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Sengoku-Jidai I [Remake]

Tōunamento
von

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Sesshomarus Opfergabe

Ganze siebzehn Tage sind seitdem vergangen. Liza hat sich wirklich auf ein hartes Training eingestellt, aber es ist schlimmer, als sie es sich vorgestellt hat. Wenigstens schmeckt das Essen das Jaken seit dem immer für sie zubereitet. In den letzten Tagen und Wochen hat sie kaum mehr als drei Stunden geschlafen. Nicht mal so sehr wegen ihm, sondern ihrem eigenen Ehrgeiz. Die junge Menschenfrau trainiert stetig weiter, auch wenn ihr Lehrer das Training für den Tag als beendet ansieht. Auch jetzt übt Sesshomaru wieder mit ihr. Bei jedem Training trägt sie nicht mehr, als ihre Unterwäsche, denn sie will, dass ihre Sachen lange erhalten bleiben, während sie in dieser Zeit ist. Beide liefern sich gerade einen schnellen Schlagabtausch. Erstaunt stellt sie immer wieder fest, dass ihre körperliche Fitness wirklich schon besser geworden ist, auch ihre Schnelligkeit. Ihre blauen Augen entdecken eine Lücke in seiner Verteidigung, die sie ausnutzen will. Also holt sie mit ihrem Bein aus und will ihn in den Hals treten, doch dem weicht er einfach aus, in dem er schlicht nach hinten springt. Durch den elangeladenen Schwung bringt das die Schwarzhaarige so aus der Fassung, dass sie ihr Bein nicht so schnell wieder auf den Boden kriegt und sofort einen Spagat macht. Da sie das allerdings noch nie vorher getan hat, spürt sie sofort einen ziehenden Schmerz in ihren Schenkeln, der sie kurz erzittern lässt. »Au weia… Dieser Schmerz …«, stöhnt sie beißend.

Das hält den Hundedämon allerdings nicht auf sie trotzdem anzugreifen und stürmt auf sie zu. Sofort erhebt Liza ihre Arme über Kreuz über ihren Kopf, um sich zu schützen. Ihr entschlossener Blick zeigt ihm, dass sie ihre Verteidigung nicht hergeben würde. Er löst sich von ihr und stellt sich vor sie. »Du musst lernen dich aus solch prekären Situationen selbst zu befreien«, hört sie als erstes seine Worte. »Dein Gleichgewichtssinn lässt immer noch zu wünschen übrig.«

Frustriert seufzt sie auf und versucht sich aus dem Spagat zu befreien. »Ich weiß auch nicht, was ich falsch mache. Ich schwöre, ich trainiere mein Gleichgewicht.«

»Mit deinen Verrenkungen, die du Yoga nennst, wird das nichts«, antwortet er kühl.

»Das heißt? Was soll ich stattdessen tun?«, fragt sie.

»Deine rechte Seite ist stark, deine Linke allerdings nicht.« Ohne weitere Vorwarnung sieht Liza dann schließlich, wie Sesshomaru die Ärmel seines Kimonos anhebt und seine muskulösen Arme kommen zum Vorschein. Sofort bildet sich eine aufkeimende Röte auf ihren Wangen. Auch wenn die Schwarzhaarige es nicht gern zugeben würde, aber sie findet ihn wirklich sehr attraktiv. »Komm her«, fordert er dann schließlich von ihr. Seinem befehlenden Ton folgend, geht sie zu ihm, bis sie nur wenige Meter von ihm entfernt ist. »Fass meine Arme an.«

Liza hat das Gefühl, dass die Röte auf ihren Wangen sich verstärkt, während sie zuerst seinen rechten und dann seinen linken Arm abtastet. Sofort verschwindet die Röte in ihrem Gesicht, als sie feststellt, dass beide Arme die gleiche Härte aufweisen. Sie fühlen sich fast so hart an wie Stahl. »Dein Muskelaufbau ist auf beiden Seiten gleich«, stellt sie fest. Nachdem sie von ihm abgelassen hat, zieht er sich wieder seine Kimonoärmel runter. »Bei dir hingegen sieht man sofort, dass du nur auf der rechten Seite besser trainiert bist.« Er greift sich ihren rechten Oberarm und drückt ihn. »Deine Muskeln sind hier optimal, während sie«, er unterbricht sich kurz, um sich ihren linken Arm zu greifen, »hier kaum spürbar sind.« Das ist auch daran zu sehen, dass sie ein schmerzverzerrtes Gesicht zieht, obwohl es derselbe harte Griff ist, wie bei ihrem rechten Arm. »Für ein gutes Gleichgewicht stärke deine linke Seite. Trainiere sie einfach verstärkt.«

»Na schön.«

»Du hast eine Woche Zeit diese Schwäche allein zu beheben.«

»Aber warum?«, fragt Liza überrascht.

»Wir befinden uns trotzdem im Turnier und ich will mich erkundigen, ob es Hinweise gibt, welche Sternenbilder einen Gegenstand beinhalten können. Ich will unnötige Kämpfe vermeiden.« Danach geht er ohne weitere Worte und lässt Liza einfach stehen.

Dieser Dämon ist ihr noch immer ein absolutes Rätsel. Er wirkt kalt und unnahbar, aber auf der anderen Seite kann sie auch nicht spüren, dass ihm alles völlig egal ist. Sonst würde er nicht versuchen Kämpfen aus dem Weg zu gehen, die nicht sein müssen oder sie trainieren, wenn es ihm egal wäre, ob sie lebt oder stirbt. Jaken hat gemeint, das Sesshomaru bereits den höchsten Rang erreicht hat und somit die Erde ist. Das heißt für sie, dass er auch einmal ein Splinter war. Was hat er wohl für diesen Rang opfern müssen?, fragt sie sich gedanklich. Nichts desto trotz will sie trainieren, wie er es ihr gesagt hat.
 

~~~*~~~
 

Mittlerweile sind sechs Tage vergangen und von Sesshomaru fehlt jede Spur. Liza stört das nicht. Sie trainiert nach wie vor sehr hart an sich, wenngleich sie es ganz normal angezogen tut. Wie es ihr Lehrer möchte, übt sie mehr mit ihrer linken Seite, vernachlässigt aber auch nicht ihre Rechte. Die junge Frau vollzieht gerade starke Lufttritte mit ihrem schwächeren Bein.

»Hey Mensch. Es gibt Essen«, ruft Jaken nach ihr. Er findet es schon erstaunlich, wie lange diese Frau bei seinem Meister durchhält. Das hätten weiß Gott nicht viele Menschen so durchgehalten und selbst jetzt, wo sein Meister weg ist, trainiert sie genauso hart und unnachgiebig, als wäre er da. Manchmal kommt es ihm sogar so vor, als würde sie noch härter trainieren. Überhaupt das ein Mensch über solche Stärke verfügen kann, hätte er nie gedacht. Sie ist auch wirklich stärker und schneller geworden, als sie es noch vor knapp drei Wochen war; ohne ihre Feuermagie seit dem wieder benutzt zu haben. »Liza, komm jetzt«, spricht er sie daher nun doch etwas freundlicher, aber mürrisch an.

Die Schwarzhaarige stoppt in ihren Bewegungen und nickt ihm zu. »In Ordnung«, lächelt sie ihn an und geht dann zu ihm. Zusammen mit dem Krötendämon setzt sie sich ans Lagerfeuer und isst das zubereitete Essen. »Also Jaken ohne Witz … Ich finde du kannst echt gut kochen«, lobt sie ihn, was ihn unfreiwillig rot werden lässt. »A-A-A-Ach was«, antwortet er bescheiden und kratzt sich am Hinterkopf.

»Ich wüsste zu gern, wo du das gelernt hast. Du meintest doch damals zu mir, du warst der König der Kappa-Dämonen. Wie kommt es also, dass du kochen gelernt hast?«

Der Grüne ist verwundert, dass sie sich das gemerkt hat. »Sagen wir einfach, es lag schon immer in meinem Interesse mich auch selbst versorgen zu können.«

»Verstehe. Wie lange bist du eigentlich schon bei Meister Sesshomaru?«, fragt sie ihn dann unerwartet, nachdem sie ihren Bissen aufgekaut hat.

»Um ehrlich zu sein noch gar nicht so lange. Vielleicht dreizehn Jahre«, antwortet er ihr.

»Hat er jemals irgendein Gefühl gezeigt, oder war er schon immer so?«, möchte Liza weiter wissen.

Sofort reagiert Jaken dagegen energisch. »Was soll denn diese unverschämte Frage! Immerhin sind wir Dä…«

Seine Aussage wird beendet, als er sich an der weichen Brust der neuen Gefährtin wiederfindet. »Oh, du bist so süß, wenn du dich aufregst«, sagt sie, während sie den Froschdämon an sich drückt. Natürlich versucht er sich zu befreien, was ihm gelingt, in dem er sich einfach unter ihre Arme durchdrückt. »Also wirklich. Du bist echt selbst ein einziges Rätsel«, kommentiert er ihr Verhalten.

»Sag mal, darf ich noch was wissen, was euch Dämonen angeht?«, fragt sie.

»Bestimmt wie lange wir leben können, richtig?«, will er voller Stolz die Frage im Voraus genannt haben, doch auch da wird er einfach enttäuscht.

»Nein«, antwortet sie daher nur locker, was Jaken selbst nur wie zu Stein formen lässt. »Ich wüsste gern, ob ihr sowas wie sexuelles Verlangen habt.«

»A-A-A-A-Ah… Wie kommst du bitte auf so eine unverfrorene Frage?«, beantwortet er nur ihre Frage mit einer Gegenfrage.

»Nun ja, ihr seid die ersten Dämonen denen ich begegne. Bei einem Menschen hätte ich nie so freizügig trainieren können. Einfach nur in Unterwäsche oder nackt. Da wäre ich schon längst anderweitig gebraucht worden«, erklärt sie ihre Neugier.

Das kann Jaken natürlich verstehen und er räuspert sich. »Ähem«, bevor er dann antwortet, »Natürlich haben Dämonen auch ein Interesse in dieser Art, aber es ist bei uns nicht mal halb so stark ausgeprägt, wie beim Menschen. Wir leben um ein vielfaches länger und haben daher keinen so starken Fortpflanzungsdrang, wie deine Spezies.«

»Ah, ich verstehe.« Plötzlich zeigt sich ein verschmitztes Lächeln auf Lizas Gesicht. »Heißt das also, du hast schon mal was mit einer süßen, schönen …« Doch noch bevor sie selbst diese Aussage ausgesprochen hat, beendet sie es auf eigene Faust und zieht ein angewidertes Gesicht.

»Ja, natürlich. Was glaubst du denn!? Ich bin hundertdreiundzwanzig Jahre alt und war schließlich mal ein König. Die Frauen meines Volkes beteten mich an«, erzählt er dann doch ein wenig voller Stolz und scheint sogar ein wenig in alten Erinnerungen zu schwelgen.

Die Schwarzhaarige fragt sich dabei unumgänglich, ob das vielleicht sogar der tatsächliche Grund dafür ist, warum Sesshomaru losgezogen ist. Vielleicht will er sich einfach nur mal wieder auf eine bestimmte Weise amüsieren. Immerhin ist er ja schließlich ein Mann. Die Stäbchen mit dem Essen im Mund stellt sie sich vor, wie so eine Nacht mit ihm wohl aussehen würde. Sofort schießt ihr eine ungesunde Röte ins Gesicht, als sich ihre viel zu realen Gedanken verselbstständigen und sie sich selbst vorstellt unter ihm zu liegen und anderweitig … trainiert zu werden. Immerhin ist er nun mal wirklich sehr attraktiv. Das kann sie nicht leugnen, auch wenn sie sich zuvor nie für das männliche Geschlecht interessiert hat. Hatte er überhaupt schon mal …

»Nein«, ertönt auf einmal die vertraute kühle Stimme des Meisters, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Steif wie ein Brett sitzt die Menschenfrau in der Nähe des Lagerfeuers, als sie diese wirklich sehr intimen Gedanken einfach wieder los werden will – erst Recht, weil er wieder da ist. Er ist ein Mann. Ein Mann wie jeder andere. Also komm wieder runter, Mädchen, versucht sie sich selbst wieder ihren Hass gegenüber dem anderen Geschlecht wach zu rufen.

»Oh Meister! Es ist schön das Ihr zurück seid!«, begrüßt Jaken ihn sofort ohne weitere Umschweife, während Liza peinlich berührt zu Boden schaut, selbstverständlich immer noch mit hochrotem Kopf; beschämt von ihrem eigenen Verhalten.

»Ich hege kein Interesse in dieser Art«, antwortet er dann vollkommen unerwartet, was Liza sogleich überrascht aufschauen lässt. »Ich schätze du weißt, was man normaler Weise tun muss, um ein Splinter zu werden.«

Diese Andeutung verstehend wird ihr Blick auf einmal mitleidig, als sie sich dazu aufraffen kann, ihn direkt anzuschauen. »Ihr habt geopfert, dass ihr …«, will sie ihre Vermutung aussprechen, doch es bleibt ihr förmlich im Hals stecken.

»Meine Opfergabe waren Gefühle.« Diese Aussage, als wäre es das normalste von der Welt, schockiert sie zutiefst. Minutenlanges Schweigen herrscht in der kleinen Gruppe. Nicht einmal Jaken hat es gewusst, aber wie soll er es auch, denn er hat ja nie gefragt. Während der Hundedämon sich seinen Gefährten nähert, spricht er weiter. »Aber es ist eine Opfergabe, die man zurück erlangen kann.«

»So etwas gibt es?«, zeigt sich die Menschenfrau neugierig.

»Sicher.«

Danach herrscht wieder Schweigen, bis Jaken wieder das Wort ergreift. »Haben Eure Nachforschungen etwas ergeben?«

»In der Tat. Es gibt ein Sternentier das in der Nähe des Dorfes Kigure hausen soll. Ein reines Menschendorf natürlich«, antwortet er kühl. »Der Hoffnungsträger hat darauf reagiert.«

»Das heißt es muss ein Gegenstand der Klinge vor Ort existieren«, schlussfolgert Liza.

»Ich möchte das du dort in drei Tagen hingehst.« Das heißt, es wäre der erste Auftrag den Sesshomaru ihr gibt. Lehrer können dies durchaus tun, um ihre Schüler im Alleingang zu erleben, um eventuell weitere Mängel zu entdecken.

Entschlossen steht sie sofort auf und blickt ihn freudestrahlend an. »Wirklich? Ich darf meinen ersten Alleingang unternehmen?«, fragt sie daher gleich.

»Ich möchte das du dort untertauchst und an der Festlichkeit teilnimmst, die dort herrschen wird.«

»Ach deswegen erst in drei Tagen«, ist die Menschenfrau mit den meeresblauen Augen gleich weniger begeistert. »Aber wie stellst du dir das vor? Ich habe nicht mal Klamotten, die für diese Zeit angemessen sind. Wie soll ich da untertauchen?«

Auf ihr vermeintliches Problem hat er bereits eine Antwort. »Das soll deine geringste Sorge sein. Ich habe dir bereits eine Unterkunftsmöglichkeit besorgt in der du angemessen einkleidet und gepflegt wirst.«

Da wird ihr Lächeln gleich siegessicher. »Ich verstehe. Dann bin ich jetzt aber völlig entschlossen diese Mission zu Eurer Zufriedenheit zu erledigen.« Ohne eine weitere Ankündigung beugt sie sich vornüber, um sich mit ihrer rechten Hand im Gras abzustützen. Dort nutzt sie den Schwung sofort aus und schlägt ihr linkes Bein gegen ihren Lehrer. Natürlich handelt er gewohnt vorausschauend und fängt den Tritt mit einem festen Griff ab.

»Dein linkes Bein ist jetzt kraftvoller«, gibt er sofort seine Erkenntnis weiter.

»Hehe«, lächelt Liza frech, »nicht nur das.« Bevor sie noch etwas tun kann, schleudert er sie von sich. Der Aufknall gegen den Baum bleibt allerdings aus, in dem sie sich noch in der Luft windet und mit ihren Füßen elegant am Stamm aufkommt. Diesen Schwung nutzt sie aus, um sofort wieder zu Sesshomaru zu rasen. Mit seinen goldenen Augen sieht er natürlich, dass sie mit ihrem linken Arm ausholen will und neigt seinen Kopf zur Seite. »Erwischt!«, hört er plötzlich seine Schülerin sprechen. Sofort schaut er, zum ersten Mal nach langer Zeit, überrascht drein, als er sein warmes Blut über seine Wange fahren spürt. Liza hat es geschafft ihn zu verletzten und ihr selbstsicherer Blick verrät ihm, dass es kein Zufall war. Statt mit ihrer angetäuschten linken Hand, ist es ihre Rechte gewesen, mit der sie ihn erwischt hat. Danach stützt sie sich schnell mit ihren Händen auf seinen Schultern ab, sodass sie sich auf ihn drauf setzen kann. Ihre Schenkel verankern sich unter seinen Achseln und ihre Arme sind nach vorn ausgestreckt. Sie beugt sich vornüber und schmeißt ihn mit ihren kraftvollen Schenkeln förmlich von sich weg. Dieses Mal ist es tatsächlich der mächtige Hundedämon selbst, der fast an einen Baum gelandet wäre.

»Dein Körper hat jetzt ein besseres Gefühl für Beherrschung und Kontrolle«, kann die Menschenfrau das erste Mal ein aufrichtiges Lob von ihm hören. Täuscht sie sich oder kann sie sogar ein kleines Lächeln auf seinen Lippen wahrnehmen? »Ich nehme mir Eure Ratschläge und Tipps zu Herzen, wie es sich für einen Schüler gehört. Immerhin will ich so stark werden, wie Ihr Meister«, antwortet sie keck.

Nur wenig später nach ihrer Antwort sieht sie Sesshomaru dicht bei sich. »Für einen normalen Menschen wie dich, wird das unmöglich werden«, antwortet er gewohnt kühl. Mit seiner flachen Hand schlägt er sie in den Bauch und schleudert sie gegen einen Baum. Die Wucht seines Schlages lässt den Baum fast einstürzen. Da keine Antwort oder auch Reaktion von ihr kommt, wendet er sich um, um zu gehen, doch daran wird er gehindert, als er etwas um sein Handgelenk spürt. Es sind schwarze Haare. Mit seinen Augen folgt er dem Verlauf und landet schließlich wieder bei seiner Schülerin, die sich mit zittrigen Beinen aufrichtet. »Ich habe es dir schon einmal gesagt«, beginnt sie ihre Ansprache. »Ich werde solange weiter machen, bis ich umfalle und selbst dann werde ich nicht aufgeben.« Ihre schwarzen Haare geben den Blick auf ihre entschlossenen, fast schon todessuchenden Augen frei. »Ich will stark werden. So stark, bis nichts und niemand mehr gegen mich eine Chance hat. Auch du nicht!«

Erneut überrascht sie ihn. Wie hat sie es geschafft ihre Haare binnen weniger Sekunden so lang werden zu lassen? Die Frage wird gleich noch viel sonderbarer, als sie sich mithilfe ihrer Haare zu ihm zieht, in dem sie die Länge ein weiteres Mal beeinflusst. Er vermutet das wird sie durch die Gunst des Feuers tun können. Der menschliche Körper braucht Wärme. Die Haare wachsen daran und so kann sie die Länge beliebig beeinflussen. Ihre Gesichter trennen in diesem Moment nur wenige Zentimeter, als sie durch den Schwung für einen kurzen Moment vor ihm schwebt. Aus dieser Nähe ziehen ihre blauen Augen ihn plötzlich so stark in ihren Bann, dass selbst Sesshomaru vergisst auf ihre Bewegungen zu achten. Liza löst ihre Haare von seinem Handgelenk und tritt nun ihrerseits mit beiden Beinen kraftvoll gegen seinen Bauch. Schmerz. Zum ersten Mal nach all der Zeit und selbst durch seine Rüstung hindurch empfindet er wieder Schmerz. Diese Verwunderung über dieses Gefühl lässt ihn glatt vergessen den Sturz abzufangen und so knallt er tatsächlich gegen einen Baum.

Stolz.

Überraschung.

Verwunderung.

Schmerz.

Faszination.

Es sind Gefühle. Wenige von all den geopferten Gefühlen, die er einst hergegeben hat. Sie vereinen sich in seinem Herzen und verankern sich darin, wie sie es einst vor vielen Jahrhunderten getan haben. Der Dämon blickt zur Frau. Diese Aura, die sie umgibt, gleicht nicht mehr der eines gewöhnlichen Menschen. Was auch immer es ist, was sie umgibt, es ist nicht menschlich. Sesshomaru blickt genauer in ihre Augen. Ihre warmen, freundlichen Pupillen haben sich verengt und gleichen jetzt mehr denen eines Dämons. Aus dem Augenwinkel kann er sehen, wie selbst Jaken diese allmächtige Energie um sie zu spüren und voller Angst wie erstarrt ist. Sesshomaru selbst hat diese Art von Aura nur ein einziges Mal gespürt. Es ist die Energie eines Drachen. Nur wenige sind in der Lage diese Energie von der eines Daiyokais zu unterscheiden, weil sie sich von der Stärke her ähneln. Es gibt nur einen Unterschied. Sesshomaru kennt die Bedeutung von Drachen. Drachen erschaffen Leben und beschützen die Welt in ihrem empfindlichen Gleichgewicht. Daiyokai zerstören oder bewachen alles Leben und halten alles von den Drachen erschaffenen Dingen in der Welt im Fluss. Drachen gibt es seines Wissens nach schon lange nicht mehr. Nur Dämonen die Drachen ähneln. Umso mysteriöser ist es für ihn, dass seine Schülerin genau jene Aura ausstrahlt, von der er schon lange nicht mehr geglaubt hat, sie zu spüren. Wer war ihr Vater?, weckt ihre Kraft sein Interesse.

Interesse.

Neugier.

Weitere Gefühle, die sie in ihm weckt. Es durchdringt sein Herz so schnell und kraftvoll, wie ein Pfeil. Seiner Meinung nach viel zu schnell. Lizas Körper durchflutet eine unbändige Kraft, die in ihr bis jetzt geschlummert zu haben scheint. Eine Kraft die stoppt, als sie der Menschenfrau starke Schmerzen verursacht und sie stöhnend in die Knie geht. Dabei hält sie sich mit ihrer linken Hand, auf der das Symbol ihres Ranges zu sehen ist, eines ihrer Augen. »Was«, beginnt sie gequält zu sagen, »ist mit mir?«

Als sich plötzlich ein Schatten über sie befindet, blickt sie nach oben und schaut zu Sesshomaru. »Du hättest fast den nächsten Rang erreicht«, erklärt er ihr.

»Was?«, kommt es nur verwundert von ihr.

»Du warst bereit deine eigene Menschlichkeit aufzugeben.« Sesshomaru selbst überrascht diese Aussage. »Hasst du es so sehr ein Mensch zu sein?«

So plötzlich wie die Schmerzen gekommen sind, verschwinden sie auch wieder und Liza kann erst einmal durchatmen. »Wenn es nach mir geht, war ich nie ein Mensch«, ringt sie sich trotzdem durch ihm zu antworten, ihren Blick zu Boden gerichtet. »Ich habe mich nie in der Gegenwart von Menschen wohlgefühlt. Für sie war ich nichts anderes, als ein Monster.« Die feine Nase des Hundedämons riecht das Salz ihrer aufkommenden Tränen. »Aber du«, spricht sie weiter und kämpft mit ihren Tränen, »du hast mich angenommen, als Mensch. Du trainierst mich und bist der Erste der mich normal behandelt.« Sicher hat ihre Mutter sie auch immer gut behandelt und hat sie lieb gehabt, aber das ist doch was anderes. »Auch wenn du Menschen hassen solltest, so bin ich ein Mensch, aber ich will mich nie wieder über diese Rasse definieren. Ich bin was ich bin und kann es nicht ändern.« Erst dann schaut sie zu ihm auf. »Aber ich fühle mich wohl bei dir.« Selbst für sie klingt das alles furchtbar schnulzig und seltsam. Sie kennen sich ja kaum. Die Schwarzhaarige erhebt sich. »Entschuldige. Das war unsinniges Gelaber.«

Nun ist es sie, die an ihm vorbei gehen will und er derjenige, der sie am Handgelenk packt. »Du bist ein Mensch und ich ein Dämon. Dennoch hast du das Zeug dazu als Mensch so stark wie ein Dämon zu werden.« Der gesenkte Kopf der Menschenfrau erhebt sich, ehe sie ihn anschaut. Seine goldenen Augen starren sie so durchdringend an, als könnte er sie allein damit an sich fesseln. »Ich möchte dir etwas vorschlagen.« Fast zeitgleich wenden sich beide Parteien zueinander um und blicken sich in die Augen. Blau trifft auf Gold. Liza ist gespannt, was Sesshomaru ihr nun vorschlagen wird.



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