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Fremde gehen

von

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„Wir müssen das zwischen uns beenden.“
 

So, jetzt habe ich es gesagt. Die Luft um uns ist sofort unglaublich dickflüssig geworden und wir wurden in eine Totenstille eingesaugt.
 

„Du schweigst. Heißt das, dass du damit einverstanden bist?“
 

Meine leisen Worte erklangen gerade wie ein mächtiger Donner. Keine Antwort. Stattdessen werden seine Augen trübe und er verdeckt sein Gesicht mit der Hand. Seine Schultern zucken. Bittere Tränen kullern seiner Wange runter und er wird von einem Weinkrampf überwältigt. Ich seufze. Nein, er ist nicht damit einverstanden. Das war zu erwarten. Er soll sich Zeit lassen. Ich mir aber auch, denn dieser Anblick tut unglaublich weh.
 

Nach einer sehr langen Pause sagt er: „Warum willst das jetzt auf einmal machen?“ Seine Stimme zittert. Er weicht meiner Frage aus. Okay, fair genug. Dann erkläre ich mich.

„Es ist doch eine Drecksbeziehung“, fange ich leise an. „Sie schadet dir und das ist nicht okay. Ich nutze dich richtig unverschämt aus. Das ist absolut inakzeptabel. Es muss stoppen.“
 

Und wieder diese bedrückende Stille. Meine Worte scheinen ihn zu überfordern. Ich höre nur, wie er hilflos schnauft.
 

„Es muss stoppen, sagst du?“ Sein Ton ist spöttisch und abwertend. „Witzig, dass du mir so leichtfertig jegliche Mündigkeit absprichst.“ Aua, dieser Satz hat fest ziemlich gebissen. Deswegen ist die Sprechpause besonders unangenehm. Aber er hat damit recht. Hmmm, irgendwie nimmt er diese Tatsache extrem locker. Obwohl…
 

Nein. Tut er nicht.
 

Im nächsten Moment schüttelt er meine Arme kräftig ab und setzt sich gerade wie ein Pfeilschaft hin. Seine Augen sind rot wie Höllenfeuer. Darin brennt eine dämonische Wut. Er nimmt eine düstere Gestalt eines majestätischen zornigen Feuergottes an. Er ist hier um Vergeltung zu verüben und es ist richtig angsteinflößend. Niemand wird verschont. Ich mache mich instinktiv ganz klein, in einem verzweifelten Versuch mit der Couch zu verschmelzen. Könnte es nur funktionieren! Natürlich ist es überhaupt nicht der Fall. Seine all sehenden Augen lassen mich nicht los. Die Verbitterung strömt explosiv aus ihm nach außen und stürzt über mich wie eine riesige Welle ein. Sie bricht in Form eines Urgeschreis aus.
 

„UND TOLL, DASS DU ÜBERHAUPT NICHT GEFRAGT HAST, WAS ICH BEI ALL DEM WILL! Ja, gut, diese Beziehung existiert eh nur dafür, damit du ohne jegliche Konsequenzen Spaß haben kannst! Es ist an sich okay, du warst ja immer sehr offen darüber! Ich habe dem genau so zugestimmt! Du hättest mich trotzdem fragen können! Es wäre ja nur fair! Aber nein! Du behandelst mich schon wieder wie letztes Dreck! Oh, warum bist du nur so ein starker Magnet für mich, ha?! Keine verdammte Ahnung! Verstehe ich nicht, ist auch egal! Ich dachte mir ernsthaft, ich kann dich für mich gewinnen! Als ob es nur eine Zeitfrage wäre! Was für eine harte Selbstlüge! Dass ich mich dabei so massiv verletzt habe, ist allein meine Schuld! Aber jetzt beendest du diese Beziehung angeblich, weil sie schlecht für mich sei! Das tut richtig weh, Sasuke! ALS OB DU DICH KÜMMERST! Drecksbeziehung, blablabla!!! Du willst damit doch schon wieder nur deinen eigenen Arsch retten! Dann sag das wenigstens so! Sag, dass du keine Freude mehr an deinem Wegwerfspielzeug hast! SAG’S MIR!“

„Naruto, bitte…“ Ich setze mich ebenfalls hin und versuche ihn zu umarmen. Meine Hände berühren seine Schultern, aber er stößt mich grob um. Ich falle wieder hin und pralle gegen das Sofa. Er dreht mich zu sich hin und fährt dabei gewaltsam fort:

„Hör auf, mich so herablassend zu behandeln! NEIN! DU bleibst jetzt still! Du kümmerst dich um mich ja ach so doll! Also Fresse zu und Ohren auf! Ich erzähl dir mal was über dich, Sasuke! Ich bin völlig kaputt an der Liebe zu dir gegangen! Niemand hält die Liebe zu dir auf lange Sicht aus! NIEMAND! Weil man davon einen Dauerschaden kriegt! Du machst es ja einem so schwer! Ich frage mich, warum Sakura noch nicht in einer mentalen Anstalt geendet hat! Vermutlich, weil du eh nie da bist! Es wäre echt ironisch! Oder sie liebt dich nicht genug, um sich ernsthaft zu kümmern! Das wäre auch gut! Aber ich tue es in Echt! Ganze 120 Stunden die Woche! Und die restlichen 48 verbringe ich damit, dass ich über deine Abwesenheit zutiefst betrübt bin! Der Witz an der Sache ist, wir können ja so verdammt gut funktionieren! Du machst deinen Job und ich regele dein restliches Leben! Ich bin ja richtig gut darin! Gefühlt bin ich der Einzige auf der ganzen Welt, der mit deinem komplizierten Charakter intuitiv umgehen kann! Weißt du, wie viele Anfragen ich täglich bekomme, in denen es nur darum geht, etwas von dir zu erfragen oder etwas von dir genehmigen zu lassen, ha?! Weißt du es?!“ Im Nullkommanichts ist der Abstand zwischen uns weg. Er presst seine Stirn gegen meine und plötzlich schaue ich diese rasende Wut aus der nächsten Nähe an. Ein mächtiger Feuersturm, der alles verwüstet. Mir vereist das Blut in den Adern.

„Nein…“, antworte ich zögerlich.

„Mindestens fünf pro Tag jeden Tag! Das sind mindestens 25 pro Arbeitswoche! Du kannst halt nur mit den Überfliegern reden, wie du selbst! Also, mit Senju-san, Orochimaru-san, Hatake-san und Co. kommst du zwar gut klar, ich habe aber das Gefühl, dass du ihnen trotzdem nicht vertraust!“ Er versucht meine Stimme nachzuahmen: „Naruto, checke das hier, das sieht nicht richtig aus! Naruto, was meinst du, wollen sie uns irgendwie abzocken? Naruto, könntest du mir das Protokoll der letzten Sitzung besorgen? Da haben sie doch was ganz anderes erzählt. Und blablabla! Erkennst du dich wieder?“ Ja, das tue ich und plötzlich schäme ich mich für meine gesunde Skepsis, auf die ich eigentlich immer stolz bin. Er hat jetzt keine Zeit auf mein inneres Rangeln zu achten und fährt wütend fort: „Selbst deinen langjährigen Geschäftspartnern und sogar Kollegen unterstellst du erstmal Sachen! Und die Normalsterblichen, die „nur“ 40 Stunden pro Woche arbeiten, schreibst du einfach gleich ab! Die sind für dich eine Null! Ersetzbar! Arbeitsbienen! Graue Maße! Deswegen meiden sie dich wie die Pest! Und bei all dem bist du eine schrecklich unnette Person! Das kannst du dir nicht leisten! Wenn du so weiter machst, verreckst du irgendwann ganz allein! Du lässt ja niemanden an dich ran! GAR NIEMANDEN!“ Plötzlich entweicht die Wut aus seinem Körper und nimmt die dämonische Besessenheit mit sich mit. Er schrumpft. An Stelle des majestätischen Feuergottes verbleibt nur ein zerbrochener Junge, der fast am Ende seiner geistigen Kräfte ist. Seine Stimme wird schwach und er fährt halb flüsternd fort: „Außer mir…“ Er legt eine Pause an und holt tief Luft: „Ich empfinde das als ein Anzeichen einer echten Zuneigung, Sasuke.“
 

Nach diesem Geschrei herrscht eine absolute Stille. Es ist so ruhig, als wären wir plötzlich in ein Vakuum gelandet. Nichts. Völlige Geräuschlosigkeit. Keine Anzeichen des Lebens. Er legt sich zu mir und umarmt mich fest. Seit Atem ist schwer. Dieser Ausbruch hat ihm bestimmt viel Kraft gekostet. Er fährt weiter fort:
 

„Ja, du bist extrem schwierig, aber du bist halt mein Schwierig. Ich liebe mein Schwierig über alles. Ich bin ja auch nicht der Einfachste und du scheinst mich zumindest etwas zu mögen. Ich mag uns so wie wir sind. Obwohl du schwierig bist, ist es trotzdem einfach mit dir. Ich weiß, es klingt verdammt widersprüchlich, aber es ist wirklich so. Keine Ahnung, wie ich es beschreiben soll… ich spüre dich, oder sowas ähnliches? Ich merke halt, wenn dich etwas beschäftigt, oder wenn du eine anstrengende Besprechung hattest, oder wenn du einen guten Deal durchdrücken konntest, und dann weiß ich instinktiv, was ich tun muss. Macht das Sinn?“ Ohne meine Antwort abgewartet zu haben, fährt er fort: „Ich habe mich noch nie mit jemanden auf so eine mysteriöse Art verbunden gefühlt, wie mit dir, Sasuke.“
 

Dieser Worte… irgendwo tief in mir drin sind sie auf einen ganz empfindlichen Nerv gestoßen. Ein ganz komisches bittersüßes und gleichzeitig gruseliges etwas füllt mich rasch von innen. Ich drücke ihn näher an mich heran, weil es sich richtig anfühlt. Zugleich lässt mich dieser eine Satz innerlich komplett durchdrehen. Ob ihn das bewusst ist? Ne, er bemerkt jetzt gar nichts. Er möchte nur seine Beichte zu Ende bringen.
 

„Weißt du noch, was du mir am Weihnachten gesagt hast?“, fragt er zärtlich.

Was hat denn das auf einmal mit diesem Gespräch zu tun? Okay… Ich melde mich verwirrt: „Dass du mein Leibeigener bist?“

Er lächelt kurz: „Ne, nicht das. Das andere.“ Und dann schweigt er.

„Was war denn dieses «andere»?“

„Ich hab dich an dem Abend gefragt, ob du mich liebst. Weißt du es noch?“, fragt er leise.

„Nein“, gebe ich offen zu.

„Du meintest, du würdest mir dein Selbst vollständig anvertrauen. Und weil du das ausgerechnet so formulieren hast und weil ich eben diesen komischen Bund zu dir spüre, habe ich diesen Satz ernsthaft als eine Liebeserklärung verstanden.“
 

Mir entweicht ein kräftiger Seufzer. Oh nein! Warum ausgerechnet jener Abend?! Ausgerechnet der, an dem ich mich an vieles nicht erinnern kann! Dass er sowas wie in meine Seele hellsehen kann, ist anscheinend zu wenig Überraschungen für einen Abend. Ach, deswegen hat sich sein Verhalten seit dem Weihnachten Stück für Stück geändert! Das ist der Grund, warum er sich mehr und mehr Sachen erlaubt hat, warum er mutiger wurde und warum ich mich schlussendlich zwischen all dem völlig verirrt habe! Das ist dieses „Zu viele Hoffnungen“! Er kam nicht selbst darauf, sondern durch mich! Und dann kann ich mich nicht mal dran erinnern, ich Idiot! Ich bin so verdammt schrecklich und dumm! Was habe ich nur angestellt?!
 

„Du wolltest es zwar nur einmal gesagt haben, aber weil du davon keine Erinnerung hast, sagen wir mal, es zählt nicht… deswegen, sag mal, Sasuke…“ Mein Name klingt ungewohnt lieblich auf seiner Zunge.
 

Er setzt sich hin, zieht mich hoch und nimmt mich bei der linken Hand. Seine Finger gleiten sanft zwischen meine. Er sucht den Blickkontakt, aber ich flüchte ängstlich davor. Bloß nicht erwidern! Keine Ahnung warum, einfach nicht machen! Diese komische gegenübersitzende Position ist so oder so kaum auszuhalten. Sie hat etwas ganz Heiliges in sich. Es fühlt sich nämlich so an, als würden wir gleich Gelübde austauschen, und, oh mein Gott, könnten wir nicht weiter von dieser Vorstellung sein! Unser Bund ist zutiefst verwerflich. Es verrottet selbst und macht alles um sich herum krank. Wie konnten wir überhaupt so weit gehen? Für solche Fragen ist es viel zu spät. Narutos Fingerspitzen fahren leicht über meine Wange. Er räumt vorsichtig eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. Er versucht meinen Blick zu fangen und ich renne davon. Nicht gucken! Nicht gucken! Vorbei… er hat mich. Ich verliere mich in diesen blauen Tiefen. Sein Blick ist klar wie ein nächtlicher Sternenhimmel und ruhig wie ein weites unerforschtes Meer. Das kommt mir extrem bekannt vor. Ich habe das schonmal gesehen! Nur wo?
 

„Liebst du mich?“, wispert er sanft.
 

Meine gesamte Welt wird hart zum Stillstand gebracht. Ich erinnere mich plötzlich an alles.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Scorbion1984
2021-01-30T19:00:02+00:00 30.01.2021 20:00
Also ich kann Deinen Worten nur zustimmen ,Onlyknow3.
Naruto hau ab von diesen selbstverliebten und nur an sich denkenden Idioten.
Antwort von:  suugakusan
31.01.2021 16:03
Du denkst auch, es gibt nichts gutes an diesem Charakter?
Antwort von:  Scorbion1984
03.02.2021 18:07
Jedenfalls benimmt er sich wie ein Arsch ,denkt nur an sich und was für ihn an bequemsten ist .
Antwort von:  suugakusan
03.02.2021 19:13
Das stimmt wohl :)
Von:  Onlyknow3
2021-01-30T13:42:44+00:00 30.01.2021 14:42
Dennoch bist du ein widerlicher Feigling, der mit den tiefen Gefühlen eines Menschen spielt, der dich Bedingungslos liebt.
Du hast Naruto nicht verdient Sasuke Uchiha, schäm dich so Herzlos zu sein. Muss erst Sakura erfahren was für ein Doppelleben du führst? Wahrscheinlich ahnt sie längst was deine Überstunden, und die Nächte im Hotel wirklich bedeuten.
Naruto die gebe ich den kostenlosen Rat lass den Arsch links liegen, such dir einen anderen Job weit weg von ihm.

Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  suugakusan
31.01.2021 16:02
Du magst Sasuke gar nicht, oder? :D meinst du, er hat in dieser Geschichte gar keine guten Qualitäten? Nicht, dass ich ihn entschuldigen wollen würde — er ist ein Arschloch —, ich wollte nur deine Meinung wissen
Antwort von:  Onlyknow3
31.01.2021 17:30
Ich schreibe selber über die Beiden, von daher mag ich Sasuke eigentlich ganz gerne. Mir gefällt seine Art hier nicht, wie er sich Narutos entledigt. Mag sein das er auch seine gute Seite hat, weil er an der Ehe mit Sakura festhält, dennoch glaube ich ganz fest, das er sich vor seine wirklichen Gefühlen versteckt hinter dieser Ehe. Das ist es was ich so dermaßen Fies und Feige erachte.
Antwort von:  suugakusan
03.02.2021 19:14
Ich mag Sasuke eigentlich auch. Bloß in dieser Geschichte muss er den bösen spielen, weil ich ein toxisches SasuNaru schreiben wollte


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