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Know Your Darkness

Sasuke x Sakura
von

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Kapitel 8

Herzhaft gähnend spazierte Sakura durch den Korridor in Richtung Küche. Es war noch viel zu früh um aufzustehen – das sagte ihr zumindest ihre innere Uhr – und doch konnte sie einfach nicht mehr weiterschlafen. Nachdem sie eine Stunde im Bett gelegen und sich von einer zur anderen Seite gerollt hatte, hatte sie den Entschluss gefasst, dass sie auch ebenso gut aufstehen konnte. Dabei war sie erst wenige Stunden zuvor eingeschlafen. Als sie die Nacht zuvor ins Bett gegangen war, hatte sie noch lange an die Zimmerdecke gestarrt und nachgedacht, über alles, was sich am Tag über ereignet hatte. Angefangen von Jūgos Angriff, bis hin zu Sasuke, mit dem sie endlich einmal mehr als ein paar Worte gewechselt hatte. Womöglich hatten sie endlich eine Möglichkeit gefunden, ihn zu heilen.

 

Nachdem sie ihm berichtet hatte, wie sie damals mit Team Kakashi und Team Kurenai, die bei dieser Mission von Yamato vertreten wurde, auf der Suche nach ihm gewesen waren, und letztendlich lediglich Itachi an dem zerstörten Ort ihres Kampfes vorgefunden hatten, schien es, als würden sich zwei Puzzleteile zusammenfügen. Selbstverständlich hatten sie Itachis Leiche mitgenommen – wenigstens ein Uchiha, der wieder nach Konoha zurückkehrte.

 

Sie hatten lange über die Vorgehensweise einer Transplantation gesprochen und es schien, als würde Sasuke endlich etwas offener werden. Er sprach mit ihr, ließ sie an seinen Gedanken – wenn auch nur teilweise – teilhaben und schmiedete mit ihr Pläne, wie es weitergehen sollte. Sie verspürte endlich die Anerkennung und den Respekt, den er ihr vorher vergönnt hatte. Sie hatten alles weitere geplant. Sein Team – wie sich herausstellte nannten sie sich Hebi – würde die Augen von Itachi besorgen. Sakura wäre am liebsten selbst gegangen, allein schon weil es ihr wie krimineller Diebstahl und ein Eindringen in die Privatsphäre Konohas vorkam, wenn Abtrünnige sich an der Leiche des ehemaligen Dorfbewohners vergingen, doch ein eiskalter Blick von Sasuke hatte gereicht, um ihr diesen Gedanken wieder aus dem Kopf zu treiben.

 

Nun hieß es also Abwarten und Tee trinken. Und genau das hatte sie jetzt vor: ein schöner warmer Tee an diesem kalten, tristen Ort. Eine Heizung oder wärmende Feuerstellen gab es hier nicht, weshalb Sakura oft fror. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie die anderen dies nicht bemerken oder stören konnte. Hoffentlich gab es hier so etwas wie Tee überhaupt … Aber bisher wurde sie immer wieder aufs Neue überrascht. Am Tag zuvor hatte es zum Nachtisch sogar Mochis gegeben.

 

So früh würde bestimmt noch niemand wach sein. Von daher störte es sie nicht, dass sie hier mit völlig zerzausten Haaren und verschlafenem Gesicht herumlief. Sie trug lediglich ihr gelbes Shirt, das gerade so ihren Hintern bedeckte. Den blauen Rock sowie die rote Weste hatte sie in ihrem Zimmer zurückgelassen. Wenn sie jemand so sah war es ihr herzlich egal. Hauptsache, sie lief Sasuke nicht über den Weg, aber ihn hatte sie bisher noch nie in der Küche angetroffen, was sie manchmal denken ließ, dass der Uchiha vielleicht überhaupt nichts aß – was natürlich völliger Quatsch war.

 

Deshalb war sie umso überraschter, als sie die Küche betrat. Erschrocken keuchte sie auf und blieb in der Tür stehen. Geschockt starrte sie Sasuke an, der am Ende des Tisches saß und bei ihrem Eintreten aufsah.

 

„Ä-ä-ähm“, stotterte sie verlegen und sie spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen schoss. Schnell fuhr sie sich durch ihr zerzaustes Haar und versuchte es mit den Fingern zu glätten, sodass es halbwegs ordentlich aussah. „G-Guten Morgen.“

 

Sasuke verengte seine Augen. „Du solltest hier nicht so herumlaufen“, bemerkte er ohne ein Wort der Begrüßung. „Wenn Jūgo dich so sehen würde wäre er bestimmt wieder durchgedreht.“

 

Verlegen räusperte sie sich. Ihre Kehle wurde plötzlich staubtrocken und das Schlucken fiel ihr schwer. An Jūgo hatte sie gar nicht gedacht. Beschämt fummelten ihre Finger am Saum ihres Shirts herum. Es kam ihr plötzlich so verflucht kurz vor. „O-oh“, war alles, was sie entgegnen konnte. Sie kam sich total dämlich vor. Was sollte sie jetzt tun? Immerhin hatte sie nicht erwartet so früh jemanden anzutreffen. Sollte sie zurück in ihr Zimmer laufen und sich schnell etwas überziehen und dann wiederkommen?

 

Sasuke wandte den Blick von ihr ab. „Sei froh, dass er im Moment nicht da ist.“ Beinahe gelangweilt widmete er sich seiner Tasse, aus der er einen großen Schluck nahm. Sakura verzog den Mund. Irgendwie hatte sie sich eine Begegnung mit ihm anders erhofft. Einige Sekunden lang stand sie unschlüssig im Türrahmen, bis seine schwarzen Augen sie wieder fixierten.

 

„Rein oder raus“, forderte er genervt.

 

Na wenigstens warf er sie nicht hinaus und überließ ihr die Entscheidung. Das war doch schon einmal ein Erfolg. Sakura betrat die Küche und schloss hinter sich die Tür. Da dies hier schon ihr dritter Tag war kannte sie sich in dieser kleinen Küche inzwischen ein wenig aus. Sie wusste immerhin schon, wo die Tassen standen. Der Wasserkocher befand sich auf der Arbeitsplatte. Jetzt musste sie nur noch den Tee finden. Sie öffnete mehre Schränke und musste bei den Hängeschränken auf die Zehenspitzen steigen, worauf sie wieder am Saum ihres Shirts zog, sodass es nicht mehr entblößte, als es sollte. Doch der Uchiha saß mit dem Rücken zu ihr und schenkte ihr keinerlei Aufmerksamkeit, was sie in diesem Moment mit stiller Dankbarkeit entgegennahm. Es war ihr peinlich, in seiner Gegenwart so herumzulaufen. Hoffentlich dachte er nicht, sie hätte das extra gemacht, um ihn zu verführen.

 

Langsam hielt Sakura in der Bewegung inne und schaute über die Schulter zum Uchiha.

 

Ob es funktionieren würde?

 

Sie suchte weiter und fand schließlich in einem Holzkästchen eine Ansammlung verschiedenster in Beuteln verpackter Teesorten. Die Auswahl war nicht sehr groß, aber es war besser als nichts. In der Spüle goss sie Wasser in den Wasserkocher und schaltete ihn kurz darauf ein. Dann legte sie einen Teebeutel in die Tasse, stellte die Teebox zurück in den Schrank und wartete. Eigentlich wollte sie sich nur schnell einen Tee machen und wieder in ihrem Zimmer verschwinden, aber jetzt, da sie auf Sasuke getroffen war, hatte sie es nicht mehr eilig, die Küche wieder zu verlassen. Sie rieb sich die Oberarme. Es war wirklich etwas frisch hier.

 

„Wo ist Jūgo denn?“, fragte sie, als sie die Stille nicht mehr aushielt.

 

„Er besorgt die Gegenstände, die du brauchst. Wie besprochen.“

 

„Aha.“ Stimmte ja, darüber hatten sie gesprochen. Schließlich konnte sie schlecht mit bloßen Händen solch eine Operation durchführen. Sie benötigte gewisse Hilfsmaterialien, Verbände und Medikamente.

 

Das laute Klicken des Wasserkochers teilte ihr mit, dass das Wasser die gewünschte Temperatur erreicht hatte. Sie goss ihre Tasse voll und setzte sich auf den Platz Sasuke gegenüber. Sie spielte ein wenig mit dem Teebeutel, tunkte ihn am Faden immer wieder ein und wieder aus, damit der Geschmack sich schneller entfaltete. Sasuke hielt seine Tasse mit beiden Händen umklammert. Sie versuchte unauffällig einen Blick hineinzuwerfen. Was er wohl trank? Kaffee oder vielleicht Tee, so wie sie? Leider konnte sie es nicht sehen.

 

„Suigetsu und Karin sind auf dem Weg nach Konoha“, sagte er schließlich. „Sie sind schon seit ein paar Stunden unterwegs und müssten bald wieder hier sein. Ich habe sie eigentlich schon längst zurück erwartet.“

 

Ach, so war das also, deshalb konnte er nicht schlafen. Vielleicht war er gar nicht schon so früh wach, sondern hatte diese Nacht überhaupt nicht geschlafen. Sakura musterte sein Gesicht auf der Suche nach Augenringen, die irgendetwas darüber verraten würden, doch er sah so makellos aus, wie immer.

 

„Dann sind wir beide also allein?“, schlussfolgerte sie und erst als er kaum merklich zusammenzuckte und zustimmend brummte wurde ihr klar, was sie da gerade gesagt hatte.

 

Sie beide waren allein …

 

Ihr Herz begann augenblicklich schneller zu schlagen. Dümmlich grinste sie in ihren Tee hinein und biss sich auf die Unterlippe, um ihr Grinsen irgendwie zu unterdrücken. Aufgeregt baumelte sie mit den Beinen unterm Tisch. Oh man, das frühe Aufstehen hatte sich gelohnt.

 

Als Sasuke sie ansah schenkte sie ihm ihr strahlendstes Lächeln, doch er verzog keine Miene und stand einfach auf, trank dabei hastig einen großen Schluck und stellte anschließend die leere Tasse in die Spüle. Sakura musterte ihn nachdenklich. War ihm diese Situation etwa unangenehm?

 

„Was genau ist gestern eigentlich mit Jūgo passiert?“, fragte sie, um die Atmosphäre etwas aufzulockern. „Der Mann, der mich gestern angegriffen hat, hatte überhaupt nichts mit dem Jūgo zu tun, den ich bisher kennengelernt habe. Er wirkte so … verändert. Als wäre er plötzlich ein ganz anderer Mensch.“ Bei dem Gedanken daran schauderte es sie. Aus welchem Grund sich Jūgos und Sasukes Wege gekreuzt hatten, er schien einfach anders zu sein, als die anderen Mitglieder seines Teams. Alle drei umwehte diese dunkle Aura. Nur Jūgo wirkte, als würde er keiner Fliege etwas zu leide tun können. „Diese Male auf seinem Körper“, fuhr sie mit bitterer Stimme fort, „die habe ich schon einmal gesehen.“

 

Sasuke blickte über die Schulter in ihre Richtung, wodurch sie einen perfekten Blick auf die Stelle werfen konnte, an der sich einst das Juin befunden hatte, welches Orochimaru ihm aufgebürdet hatte. Doch die Stelle zwischen Schulter und Nacken war völlig unbefleckt, wie sie überrascht feststellte. Bisher war es ihr noch nicht aufgefallen, da sonst der weite Kragen seines weißen Oberteils diesen Bereich verdeckte, doch nun trug er ein schwarzes Shirt, ohne Kragen, mit einem runden Ausschnitt.

 

Sasuke lehnte sich neben dem Tisch an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Ob er vielleicht gerade an das gleiche dachte wie sie? An den Augenblick, im Wald des Schreckens, als Orochimaru ihn gebissen hatte und er vor Schmerzen zusammengebrochen war? Sakura war bei ihm gewesen, hatte versucht ihm irgendwie zu helfen. Seine qualvollen Schreie waren unerträglich gewesen. Noch nie zuvor hatte sie solch eine Angst gehabt. Sie hatte erneut die gleiche Furcht empfunden, ihn zu verlieren, wie damals, als er gegen Haku gekämpft und es für einen Moment so ausgesehen hatte, als wäre er tot. Bei der Erinnerung daran überkam sie unendliche Traurigkeit und ihr Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen.

 

Reiß dich zusammen, mahnte sie sich.

 

Leise fragte sie: „Hat er auch das Mal des Fluches?“

 

„Nein“, antwortete Sasuke ruhig. „Aber Jūgo ist sozusagen der Grundstein dafür. Aus seiner DNS hat Orochimaru das Juin erschaffen.“ Er machte eine kurze Pause, ehe er weitersprach. Vielleicht überlegte er, wie viel er ihr erzählen sollte. „In seinem Körper leben zwei Persönlichkeiten. Der Jūgo, den du kennengelernt hast, ist sein wahres Ich, doch manchmal, wenn er die Kontrolle verliert, wird er zu einem Wesen, das nur töten will.“ Dann sah Sasuke sie an. „Mit meinem Sharingan kann ich ihn kontrollieren und seine Mordlust bändigen, wenn sie die Oberhand gewinnt.“

 

Sakura hatte aufmerksam zugehört. Einerseits war sie erleichtert über diese Erklärung, denn das bedeutete, dass sie sich in Jūgo nicht getäuscht hatte. Er war doch der nette Kerl, für den sie ihn hielt. Andererseits kam sie nicht umhin ihn zu bemitleiden. Während ihrer Ausbildung unter Tsunade war sie auch in Berührung mit einigen psychischen Erkrankungen gekommen, weshalb sie sich mit dem Fall der multiplen Persönlichkeitsstörung auskannte. Je nach Charakterzug musste der Betroffene immens darunter leiden. In Jūgos Fall dürfte es besonders schlimm sein. Zumindest deutete seine geschockte Reaktion, als er wieder bei klarem Verstand war, darauf hin. Noch dazu war sie ihm seitdem nicht mehr begegnet, was sie vermuten ließ, dass er es vermied ihr erneut zu begegnen.

 

Sakura musterte Sasukes Augen. Bei der Erwähnung seines Sharingans fiel ihr auch wieder ein, dass er es benutzt hatte, als er sie im Bad vor Jūgo beschützt hatte, und das obwohl seine Augen so angeschlagen waren und er sie eigentlich schonen sollte. Nach dem Gebrauch seines Dōjutsus hatte er solche Schmerzen empfunden und das nur ihretwegen. Mit einem ungeheuer schlechten Gewissen blickte sie in ihren Tee. Wäre sie doch nur nicht so überrumpelt gewesen und hätte sich sofort gewehrt, dann hätte er nicht eingreifen müssen.

 

„Danke“, murmelte Sakura. Bisher hatte sie sich noch gar nicht erkenntlich gezeigt. Andererseits sollte er sie auch nicht für schwach halten. Schließlich hatte sie Jūgo gerade eine verpassen wollen, als er aufgetaucht war. „Ich, ähm, hätte das aber auch allein hingekriegt.“

 

Sasuke hob eine Augenbraue und sah spöttisch in ihre Richtung. „Das sah aber nicht danach aus.“

 

„Unterschätze mich bloß nicht!“ Grimmig ballte sie die Hand zur Faust. Anscheinend hielt er sie immer noch für das nervige kleine Mädchen, das gerettet werden musste. Wenn er wüsste, dass sie gegen ein Mitglied von Akatsuki nicht nur gekämpft, sondern Sasori auch noch besiegt hatte, würde er vielleicht anders von ihr denken.

 

Schon fast arrogant reckte er das Kinn und er sah von dem Platz, an dem er stand, auf sie herab. „Du lässt dich zu sehr von deinen Gefühlen beeinflussen“, belehrte er sie. „Nicht nur im Kampf gegen Jūgo, sondern auch gegen mich. Du zögerst und so etwas kann dich das Leben kosten.“

 

Ihre grünen Augen funkelten ihn wütend an und sie hoffte, dass er das auch sehen konnte. Ihre Fingerknöchel traten bereits weiß hervor, so sehr ballte sie ihre Faust zusammen. Meinte der das etwas ernst? „Danke für den Tipp!“, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, ihre Stimme triefte vor Sarkasmus.

 

Sasuke zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Ich sage nur, wie es ist.“

 

Natürlich wusste sie, dass er irgendwo recht hatte, dennoch tat es weh. Einem Shinobi musste immer bewusst sein, dass er sein Leben für seine Mission aufs Spiel setzte und dass nicht nur er, sondern auch seine Teamkameraden dabei ihr Leben lassen konnten. Ein Shinobi sollte stets rational und objektiv handeln. Wieder hatte sie das Bild vor Augen, wie Sasuke regungslos vor ihr lag, sein Körper durchzogen von unzählbaren Senbon und wie sehr sie versucht hatte sich zusammenzureißen nicht zu weinen. Doch es war ihr nicht gelungen.

 

Dieses Bild wurde nun durch andere Erinnerungen ersetzt. Auch wenn es in ihrer Vergangenheit viele traurige und gefährliche Momente gab, so konnte sie sich auch noch an die schönen Zeiten erinnern – wie sie erfolgreich von einer Mission zurückkehrten, wie sie zusammen bei Ichiraku saßen, wenn ihr Sensei sie einlud, oder wie sie Seite an Seite gekämpft hatten. Wie sie nicht nur Naruto besser kennenlernte und anfing ihrem Sensei zu vertrauen, sondern auch wie sie durch Sasuke über sich hinausgewachsen war.

 

„Gefühle sind nicht nur schlecht“, meinte Sakura daraufhin. „Sie können auch schön sein. Naja, wenn man sie zulässt, zumindest“, fügte sie leise murmelnd hinzu.

 

Vorsichtig lugte sie zu ihm, um seine Reaktion zu sehen. Er stand nur da, mit geschlossenen Augen, die Arme vor der Brust verschränkt. Der Gesichtsausdruck völlig verschlossen. Sakura seufzte. Ihre grünen Augen musterten ihn besorgt. Irgendetwas musste doch auch er fühlen. Niemand fühlte nichts. Das war unmöglich. Doch der Sasuke, der ihr nun gegenüberstand, war noch distanzierter, noch kälter, als der Junge, den sie von früher kannte. Wieso nur wollte er sich dieser Einsamkeit hingeben? Was hatte seine Rache ihm gebracht? War er nun glücklich? Er wirkte zumindest nicht so …

 

„Was denkst du gerade, Sasuke-kun?“

 

Er schweig lange und gerade als sie dachte, er würde gar nicht mehr antworten, löste er seine verschränkten Arme und fuhr sich mit einer Hand müde übers Gesicht. „Deinetwegen bekomme ich Kopfschmerzen.“

 

Sofort war Sakura auf den Beinen und umrundete den Tisch. Leicht überrascht sah er auf, als sie plötzlich vor ihm stand. „Lass mich mal sehen“, sagte sie besorgt und im nächsten Moment legte sie beide Handflächen an seine Schläfen und aktivierte ihr Chakra. Diese Situation war schon beinahe viel zu vertraut. Immerhin hielt er sie inzwischen nicht mehr davon ab, sondern ließ sie gewähren. Sakura musste sich leicht auf die Zehenspitzen stellen, um an ihn heranzukommen, da er wesentlich größer war, als sie. Auch wenn ihr Shirt jetzt mehr entblößte, als es sollte, er würde es von seinem Standpunkt aus eh nicht sehen können.

 

Sie konzentrierte sich und merkte dabei gar nicht, wie nah sie ihm wieder war. Erst nach und nach wurde es ihr bewusst. Seine dunklen Augen sahen sie aufmerksam und interessiert an. Wie gebannt erwiderte sie seinen Blick. Das grüne Chakra wurde immer schwächer und schwächer, bis es schließlich ganz erlosch. Statt ihre Hände wieder herunter zu nehmen, fingen ihre Finger an, an seiner Schläfe langsam hinab und liebevoll über seine Wange zu streichen. Unbewusst drängte sie sich ihm weiter entgegen. Ihre Augen lösten sich von seinen und studierten seine Gesichtszüge, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Ihre Finger wanderten weiter zu seinem Kinn. Ihr Daumen strich sanft über seine Unterlippe. Sein Mund stand leicht offen, sodass sie seinen warmen, süßen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte. Tee, ging es ihr durch den Kopf. Er hat Tee getrunken. Die andere Hand wanderte in seinen Nacken und sie stellte sich noch weiter auf die Zehenspitzen, den Blick weiter auf seine Lippen gerichtet.

 

„Gehört das auch zur Behandlung?“, fragte er ruhig und so leise, dass es beinahe einem Flüstern glich.

 

Sie konnte ihm nicht antworten, ihr Kopf war wie leergefegt. Nur am Rande nahm sie wahr, wie seine warmen Hände unter ihr Shirt schlüpften, sich an ihre Hüften legten und sie leicht an sich zog, sodass ihre Oberkörper sich nun berührten. Die Fingerkuppen seiner beiden Daumen hinterließen auf ihrer nackten Haut eine Gänsehaut, als sie zärtlich über ihren Bauch strichen, und sorgten für ein Kribbeln, das in ihrer Magengegend begann und langsam weiter abwärts wanderte. Er war so nah und er roch so gut, sie konnte ihm einfach nicht widerstehen. Ihr Verstand setzte aus, als sie ihre Augen schloss und sich weiter vorbeugte. Ihre Lippen berührten seine federleicht.

 

Sich nähernde, laute Fußschritte rissen sie zurück in die Realität. Geschockt sprang Sakura von ihm weg, gerade noch rechtzeitig, bevor die Tür aufgerissen wurde. Augenblicklich wurde sie knallrot.

 

„Da bist du ja!“, keuchte Suigetsu. Überrascht huschten seine Augen zwischen Sasuke und Sakura hin und her, bis sie einmal an Sakura runter und wieder rauf wanderten. Fragend zog er eine Augenbraue hoch. Mit seinem Körper und seinem linken Arm versperrte er den Durchgang der Tür.

 

Hinter ihm ertönte eine genervte Stimme. „Suigetsu, geh aus dem Weg, du Vollidiot!“

 

„Wir haben sie!“ Suigetsu hielt ein gläsernes Gefäß hoch, in der in einer durchsichtigen Flüssigkeit zwei weiße kleine Kugeln schwammen. Mit dem anderen Arm versperrte er weiterhin seiner Teamkameradin die Sicht.

 

„Hast du nicht gehört?“, ertönte es verärgert von Karin. Offensichtlich verpasste sie ihm gerade eine Kopfnuss, da er sich kurz darauf mit schmerzverzerrtem Gesicht den Hinterkopf rieb.

 

Sakura war wie zur Salzsäule erstarrt. Sie wagte es nicht jetzt zu Sasuke zu schauen. Diese verdammten Störenfriede! Wieso auch mussten sie ausgerechnet jetzt auftauchen? Sie seufzte frustriert. Nervös fummelte sie an ihren Fingern und starrte peinlich berührt auf den Boden. Oh mein Gott, sie hätten sich beinahe geküsst! Sie musterte ihr gelbes Shirt. Ob sie das vielleicht doch ihrem freizügigen Outfit zu verdanken hatte?

 

„Äh, Sasuke“, begann Suigetsu, der nun mit der linken Hand nach hinten griff und nach Karin schlug, um ihren Angriff abzuwehren. „Könnte ich dich kurz sprechen? Ähm, allein?“ Er warf Sakura einen Blick zu, den sie nicht ganz deuten konnte. Ob er ahnte, was hier gerade passiert, oder vielmehr beinahe passiert war? Allein ihre Reaktion war völlig offensichtlich. Andererseits … sie und Sasuke hätten sich vielleicht auch einfach bloß nett unterhalten haben können …

 

Wortlos drängte Sasuke sich an ihr vorbei und ging in Richtung Tür. Suigetsu machte den Weg frei und verschwand gemeinsam mit dem Schwarzhaarigen aus der Küche. Die Tür ging zu, woraufhin Sakura aus ihrer Starre erwachte. Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr. Mit langsamen Schritten nahm sie wieder Platz, umfasste die warme Tasse und starrte in den dampfenden Tee hinein. Sie lächelte verliebt.

 

Ihr Herz schlug immer noch viel zu schnell.

 
 

* * *

 

Sasuke war froh, als er diesen Raum endlich hinter sich ließ. Sein Abgang glich schon beinahe einer Flucht. Was zur Hölle war das gewesen? Wieso hatte er sich nicht gewehrt und das einfach so zugelassen? Seine Gedanken überschlugen sich. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte er herausfinden wollen, was passierte. Noch dazu hatte sie sich ihm so leicht bekleidet an den Hals geworfen. Kein Wunder, dass er sich nicht unter Kontrolle hatte. Sasuke schluckte. Das war nicht gut, nein, das war überhaupt nicht gut! Verdammt, er hätte beinahe eine Grenze überschritten.

 

Darüber würde er ein anderes Mal nachdenken müssen – jetzt war etwas anderes viel wichtiger!

 

Sie betraten ein leeres Zimmer, deutlich entfernt von der Küche. Was auch immer Suigetsu ihm mitteilen wollte war nicht für Sakuras Ohren bestimmt, was Sasuke merkwürdig vorkam, denn schließlich war sie bei der weiteren Vorgehensweise ihres Plans mit einkalkuliert.

 

„Hier.“ Suigetsu reichte ihm das Glas und er wirkte sichtlich erleichtert, als er es endlich los war. Sasuke nahm es entgegen und hielt es auf Augenhöhe. Er kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. In der Flüssigkeit schwammen Itachis Augen. Diese mächtigen Augen, die ihn so viele Schmerzen hatten durchleiden lassen. Er schluckte, wandte seinen Blick angeekelt ab. Von nun an würden sie ihm gehören.

 

„Verlief alles nach Plan?“

 

Suigetsu und Karin tauschten einen Blick. „Nun ja“, begann Suigetsu und es war ihm deutlich anzusehen wie unwohl er sich in seiner Haut fühlte. „Die Mission verlief nach Plan. Die Leiche war dort wo sie sein sollte. Auch wenn der Anblick etwas eklig war. Und die Dinger“ – er deutete auf das Glas – „scheinen noch intakt zu sein. Hoffe ich zumindest.“

 

Irgendetwas stimmte hier nicht. Sasuke schaute zu Karin, die ihn mit einem undefinierbaren Ausdruck ansah. Wenn alles reibungslos verlaufen war, wieso benahmen sich die zwei dann so komisch?

 

„Was ist passiert?“, fragte er nun ungeduldig. „Ist euch jemand aus Konoha begegnet? Oder gefolgt?“

 

Wieder tauschten die beiden einen Blick.

 

„Ähm“, sagte Suigetsu wieder, womit er Sasuke allmählich zur Weißglut brachte. Der Typ sollte endlich Klartext reden. „Die Leute in Konoha haben im Moment glaube ich andere Probleme, als sich mit uns zu befassen.“

 

Karin warf ihm einen wütenden Blick zu. „Hör auf um den heißen Brei herumzulabern, du Schwachkopf!“ Sie drohte ihm mit der Faust, dann wandte sie sich an Sasuke und sprach die unschöne Wahrheit aus, zu der Suigetsu nicht in der Lage war. „Sasuke, Konoha existiert nicht mehr. Das Dorf wurde vollkommen zerstört.“

 

Verständnislos sah er sie an.

 

„Was?“

 

Das konnte unmöglich wahr sein.

 

Er musste sich verhört haben.

 

„Anscheinend ist Akatsuki für den Angriff verantwortlich“, erklärte Karin. „Wir haben ein wenig herumspioniert, deshalb hat es auch so lange gedauert, bis wir zurückgekehrt sind. Von Konohagakure ist nichts mehr übrig. Nur noch die Denkmäler der Hokage. Der Anblick ist schockierend“, seufzte sie wehmütig. „Kaum zu glauben, dass vor ein paar Tagen, als wir dort waren, noch alles in Ordnung war. Es muss kurz danach geschehen sein.“

 

Noch immer versuchte Sasuke diese Informationen zu verarbeiten. Konoha – zerstört? Wieso? Wie war das möglich? Was war mit Tsunade, Kakashi oder den anderen fähigen Shinobi des Dorfes, den Jonin und Anbu? Sogar Naruto kam ihm in den Sinn. Hatten sie nichts gegen Akatsuki ausrichten können?

 

„Was ist mit den Bewohnern geschehen?“, fragte er tonlos. Zahlreiche bekannte Gesichter tauchten vor seinem inneren Auge auf.

 

„Das ist ja das Merkwürdige“, meldete sich nun auch Suigetsu zu Wort. „Anscheinend haben alle überlebt, obwohl das Dorf pulverisiert wurde. Und egal wen wir belauscht haben, sie haben alle das gleiche erzählt.“ Suigetsu und Karin wechselten einen Blick.

 

Die Rothaarige nickte und sah ihn dann wieder an. „Dieser Naruto soll den Anführer von Akatsuki im Alleingang platt gemacht haben. Krass oder?“

 

Sasuke blickte sie ungläubig an. Das musste doch ein Scherz sein, oder? In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Das konnte unmöglich … Naruto könnte nie … Wie hatte er es geschafft so stark zu werden? Nein, er weigerte sich das zu glauben. Rasende Wut erfasste ihn und vergiftete sein Denken. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.

 

Suigetsu riss ihn aus seinen wirren Gedanken. „Was ist mit Sakura? Sollten wir es ihr sagen?“

 

Sasuke hob seinen Blick, dachte immer noch an Naruto. Er sah das grinsende Gesicht des Blondschopfs deutlich vor sich. Dieser Schwächling konnte niemals so stark geworden sein. Nicht im Alleingang. Akatsuki war alles andere als ein leichter Gegner. Itachi hatte schließlich ebenfalls dieser Organisation angehört. Wenn er sich überlegte, dass sie alle so stark waren, wie sein Bruder … Beim Kampf gegen Deidara war er ebenfalls an seine Grenzen gekommen. Aber vielleicht lag es ja auch am Kyubi. Vielleicht war der Neunschwänzige ausgebrochen und … nein … denn dann hätte er das Dorf eher angegriffen, als beschützt.

 

„Sasuke?“, fragte Karin besorgt.

 

„Behaltet diese Information für euch“, antwortete er schließlich, immer noch leicht zerstreut. „Wir sagen ihr vorerst nichts.“

 

Sakura wäre sicher am Boden zerstört. Es war besser, wenn sie erst einmal nichts davon wusste, auch wenn sie es früher oder später erfahren würde. Nicht mal ihn als Abtrünnigen ließ diese Nachricht kalt, wie musste es dann erst für sie sein? Ihre Freunde und Familie befanden sich schließlich dort, ihr Zuhause …

 

Anscheinend hatte Sasuke sie vor einer großen Katastrophe bewahrt, als er sie entführt hatte. Wer wusste schon, was ihr sonst zugestoßen wäre. Es schauderte ihm bei dem Gedanken daran. Vielleicht hatte er ihr sogar das Leben gerettet.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kitty_cat
2020-11-17T16:43:54+00:00 17.11.2020 17:43
Wieder ein super cooles kapitel^^
Ich finde es einfach toll, wie du das alles beschreibst. Nicht nur den Charakteren bleibst du original treu, sondern der Story auch. Du hast wirklich den perfekten Zeitpunkt für deine Geschichte gewählt, denn Sakura hat bei den Angriff von pain auf Konoha nicht sehr viel kämpferisch beigetragen oder hat sonst irgendwas nennenswertes gemacht, um zu glänzen... was ich zwar sehr schade fand, aber für dich einen guten Grund gab, sie dir raus zu picken und sie zu sasuke zu stecken, damit er nicht so freakig wird wie in manga und anime.

Ich bin echt gespannt wie es nun weiter geht, denn es macht einfach mega viel Spaß deine ff zu lesen und die aufkeimende Bindung zwischen sasuke und sakura (so klein und zart sie im moment noch sein mag) mitzuverfolgen^^

Mach weiter so 👍

LG Kitty_cat


Antwort von:  stone0902
22.11.2020 17:44
Hallo Kitty_cat,

vielen Dank für dein liebes Review und ich freue mich, dass dir die Geschichte auch weiterhin gefällt.
Was Beziehungen angeht lasse ich mir immer gerne Zeit, denn meistens sind das die spannendsten Momente in einer Geschichte. Außerdem soll es ja auch glaubwürdig sein und gerade bei Sasuke ist es schwierig ihn in die Richtung zu schubsen, in der wir ihn gerne sehen würden ^^

Liebe Grüße
stone
Von:  Waffle-
2020-11-16T21:14:23+00:00 16.11.2020 22:14
Was für ein tolles Kapitel und was für eine großartige Fanfiction! *-*
Ich schätze an deiner Fanfiction und deinem Schreibstil wirklich wirklich sehr, wie geduldig und authentisch du die emotionalen Entwicklungen der Charaktere schilderst. Du verleihst Sasuke und Sakura eine glaubwürdige, nachvollziehbare emotionale Tiefe, die sich nach und nach entfaltet und dadurch kein bisschen 'überstürzt', überrumpelnd oder unauthentisch wirkt :) Ich finde es auch faszinierend, wie gut du dich in so einzigartige Persönlichkeiten wie die von Sasuke und Sakura hineinversetzen kannst und wie gut du die Entwicklung deren emotionaler Verbindung darstellen kannst. Deine Fanfiction zu lesen macht wirklich Spaß und ist von der Storyline total spannend und packend! Tausend Dank dir an dieser Stelle für diese wundervolle Fanfiction, die höchstwahrscheinlich nicht nur mir eine so riesige Freude bereitet! Liebe Grüße
Antwort von:  stone0902
22.11.2020 17:50
Hallo Waffle,

vielen lieben Dank für dein Review :)

Solch ein Feedback bedeutet mir wirklich viel. Ich gebe mir sehr viel Mühe, vor allem, was die Authentizität betrifft. Für mich gibt es nicht schlimmeres, als Charaktere, die OOC sind, denn dann hätte man auch gleich andere Charaktere wählen können. Vor allem Sasuke ist schwer, das stimmt. Er ist sehr emotionslos, sowohl in seiner Mimik als auch dem, was er sagt. Doch ich denke, in seinen Gedanken sieht das alles ganz anders aus. Er hat seine Maske einfach perfektioniert und ich versuche in dieser Story einige Einblicke in sein Innerstes zu gewähren. Und wenn du sagst, dass mir das gelungen ist, dann freue ich mich nur umso mehr :)

Ich hoffe, dass ich auch weiterhin deine Erwartungen erfüllen kann. Wann das nächste Kapitel kommt weiß ich allerdings noch nicht. Ich stecke gerade an einer schwierigen Stelle fest. :/

Liebe Grüße
Von:  Scorbion1984
2020-11-15T21:04:53+00:00 15.11.2020 22:04
Konoha zerstört ,da war also Pains Angriff .
Bin gespannt was Sakura dazu sagt .
Da wird sich Sasuke wohl was von ihr anhören können .


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