Zum Inhalt der Seite

Crystal Eyes

reloaded
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Adam seufzte. Etwas, was er schon den ganzen Tag machte, wie es ihm schien, aber zumindest hatte er auch allen Grund dazu. Es war noch nicht ganz Mittag und er hatte gerade seine Eltern verabschiedet, die wegen einer Reportage für zwei Wochen weg mussten. Mit einem genervten Knurren drehte er sich auf die Seite, zog die Decke über den Kopf und versuchte sich eine bequeme Kuhle in seinem Bett zu gestalten. Er konnte noch seine Mutter zetern hören, dass sie doch auf keinen Fall jetzt, gerade jetzt weg fahren konnten, obwohl sowohl sie wie auch sein Vater es verdient hatten. Zwar hatte dieser zweiwöchige Aufenthalt auch was mit ihrer Arbeit zu tun, aber sie würden definitiv so etwas wie Urlaub bekommen, was sie auch durch ihre Arbeit als Journalisten bitter nötig hatten. Das einzige Problem, oder, besser gesagt, der Grund, wieso seine Eltern eigentlich nicht fahren wollten, war der, dass Adam just am gestrigen Tag von der Grippe eingeholt worden war. Kopfschmerzen, Übelkeit, ein trockener, schmerzhafter Husten und ätzende Halsschmerzen machten ihm mächtig zu schaffen, nicht zu vergessen das leichte Fieber, das ihn schwächlich wie ein kleines Kind machte. Erst als er ihnen hoch und heilig versprochen hatte, dass er auf sich aufpassen und Muse ein oder zwei aufmerksame Augen auf ihn werfen würde, waren sie unzufrieden, aber ein bisschen besänftigt abgezogen. Wie er seine Mutter jedoch kannte, würde sie täglich mindestens fünf Mal anrufen, um sich wegen seinem Befinden zu erkundigen.
 

Jedoch war das nicht mal das, was ihn am meisten zum Seufzen brachte. Eine Grippe hatte er immer wieder mal, und es war ja auch nicht so, dass er nicht alleine auf sich aufpassen konnte. Er warf einen missmutigen Blick auf sein Handy. Gerade hatte er eine SMS an Leon geschickt, in der er das Treffen für heute abgesagt hatte. Abgesagt! Ein Treffen mit Leon! Und das, obwohl er ihn das letzte Mal vor vier Tagen zu ihrer wöchentlichen Modellstunden gesehen hatte. Und davor nur an seinem Geburtstag. Und davor ganze zwei Wochen gar nicht!!! Verdammt, er hatte ein mächtiges Leon-Defizit nachzuholen, und dann musste er dieses Treffen absagen! Dafür hätte er sich am liebsten in den Hintern gebissen, aber in seinem Zustand konnte er unmöglich weggehen. Und schon gar nicht sich Leon zeigen. Er ähnelte im Moment mehr einem halbtoten Zombie denn einem lebendigen, frischen jungen Hüpfer. Seine Gesichtsfarbe pendelte zwischen leichenblass und ungesundem Grau, die Haare standen in alle Richtungen ab, riefen die Vorstellung eines ungepflegten Igels herauf und hatten keinerlei Leben in sich, und seine Kleidung bestand nur aus einem fetten, alten Pullover, den er sich von seinem Vater geliehen hatte, und einer lockeren Jogginghose. Alles in allem sah er also, milde ausgedrückt, nicht sonderlich präsentabel aus, und seine Energien, sich für ein Date mit Leon herauszuputzen, hielten sich im Minusbereich auf. Mal davon abgesehen, dass einige Stunden auf der Schlittschuhbahn seiner Gesundheit auch nicht gerade zuträglich waren.
 

Er seufzte wieder. Verdammt nochmal, er hasste es krank zu sein. Jetzt noch mehr als sonst. Und wenn er Pech hatte, würde diese Grippe den Rest der Woche anhalten, das heißt, er würde auch die Modellstunden absagen müssen. Er wusste beim besten Willen nicht, ob er ein weiteres Mal so eine lange Zeit ohne Leon aushalten würde.
 

Mit einem weiteren Knurren drehte er sich auf den Rücken und starrte die Decke an. Okay, okay, er war total süchtig nach dem Kerl. Oder total verliebt. Auf Wolke Sieben eben. Vor allem seit seinem Geburtstag hatte er die gesamte Woche in anderen Sphären geschwebt, was für Muse ein guter Grund für liebevolle Sticheleien gewesen war. Die er, um ehrlich zu sein, auch wahrlich verdient hatte. Irgendwie bekam er es einfach nicht gebacken, sich wie ein ernsthafter, achtzehnjähriger Junge zu benehmen, nein, er musste das kleine, verliebte Mädchen mimen. Zumindest war er in dieser Rolle wirklich gut. Gut genug zumindest, dass er seine Umgebung bestens unterhielt, Leon aber trotzdem von seinem Gefühlen nichts merkte. Jedenfalls hatte er nicht das Gefühl, dass Leon irgendwas davon mitbekam. Er behandelte ihn wie immer. Nun ja, gut, was ihn wiederum auch ein wenig störte. Nachdem sich Leon solche Mühe gegeben hatte, an seinem Geburtstag anwesend zu sein, ihm dieses schöne Geschenk gemacht und ihn so liebevoll behandelt hatte, wäre es natürlich nicht sonderlich abwegig gewesen, wenn er ihn bei ihrem nächsten Wiedersehen auch irgendwie auf diese Weise behandelt hätte. Aber, nein, nichts. Absolut nichts. Es war wie immer gewesen, er hatte sich in irgendeine nette Position geworfen und Leon hatte gezeichnet. Ohne großes Federlesen, ohne irgendwelche Andeutungen, nicht mal eine Anmache oder sonst was. Noch nicht mal der Versuch, ihn zu küssen.
 

Es war deprimierend.
 

So verflucht deprimierend.
 

Das einzig Positive, was er in letzter Zeit erfahren hatte, war, dass er anscheinend durchaus in Leons Gedanken und Erinnerungen haften blieb. Und das war das Einzige, wirklich Einzige. Aber trotz dieser niederschlagenden Tatsache änderte seine Welt die rosarote Farbtötung nicht. Es war zum Mäuse melken. Wie konnte man nur so jämmerlich einer Person verfallen sein? Das war so unfair!
 

Er seufzte noch ein drittes Mal, drehte sich auf die andere Seite und kuschelte sich noch tiefer in seine Decke. Es brachte nichts, wenn er sich darüber den Kopf zerbrach. Das tat weder seinem emotionalen Gemütszustand noch seinen Kopfschmerzen gut, also ließ er es lieber gleich bleiben. Statt dessen freute er sich einfach drauf, wenn er wieder gesund war und Leon wieder sehen konnte. Und das, ohne befürchten zu müssen, dass dieser bei seinem Anblick in Ohnmacht fallen würde.
 

Langsam driftete Adam in einen dämmrigen Schlaf ab. Er wusste nicht, wie lange er so vor sich hin gedöst hatte, ohne wirklich tief geschlafen zu haben, als plötzlich die Türklingel mit einer nervenaufreibenden Intensität in sein traumtrunkenes Bewusstsein drang. Es dauerte einige Augenblicke, bis er registrierte, was eigentlich vor sich ging, und sich dann langsam in seinem Bett aufrichtete und verwirrt auf seine Uhr starrte. Es war kurz nach ein Uhr. Könnte Muse sein. Oder der Postbote. Mit einem unzufriedenen Knurren schwang er seine Beine aus dem Bett und tapste unsicher nach unten in den Flur. Der Spiegel, der dort bei dem Kleiderständer hing, zeigte ihm ein Bild des Jammers. Er war weiß wie eine Wand, hatte dunkle Ringe unter den Augen und seine Haare wirkten noch zerzauster und wirrer als eine Stunde vorher. Kurz kam ihm der Gedanke, dass er die nie wieder würde durchkämmen können, schob ihn dann aber resolut weg. So ein Schwachsinn, es war nicht das erste Mal, dass er krank war und so eine solche Mähne hatte. Bis jetzt hatte er es noch immer geschafft, sich in den Normalzustand zurück zu begeben.
 

Sich leicht am Hinterkopf kratzend öffnete er die Tür. Und hätte sie vor Schreck fast wieder zu geschlagen. Gott hasste ihn, eindeutig!
 

„Was machst du denn hier?“
 

Es hätte eigentlich ein empörter Aufschrei sein sollen, verkümmerte jedoch eher zu einem heiseren Krächzen. Leon ließ sich jedoch davon nicht stören, musterte ihn kurz von oben bis unten und stahl sich dann an Adam vorbei ins Haus, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
 

„Na, nach was sieht es denn aus? Ich statte dir einen Krankenbesuch ab.“ Er musterte ihn noch mal eingehender. „Du siehst, gelinde gesagt, beschissen aus.“
 

„Und du bist charmant wie eh und je.“ Adam warf die Tür mit einem lauten Knall zu und verschränkte die Arme vor der Brust. Im Moment konnte er sich beim besten Willen nicht über die Anwesenheit seines Traummannes freuen.
 

„Ich bin nur ehrlich.“
 

„Dann lüg mal, ab und zu. Sag mir, dass ich wie das blühende Leben aussehe. Heiß, anziehend, unwiderstehlich. Dass ich beschissen aussehe, weiß ich nämlich selber am Besten. Wir haben genug Spiegel hier im Haus.“
 

Leons Lächeln wurde noch etwas breiter. Er trat zu Adam, hob sein Kinn mit seinen Fingerspitzen ein wenig an und brachte sein Mund nah an Adams.
 

„Du siehst wirklich heiß aus. Einfach unwiderstehlich und anziehend auf jeden, der dich sieht.“, hauchte er fast lautlos. Dann drückte er ihm einen kurzen Kuss auf die Stirn. „Wusste gar nicht, dass du so verdammt eitel bist.“
 

Eitel? Hallo? War das nicht normal, dass man für seinen Schwarm so gut wie möglich aussehen wollte? Und dass man nicht sonderlich drauf scharf war, wenn der ihn in dem denkbar erbärmlichsten Zustand sah? Aber solche Probleme hatte Leon vermutlich nicht, weil der erstens vermutlich keinen Schwarm hatte und zweitens wohl selbst todkrank noch frisch und blühend aus der Wäsche gucken würde. Aber es konnte ja nicht jeder so ein Übermann sein wie er.
 

Mürrisch stapfte Adam in die Küche und setzte Wasser auf, während Leon seine Sachen im Flur ablegte.
 

„Willst du Tee?“, krächzte er ein wenig schlecht gelaunt. Er hatte ihm doch nicht einfach aus Jux und Dollerei abgesagt, verdammt nochmal.
 

„Mhm. Gute Idee.“
 

Leon trat hinter ihn, legte die Finger auf seine Schultern und drehte ihn mit sanftem Druck in Richtung Tür.
 

„Wa... was machst du?“
 

„Dich aus der Küche befördern. Du bist krank, du gehörst ins Bett. Ich werde den Tee machen. Und die heiße Schokolade für dich.“
 

„Du kennst dich in der Küche doch gar nicht aus!“, versuchte Adam zu protestieren, aber da hatte ihn Leon schon aus dem Raum gescheucht.
 

„So schwer dürfte das gar nicht sein. In jedem guten Haushalt ist eine Küche nach einem ähnlichen, ordentlichen System aufgebaut. Und ich wette, deine Eltern führen einen guten Haushalt.“
 

„Ja, aber...“ Adam stotterte leicht. „Du weißt doch gar nicht, wo mein Zimmer ist.“
 

„Dürfte nicht so schwer zu finden sein. Euer Haus ist nun wirklich nicht so gigantisch groß.“ Leon lächelte ihn zuckersüß an. „Also, beweg deinen süßen Knackarsch jetzt nach oben und hör auf, mir zu widersprechen. Ich bin älter und sturer als du, ich werde definitiv meinen Willen durchgesetzt bekommen.“
 

Adam machte kurz den Mund auf, um etwas zu erwidern, klappte ihn dann aber resigniert wieder zu. Wo er Recht hatte, hatte er Recht. Er würde keinen Disput mit ihm gewinnen, weil er ihn einfach anlächeln und jegliche Argumente ignorieren würde. Gott verdammt nochmal, wieso? Wieso musste das Leben nur so ungerecht sein? Und wieso musste gerade Leon es sich zur Aufgabe machen, die Krankenschwester zu spielen? Hätte er nicht in seinem Haus bleiben und irgendwelche gut aussehenden Leute malen können? Musste er gerade heute seine soziale Ader entdecken und hier vorbei schneien? Menno!
 

Seine Stimmung irgendwo unter den Nullpunkt fallend, stapfte er lautstark die Treppen nach oben zu seinem Zimmer und ließ sich mit einem lauten Krachen auf das Bett sinken. Gleich darauf legte er mit schmerzverzerrtem Gesicht eine Hand auf die Stirn. Er sollte sich wirklich nicht zu rapide bewegen, das tat seinem Kopf gar nicht gut.
 

Er starrte einige Momente an die Zimmerdecke, bevor er langsam seinen Blick in seinem Zimmer schweifen ließ. Leon würde das allererste Mal in seinem Zimmer sein. Er schluckte. Es war das typische Zimmer eines Achtzehnjährigen. Auf dem Boden lagen einige Klamotten und CDs verstreut rum, in eine Ecke hatte er seinen Schulrucksack gepfeffert, aus dem die Schulbücher rausgerutscht waren, und an der Wand hingen irgendwelche billigen Poster von irgendwelchen Bands, die er mochte. Absolut gewöhnlich. Kein Vergleich zu Leons edel eingerichteter Kleinvilla. Er hatte ja noch nicht mal die Möglichkeit gehabt, hier Ordnung zu schaffen, verdammt!
 

Leise vor sich hinfluchend stand er auf, warf seine Kleider in den Schrank, richtete seine Tasche auf, stopfte die Bücher ordentlich hinein und baute seine CDs zu einem säuberlichen Stapel auf. Mürrisch sah Adam sich in seinem Zimmer um. Irgendwie wirkte es immer noch komplett unaufgeräumt, was wohl an seinem unordentlichen Bett und dem Schreibtisch, auf dem sich diverser Kleinkram stapelte, lag. Wer hatte jemals behauptet, er wäre in der Lage, Ordnung zu halten?
 

Er war immer noch damit beschäftigt, seine Unordnung verzweifelt anzustarren, so als ob sie sich dadurch von selbst in Luft auflösen würde, als die Tür leise aufschwang und Leon mit einem Tablett, auf dem sich Tassen befanden, eintrat. Er hob leicht überrascht die Augenbraue.
 

„Solltest du nicht eigentlich im Bett liegen?“
 

Mit einem erschrockenen Krächzen wirbelte Adam herum und warf ihm einen mörderischen Blick zu.
 

„Würdest du dich bitte nicht so anschleichen? Da kriegt man ja einen Herzinfarkt.“
 

„Ich hab mich nicht angeschlichen, sondern bin recht normal gegangen. Ist doch nicht meine Schuld, wenn du nicht auf deine Umgebung achtest.“
 

Mit einem kritischen Blick schob er einige Dinge auf dem Schreibtisch zur Seite und stellte das Tablett ab. Dann reichte er Adam seine Tasse mit der heißen Schokolade, zog sich den Drehstuhl zum Bett und setze sich drauf, ein Bein über das andere geschlagen. Adam ließ sich seufzend im Schneidersitz auf dem Bett nieder und umklammerte mit beiden Händen seine Tasse.
 

„Mein Kopf tut weh.“, murmelte er fast lautlos vor sich hin, den Blick auf einen Punkt auf der Matratze gerichtet.
 

Eigentlich war er mächtig glücklich, dass Leon sich anscheinend Sorgen um ihn machte. Und die Abwechslung vom tristen Im-Bett-liegen tat ihm auch ganz gut. Trotzdem hatte ihn dieser unvorbereitete Besuch ziemlich von den Socken gehauen und jetzt musste er sich erst mal wieder fangen. Erst dann würde er vielleicht seine Anwesenheit genießen können.
 

Leon sah ihn einen Moment lang an, setzte sich dann neben ihn aufs Bett, ein Bein leicht an den Körper gewinkelt, und zog ihn an sich. Mit kühlen Fingern strich er ihm über die Schläfen. Irgendwie fühlte Adam sich sofort einen Tick besser. Was so eine einzige Berührung nicht alles bewirken konnte.
 

„Wo sind eigentlich deine Eltern?“ Leons Stimme war leise, ein wenig gedämpft, so als ob er auf Adams momentane Empfindlichkeit Rücksicht nehmen würde.
 

„Die sind heute weg. Müssen für zwei Wochen zu einer Reportagereise. Meine Mutter wollte ja eigentlich nicht, nachdem ich krank geworden bin, aber da ich ihr versprochen habe, dass Muse auf mich aufpasst, haben sie nachgegeben.“
 

„Muse?“
 

Adam zog die Augenbrauen zusammen. Stimmt, er hatte Leon noch nie was von seinem Freund erzählt. Und wo er ihn grad erwähnt hatte, der dürfte ja auch bald vorbeigeschneit kommen. Er hatte ihn ja nach der Schule besuchen wollen.
 

Langsam stieg in ihm ein unangenehmes Gefühl hoch. Die Zwei würden unweigerlich aufeinander treffen. Und Muse konnte Leon nicht leiden. Im Klartext, es könnte eine interessante Begegnung der dritten Art werden. Theoretisch hatte er ja eigentlich nichts dagegen, nur momentan fühlte er sich nicht in der Verfassung, mit interessanten Begegnungen der dritten Art zurecht zu kommen.
 

„Mein... bester Freund. Geht in meine Parallelklasse und so. Dachte, ich hätte dir von ihm erzählt.“ Er überlegte kurz. „Der, mit dem ich meinen dritten Kuss hatte. Ist auch schwul und arbeitet mit mir im ‚Paradise Hill’.“
 

Leon schwieg. Vorsichtig hob Adam seinen Blick und schaute direkt in Leons absolut fassungsloses Gesicht.
 

„Du arbeitest im ‚Paradise’?“ Leon blinzelte kurz. „Und deine Eltern lassen dich in der Obhut eines schwulen Grünschnabels? Sind die denn wahnsinnig? Wie soll denn ein kleines Bürschchen wie der auf dich aufpassen?“ Er schwieg einen Moment. „Was zum Teufel hast du im ‚Paradise’ verloren?“
 

Ui, das hörte sich gar nicht gut an. Leon war anscheinend, milde gesagt, nicht sonderlich begeistert. Mit einem unerfreuten Gesichtsausdruck ließ sich Adam nach unten gleiten und legte seinen Kopf auf Leons Oberschenkel, während er seine Tasse auf dem Boden abstellte.
 

„Muse ist vertrauenswürdig. Der kann gut auf mich aufpassen. Mal davon abgesehen bin ich kein kleines Kind mehr. Ich brauch kein Kindermädchen.“ Er schluckte kurz. Sein Hals tat immer noch weh. „Und ich arbeite im ‚Paradise Hill’, weil man mich gefragt hat. So kann ich mir ein bisschen was nebenbei verdienen. Wobei letzten Samstag auch das erste Mal war. Aber die Arbeit ist in Ordnung, die Leute sind nett und so, es gibt also keinen Grund, wieso du das so abzuwerten brauchst.“
 

Er wollte ihm nicht unbedingt auf die Nase binden, dass er durchaus von Leons früheren Besuchen in der Disco wusste. Und dass er mit André befreundet war. Es reichte schon, dass dem Künstler seine Arbeit dort nicht gefiel, was ihn jedoch nicht daran hindern würde, weiterhin dort tätig zu sein. Hey, er konnte schließlich nicht sein gesamtes Leben nach Leon ausrichten!
 

Leon gab einen abfälligen Laut von sich. „Ich halt nichts davon, wenn du hier krank bist und nur dein Freund auf dich aufpasst, der wohl auch nicht rund um die Uhr da sein kann.“ Er hielt kurz inne. „Du ziehst die zwei Wochen zu mir. Dann kann ich ein Auge auf dich haben und du entlastest diesen Muse.“
 

Adam blieb für einen Moment der Atem stehen. Er sollte zu Leon ziehen? Für zwei Wochen? Hallo, verdammte scheiße auch, hatte der Kerl eigentlich auch vor, ihn zu fragen? Vielleicht, nur ganz vielleicht war es ihm ja nicht so recht wie Leon es sich ausmalte?
 

Wie von einer Feder losgelassen schnellte er auf und drehte sich zu ihm um.
 

“Sag mal, würdest du mal aufhören, so über mein Leben zu bestimmen? Vielleicht will ich gar nicht zu dir ziehen, schon mal daran gedacht?“
 

„Wär aber besser für dich.“
 

„Das wär gar nicht besser für mich, weil ich dich und deine arrogante Art rund um die Uhr ertragen müsste.“
 

„Na, na, ich bin auch nicht dauernd da. Und irgendwann schlaf ich auch, da hab ich keine Zeit, arrogant zu sein.“
 

Adam blieb die Luft weg und gingen die Argumente aus. Er konnte nur Leon völlig fassungslos anstarren, während dieser in aller Seelenruhe an seinem Tee nippte und ihn unschuldig anschaute. Gerade als er dazu ansetze, weitere empörte Kommentare von sich zu lassen, klingelte es erneut. Ruckartig drehte er seinen Kopf zur Tür. Muse! Seine Rettung! Hoffte er zumindest inständig.
 

Leon sah ihn fragend an.
 

„Wer ist denn das?“
 

„Muse. Ich hab doch gesagt, dass er nach mir schauen will.“
 

„Hm. Dann lern ich diesen tollen Freund ja auch gleich kennen.“
 

Er erhob sich bereits, um nach unten zu gehen und die Tür zu öffnen, doch da war Adam schon aufgesprungen und ins Erdgeschoss gerannt. Wenn sich Muse und Leon das erste Mal sahen, musste er unbedingt, unbedingt dabei sein, weswegen er es auch nicht zulassen konnte, dass Leon die Tür öffnete und somit Muse in seiner Abwesenheit traf.
 

Mit einer schnellen Bewegung riss er die Eingangstür auf und zerrte Muse förmlich ins Haus, der noch nicht mal Zeit hatte, „Hi!“ zu sagen.
 

„Leon ist hier,“, zischte Adam nur leise, „und er will, dass ich für die nächsten zwei Wochen zu ihm ziehe.“
 

Muse sah ihn etwas verdattert an und legte dann seine Hände auf Adams Schultern, damit der sich beruhigte und nicht wie ein wildes Huhn rumhibbelte.
 

„Jetzt beruhig dich erst mal. Bei deinem Gekrächze versteh ich ja kein Wort.“
 

„Ich krächze nicht.“, krächzte Adam leicht empört.
 

„Meinetwegen. Also, was ist?“
 

Adam atmete einmal tief ein. „Leon ist hier und er will, dass ich die zwei Wochen, die meine Eltern nicht da sind, zu ihm ziehe.“
 

„Aha.“ Muse zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Und wo ist das Problem?“
 

„Wo das Problem ist? WO DAS PROBLEM IST?“ Er sah seinen Freund entgeistert an. „Hallo, ich spreche hier von Leon. Wie zum Teufel soll ich bitte zwei Wochen mit ihm unter einem Dach aushalten ohne wahnsinnig zu werden?“
 

„Ehm.“ Muse verschränkte die Arme vor der Brust und starrte überlegend an die Decke. „Du bist doch in ihn verliebt, oder?“
 

„Ja.“ Adam sah ihn verwirrt an. „Das weißt du doch.“
 

„Das heißt, du wünscht dir nichts sehnlicher, als mit ihm zusammen zu sein?“
 

„Ja, aber...“
 

„Und du würdest dann, vorrausgesetzt, ihr würdet auch mal zusammen kommen, doch auch mit ihm zusammen wohnen wollen, oder?“
 

Adam verzog nur schmollend den Mund. So langsam wusste er, worauf sein Freund hinaus wollte.
 

„Im Klartext, dir bietet sich nicht nur die Gelegenheit, verdammt viel Zeit mit ihm zu verbringen, sondern auch gleich mal zu testen, ob, rein theoretisch gesehen, ein längeres Zusammenleben von euch beiden möglich wäre. Seh es also positiv, ist doch eine einmalige Chance.“
 

„Kannst du mir nicht einfach Recht geben und genauso empört und schockiert sein wie ich?“
 

„Willst du, dass ich schleime, oder dass ich ehrlich bin?“
 

„Wie wär’s mit schleimen? Für heute hab ich schon genug ehrliche Antworten gehört.“
 

Muse gab ihm einen leichten Schnippser gegen die Stirn. „Na komm, für mich zu deinem Traumprinzen. Vielleicht schaff ich es dann ja auch, ihn zu mögen.“
 

Mit einen leisen Grummeln tapste Adam voran. Es war ja an sich wirklich keine schlechte Sache, zu Leon zu ziehen, vor allem, da er dann nicht dauernd vor Sehnsucht nach ihm vergehen würde, aber Muse hätte doch wenigstens kurzzeitig so tun können, als ob er mit ihm leiden würde. Er atmete tief ein. Nun ja, jetzt stand erst mal das erste Treffen bevor. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in seiner Bauchgegend aus. Das konnte doch nur in einer Katastrophe enden.
 

Leon hatte es sich inzwischen auf dem Bett bequem gemacht, sich mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt und die Fußknöchel übereinander verkreuzt. In den Händen hielt er seine Teetasse und nippte immer wieder daran. Er blätterte gerade in einem der Schulbücher, als die beiden eintraten.
 

Adam schickte innerlich ein Stoßgebet an den Himmel.
 

“Also, das ist Muse. Muse, das ist Leon.“
 

Es war faszinierend. Die beiden musterten sich einige Augenblicke, und schlagartig stand der ganze Raum in Flammen. Man konnte die Blitze, die von einem zum anderen zuckten, förmlich sehen. Adam hätte laut aufgelacht, wenn es nicht so deprimierend gewesen wäre. Zwischen den beiden herrschte anscheinend Abneigung auf den ersten Blick.
 

„So, du bist also Leon. Hab schon viel von dir gehört.“ Muse setze sich auf den Drehstuhl, überschlug die Beine, verschränkte die Arme und starrte Leon an.
 

„Und du also Muse. Tja, bis vor einigen Minuten hab ich noch nie was von dir gehört, tut mir ja wirklich Leid.“ Leon setze sich etwas entspannter hin, zeigte eine Miene der absoluten Arroganz und lächelte Muse zuckersüß zu.
 

„Ich bin halt kein so interessantes Gesprächsthema.“
 

„Wenigstens besitzt du eine gesunde Selbsteinschätzung.“
 

„Nun, stimmt. Zumindest besser als deine ungesunde Überheblichkeit.“
 

„Das nennt sich Arroganz, mein Lieber, Arroganz. Das ist was komplett anders.“
 

„Aha, und was bitte?“
 

„Arroganz bedeutet nur, dass ich durchaus weiß, wie gut ich bin. Überheblichkeit wäre, wenn ich denken würde, ich wäre gut, ohne es zu sein.“
 

„Das ist ja zum Kotzen, diese Einstellung.“
 

„Ja, ich find es auch sehr schade, dass die Leute das immer wieder verwechseln. Damit kriegen die ein absolut falsches Bild von mir.“
 

„Und das richtige Bild ist das eines liebenswerten, unschuldigen Bürschchens?“
 

„Nein, das eines arroganten, selbstbewussten und äußert liebenswerten Mannes.“
 

„Sprichst du von dir? Hab nicht sonderlich das Gefühl, dass du liebenswert bist.“
 

„Du kennst mich nur noch nicht, Bübchen. Lern mich erst mal kennen und urteile dann.“
 

„Danke, ich verzichte. Ich verschwende meine Zeit lieber mit anderen, wichtigeren Dingen.“
 

Adam sah immer wieder von einem zum anderen und kam sich dabei wie bei einem Pingpongspiel vor. Beide hatten seine Anwesenheit anscheinend völlig vergessen. Er dachte für einige Augenblicke ernsthaft daran, einfach aus dem Raum zu gehen, sich ins Wohnzimmer zu setzen, den Fernseher anzuschmeißen und die beiden einfach mal machen zu lassen. Nur fürchtete er, dass es dann irgendwann Tote geben würde, wenn er nicht den Puffer mimte. Er seufzte. Der Tag konnte ja nur noch besser werden.
 

„Eh, Jungs?“ Unisono drehten die Zwei ihre Köpfte ruckartig zu ihm. „Ich bin auch noch da. Und wenn ich mich recht erinnere, seit ihr auch wegen mir gekommen und nicht um euch die Schädel einzuschlagen.“
 

„Wir schlagen uns nicht die Schädel ein.“ Leon lächelte ihm freundlich zu.
 

„Nein, wir diskutieren.“, fügte Muse unschuldig hinzu.
 

„Beziehungsweise, versuchen den anderen besser kennen zu lernen.“, ergänzte der Künstler.
 

Adam starrte sie mit einem höchst begeisterten Gesichtsausdruck an. „Wie auch immer, eure Diskussion oder Annäherungsversuche oder wie ihr es auch immer nennen wollt, bereiten mir Kopfschmerzen.“ Er setzte sich aufs Bett, jedoch in einem gewissen Abstand zu Leon. „Würdet ihr also bitte damit aufhören?“
 

„Soll ich dir eine Kopfschmerztablette holen?“ Muse lehnte sich etwas nach vorne, so als ob er gleich aufstehen würde.
 

„Ich denke, es genügt, wenn er seine Schokolade trinkt.“, erwiderte Leon, einen kritischen Blick zu Muse werfend. „Zu viele Medikamente schaden nur.“
 

„Eine einzige Tablette kann man ja wohl nicht zuviel nennen.“
 

„Und ob. Besser man versucht es zuerst auf natürliche Weise, dann kann man ihn immer noch mit künstlichem Zeug voll pumpen.“
 

Adam warf von einem zum anderen einen genervten Blick. Unweigerlich stieg in ihm das Bild von einer Glucke auf, die ihr Küken vor einem Gockel mit aufgestelltem Hahnenkamm schützen wollte, wobei in diesem Fall Muse die Glucke und Leon den Gockel darstellte. Er wartete nur darauf, bis ein lautes ‚Gong’ ertönte und Glucke wie auch Gockel aufeinander losgehen würden. Wobei, wenn er es recht überlegte, passte dieses Bild nicht so wirklich. Zwei Stiere oder Kängurus mit Boxhandschuhen trafen es schon eher.
 

„Jungs.“
 

Er zog das Wort in die Länge und sofort hatte er auch die Aufmerksamkeit beider Streithähne. Und, kaum zu glauben, sowohl bei Muse wie auch bei Leon erschien ein schuldbewusster Ausdruck auf ihren Gesichtern. Zumindest waren sie sich dessen bewusst, wie nervtötend ihre Auseinandersetzungen waren.
 

„Uhm, ich geh mal und hol mir was zu trinken.“ Muse warf Leon einen feindseligen Blick zu. „Willst du auch was, Adam?“
 

„Ne, passt schon. Hab ja noch meine heiße Schokolade.“
 

„Hm, okay. Bin gleich wieder da.“
 

Er verließ das Zimmer und sofort zog Leon Adam zu sich.
 

„Und DEN küsst du?“
 

Adam seufzte. „Würdest bitte nicht so negativ über ihn reden?“
 

„Er sieht nicht mal gut aus.“
 

“Doch, tut er. Er gefällt mir sehr gut.“
 

Leon ließ ihn los, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. „Du hast keinen Geschmack, eindeutig. Außerdem ist der Kerl doch absolut labil. Wie kannst du dich mit sowas anfreunden?“
 

„Was heißt hier bitte labil? Wie kommst du denn auf den Schwachsinn?“
 

„Man sieht’s ihm an. Ich wette, wenn sein Freund ihn verlässt, stürzt er sich von irgendeinem Haus vor Liebeskummer. Hat der überhaupt einen Freund?“
 

„Ja, hat er. Und Muse hat bestimmt keine Suizidgedanken. Im Gegenteil, er ist verdammt stark.“
 

Leon warf ihm einen mächtig skeptischen Blick zu, schwieg aber.
 

„Also.“ Adam drehte sich resolut zu ihm. „Würdest du bitte damit aufhören, schlecht über ihn zu reden?“
 

„Wieso? Über mich spricht er bestimmt auch nicht besser. Außerdem sag ich nur, was ich denke.“
 

„Behalt es für dich. In diesem Fall interessiert es mich nicht, was du denkst. Er ist mein bester Freund, und ich hab ihn sehr, sehr gerne. Er hat immer ein offenes Ohr für mich und hilft mir, wo immer es geht.“
 

„Solche Leute gibt es wie Sand am Meer. Du findest sicher jemand besseren.“
 

„Weißt du was? Du benimmst dich wie ein kleines Kind, dem man das falsche Geschenk gekauft hat.“
 

Leon sah ihn ziemlich verdattert an. „Wie bitte?“
 

„Du hast schon richtig verstanden. Du benimmst dich wie ein kleines Kind. Dabei dachte ich, du wärst ein erwachsener Mann. Zumindest hatte ich bis jetzt diesen Eindruck. Hab ich mich wirklich so getäuscht?“
 

Dem Künstler blieb keine Zeit, darauf zu antworten, da in diesem Moment Muse mit einem Glas Cola in der Hand zurück kam. Adam lächelte zuckersüß von einem zum anderen.
 

„So, Jungs. Wenn ihr nicht wollt, dass ich euch beide aus diesem Haus schmeiße, seid bitte so freundlich und hört mit euren dämlichen Kabbeleien auf. Meinetwegen verabredet euch und macht dann da weiter, aber bitte nicht in meiner Anwesenheit, okay?“
 

Muse und Leon tauschten einen feindseligen Blick aus, nickten dann aber.
 

„So ist es brav.“ Adam setze sich etwas bequemer hin und drapierte seine Decke um seine Schultern. „So, und was machen wir drei jetzt? Da ihr ja alle so verflucht besorgt um mich wart, will ich euch ja ungern nach Hause schicken.“
 

Es kehrte betretenes Schweigen ein. Allen dreien war ziemlich klar, dass man kaum etwas vernünftiges sprechen oder machen konnte, wenn sich Leon und Muse im selben Raum aufhielten. Anscheinend verströmten beide seltsame Hormone, die den jeweils anderen allergisch reagieren ließ. Rosige Aussichten, wirklich.
 

„Gut, ich geh dann.“ Muse stand auf. „Ich wollte ja eigentlich nur nach dir schauen, aber da ja Leon da ist...“ Bei Leons Namen knurrte er ein wenig. „Und wenn du die nächsten Wochen dann zu ihm ziehst, bist du ja in guten Händen.“
 

„Ich hab nicht gesagt, dass ich zu ihm ziehe.“, fauchte Adam leise.
 

“Das wär aber besser.“
 

Überrascht sahen sich Muse und Leon an, nachdem sie diesen Satz fast zeitgleich gesagt hatten. Adam hätte fast laut losgeprustet, wenn sein Hals nicht so geschmerzt hätte. Es gab noch Hoffnung, zumindest in diesem einen Punkt waren sie sich einig. Halleluja!
 

„Ich geh dann mal. Brauchst mich nicht nach unten zu begleiten, bist ja eh schon fertig genug.“ Muse trat zu Adam und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Werde schnell wieder gesund. Und schreib mir, wenn wir uns dann mal wieder sehen können.“
 

Adam sah ihm wie ein getretener Hund nach, als er den Raum verließ. Verdammt, wie konnte er ihn einfach so Leon unterschieben? Das war nicht fair!
 

„Zumindest in diesem Punkt scheint er ganz vernünftig zu sein. Hör auf ihn.“ Leon warf Adam einen kritischen Blick zu. „Auch wenn ich es etwas seltsam finde, dass er dich zum Abschied auf die Stirn küsst. Will er sein Schwulsein unbedingt so raushängen lassen?“
 

„Mir gefällt es, also hör auf dich zu beschweren. Er küsst ja nicht dich.“
 

“Na, wär ja noch schöner.“ Mit einer geschmeidigen Bewegung stand er auf und sah Adam abwartend an. „Also los, pack deine Sachen. Sonst kommen wir hier nie weg.“
 

„Ich habe noch nicht zugestimmt, zu dir zu ziehen.“
 

„Noch nicht, aber letztenendes wirst du es tun. Wär es also nicht viel bequemer, wenn wir die ganze Prozedur ein bisschen abkürzen?“ Leon verzog seine Lippen zu einem süffisanten Lächeln. „Und vergiss bitte nicht, deinen Eltern Bescheid zu sagen. Sonst machen sie sich nur unnötig Sorgen.“
 

„Du bist wirklich...“
 

„Ein sturer, arroganter Bastard, der alles so macht, wie es ihm grad in den Kram passt? Jep, muss ich dir voll und ganz zustimmen.“ Er zog Adam auf die Beine. „Los, mach schon. Wir brauchen es ja nicht unnötig in die Länge ziehen, oder?“
 

Der Junge seufzte. Es brachte wirklich nichts, mit dem Kerl zu diskutieren. Und bevor er seinen schmerzenden Kopf noch mehr überanstrengte, gab er lieber nach. Wortlos tapste er zum Telefon, rief kurz seine Mutter an und sagte ihr, wo er sich die nächste Zeit aufhalten würde – was sie höchst erfreut aufnahm -, schlurfte dann wieder in sein Zimmer zurück und packte einige Klamotten in eine Sporttasche, die er immer in seinem Schrank aufbewahrte. Leon hatte es sich währenddessen auf dem Stuhl bequem gemacht, nippte an seinem Tee und schaute ihm zu. Schließlich stand er auf.
 

“Fertig?“
 

Adam nickte. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er grad einen großen Fehler begann. Zwei Wochen in Leons direkter Anwesenheit, wie sollte er denn bitte das aushalten?
 

„Gut, dann lass uns gehen.“
 

Leon nahm ihm die Tasche aus der Hand und tänzelte fröhlich die Treppen runter, während Adam ihm etwas langsamer und missmutiger folgte. Er sah immer noch aus wie durchgekaut und wieder ausgespuckt, und in dem Zustand sollte er sich draußen zeigen lassen? Es gab angenehmere Dinge, die er jetzt machen wollte. Sich zum Beispiel in sein Bett schmeißen, die Decke über den Kopf ziehen und die nächsten Tage nicht mehr wieder dort rauskommen. Aber diverse Leute gaben ihm ja nicht die Möglichkeit dazu.
 

Immer noch verstimmt zog er sich an, packte sich in eine dicke Jacke und einen fetten Schal und verließ hinter Leon das Haus. Mit langsamen Bewegungen sperrte er die Tür ab und starrte sie dann einen langen Moment an. Er bereute diese Entscheidung jetzt schon. Er wusste nur noch nicht genau, warum.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück