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Seelen des Schicksals

Ein glorreiches Abenteuer des gar finsteren Odin!
von

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Nacht und Nebel


 

Íñigo wusste nicht, was geschah. Verstand nicht, was geschah. Der Boden bebte. Das Pflaster riss auf. Granitsteine von der Größe seines Kopfes schossen an ihm vorbei. Wasser folgte, Schutt, Steine und Unrat. Der Lärm war Ohrenbetäubend. Irgendwo dazwischen hörte er Anthone schreien oder einen seiner Komplizen oder Owain – bitte nicht Owain! – oder sich selbst. Er hätte es nicht genauer sagen können.

Selbst, wenn er gewollt hätte, er hätte nicht rennen können. Mühsam wuchtete er seinen Oberkörper hoch. Selbst das kostete zu viel Energie.

Tock!

Ein Kiesel landete neben seinen Beinen, sprang auf dem unebenen Pflaster noch einmal in die Luft und kullerte von dannen.

Tock!

Langsam hob Íñigo den Blick.

Tock! Tock! Tock!

Nur wenige Meter vor ihm stieg eine Säule aus Wasser und Schlamm in den Himmel. Er konnte Dinge durch die Fluten wirbeln sehen, halb verborgen in der Dunkelheit, nur ein Aufleuchten, wenn sich das Licht einer Fackel darin brach. Nur die Götter wussten, was die Säule alles mit sich riss – und wie hoch.

Sein Blick glitt weiter, nach oben, wo sich die Säule im Nebel verlor-

Dieses Mal sah er den Stein, bevor er aufschlug. Ein schwarzer Schatten, der durch den Nebel drang – Klonk!

Er konnte hier nicht bleiben. Er durfte hier nicht bleiben. Und doch gehorchten seine Gliedmaßen ihm nicht –

Wie gelähmt starrte er weiter in den Himmel, sah weitere Schatten neben ihm nieder gehen, manche größer, als seine Faust. Langsam, ganz langsam, schob er seine rechte Hand nach hinten, ignorierte den Schmerz, tastete-

Er sah den Schatten noch, sah das Zappeln, dunkel, über sich, zu spät-

Quiiieeeeeeek!

Der Aufschlag war hart. Schmerz explodierte in seinem Gesicht, seinem Arm, als er aufs Pflaster krachte. Blind griff er nach dem Stein, spürte stattdessen Fell, warm, weich, nass, quiekend-

„Gyaaah!!“

Pfoten kratzen über seine Lippen. Ein dünner Schwanz glitt durch seine Finger. Er schlug zu, erwischte nur seine eigene Nase, schrie. Das Gewicht landete auf seiner Brust. Er holte mit der anderen Hand aus – Scheiß auf den Schmerz! – packte zu. Einem Moment lang waren sie ein einziges, zappelndes Bündel, schreiend, quiekend, beißend, dann war die Ratte fort, glaubte Íñigo, hoffte Íñigo –

Er ließ es nicht drauf ankommen. Panisch drehte er sich um, streckte die Hand vor, robbte, kroch. Einen Meter. Noch einen. Immer noch prasselten Steine zu allen Seiten hernieder. Er ignorierte sie. Noch einen Meter, noch einen. Nur weg.

BATSCH!

Der Stein schlug kaum zwei Hand vor ihm auf das Pflaster. Schlamm spritze in sein Gesicht. Íñigo erstarrte. Das war kein Kiesel. Der Granitklumpen war fast so groß, wie sein Kopf. Schwer und schwarz und drohend lag er vor ihm.

„Oh ihr Götter!“

Es war kaum mehr als ein Winseln. Irgendwo ging ein weiterer Brocken nieder. Das Ding klang riesig. Er schluchzte. Der Pflasterstein vor ihm zeigte sich ungerührt. Wimmernd vergrub er den Kopf in seinen Armen und ergab sich seinem Schicksal.

 

~ ♦ ~

 

Irgendwann war es vorbei.

Íñigo konnte nicht sagen, wann das Rauschen des Wassers hinter ihm nachgelassen hatte oder wann das Fallen der Steine. Das Einzige, das blieb, war ein feiner Sprühregen.

Als er den Kopf schließlich hob, war alles still. Kein Geröll. Keine Ratten. Keine größenwahnsinnigen Ritter, die ihm den Schädel spalten wollten. Auch die Feuer fehlten. Vermutlich hatte der Niesel die Flammen erstickt, doch sein Verstand arbeitete zu träge, um sich damit zu beschäftigen.

Vorsichtig nahm er einen zittrigen Atemzug.

Das Brennen in seinen Lungen, das er beinahe erwartet hätte, blieb aus.

Noch einmal atmete Íñigo ein, dann wieder aus. Probeweise bewegte er seine Finger. Links war alles in Ordnung. Rechts -

Er biss die Zähne zusammen.

Der Tritt, erinnerte er sich. Verdammt.

Sehen konnte er im Dämmerlicht der wenigen magischen Fackeln, denen das Wasser nichts hatte anhaben können, nichts. Keine Knochen waren zu sehen, kein Blut. Vorsichtig wiederholte die Bewegung.

Wieder antwortete sein Handgelenk mit Schmerz, erträglicher, dieses Mal. Seine Hand folgte der Bewegung, seine Finger auch. Wenn er Glück hatte, war es nur eine Prellung. Nichts, was ein Heilmittel nicht zu kurieren vermochte. Gut.

Als er sich sicher war, keinen weiteren Schaden anzurichten, drückte er sich auf die Ellenbogen. Einen Augenblick lang drehte sich alles, selbst der verdammte Granitklumpen vor seinem Gesicht-

Íñigo schluckte. Er zwang sich dazu, durchzuatmen.

Ein. Aus.

Es war, wie beim Tanzen.

Ein.

Augen schließen.

Aus.

Ruhe.

Ein …

Aus …

Der Schwindel ließ nach.

Was blieb, war ein dumpfes Pochen in seinem Hinterkopf und ein dazu passendes Ziehen in seinen Schultern. Egal.

Vorsichtig setzte Íñigo sich auf.

Behutsam drehte er den Kopf, sah sich um. Der Nebel hatte sich ein wenig gelichtet, oder zumindest kam es ihm so vor. Dafür war es wirklich dunkel geworden. Er konnte kaum die nächste Gasse erkennen. Dafür sah er Schlamm. Die komplette Straße war mit einer glibbrigen Pampe überzogen, von der er nicht sagen konnte, ob sie nur aus Wasser und Erde bestand. Sie roch nicht so.

Es half nicht, dass das Zeug auch an ihm klebte. Seine Wangen, seine Haare, seine Hände-

„Igitt.“

Íñigo schluckte. Das war nicht der richtige Moment, um in Selbstmitleid zu versinken, das wusste er. Seine Spielerei von mochte Anthone vertrieben – und ihn beinahe umgebracht – haben, doch das hieß nicht, dass er sicher war. Er nicht und-

Oh verdammt.

„Owain?“, fragte er, erstickt.

Keine Antwort. Übelkeit stieg in ihm auf. Íñigo drehte sich herum, musterte die Gasse links von ihm, dann rechts, doch bei dem Nebel war es schwer, etwas zu sehen.

„Owain?“, rief er, lauter, „Owain!“

Still-

„Laslow?“

Íñigo öffnete den Mund, schloss ihn wieder, spürte, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel.

„Wo bist du?“

„Hier.“

Hier war irgendwo im Nebel links von ihm. Dann endlich sah er den Schatten. Er wirkte durchgeweicht und zitterte, doch Íñigo erkannte die Silhouette eines Dunkelmagiers, wenn er ihn sah. Seines Dunkelmagiers.

Erleichterung wusch über ihn hinweg.

„Den Göttern sei dank. Ich dachte-“

„Hey, ich war‘s nicht“, antwortete sein Freund ihm. Jeder seiner Schritte folgte ein schmatzendes Geräusch. „Das war krass, aber ich war‘s nicht. Ich schwöre!“

„Pfft.“ Íñigo – nein, Laslow, erinnerte er sich. Laslow – schüttelte den Kopf. „Nein, ich weiß.“

Wie von selbst glitt sein Blick auf seine Hand. Noch immer spürte er das warme Kribbeln unter seinen Fingerkuppen, aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Er schnaubte.

„Das war ich. Tsk.“

Wortlos hielt Odin ihm die Hand entgegen. In seiner Miene spiegelte sich nicht einmal der Hauch des üblichen Wagemuts. Da war nur Anspannung, in seinem Unterkiefer, in seinen Augenbrauen, in der Art, wie seine Lippen bebten. Laslow konnte in seinen Augen sehen, dass er eine genauere Erklärung verlangte, aber auch, dass er bereit war, auf sie zu warten. Und zumindest hatte ihn offenbar niemand verprügelt.

Ebenso wortlos streckte Laslow seine eigene Hand aus. Die Linke, denn in der rechten pochte noch immer sein Puls. Mühelos zog Odin in den Stand.

Keiner von ihnen ließ los.

„Das nächste Mal sollte ich die Beschreibung der Drachenader lesen, bevor ich sie verwende, oder?“

Odin schnaubte.

„Drachenader?“, fragte er, klang aber nicht halb so ungläubig, wie er vielleicht klingen wollte. „Und ich dachte, ich habe einen Hang zum Spektakel.“

Zur Antwort kicherte Laslow. Es klang selbst in seinen Ohren erbärmlich. Odin fiel trotzdem in das Lachen ein. Es war das Einzige, das Laslow davon abhielt, wieder loszuheulen. So aber lachte er und kicherte und klammerte sich dabei vielleicht ein bisschen zu sehr an Odins Hand.

Irgendwann ebbte das Kichern ab. Zurück blieben das Bedürfnis, sich irgendwo zu verkriechen, und Stille.

In seinem Augenwinkel hob Odin die freie Hand. Laslow beäugte sie kritisch, schwieg aber weiter. Erst, als er Odins Finger vor seinen Augen sah, blickte er auf. Sachte strichen sie über seinen Nasenrücken. Ein leichtes Brennen antwortete der Berührung, doch Laslow sagte nichts. Auch nicht, als sie erneut über seine Nase tasteten, über seine Wange, seine Lippen. An seinem Kinn stoppten sie schließlich, verharrten kurz, rubbelte dann an etwas, das Schlamm sein mochte. Oder Blut.

„Nichts gebrochen“, stellte Odin fest, den Daumen immer noch auf Laslows Kinn. „Aber du hast ganz schön geblutet. Hat dich einer dieser Ritter erwischt?“

„So ungefähr“, gab Laslow zu. Er öffnete den Mund, doch die nächsten Worte kamen nicht über seine Lippen. Nein. Ganz sicher würde er Odin jetzt nicht von der Ratte erzählen. Oder von dem unmännlichen Gewimmer vor dem Granitklumpen. Oder von-

Er atmete tief durch.

Betont langsam hob Laslow den rechten Arm und schob Odins Finger fort, darauf bedacht, ihn nicht ausgerechnet mit dem Handgelenk zu berühren.

„Ich habe den Schützen erwischt“, fuhr nahm Laslow den Faden an anderer Stelle wieder auf. „Ich nehme an, es war einer der Rekruten der Königsgarde. Ich weiß nicht, ob er noch …“ Er schüttelte den Kopf. „Ich habe ihm den Kiefer gebrochen. Den Arm auch. Aber … Sie haben ihren Schützen in die erste Reihe gestellt, Odin. Statt ihm Deckung zu geben, hat sein Komplize darauf gewartet, dass ich mit ihm fertig werde. Und dann habe ich Idiot ihn unterschätzt. Er hat mich so leicht entwaffnet, wie es kaum ein Krieger in Vaters Armee geschafft hätte. Dann habe ich die Drachenader bemerkt und was genau die ausgelöst hat, verstehst du vermutlich besser, als ich. Hast du Heilmittel dabei?“

Sein Freund schnaubte amüsiert.

„Natürlich!“, verkündete er. Prompt ließ er Laslow los, um mit beiden Händen in dem Taschensammelsurium wühlen zu können, das an seiner Hüfte hing. Irgendwas klirrte. „Wann war der Finstere Odin je nicht auf alles vorbereitet?“

Schaubend zog Laslow die Augenbrauen hoch. Auch das zog in der Nase.

„Du erinnerst dich an dieses eine Mal, bei dem ich mit diesem wirklich süßen Mädchen geflirtet habe und du daneben gestanden hast und Nowi sich plötzlich in diese furchtbare Drachengestalt verwandelt hat, um mit uns Kindern Fangen zu spielen? Der halbe Markt hat gebrannt!“

Odins Gesichtszüge entgleisten. Er lachte. Es klang verdächtig, als würde er an etwas ersticken.

„He he he, abgesehen von diesem einem Mal?“, fragte er. „Nun, vielleicht- Ha! Tadaa!“

Etwas schepperte. Odin fluchte. Dann hielt er ihm ein Fläschchen vor die Nase, als sei es die Lösung aller Probleme.

„Der Finstere Odin hält jedes Versprechen! Und du wagst, an mir zu zweifeln!“

Gegen seinen Willen musste Laslow lachen. Mindestens ebenso theatralisch, wie Odin zu sein pflegte, verdrehte er die Augen.

„Tue ich das nicht immer?“, fragte er schnippisch. Er hätte es nicht zugegeben, doch wie von selbst ließ die Anspannung in seinen Schultern ein wenig nach.

„Weh mir! Ich bin mit Ungläubigen gestraft!“

Mit einer Bewegung, die geübter war, als sie für einen einfachen Getreuen sein sollte, öffnete er die Flasche. Genauso routiniert goss er einen Teil der Tinktur über ein Stück gelben Stoff, von dem Laslow nicht fragen würde, woher es stammte.

„Ich kann das selbst“, warf er ein.

Sein Protest wurde ignoriert.

Genauso vorsichtig, wie Odin zuvor sein Gesicht untersucht hatte, wischte er nun mit dem Tuch über seine Haut. Eine Weile beobachte Laslow das Tuch dabei, wie es über seinen Nasenrücken rieb. Argwöhnisch, zunächst. Irgendwann schloss er die Augen und ließ Odin machen. Er spürte, wie sich der Dreck löste, der längst zu einer dicken Kruste geworden war, spürte, wie das Tuch auch über seine Wangen und Lippen fuhr. Der brennende Schmerz ließ nach. Nicht nur in seiner Nase, sondern auch dort, wo die Ratte in erwischt hatte. Die Kratzer hatte er bislang ebenso wenig bemerkt, wie die aufgeplatzte Lippe.

Irgendwann senkte Odin das Tuch. Ohne, dass Laslow etwas hätte sagen müssen, griff er nach seiner Hand. Einen Augenblick später spürte Laslow, wie kühle Flüssigkeit über sein Gelenk floss. Dem Heiltrank folgte ein Kribbeln. Es war nicht unangenehm. Genauso wenig, wie die sachten Bewegungen, mit denen Odin nun auch dort über seine Haut strich.

„Willst du die Mission abbrechen?“

Laslow öffnete die Augen.

Sie tauschten einen langen Blick.

Schließlich schüttelte Laslow den Kopf.

„Nein.“ Probeweise beugte er sein Handgelenk. Der Schmerz blieb aus. Er seufzte zufrieden. „Du hast eine Aufgabe erhalten. Wir werden uns nicht von ein paar dahergelaufenen Raubrittern aufhalten lassen.“

Laslow brach den Blickkontakt ab, um sich umzusehen. Neben ihm lag noch immer der Granitklumpen. Von oben sah er weniger bedrohlich aus. Ein paar Meter weiter konnte er, halb im Schlamm verborgen, den Griff eines Schwertes ausfindig machen. Irgendwo hier musste auch die Toreinfahrt mit seinem Gepäck sein.

„Es sind Raubritter der nohrischen Königsgarde“, gab Odin zu bedenken.

Laslow überbrückte die Distanz bis zu der Waffe. Umsichtig wischte er den Dreck vom Heft, dann hob er sie auf. Es war eine gute Klinge. Stahl. Fein gearbeitet und scharf. Nahe dem Griff hatte jemand einen Namen eingearbeitet.

Olivia.

Er schnaubte, ließ seinen Blick erneut über den Boden huschen. Da waren Steine, Dreck, aber kein weiteres Schwert.

„Dafür bin ich der Kronprinz von Ylisse“, antwortete er.

Hinter ihm lachte Odin. Es klang unsicher.

„Du hast deinem Prinzen versprochen, ihm eine Tür aufzuschließen, richtig? Also, tun wir das.“

In diesem Moment gab auch Laslow ein Versprechen. Wenn er ihm noch einmal begegnen sollte, würde es Anthone von Galen sein, der ihre Begegnung bereute. Entschlossen ließ er das Schwert in seine Scheide gleiten. Es passte nicht perfekt – doch für den Moment würde es gehen.

Sein Mut hielt genau bis zu diesem Moment.

Hufschlag.

„Ieeks!“

Später würde er nicht mehr sagen können, wer von ihn beiden geschrien hatte. Fakt war – im nächsten Moment verschwanden sie beide im Schatten der nächsten Mauer. In den Schatten des Gemäuers gekauert warteten sie, Laslow das Schwert gezogen, Odin den Stern von Rigel.

Nichts geschah.

Laslow spähte die Straße hinab, doch mehr als die reich dekorierten Fassaden der Speicherhäuser und geschlossene Fensterläden konnte er nicht erkennen. In ein paar Metern Entfernung flackerte das Licht einer magischen Fackel. Sonst nichts. Keine Schatten. Keine Stimmen. Nur der Trott eines Pferdes, wie es über das Kopfsteinpflaster tänzelte.

Skeptisch sah er nach hinten. Odin erwiderte seinen Blick und nickte. Geschmeidig schälte er sich aus den Schatten. Das Buch erhoben und die Finger der freien Hand auf den Seiten, schritt er voran.

Laslow folgte.

Der Hufschlag wurde lauter. Trotzdem brauchten sie zwei weitere Kreuzungen, bis sie es sahen. Erst war es nur ein Schatten im Nebel. Ein großgewachsenes Tier und massig. Als sie näher traten, glänzte die schwarze Rüstung im Licht der Fackeln.

Und der Reiter glänzte auch – durch Abwesenheit.

Träge trottete das Pferd zu einem nahen Hauseingang, um dort an den Büschen zu knabbern, die die Bewohner davor aufgestellt hatten. Niemand hielt es auf. Sein Reiter nicht, sein Geschirr nicht und auch die Panzerplatten nicht, die bei jedem Schritt, den das Tier tat, klirrten. Im Licht der nächsten Fackeln schimmerte sein Fell in einem verwaschenen rotbraun. Über seine Schulter hinweg spähte Odin zurück. In seinen Augen funkelte es verdächtig. Sie ahnten beide, wem dieser Gaul gehörte.

„Laslow des azurblauen Himmels!“, verkündete sein Freund in dem leisesten Flüsterton, den er zustande brachte. Seine Stimme hallte zwischen den Fassaden der Gasse wieder. „Gestatte dem Finsteren Odin, diese einfache Frage! Kam es dir je in den Sinn, wieder zum Bogenritter aufzusteigen?“

„Laslow des azurblauen Himmels?“, echote er und klang vielleicht ein bisschen entgeistert. „Azurblau? Warum azurblau? … Nein. Schon gut, vergiss es. Warum fragst du?“

„Nun, wie du bereits selbst erkanntest, ist unsere Mission von wahrhaft drastischer Dringlichkeit! Es obliegt uns, ein Tor von unermesslicher Bedeutung für unseren Herren zu öffnen! Ein edles Ross wie dieses vor uns, wird uns sicher dienlich sein!“

Immer noch fassungslos starrte Laslow Odin an. Das Gelb seines Capes – bei dem Licht eher ein matschiges Orange-Braun – brannte sich in seine Netzhaut.

„Du willst dieses Pferd klauen.“

Erneut warf Odin ihm einen Blick zu. Diesen Blick.

„Du nicht?“

Laslow äugte vom Pferd zu Odin und zurück. In Gedanken überschlug er die Chancen, Diebesgut in den Satteltaschen zu finden.

„Anthone wird der Garde seine eigene Version der Geschichte erzählen“, gab er zu bedenken. „Vermutlich ist er bereits auf dem Weg.“

Die Satteltaschen wirkten ziemlich … voll.

„Nicht einmal die Magie des Finsteren Odins vermag es, einen Straßenzug aufzureißen. Leider, möchte ich anmerken.“

Am hinteren Ende beulte die ihnen zugewandte Tasche ziemlich aus.

„Wir stehlen sein Pferd, Odin.“

„Nein, nein, mein Freund. Wir sichern Beweismittel.“

„Er wird vor uns beim Schloss sein.“

„Gewiss. Deshalb reiten wir nicht zum Schloss.“

„Nicht?“

„Wenn er der Garde berichtet erstattet, suchen wir uns einfach jemand anderen.“

Laslow öffnete den Mund, doch die Frage erstarb, noch bevor er sie formulieren konnte. Ein dünnes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Er wusste, auf welchen jemand Odin anspielte. Und der besuchte gerade seinen kleinen Bruder in der Nördlichen Festung.

„Gut, ich bin dabei. Klauen wir diesen Gaul.“
 



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