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Anders ist schön

Shounen-Ai Original
von

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4: Fenstersturz

Ren erwachte, als der Wecker im Schlafzimmer abging, ein Geräusch, das er selbst durch zwei geschlossene Türen noch hören konnte. Jahrelange Konditionierung verhinderte einfach, dass er weiter den Schlaf der Gerechten schlafen konnte. Als er versuchte, sich aufzurichten, konnte er sich kaum bewegen. Schlagartig stellte er fest, dass sein kleiner Schützling nicht nur die Beine um ihn geschlungen hatte, er hatte sich auch so auf seinem rechten Arm platziert, dass dieser wohl im Laufe der Nacht eingeschlafen war. Leise Verwünschungen murmelnd versuchte sich Ren von seiner Last zu befreien und scheiterte kläglich. Es schien ganz so, als ob Taki in der Nacht zugenommen hätte, er hing an ihm wie eine überdimensionale Klette und säuselte nur leise vor sich hin, wenn Ren ihn vorsichtig abschütteln wollte. Er sah so friedlich aus, dass es beinahe eine Sünde war, ihn zu wecken, doch es nutzte alles nichts. In einer Stunde musste Ren in seinem Büro sein, auch wenn er lieber daheim geblieben wäre, um auf Taki aufzupassen. „Wach auf“, flüsterte er. „Ich muss arbeiten gehen.“

Schlagartig schlug der Kleine die Augen auf. Einen kurzen Moment musste Ren fast lachen, als er das Entsetzen im Blick seines Schützlings sah. Als sich Taki jedoch blitzartig von ihm löste, sich über ihn beugte und mit einem erbärmlichen Seufzen den Rest seines Mageninhaltes auf dem Fußboden verteilte, war er nicht mehr zu Scherzen aufgelegt. „Verflucht noch mal!“, zischte er und hätte sich beinahe selbst übergeben, als der saure Gestank des Erbrochenen plötzlich seine Nase reizte. Endlich schaffte er es aufzustehen und rannte schnell in die Küche, um einen Eimer und einen Lappen zu suchen. Wie immer fand er sich nicht zurecht, da Mei bei ihrem letzten Versuch, Ordnung in die kleine Wohnung zu bringen, wieder einmal alles an einen neuen Platz geräumt hatte. Während er die Küchenschränke und dann das Badezimmer durchsuchte, nahm er sich vor, in Zukunft selbst Hand an die Wohnung anzulegen, um nie wieder in so eine peinliche Situation zu kommen. Es konnte doch nicht so schwer sein, einmal in der Woche etwas aufzuräumen… Nun, es war entschieden praktischer, seine Freundin putzen zu lassen, aber so konnte es wirklich nicht weitergehen.

Schließlich fand er die Putzsachen hinter der Waschmaschine und beeilte sich, zurück zu Taki zu kommen.

„Es tut mir Leid…“ Der Kleine hatte Tränen in den Augen, als Ren das Zimmer wieder betrat. „Ich wollte das nicht, ehrlich!“

„Ist schon okay“, lächelte Ren. Er hatte den ängstlichen Ausdruck in den grünen Augen bemerkt. „Bleib einfach liegen, ich kümmere mich darum, okay?“

Schnell lief er zum Fenster und öffnete es, um etwas frische Luft in das stickige Zimmer zu lassen, dann ließ er sich auf den Boden sinken und begann, das Erbrochene wegzuwischen. Langsam verzog sich der saure Geruch.

Ren holte tief Luft. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich werde dich nicht wieder rauswerfen, nur weil du mir ein bisschen in die Wohnung gekotzt hast.“ Mit diesen Worten beendete er seine Arbeit und stellte den Eimer weit weg von sich hin. Danach ließ er sich wieder auf dem Boden nieder.

„Wirklich nicht?“ Taki sah noch nicht ganz überzeugt aus. Das alte Misstrauen schien zurückgekehrt zu sein, doch Ren hatte nicht vor, so schnell aufzugeben.

„Was wäre ich für ein Freund, wenn ich das machen würde?“
 

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Ayama erwachte für seine Verhältnisse sehr spät, doch da er an diesem Tag keine Vorlesungen hatte, war das kein Problem. Am liebsten hätte er sich noch einmal umgedreht und ein bisschen weitergeschlafen, doch Yosuke machte sich augenblicklich so breit, dass er keine Chance mehr auf ein Fleckchen Futon hatte. Grummelnd beschloss er aufzustehen und sich einen Kaffee zu machen. Zusammen mit der ersten Zigarette des Tages würde das ein wunderbar ausgewogenes Frühstück ergeben.

Langsam schlurfte er in die kleine Küchenzeile und suchte nach einer Kapsel für die Espressomaschine. Ein paar hatte er noch, dann musste er sich wieder auf den Weg zu dem völlig überteuerten Laden machen, um neue zu kaufen. Bis dahin allerdings würde er jeden Schluck des Luxusgebräus genießen und so schob er voller Vorfreude die Kapsel in die Maschine, stellte eine Tasse darunter und drückte auf den Startknopf. Als der Kaffee köstlich duftend heruntergetröpfelt war, zündete er sich eine Zigarette an, nahm die Tasse und lief Richtung Fenster. Wenigstens am Morgen konnte er noch brav sein und bei geöffnetem Fenster rauchen. Außerdem hoffte er, dass etwas frische Luft seinen Rückenschmerzen gut tun würde, der Futon war eindeutig zu eng und unbequem für zwei Leute. Solle Yosuke nun öfter hier übernachten wollen, musste er sich eine andere Lösung für dieses Problem einfallen lassen. Vorsichtig versuchte er, die verspannten Muskeln in seinem Rücken zu lockern, doch es war zwecklos, also nahm er sein Schicksal hin und öffnete das Fenster.

Draußen war es noch relativ ruhig. Die wenigen Leute, die auf der Straße waren, schienen alle ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben. Ayama machte es großen Spaß, sie zu beobachten. Er nahm den ersten Schluck Kaffee und hätte sich beinahe übergeben, so stark war das Gesöff, das sich da seinen Weg durch die Speiseröhre in den Magen bahnte. Auf diesen allmorgendlichen Schreck konnte er sich nur einen weiteren Schluck genehmigen. Wie aus einem Reflex heraus starrte er nun auf das Fenster, das seinem gegenüberlag. Dort hatte er gestern diesen süßen Jungen gesehen, und auch heute konnte er eine Person hinter den zugezogenen Vorhängen ausmachen. Nein, es waren zwei. Angestrengt starrte er hinüber und bemerkte gar nicht, dass er sich immer weiter aus dem geöffneten Fenster lehnte.
 

~~
 

„Ich bin jetzt für dich verantwortlich, Taki“, erklärte Ren nach einer kurzen Pause. „Ich will, dass es dir besser geht, das glaubst du mir doch, oder?“

Taki nickte nur. Ganz schien er noch nicht überzeugt, aber die freundlichen Worte hatten ihn etwas beruhigt. Andererseits, wer konnte schon jemanden mögen, der sich permanent übergab? Es war ihm zwar schon lange nicht mehr passiert, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass es schrecklich peinlich war.

„Ich hasse Männer“, murmelte er leise vor sich hin und versuchte ein Lächeln, das aber eher einer schrägen Grimasse glich. „Ich werde versuchen, mich zu bessern. Du warst sehr freundlich zu mir, ich will, dass du nicht bereust, mich aufgenommen zu haben.“

Ren zog erstaunt die Augenbrauen hoch und starrte Taki an, der mit rotem Gesicht auf die Bettdecke starrte. So viel hatte der Kleine in all den Monaten noch nie mit ihm gesprochen!

Jetzt lag es an ihm, das neugewonnene Vertrauen nicht gleich wieder zu zerstören.

„Es ist okay.“

Taki starrte ihn an. Immer noch glänzten seine Augen feucht, doch er schien sich langsam wieder zu beruhigen. „Du findest es nicht schlimm? Du denkst nicht, dass ich ein Freak bin?“

„Aber nein. Ich kenne dich doch.“ Dich und deine Akte.

„Du findest es nicht seltsam, dass ich Männer hasse? Dass ich Angst habe, alleine mit einem Mann zu sein?“ Takis Stimme klang sanft und ruhig, doch Ren konnte den leichten Anfall von Hysterie nicht überhören. Vorsichtig stand er auf und setzte sich auf die Bettkante. „Ich habe doch gesagt, ich kenne dich. Und du kennst mich, oder? Du weißt, dass ich dir nichts antun werde.“ Er grinste den Kleinen schief an. „Außerdem ist da noch Mei, die mich sicher verprügeln würde, wenn ich dir nur ein Haar krümme.“

Da begann Taki zu weinen. Schluchzend presste er den Kopf an Rens Brust. „Alles wird wieder gut“, murmelte Ren und streichelte sanft über den Rücken des Kleinen. Mehr wagte er nicht.
 

~~
 

Da war jemand im Zimmer, den Ayama nur vom Sehen kannte – ein ziemlich großer Typ, der schon einige Zeit gegenüber wohnte. Ab und zu beobachtete Ayama ihn und seine Freundin, wenn sie abends herummachten. Er schien auf den Blonden einzureden und jetzt hatte der den Großen umarmt! Ayama hätte alles dafür gegeben, Lippen lesen zu können, aber es blieb ihm nur seine Fantasie. Ein nagendes Gefühl der Eifersucht machte sich in seiner Magengegend breit, obwohl, der Auslöser dafür hätte auch der Kaffee sein können.

„Verdammt noch eins!“, fluchte er und lehnte sich noch weiter aus dem Fenster.

„Ayama, was zum Teufel tust du da?“

„Hast du sie noch alle?!“, kreischte der Angesprochene sehr unmännlich, als er vor Schreck beinahe das Gleichgewicht verlor und beim Versuch, nicht aus dem Fenster zu fallen, die Kaffeetasse losließ. Krachend zerschepperte sie auf der Straße und brachte eine unschuldige Passantin dazu, Gott und die Welt zu verfluchen.

Mist.

Ayama versuchte, sein klopfendes Herz zu beruhigen und ließ sich an der Wand des Zimmers auf den Fußboden gleiten. Da hatte er vor lauter Glotzen doch glatt vergessen, dass er a) einige Meter über der Erde lebte und b) Yosuke immer noch hier war.

„Alles in Ordnung?“, wollte sein selbsternannter bester Freund wissen und kroch aus dem Futon auf ihn zu. „Du siehst aus, als hätte ich dich bei etwas Verbotenem erwischt.“

„Halt die Klappe, du Aas“, grummelte Ayama und grinste schuldbewusst. Er konnte Yo ja schlecht sagen, dass er gerade eben gesehen hatte, wie der süße kleine Blonde von gestern sich in den Schoß eines anderen Mannes gekuschelt hatte… Der kleine Gnom hätte nur wieder einen seiner berühmten Eifersuchtsanfälle bekommen. Das Glück war wahrlich nicht auf seiner Seite. „Hoffentlich war der Kerl sein Bruder“, zischte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und ignorierte Yosukes verwirrte Blicke. Es war definitiv Zeit für eine frische Tasse Kaffee.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2004-07-25T12:49:04+00:00 25.07.2004 14:49
Also, ich hätte ja alles erwartet, aber das mit dem Mord nicht!
Da bin ich ja echt gespannt, was noch so für Überraschungen kommen!
Ich mag die Art, wie du schreibst! ^^
Von:  Zimbl
2003-12-25T02:11:23+00:00 25.12.2003 03:11
Ja, jetzt muss das heterophobe Zimbl wieder dran glauben! >mitlach< Aber wenigstens hast du mich damit dazu gebracht, einen Kommi zu schreiben. Aaaalso... ehrlich gesagt, es gibt Stories/Kapitel von dir, die haben mir besser gefallen, und damit meine ich nicht unbedingt gleich "Schwarz", weil... "Schwarz" ist und bleibt sowieso unübertroffen! >schmutzig-grins-und-sabber<
Okay, Ayama bringt mich mittlerweile zum Lachen, das gefällt mir. ^^ Er erinnerte mich wieder an meine letzte Studienfahrt, als ich so oft wie möglich auf der Fensterbank saß, um... um 'jemanden' zu beobachten. >flenn< Ich werde ihn nie wieder sehen! Jetzt habe ich wieder Liebeskummer... >schnüff< Und zu allem Überfluss weiß seitdem meine ganze Schule, dass ich auf kl.... J.... stehe. >g< Lalala... ich war's nicht! ^^°
Zu Taki. Ich mag ihn irgendwie nicht mehr so wie früher. Das ist schlecht wegen deiner/unserer FanFic-Kombi-Idee... ich meine, seine Vergangenheit... okay, warum nicht, aber irgendwie hat es mich nicht so unbedingt überwältigt. >vor-deine-Füße-werf-und-um-Vergebung-bettel<
Schreib weiter und überzeug mich davon, dass mir Taki doch eigentlich gefällt! Das sollte ein Ansporn sein, falls das nicht ganz rüber gekommen ist. ^^
Von: abgemeldet
2003-12-24T22:41:57+00:00 24.12.2003 23:41
Aaaaalso, das mit dem Mord hätt ich ja nun gar net erwartet, aber ist cool! ^^
und ich muss yahira zustimmen, ayama ist echt saucool. ^^ setzt sich einfach da oben isn fenster... begegnen sie sich bald? biddöbiddö... ^^

ach ja, wenn du willst, mach ich dir den beta. *smile* kann aber immer so 2/3 tage dauern... oder auch ganz schnell gehn, kommt halt auf die länge des chaps an.

also, meld dich mal.
*wusel*
Khana
Von: abgemeldet
2003-12-24T16:43:56+00:00 24.12.2003 17:43
armes kind. aber wieso is der nicht in der psychiatrie?
ayama is cool find ich .(ein dreckiges grinsen stielt sich auf ya-chans gesicht *g*)
wie auch immer mach weiter und very merry x-mas (ich steh im moment total auf *very merry* X)-wichtige backgroundimfo)
bye* ya-chan


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