Junge aus der Spielhalle, in den sie so verknallt war und der sie in diesem Augenblick sanft anlächelte.

„Ach, schau mal an.“, sagte der Idiot verwundert. „Seit ich es hergebracht habe, hat es sich unter dem Bett versteckt und ist nicht rausgekommen.“

„Das darfst du einer Katze nicht übelnehmen.“, lachte Motoki. „Katzen sind scheue Tiere.“

Bunny ging das Herz auf. Endlich kam ihre Rettung. Unverhofft stand jemand da, dem sie vertraute. Sie kroch langsam unter dem Bett hervor.

‚Nimm mich bitte mit Motoki! Ich kann hier nicht bleiben!‘, jammerte Bunny, aber schon wieder kam nur ein Maunzen aus ihrem Schnäuzchen.

Motoki sah, wie ihn das Kätzchen anhimmelte und hob es einfach hoch. „Sie mal Mamoru, so scheu ist es ja gar nicht.“ Motoki schaute es sich genauer an. „Und es ist eine Sie. Das ist wohl auch der Grund, warum sie sich vor dir versteckt.“ Er lachte.

„Das ist nicht witzig.“, reagierte Mamoru mürrisch.

Bunny versuchte es erneut. ‚Motoki, verstehst du mich denn nicht? Nimm mich bitte mit!‘

„Und sie ist ziemlich gesprächig.“, merkte Motoki fröhlich an. „Leider können wir dich nicht verstehen, kleines Kätzchen.“

Als Bunny diese Worte hörte, wurde ihr ganz flau. Sie war nun vollkommen eine Katze. Nur ihre Gedanken waren menschlich, doch nach außen hin war sie ganz eindeutig ein Tier. Sie bekam tierische Angst. Sie wollte so nicht bleiben und sie wollte nicht bei diesem Idioten bleiben. Auch, wenn sie Motoki nicht verstand, konnte sie ihm auf andere Weise zeigen, dass sie ihn lieber mochte. Sie lag in seinem Arm und versuchte sich regelrecht in ihn reinzukuscheln, zwischendurch rief sie immer wieder ihren Kopf an seinem Gesicht.

„Die scheint dich ja gern zu haben.“, seufzte Mamoru.

„Wenn ich könnte, würde ich sie sofort mitnehmen, aber das geht leider nicht.“, sagte Motoki.

Und schon wieder brach Bunny kleines Katzenherz in tausend Teile. Die Rettung war so nahe und jetzt konnte er sie nicht mitnehmen? Während Mamoru Motoki seine Lage erklärte, gab sie nicht auf und klammerte sich regelrecht an ihn. Jeder Versuch sie abzusetzen oder wegzudrücken war unmöglich, sie klebte an ihm, wie Metall an einem Magneten.

„So ist die Lage also.“, sagte Motoki verständnisvoll. „Mach doch schon mal ein Foto, damit wir bald die Flugblätter machen können.“

Mamoru nutzte die Gunst der Stunde und holte die Kamera.

Als Motoki die Katze schweren Herzens abgeschüttelt hatte und wieder gegangen war, verkroch diese sich wieder demoralisiert unter dem Bett. Nun war es amtlich, sie war in der Wohnung ihres Erzfeindes gefangen. Dass sie nun seinen Namen wusste, brachte nicht viel. Zum einen konnte er sie sowieso nicht verstehen, zum anderen nannte sie ihn viel lieber Idiot.

Er ließ ihr ihren Freiraum. Er war nicht scharf darauf, dass sie wie eine Klette an ihm hing, doch es kränkte ihn schon ein wenig, dass sie bei einem fremden so einen Aufriss machte und ihn, ihren Retter so missachtete.

Es vergingen drei Tage, an denen er sie kaum zu Gesicht bekam. Er stellte ihr regelmäßig etwas zu Essen hin, reinigte das Katzenklo und las in jeder freien Minute Bücher über die korrekte Haltung von Katzen. Zumindest freute er sich, dass sie die Futtersorte so gut annahm, denn seinen Büchern zufolge, konnten Katzen sehr wählerisch sein. Auch, dass sie ihre Tage nun in dem Katzenbett verbrachte, freute ihn. Einzig die Wunde hätte er sich gerne angesehen.

Als Mamoru am vierten Tag von der Uni direkt nach Hause kam, saß die Katze vor dem Bett auf dem Boden und versuchte vergeblich ihren Verband abzunehmen. Er konnte sich das nicht mitansehen, doch er traute sich kaum auf sie zuzugehen, in der Befürchtung, sie würde wieder unter dem Bett verschwinden. Aber der Verband musste ab, also hockte er sich vorsichtig hin und streckte ihr die Hand entgegen.

„Komm her, kleines Kätzchen. Ich mache dir den Verband ab.“

Bunny schaute ihn an. Ihr war beinahe nicht aufgefallen, dass er das war, so emsig war sie mit diesem Stück Mull um ihre Pfote beschäftigt. Mittlerweile war ihr klar, dass er sie nicht quälen wollte, doch sie wollte auch nicht seine Freundin werden. Aber es half nichts, sie war nun mal dort gefangen und der Verband musste ab. Sie machte ein paar Schritte auf ihn zu und setzte sich hin.

Seine Bewegungen waren überaus langsam und vorsichtig. Ihm war klar, dass jede falsche Bewegung sie verschrecken konnte. Er wusste ja nicht, dass in ihr eine menschliche Seele steckte, die nicht ganz so instinktiv handelte, wie die einer Katze. Er rollte den Verband ab, und als er fertig war, verkroch sie sich wieder unter sein Bett und legte sich auf ihr flauschiges Katzenbett.

Es beruhigte ihn ungemein, dass sie sich relativ entspannt verhielt und nicht mehr in die aller letzte, versteckte Ecke seiner Wohnung kroch. Was hatte er ihr nur getan, dass sie so eine Angst vor ihm hatte? Dachte sie etwa, er hätte ihr die Verletzung zugefügt? Womöglich sogar mit Absicht? Bei Motoki verhielt sie sich vollkommen anders. Lag es vielleicht an seiner positiven und beruhigenden Ausstrahlung oder war es Mamorus gelegentlich aufbrausende Art? Es hatte keinen Sinn sich darüber den Kopf zu zerbrechen, schließlich würde sich der Besitzer einer so schönen Katze sicher bei ihm melden. Er setzte sich auf die Couch und las noch ein paar Kapitel aus dem, seiner Meinung nach, besten Buch über Katzen und wollte früh ins Bett, um am nächsten Tag vor der Uni noch ein paar Flugblätter aufzuhängen.

Bunny lag unter dem Bett. Sie war ziemlich beeindruckt, dass dieser Idiot es geschafft hatte ihr den Verband so sanft und vorsichtig abzunehmen. Überhaupt hatte er sich bisher sehr gut um die gekümmert. Doch es war immer noch der Idiot, der zwar nett zu Tieren war, aber nicht zu Bunny Tsukino in ihrer wahrhaftigen menschlichen Form.

Aber nun, da der Verband nicht mehr da war, hatte sie das dringende Bedürfnis sich das Fell zu lecken. Sie konnte es kaum verstehen, aber dieser Drang sich sauber zu machen war einfach da, ohne, dass sie es kontrollieren konnte. Es war ein gutes Gefühl besonders das verklebte Fell von der Wunde ausgiebig zu reinigen.

Es war schon merkwürdig. Jetzt, wo sie eine Katze war, hatte sie plötzlich ganz andere Prioritäten. Lernen konnte sie in diesem Zustand nicht, und ihre Freunde konnte sie auch nicht treffen, doch die Fellpflege und das Kratzen an diesem kleinen Kratzbaum waren zu einem wichtigen Teil ihres bisher kurzen Katzenlebens geworden. Das Einzige, was ihr noch fehlte, war das Spielen. Sie wollte so gerne spielen, doch bisher hatte sie Schmerzen in der Pfote. Sie beobachtete Mamorus Beine und nahm sich ganz fest vor mit der frischverheilten Pfote die Wohnung zu erkunden und nach einem geeigneten Spielzeug zu suchen. Aber natürlich erst, wenn der Blödmann am nächsten Tag wieder weg sein würde.



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