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Star Trek - Icicle - 07

Operation Christkind
von

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Götterdämmerung


 

9.
 

Götterdämmerung
 

USS OBERON / NCC-97334

Sternenzeit: 58999.2

Bereitschaftsraum des Kommandierenden Offiziers
 

Konteradmiral Valand Kuehn warf einen letzten, prüfenden Blick auf den Graphen, der das endgültige Wahlergebnis für den Posten des neuen Chiefadmirals, auf dem Anzeigefeld des Deskviewers wiedergab, und schaltete ihn entschlossen aus. Es war knapp geworden – denkbar knapp sogar, aber am Ende hatten seine Anstrengungen Erfolg gehabt.

Der hochgewachsene Mann, der in gut einer Woche seinen vierundvierzigsten Geburtstag begehen würde, lehnte sich in seinem gemütlichen Sessel zurück, während der Bildschirm ins Innere des Arbeitstisches einfuhr. Dabei dachte er mit einem gewissen Zorn auf sich selbst: Ich habe dabei geholfen, einen unerträglich inkompetenten Opportunisten an die Spitze der Sternenflotte zu befördern. Für das höhere Ziel, nicht nur die Föderation, sondern möglicherweise zwei Quadranten dieser Galaxis, vor etwas weitaus Schlimmeren zu beschützen, als das. Wer kennt den Weg der Götter?

Bei diesem letzten Gedanken lachte der Mann, der vor einer halben Stunde seinen Bereitschaftsraum auf dem Flaggschiff der Sektorenflotte-Bajor aufgesucht hatte, lautlos und fuhr sich mit den Fingern der Rechte über seinen gepflegten Schnurr- und Kinnbart. Er hatte seit seiner Jugendzeit schon immer mehr für die alten nordischen Sagen übrig gehabt, als für die christlichen Lehren. Er hielt sie nicht für realer, aber es gefiel ihm sehr viel besser an sie zu glauben, als an etwas, in dessen Namen in Jahrtausenden der irdischen Geschichte, fürchterliche Gräueltaten ausgeübt worden waren. Dabei war der Norweger natürlich nicht so naiv zu meinen, dass jene, die in früherer Zeit diesen alten nordischen Göttern gehuldigt hatten, Chorknaben gewesen waren. Das waren sie nachweislich ganz sicher nicht gewesen.

Die alte Welt endet, und eine neue Welt entsteht. Ragnarök – früher oft fälschlicherweise mit dem Begriff „Götterdämmerung“ übersetzt.

Die Gesichtszüge des Konteradmirals entspannten sich etwas. Er befand, dass der Vergleich im Grunde gar nicht so abwegig war, wie es den Anschein hatte. Immerhin gab es, oft gerade bei den niederen Rängen innerhalb der Sternenflotte, genug Wesen, die auch heute noch der Meinung waren, dass Niemand einem Gott näher stand, als ein Admiral der Sternenflotte, der einen Raum-Kampfverband ins Gefecht führte.

Die grün-grauen Augen des Mannes funkelten ironisch. Denn er selbst war weit davon entfernt, sich, oder irgendeinen anderen Flaggoffizier der Sternenflotte, als Gott anzusehen. Er war jedoch der festen Überzeugung, dass es Admirals gab, die dieser Ansicht widersprochen hätten. Allen voran Frank Damon Sherman – der frisch gewählte neue Oberkommandierende der gesamten Sternenflotte.

Ein schwarzer Tag in den Annalen der Sternenflotte, überlegte Kuehn finster. Doch Admiral Torias Tarun wird genau dort gebraucht, wo er ist. Immerhin - Janeway, Ross und letztlich auch ich selbst werden Sherman sehr genau im Auge behalten und wenn der Moment gekommen ist, dann wird er freiwillig oder auch nicht, schnell in der Versenkung verschwinden, das steht bereits heute fest. Doch gegenwärtig müssen wir uns alle mit diesem Scheißkerl abfinden, ob es uns nun gefällt, oder nicht. Tarun seinerseits hält mich für seinen Verbündeten. Der würde ganz bestimmt ein wenig anders denken, wenn er von meinen Machenschaften wüsste, die ich in der letzten Zeit angestrengt habe.

Normalerweise vertraute Valand Kuehn seine privaten Gedanken seinem Persönlichen Logbuch an. Doch Gedanken, wie diese, waren zu gefährlich um sie in Worte zu fassen. Was das betraf so hatte er sich, in den letzten fünfeinhalb Jahren, eine gewisse Paranoia zu eigen gemacht, die ihn davor bewahren sollte, irgendwann unvorsichtig zu werden.

Valand Kuehn seufzte schwach und blickte auf die beiden einzigen Bilder, die nicht in seiner Glasvitrine standen, sondern hier auf dem Arbeitstisch. Das eine zeigte Sylvie LeClerc, seine Verlobte, und das andere Ahy´Vilara Thren, seine verstorbene Ehefrau. Ahy´Vilara, Sylvie und er hatten gemeinsam auf der ALAMO gedient. Die Andorianerin war bei der Havarie des Raumschiffs, im Herbst des Jahres 2362, ums Leben gekommen.

Bevor er mit Sylvie LeClerc liiert war, seit Spätsommer 2380, hatte neben dem Bild der Andorianerin das Bild einer Bajoranerin gestanden. Das von Linara Enari, gegenwärtig Captain der WINDTALKER und mit Schiff und Besatzung, als Teil der 5. Taktischen Flotte, auf der Raumstation STRATEGICAL STARBASE 71 stationiert. Als er die letzten beiden Male diese Station besucht hatte, war sie irgendwo in den Tiefen des Weltalls unterwegs gewesen, doch der Norweger hoffte, sie morgen dort anzutreffen. Denn es gab etwas, worüber er mit ihr reden musste. Seit über vierundzwanzig Jahren.

Enari und er hatten sich an der Akademie kennengelernt. Sie war in ihrem letzten Jahr gewesen, als er seine Ausbildung dort begonnen hatte. In der Nacht, bevor Enari die Akademie verlassen hatte, um ihr Kommando, an Bord der STIRLING anzutreten, waren sie zusammen gewesen. Nur das eine Mal. Danach hatten sie sich aus den Augen verloren. Besser gesagt, die Bajoranerin hatte jeglichen Kontakt zu ihm abgebrochen.

Doch im Grunde war das nur die halbe Wahrheit, denn seit Ende des Jahres 2376 war er zu ihrem Schatten geworden. Zu einem nahezu unsichtbaren Schatten, fraglos, doch dennoch permanent da. Nur wusste Enari nichts davon. Noch nicht. Doch auch darüber würde er mit der Bajoranerin reden müssen.

Gegen Ende des Jahres 2375 war sie, in den letzten Wochen des Dominion-Kriegs, spurlos und unter mysteriösen Umständen, während einer Landeoperation auf einer cardassianischen Stützpunktwelt, verschwunden. Erst nach einem Jahr war sie überraschend, und nur mit rudimentären Erinnerungen an dieses Jahr ihrer Abwesenheit, wieder aufgetaucht. Und zwar auf der Erde. Das hatte natürlich Fragen aufgeworfen. Besonders bei dem Chef des Geheimdienstes, Admiral Frank Damon Sherman.

Auf sein Geheiß hin hatte ausgerechnet er, ihr früherer Freund an der Akademie, ein verzwicktes Täuschungsmanöver gegen sie gestartet. In dessen Folge hatte er zu ergründen versucht, ob hinter dem Verschwinden der Bajoranerin mehr steckte, als sie, nach ihrer Rückkehr, ausgesagt hatte. Von einem neutralen Standpunkt aus betrachtet hätte man dieses Manöver durchaus als perfide bezeichnen können. Er selbst hatte sich, bis zum Erweisen von Linara Enaris Aufrichtigkeit, im Hintergrund gehalten, so dass sie nie erfahren hatte, wer der Urheber dessen war, weswegen sie damals empört die Sternenflotte verlassen hatte. Doch wenn es nach seinem Willen ging, so würde sich das bald ändern. Allerdings würde er dennoch ein paar wesentliche Details dabei unter den Tisch fallen lassen müssen. Zum Beispiel seine Funktion innerhalb der Sternenflotte, seit Mitte des Jahres 2376.

Es war Admiral Tarun gewesen, der Linara Enari endlich doch für die Sternenflotte wiedergewinnen konnte. Sie hatte beim Admiral durchgesetzt, ihr altes Kommando zurück zu bekommen, und so fungierte sie, seit Sommer des Jahres 2378, wieder als Kommandantin der WINDTALKER, einem, in vielerlei Hinsicht, besonderen Raumschiff der Sternenflotte.

Der Norweger fuhr sich mit der linken Hand durch das dunkelblonde, kurze Haar. Dabei versuchte er auf andere Gedanken zu kommen. Admiral Torias Tarun hatte ihn, vor zwei Tagen, zum Silvesterball auf die Station eingeladen. Dabei hatte der Trill durchblicken lassen, dass der eigentliche Grund ein etwas anderer war. Er gedachte Tar´Kyren Dheran zu befördern, und da Tarun wusste, wie eng sie befreundet waren, hatte er ihn kontaktiert. Wobei sich Kuehn ziemlich sicher war, dass der Admiral auch einige Fragen zu dem hoch geheimen Einsatz hatte, für den er ihm den Andorianer, und zwei von dessen Offizieren überstellt hatte. Nun, er durfte Tarun zwar nicht alles erzählen, aber doch das Wesentliche.

Der Gedanke daran, dass sein bester Freund bald ebenfalls zum erlesenen Kreis der Flaggoffiziere zählen würde, stimmte ihn wieder etwas heiterer.

Während ihrer gemeinsamen Jahre, an Bord der EXODUS, hatte Kuehn den Andorianer auch als hervorragenden Offizier zu schätzen gelernt. Nach Kuehns Ansicht hatte sich Tar´Kyren Dheran den Rang eines Commodore redlich verdient, denn kaum ein anderer Offizier, innerhalb der Sternenflotte hatte, im Laufe der Jahre und der verschiedensten Risikoeinsätze gegen diverse Gegner, mehr für die Föderation riskiert, als er.

Außer ich vielleicht, dachte Kuehn ironisch und schmunzelte dabei unmerklich. Bereits im nächsten Augenblick wurde seine Miene wieder ernst, und er dachte: Nein, es gibt da einen guten Offizier, der noch mehr für die Föderation riskiert hat, als Tar und ich zusammen. Und dieser Offizier heißt Alev Scenaris. Sie hat vor einem Monat ihr Leben für die Föderation gegeben, und ich war es, der die Mission geleitet hat.

In den ersten Tagen, nach dieser Mission, hatte er Sherman die Schuld an Alevs Tod gegeben, einer Kameradin, seit den Tagen an der Akademie. Doch das war ebenso an der Wahrheit vorbei, wie sich selbst die Schuld zu geben. Was umso frustrierender war, als dass dieser kaltschnäuzige Admiral den Erfolg der Mission als seinen eigenen Erfolg ausbeutet hatte. Damit war er, wie zu erwarten gewesen war, seinem Ziel, Chiefadmiral zu werden, einen gewaltigen Schritt näher gerückt. Letztlich war es, nach Kuehns Meinung, sogar der Auslöser für seine Wahl gewesen, und Valand Kuehn verwünschte die Tatsache, dass er dazu gezwungen gewesen war, diesem aufgeblasenen Schnösel dabei auch noch zu helfen.

Er hatte aus der Not eine Tugend gemacht, indem er Sherman seine Loyalität zur Schau gestellt, und für ihn die Kastanien aus dem Feuer geholt hatte. Der Konteradmiral tröstete der Gedanken daran, dass er dem Chiefadmiral, eines nicht allzu fernen Tages, die Quittung dafür präsentieren würde. Mit Zins und Zinseszins.

Das Zirpen seines Kommunikators lenkte ihn ab. Mechanisch aktivierte Valand Kuehn das Gerät auf seiner linken Brust durch ein kurzes Antippen.

„Konteradmiral Kuehn, hier ist Commander Delor“, klang die unverkennbare Stimme des Ersten Offiziers dieses Raumschiffs auf. „Die OBERON befindet sich noch zwei Minuten vom Forlan-System entfernt. Sie wollten in dem Fall benachrichtigt werden.“

Kuehn erhob sich und antwortete dabei: „Danke, Commander. Ich bin sofort bei Ihnen auf der Brücke. Kuehn, Ende.“

Mit federnden Schritten begab sich Valand Kuehn zum Schott seines Bereitschaftsraums, öffnete es und betrat die Brücke des Schweren Kreuzers. Er schritt zu Tamaril Delor und nickt dem Trill zu, bevor er im Sessel des Kommandanten Platz nahm. Auf das sonst übliche Geplänkel mit dem Trill verzichtend kam der Konteradmiral sofort zur Sache, indem er meinte: „Sobald wir die Station erreicht haben, Commander, werde ich die OBERON mit dem vorbereiteten Shuttle verlassen. Sie werden das Kommando über das Schiff übernehmen, es umgehend wieder zur Sternenbasis-375 bringen und es, während meiner Abwesenheit, dem Oberkommando von Commodore LeClerc unterstellen.“

Der Trill setzte sich neben Kuehn auf seinen Platz. „Verstanden, Sir. Haben Sie irgendwelche sonstigen, speziellen Anweisungen für mich?“

Kuehn sah zu Delor und lächelte fein. „Nein, Commander. Es ist ja nicht so, als würde ich für Wochen weg sein. Für ein paar Tage wird die Sektorenflotte-Bajor auch ohne mich auskommen, denke ich. Der Commodore wird die Lage im Griff haben.“

„Natürlich, Sir.“

Tamaril Delor erlaubte sich ein feines Schmunzeln, und auf den fragenden Blick das Konteradmirals hin fügte er so leise hinzu, dass nur er ihn verstehen konnte: „Wie ich hörte, haben Sie und der Commodore sich verlobt, Admiral. Meinen Glückwunsch. Ich hoffe, dass meine Einladung zur Hochzeit, bei der Übertragung, nicht im Subraum verloren gehen wird.“

„Da können Sie aber mächtig stolz sein, auf Ihre Superlauscher“, spöttelte der Norweger. „Vielleicht sollte ich mein Quartier aber auch nur mal wieder nach versteckten Abhöranlagen untersuchen, meinen Sie nicht, Commander?“

Tamaril Delor lachte unterdrückt. „Sie würden keine finden, Sir. Aber wie heißt es so schön: Raumschiffe sind Resonanzkörper.“

Kuehns Augenbrauen hoben sich leicht an. „Ist das ein brandneuer Spruch, oder ein uralter Spruch, Commander?“

Der Trill grinste ungeniert. „Den habe ich kürzlich von unserem neuen Ensign in der Astrometrik aufgeschnappt. Ich kann die junge Dame ja mal fragen.“

Der Norweger grinste schief. „Lassen Sie es gut sein.“

Die beiden Führungsoffiziere wurden abgelenkt, als Lieutenant Junior-Grade T´Farin, von der CON meldete: „Sir, das Schiff geht unter Warp. Die OBERON nähert sich aus einem Vektor plus siebenundzwanzig Grad zur Ekliptik dem Planet Forlan-Prime. Abstand unterschreitet gegenwärtig zwanzig Millionen Kilometer.

Valand Kuehn wandte sich an die Vulkanierin. „Danke, Miss T´Farin. Halten Sie den Kurs und verzögern Sie so, dass wir die Station in zehn Minuten erreichen.“

„Aye, Sir.“

Der Konteradmiral erhob sich und reichte Delor die Hand. „Passen Sie bitte gut auf mein Schiff auf, während ich abwesend bin. Damit meine ich: Keine Dellen, keine Beulen und auch keine Kratzer, Commander.“

Delor nahm die angebotene Hand. „Ich werde gut auf Schiff und Besatzung achten, das verspreche ich Ihnen, Admiral.“

Valand Kuehn ließ lediglich seine Augen antworten, bevor er sich abwandte und eilig zum Turbolift schritt. Als er in der Kabine des Lifts allein war, dachte er an sein Vorhaben, mit Enari zu reden und seufzte leise: „Wenn das bei bajoranischen Frauen mal auch nur immer so gut funktionieren würde.“
 

* * *
 

An Bord der ICICLE stellte Pasqualina Mancharella ganz ähnliche Überlegungen über das Enden und neu Entstehen an, wie Konteradmiral Valand Kuehn. Wenn auch in etwas anderer Hinsicht.

Sie hatte sich ganz von Dheran zurückgezogen, während der letzten sechs Tage. Dabei war sie zu Beginn noch fürchterlich zornig auf den Andorianer gewesen. Mittlerweile hatte sich dieses Gefühl gelegt. Sie hatte Zeit gehabt um über ihre Beziehung mit ihm nachzudenken, und auch darüber, dass er sie tatsächlich gewarnt hatte mit ihm eine Beziehung einzugehen. Bevor sie ihren Kopf durchgesetzt, und mit ihm geschlafen hatte. Sie musste zugeben, dass Tar´Kyren nie ein Geheimnis aus seinen Gefühlen für Christina Carey gemacht hatte. Sie selbst hatte von ihm eine Entscheidung verlangt, und er hatte sich entschieden. Nur nicht so, wie sie es sich erhofft hatte. Das hatte sie zunächst enttäuscht und traurig gemacht. Und gleichfalls ziemlich wütend.

Doch jetzt, nach ein paar Tagen, in denen sie Zeit gehabt hatte, darüber nachzudenken, hatte sich die Wut gelegt. Was zurückgeblieben war, das war die Enttäuschung und die Traurigkeit. Auch wenn sich Christian Sinemus sehr um sie bemüht hatte, in den letzten Tagen.

Bei dem Gedanken an den Lieutenant-Commander überkam Pasqualina ein warmes Gefühl. Er war ihr, in den letzten Tagen, ein prima Kamerad gewesen. Nein, ein prima Freund, verbesserte sich die Spanierin in Gedanken. Sie hatte schnell Vertrauen zu ihm gefasst, innerhalb der letzten Woche, was sie etwas erstaunte. Denn für gewöhnlich dauerte es länger, bis sie sich jemandem gegenüber so sehr öffnete, wie ihm.

Es hatte ihr gut getan, mit Christian über ihre gescheiterte Beziehung mit Tar´Kyren offen sprechen zu können. Einige Dinge, die sie vor einer Woche ziemlich emotional beurteilt hatte, erschienen ihr dadurch heute in einem etwas anderen Licht, und sie war sich nun im Klaren darüber, dass sie mit dem Andorianer reden musste.

Darum hatte sie ihn vor einer halben Stunde kontaktiert, und ihn darum gebeten, sich mit ihr im LA SINGLA zu treffen. Sie hatte sich an einem der Tische nahe des Eingangs niedergelassen, damit er sie nicht suchen musste, wenn er kam. Ein Mix unterschiedlicher Emotionen durchströmte sie, als der Andorianer, pünktlich zur verabredeten Zeit, das Lokal betrat, sich kurz orientierte und dann zielstrebig an ihren Tisch kam. Er lächelte, etwas gezwungen, und setzte sich, ihr gegenüber, an den Tisch.

„Guten Morgen, Tar´Kyren“, sprach die Spanierin ihn an. „Ich freue mich darüber, dass du kommen konntest.“

Die Antennen des Andorianers bogen sich leicht zurück, als er erwiderte: „Kein Problem, Pasqualina. Ich werte es als ein gutes Zeichen, dass du mich nicht mit Sie oder Captain ansprichst.“

Die Frau nickte. „Du hast es einmal ganz richtig gesagt: Der Punkt, an dem wir dorthin hätten zurückkehren können, haben wir längst hinter uns gelassen. Ich möchte auch nicht mit dir reden, um dir Vorwürfe zu machen. Natürlich hat mich deine Entscheidung verletzt, und ich war sehr traurig und enttäuscht. Ich will dabei gar nicht leugnen, dass ich zu Anfang auch furchtbar wütend auf dich war. Auch auf Christina Carey. Aber ich hasse dich nicht, Tar´Kyren, und auch sie nicht. Ich brauche nur etwas Zeit, um damit klarzukommen.“

Ein Anflug von Erleichterung zeigte sich auf dem Gesicht des Andorianers. „Ich freue mich, das zu hören. Denn als ich sagte, dass es mir sehr leid tut, dich verletzt zu haben, da habe ich es genau so gemeint. Ich hoffe inständig, dass wir die Kameradschaft, die uns schon vor dem Abend in Cadiz verband, nicht ebenfalls verloren haben.“

Die Spanierin lächelte schwach. „Momentan ist sie zwar einer gewissen Belastung ausgesetzt, doch ich bin sicher, dass wir sie nicht verlieren. Auch deswegen wollte ich dich sprechen. Um dir zu versichern, dass unser gemeinsamer Dienst nicht unter unserer Trennung leiden wird. Ich werde nicht zulassen, dass mein Privatleben meine dienstlichen Pflichten beeinträchtigt. Oder unsere Zusammenarbeit an Bord der ICICLE.“

Sie wurden von der Bedienung unterbrochen.

Nachdem sich die beiden Führungsoffiziere der ICICLE einen Kaffee bestellt, und ihn kurze Zeit später bekommen hatten, kam Tar´Kyren auf die Worte seiner XO zurück. „Ich hatte sehr gehofft, dass du etwas in dieser Richtung sagen würdest. Denn unser gemeinsamer Dienst an Bord hat bisher hervorragend funktioniert. Bei den Aufgaben, die sicherlich noch auf uns zukommen, werde ich deine volle Loyalität brauchen, Pasqualina.“

„Die hast du.“

Tar´Kyren Dheran sah in die dunklen Augen der Spanierin und seine Antennen bogen sich stärker nach hinten. „Deine Größe beschämt mich. Insbesondere, weil mir nicht egal ist, was du fühlst, und wie es dir geht. All meine Gefühle für dich sind noch da, doch es hat mich beinahe zerrissen, all das für zwei Frauen gleichzeitig zu fühlen. Und im Grunde tut es das immer noch. Ich weiß selbst, wie schizophren das klingen muss.“

Pasqualina, die in diesem Moment unwillkürlich einen Vergleich anstellte, zwischen dem Andorianer und Christian Sinemus, schüttelte vehement den Kopf. „Vielleicht ist das viel normaler, als wir denken.“

Sie ließ offen, was sie damit meinte, und Tar´Kyren Dheran nickte nur zustimmend. Einen Schluck von seinem Kaffee nehmend erklärte er schließlich: „Dann bleiben wir...“

Pasqualina lächelte schmerzlich: „Gute Freunde? Nein, sehr gute Freunde, und Kameraden, die einander bedingungslos vertrauen können.“

Die Antennen des richteten sich auf und spreizten sich leicht. „Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.“

Die Miene der Spanierin nahm einen ironischen Zug an. „Egal ob blau oder weiß, oder welche Farbe auch immer, das könnt ihr Kerle doch nie.“

Dheran grinste schief und wechselte dann abrupt das Thema. „Kommst du auch zum Silvesterball? Wie ich hörte, will der Getupfte, um Mitternacht, etwas ganz Besonderes ankündigen. Natürlich macht er wieder einmal ein Geheimnis daraus, was es ist. Alle Captains haben die Order erhalten zu erscheinen, außer denen, die der RED ALERT GROUP zugeteilt sind, an diesem Abend.“

Pasqualina Mancharella drehte ihre Kaffeetasse zwischen den Händen hin und her und nickte schließlich zögernd. „Ja, Lieutenant-Commander Sinemus hat mich gefragt, ob ich ihn zu dem Ball begleite.“

„Sinemus?“, echote Dheran überlegend. „Das ist doch der Mann, der, vor einigen Monaten, die Sektorenmeisterschaft im Degenfechten, hier auf der Station, gewonnen hat.“

„Ja. Er ist mittlerweile bei den MACO´s und er wurde zur Station versetzt, kurz bevor du zu dem Einsatz mit deinem Freund aufgebrochen bist. Wir treffen uns gelegentlich zum Frühstück, in diesem Lokal, seit dieser Zeit.“

„Davon hast du mir nie was erzählt“, entfuhr es dem Andorianer.

Pasqualina bemerkte, dass sich die Antennen ihres Gegenübers nach Innen bogen und sie fragte lauernd, sich dabei etwas vor beugend: „Ach, passt dir das etwa nicht?“

Bevor Dheran etwas darauf erwidern konnte, zirpte sein Kommunikator. Er meldete sich und hörte die unverkennbare Stimme von Commander No´Leen Ra Taragenar sagen: „Captain Dheran, der Admiral bittet Sie, umgehend in sein Büro zu kommen.“

Beinahe erleichtert aktivierte der Andorianer seinen Kommunikator und antwortete: „Ich bin bereits auf dem Weg. Dheran, Ende.“

Als Dheran sich erhob und entschuldigend zu Pasqualina Mancharella blickte, meinte sie mit stechendem Blick: „Vom Admiral persönlich gerettet. Du musst mir bei Gelegenheit mal verraten, wie du verdammte Glückspilz das immer wieder hin bekommst.“

„Du entschuldigst mich“, murmelte der Andorianer und entfernte sich rasch.

Im LA SINGLA blieb Pasqualina Mancharella am Tisch sitzen und blickte dem Captain gedankenverloren nach. Dann nahm sie einen Schluck von ihrem Kaffee und verzog angewidert das Gesicht. „Verdammt, der ist so kalt wie ein andorianischer Eiszapfen.“
 

* * *
 

Die dritte Person, die sich mit einer Form der Götterdämmerung befasste, war Admiral Torias Tarun. Eben erst hatte er, nachdem er das Wahlergebnis erfahren hatte, das Sternenflottenkommando kontaktiert und, wie es sich für einen anständigen Verlierer gehörte, Admiral Frank Damon Sherman zur Wahl gratuliert. Auch wenn er ihm lieber mit der Faust ins Gesicht geschlagen hätte. Zum neuen Jahr würde er eine schmalzige Rede halten, die Tarun jetzt schon ankotzte, und das hatte einen Grund.

Sherman und er hatten in demselben Jahr die Akademie abgeschlossen. Dabei hatte er, knapp vor dem, von Ehrgeiz zerfressenen Sherman als Jahrgangsbester an der Akademie abgeschlossen. Etwas, das Frank Damon Sherman vermutlich heute noch wurmte. Doch das war nur die Spitze des Eisbergs.

Im Jahr 2358 lernte er, zu dieser Zeit bereits Lieutenant-Commander und Zweiter Offizier der SOLOMON, ein Raumschiff der EXCELSIOR-KLASSE, Serina Tennan kennen, eine junge Wissenschaftlerin im Rang eines Junior-Lieutenant. Von der ersten Begegnung an faszinierte sie ihn. In den folgenden Monaten umwarb er die Südländerin, ohne dabei zu ahnen, dass sie mit seinem einstigen Rivalen Sherman liiert ist. Erst nachdem Serina dem Werben des Trill nachgab, und eine leidenschaftliche Nacht mit ihm verbracht hatte, gestand sie ihm, dass sie eigentlich einen Freund hatte, verschwieg ihm aber, wer es war. Sie versprach ihm lediglich, sich von ihrem bisherigen Freund zu trennen.

Bei einer Außenmission, die von ihm geleitet wurde, starb Serina. Obwohl ihn selbst dabei keine Schuld traf machte er sich heftige Vorwürfe.

Bei Serina Tennans Beerdigung war auch Sherman zugegen. Erst hier erfuhr er die gesamten Zusammenhänge. Sherman tobte damals und gab ihm die Schuld am Tod von Serina und er schwor dem Trill, am Grab der Frau die er liebte, dies niemals zu vergessen.

Das allein hätten die beiden Männer möglicherweise noch irgendwann geraderücken können, doch es kam zu einem weiteren tragischen Ereignis mit seiner Beteiligung.

Während der Eroberung des Chin´toka-Systems starb Captain Erika Benteen an Bord ihres Schiffes, welches zu diesem Zeitpunkt, zusammen mit 11 weiteren, unter seinem Kommando stand. Erst Tage später erfuhr er, seinerzeit Commodore und hinter den feindlichen Linien im Einsatz, dass Erika Benteen zu diesem Zeitpunkt mit Frank Damon Sherman verheiratet gewesen war. Vermutlich gab Sherman ihm auch an ihrem Tod die Schuld, was vollkommen absurd war.

Was am Ende blieb: Sherman hasste ihn, weil er ihm die Schuld am Tod von mindestens einer Frau gab, die ihm nahe gestanden hatten. So wie er selbst Sherman hasste, wegen seiner Ränkespiele, die ihn, trotz einer geradezu fahrlässigen Inkompetenz in der Praxis, an die Spitze des Sternenflottenkommandos katapultiert hatte. Einen hervorragenden Intellekt, was das Theoretische betraf, konnte man Sherman hingegen nicht absprechen, und das machte ihn, zusammen mit seinem krankhaften Ehrgeiz, so brandgefährlich. Nicht allein für ihn, sondern möglicherweise für die gesamte Föderation. Zumal Sherman sich selbst als einen Spitzenpraktiker ansah, und sich außerdem von niemandem etwas sagen ließ.

Die Gedanken des Admirals schwenkten zu Konteradmiral Valand Kuehn ab, der im Laufe des Tages auf der Station erwartet wurde. Tarun sah in dem Norweger einen potenziellen Verbündeten, dessen Unterstützung er gut würde gebrauchen können. Der Norweger hatte durchblicken lassen, dass er für mindestens eine Woche auf der Station bleiben würde und in den nächsten Tagen ein Gespräch unter vier Augen mit ihm zu führen gedachte. Vermutlich wegen der Wahl von Sherman.

Torias Tarun schreckte beinahe aus seinen Gedanken auf, als sich das Schott zu seinem Büro öffnete und Captain Sorek, als Erster der fünf von ihm einbestellten Captains, zu ihm herein schritt. Der Admiral erhob sich, hinter seinem Arbeitstisch und deutete auf die Sitzecke. „Nehmen Sie bitte Platz, Captain. Ihre übrigen vier Kameraden, die ich zu dieser Unterredung gebeten habe, müssten auch innerhalb der nächsten beiden Minuten erscheinen.“

Der Halbvulkanier verbeugte sich leicht und nahm Platz. Dass sein Vater Romulaner gewesen war, hatte Sorek, von seiner Mutter, erst im Alter von zehn Jahren erfahren. Gemeinsam mit ihr hatte er auf jenem abgelegenen vulkanischen Kolonialplaneten gelebt, auf dem er zur Welt gekommen war. Für einige Zeit gerieten Soreks Emotionen damals, durch diese unerwartete Eröffnung, durcheinander. Aus diesem inneren Kampf war er am Ende jedoch gestärkt hervorgegangen.

Nach reiflicher Überlegung hatte der junge Sorek damals beschlossen, sein väterliches Erbe nicht zu verleugnen. Er hatte sich, nach und nach, seinen Emotionen geöffnet und gelernt, anders als die meisten reinblütigen Vulkanier, mit ihnen zu leben.

Obwohl Sorek sich zumeist ganz wie ein durchschnittlicher Vulkanier verhielt und er nach Außen hin in etwa dieselbe Ruhe zeigte, war er in seinem Kern von deutlich anderer Art. So besaß er einen ausgeprägten Sinn für Humor, den er mitunter offen zeigte, sofern er sich unter Wesen aufhielt, denen er vertraute, oder die er besonders mochte.

Trotz seiner äußeren Gelassenheit war Sorek dennoch im Innern ein leidenschaftlicher Mann, der jedoch diese Leidenschaft sehr gut im Griff hatte. In dieser Hinsicht ähnelte er seinem Kameraden, Tar´Kyren Dheran, weshalb sich beide Männer, bereits nach relativ kurzer Zeit, trotz aller sonstigen Unterschiede, inzwischen sehr gut verstanden.

Wer Sorek sah, der hielt ihn ohne Weiteres für einen reinblütigen Vulkanier, da seine Stirn keinerlei Anzeichen romulanischer Höcker aufwies. Etwas, das Sorek in seinem tiefsten Innern ganz recht war, denn Vertreter anderer Spezies neigten dazu, gegenüber Romulanern ein gewisses Misstrauen an den Tag zu legen.

Sorek blickte, wie Tarun, zum Schott, als es sich erneut öffnete und die übrigen vier Captains eintraten. Dabei fragte sich der Halb-Vulkanier insgeheim, ob sich die vier Captains vorher verabredet, und ihn dabei ausgelassen, hatten. Er erhob sich, als seine Kameraden herangekommen waren, unter ihnen auch Tar´Kyren Dheran und Linara Enari. Auch die Bajoranerin zählte er, seit ihrem gemeinsamen Aufenthalt auf der Erde, im Sommer dieses Jahres, zu seinem Freundeskreis. Er begrüßte sie und Dheran herzlich und reichte danach auch Frank Revers und Sebastian Frank die Hand.

Gemeinsam nahmen sie, auf Geheiß des Admirals, Platz. Auch Sorek setzte sich erneut, wobei ihm erst jetzt auffiel, dass sechs Gläser auf dem Tisch der Sitzgruppe standen. In der Mitte hatte der Admiral eine Flasche mit Saurianischem Brandy hingestellt. Zumindest vermutete Sorek, dass es der Admiral gewesen war.

Tarun griff nach der Flasche und ließ es sich nicht nehmen, jedem der fünf Captains selbst einen Schluck des Brandys einzugießen, wobei er im Plauderton erklärte: „Ich möchte um Mitternacht, während des heutigen Silvesterballs, etwas bekannt geben. Eigentlich hatte ich zuerst vor, sie bis dahin noch im unklaren zu lassen, um Sie dann damit zu überraschen. Doch ich denke, dass es besser ist, Sie Fünf doch vorab zu informieren. Bei dieser Gelegenheit kann ich zudem als Erster mit Ihnen darauf anstoßen.“

„Wollen Sie uns zu Ihrer Hochzeit einladen?“, platzte Linara Enari heraus.

Tarun wechselte einen fragenden Blick mit Tar´Kyren Dheran, doch der Andorianer hob seine Hände und blickte ihn unschuldig an.

Frank Revers schmunzelte in Richtung des Admirals. „Das Gerücht, dass Sie und Commander Sheralan ziemlich fest miteinander liiert sind, ist schon seit einigen Monaten ein alter Hut, Admiral.“

„Für mich eine alte Mütze, Sir“, warf Linara Enari, in Anspielung auf den letzten modischen Schrei, auf Bajor, ein und erntete damit unterdrücktes Gelächter.

Der Admiral musterte Linara Enari mit ironischem Gesichtsausdruck. „Vielen Dank, dass Sie mich, in Bezug auf die aktuellen, bajoranischen Modeentgleisungen, auf den neuesten Stand gebracht haben, Captain Linara.“

Dann blickte der Trill wieder ernst werdend in die Runde und erklärte: „Nein, ich habe Sie hier zusammenkommen lassen, weil ich vorhabe, mit dem Beginn des neuen Jahres, unsere Flotte umzustrukturieren. Und zwar plane ich, Ihnen Fünf jeweils das Kommando über einen Teilverband von vierzig Raumschiffen anzuvertrauen. Die restlichen fünfzig Schiffe unterstelle ich dem direkten Befehl meiner Stellvertreterin, die ich in den Rang eines Konteradmirals zu befördern gedenke.

Der Admiral blickte in die Runde und ließ seine Worte für einen Augenblick wirken, bevor er mit der eigentlichen Bombe herausplatzte: „Sie, meine Dame und meine Herren, werde ich, zusammen mit Christina Carey ebenfalls, in der ersten Stunde des neuen Jahres, befördern. Ich darf Ihnen nun vorab zur Beförderung in den Rang eines Commodore, mit allen daraus entstehenden Pflichten und Privilegien, gratulieren.

Torias Tarun hob langsam sein Glas und stellte dabei zu seinem Vergnügen fest, dass es den Anwesenden zunächst die Sprache verschlagen hatte. Er prostete den fünf zukünftigen Commodores zu und beobachtete sie weiter, über den Rand seines Glases hinweg. Dabei stellte der Trill fest, dass vier von ihnen auffordernd zu Frank Revers sahen.

Frank Revers war zwar nicht der dienstälteste Captain von ihnen, doch er war der dienstälteste Offizier, abgesehen vom Admiral, und mit 52 Jahren nur knapp zwei Jahre jünger als Tarun. Darum übernahm er es, für sich und seine Kameraden zu sprechen.

„Ich spreche sicherlich im Sinn meiner Kameraden, wenn ich sage, dass Sie uns mit dieser Eröffnung alle überrascht haben, Admiral. Sie, und die andern hier Anwesenden kennen mein etwas zwiespältiges Verhältnis zu Flaggoffizieren. Darum bin ich mir auch nicht ganz sicher, ob ich mich über diese Beförderung freuen soll, oder nicht.“

Tarun hatte mit einem ähnlichen Einwand von Seiten dieses Offiziers gerechnet, denn er kannte die Vorgeschichte dieses Mannes. Ziemlich gut sogar. Darum zeigte er sich nicht verärgert über dessen Worte, sondern erwiderte verständnisvoll: „Ich kann mir denken, was sie jetzt umtreiben muss, Captain Revers. Doch ich schlage vor, Sie sehen es als Herausforderung an, all diesen Flaggoffiziers-Armleuchtern mal zu zeigen, wie man es richtig anfängt. Meinen Sie nicht auch?“

Revers sah in die Runde, lächelte schwach, und sagte schließlich, sanft und mit deutlicher Betonung, so wie er es immer tat: „Möglicherweise ist es an der Zeit, Admiral. Aber ich erwarte von Ihnen ein gewisses Vertrauen und dass Sie uns, innerhalb unseres zukünftigen Aufgabenbereichs, freie Hand lassen. Bis zu einem gewissen Grad zumindest.“

Admiral Torias Tarun nickte zustimmend: „Das erachte ich als selbstverständlich, Mister Revers. Sie kennen mich.“

„Dann bin ich bereit, einen Schritt nach vorne zu machen, Sir“, entschied Revers. Also werde ich bald auch einer dieser Armleuchter sein.“

Die übrigen vier Captains der 5. Taktischen Flotte nickten zustimmend und hoben nun ebenfalls ihre Gläser.

Der Admiral schmunzelte offen. „Dann also auf die fünf, bald frischgebackenen, neuen Armleuchter der Flotte.“

Sie prosteten sich zu und leerten ihre Gläser, wobei die Augen der Bajoranerin, die sich normalerweise eher an Frühlingswein hielt, zu tränen begannen. Mit heiserer Stimme krächzte sie, zu Tarun gewandt: „Wollen Sie mich vorher umbringen, Sir? Bei den Propheten, das Zeug schmeckt schlimmer als die eingeschlafenen Füße der Pah-Geister.“

„Ich bin erstaunt, was Sie bereits alles probiert haben, Miss Linara“, konterte der Trill trocken und vier Captains grinsten belustigt. Schnell wieder zum Thema zurück kommend meinte er dann: „Ich möchte Sie darum bitten, das, was ich Ihnen eben eröffnet habe, noch bis um Mitternacht für sich zu behalten. Miss Carey hat in den letzten Tagen bereits eine Unterteilung der Flotte in etwa gleich starke Teilverbände vorgenommen. Die Daten darüber, welche Schiffe und Captains der Fünften Taktischen Flotte zukünftig Ihrem Kommando unterstehen, werden Ihnen noch in dieser Stunde zugehen. Bitte machen Sie sich in den nächsten Tagen mit dieser Aufteilung vertraut. Für den zweiten Januar habe ich fünf Konferenzräume der Station für Sie reserviert, damit Sie Ihren zukünftig unterstellten Kollegen ein paar Worte zu diesem neuen Konzept sagen können. Die entsprechenden Daten, wie ich selbst mir das Konzept vorstelle, bekommen sie vorher.“

Sebastian Frank, der sich bisher, so wie auch Sorek, zurückgehalten hatte, wandte sich nun mit einer Frage an den Trill. „Ich vertraue dem Urteil von Commodore Carey, aber ich würde trotzdem gerne wissen, ob die Aufteilung eine Endgültige sein wird, oder ob nachträglich, in Einzelfällen, Änderungen möglich sein werden?“

Der Admiral musterte den Mann, dem man nachsagte, er wäre ein geistiges Chamäleon mit der Intelligenz eines Hochschulprofessors. Er hatte, nach seinem Abschluss an der Akademie zunächst im JAG der Sternenflotte gedient, wechselte aber, nach der Schlacht von Wolf-359 zur Kommandoebene und trat den Dienst auf einem Raumschiff an.

„Natürlich sind, in Einzelfällen, noch Änderungen möglich. Ich möchte aber, dass solche Änderungen einerseits die Ausnahme bleiben und andererseits zuvor mit Christina Carey abgesprochen werden, da die Teilverbände auch nach den Einsatzmöglichkeiten der einzelnen Raumschiffe von ihr zusammengestellt wurden.“

Der gelernte Anwalt nickte. „Natürlich Sir. Es war nur eine klärende Frage.“

Captain Sorek, dem eine andere Frage auf dem Herzen lag, meldete sich nach dem Deutschen zu Wort. „Was ist mit der Urlaubsplanung für die Besatzungen der einzelnen Raumschiffe, Admiral? Unterliegt die auch weiterhin Ihrer Stellvertreterin, oder zukünftig im Ermessen der einzelnen Kommandeure der Teilverbände?“

„Diese Einteilung werden zukünftig Sie alle selbst treffen“, gab der Trill Auskunft. „Irgendwie müssen Sie sich schon die Beförderung verdienen.“

„Ich ahnte, dass diese Beförderung einen Haken hat“, warf Tar´Kyren Dheran ein, der sich für administrative Aufgaben wenig begeistern konnte.

„Mehr als einen“, scherzte Tarun. „Aber dahinter werden Sie noch früh genug kommen, Mister Dheran.“

Sich an alle Anwesenden wendend erklärte der Trill: „Das wäre im Moment Alles. Ich möchte Captain Dheran im Anschluss bitten noch hier zu bleiben.“

Mit bezeichnenden Blicken in Richtung des Andorianers erhoben sich die übrigen vier Captains und machten sich auf den Weg aus dem Büro.

Torias Tarun wartete, bis sich das Schott hinter ihnen geschlossen hatte, bevor er zu der Brandyflasche griff, und den restlichen Inhalt auf ihre beiden Gläser verteilte. Dabei drehte er schließlich die leere Flasche in seiner Hand und meinte er humorig: „Ich würde sagen, die hat uns ganz gute Dienste geleistet, was Captain.“

„Mehr Ihnen, als mir, würde ich vermuten.“

Die Augenbrauen des Trill hoben sich leicht. „Grollen Sie mir immer noch, wegen dieser alten Geschichte, vom Frühjahr? Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt.“

Der Andorianer grinste, beinahe jungenhaft. „Sie haben Recht, Admiral. Aber das ist bestimmt nicht der Grund, warum ich noch bleiben sollte.“

Der Trill nickte zustimmend. „Richtig erkannt, Mister Dheran. Ich wollte mich bei Ihnen persönlich bedanken, für Ihre Rolle als Mentor, die Sie zum Heiligen Abend übernommen hatten. Ich habe erst nach der Zeremonie, von Tia´Vareni, erfahren, dass das Übernehmen dieser Rolle ein besonderer Vertrauensbeweis an mich gewesen ist.“

Die Antennen des Andorianers spreizten sich leicht. „Das stimmt, Admiral, und ich hätte diese Rolle nicht für Jeden übernommen.“

Die beiden so unterschiedlichen Männer schwiegen für eine Weile und tranken ihre Gläser aus. Als sie die Gläser auf den Tisch stellten, ergriff der Trill wieder das Wort. „Ihr Freund, Valand Kuehn, müsste inzwischen auf der Station angekommen sein. Ich habe ihn zum Silvesterball eingeladen. Ihm gegenüber dürfen Sie übrigens die bevorstehende Beförderung erwähnen. Er kommt nicht offiziell auf die Station, sondern um bei ihrer Beförderung dabei sein zu können.“

Echte Freude spiegelte sich in Tar´Kyren Dherans Augen. Aber auch eine gewisse Entschlossenheit, die Torias Tarun nicht ganz einzuordnen wusste. „Dann würde ich ihn jetzt gerne begrüßen, Admiral.“

Der Trill nickte zustimmend. „Sie können wegtreten, Mister Dheran.“

Als der Andorianer das Büro eilig verließ, sah Tarun ihm sinnend nach. Dabei dachte er an all die Dinge, die er bereits gemeinsam mit Tar´Kyren Dheran erlebt hatte, innerhalb der letzten neun Monate. Insbesondere in diesem Büro. Dabei stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. Dann richteten sich seine Gedanken wieder auf seinen Widersacher Sherman und das Lächeln gefror zu Eis. Admiral Frank Damon Sherman an der Spitze der Sternenflotte – das konnte ja äußerst heiter werden.



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