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YORU - Was die Nacht verrät

von

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Ein Haufen Mutanten oder Familienangelegenheiten

Raphael hielt nicht so viel vom duschen. Er war eine Schildkröte, also war es nur natürlich, wenn er auch wie eine roch. Außerdem hielt er Reinlichkeit für Zeitverschwendung. So oft wie die vier Jungs trainierten, in Kämpfe verwickelt wurden, Mikey irgendwas verschüttete, oder eines von Donatellos Experimenten explodierte blieben sie ohnehin nicht lange sauber. Und so fiel seine Wäsche auch nicht besonders gründlich aus. Sobald er nicht mehr nach Abwasser stank, stellte er das Wasser ab, das Donatello ihnen von der Hauptleitung der städtischen Wasserwerke abzweigte und trat aus der Duschzelle. Sie hatten zwar warmes Wasser, weil Fix-it-Felix-Donnie einen alten Boiler vom Schrottplatz angeschleppt und repariert hatte, aber kalt duschen ging schneller. Raphael hielt sich nicht mal mit einem Badetuch auf, weil seine Reptilienhaut ohnehin schnell trocknete. Dennoch wartete vor dem Badezimmer schon jemand, als er wieder mit Gürtel und Bandana bekleidet herauskam. Meister Splinter hatte den unglücklichen Michelangelo am Nacken gepackt und schleifte ihn in den Nassraum, sobald Raphael draußen war. Der bereits saubere Turtle sah ihnen hinterher und erwartete, dass Splinter wieder herauskommen würde. Aber der schloss die Tür mit seinem Rattenschwanz hinter sich. Wenig später ging wieder die Dusche an und Michelangelos Kreischen drang aus dem Bad.

„Das ist so kalt!“

„Michelangelo! Du stinkst bestialisch. Ich weiß nicht was du gemacht hast, aber ich weiß was du jetzt machen wirst. Duschen!“

„Aber da drin werde ich erfrieren. Kann ich nicht noch auf das warme Wasser warten? Vielleicht bis morgen?“

Darauf folgte ein Geräusch wie von einem Peitschenhieb und erneut Michelangelos Kreischen.

Von dem Geschrei angelockt kamen nun auch Leonardo und Donatello näher und starrten die Tür an.

„Was läuft denn da?“, fragte der furchtlose Anführer breit grinsend und rutschte im nächsten Moment in der Wasserpfütze aus, die sich von Raphaels Füßen langsam um ihn herum ausgebreitet hatte. Er rutschte eine Weile unter wilden Verrenkungen herum, dann gelang es ihm zu springen, sich auf trockenem Grund in den Handstand zu retten und schließlich elegant wieder auf die Füße zu kommen.

„Raph! Wieso trocknest du dich nie ab?!“, fuhr er seinen Bruder an. Raphael zuckte nur unbeeindruckt die Schultern und sah trotzig zur Seite.

„Wieso? Ich bin doch trocken.“, entgegnete er und hatte damit sogar recht. Er war inzwischen tatsächlich getrocknet.

„Wieso? Weil du immer alles volltropfst!“, erklärte der Ältere und zeigte mit gerunzelter Stirn auf die breite Wasserlache zu Raphaels Füßen. Donatello trat neben seinen Bruder in blau und hob lehrerhaft den Finger.

„Ich bin ja schon froh, dass er überhaupt mal geduscht hat. Reinlichkeit ist wichtig für die Hygiene und die Gesundheit, wisst ihr.“, belehrte der Besserwisser und schloss beim dozieren sogar für einen Moment die Augen. Raphael stöhnte genervt und hätte seinen schlauen Bruder gerne über die Pfütze auf die Schnauze geschickt, aber dann fiel ihm ein besseres Argument ein. Er warf sich in Bodybuilder-Pose, ließ die Muskeln spielen und fragte grinsend:

„Ach ja? Und wie nennst du dann das hier? Das nenne ich gesund!“, prahlte er und küsste seinen rechten Bizeps. Leonardo schüttelte abschätzig den Kopf und Donatello nahm den Finger runter.

„Das hat nicht annähernd was mit dem zu tun was ich meine.“, gab er zurück.

In diesem Moment erregte erneutes Geschrei aus dem Badezimmer die Aufmerksamkeit der drei Mutanten und es kam zu einem kurzen Gerangel bis jeder ein Ohr an der Tür hatte.

„Hör auf mit dem Theater, Michelangelo. Ich bleibe so lange hier stehen, bis du sauber bist. Oder muss ich erst reinkommen und nachhelfen?“, hörten sie die strenge Stimme des Senseis.

„Man sollte meinen, wir als Schildkröten hätten nichts gegen Wasser, aber unsere Brüder verleugnen hartnäckig ihre Wurzeln.“, murmelte Donatello zu Leonardo, der den Kampf um das Schlüsselloch gewonnen hatte und schielte dann zu Raphael, der direkt über ihm einen Platz an der Tür gefunden hatte.

„Ach, halt die Klappe, Donnie. Du machst doch nur so ein Geschiss mit der Reinlichkeit, weil du April beeindrucken willst!“, zischte der ungnädig zurück. „Sie steht nicht auf dich, ob gewaschen oder nicht. Kapier' das endlich!“

„Raph!“, zischte Leonardo und trat seinem Bruder gegen das Schienbein. Tausendmal hatte er ihm gesagt, er solle Donatello so etwas nicht sagen. In dessen Blick spiegelte sich nun auch die Wut auf Raphael und sein Schmerz wegen April. Aber Raphael sah das nicht.

„Was?! Stimmt doch! Er schleppt uns jede Woche irgendeine neue Rosenseife und so'n Quatsch an! Das ist abartig!“

In diesem Moment wurde die Badezimmertür aufgerissen und die drei Turtles sahen sich Meister Splinter gegenüber.

„Was ist hier los?“, fragte er gefährlich ruhig. Hinter ihm versuchte der halb eingeseifte Michelangelo aus der Dusche zu schlüpfen, wurde aber von dem langen Rattenschwanz am Fuß gepackt und auf dem Panzer wieder zurück in die Nasszelle geschleift.

Die Jungs sahen sich einen Moment lang an, dann gaben sie Fersengeld in drei verschiedene Richtungen. Splinter schloss die Tür wieder.
 

Beim Abendessen war Michelangelo tatsächlich makellos sauber und roch nach Rosenseife. Raphael erstickte fast bei dem Versuch ihn vor Meister Splinter nicht lauthals auszulachen, weil er befürchtete, dann dasselbe durchmachen zu müssen. Donatello warf ihm die ganze Zeit mörderische Blicke über den Tisch hinweg zu, bis Michelangelo mit dem Kopf in den leer gefressenen Pizzakarton fiel und leise zu schnarchen begann.

„Was habt ihr zwei denn den ganzen Tag getrieben?“, fragte das Familiengenie und musterte den jüngeren Bruder. Leonardo erhob sich.

„Nach Meditation sieht das jedenfalls nicht aus. Ich bringe Mikey mal ins Bett.“

Raphael erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, dass Michelangelo ja die Kraang-Attrappe im Zimmer hatte und kam dem Älteren knapp zuvor.

„Lass gut sein, Leo. Ich wollte eh gerade in die Richtung.“, meinte er möglichst beiläufig, schob sich den letzten Bissen in den Mund und lud sich den Schlafenden auf den Rücken.

„Na komm, Röschen“, murmelte er und musste nun doch lachen. „Nacht zusammen.“, brachte er mit vollem Mund noch heraus, bevor er aus der Küche verschwand.
 

Die Kraang-Atrappe lag in einer Ecke neben der Tür in Michelangelos Zimmer. Der Kleine hatte sie einfach in sein Zimmer geworfen und war dann weiter gezogen, oder er war von Splinter erwischt worden, bevor er sich so dreckig wie er war irgendwo hinsetzen konnte. Raphael lud ihn auf seinem Bett ab. Wie er vorhergesagt hatte waren der Schlafmangel, das Training der letzten Tage und die heutigen Zusatzstunden gegen die Attrappe zu viel gewesen. Ein voller Erfolg. Mit selbstzufriedenem Grinsen wandte er sich zum Gehen und sah Leonardo in der Zimmertür stehen. Das Licht das von draußen herein fiel erhellte nur ein Rechteck des Durcheinanders unter dem der Boden des Zimmers versteckt war. Die Attrappe lag im Dunkeln und der Anführer hatte sie noch nicht entdeckt. Er stand nur in der Tür und sah Raphael an. Der beeilte sich das Zimmer zu verlassen und schloss die Tür hinter sich.

„Was?“, fragte er seinen Anführer verärgert. „Verfolgst du mich jetzt?“

„Du verhältst dich komisch. Heute morgen trittst du erst Donnie an die Wand, dann springst du Mikey an den Hals und verbringst später den ganzen Tag mit ihm in der Kanalisation. Ihr kommt total verdreckt wieder, wollt aber nicht sagen was ihr getrieben habt. Von deinem Verhalten Donnie gegenüber will ich gar nicht erst anfangen! Und jetzt überschlägst du dich fast um Mikey ins Bett zu bringen? Was läuft denn da bei dir?“, fragte er mit gedämpfter Stimmer.

„Bei mir? Was läuft bei dir?“, fragte Raphael zurück und stieß Leonardo den Finger vor den Brustpanzer. „Laufe ich vielleicht dir hinterher und frage dich oder Donnie was ihr den ganzen Tag gemacht habt? Für was hältst du dich?“, schnauzte er.

Aber der Turtle in blau ließ sich davon nicht beeindrucken und antwortete ruhig: „Für den Anführer. Ich muss wissen was mit meinem Team los ist.“

Raphael wäre es lieber gewesen, wenn Leonardo mit ihm gestritten hätte. Dieser besorgte Ernst in seiner Stimme machte ihn wahnsinnig. Er klang genau wie Splinter, wenn sich Raphael als Kind mal wieder übereilt und in Gefahr gebracht hatte. Diese Tonfall stand dem Angeber nicht zu, ob Anführer oder nicht. Darum rempelte er Leonardo wortlos mit der Schulter beiseite und wollte an ihm vorbei, doch der hielt ihn mit der Hand auf dem Brustpanzer zurück.

„Ich will dich doch nicht ärgern, Raph.“, versicherte er und wollte sich erklären, aber der jähzornige Mutant kam ihm zuvor.

„Dann kümmere dich um deine Sachen.“

„Ihr seit meine Sache!“, entgegnete Leonardo nun doch gereizt. Das war viel besser, mit einem gereizten Leo konnte er umgehen. Raphael packte dessen Handgelenk, zog es von seiner Brust und hielt es fest, während er starr in die blauen Augen seines Bruders sah.

„Es ist nichts! Leo. OK? Reg' dich ab!“, knurrte er ihm ins Gesicht, ließ das Handgelenk los und verschwand in sein eigenes Zimmer.

„I c h soll mich abregen?“, hörte er den Älteren noch fragen, bevor er die Tür hinter sich zu warf. Spike, der wieder auf seinem Kissen saß, zog erschrocken den Kopf ein.

Der Turtle in rot ließ sich mit dem Rückenpanzer gegen die Tür fallen und schlug sich beide Hände vor die Stirn.

„Er ist erst seit ein paar Wochen der Anführer und spielt sich schon wie eine Glucke auf! Kann man in diesem Haufen Mutanten nicht einmal was alleine machen?“, grummelte er vor sich hin. Dann nahm er die Hände runter und ließ seinen Blick träge durch das Zimmer schweifen. Spike lugte vorsichtig aus seinem Panzer heraus.

„Hey Spike.“, begrüßte ihn Raphael und kniete sich mit einem Salatblatt, das er vom Regal nahm, vor die Schildkröte hin. Langsam schob Spike den Kopf wieder aus dem Panzer und betrachtete das Blatt.

„Ich muss heute nochmal weg. Es ist wegen Mikey. Es wird wahrscheinlich gefährlich. Es ist wahrscheinlich auch irgendwie leichtsinnig und total überstürzt. Darum muss ich wissen was du davon hältst. Beiß' in das Blatt, wenn du damit einverstanden bist.“



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