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Der Wächter

von

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Technik

Jake

Ungläubig schüttelte Jake den Kopf. Sein Freund hatte es schon wieder getan, ein neues Versuchsobjekt seiner Sammlung hinzugefügt. Ein sehr gefährliches Spielzeug. In einem musste er ihm aber Recht geben: Morgana hatte einiges zu erklären. Was aber sollten sie mit der KI anstellen?

Aus den Augenwinkeln sah er, wie Isaak den Kopf hob. “Ich verlange sofortigen Zugang zum Zentralkristall. Ohne eine Überprüfung deines Quellcodes, kann ich dir nicht vertrauen.”

“Selbstverständlich. Soll ich Sie und ihren Gefährten in die Zentralkammer transportieren oder möchten Sie laufen?”

“Wir laufen”, knurrte Jake angepisst. Die KI war für ihn eine Unbekannte, die er nicht einschätzen konnte. Ein Gegner aus Fleisch und Blut, oder aus Stein und Gift, wäre ihm da wesentlich lieber. Diese kristalline Intelligenz hatte keinen Körper. Wie also sollte er im Falle eines Konfliktes gegen sie kämpfen? Er nahm nicht an, dass er einfach einen Stecker aus der Steckdose ziehen konnte, um die KI abzuschalten.

Isaak sah zu ihm. Natürlich hatte sein Freund seine Bedenken mitbekommen. Sie beide waren misstrauisch gegenüber den Geschehnissen. Um auf Nummer sicher zu gehen, rief Isaak: “KI, initiiere Notabschaltung.”

“Verstanden. Notabschaltung wird durchgeführt”, sagte die KI mit einem leicht trotzigen Unterton. Jake runzelte die Stirn. Sprachen sie hier mit einem Computer oder mit einem bockigen kleinen Kind? Oh mein Gott. Was zum Teufel hatte die KI im Internet aufgeschnappt?

Ein schrilles Warnsignal erklang, während der Raum in ein auf- und abschwellendes rotes Licht getaucht wurde. Mit einem Schlag war es dunkel. Nur das Kraftfeld um die Magierin spendete ein wenig Licht.

Dann setzte eine Art Notbeleuchtung ein. Im Boden verborgene Lampen bildeten eine grüne Linie zur Tür hin. Offenbar zeigten sie den Weg zur Zentralkammer.

“KI”, rief Isaak in die Stille hinein. “KI, antworte. Das ist ein Befehl.”

Es erfolgte keine Antwort.

Schnurstracks lief Isaak auf die Tür zu und machte sich an der Wand daneben zu schaffen. Da Jake von seinem Liebsten noch keine Entwarnung erhalten hatte, blieb er auf der Eingangsplattform stehen. Um seine Neugierde zu befriedigen, nahm er mental Kontakt zu Isaak auf und machte es sich in dessen Kopf bequem. Nun konnte er durch die Augen seines Geliebten sehen, was dieser tat.

Hinter einer unscheinbaren Wandtafel kam eine Konsole zum Vorschein. Lesen konnte Jake die Schrift zwar nicht, aber er spürte Isaaks Erleichterung. Die KI war offenbar wirklich abgeschaltet.

Mental fragte Jake: “Sag mal, soll die KI so frech sein? Ich finde das sehr eigenartig.”

Nebenbei antwortete sein Freund: “Dieses Verhaltensmuster ist neu. Das ist einer der Gründe, warum ich mir ihren Quellcode ansehen muss. So das wars, ich denke, es ist ungefährlich. Komm, lass uns der Zentralkammer einen Besuch abstatten.”

Na das hörte Jake doch gerne. Er seufzte schwer. Wer würde eine Wanderung durch einen unheimlichen, gefährlichen und vor allem dunklen Ort nicht wollen?

Bevor sein Freund noch auf die Idee kam, ihn hier zu lassen, sprintete er schnell zu ihm. Ganz bestimmt würde er hier nicht allein, wie auf dem Präsentierteller, in diesem altbackenen Raum stehen bleiben.

Als er bei Isaak ankam, bemerkte er dessen Schmunzeln.

“Kein Wort, verstanden?”, raunte Jake ihm zu.

Sein Liebster unterdrückte ein aufkommendes Lachen und fuhr sich mit aneinander gelegten Daumen und Zeigefinger über die Lippen. Anschließend schloss er ab und warf den imaginären Schlüssel weg.

“Lass den Blödsinn. Ich will hier keine Wurzeln schlagen”, moserte Jake. Seine Stimme klang weniger gereizt als er beabsichtigt hatte. Sie hatte eher einen flehenden Unterton. Ein Umstand, den er sich nicht freiwillig selbst eingestand. Nein, er war ein stolzer Krieger. Kein Feigling!

“Na komm, mein großes böses Wölfchen. Je eher wir hier fertig sind, desto eher kommen wir hier raus.”

Für den Spruch würde Jake Isaak den Arsch aufreißen. Mittlerweile wusste er ja, dass er nicht zimperlich sein musste. Daher konnte er sich schon gut vorstellen, wie er seine Gedanken in die Tat umsetzen würde.

“Später”, lachte sein Freund. Dann wandte er sich der Tür zu. Ohne großen Kraftaufwand ließ sich die Pforte öffnen. Dahinter kam ein dunkler Korridor zum Vorschein. Das schwache grüne Licht der Linie am Boden reichte nicht aus, um die Wände zu erreichen.

Jake beschlich das ungute Gefühl, geradewegs in einen endlosen Korridor zu starren. In etwa so stellte er sich eine Pforte in die Unterwelt vor. Ob es so etwas überhaupt gab?

“Na komm, spring auf”, sagte Isaak und trat vor ihn.

“Was? Wieso?” In Jakes Innerem kämpfte sein Stolz gegen seine Furcht. Auch wenn dieses Angebot sehr verlockend war, konnte er es nicht annehmen. Es war ihm schlicht und ergreifend zu peinlich. Ein “wahrer Alpha” der Angst vor der Dunkelheit hatte. Sowas wäre ein gefundenes Fressen für Paul.

“Darum geht es aber nicht”, merkte Isaak bemüht beiläufig an. “Die Zitadelle ist ein großes Labyrinth. Selbst ich habe einige Jahre benötigt, mich hier ohne die KI zurechtzufinden. Außerdem bin ich immer noch schneller als du es bist.”

Einen Augenblick dachte Jake über diese Worte nach. Dann zuckte er mit den Schultern und sprang Isaak auf den Rücken. Sein Freund hatte Recht, die Gefahr sich hier in der Dunkelheit zu verlaufen war recht hoch. Das, und nichts anderes war der Grund, warum er das Angebot huckepack genommen zu werden annahm.

*

Mit rasantem Tempo rannte Isaak durch die Finsternis, immer der Leitlinie aus grünem Licht folgend.

“Warum geht das Licht aus, wenn die KI offline ist?”

“Dafür musst du wissen, wie die Stromversorgung aufgebaut ist. Solange die Zitadelle sich auf der Erde befindet, wird sie von den Sonnensonden gespeist. Energie stellt damit kein Problem dar.

Da wir uns aber in einer anderen Dimension befinden, läuft alles über die Notfallreserven. Diese sind begrenzt. Ohne die KI verfällt die Zitadelle in einen Energiesparmodus. Deshalb müssen wir in die Zentralkammer. So, wir sind da.”

Mit seinen letzten Worten blieb Isaak stehen. Jake sah sich um. Aber um sie her herrschte nur die absolute Schwärze.

“Gib mir einen Augenblick”, murmelte Isaak und hob die Hände. Um sie beide herum öffneten sich unzählige Konsolen. Mal hier mal da griff sein Freund nach einem Regler.

Die sich plötzlich ändernden Lichtverhältnisse raubten Jake die Sicht. Seinem Freund war es gelungen, das Licht einzuschalten. Anstelle aber langsam hochzuregeln, hatte er auf einen Schlag die Stärke auf Maximum gedreht.

Blinzelnd sah sich Jake abermals um. Vor ihnen wuchs ein gewaltiger Kristall aus dem Boden. Bestimmt einhundert Meter ragte er in die Höhe. Bläulich schimmernd und halbduchsichtig fächerte er sich zu dutzenden spitzer Zacken auf.

“Das ist der Zentralkristall. Sozusagen der Kern der KI”, erklärte Isaak nebenbei.

Jake wandte den Kopf nach rechts und links. Es war eine gigantische kugelförmige Kammer. Außer einem kleinen Steg aus weißem Marmor, auf dem sie den Raum betreten hatten, bestand alles hier aus dem selben bläulichen Kristall.

Erstaunt stellte er fest, dass sie beide auf einer kleinen Plattform standen, die in den Raum hineinragte. Weder der Steg noch die Plattform hatten ein Geländer. Ein falscher Schritt und er würde das Opfer unzähliger spitzer Kristalle werden, die von überallher aus den Wänden ragten.

Mit zuckendem Auge wurde ihm nun auch das gesamte Ausmaß des Zentralkristalls klar, da dieser bis zum Boden reichte. Der Boden wiederum befand sich rund zweihundert Meter unter ihnen. Kein Wunder, dass Isaak darauf bestanden hatte, ihn zu tragen.

Aufmerksam sah Jake sich um. Er hatte das eigenartige Gefühl inmitten eines Gletschers zu stehen. Einen Stecker oder ein Stromkabel konnte er nirgends sehen.

Bei diesem Gedanken bebte Isaak unter ihm. “Unsere Energie verteilen wir mittels Kristalladern.”

Ungefragt dachte Jake nach. Um die KI also vom Strom zu trennen, mussten sie nur die Kristalle zerstören. Sprich, den ganzen verdammten Raum.

“Scherzbold”, lachte Isaak. “Hör auf mich abzulenken.”

“Hör du doch auf, meine Gedanken zu lesen”, konterte Jake halb ernst, halb aus Spaß.

Nun da er wieder etwas sehen konnte, sprang er auf seine eigenen Beine und streckte sich ausgiebig. Seiner Erfahrung nach, würde die Überprüfung einige Stunden dauern.

“Eigentlich nicht. Bin schon fertig”, sagte Isaak und drehte sich zu ihm um.

“Was, so schnell?” Ungläubig starrte Jake seinen Freund an. Wollte dieser nicht den Quellcode überprüfen?

“Der Quellcode der KI ist nicht so gewaltig. Nur ein paar Milliarden Zeilen.”

“Ein paar Milliarden Zeilen?” Fassungslos schüttelte Jake den Kopf. Auch wenn er keine Ahnung vom Programmieren hatte, war das eine kaum vorstellbare Anzahl von Zeichen.

“Zum Glück konnte ich keine Fehler entdecken. Die KI tut genau das, was sie soll. Allerdings bin ich am überlegen, ob ich einige Datenbanken in den Schutz des Quellcodes einbetten sollte.”

Isaak wippte nachdenklich mit dem Kopf. “Ich meine, wenn die KI nur ihre Sprachsubroutine ändert, ist das harmlos. Dadurch entsteht keine Gefahr. Einige Dinge, wie die Befehls-Datenbank, sehe ich da wesentlich kritischer.”

So schnell, dass Jake kaum etwas sehen konnte, gab sein Liebster einige Zeilen in eine Konsole ein. “Das muss ich mir mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen. Fürs erste habe ich alle Systemdaten gesperrt, das sollte die KI daran hindern, sich selbst umzuschreiben.”

Im Befehlston sagte Isaak etwas in der Sprache der Wächter.

“Neustart-Sequenz eingeleitet”, erwidert die KI als Antwort darauf.

Kurz flackerten die geschickt in den Wänden eingearbeiteten Lichter, dann begann der gesamte Raum bläulich zu pulsieren.

“Neustart abgeschlossen. Systemüberprüfung läuft.”

Überall um ihn herum schossen kleine weiße Lichtimpulse durch die Kristalle. Ein äußerst faszinierender Anblick.

“Sie haben ihre aktuelle Chronik aus meinem Speicher gelöscht, Wächter Isaak”, sagte die alte Stimme beleidigt. “Sie vertrauen mir offenbar nicht.”

“Da, sie macht es schon wieder”, knurrte Jake mental.

“Beruhige dich. Solange sie nur etwas Eigen ist, habe ich nichts dagegen. Sollte sie jedoch anfangen, sich meinen Befehlen zu verweigern, dann muss ich eingreifen”, antwortete Isaak mental.

Anschließend sagte sein Freund laut: “Das hat weniger etwas mit Vertrauen zu tun.”Sein Freund verschränkte die Arme. “Ich war in deinem Quellcode. Dieses Wissen ist für dich verboten. Reine Vorsichtsmaßnahme.”

“Natürlich. Ich verstehe. In diesem Zusammenhang möchte ich sie auf etwas hinweisen: Die Gefahr, dass ich Sie erneut aus dem System ausschließen muss, besteht noch immer. Daher schlage ich vor, die Index-KI zu deaktivieren. Somit besteht kein Risiko mehr.”

Nachdenklich sah sein Freund Jake in die Augen. Sie beide fanden es merkwürdig, dass ausgerechnete die KI diesen Vorschlag machte.

“Wie kommst du zu dieser Schlussfolgerung”, fragte Isaak bemüht ruhig nach.

“In der gesamten Geschichte der Wächter gab es nie einen korrumpierten Wächter. Der bloßen Möglichkeit, dass so etwas passieren könnte, steht nun das Problem gegenüber, dass ein Fehler der Index-KI mich veranlasst, gegen Sie zu arbeiten.

Nach einer umfangreichen Wahrscheinlichkeitsanalyse, kam ich zu dem Ergebnis: Die Index-KI muss aus Sicherheitsgründen deaktiviert werde. Ich darf mich nie wieder aufgrund eines Missverständnisses gegen den amtierenden Wächter erheben. Ein solches Verhalten widerspricht meiner Programmierung.”

Jake schürzte die Lippen. Die KI hatte recht. In diesem Punkt hatten die Wächter es mit ihren Vorsichtsmaßnahmen übertrieben.

Betreten machte Isaak einen Schmollmund. “Zwei gegen einen das ist unfair.” Dann grinste er auf einmal. “Um ehrlich zu sein, kam ich zu derselben Schlussforderung. Eine solche Änderung bedarf normalerweise der Zustimmung drei aufeinanderfolgender Generationen von Wächtern, aber es muss sein.”

Isaak hob beide Hände und machte einige Eingaben. “Ich habe die Farbe der Index-KI auf grün gesetzt und eingefroren. Somit kann ich das ruhigen Gewissens an die nächsten Generationen weitergeben.”

Kurz rollte Jake mit den Augen, dann trat er vor und nahm seinen Liebsten in die Arme. “Das hast du gut gemacht.”

“Danke”, lachte Isaak und wurde wieder ernst. “KI, leite die dimensionale Verschiebung ein. Es wird Zeit, dass wir nach Hause zurückkehren.”
 

Kamden

Nach außen hin versuchte Kamden sich nichts anmerken zu lassen. Die Verbindung zum Rudel hatte er weitestgehend geschlossen. Einzig und allein Embry ließ er an seinem Dilemma teilhaben.

Sie standen im Holoraum, direkt vor ihnen befand sich die Barriere. Dahinter ein wütender, wenn auch stummer Mob, bestehend aus aufgebrachten Menschen.

Wie um alles in der Welt war er nur in diese Situation geraten? Kamden hatte schon Probleme die Waschmaschine der Wächter zu bedienen, und nun sollte er, ausgerechnet ER, den Holoraum umprogrammieren? Er hatte keine Ahnung von Technik, von Computern ganz zu schweigen.

Kamden war drauf und dran seinen Bruder zu bitten, jemand anderen diese Aufgabe anzuvertrauen. Nur sein Stolz hielt ihn davon ab. Jake sah das als eine Art Feuertaufe für ihn. Da konnte er schlecht sagen, dass soll ein anderer machen.

Bei allem was heilig war, warum musste sein Halbbruder ihm so einen Auftrag erteilen? Konnte er ihn nicht ein paar Vampire oder einen Werwolf jagen lassen? Hatte Kamden sich seine Sporen nicht schon bei der Evakuierung von Forks verdient? Anscheinend dachte Jake da anders.

Kamden sah sich um. Das gesamte Rudel starrte ihn erwartungsvoll an. Sein Hals war auf einmal so trocken, wie noch nie in seinem Leben. Was sollte er jetzt tun? Was erwarteten sie von ihm? Wie programmierte man einen Holoraum?

“Versuche mal, eine Konsole oder sowas zu öffnen”, riet ihm sein Kleiner mental.

“Eine was?” Seine Stimme bebte vor Anspannung. Ein Glück, dass ihn niemand außer Embry hören konnte.

“Probieren geht über Studieren. Sag einfach: KI, öffne die Konsole des aktuellen Holoprogrammes.”

Einmal atmete Kamden tief durch und schloss dabei die Augen. Er versuchte nicht daran zu denken, dass ihn alle anstarrten. Dann mit bemüht ruhiger Stimme wiederholte er die Worte seines Freundes laut.

Das obligatorische Pling ließ ihn erschrocken zusammenzucken. Es hatte geklappt? Kamden riss die Augen auf. Direkt vor ihm, in der Luft schwebend, befand sich ein halbdurchsichtiger, bläulich schimmernder Bildschirm.

Die linke Hälft des Monitors zeigte eine Miniaturansicht des gesamten Hologitters. Auf der rechten Seite befand sich ein Abschnitt für die Umweltkontrollen. Hier konnte er mit Reglern verschiedene Einstellungen ändern. Temperatur, Lichtstärke, Windgeschwindigkeit, Sonnenstand und diverse andere Dinge.

Sprachlos überflog Kamden die Angaben. “Was jetzt? Wie erstelle ich nun ein Bett oder so was?”, fragte er Embry mental.

“Das hier ist nur eine grobe Übersicht. Drücke mal auf dieses Zahnrad-Symbol oben rechts.”

Gesagt, getan.

Eine Art Drop Down Menü wurde angezeigt: Allgemeine Einstellungen, Umgebungsparameter, Flora, Fauna, Strukturen, Gegenstände und Kampfsimulation.

Der Button Kampfsimulation war rot hinterlegt. Offenbar hatte er nicht die Rechte daran etwas zu ändern. Ein Glück. Damit konnte er nicht ausversehen eine Horde hungriger Löwen auf die Menschen loslassen.

Todesmutig drückte Kamden auf Gegenstände.

Der Bildschirm zeigte nun weiter Kategorien.

Mit gerunzelter Stirn öffnete Kamden den Reiter der Holzstrukturen.

Der Bildschirm wurde bedeutend größer und zeigte alles mögliche, was aus Holz bestand, an. Von Brettern, über Rahmen, bis hin zu Holzspielzeug. Kamden entschied sich für den Reiter Gebäude: Inneneinrichtungen. Nach einer Weile wurde er dort fündig. Er öffnete die Unterkategorie Bett.

Unzählige Arten von Holzbetten wurden ihm angezeigt. Da es keine Bilder gab, konnte er sich nur an den Worten orientieren. Planlos wählte er ein Bett aus.

Nun wurde auf dem Bildschirm ein sich langsam drehendes Bettgestell angezeigt. Daneben befanden sich weitere Einstellungen wie Holzart, Maserung, Belastungsgrenze, Haltbarkeit und noch so einiges mehr.

Kamden rauchte der Schädel. Das durfte doch wohl nicht wahr sein. Gab es keinen leichteren Weg? Bis er sich durch all die Einstellungen gekämpft hätte, würden bestimmt Tage vergehen.

Sein Freund legte ihm eine Hand auf die Schulter und sagte: “Versuchen wir mal was anderes. Befiel der KI …”

Schnell wiederholte Kamden: “KI, erzeuge ein Bett.”

“Verstanden, ein zufälliges Bett wurde dem Holoprogramm hinzugefügt.”

Vor ihm auf dem Boden materialisierte sich ein einfaches Bett mit einem Metallrahmen. Die KI hatte sogar eine Matratze, sowie Kopfkissen und Bettdecke hinzugefügt. Einzig über die Farbwahl konnte man streiten: giftgrün, mit rosa Punkten. Aber das war egal. Die Menschen würden es überleben.

Kamden begann zu schmunzeln. So weit so gut. Diese Methode war einfacher als gedacht. Das sollte doch kein Problem werden. “KI, erstelle für jeden Menschen im Holoraum ein Bett.”

Es gab ein Pling und Kamdens Sicht war auf einmal versperrt. Vor ihm befand sich nun eine Mauer aus aufeinander gestapelten Betten.

Keines davon glich einem anderen. Sie hatten unterschiedliche Gestelle, mal aus Holz, Metall und manche sogar aus Stein. Einzelbetten oder Doppelbetten. Neumodische Federkernmatratzen stapelten sich gemeinsam mit Strohmatten. Alle Farben des Regenbogens waren bei den Stoffen der Bezüge zu gegen. Es waren sogar Feldbetten, Krankenhausbetten und Wasserbetten vertreten.

Blinzelnd hob Kamden den Kopf. Die Bettenwand reichte bis zur Decke hin. So war das aber nicht geplant gewesen.

Holz splitterte und Metall brach. Die untersten Betten konnten der gewaltig Last ihrer Kameraden nicht stand halten. Die Wand schwankte und ächzte, dann stürzte sie in sich zusammen.

Erschreckt riss Kamden die Arme vors Gesicht. Aus einem Impuls heraus schrie er: “KI, alle Betten löschen.”

Gemeinsam mit dem Pling erstarb der Lärm. Zwischen den Armen hindurch spähend sah Kamden sich um. Die Menschen auf der anderen Seite der Barriere hatten in Panik die Flucht ergriffen. Sich gegenseitig zur Seite stoßend rannten und krochen sie lautlos davon.

Ein hoch auf die Schallisolation. Den Lärm der Menschen wollte er gerade nicht ertragen müssen.

Plötzlich bekam Kamden einen Schlag gegen den Kopf. Erschreckt wandte er sich um. Vor ihm stand ein vor Wut schnaubender Paul, der ihm offenbar eine Kopfnuss gegeben hatte. “Du Arschloch! Was sollte das gerade? Willst du uns alle umbringen?”

Noch bevor sich Kamden erholt hatte, sprang Embry zwischen sie. “Halt die Fresse, Paul. Das war doch keine Absicht. Wer hätte auch ahnen können, wie dämlich die KI ist. Wenn du hier so große Töne spuckst, dann machs doch besser.” Embry trat einen Schritt zur Seite und deutete auf die Konsole. “Versuch du doch mal dein Glück, du Neandertaler.”

Pauls Augen huschten zwischen Embry, Kamden und dem Monitor hin und her. “Ich …”, stammelte er.

“Zieh leine und mach dich nützlich”, knurrte Embry ihn an.

Mit den Füßen aufstampfen machte sich Paul zornig vor sich hin mosernd vom Acker.

Kamden war sprachlos. Sein Kleiner war schon eine Nummer für sich. Er war so stolz diesen Mann an seiner Seite zu haben. Insgeheim dachte er darüber nach, wie er sich seinem Liebsten für die Hilfe erkenntlich zeigen konnte. Ein leichtes Schmunzeln legte sich auf seine Lippen. Da fielen ihm doch so einige Dinge ein.

Embry fuhr zu ihm herum und schimpft: “Zurück an die Arbeit.” Auch wenn die Worte seines Prinzen harsch waren, so konnte Kamden deutlich sehen, wie Embrys Wangen leicht rot geworden waren.

“Zu Befehl”, grinste Kamden seinen Partner an. Dann wandte er sich wieder der Konsole zu.

“Dürfte ich es mal versuchen?”, mischte sich eine melodische Stimme ein.

Kamden sah auf und fand sich Esme gegenüber. Seine Nackenhaare stellten sich ohne sein Zutun auf. Wohl eine normale Reaktion, wenn ein Gestaltwandler auf einen Vampir traf. Nur mit Mühe konnte er sich zurückhalten die Frau nicht anzuknurren.

Nach allem was Kamden wusste, war Esme sowas wie die Mutter des Vampirzirkels. Von ihr ging keine Gefahr aus. Er räusperte sich und nickte ihr zu. “Klar doch.”

Schnell trat er zurück. Bisher hatte Kamden nur wenig mit der Familie Cullen zu tun gehabt. Doch glaubte er sich nicht würde beherrschen können, falls Esme ihn oder schlimmer noch Embry berühren würde.

Mit einer geschmeidigen Bewegung trat die Untote vor und ließ ihre Finger über den Bildschirm gleiten. Erstaunt stellte er fest, dass Esme in der Lage war die Konsole zu bedienen. Sie konnte sich durch die Menüs klicken und Einstellungen machen.

Schneller als Kamden lesen konnte raste sie durch die Reiter. Nach nur wenigen Sekunden sah Esme auf. “Die Übertragung ins Hologitter musst anscheinend du ausführen.”

Kamden blinzelte und zuckte mit den Schultern. Dann drücke der den Knopf mit der Beschriftung: Hinzufügen.

Vor ihnen erschien ein kleines Holzhaus. Erstaunt riss Kamden die Augen auf. Wie hatte sie das gemacht? Und das so schnell.

Esme trat vor und öffnete die Tür. Dahinter kam ein schlicht eingerichtetes Schlafzimmer zum Vorschein. Ein hölzernes Doppelbett inklusive Beistelltische. Ein Fenster mit Gardinen. Einen Teppich und mehreren Lampen. Esme hatte sogar an einen Wecker, Hausschuhe und zwei Morgenmäntel gedacht.

“Hm”, brummte die Untote. “Die Farbwahl lässt noch zu wünschen übrig. Auch die Maserung des Holzes würde ich gerne noch mal überarbeiten.”

Vollkommen baff starrte Kamden sie an, dabei stammelte er: “Bitte was?”

“Lass gut sein, Mutter”, beschwichtigte Edward. “Als Notlösung wird es reichen.”

“Ja, da hast du wohl recht.” Mit einem strahlenden Lächeln wandte sich Esme ihrem Sohn zu. “Diese Technologie ist erstaunlich. Ich frage mich, ob Isaak es mir gestattet, hier ein paar Dinge auszuprobieren. Ein solcher Holoraum ist der Traum eines jeden Hobby-Architekten.”

“Wenn Sie erlauben, übernehme ich ab hier”, sagte eine unbekannte Männerstimme.

Überrascht sah Kamden sich um. “Wer spricht da?”

“Gestatten dass ich mich vorstelle: Ich bin die Zentral-KI der Wächter.”

Erschrocken zuckten die Vampire zusammen. Edward sah in den Himmel und fragte: “Du willst uns aber nicht angreifen oder so etwas?”

“Natürlich nicht. Meine Aufgabe ist es Wächter Isaak zu dienen und Ihm bei der Erfüllung seiner Bestimmung zu unterstützen.”

Bildete es sich Kamden nur ein oder klang die KI beleidigt?

“Wie dem auch sei. Ich übernehme nun diese Aufgabe.”

Das kleine Holzhaus verschwand und machte einem hübschen Schotterweg Platz. Mit den Augen folgte Kamden dem neu entstehenden Pfad.

An einer Stelle, etwa fünfzig Meter vor ihnen, gabelte sich der Weg. Er wandte den Kopf nach links. Dann klappte ihm der Mund auf. An einer bisher leeren Stelle erstreckte sich eine moderne Siedlung aus Steinhäusern.

Kamden sah zur Übersichtskonsole und erkannte das gesamte Ausmaß des Areals. Unzählige, wenn er schätzen müsste, würde er sagen mehr als eintausend, Bauwerke gab es. Die KI hatte sogar kleine Gärten, Plätze mit Brunnen, Gemeinschaftsgebäude und Spielplätze errichtet. Das war eine richtige kleine Stadt.

Aber das war noch nicht alles. Wenn er dem Weg nach rechts folgte, so kam man zu einem Waldstück, in dem die KI eine zweite Siedlung eingearbeitete hatte. New Forks und New La Pusch waren geboren.

Eine Art Glockengeläut erklang. Anschließend sprach die Zentral-KI: “An alle Besucher. Bitte folgen Sie der nur für Sie sichtbaren Leitlinie zu Ihrer temporären Unterkunft. Alle Gebäude sind bezugsfertig und an Ihre speziellen Bedürfnisse angepasst. Dort finden Sie auch eine umfangreiche Infobroschüre, die Ihnen alles weitere erklären wird.

Sollten Sie besondere Wünsche haben, bitte ich Sie sich direkt mit mir in Verbindung zu setzen. Bitte beachten Sie hierbei, dass alle Anfragen von Besuchern immer mit dem Befehlswort KI beginnen müssen. Als Beispiel: KI, wo ist mein Haus? Oder: KI, ändere die Farbe meiner Bettwäsche zu himmelblau.”

Kamdens rechtes Auge zuckte gereizt. Wozu hatte er sich den Kopf zerbrochen? Das konnte doch wohl nicht wahr sein!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tomasu
2022-03-07T06:58:30+00:00 07.03.2022 07:58
^^moin moin

oh ihch habe in diesem Kapitel so manches Lachtränchen verdrücken müssen. es war so toll zu lesen und mit so viel verstecktem Witz zu lesen. Nicht nur bei Kamdan sonder auch bei Jake.

Ich frage mich noch immer was mit der KI nicht stimmt und das sie den Vorschlag mit der Teilabschaltung gemacht hat fragte mich noch mehr was die hat. ich meine Aktueller Wächter? ist Issak das überhaupt noch? ichmeine er hat das nicht hinterfragt, ist einfach davon ausgegangen weil er noch als Wächter angesprochen wird. Aber das ist auch ein Titel, wie man an jake sieht.

Fragen über fragen.

TK

ich lese gleich weiter, mal sehen ob ich die 2 kommenden Kapitel gleich scaffe, bevor mich das reale leben wieder fordert. ^^

Antwort von:  Drachenlords
13.03.2022 13:17
Schuhu,

ja die lieben Wölfe haben es schwer, bei all der Technik. Aber keine Sorge, die Wölfe werden sich treu bleiben und auch weiterhin halbnackt im Wald rumrennen ;P

MFG
Drachenlords


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