Zum Inhalt der Seite

Transformation

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich bin... zurück? *winkt schüchtern aus dem letzten Loch :,D*
Nein, jetzt ernsthaft: Tut mir wirklich leid, dass es so lange gedauert hat, ein Update zu schreiben. Es hat sich nur einfach viel zu viel in meinem Leben geändert und ich hab ne Menge zu tun. :,)
Na, immerhin ist dieses Kapitel echt lang geworden. xD
Also, viel Spaß beim Lesen. ^^

Ah, eine Sache noch: Für regelmäßige Updates kann ich zwar nicht garantieren, aber ich werde diese Geschichte auf jeden Fall fertig schreiben! >.< Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 9

Kid

 

„Oh, Kid, du bist wach. Dein Handy randaliert schon seit ner Stunde am Küchentisch herum.“

„Scheiße, Alter!“, schnauzte ich Wire an, während ich mir in der Tür stehend mit der Hand durchs platt gelegte Haar fuhr. „Hab schlecht geschlafen! Laber mich nicht voll!“

Ich polterte ins Bad hinüber, ärgerte mich über eine fast leere Flasche Shampoo, die ich irgendeinem meiner Mitbewohner – höchstwahrscheinlich Heat – zu verdanken hatte, und tat mein Bestes, um meine Salonfähigkeit wieder herzustellen.

Shanks hatte ich bisher noch nicht verziehen und hatte es auch so bald nicht vor. Ständig musste ich meine Fälle an andere Teams abtreten und konnte sie nicht selber abschließen. Ich war es leid. Wenn ich meine Fähigkeiten vollends unter Beweis stellen und tatsächlich etwas erreichen wollte, musste sich daran etwas ändern. Falls nötig, nahm ich sogar einen Partnerwechsel dafür in Kauf.

Gerade war ich dabei, mir mit einem Handtuch die Haare zu trocknen, als mein Blick auf die hochgeklappte Klobrille fiel. Ich hielt inne und spürte in mich hinein. Ja, der mir wohlbekannte Druck in der Bauchgegend war durchaus da und vielleicht war es tatsächlich an der Zeit, wieder einmal Flüssigkeit loszuwerden. Genau konnte ich das nie sagen, denn das Gefühl von überfälligem Harndrang, wie es Shanks so oft zu haben schien, kannte ich nicht. Ich machte meine Toilettenbesuche rein davon abhängig, ob ich wie im ersten Trimester schwanger aussah oder nicht.

Unverschämt gut tat es natürlich trotzdem, als ich mich zum Pinkeln vor das Klo stellte.

Nur einen Moment später fiel mir ein, dass ich zwar heute Morgen Smile genommen, vorher aber eine Dosis ausgesetzt hatte. Genug Zeit für meinen Körper, die sich in mir ansammelnde Flüssigkeit in etwas zu verwandeln, das Heat und Wire seines widerlichen Geruchs wegen schon mehrere Male gerne zur chemischen Kriegsführung auf dem Schwarzmarkt verkauft hätten. Hätte ich es erlaubt.

„Fuck! Mist! Aufhören!“

Ich brüllte nicht aus Rücksicht und reiner Herzensgüte meinen Penis an und brachte so den Strahl schneller zum Versiegen als er entsprungen war. Vielmehr erinnerte ich mich zu gut an den Vermieter, der unserer gesamten WG mit dem Rauswurf gedroht hatte, sollte es zu weiterer „Geruchsbelästigung“ kommen.

Mann, was haben die Glück, dass ich das ohne Weiteres abbrechen kann…

Mit einem Schnauben spülte ich ungefähr fünfmal, leerte das restliche Shampoo ins Klo, spülte noch zweimal und riss anschließend das Fenster weit auf. Ob das reichte, wusste ich zwar nicht, aber wenigstens hatte ich guten Willen bewiesen.

Betont lässig verließ ich das Bad und zog rasch die Tür hinter mir zu. Wenn ich so tat, als sei nichts gewesen, dann...

„Kid.“

Ich erstarrte. „Ja, Killer?“

Mein bester Freund aus Kindertagen baute sich in Schürze und mit von einem Tuch zurückgehaltener Metal-Haarmähne vor mir auf. Zwar war er kleiner als ich, aber leider auch eine furchteinflößende WG-Mama.

„Hast du... mal wieder vergessen, Smile zu nehmen, bevor du am Klo warst?“, fragte er und es war völlig egal, ob seine Worte für einen Außenstehenden geradezu skurril klangen – Respekt verschaffte er sich damit trotzdem.

„Also, ich habe heute Morgen Smile genommen...“, fing ich an, wurde unter Killers unbeeindrucktem Blick jedoch schnell mürbe. „Gestern Abend allerdings... ja, da hab ich das vielleicht tatsächlich... vergessen?“

Ein enttäuschtes Seufzen war alles, was ich daraufhin als Antwort bekam, und doch wirkte es besser als zehn Standpauken.

„Ich hab auch sofort gelüftet, Mann!“, beteuerte ich und stiefelte halb entschuldigend, halb wütend herumfuchtelnd zum Küchentisch. „Ich hab gefühlt zehnmal gespült! Ich hab das restliche Shampoo, das Heat netterweise übriggelassen hat, reingekippt! Ich kann doch auch nichts dafür, dass... Scheiße.“

Letzteres hatte meinem Handy gegolten. Oder vielmehr Zorros Nachricht, die ich soeben geöffnet hatte.

 

(11:36) Zorro: Flamingo und sein ganzer Betrieb sind sauber. Der Chef hat den Fall eingestellt.

 

Darunter hatte er mir lediglich eine Sprachnachricht von fünf Minuten Länge geschickt. Ich konnte mir in etwa vorstellen, worüber er sich darin ausließ.

„Kid, ist etwas passiert?“ Killer hatte meinen auf einmal viel zu ernsten Gesichtsausdruck völlig richtig gedeutet.

„Ärger mit nem Fall“, brummte ich, steckte das Handy ein und sah auf. Normalerweise hätte ich mir eine Sprachnachricht einfach im Beisein der anderen angehört. Zorro zuliebe tat ich es aber nicht. „Was macht ihr eigentlich alle hier? Es ist drei Uhr nachmittags. Müsst ihr nicht zur Arbeit oder so?“

„Wir haben beschlossen, die Werkstatt erst morgen wieder aufzumachen“, antwortete Heat, der geistesabwesend an seinen Dreads herumfummelte.

„Konnten ja Killers Besuch nicht einfach rauswerfen“, fügte Wire an, der genauso gelangweilt sein Gesicht im Vergrößerungsspiegel am Couchtisch betrachtete.

Dann erst entdeckte ich ihn: Einen schmächtig wirkenden, jungen Mann, der sich eine Wintermütze mit Ohrenklappen (und das mitten im Sommer!) tief in die Stirn gezogen hatte. Er saß bei den anderen beiden Faulpelzen auf der Couch und mümmelte etwas, das sich als Killers Spezial-Pancakes herausstellte. Wo genau hatte Killer den bitte aufgegabelt?

„Hoffe, ihr hattet wenigstens Spaß gestern“, sagte ich tonlos, schnappte mir zwei Äpfel aus der Obstschale und trollte mich. „Bin in meinem Zimmer. Muss was für die Arbeit erledigen.“

Seelsorger für Zorro spielen zum Beispiel.

In genau diesem Moment ging die Badezimmertür auf und ein zweiter junger Mann mit rotbraunem Haarschopf wankte daraus hervor. Der musste sich unbemerkt nach mir dort hineingemogelt haben. Er wirkte grün im Gesicht und hielt sich eine Hand vor den Mund. Da war wohl gestern eine Menge Alkohol geflossen.

„Irgendetwas stimmt mit eurem Klo nicht“, brachte er erstickt hervor. „Das stinkt so übel, dass mir beinah mein Milchshake wieder hochgekommen wäre.“

Okay, das war dann mein Stichwort, um mich endgültig zu verpissen.

„Ki-hid...!“

„Ist echt dringend, Killer! Kann ich nicht aufschieben!“

Fluchs war ich in meinem Zimmer und hatte die Tür hinter mir zugesperrt. Ich warf mich auf mein Bett zwischen die zum Nest drapierten Decken und biss zuallererst mürrisch in einen der Äpfel. Sollten die da drüben doch in heillosem Durcheinander jetzt alle der Reihe nach das Klo inspizieren, herumschimpfen und das von Killer eigens in Amerika bestellte De-Skunk die Rohre hinabjagen. Sich überlegen, an welchem fernab der Zivilisation gelegenen Busch ich die restlichen anderthalb Liter der chemischen Wunderwaffe loswerden konnte, durfte alleine ich.

„Das war das letzte Mal“, maulte ich vor mich hin. „Das letzte Mal, dass ich wegen der Arbeit Smile aussetze. Scheiße, wie ich dieses Gejammere hasse!“

Ein Vorsatz, an den ich mich nicht halten würde. Dafür war mein Jagdinstinkt schlichtweg zu ausgeprägt.

Weiterhin an meinem Apfel nagend drehte ich mich auf den Bauch, zückte mein Handy und vertiefte mich in WhatsApp. Was zur Hölle war da eigentlich los? Nicht nur, dass Zorro mir fünf Minuten bescherte, in denen ich mir anhören durfte, wie voreilig der Beschluss des Chefs war und dass Smoker Flamingo sehr wohl für verdächtig hielt, nein. Ich war klammheimlich einer Gruppe beigefügt worden, die sich Operation Sanji nannte, und Law hatte mir auch noch geschrieben.

Ganz klar, welchen Chat ich zuerst öffnete.

 

(12:15) Law: Hey, Patient. Hab gesehen, dass sie dich auch zu dieser wahnwitzigen Aktion einladen wollen. Das ist rechtlich doch gar nicht erlaubt, oder? Warum lässt dein Kollege das zu?

(12:55) Law: Ich werde übergangen. -__-

(13:15) Law: Sorry, ich konnte die nicht aufhalten! o__o

 

Mit unguter Vorahnung hob ich eine Braue. Um das zu verstehen, musste ich wohl oder übel in der Gruppe nachlesen, die mir mit über achtzig neuen Nachrichten aufwartete.

 

(Ruffy hat die Gruppe „Operation Sanji“ erstellt.)

(Ruffy hat dich hinzugefügt.)

(11:54) Ruffy: Jetzt hab ich aber alle!

(11:55) Ace: Kann mir jetzt mal endlich wer erklären, was das alles hier soll? o.o

(11:55) Lysop: Mensch, Ace!! Sanji ist weg und keiner weiß, wo er ist!!

(11:55) Lysop: Wir müssen ihn finden!!!

(11:55) Lysop: ER KÖNNTE TOT SEIN!!!!! D: D: D:

(11:56) Nami: Hör auf, so gruselige Sachen zu schreiben! D:<

(11:57) Ruffy: Aber echt! Wir haben doch Plakate aufgehängt!

(11:57) Law: Was soll das hier? Kümmert sich nicht die Polizei um den Fall?

(11:58) Ruffy: TRABERT! :D

(11:58) Ruffy: Warum hast du uns nicht geantwortet? Du hast Sanji doch zuletzt gesehen!

(11: 58) Ace: Ich weiß gar nicht, warum ihr mich mit in die Gruppe habt. Ich bin doch grad in Italien. o.o

(11:59) Law: Die Polizei war bei mir. Der hab ich schon gesagt, dass ich nicht weiß, wo Sanji ist.

(11:59) Sabo: @Ace Ruffy meinte, falls Sanji dir in Mailand über den Weg läuft... ¬__¬

(12:00) Ruffy: Du warst auch gar nicht dabei, wie wir die Plakate aufgehängt haben. Hast du meine Nachrichten nicht bekommen? :(

(12:02) Law: Ja. Hatte schlechten Empfang.

(12:02) Ruffy: Der Stachelkopf war bei dir, oder?

(12:03) Ruffy: Den haben wir auch zur Gruppe dazu. Zorro meinte, der hilft uns. :D

(12:04) Law: Wobei?

(12:04) Ace: Warum sollte mir der in Mailand über den Weg laufen? o.o

(12:05) Nami: HÖRT IHR JETZT ENDLICH AUF, SO DURCHEINANDER ZU SCHREIBEN?!

(12:08) Nami: Sorry. Das ist furchtbar zu lesen.

(12:08) Lysop: Ja! Und es ist ernst!

(12:09) Sabo: @Ace Ich erklär dir das privat.

(12:09) Ruffy: @Law Zorro hat mir vorhin geschrieben, dass sie bei der Polizei Sanji nicht mehr suchen. Zu wenig Beweise oder so Schmonsens.

(12:10) Lysop: Das heißt Nonsens!

(12:10) Ruffy: Da hab ich gesagt: Zorro! Wir müssen Sanji selber suchen! Wenn wir zwei Polizisten dabei haben, dann geht das klar! :D

(12:12) Law: Das geht ganz bestimmt nicht klar!

(12:12) Ruffy: Doch, doch! Zorro meinte, wir müssen ihm dringend helfen, wenn es sonst keiner tut!

(12:13) Ruffy: Zorro steht nämlich auf Sanji. :D

(12:14) Lysop: Langsam wissen wir das alle, Ruffy... ¬__¬

(12:17) Law: Das interessiert mich nicht. Lasst den Mist. Ihr kriegt Probleme.

(12:19) Nami: Zorro könnte sich dazu aber auch mal selber äußern.

(12:20) Lysop: Ja, genau. Warum bist du die ganze Zeit so still, Zorro?

(12:30) Lysop: Zorro? o.o

(12:32) Ruffy: HALLO, ZORRO! SCHREIB MAL WAS!

(12:34) Nami: Ihr seid Volldeppen! Der pennt sicher! Hat doch ständig Nachtschicht!

(12:34) Ruffy: Ach ja. .__.

(12:39) Ruffy: Dann müssen wir eben alleine planen.

(12:40) Lysop: Dafür bin ich auch!

(12:42) Sabo: Ich auch!

(12:42) Law: Was bitte habt ihr vor? Ihr habt doch gar keine Anhaltspunkte. Das ist illegal!

(12:43) Lysop: Wir sollten uns erstmal alle i-wo treffen.

(12:43) Ruffy: Stimmt! So viel schreiben ist voll anstrengend. D:

(12:44) Nami: Wie wärs bei euch, Ruffy? Da ist Law auch gleich in der Nähe.

(12:45) Lysop: Ich dachte, wir wären heute alle in der Uni. Auch Law. Hast du frei, Nami?

(12:45) Nami: :P

(12:45) Lysop: Du Sau!

(12:45) Ruffy: XD XD XD

(12:46) Law: Hallo? Habt ihr überhaupt gelesen, was ich geschrieben habe?

(12:46) Ruffy: Treffen wir uns doch direkt an der Uni.

(12:47) Sabo: Passt!

(12:48) Nami: Jungs! Jetzt muss ich mich ja umziehen! -__-

(12:48) Lysop: :P

(12:48) Sabo: Bist du nur in Unterwäsche?!?!?!

(12:49) Nami: Willst du die Farbe wissen~?

(12:49) Sabo: *Q*

(12:50) Nami: Sag ich dir aber nicht, du Ferkel!!! D:<

(12:51) Sabo: :(

(12:51) Ruffy: XD XD XD

(12:51) Lysop: Das gibt Haue nachher, Sabo. XD

(12:52) Law: Überlest ihr mich absichtlich? Ihr kriegt Ärger.

(12:53) Nami: Also, wo genau treffen wir uns? Und wann? Ich brauch mindestens ne Stunde, bis ich fertig bin.

(12:55) Lysop: Das wär um 14 Uhr.

(12:55) Lysop: Uhhh... ich hab bis drei Kunstgeschichte-Vorlesung. -__-

(12:56) Ruffy: Dann um drei.

(12:57) Sabo: Nee, geht nicht. Ich hab noch Strafrecht bis halb fünf.

(12:57) Ruffy: Dann halb fünf.

(12:58) Ruffy: Vor der Kantine. Dann kann ich vorher noch was essen. XD

(12:59) Sabo: Passt.

(12:59) Lysop: Bei mir auch!

(13:00) Nami: Dann bis später, Jungs. Ich leg mich jetzt in die Wanne~

(13:12) Law: Ihr seid verrückt.

(13:24) Ruffy: Zorro, bist du schon wach?

(13:29) Lysop: Kannst du ihn das nicht privat fragen? Das hier ist ein Chat nur für ganz wichtige Dinge!!!

(13:46) Ruffy: An Zorro und Stachelkopf! Wir treffen uns um halb fünf vor der Uni-Kantine!

(13:59) Law: Ich komm auch vorbei.

(14:00) Ruffy: JUHUU! TRABERT!

(14:02) Lysop: Nur ganz wichtige Dinge!!!!!

(14:02) Ruffy: :x

(15:13) Zorro: Leute! Das ist zu viel Text!

(15:32) Zorro: Ok. Halb fünf. Bis dann.

(15:33) Ich: @Zorro Ich hol dich ab.

 

Noch während des Lesens hatte ich meinen Entschluss gefasst: Wenn schon Shanks es mir ständig vermasselte, meine Fälle abschließen zu können, dann würde ich sicher nicht die einzige Chance ziehen lassen, doch noch aufzuklären, wohin der blonde Barkeeper verschwunden war. Außerdem war ich es Zorro als sein bester Kumpel schuldig. Dass ich auf diese Weise rein zufällig mein Date schon einen Tag früher sehen konnte, spielte natürlich auch mit hinein. War aber nicht der Hauptgrund! Ganz sicher nicht!

Naja, vielleicht doch.

 

Als ich gemeinsam mit Zorro am vereinbarten Treffpunkt ankam, war dort die gesamte Chatgruppe bereits versammelt. Unter ihnen Ruffy, der Hyperaktive aus Jeff's Bar, und ebenso Law Trafalgar, nach wie vor umwerfend und das Heißeste, was ich im Umkreis von Kilometern je zu Gesicht bekommen hatte. Neben Letzterem kam ich ganz unauffällig zum Stehen und für einen Moment trafen sich aus dem Augenwinkel unsere Blicke. Ließe es sich deichseln, so würde ich die Gunst der Stunde nutzen und unser Date vorziehen, so viel war gewiss.

Aber... zunächst zu dringlicheren Angelegenheiten.

„Zorro! Du musst den anderen nochmal erklären, warum ihr nicht weiter nach Sanji sucht!“, krakeelte Ruffy. „Die glauben mir nicht!“

Die anderen – das waren neben Law eine süße Schnecke mit feuriger Haarmähne, welche meiner Konkurrenz machte, ein Dunkelhäutiger mit zu langer Nase und ein Blondschopf mit zu kurzer Nase. Alle drei schienen aufgewühlt und dementsprechend fingen sie auch sofort an, wild durcheinander zu diskutieren, dass sie ihm sehr wohl glaubten und Ruffy einfach nur zu dumm zum Erklären sei und obendrein das Kantineessen zu wenig und zu lasch gewürzt. Da verstand ja keine Sau ein Wort. Oder den Zusammenhang.

„Ruhe!“ Man hörte in Zorros Stimme, dass er für sinnloses Zeitverschwenden gerade keinen Nerven hatte. „Die Beweislage ist unzureichend. Wir haben keine Spuren mehr, denen wir nachgehen können. Deswegen hat der Chef...“, er pausierte, als wolle er lieber nicht daran denken, „...den Fall eingestellt.“

„Schwachsinnige Beamtenbürokratie“, beschwerte sich das Nasenduo einstimmig.

Woraufhin Zorro mit einem frustrierten Knurren antwortete: „Diesmal nicht. Ich war selber dabei. Der dämliche Betrieb ist von oben bis unten sauber. Zu sauber, sagt mein... Partner.“

„Welcher Betrieb? Was hat das mit Sanji zu tun?“, fragte die Frau.

Don Quichotte Pharma“, klärte ich auf. „Alle Indizien deuten darauf hin, dass einer ihrer Lieferwägen Sanji verschleppt hat. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ihr nichts gefunden habt, Zorro.“ Ich sah ihn mit einer gehobenen Augenbraue an. „Da passt jedes Puzzleteil.“

„Erzähl das nicht mir, Mann!“, brauste er auf. „Dieser Don Quichotte selber ist ein schleimiger Aasgeier! Ich glaub dem einfach nicht!“

„Doofquietschote?“ Ruffy legte den Kopf schief und sah dann Law an. „Ist das nicht da, wo dein Vater arbeitet, Trabert? Der hat doch auch so einen Lieferwagen.“

Ich konnte förmlich spüren, wie die Luft um mich her gefror. Dummer Zufall oder...?

„DU bist das? DU warst zuletzt mit dem Koch zusammen?“ Jap, bei Zorro reichte das natürlich für einen neuerlichen Verdacht aus und er packte den größeren Law aus dem Nichts heraus am Kragen. „Was hast du mit ihm gemacht? Spucks aus!“

„Zorro, lass den Scheiß!“ Fester als beabsichtigt stieß ich ihn weg von Law. Was mir giftige Blicke von beiden Seiten bescherte. Gut, im nachfolgenden Moment wusste ich auch nicht so genau, was mich geritten hatte, derart rasch und vehement einzugreifen.

„Danke, Eustass“, sagte Law mit einer Schärfe, die mich fast schon wieder anmachte. „Kann mich nicht erinnern, dich als persönlichen Bodyguard angeheuert zu haben. Und was Sanji angeht...“, er wandte sich an Zorro, „...der muss verschwunden sein, nachdem ich mit ihm zusammen war. Weiteres habe ich aber bereits deinem hitzköpfigen Kollegen hier erzählt. Ich wusste nicht, dass der Informationsfluss bei der Polizei so schlecht ist.“

„Ist er nicht“, warf ich ein. „Zorro zieht es nur vor, meine Ermittlungen in Frage zu stellen.“

„Weil deine Methoden nicht regelkonform sind! Deswegen!“, blaffte Zorro zurück.

Daraufhin verengten sich meine Augen zu Schlitzen. Wollte er mir echt hier vor Leuten, die mich kein Stück kannten, in den Rücken fallen?

„Hört auf! Das führt zu nichts! Wir sind hier, um Sanji zu finden! Nicht, um zu streiten!“ Glücklicherweise hatte der Rotschopf ein ähnlich mieses Temperament wie ich und knallte Zorro zur Besinnung eine. Es war offensichtlich, dass sie sich mehr Sorgen machte, als sie nach außen zeigte.

„Falls es euch beruhigt“, warf da Law ein, „kann ich meinen Vater heute Abend fragen, ob er etwas weiß. Viele Hoffnungen würde ich mir allerdings nicht machen. Bei denen ist irgendwie alles Betriebsgeheimnis.“

„Tatsächlich?“, schnaubte Zorro, der sich die Backe rieb. „Don Quichotte hätte uns jeden einzelnen Arbeitsschritt gezeigt, hätten wir es verlangt.“

„Höchst verdächtig“, kam es daraufhin von der Langnase.

„Sonst hätte ich euch nicht hierher bestellt!“ Zorro sah aus, als werde er im nächsten Moment anfangen, jedem den Hals umzudrehen, der neunmalkluge Bemerkungen machte.

„Also gehen wir jetzt zu Doofquietschote und treten ihm in den Arsch, bis er Sanji herausrückt.“ Nein, dieser Ruffy hatte das nicht als Frage formuliert. Wären die Umstände andere gewesen, hätte ich lauthals zu lachen begonnen. Er war jedenfalls niemand, der lange Reden schwang.

„Tun wir nicht!“, knurrte Zorro. „Vorerst. Wir brauchen handfeste Beweise. So, dass Don Quichotte die Schuld nicht weiter abweisen kann.“

Ich verzog missbilligend einen Mundwinkel, dann fragte ich: „Und wo willst du die hernehmen? Wir haben bereits Sanjis Wohnung und auch den Tatort gründlich durchsucht.“ Wenn einer das vermasselt hatte, dann waren das Smoker und Zorro gewesen. Im Gegensatz zu ihnen hätte ich mit Sicherheit eine Spur von Sanji im Betrieb von Don Quichotte Pharma gefunden. Ohne Smile kein Problem. Außer, dass ich mir vor wenigen Stunden noch hatte weismachen wollen, ich werde es in Zukunft immer brav regelmäßig einnehmen.

„Shanks und du habt seine Wohnung durchsucht“, meinte Zorro da, mich berichtigen zu müssen. Offenbar hatte er einen ähnlichen Gedanken wie ich gehabt, nur in eine andere Richtung. „Keiner von euch beiden kennt ihn wirklich. Vielleicht habt ihr etwas Offensichtliches übersehen.“

„Möglich“, schnaubte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mir war allerdings so, als kanntest du ihn auch nicht sehr viel näher.“

„Deswegen hab ich Ruffy, Nami und Lysop mitgebracht!“, keifte er mich an, als sei das glasklar gewesen, und deutete der Reihe nach auf die Anwesenden. Nur der Schweinchennasige schien keinen besonderen Zweck zu erfüllen.

Was selbiger auch sogleich peinlich betreten bemerkte und sich mit einem Kopfnicken vorstellte. „Ich bin Sabo. Ich bin zur moralischen Unterstützung dabei.“

„Ich nicht“, kam es düster von Law.

Musste er mir eine solch perfekte Vorlage in einer solch ernsten Situation anbieten?

„Sag das nicht“, waren die Worte schneller ausgesprochen als ich denken konnte. „Meine Moral ist bei deinem Anblick schlagartig um das Dreifache gestiegen.“

„Sicher, dass es nicht nur der Testosteronspiegel war?“, bekam ich eine trockene Antwort, die abermals zum Weiterspielen einlud.

Nur leider war Zorro schneller.

„Wenn ihr beide nur zum Flirten mitgekommen seid, könnt ihr auch wieder gehen!“, blaffte er mit geballter Faust.

„Sorry. Sind schon still“, beschwichtigte ich ihn. Im Grunde konnte ich ihn ja verstehen. Sich in Laws Anwesenheit zu beherrschen, war nur ungewöhnlich schwer. Selbst, wenn ich missbilligende Blicke von den Umstehenden erntete.

„Wenn ich das also richtig verstanden habe“, hakte Nami an Zorro gewandt nach, „dann sollen wir mit dir zu Sanjis Wohnung gehen und uns dort umsehen? Ist das überhaupt erlaubt?“

Zorro zuckte die Schultern. Dass er eine Suspendierung riskierte, zeigte deutlich, wie wichtig ihm Sanjis Wohlergehen war. Was wäre ich für ein Kumpel, wenn ich das nicht respektieren und ernst nehmen würde?

„Wir teilen uns am Besten auf“, schlug ich mit einem Seufzen vor. „Ich würde gerne den Tatort noch einmal unter die Lupe nehmen, ohne...“ Kurz wägte ich ab, entschied mich dann aber dafür, alle Vorsicht fahren zu lassen. Zumal der Name meines Medikaments den meisten sowieso nichts sagen dürfte. „Ohne auf Smile-Entzug zu sein. Ist auf der einen Seite zwar nützlich, um eine Spur aufzunehmen, aber kann auch vom Wesentlichen ablenken.“

„Du nimmst Smile?“ Sabo sah mich mit großen Augen an, dann seltsamerweise zu Law und wieder zurück. „Oh, wow, ich Dummkopf. Jetzt seh ich's auch.“ Er deutete auf seine Ohren, um zu versinnbildlichen, dass er meine sehr viel spitzeren und leicht gebogenen entdeckt hatte. „Und jetzt kapier ich auch... oh Mann. Oke, alles gut. Passt schon. Macht weiter.“

Niemand – mich eingeschlossen – schien zu verstehen, was das gerade sollte. Es ließ Sabo den weiteren Verlauf des Gesprächs über jedoch schief lächeln.

„Wie auch immer“, griff ich mein Vorhaben wieder auf. „Ich werde mich noch einmal gründlich in der Seitengasse umsehen. Zorro, du übernimmst Sanjis Wohnung.“

„Klar.“ Kurz entstand eine Pause, während der er Law nach wie vor misstrauisch anstarrte. Letztendlich beschloss er: „Nimm den da und Sabo mit.“

„Der da hat einen Namen!“, fauchte ich. Abermals, bevor ich überhaupt darüber nachgedacht hatte. Was sollte das? Ich war nicht einmal auf Smile-Entzug. Das hätte die Wirkung, die Laws Anwesenheit auf mich hatte, wenigstens irgendwie erklärt.

„Ihr seid ulkig!“, lachte da Ruffy, bevor ein weiterer Streit losbrechen konnte. „Los, Zorro! Lass uns Sanji finden!“

„Ich komm mit euch mit, Ruffy!“ Sabo warf mir einen vielsagenden Seitenblick zu und zwinkerte. „Den Tatort besichtigen – das schaffen die beiden hier sicher auch alleine.“ Jap, er verhalf Law und mir gerade ganz offensichtlich aus freien Stücken zur Zweisamkeit. Mit keinem Wort würde ich etwas dagegen einwenden.

Zorro hingegen ließ mich böse stierend wissen, dass er die Entwicklung der Situation nicht das kleinste Bisschen guthieß. Der Sturschädel traute Law immer noch nicht über den Weg.

„Bis später. Wir treffen uns nachher wieder hier“, brummte er und wandte sich zum Gehen. Die anderen folgten ihm. Nicht ohne, dass ich hören konnte, wie Lysop Sabo damit nervte, was denn bitte dieses Smile sei, und dass Nami mich mit einem skeptischen Blick bedachte. Hatte ich irgendetwas verbrochen?

„Anstrengend“, kommentierte Law mit gedämpfter Stimme, sowie die Truppe außer Hörweite verschwunden war.

Ich wusste sofort, was er meinte. „Das kannst du laut sagen. Die verlaufen sich mit Sicherheit, wenn sie sich auf Zorros Navigationskünste und Ruffys Enthusiasmus verlassen.“

Als einzige Antwort gab Law daraufhin ein leises, amüsiertes Geräusch von sich, welches mich dennoch in meinem Tun bestärkte. Solange ich ihn zum Lachen brachte, machte ich alles richtig.

„Lass uns durch die FuZo gehen; das ist näher“, schlug ich vor.

„Wenn du das sagst..."

Wir setzten uns in Bewegung und überquerten schweigend den Uni-Campus. Immer wieder warfen wir einander verstohlene Seitenblicke zu und eine eindringliche Frage schien allgegenwärtig: Durften wir es dem Ernst der Lage zum Trotz genießen, auf einmal ungeplant Zeit dafür zu haben, uns näher kennen zu lernen?

„Das ändert aber nichts an unserem Date morgen“, war es schließlich ich, der die Stille brach.

„Kommt drauf an.“ Das Lächeln kehrte frech in Laws Gesicht zurück. „Solltest du irgendetwas finden, das mich belastet, wird es wohl eher ein Verhör werden.“

„Wenn du auf Zorro anspielst: Vergiss den. Der ist nur so misstrauisch, weil ich dich ohne Chemie im Blut befragt habe. Als ob ich dann nicht mehr klar denken könnte. Pah!“

„Du setzt wirklich Smile aus?“, hakte Law nun sehr viel ernster nach. „Du weißt hoffentlich, dass es schon nach 24 Stunden ohne das Medikament zu irreversiblen Fehlbildungen der Rückenmuskulatur kommen kann.“

Es wunderte mich nicht, dass er sich damit auskannte. Erstens hatte ich ja erfahren, dass sein Vater bei Don Quichotte Pharma arbeitete, und zweitens war er immer noch Medizinstudent.

„Ist immer nur eine Dosis - da ist noch nie was passiert“, beschwichtigte ich ihn mit einem Zwinkern. „Schärft die Sinne um ein Zehnfaches und hat mir schon in so manchem unlösbar erscheinenden Fall weitergeholfen. Selbst wenn es weder von oben abgesegnet, noch eine offiziell gültige Quelle für Beweise ist.“

„Mir wäre das zu riskant.“ Wir machten an einer Ampel halt, mussten aber nicht lange auf eine Grünphase warten. „Eine Dosis auszusetzen, meine ich. Alkanthiolurie ist so schon kein Spaß - einen krummen Rücken und chronische Schmerzen kann ich nicht auch noch gebrauchen.“

Dass ich nicht mitten auf der Straße stehen blieb, grenzte an einem Wunder. Ich starrte ihn an und versuchte zu verarbeiten, was er gerade hatte durchblicken lassen.

„Überrascht?“, fragte er.

„Kann man so sagen“, brachte ich über die Lippen und gab weiterhin einen unintelligenten Anblick ab. Sicher, im Internet hatte ich bisweilen Foren zu Rate gezogen und mich flüchtig mit anderen Betroffenen ausgetauscht. Bisher hatte ich jedoch geglaubt, sie alle wohnten mindestens eine Zweitagesreise von mir entfernt.

„Hier.“ Law strich eine Strähne bei Seite, die er geschickt über seinem Ohr drapiert hatte, und dann sah ich es klar und deutlich: Die Spitze und deren unverkennbare Wuchsrichtung gen Kopf. Selbst, wenn sie bei Law weitaus weniger geschwungen wirkte. „Ist mir bei dir gestern schon aufgefallen. Ich wollte nur nichts... überstürzen.“

Er hatte dieselbe, den Lebensstil stark beeinträchtigende Krankheit wie ich. Unmöglich, zu sortieren, wie viele Gedanken mir in diesem Moment gleichzeitig durch den Kopf schossen. Hatte es deswegen so schnell zwischen uns gefunkt? Hatte er deswegen diese anziehende Wirkung auf mich? War das möglich und ergab das überhaupt Sinn?

„Ich weiß, es ist seltsam, plötzlich jemandem gegenüber zu stehen, den man kaum kennt, mit dem man aber einige... prägnante Eigenschaften teilt.“ Law versteckte sein Ohr wieder und ich konnte förmlich spüren, wie verlegen er auf einmal war. „Ging mir gestern nicht anders. Ehrlich gesagt kann ich es immer noch kaum glauben.“

„Hast du deswegen zugesagt?“

„Auch.“ Er warf mir ein erneutes, schiefes Lächeln zu, während wir die Fußgängerzone erreichten. „Du bist der erste andere Betroffene, den ich persönlich kennen gelernt habe.“

„Dito.“ Ich zuckte die Schultern. In keinster Weise verurteilte ich Law dafür, dass die gemeinsame Krankheit ein Grund gewesen war, sich mit mir treffen zu wollen. An seiner Stelle hätte ich genauso gehandelt.

Wir bahnten uns einen Weg durch die von der Nachmittagssonne aus den Häusern gelockte Menschenmenge und bereits nach wenigen Schritten begann ich von einem spitzen Ohr zum anderen zu grinsen. Law Trafalgar war mehr als nur irgendein sexy Glücksgriff. Er war verdammt nochmal die erste Person in meiner langen Historie von Eskapaden, von der ich inständig hoffte, dass sich mehr mit ihr ergab als nur eine heiße Nacht. Er war, wie man so schön sagte, „keeping material.“

„Ich fass es nicht!“, lachte ich, während Sanjis Verschwinden vorübergehend in weite Ferne rückte. „Jetzt kann ich dich auf Pommes ohne alles einladen und muss nicht einmal erklären, wieso!“

„Das kannst du. Aber wolltest du dir den Tatort nicht noch einmal ansehen?“ Sein Lächeln verschwand nicht und ein gewisses Blitzen in seinen Augen sagte mir, dass er mich aus reiner Höflichkeit an mein eigentliches Vorhaben erinnerte. Das Gefühl, endlich nicht mehr alleine mit all den seltsamen Spleens zu sein, übermannte ihn wohl ebenso wie mich.

„Das ist schnell erledigt“, erwiderte ich. „Außerdem lässt sich das eine mit dem anderen verbinden. Gegenüber vom Tatort steht eine Pommesbude. Es ist von absoluter Dringlichkeit, dass ich den Besitzer frage, ob er gestern etwas Auffälliges beobachtet hat. Wenn ich nebenbei etwas bestelle, stört das keinen. Bin rein theoretisch nichtmal im Dienst.“

„Rein theoretisch liegt der Fall auch auf Eis. Ich bin an einen ziemlichen Freigeist geraten, merke ich gerade.“ Zwar klang er tadelnd, bei Weitem jedoch nicht so entsetzt wie angesichts der Tatsache, dass seine Bekannten eine Rettungsaktion auf eigene Faust planten und jeden Einwand ignorierten. Tatsächlich glaubte ich sogar einen angetanen Unterton zu erkennen. Somit verbuchte ich es als weiteren Pluspunkt bei ihm.

Wir tauschten Blicke und es war schwer zu sagen, was genau in diesem Moment zwischen uns geschah. Jedoch veranlasste es uns dazu, dass meine rechte Hand den Weg zu seiner linken fand und sie sich Nähe suchend umeinander schlossen. Augenblicklich durchströmte mich Wärme, die nicht von dieser Welt schien. Ich spürte Law so deutlich bei mir und es fühlte sich einfach - dafür gab es kein anderes Wort - richtig an. Ich wollte mehr davon. Baldmöglichst. Tatsächlich musste ich mich zusammenreißen, um ihn nicht mit einem wilden Kuss zu überfallen und für anderweitige Dinge in den nächsten Hinterhof zu verschleppen.

Was zur Hölle ist das? Das kenne ich von meinen schlimmsten Smile-Entzugsphasen nicht!

Glücklicherweise war ich damit jedoch nicht alleine, wie Law keine Sekunde später bewies. „Wenn diese Sache mit Sanji nicht wäre“, sagte er unter amüsiertem Kopfschütteln, „dann würde ich dich jetzt sofort ohne Umschweife zu mir nach Hause einladen.“

„Wenn die Sache mit Sanji nicht wäre, hätten wir uns nicht einmal kennen gelernt, fürchte ich“, erwiderte ich mit einem bedauernden Lächeln. „Aber ich komm auf deine Einladung zurück. Morgen nach unserem Date hätte ich Zeit.“

„Dir fällt es echt schwer, solche Dinge als Frage zu formulieren, oder?“ Ich spürte den Druck seiner Hand fester werden, doch gleichzeitig warf er mir einen erneuten seiner schelmischen Seitenblicke zu.

Er brachte mich zum Lachen damit. „Oh, ich bitte vielmals um Verzeihung! Wäre es dem werten Herrn denn genehm, mich nach unserem morgigen Rendezvous noch in seinem bescheidenen Heim zu empfangen?“

Ein leises Kichern ertönte. „Na, also. Geht doch.“ Wieder blitzten seine sturmgrauen Augen mich von der Seite her an. „Aber ja. Es wäre mir sogar mehr als genehm.“

Wir erreichten das Ende der Fußgängerzone, wo sie in eine Verkehrsinsel mit Bushaltestelle überging. Knapp davor befand sich eine Ampel, auf der anderen Straßenseite ein wenig abseits die mit Absperrband unzugänglich gemachte Nebengasse.

Dorthin führte ich Law nun, bevor ich seine Hand losließ und mit einem Blick in die Gasse hinein die Arme in die Seiten stemmte. „Da wären wir. Pff, den Fall einstellen, aber dann nicht aufräumen. Arbeite ich eigentlich nur mit Stümpern zusammen?“

„Das sind ja nur zwei Minuten bis Jeff's Bar“, stellte Law entsetzt fest. „Ist es wirklich hier passiert? So knapp vorm Arbeitsplatz ist Sanji entführt worden?“

„Es verschwinden ständig Leute auf dem Arbeitsweg.“ Ich zuckte die Schultern, dann stieg ich über die Absperrung hinweg. Dass ich auch noch aufräumte für denjenigen, der hier seinen Job nicht gemacht hatte, sah ich gar nicht ein. „Es sind nur nicht alles Entführungen.“

„Aber diesmal schon?“ Law blieb brav stehen, wo er war. „Wie habt ihr das überhaupt herausgefunden?“

„Polizeigeheimnis. Würde ich jetzt behaupten. Wenn nicht meine Methoden - um Zorro zu zitieren - nicht regelkonform wären.“

Ich erntete einen nachbohrenden Blick.

„Ich hab ohne Smile Sanjis Fährte aufgenommen und bis hierher verfolgt“, erklärte ich, ging zu dem Haufen Rohre und hockte mich noch einmal davor hin. „Bis genau zu diesem Punkt. Ab der Ampel war außerdem eine Frau bei ihm und da drüben“, ich deutete auf das rostige Tor weiter hinten, „tauchen die Spuren von zwei Männern scheinbar aus dem Nichts auf.“ Ich erhob mich wieder. „Addier das zu Lackabriebspuren, die den Nachforschungen zufolge von einem Lieferwagen stammen, und du hast alle Zutaten für eine Entführung.“

Laws Augen waren groß und ließen keine Sekunde von mir ab. „Das alles hast du herausgefunden, nur weil du eine Dosis Smile nicht eingenommen hast?“, fragte er.

„Fast alles. Das mit dem Lieferwagen geht tatsächlich auf das Konto meines Partners“, gab ich zu. „Aber ja, wie bereits erwähnt: Smile wegzulassen schärft die Sinne. Ich bin dann eine Art menschlicher Spürhund. Mit einer gewissen, gewöhnungsbedürftigen Note allerdings.“ Nach einer eingehenden Prüfung der Umgebung kam ich zu dem Schluss, dass es hier wirklich keine weiteren Indizien zu holen gab, und stieg über die Absperrung zurück auf den Gehweg. Dabei grinste ich Law verschwörerisch zu. „Dürfte dich wohl kaum stören.“

„Ich denke nicht“, bestätigte er und sah mit einem Lächeln zu mir auf. „So wie ich mich und meine verwirrte Nase kenne, ist wahrscheinlich sogar das Gegenteil der Fall.“

Als sich unsere Blicke diesmal trafen, war mir, als hätte ich eine Tasse süßen Tees getrunken, wie Killer ihn mir bei einer Erkältung immer ans Bett stellte. Ein wärmendes Gefühl durchströmte mich und breitete sich rasch in jedes einzelne Körperteil aus. Die Aussicht darauf, Law nicht nur nahe sein zu können, obwohl ich dieses verdammte Medikament nicht genommen hatte, sondern ihm sogar noch besser zu gefallen dadurch, war zu schön um wahr zu sein. Ich wollte es hören. Ich wollte ihn sagen hören, dass er meinen unerträglichen Geruch mochte und nicht zum Weglaufen fand. Mehr noch: Ich wollte mich davon überzeugen, dass auch er diesen Geruch produzierte und ich ihn ebenfalls nicht zum Weglaufen fand.

„Du könntest es ja selber mal ohne Smile ausprobieren“, schlug ich daher vor, während mich diese stählernen Augen in ihren Bann zogen und sich mir mit eindeutiger Absicht näherten. Im nächsten Moment hatte ich Law auch schon mit beiden Händen um die Mitte gefasst. Er war schlank und fügte sich nahtlos in meinen Griff ein.

„Ich soll eine Dosis aussetzen?“, hakte er nach und als seine Finger meine Brust berührten, zuckte ein gieriges Verlangen durch mich, das ich gerade so im Zaum halten konnte.

„Morgen für unser Date vielleicht“, bekräftigte ich ihn. „Es steigert zusätzlich nämlich... hmm... einen gewissen Appetit.“

„Hast du Angst, ich wäre nicht scharf genug auf dich?“, entgegnete er geradeheraus und kam mir so nahe, dass ich seinen Atem an meinen Lippen spüren konnte. Aufregung flammte mit der Heftigkeit eines Feuerwerks in mir auf. Normalerweise war ich nicht der Typ, der sich so leicht um den Finger wickeln ließ. Dafür spielte ich selber zu gerne. Gerade aber drängte mich mein gesamter Körper dazu, mit dem Zögern aufzuhören und endlich Nägel mit Köpfen zu machen.

„Du hast Glück“, raunte Law mir zu. „Ich bin neugierig, wie wir aufeinander wirken so völlig ohne Smile. Wenn du es auch tust, werde ich die Tablette weglassen.“

Ein sinnlicher Blick folgte, zwei Hände, die mich aufgeregt bebend vorne am Shirt packten und das Rascheln von Kleidung, als Law sich mir noch ein Stück mehr entgegenstreckte und mir zuvorkam.

Es war wie ein Eintauchen in warmes Wasser nach einem langen Arbeitstag. Er tat mir so gut, dass ich voller Vertrauen die Augen schloss und ihn innig an mich drückte. Ich erwiderte den Kuss ohne jeglichen weiteren Gedanken und mit einer Zärtlichkeit, die ich überhaupt nicht von mir kannte. Ewig wollte ich so mit ihm dastehen und die Zeit vergessen. Einfach nur seine Lippen an den meinen spüren und mich jener Gänsehaut hingeben, die sich nach und nach einstellte, als ich begriff, welch riesiges Glück wir beide doch gehabt haben mussten, als das Schicksal uns miteinander bekannt gemacht hatte. Tatsächlich hatte ich die Wahrscheinlichkeit, einem zweiten Menschen mit demselben Gendefekt zu begegnen, bisher für so gering gehalten, dass ich niemals auch nur damit gerechnet hatte. Law hier und jetzt in meinen Armen zu halten, erschien mir geradezu surreal aber auch ebenso wundervoll. Einfach, weil ich wusste, dass er war wie ich. Und welche Möglichkeiten uns folglich offenstanden...

Die Hitze und das Glücksgefühl stiegen mir zu Kopf und ich löste heftig atmend den Kuss. Wenn wir jetzt weitermachten, konnte ich für nichts garantieren.

Doch auch Law sah mich mit glühenden Wangen an, dann wandte er verlegen den Blick ab und gab mein Oberteil frei. Er streichelte unerwartet fahrig meine Brust, schließlich räusperte er sich. „Entschuldige. Ich wollte nicht... ich meine, es ist unpassend, wenn wir jetzt...“

„Kein Stress.“ Einmal noch erfühlte ich seine schmale Taille unter meinen Händen, dann ließ ich zaghaft von ihm ab. „Verschieben wir den Rest auf morgen.“

Stumm wie zwei Fische standen wir viel zu nahe beieinander da, strahlten nach wie vor sehnsüchtige Hitze aus und vermieden weiteren Blickkontakt. Keiner von uns beiden wollte warten. Schon gar nicht bis morgen. Einzig die Vernunft und ein klitzekleiner Rest Anstand verhinderten, dass wir wie Wilde übereinander herfielen. Soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich ein solch brennendes Verlangen mit noch niemandem geteilt, und es war nahezu beängstigend.

„Wolltest du dem Besitzer der Pommesbude nicht ein paar Fragen stellen?“, rettete uns schließlich Law mit einer rein sachlichen Frage und ich nickte.

„Lass uns rübergehen.“

Weiterhin nicht besonders gesprächig überquerten wir die Straße. Mein Herz klopfte währenddessen so laut und heftig, dass ich befürchtete, es könne jeden Moment aus meiner Brust mitten auf die Fahrbahn springen und dort einen Tod aus purer Liebestrunkenheit sterben. Denn abstreiten konnte ich es nicht: Der Kuss eben hatte mich geradewegs in den siebten Himmel und darüber hinaus katapultiert. Ich war Law hilflos verfallen und das sogar mit Smile.

Als wir die Pommesbude erreichten, erlangte ich schlagartig Professionalität und auch Fassung zurück. Ich klatschte meinen Polizeiausweis auf die Theke (in der Hoffnung, dass ich hier ohne Uniform und Dienstmarke weiterkam) und verlangte mit routinierter Wortwahl: „Zweimal Pommes ohne alles bitte und ein paar Auskünfte die Seitengasse da drüben betreffend.“ Ich deutete mit dem Daumen hinter mich.

Der Budenbesitzer sah mich und meinen Ausweis aus kleinen, stechenden Augen heraus abschätzend an, dann griff er nach Pappschalen, um diese zu befüllen. Währenddessen antwortete er: „Hab mich schon gefragt, wann ihr hier vorbeikommt. Nach all dem Brimborium mit dem Absperrband. Sind da drüben irgendwelche Chemikalien ausgelaufen oder was ist passiert?“

„Das nicht.“ Ich sammelte meinen Ausweis wieder ein und durchforstete meinen Geldbeutel stattdessen nach Münzen. „Aber eigentlich würde ich ja von Ihnen gerne wissen, ob Sie etwas Auffälliges gesehen haben.“

„Nur zwei Ihrer Kollegen, die sich anschreien und die Rolle mit dem Absperrband auf die Straße fallen lassen“, bekam ich eine nach meinem Geschmack viel zu treffende Beschreibung von Corby und Helmeppo bei der Arbeit zu hören. „Die ist bis hier rüber zum Radweg gerollt und hat ein riesiges Tohuwabohu veranstaltet. Ein Kind hat sich mit seinem Tretroller darin verheddert und ist hingefallen. Zum Glück ist nichts passiert. Aber wie leicht hätte das Verletzte geben können...“

Ich verdrehte genervt die Augen. Offenbar arbeitete ich wirklich nur mit Stümpern zusammen.

„Irgendetwas Auffälliges außer das?“, bohrte ich nach. „Vorher am besten.“

Der Budenbesitzer zog eine gelangweilte Miene und schüttelte den Kopf. Dann stellte er zwei Schalen dampfende Pommes auf die Theke. „Zweimal ohne alles. Das macht acht Euro.“

„Das ist ja Wucher!“

„Von irgendetwas muss unsereins auch leben“, schnaubte er und sah mich ungeduldig an.

Bevor ich zurückkeifen konnte, schob sich allerdings Law - die Ruhe in Person - mit einem Schein dazwischen und legte ihn dem Budenbesitzer direkt unter die Nase. „Hier. Das passt so.“ Er nahm eine der Schalen von der Theke, dann zupfte er sacht am unteren Ende meines Oberteils. „Komm. Da drüben sind Tische.“

Ohne meine Antwort abzuwarten, ging er vor und ließ mich überrumpelt zurück. Jetzt hatte ja er mich eingeladen und nicht umgekehrt.

„Wenn ich genauer darüber nachdenke...“, hörte ich da den Budenbesitzer sagen, als wäre es ihm gerade erst wieder eingefallen, „...dann habe ich vielleicht doch etwas Ungewöhnliches beobachtet.“

„Was?“, schnaubte ich und musste zähneknirschend mit ansehen, wie mein Gegenüber den Zehneuroschein glatt strich, als sei dieser eine besonders reinrassige Katze.

„Zwei Männer und eine Frau in einem Lieferwagen. Von dieser Firma da. Sie wissen schon. Die mit den teuren Medikamenten.“

Don Quichotte Pharma? Mit einem blauen Logo?“

„Genau die. Die sind da drüben reingefahren.“ Er deutete überflüssigerweise auf die Seitengasse. „Wäre nicht weiter seltsam gewesen, wenn die unteren Etagen da nicht alle leer stehen würden. Und einen Höllenlärm haben die dabei auch gemacht. Hätten beinahe einen Container mitgenommen. Dann sind sie ausgestiegen und ne Weile da herumgestanden. Was weiter passiert ist, weiß ich allerdings nicht. Hatte zwischendurch eine Reisegruppe zu bedienen und danach war der Lieferwagen weg.“

„Das reicht“, winkte ich ab, meine Laune durchaus besser als zuvor. „Sie haben mir gerade eine ganze Reihe Annahmen bestätigt. Dankeschön.“

„Bedanken Sie sich lieber bei Ihrem spendablen Freund.“

Meine Augen wurden schmal und meine Laune rutschte zurück in den Keller. Der Betonung nach zu schließen, hatte der Typ Law und mir vorhin beim Knutschen zugesehen und hieß es alles andere als gut.

„Schönen Tag noch!“, blaffte ich ihn an, riss meine Portion Pommes an mich und stampfte von dannen. Sollte der meinetwegen denken, bei der Polizei arbeiteten nur Idioten und Perverse. Ging mir dezent am Arsch vorbei!

Als ich bei Law und einem billigen Plastikstehtisch ankam, machte ich meiner Wut Luft, indem ich das Schälchen auf die Tischplatte knallte und anschließend murrte: „Ich wollte dich einladen.“

Law blickte unbeeindruckt auf, biss ein kleines Stück von einem Pommes ab und entgegnete mit kühler Stimme: „Wenn du damit nicht zurechtkommst, Eustass, such dir besser einen anderen. Ich weiß, dass es ordentlich zwischen uns funkt. Mehr als erlaubt sein sollte, wenn du mich fragst. Aber Gejammere wegen verletztem männlichen Stolz oder sowas vertrage ich nicht. Entweder werden wir Partner oder gar nichts dergleichen. Und als solche“, seine Miene wurde kaum merklich sanfter, „hilft man sich eben gegenseitig aus.“

Mit wortlos zusammengepresstem Mund starrte ich ihn an. Jap, so war das. Ich wurde hier vor vollendete Tatsachen gestellt und hatte nichts zu melden.

„Danke“, maulte ich und fing an, Pommes in mich hineinzustopfen. „Immerhin hat der Typ noch gemeint, er hätte den Lieferwagen von Don Quichotte Pharma mitsamt den beiden Männern und der Frau gesehen.“

„Dann stimmt es also. Wobei ich immer noch nicht verstehe, warum ein Pharmakonzern Leute verschleppen sollte. Illegale Menschenversuche klingt so...“

„...nach billigem Thriller?“, ergänzte ich.

„Nun... ja.“ Law seufzte. „Ich hoffe, ich kriege brauchbare Informationen aus meinem Vater heraus.“

Ich nickte mit trüber Miene. Es gefiel mir nicht, dass alle Anhaltspunkte, die uns in Sache Sanji noch blieben, irgendwelche losen Fäden ohne Zusammenhang waren.

„Erzählt er dir denn sonst von seiner Arbeit?“, hakte ich nicht ohne persönliches Interesse nach. „Über Smile oder Alkanthiolurie selber. Du musst doch eine Menge Insiderwissen haben. Ich meine, du studierst Medizin und sitzt auch noch quasi an der Quelle für Medikamente.“

Law schenkte mir daraufhin ein mattes Lächeln. „Was willst du wissen?“

„Alles? Und am besten Dinge, die ich noch nicht weiß?“

„Keine Ahnung, ob ich damit dienen kann“, meinte Law mit hörbarem Bedauern in der Stimme. „Ehrlich gesagt hast du mir heute sogar Dinge erzählt, die ich noch nicht wusste. Dass man einfach eine Dosis Smile ohne Bedenken weglassen kann, zum Beispiel. Ginge es nach dem Lehrbuch oder den Warnungen meiner Eltern, solltest du schon gar nicht mehr gerade gehen können.“

„Schwachsinn“, war mein ganzer Kommentar dazu. Was irgendwelche Theoriefurzer schwafelten, wog nun einmal nicht viel gegen meine fundierte praktische Erfahrung.

„Das ist es ja“, stimmte Law mir zu. „Vieles, was in den Büchern steht, ist nicht vollständig. Wenn man wie du und ich selbst an dieser Kondition leidet, häufen sich im Laufe des Lebens Fragen über Fragen über Fragen, die einem niemand beantwortet. Warum vertrage ich Schimmelpilze? Wieso verwertet mein Körper alles, was ich zu mir nehme, in flüssiger Form? Welchen Nutzen hat es, dass mich meine Nase nicht vor Schwefelverbindungen warnt, sondern im Gegenteil das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert wird? Warum muss ich mir ein Nest bauen, um schlafen zu können? Und wie überhaupt kann ein Körper, dem so viele wichtige Organe fehlen, alleine durch Tabletten überleben?“ Er hatte sich richtig in Rage geredet und in seinen Augen brannte ein Feuer, das vor allem aus angestautem Frust zu bestehen schien. Ich konnte es ihm nicht verübeln. Viele dieser Fragen waren auch mir nicht fremd und eigentlich hatte ich geglaubt, jemand wie er habe wenigstens ein paar Antworten darauf. Umso erschütternder, dass dem nicht so war.

„Also weiß es niemand? Es wurde noch nicht ausreichend erforscht?“

„Schwachsinn“, war nun er mit abfälligen Bemerkungen an der Reihe. „Ich bin mir sicher, in den zuständigen Einrichtungen weiß man mehr als genug. Mein Vater erzählt mir nur nichts. Oder eben wenig. Um mehr herauszufinden, muss ich mich selber bei Don Quichotte Pharma bewerben, sobald ich mit dem Studium fertig bin. Wahrscheinlich sollte ich auf Pharmazie umsteigen...“

„Wieso wird daraus überhaupt ein so ein riesiges Geheimnis gemacht?“, fragte ich und stopfte weiter Pommes in mich hinein. Zu meinem Leidwesen war die Schale schon fast leer.

„Das“, sagte Law mit Nachdruck, „ist seit geraumer Zeit Frage Nummer eins, die ich mir tagtäglich stelle. Wahrscheinlich aber wollen die von Don Quichotte Pharma vorerst nicht, dass man ihnen irgendwelche Rezepturen stiehlt. Vielleicht - wenn wir Glück haben - kriegen wir in ein paar Jahren ja doch noch Forschungsergebnisse zu sehen.“ Er beäugte mich schief, wie ich dem Rest meiner Pommes den Garaus machte, dann schob er mir unaufgefordert seine eigene Schale herüber, die noch zu einem Drittel gefüllt war. „Hier. Ich bin satt.“

„Wirklich?“ Ich hob eine Braue und musterte ihn kurz. Gut, die schmale Taille kam wohl nicht von ungefähr.

„Ich weiß, ich sollte mehr essen...“

„Cool. Das ist voll praktisch“, überging ich ihn und fuhr frohgemut damit fort, Pommes zu vernichten. „Mir sind die Portionen eigentlich immer zu klein, wenn man irgendwo bestellt.“

Für einen Moment starrte mich Law mit einem blanken Ausdruck im Gesicht an, dann ließ er wieder sein leises Lachen hören. Nur, um anschließend in einer huschenden Bewegung den Tisch zu umrunden, in meine Armbeuge zu schlüpfen und auf diese Weise an mich geschmiegt doch noch ein oder zwei Pommes zu stibitzen. Es war zwar unverschämt, aber auch verdammt niedlich. Weswegen ich ihn gewähren ließ und es einfach nur genoss, dass er mir nahe war.

„Wusstest du, dass Alkanthiolurie nur Männer betrifft?“, fragte er nach geraumer Zeit. „Und nicht nur das; in hundert Prozent der Fälle sind sie mindestens bi-, wenn nicht sogar homosexuell.“

Ich gab einen Laut der Anerkennung von mir. „War mir bisher gar nicht so bewusst, nein. Aber jetzt, da du es sagst...“ Nachdenklich schob ich mir die letzten beiden Pommes zwischen die Lippen. Nein, in den Foren waren tatsächlich nur höchst selten Frauen unterwegs gewesen. Meistens Ärztinnen oder solche, die es werden wollten.

Ein Zupfen am Ärmel ließ mich hinunter und direkt in Laws Gesicht blicken. Vorwurfsvoll wanderten seine Augen von mir zu dem noch verbliebenen Pommes, das aus meinem Mund herausragte, und dann wieder zurück.

Ich verstand.

Mit einem Schmunzeln und glühenden Wangen beugte ich mich hinab, den Köder fest zwischen die Lippen geklemmt. Keine Sekunde dauerte es und ich hatte meinen Fang auch schon gemacht: Einen angeblich bereits satten Law, der im Verhältnis dazu erstaunlich gierig anbiss. Er klaute mir frech mein Pommes, aber schien danach noch längst nicht genug zu haben. Wieder war er es, der mich zuerst küsste, und wieder schloss ich dabei die Augen, wohl wissend, dass uns der Budenbesitzer von hier aus beobachten konnte. Sollte er ruhig. Umso mehr es ihn störte, desto lieber war ich ihm ein Dorn im Auge. Zumal dieser Kuss wie auch der vorherige schon unglaublich gut tat.

Als wir uns diesmal voneinander lösten, lächelten wir einander zufrieden an. Ob es nun an dieser dummen Krankheit lag oder nicht: Da war etwas zwischen uns, das sich nicht in Worte fassen ließ. Eine Verbindung tief im Innersten, die sich ihrer Heftigkeit wegen vor allem als körperliche Anziehung äußerte, aber noch so vieles mehr in sich verborgen hielt. Ich konnte es kaum erwarten, gemeinsam mit Law jede einzelne ihrer Facetten zu entdecken.

„Wir sollten wohl langsam wieder los“, sagte ich leise und hob einen Finger, um damit flüchtig Laws Wange zu berühren. „Zurück zu den Deppen.“

Einen Moment lang sah er mich nur an und folgte mit dem Gesicht kaum merklich meiner Hand, als ich sie wieder sinken ließ. Letztendlich aber nickte er. „Hoffen wir, dass sie erfolgreicher waren als wir.“

„Als ob“, schnarrte ich abfällig, nahm die leeren Schälchen vom Tisch und stopfte sie in den nächstbesten Mülleimer.

„Du vertraust nicht gerade in die Fähigkeiten deines Kollegen, kann das sein?“

„Er ist mehr der Typ für schnelle Reaktionen, nicht fürs Denken“, verteidigte ich mich, während ich voller Selbstverständlichkeit Laws Hand ergriff. „Außerdem haben wir Sanjis Wohnung bereits gründlich durchsucht. Zu dritt. Wenn die echt noch was Bahnbrechendes herausgefunden haben, fress ich meine Dienstmarke.“

Wir gingen ein paar Schritte zurück Richtung Fußgängerzone, dann erinnerte ich mich an etwas. „Sag mal, dieser Sabo...“, begann ich laut nachzudenken, „woher wusste der, was Smile ist?“

„Weil ich ihm davon erzählt habe“, klärte Law mich umgehend auf und erstickte somit alle meine Verschwörungstheorien im Keim. „Er studiert Jura und brauchte Informationen für eine Hausarbeit. Außerdem ist es nicht wirklich ungewöhnlich, darüber Bescheid zu wissen. Gerade in der Stadt, in der Smile hergestellt wird. Meinst du nicht?“

„Stimmt auch wieder.“ Ich zuckte die Schultern und beließ es dabei. Insgeheim aber war ich mir sicher, dass mein Gespür mich nicht trügte - Sabo wusste irgendetwas, von dem er uns nichts erzählte.

 

Ich musste meine Dienstmarke nicht aufessen. Wie zu erwarten gewesen war, hatte Zorros Durchsuchungstrupp die Wohnung in einem zwar nicht unschuldigen (im Nachhinein nahm ich es Sanji übel, dass er Sex mit Law gehabt hatte und ich noch nicht), jedoch völlig gewöhnlichen Zustand vorgefunden. Die letzte Hoffnung, an die Zorro sich nun verzweifelt klammerte, war Sanjis Schwester. Warum das auf einmal - keine Ahnung. Sanji hatte wohl einige Fotos von ihr in seiner Wohnung hängen und auch viel über sie erzählt. Außerdem kannten Ruffy und Nami sie flüchtig. Ob sie uns wirklich noch zu nützlichen, neuen Informationen verhelfen konnte, wagte ich nach unserem Telefonverhör allerdings zu bezweifeln. Das einzig Gute an der Sache war, dass zuletzt Barty damit beauftragt worden war, sich um sie zu kümmern. Bei dem nachzufragen, kostete mich allenfalls einen Handschlag.

Knapp vor Schichtbeginn kamen Zorro und ich auf der Wache an. Die ganze Fahrt über hatten wir uns eine hitzige Debatte darüber geliefert, dass ich angeblich blindlings in mein Verderben rannte, nur weil ich Händchen haltend mit Law am Treffpunkt aufgetaucht war. Zorros Meinung nach gehörte der nämlich immer noch zu den Hauptverdächtigen oder war zumindest potentieller Mittäter. Angeblich hatte Law mich ja "um den Finger gewickelt" und ich war "unbrauchbar vor lauter Verknalltsein." Dass Zorro selber gerade seinen Job und noch sehr viel mehr für diesen Vinsmoke-Deppen riskierte, schien er nicht einmal zu merken.

Meine Laune war also bereits mies, als wir das Gebäude betraten. Besser wurde sie ganz gewiss nicht dadurch, dass mir Corby über den Weg stolperte, den ich daraufhin ankeifte, er habe vergessen, den letzten Tatort wieder freizugeben. Auch Shanks, der mir aus dem Büro zurief, wir bräuchten für den nächsten Fall dringend meine Spürnase wieder, erheiterte mich wenig. Klar, immer dann, wenn es ihm gerade gelegen kam, war meine Krankheit praktisch. Aber wehe, ich schwitzte ihm nach erfolgreicher Verfolgungsjagd sein Auto voll.

Als uns dann auch noch Barty in seinem Keller volljammerte, Reiju habe ihm bereits seit - ganz schrecklich - einer halben Stunde nicht mehr zurückgeschrieben, war das Fass zum Überlaufen voll. Ich keifte ihn an, dass er sie doch ficken solle, wenn er es keinen halben Tag ohne Nachricht von ihr aushielt, dann überließ ich es Zorro, ihm unser eigentliches Anliegen zu unterbreiten.

In der Zwischenzeit ging ich mir im nahen Park die Beine vertreten, nahm kein Smile und goss einen möglichst abgelegenen Baum mit literweise penetrant stinkender Flüssigkeit, die ich nun auch schon den ganzen Tag mit mir umherschleppte. Dabei fiel mir Law wieder ein und ich musste mir zerknirscht eingestehen, dass ich ihn vermisste, selbst wenn das rein objektiv betrachtet albern war, da ich ihn ja bereits morgen wiedersehen würde. Doch ich konnte nichts dagegen tun: Mit der Aussicht darauf, die gesamte Nacht wieder nur in Gesellschaft des versoffenen Sacks zu verbringen, der mich regelmäßig meine Fälle kostete, sehnte ich mich zurück in Laws wohltuende Nähe.

Herrgott oder wer auch immer da oben ist, dachte ich und lehnte meinen Kopf gegen die glatte, kühle Baumrinde, bitte lass es einfach Wochenende werden.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  TK-Rabe
2022-09-08T09:32:00+00:00 08.09.2022 11:32
Das neue Kapitel gefällt mir sehr gut :3
Du wirst immer besser~
Das mit dem Chat war richtig lustig.
Kid und Law schreibst du so lieb und süß zusammen x3
Es war ein richtiger Genuss~
Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel.
Wahrscheinlich les ich alles noch mal von Anfang an durch~
Antwort von:  SimonStardust
08.09.2022 12:35
Echt? Dankeschön. Es war schwer, da wieder reinzukommen. :,D
Und ja, dieser Chat. Der hat auch Spaß zu schreiben gemacht. ^^
Ja, in dieser Geschichte dürfen die so richtig lieb zusammen sein. :3
Ah, ich würd es auch empfehlen. Ich musste selber nochmal alles lesen vorher. xD
Antwort von:  TK-Rabe
08.09.2022 12:39
Ja, echt ° ° Das glaub ich dir.
Ich werde es genieße~
Freu mich auf mehr, aber stress dich nicht.
Von:  Luna-law
2022-08-24T10:26:03+00:00 24.08.2022 12:26
So süß geschrieben 🥰🥰🥰🥰❤
Antwort von:  SimonStardust
24.08.2022 20:57
Dankeee~<333


Zurück