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El espadachín secreto

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Meine Lieben,
hier starte ich durch mit meinem 4. Teil.
Weil er sehr anspruchsvoll werden sollte, haben sich gleich zwei Leute bereiterklärt, mir ein bisschen zu helfen.
Danke an Melora für ihre harte Arbeit, den Betareader . Danke an Kay-kun (der ich den Teil jetzt auch widme, immerhin entspang der Titel des Kapitels schon ihr. Und weil es, so glaube ich jedenfalls, ihr Lieblingskapitel ist) für ihre Meinung.

Ich hinterlasse euch jetzt einfach einen Gruß und wünsch euch hoffentlich Vergnügen beim Lesen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben,
ich kann noch nicht zweifelsfrei sagen, wie viele Teile dieses Kapitel haben wird. zwei werden es auf jeden Fall, je nachdem wie zügig ich die Story niedergeschrieben bekomme. Ich habe meinen Plot und den will ich gnadenlos durchziehen.

Der Titel hat übrigens nicht mit dicker Schrift zu tun... es gibt eine Reihe deutsche Wörter, um dieses zu übersetzen und so manche passen zu dem, was ich damit auszudrücken versuche.
(kühn, mutig, tapfer, dreist)
Deswegen habe ich mich für die deutsche Sprache entschieden. Ich wollte meine Fanfiction erst in englisch verfassen, aber die deutsche Sprache ist einfach schöner.

Danke an meinen Betareader Melora und an meine beiden Freunde Kay-kunMayAngel, die es bewertet haben. Eigentlich muss man euch fast schon auch als Betareader bezeichnen :p Danke für die ehrlichen Kritiken, die dazu geführt haben, dass der Text sich doch noch ganz schön verändert hat ^^

Aber jetzt wünsche ich euch erst einmal viel Spaß bei diesem Kapitel. Lasst euch Zeit. Es steckt viel drin. Komplett anzeigen

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Embers of the heat

 

 

In der Stille der Nacht im Jahr 1812, vermochte kein Mucks ungehört zu bleiben. Leid klagendes Stöhnen in der Frühjahrshitze des Landes Kalifornien unterbrach die vorhandene Totenstille. Durch das geöffnete Fenster pustete heiße, trockne Luft, linderte jedoch keineswegs das unangenehme Gefühl, das sich auf dem Körper unter einer Leinendecke niedergelegt hatte. Für gewöhnlich waren die Nächte milde, allerdings nicht in jener Nacht. Es war drückend und Schweiß treibend. Die Hitze staute sich unter der Kleidung. Zum wiederholten Male wandte sich ein Kopf im Kissen, wischte dabei spärlich den entstandenen Schweiß auf der Stirn hinfort. Das hielt er nicht mehr aus, es kam ihm vor, als würde er ersticken. Trocken die Kehle, durstig wie noch niemals zuvor, warf der Blonde die Leinendecke von sich und keuchte einmal.

Wenn das nur sein einziges Problem gewesen wäre, aber dem war nicht so. Schnell ging sein Atem, gewaltsam versuchte sich seine Lunge Luft zu verschaffen, keuchte dabei immer mehr.

Schnell schwangen sich seine Beine aus dem Bett und hingen an diesem hinab. Die Schlafkleidung klebte am ihm wie eine zweite Haut, ein sehr ekliges Gefühl.

Draußen war es so still, dass die berüchtigte Nadel im Heuhaufen hätte fallen können und man würde aus seinem Schlummer hochschrecken gegenüber dem laut wahrgenommenen Geräusch.

Spät war es, trotzdem spendete die riesige Kugel am Horizont soviel Licht, dass eine Lampe überflüssig wurde.

In Vollmondnächten juckte es ihn sowieso die ganze Zeit im Fell. Sehnsüchtig wie ein Vampir nach dem Blut war er dann, mit dem Eifer einer Tollwut, hinauszugehen und etwas zu erleben. Ein packendes Abenteuer. Irgendetwas Spannendes zu tun, jedoch schien das Leben seiner Standesgenossen nicht sonderlich viel für sie bereitzuhalten.

Der Tag war anstrengend gewesen, machte seiner Energie jedoch keinen Abbruch. Er war noch voller Elan, wie auf Rauschgift.

Die Schritte des jungen Edelmannes wurden gehört, aber geflissentlich ignoriert. Unruhiger Schlaf quälte wohl jeden, aber keiner hatte noch Kraft großartig etwas zu tun. Verlangt wurde vom Körper, der sich kraftvoll in die Matratzen presste, nur der erholsame Schlaf nach einem solchen Tag. Nicht so, Diego – der war es schließlich gewohnt, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen, wie anderer Leute den Fliegen, die einem um die Ohren sausten.

Hastig wurde die feucht wirkende Kleidung abgestreift, die wie ein nasser Sack zu Boden fiel, und sich frische angezogen.

Es war nicht das erste Mal und gewiss auch nicht das Letzte, dass er sich des Nachts davonstahl. Voll bewusst war ihm nicht, dass er so manches Mal gehört worden war. Aber mittlerweile nahm er auch ganz unverfroren die Vordertür.

Die Grillen spielten ihre Melodie, klagten ebenso ihr Leid, wie er mit einem Seufzen in der hitzigen Vollmondnacht. Ein klarer Himmel bot sich und tausend Sterne prangten an ebenjenem. Mit einem Blick gen Himmel entdeckte er sie, wie sie wie kleine Kristalle funkelten. Wäre es ein bisschen eher und würde er es nicht so unverschämt finden um diese Uhrzeit bei jemandem aufzutauchen, hätte er bestimmt unter irgendeinem Fenster gestanden, um sich einem nächtlichen Flirt hinzugeben. Beim Satteln des Pferdes in der Scheune jedoch schwebte ihm im ersten Moment ein Sprung in irgendeinen See vor, um sich abzukühlen. Ertragen konnte der junge Herr viel, aber die Hitze ging ihm mächtig gegen den Strich. Sie war einfach nur unerträglich und lästig. Immerhin ersehnten die Farmer den nächsten Regenguss nicht nur wegen dem großen Leid und der Insektenplage, sondern vor allem wegen ihrer Ernte. Das Schicksal war manchmal einfach grausam. Seine Familie würde gewiss bis zum nächsten Regenfall überleben, selbst wenn es das ganze Jahr nicht mehr regnen würde. Im Grunde – Geld genügte, um zu überleben. Mit dieser Erkenntnis ritt der adelige Sohn davon in die Stadt. Verwundert sein würde man aufs Neue. Der faule Sohn auf dem Pferd und das noch zur Schlafenszeit.
 

Geruch von Asche, Wein und einem fetten Schweinebraten machte seinen Streifzug durch die Taverna. Die Holzbänke waren erwärmt und man schwitzte unter dem Hosenboden.

Ein edler Herr warf sich sein weinrotes Jackett über die Schulter und pustete einmal. „Huh“, entfuhr ihm ausatmend und er suchte sich den Platz direkt an der Bar, um der Bedienung am nächsten zu sein. Um seinen schwarzen Hemdskragen war eine altrosa farbene Schleife gebunden. Die rötlich braunen Haare hingen ihm in der feuchten Stirn und er tupfte sie sich einmal mit dem edlen Taschentuch ab, fuhr anschließend zwischen Haare und Stirn.

„Sie wünschen, mein Herr?“, entgegnete die schlanke Dame mit den Anthrazit farbenen Haaren höflich und beugte sich zu dem jungen Mann – circa 20 Jahre alt – vor und ließ diesen ihr üppiges Dekolléte bewundern. Nur kurz blickten die smaragd grünen Augen des Mannes eine Etage tiefer, ehe er seine Bestellung aufgab, die sich zusammen setzte aus einer Flasche Wein und Kartoffeln mit einem ordentlichen Steak, um zu Kräften zu kommen.

„Ey, Wirtin!“ rief es unhöflich von einem Tisch weiter fern, aber im Befehlston. „Wir wollen noch Bier! Pronto!“

Sie stießen auf taube Ohren, denn die Dame war heute Nacht ganz alleine hier. Der Großvater lag mit hohem Fieber im Bett und so war sie auf sich alleine gestellt. Eine junge Frau, ganz alleine mit Rüpeln. Denn kaum etwas anderes bekam man hier zu Gesicht. Da hielt sie sich lieber an den jungen Caballero, der hier zwischen den Bauerntrampeln sofort auffiel.

„Señorita!! Wird’s bald? Bei der Hitze verdursten wir ja!” schellte es erneut herüber und sie stöhnte auf. Die Kerle waren bereits sturzbesoffen und am liebsten wäre es ihr, wenn sie endlich gingen und ihren Rausch ausschliefen. Darauf konnte sie aber lange warten, denn sie wussten einfach nicht, wann sie genug hatten.

Die Frau packte 4 Flaschen Bier auf ein Tablett und ging dann zu ihnen hinüber. Mit einem Rumms stellte sie alles bei ihnen ab und strafte sie mit vernichtendem Blick, der ihren grünbraunen Augen entsprang.

„Also wirklich! Wenigstens zwei Minuten könnt ihr jawohl warten!“ schimpfte sie. Ihre dunkle Mähne hing ihr dabei die Schultern hinab, denn sie hatte sich leicht vorgebeugt und präsentierte den Rüpeln genauso offenherzig ihr Dekolleté wie zuvor dem jungen Edelmann.

„Wer wird denn gleich so zickig werden?“ entgegnete ein bärtiger Mann mit grausigen pechschwarzen Haaren, der keinen Moment zauderte, eins der zarten Frauen Handgelenke zu ergreifen und sie gegen ihren Willen näher an sich zu ziehen. „Schätzchen! Wir sind aber nicht zum Warten gekommen! Sei doch ein bisschen netter zu uns. Wie wäre es?“ Die Arme eines zweiten Bauernsohns, dessen dreckige Stiefel den Schmutz von draußen mit gebracht hatten, umschlangen den Unterleib der Frau.

„Ansehnlich ist sie ja“, sagte er und griff noch ein bisschen tiefer zu den Hüften.

„Werdet ihr euch wohl benehmen? Das geht zu weit!“ Sie versuchte sich den Männern zu entziehen, was einige andere junge Männer von Nebentischen stillschweigend beobachteten. Keinem in der Taverne entging das Szenario, doch der junge Edelmann hatte der Bedienung den Rücken zugewendet und musste erst noch seine Augen auf die Störenfriede richten, weil ihm die Worte der Männer unhöflich und zugleich ungehobelt rüberkamen. Auch ohne es direkt gesehen zu haben, hatte er im Gespür, was als nächstes im Begriff war zu gestehen. Als er die Versuche der hübschen Frau beobachtete sich aus den Fängen der überzähligen Männer zu befreien, verschwendete er keine Zeit und stand mit einem Ruck auf, ehe er ein Wort an die Raufbolde richtete. „Habt ihr es mit den Ohren? Die Señorita bat darum, dass ihr euch anständig benehmt!“

Die hohe Stimme klang zwar im ersten Moment nicht, als müsse man ihren Besitzer ernstnehmen, weil sie jung klang, trotzdem blieb der gefährliche und drohende Unterton nicht verborgen.

„Was mischst du dich in Männerangelegenheiten ein, Früchtchen?“ widerlegte der Mann – mindestens 20 Jahre älter als der Angesprochene – mit den Dreck an den Schuhen und wirkte dabei sehr aufmüpfig.

Mangelnder Respekt führte dazu, dass er seine linke Seite ein wenig hervor schob und mit voller Absicht seinen silbergrau farbenen Degen mit der edlen Verzierung in ihr Blickfeld richtete.

„Weil ich ebenfalls ein Mann bin, aber anscheinend mit besserem Benehmen im Umgang mit Damen glänze.“

„Was weiß ein Grünschnabel wie du schon, wonach Frauen verlangen?“ Demonstrativ wurde die Genannte eng an ihn gepresst, so eng, dass es ihr kurz die Luft abstellte.

Das reichte, um den Edelmann zu entzürnen und ihn seine Klinge ziehen zu lassen.

„Lassen Sie mich los, oder ich schreie!“

„Gehört habt ihr die Dame ja! Sie steht jetzt unter meinem Schutz und wenn es sein muss, schneide ich euch allen die Kehle auf!“ mahnte er weiter.

„Er hat eine Waffe, Fernando!“

„Richtig und die geht mit einem Hieb durch euch alle, wenn ihr die Frau nicht zufrieden lasst!“

„Ihr würdet einen Unbewaffneten töten, Caballero?“

„Oh, Euer Wortschatz fällt aus dem Rahmen eines Bauers – interessant“, äußerte der Angesprochene flink, denn nicht überall glänzten Bauern mit ihrem Wissen über Caballeros.

„Gebt mir ’ne Waffe und ich stopfe sie euch in Euer vorlautes Maul!“ spie der Widersacher des sogenannten Caballero mit polternder Stimme aus.

„Sie wollen einen richtigen Caballero also zum Duell fordern? Äußerst töricht, mein Herr. Aber unnötig, jede Beleidigung gegenüber der Dame gilt auch mir. Dafür darf ich Sie töten. Lassen Sie die Frau also endlich los, oder muss ich tatsächlich ungemütlich werden?“

„BASTARD!“ schrie der Bauer, dessen Hand die der Señorita fest umschlungen hatte. In diesem Moment gab seine zweite Hand ihr einen kräftigen Stoß und brachte sie zu Fall. „Na warte!“

Wie sich anschaulich darbot, wusste auch ein einfacher Bauer sich zu verteidigen, so schien es. Denn augenblicklich zog ebenjener ein langes und scharfes Messer aus seinem Gürtel hervor und stürzte sich auf seinen Kontrahenten. Noch ehe der Caballero schalten konnte, würde er ihm die Kehle durchschneiden, immerhin war dessen Prahlerei und Drohung nichts als heiße Luft.

Die scharfe Klinge wirbelte so schnell wie der Wind in einem glitzernden Bogen herum und traf den Bauern in die attackierende Hand, was sofort den Verlust des Messers zur Folge hatte. Mit einem erstickten Aufschrei krümmte er sich am Boden, haltend die verletzte Hand.

„Wagst du es noch einmal, eine Frau zu belästigen, töte ich dich!“ sprach der Caballero eine weitere Drohung aus, die jetzt wohl aber ernster genommen wurde als zuvor. Immerhin hatte er Geschick in der Führung mit seiner Waffe bewiesen. Außerdem stand der Schreck allen Anwesenden immer noch ins Gesicht geschrieben. Vor allem den Freunden des Verletzten.

„Scheiße tut das weh!“

„Spitze Gegenstände tun immer weh“, entgegnete der junge Mann höhnisch und lächelte zufrieden in sich hinein. „Damit Sie sich nicht grämen müssen, verrate ich Ihnen noch meinen Namen – man sollte ebendiese immer kennen, wenn man schon eine Narbe von einem seiner Gegner trägt.“

Man wurde Zeuge davon, wie sich die Augen aller Anwesenden auf den gut aussehenden Mann richteten, ebenso wie alle Ohren sich spitzten.

„Ich bin Juan de la Cruz, Sohn von Don Luis Antonio de la Cruz! Ich werde die Herrschaften noch eine ganze Weile mit meiner Anwesenheit beehren.“

In diesen stürmischen Zeiten trieben Begriffe wie Ehre, Mut und Männlichkeit erhitzte männliche Gemüter in ritualisierte Zweikämpfe. Es war gewiss nicht die letzte Auseinandersetzung in diesem Pueblo gewesen. Wie der junge Mann einzuschätzen war, würde er keinen Ehrenkampf scheuen. Richtige Ehrenmänner hatte die Landschaft des Pueblo Reina de los Ángeles schon seit langem nicht mehr gesehen. Der Letzte war ein gewisser Señor Zorro gewesen, der in den Reihen der Armee aufs tüchtigste aufgeräumt hatte. Auf diesem Grund und Boden gab es kaum richtige Caballeros, so wie ihn – kein Wunder, dass er sofort bestaunt wurde und zur Hauptattraktion dieser Nacht wurde. Das war eigentlich gar nicht direkt in seinem Sinne gewesen, aber sich darüber ärgern tat er auch nicht. Mit Missmut betrachtete er sich den Degen, als er aus dem Fleisch gezogen worden war, was den nächsten Schmerzschrei aufheulen ließ. Er hasste Blut, vor allem wenn es sein edles Stück beschmutzte. Aus seiner Hosentasche zog er ein riesiges Taschentuch, was allerdings nur einen Zweck erfüllte, wie alle Anwesenden sofort an den vielen Blutflecken die es zierten merkten. Kaum die Miene verziehend wischte er die Klinge hastig ab. Zumindest so, dass der Degen nicht mehr mit Blut verunreinigt war. Die Überreste blieben, bis zum nächsten Erreichen einer Wasserstelle würde es allerdings reichen.

„Zahlt! Und dann verschwindet mit eurem dreckigen Freund!“ befahl der Edelmann den Bauern, die sich rund um ihren Freund versammelt hatten, nur um ihm jetzt vom Boden aufzuhelfen.

„Das wirst du uns büßen!“ sagte einer von ihnen, höchstwahrscheinlich der Jüngste, und schulterte seinen Kumpanen. „Auch Caballeros müssen sich an Regeln halten.“

Die Anderen bezahlten in der Zwischenzeit die Zeche, indem sie einige Münzen quer auf dem Tisch verteilten, indem sie es achtlos hinschmissen.

„Das tat ich“, sagte Juan de la Cruz mit einem süffisanten Lächeln. „Bedankt euch beim Gouverneur dieses Landes, der Edelmännern das Privileg einräumt, Abschaum zu beseitigen, wenn man ihn trifft.“ Genau erläuterte er dies nicht, aber er hatte hier kein Verbrechen begangen, sie durften sogar froh sein, dass er keinen von ihnen abgeschlachtet hatte wie Vieh. Denn auch das durfte er. In dem Moment als sie die Señorita belästigten, durfte er eingreifen und als man ihn attackierte, durfte er sich verteidigen – egal wie das Gefecht auch ausging. Hochmütig besah er die Männer und presste seinen Degen zurück in die Scheide, dabei ließ er seinen Blick auf ihnen verharren. Nur für den Fall, dass sie dem Größenwahn verfallen würden und glaubten, er könne seine Handwaffe nicht wieder so schnell ziehen, wie sie ihn erschlagen könnten. Aber nicht einer traute sich diesen Plan auch nur zu entwerfen, geschweige denn ihn durchzuführen.

Dieser hochmütige Mann war weder geliebt noch geachtet in dieser Stadt, aber dafür bereits von einigen gehasst und gefürchtet. Mit einem einfachen Degenhieb hatte er Eindruck geschindet, das aber am meisten bei der einfältigen Frau, die ihn jetzt mit einem dankbaren Lächeln bedachte – bereits im Hinterkopf wie sie es wohl anstellen konnte, ihn zu verführen. Wie gesagt, Caballeros gab es kaum hierzulande. Gewiss gute Männer, Söhne von Dons – natürlich. Aber einen richtigen Caballero? Einer, der seinen Degen stets bei sich trug und ihn für die gerechte Sache einsetzte, seit Zorros Verschwinden waren diese hier wie ausgestorben. Da war so ein Mann natürlich gleich in aller Munde.

Mit einem forschen Aufschwingen der Tavernentür, die genauso schnell wieder zurückpreschte, waren die unverschämten Bauernmänner in die Flucht geschlagen. Keiner vermisste sie, das war jedoch gewiss.

„Sie sind wohl ein richtiger Heißsporn, mein Lieber.“ Hände legten sich an die Brust des Edelmannes, es waren zarte Frauenhände, auf die er sofort seine eigenen Hände legte. Sanftmütig entfernte er sie von seinem Körper, dabei lächelte er charmant. „Für eine hübsche Señorita würde ich in jedes hitzige Gefecht ziehen und sie mit meinem Leben beschützen.“ Kaum verwunderlich, dass sie ihn schmachtend ansah, wo hierzulande so etwas nicht üblich war. „Das dürfen Sie jederzeit wieder tun, mein edler Ritter.“

Juan bedachte ihre Hand mit einem kurzen Handkuss, hatte aber keine Absichten, wie es für sie vielleicht aussah. Aber dabei war er unglaublich galant, so wie ein wahrer Caballero eben sein sollte.

„Zu gerne würde ich Sie noch einmal in einem solchen Gefecht sehen – dieses hier dauerte nicht sonderlich lange.“

„Stolz darauf bin ich nicht, immerhin war es ein sehr ungleiches Gefecht. Lieber wäre mir ein ebenbürtiger Gegner, wie dieser Schurke – wie war noch gleich sein Name? Zorro, der Fuchs.“ Mit einem geheimnisvollen Lächeln schloss der junge Mann die Augen.

A perfidious plan

 

 

Die lange Mähne des fuchsfarbenen Andalusiers wehte anmutig im Wind. Des Pferdes leuchtendes Fell war samtig weich und trug seinen Reiter wie auf Wolken. So leicht saß der junge Mann im Sattel, ritt wie kein anderer, vergleichbarer Junggeselle dieses Landes. Zu seinem Glück war es finster, bis auf das helle Mondlicht sah absolut niemand die göttlichen Reitkünste des Blondschopfes. Schon als kleines Kind war er sehr wild geritten. So ungestüm wie schon lange nicht mehr galoppierte er mit seinem Pferd über die wüstenähnliche Landschaft. Vorbei zog ein angenehmer, lauer Wind, der allmählich die Hitze ein wenig abflauen ließ. Ein freudiges Strahlen zierte sein Gesicht – endlich konnte er sich wieder dieser Leidenschaft hingeben, dem Reiten.

Seine Stimme heizte dem Ross stark ein, seine Füße ganz locker in den Steigbügeln, gaben dem Pferd nicht gar die Sporen, denn es lief auch ohne heftige Tritte in einer Geschwindigkeit, die kaum ein anderes Pferd toppen könnte. Außer – genau jetzt kommen wir zum Punkt – Zorros Pferd.

Man sagte, es ritt wie der Wind, wurde niemals müde und keiner vermochte ihn je zu schnappen, sobald er auf seinem Reitpferd saß. Die Begeisterung beim Reiten die er ausstrahlte war unvergleichlich. Mit einer Leidenschaft für Pferde im Blut schon seit er vier war. Als sein Vater, der Pferdezüchter seinem einzigen Sohn zum ersten Mal sein eigenes Pferd schenkte; damals war er ein dutzend Mal vom Pferd gefallen, allerdings immer so glücklich, dass er sich nichts brach. Das Glück war dem Aristokraten noch heute hold, schließlich hatte er Gefahren überstanden, Abenteuer bestritten und Gefechte gewonnen, die ihn hätten den Kopf kosten können.

Ein wenig außer Puste war er dann trotzdem, als er beim See angekommen, die Zügel lockerer ließ und vom Pferd, welchem er sofort seine gewohnten Streicheleinheiten zukommen ließ, abstieg. Die Hände des Vega strichen sanft und massierend über das glänzende Fell. „Du hast gute Arbeit geleistet, jetzt solltest du dich ein bisschen ausruhen, mein Freund.“

Nicht weit entfernt, hörte man Plantschen im Wasser und Jubelschreie eines Jünglings. Er tobte im Wasser, obwohl sein Baden nur der Erfrischung diente. Dabei hasste er Baden – gut, eher die stinkende Seife, gegen ins Wasser springen hatte er nichts.

„Bernardo?!“ schallte die Stimme des Älteren hinaus bis zum See und erreichte die Ohren seines Kleinen. Dieser spitzte sofort die Ohren und lachte. „Diego! Los, komm rein!“ Bernardo schwamm näher an seinen selbst ernannten Bruder heran, nur um ihm eine Ladung Wasser entgegen zu spritzen.

„Du meine Güte!“, lachte der Angesprochene, „Bist du etwa nackt ins Wasser gesprungen?“ kam die rhetorische Frage, denn am Boden lagen sämtliche Klamotten des Jungen, von Schuhen, bis Unterwäsche.

„Na und? Es gibt ja kaum Verrückte wie uns, die so etwas in der Nacht machen!“

Gut gebrüllt, Löwe. Es war nichts als die Wahrheit. Solche Dinge fielen gewiss nur ihnen ein. Seit beide Kinder waren, hatten sie wilde Abenteuer erlebt und Unfug getrieben, den sie natürlich immer versuchten geheim zu halten. Sogar eine gewisse blonde Dame wusste nicht von allem, was die beiden Jungs getrieben hatten. Womöglich wäre es ihr auch unangenehm gewesen, es zu wissen. Da existierten eben Dinge, die nur Männer unter sich machten und erwähnten.

Aber sich des Nachts nackt ausziehen und ins Wasser zu hüpfen war selbst für einen Verrückten wie Diego ein Ding der Unmöglichkeit.

„Worauf wartest du? Du bist doch kein Feigling, oder?“ Damit dachte Bernardo seinen Bruder am meisten auf die Palme zu bringen, vor allem mit seinem schelmischen Lachen.

„DAS wirst du bereuen!“ Es war spielerisch gemeint, denn wenn Diego mit etwas umgehen konnte, dann damit Feigling geschimpft zu werden. Ohne große Umständlichkeiten öffnete er sich das weiße edle Hemd, was er in dieser Nacht alleine ohne seine dunkelblaue Weste trug. Auch seine Hose strich die Segel, zusammen mit Stiefeln und Strümpfen. Schon im nächsten Moment spritzte das Wasser zu allen Seiten, vor allem auch in Bernardos Gesicht, als sein großer Bruder zu ihm ins Wasser sprang. Mit einem Satz, der todesmutiger nicht wirken konnte. Das Wasser preschte zu beiden Seiten, mitten ins Gesicht des Jüngeren, danach tauchte Diego unter und kam zwischen Bernardos Beinen wieder zum Vorschein. Sofort ergriffen die Jungenhände den ihm vertrauten Männerkörper und hielten sich an seinen Armen fest. Sie hatten einander unglaublich lieb, beide hätten für den anderen ihr Leben geopfert, nur um die Haut desjenigen zu retten. Trotzdem waren sie nur Brüder dem Namen nach. Blutsverwandt waren sie dadurch, dass sie sich als Kinder beide mit einem Messer Wunden zugefügt hatten, wenigstens um es mit einem Ritual zu besiegeln. Obwohl der kleine Junge stets zur Familie gehört hatte und Diego immer als seinen großen Bruder bezeichnete, würde man sie in der Stadt nie nach dem Bruder fragen. Nach außen hin waren sie nur zwei Freunde.

Beide hatten einen Heidenspaß. Vor allem Bernardo, der für jeden Streich zu haben war, während sein Bruder manchmal einfach zu klug war, um all seine Schandtaten mitzuspielen. Es war etwas Besonderes, dass sie jetzt so kindisch waren. Das gehörte schon fast der Vergangenheit an. Manchmal war der Ältere still, nachdenklich und träumerisch. Bernardo verstand nicht immer, was in seinem Bruder vor sich ging, aber er war mit der Zeit einfach erwachsen geworden. Gerade war davon nichts zu sehen, sie alberten herum und der nächste Platscher ließ nicht lange auf sich warten, denn Diego führte sich auf, als wäre er ein wildes Pferd, was den Rotbraunhaarigen im Anschluss abwarf und dieser schreiend zurück ins Wasser fiel. Diego lachte ihn daraufhin aus, aber diese kleine Mistgurke fackelte nicht lange und rächte sich mit einem Griff an Stellen, die nicht jeder so ohne Weiteres bei ihm anfassen dürfte. Mit einem leicht quietschenden Aufkeuchen, beschwerte er sich bei dem Kleinen. „Du Frechdachs! Das kann ich auch!“

Der Jüngere dagegen klang noch schriller, als man ihm ans Eingemachte ging. „Dir juckt wohl was!“ Obwohl es Spaß war, meinte Diego das auch ernst. Darauf hatte er ja beinahe gewartet. Bernardo war vielleicht im Kopf noch ein Kind, aber körperlich sah es anders aus. Aus dem kleinen Jungen wurde gerade ein richtiger Mann. Noch nie hatte der Rotschopf gewusst, wohin mit seiner überschüssigen Energie, aber in letzter Zeit schlug er noch mehr über die Strenge als die meisten Kinder. Gut, dass sein Vater sich in Sachen Erziehung so gut wie nie einmischte und alles seinem Sohn überließ. Zumal er dessen schlimme Zeiten gar nicht mitbekommen hatte, schließlich hatte er Diego nach Spanien geschickt, wo er seine gesamte Pubertät ungestört ausleben konnte. Den Anzeichen zufolge war Bernardo bereits mittendrin und es war nur eine Frage der Zeit, wann der nächste Bauer ihn jagen würde, weil er irgendeine Bauerntochter unsittlich angefasst hatte. Dabei hoffte Diego noch, dass es nicht Nikita sein würde – das wäre das Dümmste, was er tun könnte. Das Mädchen anzufassen, was er eigentlich tief in seinem Herzen mochte. Wenn er schon Unzucht trieb, dann doch hoffentlich mit einem Mädchen, was Erfahrung hatte. Bereitete es ihm nicht jetzt schon Kopfschmerzen, darüber nachzudenken, dass die Platas stinkreich waren. Bis zu dem Zeitpunkt, dass Bernardo anfangen konnte der jungen Dame den Hof zumachen, hatten sie noch genügend Zeit. Er würde ihm alles beibringen, was der Junge wissen musste, um ein vorbildlicher Caballero zu sein, der bei Eltern Eindruck schinden konnte, dabei würde ihm der Name Vega sicherlich auch zugute kommen. Aber zu dem Zeitpunkt musste er vollständig mit seinem Benehmen glänzen. So wie sein Bruder. Er bemühte sich ja wirklich ihm ein Vorbild zu sein, aber immer ging das nicht. Am Ende würde man ihn noch langweilig nennen. Wohlerzogen, das war Diego durchaus – aber nur nach Außen hin. Schabernack liebte er im Grunde genauso wie der Kleine.
 

Selbst zwei Spinnern wie den beiden Brüdern wurde im See Herumtollen irgendwann langweilig. Nass bis auf die Knochen kämpften sie sich aus dem See und gingen an Land, um sich auf der kleinen Wiese nahe des Ufers auszubreiten. Bei dieser unmenschlichen Hitze würden ihre nassen Körper im Nu trocknen, aber zunächst lagen sie im hohen Gras. Das war nur bedingt klug, direkt am See. Ihnen surrten lästige Mücken um die Ohren, nach denen sie mit den Händen ausholten, um sie zu verjagen. Trotzdem würden sie nicht jede von ihnen erwischen und von den Biestern am Ende verstochen sein.

„Ich muss dich unbedingt was fragen, Diego“, sagte der Waisenjunge plötzlich als sie gerade entspannt im Gras lagen. Diego hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und sah in den Himmel, betrachtete sich die Sterne. „Hm?“

„Also-“, druckste der Junge herum, dabei drehte er sich auf den Bauch und versteckte sein errötetes Gesicht im Grünen. „Erkläre mir doch einmal, warum Mädchen so seltsam sind.“

Aus Diego brach ein schallendes Gelächter heraus, denn er konnte einfach nicht an sich halten bei dieser so ulkigen Frage.

„Wieso denn seltsam? Was findest du an denen denn seltsam?“

Irgendetwas musste ihm passiert sein und sein Bruder war ganz Ohr, weil er es einfach spannend fand. Vor gut zehn Jahren hatte Diego den Älteren ähnlich lustige Fragen gestellt.

„Nie wollen sie sich dreckig machen und wenn wir zum Baden gehen und ins Wasser springen, werden sie ganz merkwürdig. Sie machen das nicht, weil das ungezogen ist. Das ist doch total bescheuert… Und wenn wir sie ins Wasser werfen wollen, fangen wir uns noch eine Ohrfeige ein.“

„Ach herrje – so etwas versucht ihr? Ehrlich, Kleiner“, sagte Diego und wuschelte in den Haaren des Jüngeren, „das macht man auch nicht. Jedenfalls nicht mit Mädchen eures Alters. Alles über 12 ist verboten.“

„Wen juckt es denn, ob es ungezogen ist? Uns ist das ja auch total egal. Schau dir doch als Beispiel Lolita an…“

Diego räusperte sich instinktiv beim Hören dieses Namens und konnte sich einen gemeinen Kommentar nicht verkneifen. „Die hat ja auch einen Knall.“

„Aha~“, sagte Bernardo grinsend, „deswegen passt ihr so gut zueinander.“ Der größte Knallkopf der Nation war für den Jungen eben Diego.

„Hey!“ Der Angesprochene legte den Arm um den Kleinen und zog ihn in den Schwitzkasten, um ihn ordentlich für diesen Kommentar zu bestrafen.

„Hehehehe“, lachte der Junge trotzdem und sah dann direkt zu Diego, der seinen Blick auch auf ihn gewendet hatte. Im nächsten Moment besah der Indianerjunge ihn allerdings schon mit einem sehr ernsten Blick. „Ich finde das alles doof. Früher war alles kein Problem. Jetzt dürfen wir nicht einmal mehr zusammen Spaß haben. Alles wird verboten. Und als ich Nikita dazu anstiften wollte, aus dem Fenster mit uns abzuhauen, war sie total wütend und schimpfte uns Flegel. Früher hat sie auch jeden Unsinn mitgemacht. Jetzt sagt sie immer Sachen wie »Damen tun das nicht«. Wenn das so ist, finde ich Damen ganz schön doof. Dabei würde ich sie schrecklich gerne öfter sehen. Aber das Einzige, worauf sie sich einlässt, ist uns aus der Ferne zu winken. Ihre Eltern sperren sie anscheinend ein wie ein Vogel im Käfig. Findest du das nicht auch total ungerecht? Jungs sperrt man nie so ein.“

„Scheinbar hat sie sich kampflos ergeben. Nicht jedes Mädchen ist so ein halsstarriger Sturkopf wie Lolita. Aber selbst sie fängt an sich ein bisschen zu benehmen. Weil sie sonst keiner heiraten will.“

„Ach was, die hat ja dich. Also muss sie sich darum schon mal nicht sorgen.“

„Sie vielleicht nicht, aber ihre Eltern, die ihre Tochter an den Mann bringen wollen und anscheinend denken, mein Vater hat etwas gegen sie.“

Schockiert und verwirrt sah Bernardo Diego an. „So ein Blödsinn. Oder? Warum machst du eigentlich nicht endlich einmal etwas, um sie aus ihrem Leid zu erlösen?“

Als Antwort begann Diego unschuldig zu pfeifen und ein ganz leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, das aber doch ein bisschen fies wirkte. „Ich lasse sie zappeln wie ein Fisch auf dem Trocknen.“

So viel Gemeinheit hatte er seinem Bruder gar nicht zugetraut und verstand auch gar nicht, warum er so etwas tat. „Das musst du mir jetzt aber erklären.“

„Ein anderes Mal.“

„Ach, sei kein Frosch! Oder bist du gar nicht so sehr in sie verliebt?“

Es entkam ein Leid klagendes Seufzen aus dem Mund des Blonden. „Doch, aber deswegen muss ich noch lange nicht hinter ihr her rennen, als wäre ich kurz vorm Verdursten. Weißt du, es ist so. Wenn Frauen erst einmal ihr Netz um dich gespannt haben und erkennen, dass sie alles mit dir machen können, tanzen sie dir auf der Nase herum. Den Eindruck will ich nicht erwecken. Sie darf ruhig ein bisschen bangen. Außerdem bin ich lange genug hinter ihr her gewesen. Jetzt darf sie mir nachlaufen.“ Dumm nur, dass Frauen das nicht so einfach machen konnten, so wie Männer. Sie musste sich also brav benehmen und hoffen, dass er sie dann endlich erhörte. Diego fragte sich nur, wann ihr die Lust und die Puste ausgehen würde, um zu warten. Dann würde sie gewiss wie ein Fisch am Haken zappeln und er musste nur noch zuschnappen. „Amüsant ist es mit Nichten, wenn ihre großen eisblauen Augen mich anstarren und auf etwas warten, aber nichts passiert. Wahrscheinlich schmollt sie sich die Seele aus dem Leib. Es dauert bestimmt nicht lang“, Diego schmunzelte und lachte leise, „dann meckert sie mit mir!“

„Deswegen bist du verrückt. Was ist so toll daran, wenn diese Ziege meckert?“

„Es gibt nichts Schlimmeres als Frauen, die das Feuer scheuen. Lolita gehört zum Glück zu dem Typ Frau, der das Feuer lieber noch etwas anfacht.“

In Bernardos Augen hatte sein Bruder einen riesengroßen Knall und redete nur dummes Zeug. Er wollte sich doch nur interessant machen.

„Pass bloß auf, sonst kommt wieder so ein anderer Mann daher und will sie dir wegnehmen.“

„Und selbst wenn? Dann habe ich ENDLICH einen legitimen Grund mich wieder zu duellieren. Ich würde ihr auch schnellstens zur Hilfe eilen – dieses Mal jedenfalls.“

„Du bist des Wahnsinns und wahrscheinlich steckt dir der Teufel im Leib, Diego… Und mir verbietest du immer, »den wilden Mann zu spielen«, wie du dann immer sagst. Warum darf ich mich nicht einfach ins Kampfgetümmel stürzen?!“

„Weil man mit seinem Können nicht mehr als nötig prahlen sollte, darum. Das bereitet einem nur Schwierigkeiten. Und weil es nicht so gut wäre, wenn alle erfahren, was ich dir beigebracht habe. Hebe es dir besser für den passenden Moment auf. Du weißt ja, ein wahrer Caballero sollte seinen Degen nur für das Gute einsetzen. Zum Beispiel für Frauen in Not. Das soll aber nicht heißen, dass du nach Frauen in Not suchen solltest.“ Bernardo war zuzutrauen, dass er genau so etwas tat, deswegen sagte man es ihm auch noch.

„Aber mir ist stinklangweilig, Diego! Dir etwa nicht?? Ich habe das Gefühl, Hummeln im Hintern zu haben.“

„Vielleicht solltest du es mit Feldarbeit versuchen. Da denkst du abends nicht mehr an so etwas, weil du todmüde ins Bett fällst. Vater würde das sehr begrüßen und lässt sich dann vielleicht endlich auch einmal breitschlagen, ein gutes Wort für dich einzulegen – und zwar bei Nikitas Eltern.“

„Och nö, dann muss ich die am Ende noch heiraten. Dazu habe ich keine Lust.“

„Willst du das denn nicht?“ In ihr Gespräch war die Ernsthaftigkeit gefahren, wie ein Schwert in einen Körper, um den letzten Lebenshauch auszuhauchen.

„Gott bewahre… Warum sollte ich das wollen? Sie ist total penibel geworden. Außerdem hat sie gelogen!“

„WAAAS?“

„Damals hat sie gesagt, sie will mich später mal heiraten und jetzt findet sie alles an mir doof und will mich erziehen…“

Den Versuch Bernardo zu erziehen hatte leider schon so mancher unternommen, aber wenn jemand damit erfolgreich war, dann jawohl er selbst. Diego beließ es bei einem Lächeln, um das zu kommentieren.

„Ich weiß nicht einmal, ob ich in sie verliebt bin. Woran hast du denn bemerkt, dass du in Lolita verliebt bist?“

„Mhmmmmmm“, machte Diego und schien darüber nachzudenken, dabei schweifte sein Blick ab ins Nirgendwo. Er wusste die Antwort sehr wohl, aber gerade war er zu feige sie zu beantworten. Fair war es allerdings nicht, Bernardo nicht zu sagen, woran man so etwas bemerkte, aber das was in seinem Kopf war wollte er einfach so nicht sagen müssen. Stark zog der Vega Luft ein und entließ sie anschließend als Seufzen. „Das erste Mal dachte ich, verliebt in sie zu sein, als sie mir voller Wonne in die Arme sprang. Mir wurde richtig heiß wie im Dampfkessel und dann donnerte mein Herz wie das schlimmste Frühjahrsdonnergrollen. Allerdings-“, Diego stoppte, riss einen Grashalm neben sich aus dem Boden, anschließend rollten seine Augen zur Seite, um auf seine Finger zu starren. „-gewusst habe ich es, als ich bereit war für sie mein Leben zu geben und keine Gefahr scheute, um sie zu retten. Als ich bewusst in Fallen getappt bin, weißt du?“

Staunend begutachtete Bernardo Diego. „Das würde heißen, dass ich dich auch lieben muss.“

Den leicht traurigen und nachdenklichen Ausdruck in Diegos Gesicht hatte Bernardo jetzt erfolgreich vernichtet und ihm eine überraschte Mimik gegeben. Im Anschluss lächelte er den Kleinen jedoch an und boxte ihm gegen den Arm. „Das ist doch nicht dasselbe! Manchmal träumte ich sogar davon, dass ich ihr halbtot in die Arme sacke und wir uns einer letzten Umarmung hingeben… Ich hatte schon seltsame Träume, was das anging. Aus irgendeinem Grund wollte ich zu einem Zeitpunkt sogar, dass sie um mich weint. Jetzt würde es mich zerreißen, wenn sie auch nur eine Träne vergießt.“

Es war verwirrend, aber spannend zugleich, ihn davon reden zu hören. Bernardo nickte. „Du bist theatralisch.“

„Ich leihe dir eins meiner Bücher, dann siehst du was Theatralik wirklich bedeutet.”

Bernardo verzog angewidert das Gesicht. „Aber bitte nicht diese »wir lieben uns und sterben zusammen« Romane. William Shakespeare muss genauso verrückt wie du gewesen sein. Wie kann man so etwas denn gut finden?“
 

Der Geruch von Kerzen lag im Raum. Spärliches Licht flackerte ringsum in der Nähe des arbeitswütigen Mannes. Immer saß er bis spät nachts in der Amtstube und vollführte seine Arbeit zur vollsten Zufriedenheit. Er lag unter der Kontrolle von Don Luis Quintero, amtierender Alcalde des Pueblo de los Ángeles. In Sachen Arbeitseifer stand er den hart arbeitenden Bauern in nichts nach. Die Kerze war fast bis zum Grund niedergebrannt, solange brannte sie jetzt schon. Bis auf die Wachen war keiner mehr im Dienst. Draußen war alles ruhig wie schon lange nicht mehr. Seine Büroarbeit nahm er genauso ernst, wie den Kampf mit seinem Schwerte. Seine rotbraunen Locken umspielten seine Stirn. Gerade hatte er seinen letzten Bericht zu Ende verfasst und plante seine Arbeit endlich niederzulegen, zumindest für heute Nacht.

Auch er war nicht gefeit gegen die Hitze, jammerte dennoch auch nicht. Obwohl auch er sich danach sehnte, die verschwitzten Kleider abzustreifen.

Als es kurz daraufhin an der Tür klopfte, bat er die Person herein.

Mit einem Knarren sprang die Türe auf und in ihr stand ein großer, korpulenter Mann mit ebenso roten Locken wie sein Oberbefehlshaber.

„Señor, draußen wartet ein edler Herr mit Namen Juan de la Cruz. Er wünscht Sie zu sprechen, Capitán.“ Der junge Sargento sprach ruhig und sachlich, zog die Aufmerksamkeit des Anderen mit den Worten auf sich.

„Mitten in der Nacht ist es – diese Adeligen heutzutage denken wohl, die Armee braucht keinen Schlaf. Schicken Sie ihn zu mir. Er soll sich aber kurz fassen mit seinem Anliegen.“

Hoffentlich war es auch so wichtig wie er Glauben machen will, dass es nicht bis zum nächsten Morgengrauen warten kann.

„Señor, Sie mögen vortreten. Der Hauptmann empfängt sie jetzt“, sagte Gonzales und bat den jungen Edelmann hinein in die Amtsstube, blieb allerdings bei der Tür stehen, als er diese hinter sich geschlossen hatte.

Capitán Jekyll legte seine Feder nieder und faltete die Hände.

„Was kann ich für Sie tun?“ hielt er sich wortkarg und der Neuankömmling setzte seinen Hut ab, der ihn sowieso nur ein wenig vor der Hitze schützen sollte.

„Guten Abend, Señores.“ Juan wollte nicht lange fackeln und sein Anliegen vortragen. „Ich bin auf der Suche nach einem Schurken namens Señor Zorro.“

Gonzales hielt die Luft geschockt an, atmete dabei aber nach einem Moment geräuschvoll weiter.

„Ach? Und was wollen Sie von dem?“

Juan griff mit der Hand zu seinem Degen, streichelte dessen Knauf und lächelte dabei von sich überzeugt. „Man sagt von ihm, er sei ein Künstler auf dem Gebiet des Schwertkampfes. Die Geschichten rund um ihn kursieren bis nach Madrid. Überall ist er in aller Munde. Es vergeht kaum ein Tag, dass man nicht von ihm spricht.“

„Aha.“ Jekyll wirkte wenig beeindruckt von den Erzählungen des jungen Mannes. Wohl kaum war der edle Herr auf irgendwelche Belohnungen angewiesen. Das sah man auf den ersten Blick, ihn zierte die edelste Kleidung, die man bislang in diesem Pueblo zu Gesicht bekommen hatte.

„Ein Mann meines Standes schlägt sich sehr oft mit seinesgleichen herum, aber kaum einer kann mir das Wasser reichen – ohne eingebildet sein zu wollen, habe ich alle meine Widersacher besiegt. Es soll sogar eine Belohnung auf ihn ausgesetzt sein.“

Jekylls Mund verzog sich zu einem Grinsen. „Dafür ist es ein bisschen spät, mein Herr. Wir haben die Verfolgung schon seit geraumer Zeit eingestellt. Wir jagen kein Phantom, dafür haben wir nicht die Zeit. Es gibt Wichtigeres zu tun.“ Mitnichten, Zorro war inaktiv seit einigen Monaten. Warum sollten sie nach jemandem suchen, der sich zur Ruhe gesetzt hatte?

„Wie bitte? Was ist mit all den Taten, die er begangen hat? Soll er mit denen etwa ungeschoren davon kommen?“ entgegnete Juan entsetzt. „Die Liste soll ziemlich lang sein, Señor!“

„Erlaubt mir, mich zu diesem Fall ebenfalls zu äußern, Capitán!“ kam selbstbewusst von Señor Gonzales, der zwar stramm stand, aber auf die Edelmütigkeit seines Befehlshabers baute.

„Reden Sie.“

„Man erzählt sich viele Geschichten über Zorro, aber nicht alle stimmen sie. Man behauptet immer von ihm, dass er viele umgelegt haben soll. Genauso wie, dass er ein anerkannter Feind der Armee gewesen sein soll. Nur wir wissen es besser. Wenn ein Offizier mit gutem Benehmen und Gerechtigkeitssinn glänzte, pflegte Zorro den Kampf mit diesem sogar abzulehnen. Einzig und alleine für die unterdrückten Bauern dieses Landes stand er ein. Sein Widersacher war unser Kommandant, Señor. Ein korrupter und hartherziger Mann, der die Bauern nicht nur mundtot machte, sondern die Steuern nach Gutdünken höher ansetzte, damit er für sich selbst noch etwas abzwacken konnte. Gegen diese Art Ungerechtigkeit hatte dieser Zorro mächtig etwas einzuwenden. Seit unser Kommandant nicht mehr ist, glänzt Zorro mit Abwesenheit.“

„Was plant ihr mit Zorro zu tun, solltet Ihr ihm begegnen?“ fragte Jekyll ohne sich auf Gonzales Worte einzulassen. Widerlegte sie aber auch nicht.

„Ihn in einem ehrenvollen Duell besiegen.“

„Besiegen? Doch nicht etwa durch einem tödlichen Stoß?“

„Natürlich nicht! Es sei denn er benutzt unlautere Mittel.“ Ein richtiger Caballero würde seine Widersacher niemals ohne Grund töten.

Der junge Mann war schlichtweg auf der Suche nach einem ebenbürtigen Gegner, nach einem Abenteuer.

„Vielleicht können wir Ihnen weiterhelfen! Kaum jemand hierzulande kennt Zorro so gut wie wir. Bestimmt finden wir eine Lösung.“

„Aber Capitán! Das ist doch unnötig!“ legte Gonzales ein und fand das überhaupt nicht gut. „Warum schlafende Hunde wecken?“

Die Frage blieb unbeantwortet. „Es gibt da eine Señorita, an die unser werter Zorro sein Herz verloren hat. Er würde sofort für sie einschreiten.“

„Capitán!“ versuchte Gonzales erneut den Älteren zu stoppen, weil er das einfach nicht gutheißen konnte. Sollte das heißen, sie wollen Zorro in eine Falle locken?

„Oh, ich bin ganz Ohr.“

„Señorita Lolita Pulido.“

„Ist sie hübsch?“ fragte Juan und Gonzales schüttelte den Kopf.

„Nein, überhaupt nicht! Kein bisschen!“

„Das obliegt im Auge des Betrachters. Zorros Augen wachen stets über die Dame.“

„Wenn ein Mann sie mit seinem Leben beschützt, muss sie es wohl wert sein“, lachte Juan. „Also sollte ich der Dame wohl den Hof machen, was? Sind Sie sicher, dass der Maskierte dann auch ganz sicher auftauchen würde?“

Gonzales erinnerte sich an die viele Male, in denen die Armee Lolita dazu benutzte, um Zorro zu fangen – jedes Mal war er gekommen, trotzdem schwieg er zu dem Thema. Sie waren doch nicht so schrecklich wie der Kommandant und sein Untermann. Immerhin hatten sie mitgewirkt beide aus dem Verkehr zu ziehen.

„Ihre Eltern haben ihren Kampf mit der jungen Dame. Nicht nur, dass Zorro ihr wildes Herz für sich erobern konnte, sie ist auch noch zu stolz, dem am meisten angesehenen Junggesellen unserer Stadt das Ja-Wort zu geben. Sie kostet ihre Eltern den letzten Nerv mit ihrer Schwärmerei für diesen Bandit. Für ihre Eltern wäre es ein Freudentag, käme ein junger, reicher Herr, um für sie zu werben. Sie würden sofort einwilligen, ihre Tochter mit euch zu vermählen. Beide entstammen dem niederen Adel, wurden allerdings von unserem Gouverneur wegen einer unglücklichen Sache um ihre Besitztümer erleichtert. Vor Jahren gehörten sie zu den reichsten und edelsten Leuten Kaliforniens. Davon ist ihnen nicht viel übrig geblieben. Sie würden mittlerweile jeden Mann akzeptieren, der ein klein bisschen vermögend ist, um aus ihrer Misere herauszukommen.“

„Unverschämtheit!“ echauffierte sich Juan. „Ich bin kein schlichter reicher Schnösel! Ich besitze einen guten Namen! Die De la Cruz gehören zu den Reichsten und Mächtigsten in der Aristokratie von Spanien. Mein Name verspricht gutes Blut, das allerbeste um genau zu sein!“

„Umso besser! Hierzulande gibt es kein vergleichbares Blut, als das der Pulido! Nur die Vegas können da noch mithalten“, lachte Jekyll, „aber der Sohn von Vega schert sich nicht darum, seinem Vater die Bitte zu erfüllen, eine ehrenvolle Señorita zur Frau zu nehmen. Er ist ein Rumtreiber und Drückeberger.“

„Vega?“

„Der Sohn von Don Alejandro Vega. Er besitzt das meiste Land, hat die größte Hazienda und ist von den Bauern mehr als nur angesehen.“

„Verstehe! Und sein Sohn tut, wonach ihm beliebt. Das sind ja Aussichten. Der arme alte Mann.“ Der Blick von Juan senkte sich und seine Augen schimmerten für einen Moment in einen traurigen Glanz.

„Meine Entscheidung steht fest! Ich werde die Familie Pulido besuchen! Auf, dass Zorro sich zeigen möge…“

The fair and honest Señorita

 

 

Erst kurz vor Tagesanbruch war es und ein dichter Nebel zog seinen Schleier über das schlafende Dorf. Die Hitze hatte sich über Nacht nicht verflüchtigt. Besonders wegen der heißen und feuchten Luft von der Nacht war sie bereits wach und erledigte alles Schweiß treibende zuerst. Die kastanienbraunen Haare waren zu einem schlichten Zopf gebunden und ihr Hosenanzug passte wie angegossen. Schon seit ihrem sechzehnten Lebensjahr arbeitete sie alleine in der Waffenschmiede ihres Vaters, der eines plötzlichen Todes gestorben war. Bevor es tagte, wollte sie die am meisten anstrengenden Tätigkeiten hinter sich haben und empfing noch keine Kunden. Da war das ohrenbetäubende Klopfen gegen die Schmiedentür selbstverständlich ein herber Schock. Immerzu hämmerte irgendwer gegen die Tür, obwohl noch nicht aufgesperrt war. Nur wegen des nervtötenden Geräuschs rief sie schließlich hinaus. „Ja doch! Ich komme!“

Eilend ging sie zur Tür, entriegelte und riss sie auf. „Wissen Sie nicht wie spät es ist? Es ist noch nicht geöffnet, Señor!“ Lange war es her, dass die junge Dame einen so barschen Ton an den Tag gelegt hatte, denn sie hatte sich verändert. Der ältere Mann mit dem dichten Bartwuchs sah sie beschwichtigend an.

„Entschuldigen Sie Señorita Alicia. Ich wollte einer der Ersten sein, damit ich auch als erstes rankomme. Es eilt müssen Sie wissen. Ich brauche dringend Ihre Hilfe.“ Der tiefstimmige Herr schloss die Tür hinter sich, denn er wollte nicht belauscht werden. „Es ist für einen guten Zweck! Ich will mich jetzt auch für die Gerechtigkeit einsetzen, so wie – nun ja, sie wissen schon, dieser Held Zorro. Deswegen möchte ich, dass Sie mir eine Fechtwaffe anfertigen. Das ist doch kein Problem, schätze ich? Dem jungen Vega haben Sie ja auch einen Degen gemacht, stimmt’s?“

Ganz große Klasse! Vielleicht hätte Diego es nicht gleich über die gesamte Plaza brüllen sollen!

Ihre Lippen verzogen sich zu einem lieben Lächeln. „Tapfere Männer wie Sie braucht dieses Land!“ Natürlich war Alicia skeptisch. Die Bauern forderten gerne alles Mögliche, aber selbst etwas tun, das machten nur die Seltensten. „Aber wen genau wollen Sie denn bekämpfen, Señor? Ist es nicht sehr ruhig da draußen? Sogar Zorro ist arbeitslos geworden.“ Direkt stimmte das nicht, denn die Armee hatte immer alle Hände voll zu tun, um das Land vor skrupellosen Banditos zu schützen. Aber er mischte sich nicht ein, solange das Militär seine Arbeit ordentlich machte. Sie auch nicht.

„Alicia! Ich bat Sie darum, mir einen Degen herzustellen. Können Sie es, oder nicht?“ Der Mann wollte nicht darüber reden, wofür genau er so etwas benötigte und das war immer mit Argwohn zu deuten. „Ich stelle keinem Bauer so etwas Gefährliches her, ohne den Anlass zu erfahren! Sonst schlagen sich einfache Leute hier bald die Köpfe ein! Es ist doch keine Rebellion gegen die Armee im Gange, oder?“

„Señorita!“ Jetzt wurde der Herr ungemütlich und griff sich das Mädchen am Kragen und schüttelte es einmal. „Sie machen mir eine Waffe! Ich zahle gut dafür! Hinterfragungen unerwünscht! Seien Sie lieber froh, wenn es Männer gibt, die Waffen benötigen, sonst würden Sie schon lange nichts mehr zu essen haben!“

Ihre kobaltblauen Augen funkelten gefährlich. „RAUS!“ Sie scheuerte dem Mann kräftig eine, gerade in dem Moment als die Tür erneut aufsprang.

„Hallo Alicia, tut mir leid, dass ich-“ Die Worte blieben dem jungen Mann im Halse stecken, als er die leicht angehobene junge Frau zusammen mit dem viel kräftigeren Kerl ausmachte und das ihrer Hand Klatschen ihn noch zucken ließ.  Ach du meine Güte…

„Wir waren noch nicht fertig, Vega! Komm später wieder! Es ist geschlossen! Das hier geht dich nichts an!“

„Wer wird sich denn gleich so aufregen?“ Beschwichtigend hob Diego die Hände, dabei ignorierte er geflissentlich den unhöflichen Tonfall des Bauern ihm gegenüber – wie gut dass er nicht kleinlich war so wie andere Menschen seines Standes –  und lief auf beide zu, legte ganz behutsam eine Hand auf den Oberarm des Größeren. „Jetzt lassen Sie erst einmal die Dame los!“

Aber jene Hand wurde sofort mit einem Ruck wieder gelöst und eine andere gegen seinen Brustkorb gestemmt und dem jungen Mann wurde ein deftiger Schubs verpasst, der ihn von den Socken haute. „Verzieh dich endlich!“

Jedes Mal aufs Neue musste man mitansehen, wie der junge Edelmann nicht für voll genommen wurde – wenn die nur wüssten, sie würden vor Angst schreiend vor ihm weglaufen…

„HEY! Sie können eine Frau doch nicht so behandeln!“

„Ach, und du willst was dagegen machen? Ich lasse mir doch nichts von einem halben Hemd sagen, was seine so genannte Freundin nicht einmal im Griff hat!“

Aber viel tun musste Diego danach gar nicht, da trat Alicia aus, sie nahm den direkten Weg gegen das Schienbein und platzierte einen zweiten Tritt direkt in seine Weichteile, was den Griff um ihren Kragen sofort löste.

„Da hast du, was du verdienst, du Scheusal!“

Natürlich musste ein junger Herr wie er einer Dame zu Hilfe eilen, so wenig sie diese Hilfe auch benötigte, wenigstens den Schein wahren sollte man.

Holla, die Waldfee, da bekommt man es ja mit der Angst zu tun. Selbst Lolita würde keinem Mann wagen dahin zu treten… Diese Erkenntnis war doch erschreckend, aber seit er klar darüber philosophieren konnte, fand er solche Frauen mehr als unterhaltsam. Es war also keine Frage mehr, ob er Alicia mochte oder nicht.

„Haben Sie sich etwa wehgetan?“ fragte Diego fürsorglich mit einem Lächeln und erhob sich. „Soll ich Ihnen helfen? Sie nach draußen begleiten?“

Jetzt tu doch nicht so freundlich…

„Ich brauch deine Hilfe nicht! Das büßt du mir, du elendes Weib! Ich komme später wieder, wenn dein Beschützer nicht mehr da ist!“ Der Sprechende krümmte sich und schleppte sich unter Schmerzen nach draußen.

Diego drehte den Kopf zur Tür und hörte noch draußen das leise Fluchen des Mannes. Wenige Männer konnten mit willensstarken Frauen umgehen, ohne einen Tobsuchtsanfall zu erleiden.

„Oh weh, er sinnt nach Rache! Sieht so aus, als muss ich etwas länger hier bleiben.“

„Blödsinn! Ich werde auch ein zweites Mal mit ihm fertig! Kein Grund sich Sorgen zu machen.“

Beide lächelten einander an und Alicia fiel daraufhin sofort etwas ein, deswegen rannte sie hektisch zu einer kleinen Ecke, wo sie die fertigen Waffenstücke platziert hatte und zog eine Waffe hervor. „Nicht schlecht, was?“ Stolz präsentierte sie Diego die von ihr hergestellte Waffe, um die er sie noch gebeten hatte und derjenige begutachtete schließlich das gute Stück mit einem bewundernden Blick.

„Gar nicht übel! Ganz und gar nicht! Die Waffe soll ein Geschenk sein, weißt du? Ich bedanke mich recht herzlich bei dir! Und bezahlen werde ich auch gleich.“ Diego holte unter seiner Weste einen Beutel Münzen hervor und Alicia stand im nächsten Moment mit offenem Mund da, zu groß war der Schock über die Summe. Sofort richtete sich ihr Blick mit dem gleichen ungläubigen Gesicht auf Diegos, dieser nickte nur zustimmend.

„Aber Señor“, sagte sie sanft aber bestimmt, „das ist viel zu viel Geld.“

„Ich kenne den Wert einer guten Waffe. Das hier ist eine.“

Der junge Mann legte den Beutel auf ihrem Tisch ab.

Überglücklich strahlte sie ihr Gegenüber an, am liebsten wäre die junge Frau ihm überstürzt um den Hals gefallen, aber sie wusste, was sich gehörte. Dennoch hatte sie ein Problem damit so viel Geld zu akzeptieren. „Ihr Vater wäre nicht so begeistert, wenn Sie sein Geld für so etwas ausgeben, da bin ich sicher. Die Hälfte tut es auch, oder?“

Diego ergriff gerade in dem Moment als sie nach dem Geldbeutel fassen wollte, höchstwahrscheinlich um ihn an ihn zurückzureichen, das Handgelenk der jungen Señorita und hielt sie so von ihrem Vorhaben ab.

„Nein!“ Der Blonde blieb konsequent und ließ auch nicht sofort ihr Handgelenk los, dabei blickte er mit seinen eisblauen Augen direkt in ihre kobaltblauen. Sofort schien das eisige Blau in das Meer von Kristallen einzudringen und sie gierig zu verspeisen. Alicia, deren Hand sich verkrampft hatte bei seinem festen aber schmerzfreien Griff, lockerte sich jetzt ein wenig. So direkt hatte sie ihm noch nie in die Augen gesehen und in dem Moment war es einfach um sie geschehen. Feststellend erkannte sie, dass seine Augen einfach unübertrefflich waren.

„Wenn du etwas brauchst, komm zu mir. Du bist mir der liebste Kunde.“ Wie unglaublich liebevoll sie in diesem Moment mit ihm sprach, bemerkte die Dame nicht.

Ein Schmunzeln huschte über Vegas Lippen – er verstand vollkommen, was sie damit ihm zu sagen versuchte. „Gerne. Bestimmt fällt mir auf dem Weg nach Hause noch etwas ein.“ Seine Stimme klang sanft und ein bisschen ertappte er sich doch, dass seine Augen und seine Stimme zweifellos in Flirtstimmung waren.

Ganz schnell raus hier, Diego, sonst geschieht ein Unglück…

Ihre Hand fiel kraftlos gegen ihre Seite, als Diego so jetzt aus heiterem Himmel losließ. Die Schmiedin umfasste ihr Handgelenk, was er gehalten hatte, und war noch zu fassungslos über diesen Moment als dass sie ein Wort an den jungen Mann richten könnte.

Alicia wirkte ein bisschen abwesend und er wedelte mit dem Degen vor ihrer Nase. „Du musst ihn mir einpacken, sonst wird dieser Naseweis nicht viel von seiner Geburtstagsüberraschung haben. Er soll ihn nämlich noch nicht zu Gesicht kriegen.“

Ihr Gesicht war feuerrot und ein bisschen erschrocken zuckte sie schon als Diego sich noch einmal mit einem Wunsch an sie wendete. „Oh, einpacken! Oh, mache ich! Sofort!“ Hektisch wurde die Dame und drehte sich herum, so ganz Herr ihrer Sinne war sie noch nicht, aber sie nahm den Degen schnell an sich, dabei drehte sie sich kaum wieder zu ihm herum und packte ihn sorgfältig ein.

Was für ein wunderschöner Morgen, den erlebt man selten… Vergnügt lächelte sie ins Blaue hinein und reichte ihm dann mit einem freudestrahlenden Lächeln das Werkstück.

„Auf bald, Diego!“ Der Angesprochene nahm die Waffe entgegen und schmunzelte ebenfalls, jedoch ein ganzes Stück dezenter als das Mädchen.

„Wir sehen uns.“

Mit diesen Abschiedsworten, die ohne Zweifel ein baldiges Wiedersehen versprachen, drehte er sich herum und ging. Vor der Tür noch war er glücklich hergekommen zu sein und jetzt mit seinem Geschenk nach Hause zu können. Der wird ja Augen machen. Das letzte Florett hat er erfolgreich im Kampf gegen mich zerstört, weil er so wild damit umgesprungen ist. Er ist eben noch nicht feinfühlig genug für so etwas. Der hier wird bestimmt länger leben.

Bei ihr herrschen ganz andere Gefühle vor. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte ein Mann ihre Hand gehalten und dann noch so einer. Sie vermochte gar nicht zu verstehen, was genau gerade mit ihr von Statten gegangen war, aber das war ihr gerade auch einerlei. Die Freude, jedes Mal, wenn er ihre Schmiede betrat, war immer sehr groß. Wahrscheinlich war sie für ihn wie so viele Frauen, die seinen Weg kreuzten, bestimmt hatte er unheimlich viele Verehrerinnen, die so wie sie ihm zum Opfer gefallen waren. Welch ein Ärgernis. Und ausgerechnet die, die du magst, scheint überhaupt nichts zu kapieren…

 

Auf dem Weg durch die Stadt liefen zwei junge Edelmänner mindestens zweimal aneinander vorbei, ohne den jeweils anderen auf irgendeine Weise zu realisieren. Diego weil er immer noch mit Bestaunen seines Geschenkes beschäftigt war und Juan, weil er die einfachen Bauern beobachtete. Er befand sich auf dem Marktplatz und erkundschaftete die Stände. An jedem Stand ließ er ein paar Centaros. Natürlich schenkte er keinem etwas, das hätten sie wohl auch sicher nicht so berauschend gefunden – nein er kaufte, von jedem. Am Ende musste er seine Ausbeute in die Taverne bringen, wo er für die Nacht untergekommen war. Unter seinen Errungenschaften war auch Schmuck. Er besah ihn – nichts als Schrott, fand er. Ein edler Herr wie er kannte sich mit so etwas aus. Schmuck, gemacht aus Eisen, so etwas trugen die einfachen Leute. Höchstwahrscheinlich beleidigte er die Frau, die hinter der Theke stand auch, aber er ging lächelnd auf sie zu und hielt ihr eine Kette unter die Augen. „Ein Geschenk! Ich dachte, dieses Schmuckstück ziert Sie, Señorita.“

Erstaunt holte sie tief Luft, schmachtete den gut aussehenden Mann an und ließ sich sogleich die Kette anlegen. Er war ja erleichtert, dass sie ihren Ansprüchen genügte.

Jetzt schenke ich einer einfachen Frau schon Schmuck! Aber was soll ich denn damit? Ich kaufte es, weil die Leute das Geld bitternötig haben…

Juan begab sich kurz darauf zu seinem Zimmer und war froh, dass die Sonne nicht in dieses schien und er so von der Hitze ein wenig geschützt war. Er legte sich aufs Bett und dachte darüber nach, wie er als nächstes vorgehen sollte. Denn eines hatte er, Zeit.

Eine junge Frau, die hübsch ist, sollte doch keine Probleme damit haben, sich einen Mann zu angeln. Womöglich will sie das gar nicht. Es gibt seltsame Frauen. Ob sie wohl auch in den Bandit verliebt ist? Vielleicht plant sie ja mit ihm davon zu laufen. Das wäre ein gutes Theaterstück. Romeo und Julia vielleicht? Ach, das ist herrlich. Bestimmt werde ich Spaß haben, diesen Gauner ein wenig zu ärgern.

Im Großen und Ganzen wusste er ja noch nicht einmal, wie sie ausschaute und trotzdem wollte er um ihre Hand anhalten. Vater wäre begeistert. Oder auch nicht? Eine verarmte Adelige. Bestimmt würde er das wieder nicht gut finden. Da kann sie noch so edles Blut besitzen. Er hilft armen Leuten nur sehr ungern aus Miseren. Im schlimmsten Fall mag ich sie dann noch. Aber eine Frau, die sich widersetzt und anstrengend ist, das ist nichts für mich. Wenn ich zuhause bin, will ich meine Ruhe haben und kein aufmüpfiges Weib, was mir andauernd widerspricht.

 

Nicht nur Diego war in aller Frühe auf in die Stadt gefahren, lange vor der Mittagshitze. Auch zwei hübsche Damen waren gemeinsam unterwegs.

Beide hatten einen Mantel umgelegt, um ihre Haut vor den Sonnenstrahlen zu schützen.

Sogar in den frühen Morgenstunden waren die ersten Sonnenstrahlen etwas was sie nicht ausgesetzt sein wollten. Die Frühjahrssonne war fast noch tückischer als die im Sommer. Man neigte dazu, sie allzu schnell zu unterschätzen. Sogar einen Hut hatten sie aufgesetzt, weil sie auf dem Marktplatz zeitig einkaufen wollten. Immer noch hatten sie den Großteil ihrer Dienerschaft entlassen müssen, weil sie einfach nicht mehr das Geld dazu hatten, um sie bei sich zu beschäftigen. Gerne hätte Catarina eine erfahrene Frau eingestellt, die ein wachsames Auge auf ihre Tochter Lolita warf. Das Sorgenkind der Familie hatte ja schon so oft bewiesen, dass sie so manche Regel gerne brach. Dabei musste die Ältere eigentlich still sein, denn sie war keinen Deut besser. Schließlich war sie über zwanzig Jahre verheiratet und himmelte trotzdem Zorro so sehr an, dass sie behauptete, er würde ihr gehören. Doña Catarina hatte sowohl ihrer Tochter Lolita als auch Diego vertraut, dass sie sich anständig benahmen und sich ihrem Stand entsprechend zu beherrschen wussten. Vor allem vom ruhigen Diego war sie mehr als schockiert. Sie hatte diesem Feigling nicht zugetraut, dass er Hand an ihre Tochter legen könnte, dabei übertrieb sie natürlich maßlos in der Beschreibung, was genau vorgefallen war. In ihren Augen war es gefährlich, einen jungen Mann wie ihn einfach machen zu lassen, zu bauen auf seinen Edelmut, dass er sich schon zu zügeln wusste. Es war eine glatte Unverschämtheit, was er sich angemaßt hatte, eine Tochter aus gutem Hause mit einer solchen Respektlosigkeit zu behandeln. Statt endlich mal zur Potte zu kommen und anständig wie es sich gehörte um ihre Hand anzuhalten. Seitdem hatte die Hausherrin jeglichen Kontakt der Beiden unterbunden. Wenn der gnädige Herr Lolita wirklich liebte, dann würde er sich die Sache durch den Kopf gehen lassen und je mehr er sie vermisste, umso besser. Vielleicht wurde er dann endlich entscheidungsfreudiger. Catarina glaubte, dass es einfacher war einen jungen Mann seines Alters zu manipulieren, wenn sie ihm einfach gleich alles entsagte. Sollte er doch die Fassung verlieren vor Sehnsucht… Bis ihm keine andere Möglichkeit mehr blieb, als sie entweder ganz zu verlieren, oder endlich den Schneid aufzubringen, bei ihnen vorzusprechen. Aber von der schnellen Sorte war der Herr wahrlich nicht. Sie wusste auch nicht, was plötzlich in ihre Tochter gefahren war. Niemals hätte ihre Mutter für möglich gehalten, dass sie gerade bei Diego so etwas Dreistes mit sich machen lassen würde. Zwar hatte sie durchaus bemerkt, dass sich die beiden einander angenähert hatten, aber mit so etwas rechnete man doch nicht. Das war ihr noch nie untergekommen, so etwas Unverfrorenes von einem ruhigen Mann wie ihm. Dass Diego besser wusste, was sich gehörte, davon war die dunkelblonde Frau ausgegangen. Es waren wohl sämtliche Pferde mit ihm durchgegangen. Spaß konnte er sich gern woanders holen, aber nicht in ihrer Familie. Das duldete sie nicht. Leider war es nicht beim bloßen Ausschimpfen geblieben. Gleich am nächsten Tag hatte sie Alejandro auch gleich mitgeteilt, dass sich Diego unmöglich aufgeführt hätte und sie so etwas nicht mehr erleben möchte. Der war natürlich wie vom Donner gerührt. Seitdem herrschte wahre Eiszeit. Sie war sehr gespannt, wie lange der Gute das aushielt. Da hatte sie auch klipp und klar gesagt, sie hätte nichts dagegen, dass er Lolita heirate, aber davor wurde nicht genascht. Davon versprach sich die Adelige natürlich, dass der Herr endlich den Hintern hochbekam, aber bisher hatte er nichts dergleichen getan. Ihre Mutter verstand sowieso nicht, was in die Kinder gefahren war, so etwas heimlich zu tun. Natürlich sah Lolita auch gar nicht ein, auf ihre Mutter zu hören – so wie immer – da musste sie eben härtere Geschütze auffahren. Jetzt durfte sie eben gar nichts mehr. Nicht alleine von zuhause weg, so wie sie es gewohnt gewesen war – kurzum, es gab kaum eine Möglichkeit ihn irgendwo alleine zu treffen. Dem diesem Früchtchen traute sie durchaus zu, dass er sich nicht an das Verbot hielt. An sie heran gemacht hatte er sich schließlich auch, dazu fehlte ihm dann wohl nicht der Mut. So etwas konnte sie nicht durchgehen lassen, da musste sie doch handeln, oder? Für sie stand fest, dass so etwas kaum von ihrer Tochter ausgegangen war. Diese musste man ja eher schlagen und treten dazu, auch nur sich mit dem Gedanken anzufreunden, Diego zu akzeptieren. Es ergab für die Doña einfach keinerlei Sinn. Außer dass ihre Tochter wütend, eingeschnappt und verletzt gewesen war, weil Señor Zorro mit Abwesenheit glänzte und wohl nicht die großen Gefühle für sie hegte, wie sie zunächst geträumt hatte.

Hach diese romantische Jugend heutzutage.

Entweder war er genauso ein Feigling, oder einfach gar nicht so vernarrt in Lolita, als dass er unmaskiert sich mal auf gefährliche Pfade begeben hätte. Jeder in dieser Stadt würde den erstbesten Mann für Zorro halten, sollte er die Pulidos besuchen, um vor Lolita niederzuknien. Trotzdem hatte sie etwas Dergleichen sicher erwartet. Um ehrlich zu sein, es war eine romantische Illusion, auf die ihre Tochter wohl ernsthaft gebaut hatte. Aber ein Mann wie Zorro, der hatte sicher Gefallen daran, der ein oder anderen Dame den Kopf zu verdrehen. Inklusive ihrer Wenigkeit, wofür sie sich ehrlich gesagt doch entsetzlich schämte, ganz anders als ihre Illusionistin von Tochter. Die Gram musste groß sein, dass sie sich sogar von Diego küssen ließ und sich nicht einmal wehrte – und das hatte sie allzu deutlich gesehen. Seine frechen Lippen hatten nämlich länger als eine Sekunde auf Lolitas gelegen. Eigentlich fand sie es ja positiv, dass dieser Weiberheld eben nicht bei ihnen aufgetaucht war. Die Vorstellung, ihre Tochter an einen Bandit zu verlieren fand sie dann doch nicht so gut. Eine Einstellung, die sie mit ihrem Mann Carlos teilte, der Diego am Ende eben doch besser gefunden hatte, weil er wenig Ärger bedeutete. Er neigte keiner Gefahr zu, würde nicht eines plötzlichen Heldentodes sterben. Zorros Leben hatte stets am seidenen Faden gehangen.  Sie alle wollten nur ein glückliches und zufriedenes Leben führen, ohne Gefahren, ohne Ängste aushalten zu müssen.

Catarinas Hand schlang sich um Lolitas Handgelenk, als sie auch nur den Anschein machen wollte, sich ein bisschen mehr von ihr zu entfernen. Die Tatsache, dass Diego Vega nicht weit von ihnen entfernt auszumachen war, trug mächtig dazu bei, dass sie ihre Tochter ganz besonders fest hielt, von der sie schon wusste, dass sie am liebsten hingerannt wäre.

„Benimm dich! Du rennst mir nicht zu ihm hin, verstanden? Eine Dame rennt doch nicht hinter einem Mann her! Der Mann rennt gefälligst hinter der Frau her und macht ihr anständig den Hof, so wie es sich gehört. Und damit meine ich nicht, dir Worte ins Ohr zu hauchen und dich zu irgendwas zu verführen.“ Lolita wusste ganz genau, was ihre Mutter damit sagen wollte. Es war seine Aufgabe, zu ihnen zu kommen. Noch nicht einmal auf dem Markt war es ihr nun erlaubt, sich ihm anzunähern, dabei war es doch harmlos gewesen – oder? Sie verstand die Engstirnigkeit ihrer Mutter kein bisschen, ebenso wenig wie ihre Strenge, die sie jetzt bewies. Auf der anderen Seite wusste auch Lolita, dass man keinem Mann nachrannte, das hatte sie bisher auch nie für notwendig gehalten. Er war immer ganz brav hinter ihr her gerannt und hatte alles für sie getan. Diese undankbare Aufgabe, das Warten.

Willst du uns jetzt etwa ignorieren? Oh bitte! Ist er jetzt allen Ernstes beleidigt? Was geht nur in diesem Kerl vor? Das kann nicht sein Ernst sein!

Ganz genau sah die Blondine, dass ihr Jugendfreund den Blick auf sie gerichtet hatte und wie er gleich darauf die Arme verschränkte. Was leider vielsagend war.

Ich kann es nicht fassen! Was für Machtspielchen treibt ihr miteinander? Und wieso soll ich darunter leiden? Jetzt beweg dich gefälligst hierher! Wenigstens grüßen kannst du wohl, oder? Und ich dachte wirklich, du hast all deinen Stolz verloren, als du in deine Rolle geschlüpft bist. Anscheinend aber doch nicht. Wieso fällt dir ausgerechnet jetzt ein, Stolz zu besitzen? Würde?

Aus der Tavernentür kam Gonzales, der beide Damen ebenfalls sichtete und ihnen mit einem Handgruß einen guten Morgen wünschen wollte, während Diego weiter bockig nur zu ihnen rüber starrte, was er dann auch bemerkte. „Du hier? Ist es nicht ein bisschen zeitig für dich um in der Stadt zu sein? Stimmt was nicht zwischen euch?“

„Ich bin verärgert!“

Gonzales verstand nichts von dieser Materie und schon gar nichts davon, was in Diegos Kopf war, obwohl er es gerne gewusst hätte. „Verärgert?“

„Ich kann nicht ausstehen, wenn man mich unter Druck setzt. Und gerade das wird hier auch gespielt. Aber nicht mit mir, da beißen die mir aber auf Granit. Wer bin ich denn?“

Gut Miene zu bösem Spiel nannte es sich, lächelnd zu Doña Pulido und ihrer Tochter hinzusehen und ihnen einen schlichten Handgruß zu schenken.

„Muss ich das verstehen?“

„Doña Pulido möchte die Sache vorantreiben, indem Sie uns beide beeinflussen“, erklärte Diego. „Ihnen dauert unsere Freundschaft zu lange. Sie wollen lieber, dass wir hurtig den Bund der Ehe eingehen. Deswegen dürfen wir uns jetzt höchstens auf 100 Meter entfernen ansehen. Toll was? Wären wir irgendwelche Bauernkinder würden wir des Abends einfach davon laufen, uns leidenschaftlich im Heu lieben und erst dann heiraten, wenn ein Unglück passiert ist. Aber wir sind in den Genuss gekommen, leider einen guten Namen zu besitzen, dessen Ehre zu wahren ist.“

„Davon verstehe ich nichts, aber nicht jeder Bauer benimmt sich so ungebührlich. Das muss ich widerlegen, denn ich würde so etwas keinem Mädchen antun. Denk doch nur an die Ehre der Señorita.“

„Mann und Frau ist nicht vergönnt, eine schlichte Freundschaft  zueinander zu pflegen. Nein, wo denken wir hin? Ihnen ist vorbestimmt, entweder gar nichts zu pflegen oder zu heiraten. Waren Sie je mit einer Frau einfach nur befreundet? Ich leider schon ein Dutzend Mal.“ Es klang, als würde Diego das überhaupt nicht jucken, aber ehrlich gesagt war es ihm lästig. Rechtfertigungen für so etwas. Nur leider ist es nicht so einfach wie es aussieht. Ich wünschte mir gerade einfach, dass ein anderer die Dreckarbeit macht, um ihre Hand anzuhalten, dann kann ich eingreifen. Aber so. Die Leute würden doch sonst was denken. Turteltäubchen spielen können wir auch nicht in der Öffentlichkeit. Das käme viel zu unerwartet. Sogar ihre Mutter war total entsetzt und erbost. Wenigstens weiß ich jetzt, dass man mir NICHTS zutraut. Rein gar nichts. Schneller ist nicht gleich besser. Wahrscheinlich denkt ihre Mutter tatsächlich, dass man mich erpressen kann. Es ist nichts anderes. Entweder du heiratest sie, oder du tust gar nichts mit ihr.

Gonzales hörte das bis aufs Äußerste genervte Seufzen, was er von Diego bekam. „Freundschaft? Darüber würde ich mir aber Gedanken machen. So etwas geschieht doch sicher nicht grundlos! Du hast doch nicht etwa irgendetwas bei ihr probiert, oder?“ Aus heiterem Himmel, ihnen den direkten Kontakt zueinander zu verbieten, sah den Pulidos gar nicht ähnlich. „Vielleicht solltest du dich einfach endlich einmal trauen“, flüsterte er in Diegos Ohr.

„Es geht nicht ums Trauen – das sind schlichte Machtspiele.“

„Ich glaube, dass es Lolita sehr beeindrucken würde, wenn du mal ein bisschen Mut hättest. Das wollte sie ja immer.“

Es ärgerte Diego, jetzt umso mehr. „Wenn Sie mir nicht zuhören, Sergeant Gonzales, können Sie es auch lassen, so zu tun als würden Sie es.“ Der junge Mann drehte um und ließ Gonzales stehen, der so überhaupt nicht verstand, worauf Don Alejandros Sohn hinaus wollte. Dieser lief zwar seines Weges, aber Gonzales stürzte ihm hinterher. „Was meinst du damit denn schon wieder? Ich habe dir doch zugehört.“

„Aber anscheinend nichts verstanden.“ Wenn man Diego zugehört hatte, wieso zum Teufel sagte er immer noch, ihm würde der Mut fehlen? Es ging hier um etwas völlig Anderes. „Es geht darum, dass unsere Freundschaft geduldet war, solange es den Anschein machte, dass sie in einer Heirat endet. Anscheinend fürchtet sich ihre Mutter davor, dass ich mich nicht an Abmachungen halte. Das ist eine haltlose Unterstellung. Sie bestraft mich, indem sie uns den Kontakt untersagt. Ich soll nämlich nur brav tun, was die Herrschaften wollen. Das gefällt mir nicht.“ Immer noch hatte Diego die Arme verschränkt und beobachtete die beiden Frauen aus den Augenwinkeln. Ohne näher heranzugehen, sah er auch ihre Versuche ihm Blicke zu schenken. Er fragte sich dabei die ganze Zeit, wie verzweifelt sie werden musste, dass sie aus ihrem Gefängnis ausbrach, um sich hemmungslos in seine Arme zu stürzen. Bisher war sie jedenfalls brav, das war sehr schade.

„Manchmal muss man auch ein bisschen von seinem Stolz einbüßen, wenn es die Liebe zu einer Dame erfordert. Bisher glaubte ich eigentlich, dass sie dir wichtig wäre. Ist dem nicht so?“

„Wirke ich gleichgültig?“

„Andernfalls würdest du etwas unternehmen. Vermisst du sie nicht?“

Furchtbar… ich vermisse sie furchtbar. Aber hinrennen? Jetzt sofort? Niemals.

Als Antwort bekam der Sergeant Schweigen, was ihn seufzen ließ. „Und was machst du, wenn Zorro auftaucht, um sie zu seiner zu machen? Zuschauen?“ Es gab nichts Schlimmeres in dieser Welt, als diese Vorstellung in seinem Sinn. Er schätzte, was der Bandit getan hatte, aber es wäre schrecklich, Diego leiden zu sehen. Wenn er jetzt noch kühl war, dann doch nur, weil er nicht mit dem Rücken zur Wand stand.

Die Frage klang lustig, deswegen entkam dem Angesprochenen auch sogleich ein Lachen. „Ich halte Zorro nicht für dämlich. Sollte er auftauchen, wird die Armee ihn doch sofort festnehmen. Und das nur für eine Frau. So blöd ist kein Mann.“

„Ach, darauf baust du? Na dann unterschätze nicht die Macht der Gefühle. Bisher war Lolita diesem Bandit wichtig genug, dass er immer zu ihrer Rettung eilte.“

Davon will ich jetzt so gar nichts hören, das weiß ich selbst.

Ein klein wenig zu beschwichtigen wäre nun ganz gut. „Das sehe ich anders. Er ist zu jedermanns Rettung geeilt, sollte es auch nur im Ansatz nach Ungerechtigkeit stinken.“ Natürlich war das eine Ausrede, ein bisschen Gesicht wahren war sicherlich nicht verkehrt.

Zu ihrem Leidwesen mussten sie mitansehen, wie ein junger und gut aussehender Herr sich den beiden Damen näherte, was aber Diego nicht aus der Ruhe brachte, ganz im Gegenzug Gonzales, der sofort einen schockierten Gesichtsausdruck annahm. Seine Augen erfassten die des Mannes, der zwar noch nicht wusste, wie Lolita aussah, aber das vielleicht dummerweise gleich spitzbekam. Immer noch fand er diese Idee nicht gut und für einen Moment wollte er seinen vorlauten Mund aufmachen. Aber in der Vergangenheit hatte er sehr viel Ärger bekommen. Es ging hier gerade schließlich darum Zorro in eine Falle zu locken – aber er konnte das einfach nicht gutheißen!

„Gott steh mir bei!“ flüsterte er und zog damit eigentlich nur die Aufmerksamkeit Diegos auf sich.

„Was ist los?“

Ertappt zuckte der dickere und schielte ängstlich zu Diego hinüber. „Nichts, nichts!“

Nach nichts sieht das nicht aus! Was macht dich jetzt schon wieder so nervös?

Es war ja so, dass Gonzales schnell nervös wurde… Er sah zu dem Älteren und folgte dessen Blick, da fiel ihm der junge Mann auch auf. Seiner Kleidung zur Folge hatte er Geld im Übermaß – schlimmer wahrscheinlich noch.

„Kennen Sie den Mann? Er scheint mir neu in der Stadt zu sein.“ So wie immer versuchte Diego natürlich etwas aus Gonzales herauszubekommen.

Da stinkt etwas, drei Meilen gegen den Wind…

 

Juan ging seines Weges. Die beiden edel gekleideten Leute waren ihm zwar aufgefallen, aber in dem Moment war es nicht so, dass man ihm genügend Beschreibungen überlassen hätte, dass er Lolita spielend leicht erkannt hätte. Sie fiel ihm auf, anhand ihrer etwas vornehmeren Kleidung, ebenfalls dass sie mit ihrer Mutter unterwegs war. Lolita hatte ihn ebenfalls gesehen und machte artig Platz, damit er an ihnen vorbei konnte. Es waren flüchtige Blicke, die sie teilten – aber großes Interesse wirkte anders. Er muss neu in der Stadt sein. Reich sieht er aus…

Neutrale Gedanken, aber ihre Mutter strahlte gleich übers ganze Gesicht. „Ein edel aussehender Herr, findest du nicht, Lolita? Und jetzt freundlich lächeln.“

Ich glaube es nicht…

Die Tochter kannte ihre Mutter und wusste, was sie ihr damit mitteilen wollte. Sie sollte den Herrn Anlächeln, ihr gutes Aussehen würde den Rest machen. Meinte sie es so?

Jetzt, nachdem man es so gesagt hatte, versuchte Lolita den Blick des Mannes zu meiden, damit sie ihm ja nicht auffiel.

„Diego starrt immer noch in unsere Richtung“, frohlockte Catarina, „vielleicht solltest du ein bisschen mit dem jungen Mann flirten? Vielleicht gibt ihm das einen Ansporn.“

Bitte was? Das kann ja nicht ihr Ernst sein! Das mache ich ganz bestimmt nicht. Das erlaubst du mir also? Es ist unglaublich… Aus Liebe einen Mann küssen, verbietest du, aber fremde Männer bezirzen ist plötzlich okay. Ich fange an zu verstehen, wie du Papa herumbekommen hast. Bestimmt war er furchtbar verzweifelt, weil du mit ihm spieltest, indem du ihn erst angeflirtet hast und dann hast du ihn wie Luft behandelt, damit er dich erobern kann.

Lolita spürte, wie ihre Mutter ihr Handgelenk fester ergriff und sie anschließend hinter sich herzog, direkt in die Richtung des Mannes.

„Guten Morgen, Señor! Ich habe Sie hier noch nie gesehen“, suchte sie sofort das Gespräch mit dem Mann, während sich Lolita entsetzlich für ihre aufdringliche Mutter schämte. „Seid Ihr auf der Durchreise, oder plant Ihr länger in dieser Stadt zu bleiben?“ fragte sie und Juan, der sich jetzt angesprochen fühlte, nahm seinen Hut ab und verbeugte sich vornehm, was man sonst nur am spanischen Hofe zu sehen bekam. „Einen wunderschönen guten Morgen, die Damen! Ich bin geschäftlich hier, werde allerdings eine ganze Weile in dieser Ortschaft bleiben. Mein Name ist Juan de la Cruz! Dürfte ich die ihren Namen erfahren? Ist die reizende junge Dame Eure Tochter, Señora?“

„Oh gewiss!“ Doña Catarina lachte hinter vorgehaltener Hand und nahm Lolitas Schultern und schob sie direkt vor sich. „Mein Name ist Doña Catalina Pulido“, sagte sie und sofort regte sich etwas in Juans Gesicht, ein klein wenig Überraschung spiegelte sich in seinen Augen wider.

Ich kann mein Glück kaum fassen…

Diese Stadt war klein und hatte kaum 500 Bewohner, da war es natürlich nur eine Frage der Zeit, dass sie sich begegnen würden.

„Das hier ist meine Tochter, Señorita Lolita Pulido“, stellte sie ihre Tochter auch gleich vor – und das ganz besonders gewitzt, indem sie gleich offenbarte, dass sie ledig war.

Kann sich bitte ein Loch auftun und ich werde verschluckt, bitte!!

Lolitas Blick ging zu Boden und Juan wunderte sich darüber doch ein wenig. So zurückhaltend habe ich mir die Dame nicht vorgestellt…

„Freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen, Señorita Lolita“, sprach Juan sofort in einem äußerst charmanten Ton und ergriff die Hand der jungen Schönheit, welcher sofort die Luft im Hals stecken blieb, als seine Hand ihre ganz vorsichtig und sanft in seine nahm und unweigerlich ihre Augen hochschnellten und auf seine attraktiven Smaragde trafen. Gut aussehend, charmant und wohl auf den ersten Blick liebenswert. Jetzt falle nicht auf so etwas herein! Er scheint edler Herkunft zu sein. Sie sind alle gleich. Nett, zuvorkommend, charmant.

„Die Freude ist ganz meinerseits“, sagte sie höflich und beobachtete ihn ganz genau. Am liebsten wollte sie auf der Stelle ihre Hand wegziehen, aber ihre Mutter würde sie für solch ungebührliches Verhalten sicher bestrafen, wenn sie schon wollte, dass sie Diego zur Weisglut brachten.

Das wird ihn kaum jucken, Mama. Für wie einfältig hältst du ihn?

Es kam wie es kommen muss, der galante Herr küsste ihren Handrücken, für eine zehntel Sekunde vielleicht, aber es war ihr mehr als unangenehm, dass Diego anscheinend zusah. Sofort nahm sie ihre Hand runter und wollte ihm nicht mehr als notwendig zu nahe kommen.

Diego glaubte, ihn tritt ein Pferd. Die Unverschämtheit, mit der Lolitas Mutter einen fremden, edlen Herrn anredete, schockierte ihn ja beinahe. Nicht nur das, sie präsentierte ihre Tochter wie eine Kuh auf dem Basar. Sie schreckte wohl vor gar nichts zurück, um ihn zu ärgern. Er fühlte sich geärgert, sehr sogar. Das war doch alles gegen ihn gerichtet. Damit wollte sie ihn nur unter Druck setzen.

„Ich glaube, ich platze gleich.“ Die Art und Weise wie Mütter ihre Töchter an den Mann zu bringen versuchten, hatte ihn schon immer angewidert. So ähnlich hatte man auch ihm Mädchen vorgestellt, die Hoffnung der Mütter hatte er in deren Augen gesehen. Catarina stellte Lolita mit dem Stolz einer Edeldame vor, das entging ihm zweifellos.

„Hast du was gesagt, Diego?“ fragte Gonzales stichelnd, denn bis eben hatte Diego den Gleichgültigen gespielt, jetzt wollte er schon platzen? Das war amüsant.

Einen Teufel würde er tun, sich einzumischen. Lolita verstand es sehr gut, Männer abblitzen zu lassen, die ihr nicht zusagten. Seine Freundin lebte die Überzeugung, eines Tages aus Liebe zu heiraten und das Wissen, dass sie ein Leben an seiner Seite wünschte, ließen ihn ruhig genug bleiben, um nicht vor Zorn aufzuschreien. Aber man sah ihm zumindest an, dass es ihn nicht kalt ließ.

„Hätten Sie wohl Lust uns des Weges zu begleiten, Señor? Edle Männer trifft man bei uns eher selten.“

„Mit Vorliebe, meine Damen.“

Ihre Mutter ist wirklich verzweifelt…Wenn sie schon einen Wildfremden direkt auf der Straße anspricht…

Lolitas Gesicht sah nicht aus, als wenn sie besonders begeistert war. Es stimmte also, dass sie nicht den Wunsch hatte, möglichst bald in den Hafen der Ehe einzulaufen. Für einen kleinen Moment tat es ihm sogar Leid, dass er dieses Spiel spielte.

So unglückliche blaue Augen. Sollte ich wohl ein schlechtes Gewissen haben, so mit ihr zu spielen?

Juan lächelte und sagte sich, dass er wenigstens ehrlich bleiben sollte. Keine Lügen. Aber sein Vorhaben stand immer noch. Er würde sich ihrer annehmen und es ihr nicht leicht machen, ihn abzuweisen. Aber ein bisschen erhoffte er sich das. Enttäuscht wäre der Edelmann, wenn sie es ihm am Ende doch einfach machen würde. Bestimmt wünscht sie sich schon jetzt, dass ihr Held auftaucht, um sie zu erretten? Ich darf es jetzt keinesfalls überstürzen…

 

Die Tage zogen ins Land wie der erste Frühjahrssturm. Wirbelte Staub auf, endete in einem heftigen Regenguss und hinterließ nichts als Chaos und Dreck. Aber ein Gutes hatte es. Kühlte erhitzte Gemüter ein wenig ab. Brachte einige Leute wieder zu Verstand. Aber die heftige Gerüchte Glut die zu lodern begann breitete sich aus wie ein Lauffeuer.

Wer die Gerüchte wie Salz in die Wunde streute war offensichtlich. Weder Gonzales, noch Jekyll mussten viel tun, ebenso wenig wie der junge Juan de la Cruz. Alles lief wie geschmiert und in einer Selbstverständlichkeit ab, dass sie am Verstand der guten Dame zweifelten. Von der Amtsstube, wenn sich gerade einmal die Gelegenheit bot, beobachteten Sie Doña Pulido, die in den höchsten Tönen von dem Fremden schwärmte. Sie könnte ihre Tochter auch gleich einem Wolf zum Fraß vorwerfen, jedenfalls machte sie den Eindruck, sich nicht allzu sehr zu sorgen.

Mehrere von den jungen Damen kamen mit Juan selbst ins Gespräch und auch sie mussten erkennen, dass er ein feiner Herr war, der durch seine Wohlerzogenheit glänzte, wie andere mit frisch gewachsten Schuhen. Bald behandelten die Frauen ihn wie einen regelrechten Fürsten. Mit Diego wurde nie so umgesprungen, wobei es ihm nicht weniger zustand, als dem jungen Aristokraten. Nicht viel Zeit verging, da wussten alle Mütter von reichen Töchtern, wie vornehm der Herr wirklich war, wie viel Geld er besaß und das allerschlimmste, dass er nicht nur der Sohn eines Dons war, sondern sein Name tatsächlich gutes Blut versprach. Den Namen De la Cruz hatte man in der Vergangenheit schon einmal gehört, was aber nur die Ältesten des Dorfs wussten.

„Etwas an dieser Sache behagt mir nicht. Wir wissen überhaupt nicht, unter welchem Antrieb der junge Herr in die Stadt gekommen ist. Ich würde Sie bitten, Gonzales, die Sache ein bisschen besser im Auge zu behalten. Schnappen Sie sich einen jungen Soldaten und stellen Sie ihn ab, um ein Auge auf die Familie zu haben. Ich möchte nicht, dass irgendwem etwas zustößt. Einfach so einem Fremden zu vertrauen. Ihn ins Haus einzuladen. Das ist äußerst töricht. Was wenn der junge Mann lügt? Das wäre ja immerhin möglich, oder nicht? Was gibt uns die Garantie, dass er am Ende auch Wort hält? Er könnte genauso gut eine Rechnung mit Zorro offen haben und ihn am Ende töten.“

„Das fällt Ihnen jetzt ganz plötzlich ein? Ich war von Anfang an nicht begeistert von der Idee, aber nie hört jemand auf mich. Aber ich bin froh zu hören, dass Sie noch so viel Altruismus besitzen, sich um einen Bandit zu sorgen.“

„Blödsinn! Um diesen Bandit muss sich keiner sorgen! Ich sorge mich eher um das Wohl einer Dame!“ fuhr Jekyll seinen Untermann an und dieser zuckte.

„Habe nie etwas gesagt! Entschuldigen Sie!“

Wie man es drehte und wendete, auch wenn er es leugnete, er war besorgt um denjenigen, mit dem dieser Juan ein Gefecht führen wollte.

Und Gonzales – der hatte einfach nur Mitleid mit Lolita, die so benutzt wurde, um ihn zu fangen. Hoffentlich doch fiel sie nicht auch noch auf den Scharlatan herein. Bestimmt war er, Sergeant Gonzales, der Einzige hier – sogar sehr offensichtlich – der diesen Juan überhaupt nicht mochte…

Die ruhige Zeit verschaffte ihnen Spielraum, auch für Nachforschungen. Die Räuber rund um ihr kleines Dorf waren nicht sonderlich zahlreich. Nur ab und zu versuchten sie sich an reichen Familien, um sie zu bestehlen. Man hatte alles ziemlich gut im Griff und vielleicht war es sogar die Langeweile, oder gar die ausgestandene Hitze, die ihr Gehirn so weich gekocht hatte. Dass sie zu so etwas griffen für ein bisschen Spaß.

Wenigstens hielt sich der Bandit an Abmachungen. Gewarnt hatte man ihn – es ja nie wieder zu wagen, sich in ihre Angelegenheiten einzumischen.

Auch am heutigen Tag noch hatte Jekyll genau in Erinnerung, wie Zorro auf diesen Vorschlag reagiert hatte. Mit dem dreisten Grinsen eines Lausejungen. Solange Ihr Eure Arbeit gut macht, Jekyll, sehe ich mich nicht dazu gezwungen mich irgendwo einzumischen. Ich vertraue Euch und Eurem Edelmut. Ich bin nicht dafür da,  um Ärger zu machen, sondern um diesen zu verhindern. Ich überlasse Euch die Stadt und die Sorge um all ihre Belange. Sollte mir aber Unlauteres zu Ohren kommen, dürfen Sie mit meiner Wenigkeit erneut rechnen.

Frech war der Kerl ja schon immer gewesen, mit dem Charme eines Flegels aber den idealistischen Absichten eines nach Gerechtigkeit sinnenden Edelmannes.  Er schien einsichtig zu sein und hielt sich brav daran. Er hatte Zorro ziehen, nicht nach ihm suchen – kurzum ihn zufrieden sein lassen. Weil es zu diesem Zeitpunkt das Beste gewesen war.

Aber nun, was wenn es so weit war? Wenn man ihnen berichtete, er sei aufgetaucht? Das entschied man dann aus guten Gewissen heraus.

 

Durch die Gerüchteküche mit ihrem salzigen Beigeschmack gab es kaum ein Ohr, was die Ereignisse nicht gehört hatte. Aber man traf auch auf taube Ohren, die sich nicht um so etwas scherten – dem Anschein nach. Aber es brodelte ganz gewaltig im Bauch des jungen Mannes. Er ließ sich nichts anmerken, jedenfalls hielt er sich für so schlau. Dennoch gab es Menschen, die sehr wohl den Zorn in der sonst eher besonnenen Person bemerkten. Zum Beispiel an der Art und Weise wie er heute auf sein Pferd aufstieg und mit welchem Eifer er dieses zum Galopp brachte, statt sich wie gewohnt Zeit zu lassen.

 

Don Juan war bei den Pulidos zum Frühstück, zum Mittagessen und sogar zum Abendessen. Kaum eine ruhige Minute hatte man noch im eigenen Haus. Nahezu ständig hielt die Hausherrin ihre Tochter dazu an, dem jungen Mann doch die Zeit zu versüßen.

Wie wäre es mit ihm den Tag zu versalzen, Mutter?

Allein der Umstand, dass sie es so gesagt hatte, ließ die Mutter auf Granit beißen. Zwar war Lolita nett zu ihm, mehr jedoch nicht. Genauso wie er bisher immer nur nett zu ihr gewesen war – ein wahrer Edelmann. Nicht selten lag ihre Mutter ihr in den Ohren, sie solle doch nicht töricht sein und sich den Mann mal etwas genauer ansehen, vielleicht wäre ja eine Partie möglich. Zwar hatte es Tage gedauert, aber irgendwann platzte die junge Dame.

„Was soll denn dieser Unfug? Willst du dich vielleicht über uns lustig machen? Verbietest mir, auch nur auf 10 Schritt entfernt ein Wort mit Diego zu wechseln und nun so etwas! Schickst mich ohne Begleitung mit diesem FREMDEN in die Stadt! Keine Frage ist er galant, aber reicht es nun nicht langsam mal? Auch wenn du es so empfindest, er ist kein stück edler als Diego! Das ist deine Traumwelt!“ Sie verschränkte die Arme und wirkte bockig. „Ich werde doch nicht mit diesem Mann flirten, nur weil er dir so gut gefällt! Mach nur so weiter und eines Tages stürze ich mich aus dem Fenster!“

„Du bist ja nicht bei Trost, Kind. Willst du mir etwa drohen? Vorsicht, junge Dame! Wir haben hier das Sagen, das scheinst du wieder einmal zu vergessen!“

„Genieße du doch die Gesellschaft von dem Herrn und am besten bitte ihn gleich um ein bisschen Geld – das ist doch im Grunde alles was dich interessiert! Ich bin auf meinem Zimmer!“ Wutentbrannt drehte sich die impulsive Tochter herum und stampfte die Treppe hinauf, ließ der besorgten Mutter nur ein Seufzen aus der Kehle entspringen.

„Wie bitte? Hast du jetzt komplett den Verstand verloren? Ich bin besorgt um dich, Tochter!“ Doña Catarina stand auf und starrte ihrer wütenden Tochter nach, von welcher sie Unrecht ihr gegenüber empfand. „Du bist im Grunde selbst schuld! Hättest du von Anfang an auf mich gehört, wäre Diego nie auf dumme Ideen gekommen! Weil du dich einfach nie benehmen kannst, deswegen hat auch er sich nicht benommen! Was glaubst du eigentlich, was die Leute von uns denken? Wir sind zum Gespött aller geworden! Sich einem Bandit in die Arme zu werfen, ist eine Sache, aber aus Trotz am Ende auch noch den Sohn von unserem Freund Alejandro so zu beleidigen, geht schlichtweg zu weit, junge Dame! Ihn so auszunutzen!“

Es war ein böses Missverständnis und wohl wollte ihre Mutter ihr Dinge entlocken, die sie nicht bereit war ihr zu sagen. Wie beispielsweise wie lange schon dieses Spiel gespielt worden war. Jedenfalls hatte es den Anschein, dass sie ihr sowieso nie glauben würde.

Aber im Affekt ihrer grenzenlosen Wut drehte sie sich herum.

„Komm mir nicht so, Mutter! Diese Nichtigkeit wird von jedermann aufgebauscht! Absolut gar nichts ist gewesen! Nichts! Nada!“ Lolita gestikulierte wild mit den Armen von der Treppe aus. Es wurde so laut im Haus, dass die beiden Diener, die noch draußen für sie arbeiten alles mitbekamen, inklusive der Nachbarschaft, die natürlich sofort lange Ohren machte. Es war ja sonst viel zu ruhig in dieser Gegend. „Wenn du zur Abwechslung mal die Augen aufmachen würdest, die wie gewöhnlich Zorro anhimmelten, hättest du vielleicht etwas eher bemerkt, was in deiner Tochter vor sich geht. Aber nein! Wer im Glashaus sitzt, sollte nie mit Steinen werfen! DU bist Zorro genauso in die Arme gesprungen! Das finde ich viel schlimmer! Als verheiratete Frau noch so etwas zu tun! Sei lieber froh, dass dir Vater anscheinend genügend Liebe entgegen bringt, um dir das nicht ewig nachzutragen! Im Gegensatz zu dir sprang ich Zorro niemals in die Arme, als Diego in der Nähe war! Das könnte ich ihm nie antun!“

Mal davon abgesehen, dass das sowieso nie möglich gewesen wäre, hätte ich das nie getan… Gott, armer Papa…

„Du unverschämtes Mädchen! Du wirst endlich gehorchen!“ Mehr fiel der jungen Mutter daraufhin auch nicht mehr ein, sie war zu entsetzt, dass ihre Tochter wie immer kein Blatt vor den Mund nahm.

 

Don Carlos war außer Haus, deswegen saß Catarina mit ihren Sorgen kaum eine halbe Stunde später im Salon und genehmigte sich einen Schluck Wein, weil sie sonst all das kaum ertragen hätte. Dieses halsstarrige Mädchen mit ihrem unbändigenden vorlauten Mundwerk. Noch nie hatte sie so etwas erlebt, dass eine Tochter so mit ihrer Mutter sprach. Bestraft fühlte sie sich, mit einem so ungehorsamen Mädchen, wo sie doch alle nur das Beste für sie wollten. Sie war undankbar, schließlich hatten sie ihre eigensinnige Tochter noch lange nicht aufgegeben. Beim sich Betrinken, kam ihr Diener und beäugte Catarina kritisch und dann besorgt. Es war noch früh am Abend, kurz vor dem Abendessen und sie wollte sich betrinken. Das gehörte sich auch nicht für eine Frau.

Entspannt saß sie da nach den ersten zwei Gläsern Wein, als Don Juan gerade in Begleitung von einer der Dienerschaft  in den Warteraum geleitet wurde. Er wurde auf Catarinas Anweisung hin  daraufhin vorgelassen. Höflich hatte er seinen Hut erneut abgenommen. „Doña Catarina, Teuerste“, sprach er die Hausherrin an, bedachte ihre Hand mit einem Kuss beim Niederknien und gab sich wirklich die allerhöchste Mühe, die ein Mann sich machen konnte, um der Mutter zu gefallen. Diesmal wollte er mehr tun, als Zeit mit der Familie verbringen. Seinen Plan vorwärts bringen. Wie es sich gehörte, wollte er seine Aufwartung machen, erst bei der Mutter der Dame, dann bei der Dame selbst. Schon ganz zu Anfang hatte er bemerkt, dass alle Entscheidungen von der Frau im Haus ausgingen, die lediglich ihre Pläne dem Mann mitteilte und er diese nur noch einmal absegnete. Genau so eine Frau wollte der junge Herr eigentlich überhaupt nicht für sich gewinnen. Da würde er bald Reißaus nehmen.

Obwohl Juan die Familie benutzte, um an Zorro herankommen zu können, hatte er sich überall umgehorcht, was die Pulidos anging – egal wie wenig er ernsthaft in diese Sippschaft einzuheiraten plante, war er wissbegierig, auch um sich angemessener verhalten zu können.

Don Carlos schien ihm wirklich nicht so besonders hell, was seine Geschäfte anging. Die Nachbarschaft hatte ihm mitgeteilt, dass er nicht sonderlich angesehen sei, weil der Hausherr sich horrende Summen von anderen Großgrundbesitzern geliehen haben sollte. Das war doch etwas, was man ausnutzen konnte. Er würde seine Hilfe anbieten und dafür Anerkennung und Dankbarkeit ernten. Außerdem konnte er die Eltern damit unter Druck setzen, wenn er ihnen schon half, dass sie ihm auch halfen. Nicht selten half er selbstlos, aber diesmal weil er sich etwas davon versprach. Dankbare Damen ließen sich besser beeinflussen. Je mehr er also von den Herrschaften wusste, umso besser konnte er agieren.

Beide saßen also im Salon und unterhielten sich zunächst über Belangloses. Auch Catarina zeigte Interesse an seiner Lebensgeschichte, vor allem seiner Abstammung und all die Dinge, die eine adelige Familie vor der Akzeptanz eines Herrn eben wissen wollte.

Juan erzählte Catarina vom schönen Spanien, ihrem großen Anwesen, das sie dort besessen hatten. Von den Weinreben, aber ebenso, dass er nach Kalifornien gekommen war, weil es dicht besiedelt war von edlen Familien, so wie die Ihre. Damit sammelte er sofort Pluspunkte, als er ihren guten Namen lobte. Catarina war einfältig genug, sich von Juan einlullen zu lassen, dass sie – er ging jedenfalls davon aus – wohl am liebsten selber mit ihm durchgebrannt wäre an stelle ihrer Tochter.

„Apropos, meine Familie. Vater ist General in Mexiko und brachte mich aus Spanien mit, damit ich ihn unterstützen kann. Er hätte zum Beispiel nichts dagegen, wenn ich schleunigst eine Verbindung einginge, mir also eine Frau vom gleichen Stand wie der Unsere suchen würde, Señora. Ich mag nicht um den heißen Brei reden, das ist nicht meine Art. Schon seit einigen Tagen ist mir aufgefallen, dass Eure Tochter ganz meinem Geschmack entspricht. Hättet Ihr wohl etwas dagegen, wenn ich Eure Tochter umwerben würde? Es wäre mir eine große Ehre“, sagte er zwar sachlich, legte sich aber auch gefühlsbetont die Hand auf die Brust. Dann nahm er erneut die Hand der Doña und setzte einen leichten Handkuss auf diese.

„Oh, damit rechnete ich jetzt nicht. Und ich möchte Sie auch nicht entmutigen, mein Herr.“ Versucht sich klug auszudrücken, überlegte sie, welche Umschreibung wohl nicht zu negativ war, um ihre Tochter zu beschreiben. „Lolita ist ein sehr schwieriges Mädchen, mit hohen Ansprüchen an ihren zukünftigen Gatten“, hörte man sie auch von draußen reden. „Sie ist nicht so einfach zu beeindrucken, aber meinen Segen habt Ihr, Don Juan. Seit auf der Hut und überstürzt nichts. Das wäre gar nicht gut. Gebt ihr bloß nicht das Gefühl über ihr Leben bestimmen zu wollen. Versucht aufmerksam zu sein, mein Herr. Wenn Ihr Euch geschickt anstellt, könnt Ihr vielleicht ihr Herz gewinnen. Lügen Sie meine Tochter um Himmels Willen nicht an, nur um den Anschein zu erwecken, sie sei das wunderbarste Wesen auf Erden. Gott bewahre. Weniger ist mehr. Mit etwas Geschick könnten wir vielleicht doch miteinander ins Geschäft kommen.“

 

Draußen vor der Tür hatten sie einen ungebetenen Gast, der gerade zur Tür herein kommen wollte, aber dann doch innehielt und kurz lauschte. Es schickte sich nicht, aber die Worte und wie sie gesagt wurden, wurmten die Person.

Ins Geschäft kommen, ja? Sind wir also wieder auf dem Basar?? Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich mich dafür einspannen lasse! Gott steh mir bei! Womit bin ich da bloß gestraft worden? Jetzt will dieser wildfremde Mann mich auch noch beeindrucken und ein GESCHÄFT mit meinen Eltern eingehen!!

Leider hatte sie auch seine Worte vernommen. Sie entsprach seinem Geschmack und sein Vater wünschte sich, dass er eine Verbindung einginge. Jede normale Frau wäre glücklich darüber, dass ein Mann sie als würdig ansah, aber nicht sie. Sie drehte sich um und entschied, nicht hinein zu gehen. Es würde nur erneut ein Streit vom Zaun brechen, weil sie wie immer nicht an sich halten würde im Gefecht gegen ihre Mutter.

 

Gerade als Lolita unbemerkt verschwinden wollte, trat Juan aus dem Salon heraus und bemerkte sie auf halbem Wege die Treppe hinauf. „Oh, Señorita!“ sprach er sie mit einem erfreuten Lächeln an und sie blieb stehen. Augen zusammen gekniffen, verfluchte sie die Situation. Auch sie wusste, dass sie nicht zu unhöflich sein sollte. Dieser Mann war nicht Leutnant Gabriel, der sie sich gefügig machen wollte. Er verdiente durchaus ein bisschen mehr Respekt, als sie damals an den Tag gelegt hatte.

„Buenos Noches, Señor Juan!“ entgegnete sie freundlich und er setzte das charmanteste Lächeln auf, was er einstudiert hatte. Dabei fühlte er sich selbst schlecht. „Würden Sie wohl mit mir einen kleinen Spaziergang im Garten machen, Señorita? Das würde meinen Tag so sehr versüßen.“

Keinen Hehl machte der Mann daraus, dass er Interesse an ihr bekunden wollte. Das gefiel ihr nicht, sollte es aber wohl. Am Ende meinte der Mann es ernst und verliebte sich in sie. Ich wünsche mir, dass mir das erspart bleibt… Verschmähte Männer sind alles andere als amüsant. Sie wusste aus der Vergangenheit, zu was das führen konnte. Trotzdem musste man auch einmal auf wahren Edelmut vertrauen und sie hoffte, dass sie in dem Fall nicht enttäuscht wurde. Ehrlichkeit, das war das Mindeste, was sie ihm entgegen bringen konnte. Sie würde nicht mit diesem Mann flirten – auch, wenn ihre Eltern es von ihr verlangen würden, nicht.

„Wenn Ihr wünscht, komme ich dem gerne nach. Aber nur kurz.“ Das war ihr Rettungsseil. Wenn sie dachte, es sei genug und er irgendwie aufdringlich werden sollte, konnte sie ihm dann davon laufen, weil sie eben gesagt hatte, nur kurz.

„Jeder Moment ist kostbar“, gab sich Juan als äußerst genügsam und das beeindruckte die junge Frau schon. Bisher hatte sie nur eine Person kennen gelernt, die sich mit wenig zufrieden gegeben hatte. Doch in einem solchen Moment an ihn zu denken, erschien ihr nicht richtig.

„Ich sage nur noch schnell meiner Mutter bescheid, damit sie weiß, wo wir uns aufhalten.“ Lolita war gescheit genug, sich ihren Trotzkopf jetzt nicht anmerken zu lassen. Als sie den Salon betrat und sich an die Tür lehnte, lächelte sie sogar, ohne das belauschte Gespräch in ihre Mimik mit einfließen zu lassen. „Don Juan wünscht sich mit mir im Garten spazieren zu gehen. Erlaubst du es mir?“

„Oh Kind, du wirst ja endlich vernünftig!“ Die Dame stand auf und schaute sich ihre bildschöne Tochter an, die sich absolut gar nichts anmerken ließ. Ihre Hände lagen auf den Schultern der Tochter. „Sei ein bisschen nett zu ihm, ja? Aber nicht zu viel, verstanden? Geize mit deinen Reizen! Nicht, dass er auch noch auf dumme Gedanken kommt. Das können wir uns in unserer augenblicklichen Situation nicht leisten. Wenn du ein liebes Mädchen bist, hilft er uns vielleicht.“

„Ich werde mich gut benehmen.“ Oh, und wie sie sich gut benehmen würde. Besser als ihre eigene Mutter. Ihr stand das Ganze bis zum Hals und sie drohte gerade zu ertrinken – keiner weit und breit, der sie rettete. Aber sie würde diese Sache schon meistern. Auf kluge Weise – und ihre Eltern würden nichts dagegen tun können – so wie das letzte Mal auch. Zugegeben, den Letzten hatte sie doch sehr vor den Kopf gestoßen – bei ihm hier würde sie sofort die ganze Wahrheit auspacken. Damit er gar nicht erst auf die Idee kam sich große Hoffnungen zu machen, das erleichterte ihm auch das Leben, oder?

 

Dass sie ihre Mutter um Erlaubnis fragte, wunderte den Don ein wenig, schließlich hatte man sie ihm als halsstarriges Mädchen beschrieben, was ihren eigenen Sturkopf auslebte und jetzt fragte sie um Erlaubnis?

Sie wollte nicht gestört werden, in ihrer Unterhaltung.

Eine lächelnde, ihn ansprechende Dame kam aus dem Salon und nickte ihm zu. „Wir dürfen.“

Beide gingen hinaus in den wunderschönen Rosengarten. Als sie noch ganz klein gewesen war, hatte ihr Vater für seine beiden Prinzessinnen all diese Blumen gezüchtet. Das ebenso schöne Wetter, verherrlichte den Anblick noch um ein Vielfaches.

Ich fühle mich wie eine Verräterin, nur indem ich hier mit einem anderen spaziere…

Am liebsten wollte es sofort aus ihr heraussprudeln wie aus einer Quelle. Juans Blicke erfassten die Rosensträucher und er schien den Ort ansprechend zu finden. Er ging ganz nah ran und beugte sich sogar über einen Strauch, um eine Prise des herrlichen Duftes zu nehmen.

„Wie schade, dass mein Vater Rosen nicht so ansprechend findet wie ich. Er käme nie auf die Idee, unseren Garten mit Rosen zu pflastern. Ich finde es sehr schön hier.“

Juan, der sich meistens in geschlossenen Räumen aufgehalten hatte, wenn er nicht gerade auf Banditen Jagd gewesen war, fand die Abwechslung dieses Zeitvertreibs wirklich alles andere als übel. Die Person an seiner Seite, sie war sympathischer als man sie ihm als Illusion in den Kopf gepflanzt hatte. Bestimmt wird sie auch missverstanden, wie so viele Menschen… Vielleicht sollte ich all das hier lassen und schleunigst verschwinden… Ihre Mutter scheint mir sehr erpicht darauf, sie an den Erstbesten zu verschachern. So wie die Herren gesagt haben. Mir tut dieses arme Ding eigentlich furchtbar leid…

Juan konnte sich zwar sehr gut verstellen, aber er hasste das Lügen. Egal, was er sagen würde, es würden keine Lügen sein. Was dachte ihre Mutter von ihm? Dass er Lügen brauchte, um eine Frau zu beeindrucken? Er war ein De la Cruz!

Ehe er von den Rosen abließ, brach er eine der Stängel entzwei und nahm sie hinfort, mit sich auf den Weg ins Ungewisse. Mit stolzem Blick, auf sie gerichteten Augen lief er mutig seines Weges, bis er schließlich direkt vor Lolita zum Stehen kam.

„Diese Rose trifft meine Wertschätzung ziemlich gut, deswegen möchte ich Sie euch gerne geben. Das nächste Mal, wenn ich zu Besuch bin, bringe ich einen richtigen Rosenstrauß mit, wie es sich gehört.“ Juan drückte die Rose, die er so weit abgebrochen hatte, dass keine Dornen übrig waren, in die linke Hand der Señorita, sah ihr dabei tief in die Augen und lächelte sie an. Auch ihre Augen wollten in diesem Moment nicht von seinen weichen, versanken in dem dunklen Grün, was wie ein Smaragd so intensiv glänzte, dass es sie einen Moment fassungslos machte. „Denn ich habe vor, nicht allzu bald davon zu gehen, dafür bin ich zu gern hier. Zunächst möchte ich hier einige Geschäfte abwiegeln. Dann werde ich mir ein Fleckchen Land aussuchen, um dort in Zukunft mit meiner Familie zu verweilen. Es würde mich freuen, wenn wir beide dort gemeinsam wohnen könnten.“ Seine Hand ergriff die von Lolita und sie war zutiefst bestürzt über seine Direktheit.

„Aber Señor.“ Ihr blieb alles weitere sofort im Hals stecken, denn in diesen grünen Augen steckte so viel Einsamkeit, aber auch so viel Hoffnung, dass sich diese Welt bessern möge… Das Mitleid hatte sie gepackt wie eine Lawine, die sie langsam aber sicher mitriss.

„Könnt Ihr Euch ein Leben mit mir nicht vorstellen? Also ich – ich mag Euch“, sagte er, vertiefte seine Blicke und versuchte wirklich sein Bestes, um bei ihr Eindruck zu schinden. „Es eilt nicht!  Wirklich, Ihr könnt alle Zeit der Welt von mir haben, ehe Ihr Euch entscheidet! Ich bin sehr geduldig, wenn ich eine Person mag. Und Euch mag ich wirklich sehr… Das ist mehr als die meisten Menschen bekommen, wenn sie heiraten. Ich bitte Euch, werdet meine Frau.“

Endgültig töten tat er sie als er  vor ihr auf die Knie ging. Eine hoffnungslose Romantikerin wie sie würde bei einer solchen Geste doch sofort schwach werden. Schon solange sehnte sie sich nach diesem Moment, nun war er da…

Gerade machte sie diese romantische Täuschung einfach nur traurig, so sehr dass sie es selbst kaum fasste, wie schnell die Tränen in ihre Augen traten. Juan war ein wirklich vorzüglicher Mann. Wären gewisse Dinge nicht passiert, sie wüsste nicht, ob sie nicht ja gesagt hätte. Doch gerade schnürte sich ihr die Kehle zu und sie bekam kaum Luft, machte nur zwei Versuche an Luft zu kommen.

Lolita wollte ihn nicht mehr ansehen und drehte den Kopf von ihm weg. Sie schloss die Augen und versuchte weiter wieder Luft zu bekommen, nur für einen einzigen Satz… „Es tut mir leid, aber das geht nicht…“

Juan wirkte im nächsten Moment verzweifelt, griff ihre Hände stärker. „Bitte trefft diese Entscheidung nicht übereilt!“

„Darum geht es nicht, Señor“, sagte sie leise, ihre Stimme zitterte dabei und wenig später auch ihr Körper. „Es geht nicht weil… Ihr seid ein toller Mann, ganz gewiss. Aber mir wurde in der Vergangenheit bereits das Herz gestohlen.“ Es kostete sie viel Überwindung, um diesen einen Satz zu sagen, aber er verdiente die Wahrheit. Noch kein Mann hatte sich so geschickt angestellt und war dabei so unglaublich zuvorkommend gewesen. Bestimmt würde er ihre Beweggründe verstehen, so galant er bis jetzt gewesen war. „Sehr früh schon. Grämt Euch nicht. Ein Mann wie Ihr es seid, wird bald eine gute Frau finden.“

Juan blinzelte, weil es ihn überraschte wie erfrischend ehrlich sie ihn abwies, aber sie irrte, zu glauben, er würde sich darüber allzu sehr grämen. Es gehörte nicht zu seinen größten Zielen, sich so bald wie möglich zu verheiraten – das war ein Wunsch, den sein Vater hegte. Ein Teil in ihm war wegen seines Stolzes trotzdem verletzt, anzuecken, der andere so unglaublich glücklich, dass sie ihn ablehnte – schließlich trieb er hier immer noch ein falsches Spiel. War mit dem festen Vorsatz, Zorro aus der Reserve zu locken, überhaupt erst hierher gekommen. Denn um ehrlich zu sein, es war ein Zweck, kein Ernst. Obwohl er keineswegs gelogen hatte und er schon lange die lange Reise, die Suche nach der großen, wahrhaften Liebe aufgegeben hatte und er in der Überzeugung lebte, wenn er heiratete, dann durfte er froh sein, wenn er die Frau ein bisschen mochte.

„Für Eure Ehrlichkeit danke ich Euch.“

Was muss das für ein glücklicher Mann sein? Wahrscheinlich weiß er es nicht einmal, wie glücklich er sich schätzen kann. Ich hoffe inständig, dass sie nicht diesen Bandit meint. Eine unglückliche Liebe, so etwas ist schrecklich für jede Frau. Ein solcher Mann hält nichts von festen Dingen. Sie sind glitschig wie ein Fisch und werden dir entgleiten. Und sie schwimmen gegen den Strom. Niemals mit ihm. Vorgaben hassen sie, leben nur nach eigenen Regeln.

„Welch ein Mann ist das? Der vermochte Eurer Herz für sich allein zu beanspruchen?“  Die Liebenswürdigkeit, mit der er sprach, verblüffte sie. Es musste ihn nicht kümmern. Aber es schien, als interessiere er sich tatsächlich dafür, gegen wen er verlor. Trotzdem wusste sie nicht, ob es klug war, einem Rivalen irgendwelche Namen zu sagen. Juan war ein Caballero, sagte man in der Stadt von ihm. Und die würden sich eiskalt mit einem anderen Ehrenmann duellieren.

„Ich war ein kleines Mädchen und er war so etwas wie mein Held. Schon seit ich denken kann, ist er der Einzige gewesen, den ich mir vorstellen konnte, jemals als Mann zu akzeptieren. Es tut mir Leid, Señor. Ich hoffe, meine Entscheidung stößt Euch nicht allzu sehr vor den Kopf.“ So ehrlich war sie noch zu keinem Menschen gewesen, außer zu der betreffenden Person selbst. Obwohl sie es nicht so gesagt hatte, aber ähnlich. Trotzdem war dieser Dummkopf nicht der erste Mann, der vor ihr niedergekniet hatte. Es schmerzte sie auch noch die nächsten Sekunden und in ihren Augen standen die Tränen.

„Anscheinend hat der Mann keine Augen im Kopf“, sagte Juan mit einem unverständlichen Seufzen, bei welchem er seine Hand auf Lolitas Wange platzierte und sanft darüber strich, „oder mit seinem Verstand ist etwas nicht in Ordnung, wenn er einer hübschen Dame solche Tränen beschert.“

Vom Patio aus hatte Doña Catarina die beiden Personen schon einen ganz langen Moment im Auge behalten und verstand zwar keine Worte, aber ihre Tochter schien ihr ernsthaft gerührt und sie wollte wahrhaftig schon frohlocken. Sie sah nur die Hand, die sich auf die Wange ihrer Tochter gelegt hatte und die nicht sofort hinweg geschlagen wurde, sondern noch ein bisschen auf ihr verweilen durfte. ­

Es war ein merkwürdiges Gefühl für Lolita, dass ein Mann wie dieser hier schlecht von Diego dachte und sie wegen ebenjenem versuchte zu trösten. Ihre Augen huschten etwas nach unten. Bewusst, dass sie diese Hand an ihrer Wange keineswegs dulden sollte, war ihr zwar, aber es war hart. Weil sie angenehm war. Das Gefühl war nicht dasselbe, denn die Hand von Diego löste ganz andere Dinge bei ihr aus, wenn er sie berührte. Um es auf den Punkt zu bringen, löste die Hand von Juan bei ihr nichts aus. NICHTS. Als ihr das bewusst wurde, bereute sie ihre Entscheidung nicht, ihn abgewiesen und ihm die Wahrheit gesagt zu haben. Vorsichtig nahm sie Juans Hand von ihrer Wange, hauchte ein zartes „tut mir Leid“ und konnte ihr schlechtes Gewissen kaum verbergen.

Anscheinend hatte die Dame seine Geste miss interpretiert und er wollte sich eigentlich dafür entschuldigen. In seiner Absicht war nicht gewesen sie zu beschämen, sondern ihr Trost zu spenden.

Für Juan war es ein Unding, wenn Männer Frauen unnötige Tränen bescherten. So ganz klar war ihm auch nicht, warum diese Tränen in ihren Augen standen. Er wollte sie auch wirklich nur trösten und nicht ihren schwachen Moment für sich ausnutzen, um mit ihr zu flirten und sie doch noch umzustimmen. In diesem Moment war es schier unmöglich, dass er dieses Ziel erreichte. Seine Art eine Frau zu einer Heirat zu zwingen, war es auch nicht – so etwas taten Männer, wie sein eigener Vater. Aber verletzte Frauen würden sich irgendwann rächen und darin lag die Chance begraben. So gerne wollte er Genaueres wissen, denn alles was Juan im Moment bekannt war, ist dass sie ihr Herz bereits verloren hatte. Und was war mit dem Mann, der dies verschuldete? Wusste er es nicht? Interessierte es ihn nicht?

„Für Gefühle sollte man sich nicht entschuldigen müssen. Es ist nicht so, dass ich diese Entscheidung nicht nachvollziehen kann“, sagte Juan ruhig, aber in seine Augen war ebenfalls ein trauriger Schimmer erschienen. „Ich hege Sympathie für Euch, Señorita. Ihr seid eine hübsche und starke Frau, die für ihre Ideale kämpfen möchte. Zwar bin ich natürlich ein bisschen enttäuscht und ich beglückwünsche den Mann, den Ihr auserkoren habt, Euer Herz zu schenken. Hoffentlich hat er es verdient, ich wünsche Euch das jedenfalls. Auch, dass er Akzeptanz von Euren Eltern erfährt.“ Denn man verliebte sich sehr oft nicht in den Menschen, der am besten zu einem passte, sondern der einem gefiel. Dabei spielten viele Faktoren eine Rolle, selten Geld und Macht. Frauen neigten sowieso dazu, sich unglücklich zu verlieben. In einen Mann, der nicht zu ihnen passte, den die Familie nicht mochte. „Aber ein Teil meines Herzens ist noch mit der Trauer um eine andere Dame beschäftigt. Es war für meinen Vater ein erheblicher Schock, schließlich hatte er die Frau mir ja ausgesucht und das Wunder war geschehen, dass ich mir vorstellen konnte, sie tatsächlich im Frühjahr zu heiraten. Mein Vater lebt die Überzeugung, dass man um eine Frau nur trauern darf, wenn man sie auch wirklich geheiratet hat. Aber sie ist dramatisch ums Leben gekommen. Sofort nach der Beerdigung hat er angefangen wieder auf mich einzureden. Mein Vater möchte mich leider auf dem schnellsten Weg verheiraten, für einen guten Haushalt braucht es eben eine Frau und leider ist sie notwendig für Erben. Seine Sichtweise über Frauen ist sehr engstirnig. Für ihn existieren sie nur dafür, um Kinder in die Welt zu setzen und es dem Mann bequemer zu machen.“ Der junge Mann versuchte keine Schwäche zu zeigen, obwohl ihm zum Heulen zumute wäre, wenn er wieder daran dachte. „Ich trauere immer noch um meine Verlobte und ich werde das wohl auch noch eine Weile tun.“

Jetzt verstand die junge Dame die Traurigkeit, die sie schon zu Anfang in seinen smaragdgrünen Augen gesehen hatte. „Das klingt schrecklich. Ihr habt mein Mitgefühl.“ Schon der bloße Gedanke daran, so eine wichtige Person zu verlieren, erschütterte ihren Leib. „Sorgt Euch nicht. Er ist ein guter Mann.“ Um ihn zu beschreiben reichten Worte wie gut bei weitem nicht aus, aber sie wollte ihn nicht zu hoch loben. Angesichts des Faktors, dass sie von Diego sprach, nicht von Zorro.

„Die meisten Männer denken doch engstirnig über Frauen. Umso mehr heiße ich Euch zugute, dass Ihr anscheinend anders seid.“ Der Versuch ihn mit einem samtig weichen Lächeln zu bedenken war Lolita jedenfalls geglückt.

„Oh, Frauen wie Ihr es seid, gibt es nur selten. Die Meisten werden am Ende doch von einem Mann heimgesucht, der ihnen das Leben so schwer macht, dass sie es eines Tages aufgeben sich aufzulehnen.“ Frauen wie Lolita waren verpönt, nicht nur in Spanien. Hier wo es an der Tagesordnung war, dass auch Frauen hart arbeiteten – zumindest die Unterschicht war dafür bekannt – hier war sie schon ganz gut aufgehoben. In Spanien gab es zwar viele Caballeros, aber selten mit einem ehrlichen und liebenswerten Herzen. Die Männer dort kämpften für das schwache Geschlecht, wollten aber auch nie eine starke Frau, dann würden sie um ihre Männlichkeit fürchten müssen. Auch ihm passierte das so manches Mal, dass er sich heldenmütig für eine Dame einsetzte, die genauso gut selbst ihren Standpunkt hat klar machen können.

„Nun denn, eines noch! Ich schätze Euch sehr und wenn ich Euch schon nicht meine Frau werde nennen können, schlagt mir nicht die Bitte ab. Eine verständnisvolle, herzensgute Frau würde ich sehr gerne zu meinen Freunden zählen. Wäre es wohl zu vermessen zu fragen, ob wir uns unter diesem Aspekt trotzdem noch sehen könnten, Señorita?“

So etwas erlebte man nicht alle Tage. Da kam ein richtiger Caballero und fragte einen um eine Freundschaft. Bisher war der einzige männliche Freund, den sie je hatte, Diego gewesen. Diese Beziehung hatte sich mit der Zeit gewandelt und sie hätte nie zu glauben gewagt, dass ein zweiter Mann kommen könnte, dem sie mit freundschaftlichen Gefühlen zugewendet sein könnte. Es schickte sich allerdings überhaupt nicht, wenn sie dem jetzt zustimmte. Ihre Augen schimmerten traurig. „Meine Eltern werden das nicht gut heißen.“ Lolita hätte ein schlechtes Gewissen gegenüber Diego, der seit geraumer Zeit sie gerade einmal auf der Plaza aus großer Entfernung ansehen durfte, darüber hinaus würde der nächste Streit mit ihrer Familie ausbrechen. „Gerne würde ich Euch diese Bitte erfüllen. Der Freund, von dem ich sprach, auch ihn darf ich seit geraumer Zeit nicht mehr sehen. Das bringt das Alter eines Mädchens eben mit sich. Kaum hat sie das heiratsfähige Alter erreicht, muss sie sich geziemt benehmen. Ich bin nun einmal mit dem Los gestraft, eine Frau zu sein. Ob es mir gefällt oder nicht, auch ich muss mich manchmal an Regeln halten.“

Es war einfach unglaublich wie man Frauen an der kurzen Leine hält. Außerdem schienen ihre Eltern Freundschaften mit Männern nur zu dulden, wenn sie in einer Heirat endeten – das kam ihm bekannt vor. Bei ihm war es nicht anders. Befreundet sein durfte er nur mit den richtigen Menschen. Mit Adeligen, je reicher und einflussreicher umso besser. Normale Freunde konnte er sich nicht erlauben. Deswegen bin ich wohl auch aus diesem Gefängnis ausgebrochen und habe mich auf die weite Reise begeben. Weit genug weg von meinem Vater, als dass er mich kontrollieren könnte. Wenn ich mich hier mit normalen Menschen anfreunde, kräht kaum ein Hahn danach.

Es gäbe natürlich eine sehr einfache Möglichkeit, wie sie beide Freunde sein könnten, aber er war unsicher, ob es hierher passte, zu sagen, dass sie nur einen Mann heiraten musste. Es war nämlich alltäglich, dass verheiratete Frauen jede Menge guter Freunde besaßen, neben ihrem angetrauten Ehemann. Nur für eine Señorita schickte es sich nicht, als Señora pflegte man eben Beziehungen, auch mit den Freunden des Mannes.

Es besorgte ihn und gerne wollte er ihr beistehen. Auch gegen die Eltern. Aber man sollte sich in Familienangelegenheiten nur einmischen, wenn sie einen selbst betrafen. Das endete nicht selten in Blutvergießen. Es handelte sich eben um eine Adelsfamilie. Der Adel pflegte ja sich gegenseitig abzumurksen, wenn es ihm beliebte. Meistens entschuldigten sie es mit Beleidigung und Ehre. Ein Aristokrat fühlte sich leider sehr schnell in seiner Ehre verletzt.  Daraus erfolgten viele Duelle. Aber war er nicht auf der Suche nach einem Ehrenduell? Schon zu lang war sein letzter richtiger Kampf her.

„Ich finde es hart, einem Mädchen den langjährigen Freund zu verbieten. Verzeiht die anmaßende Frage, aber entstammt er nicht dem Adel, oder was hat Eure Familie gegen diese Freundschaft einzuwenden?“ Es war nun einmal so, dass aus Familienfreundschaften unter Aristokraten oder Großgrundbesitzern oft eine Heirat der beiden Familien resultierte.

Lolita hatte schon mitbekommen, dass Juan sehr interessiert und vor allem neugierig war. Es erschien ihr allerdings nicht ungehobelt. Die Frage war mehr als berechtigt und sie fragte sich ernsthaft, wie sie solch eine Frage am besten beantwortete. Der Anlass für die Untersagung war eben ein bisschen schmählich. Deshalb wendete sich ihr Gesicht auch von Don Juan ab, was den Schweregrad der Beantwortung seiner Frage verdeutlichte.  

Alles konnte Lolita Juan ja auch nicht sagen, vor allem um Diego in Schutz zu nehmen, denn sie wollte auf keinen Fall, dass er irgendetwas Anrüchiges von ihrem Freund dachte. Wenn sie die eine Sache wegließ, würde aber genau das der Fall sein. Sie fühlte sich wie in einer Zwickmühle. Am besten wäre, die Frage nicht zu beantworten, aber er war nett. Vielleicht ein bisschen zu nett. Lolita haderte mit sich, aber er hatte ihr Wesen gelobt, mit weniger unlauteren Mitteln als Gabriel und sprach ihr die feministische Ader nicht ganz ab. Man konnte ihm vertrauen? Natürlich würde Diego ihm nie vertrauen, er war vorsichtig und lachte sich ungern neue Freunde an. Sein Freundeskreis blieb weitestgehend gleich – wahrscheinlich sein Leben lang.

„Was soll ich sagen? Ich habe mich ungebührlich verhalten. Aber ich war verliebt in ihn und konnte mich nicht zügeln.“ Wahrscheinlich platzte ihr Gesicht aus allen Nähten und eine dicke Röte legte sich über es.

Verdutzt schauten Lolita die smaragdgrünen Augen an. „Ungebührlich?“ Wie viel ungebührlich konnte eine Frau wie sie wohl werden? Nachzufragen wie schlimm es gewesen war wäre unhöflich. Allzu große Schande traute er ihr nicht zu, immerhin wies sie eine Freundschaft gerade aus genau diesem Grund mehr oder weniger ab. Ob er nicht dem Adel entstammte hatte sie nicht direkt beantwortet, aber in diesem hübschen Gesicht steckte so viel Scham in dem Moment, dass er nur ganz leicht lächelte. „Was auch immer Ihr getan habt, wenn es aus Liebe passiert ist, solltet Ihr Euch dafür nicht so schämen. Männer benehmen sich wesentlich schlechter und tun alles aus Gelüsten und vielleicht noch schamloserem Triebverhalten. Ich werde nicht nachhaken, was genau zwischen euch gewesen ist, aber ich hoffe, dass Ihr es nie bereuen müsst.“ Juan versuchte nett zu sein und sie nicht zu verurteilen. Die Caballeros in Spanien, die sich mit Mädchen in der Taverne zum puren Spaß vergnügten, fand er anstößiger. Was konnte schon Schlimmes geschehen sein?

Obwohl Juan gesagt hatte, er werde nicht nachhaken, holte Lolita Luft und hatte das Bedürfnis ihre Ehre zu bewahren. „Wir küssten uns.“

Ihr Gegenüber blinzelte ein dutzend Mal bei ihrem fast ein wenig empörten Worten. Sie schien verärgert zu sein und er hatte ein Gespür dafür, weshalb.

Ein Kuss der aus Liebe geschieht ist rein und unschuldig, niemals mit Schuld behaftet! Kaum eine Frau erlebte ihren ersten Kuss mit dem Mann, den sie heiratete. Obwohl man ihnen alles verbot, die wenigsten hielten sich daran. Da musste man sie schon richtig in einen goldenen Käfig sperren. Aber auch das passierte ziemlich oft.

„Ich hoffe für Eure glückliche Zukunft und Euer Wohl, dass er kein Bauernsohn ist.“ Zwar hatten die Pulidos kaum noch Geld, aber ihrer Tochter erlauben einen ehrlosen Bauern zu heiraten, würden auch sie nicht, da gab Juan Brief und Siegel. Gerade war ja auch er da und sie würden alles dafür tun, dass er sie auch ja nahm. Ich hätte das nicht tun sollen. Hoffentlich ist er ein Ehrbarer Mann. Sonst MUSS sie mich am Ende dann doch noch heiraten, obwohl sie einen anderen liebt. Wie so viele adelige junge Damen in Spanien, die ins Unglück gestürzt werden. Und ich wäre schuld daran, dass sie niemals glücklich werden kann. 

Verdict of innocence and guilt

 

 

Die nächste Woche verlief ohne weitere Vorkommnisse. Don Juan half den Leuten, denen man böse mitgespielt hatte. Darunter auch Don Carlos Pulido. Bis zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt schätzte er diesen Mann letztlich sehr. Seine Frau Catarina dagegen mochte er gar nicht so sehr. Sie wirkte auf ihn wie die formalen aristokratischen Snobs. Ihr Ehemann hatte sich für die falschen Menschen eingesetzt, weil er eben ein gutes Herz besaß, das hatte sie weitläufig vieles an Reichtum gekostet. Eine Primadonna wie sie fand das natürlich alles andere als toll – sie mochte es ihrem Mann wohl nachtragen. Mit ihrer Tochter hatte sie so manche Meinungsverschiedenheit. Jedes Mal wenn sie nicht mit ihr klarkam, zog sie Don Carlos zu Rate und er musste ein Machtwort mit seinem Kind sprechen. Sie beharrte immer auf ihre Wünsche und meistens wurden sie vom Don auch erfüllt. Der Hausherr schien seine beiden Grazien sehr zu lieben und deswegen sich so hoch zu verschulden. Im Laufe seiner Freundschaft mit der Familie, die bald allseits bekannt war, beglich er die Schulden bei den Gläubigern und rettete damit Don Carlos vermutlich sogar das Leben. Jeder in der Stadt fragte sich wohl, was den Fremden dazu bewogen hatte. Dass er sich gut mit der Tochter des Hausherrn verstand, sah ein Blinder. Sie redeten sogar davon, dass er zeitweilig bei ihnen wohnte, also weit bis in die Nacht blieb.

Es kam also der Tag, dass Don Carlos mit gesenktem Haupt bei seiner Familie vorsprach.

„Was hast du denn dieses Mal wieder ausgefressen?“ fragte Doña Catarina ihren Gatten natürlich rasch. Es war nicht das erste Mal und man durfte sich sowieso nicht mehr wundern, da sich ihr Mann sehr gerne in die Nesseln setzte. Deswegen hatten Alejandro und sein Sohn ihnen schon so manches Mal finanziell helfen müssen. Schon damals waren sie vor Dankbarkeit und Schuldgefühl ziemlich zukreuze gekrochen. Falls es um Geldangelegenheiten ging, war ihr Mann immer gut bedient worden. Diego schamlos ausgenutzt hatten sie, ihn immer brav vorgeschickt, um seinen Vater zu bequatschen. Natürlich nicht selten mit Worten wie du willst doch mein Töchterchen heiraten, nicht? Gewiss war es dumm anzunehmen, dass er sich das ewig so gefallen lassen würde. Früher oder später reichte es. Aber sich jetzt auch noch bei einem anderen Mann zu verschulden, war einfach zu viel gewesen. Beteuert hatte Juan, er wolle noch nicht einmal etwas dafür haben. Es sei ein Freundschaftsdienst. Stolze Leute wie die Pulidos konnten aber niemandem etwas schuldig bleiben.

„Sei doch nicht so stur! Hast du denn eine Ahnung, wie tief wir in seiner Schuld stehen, Kind?“

Die Tochter des Hauses saß auf der Couch im Salon und las ganz entspannt eines ihrer Bücher, während die Mutter ihrer Tochter versuchte klarzumachen, wie ihre Lage wirklich aussah, aber sie las stur weiter und wollte all das, was man ihr sagte, natürlich nicht hören. Es war gänzlich nicht ihr Problem…

„Wahrscheinlich nicht geringer als bei den Vegas. Wenn es danach ginge, hätte ich Diego schon dutzende Male heiraten müssen!“ Doña Catarina hatte von Lolita verlangt, dass sie jetzt ordentlich bei ihrem treuen Freund Juan zukreuze kroch, brav seinen Heiratsantrag annahm und sich nicht nur dankbar zeigte, sondern dem edlen Herrn die Füße küsste. Damit erklärte sich das Mädchen aber nicht einverstanden. „Warum verheiratest du mich nicht gleich mit Beiden? Damit würden wir wohl jedem Fass den Boden ausschlagen! Glaub ja nicht, dass ich Papa aus dem Mist wieder raushelfe! Es war seine Entscheidung Freunde schon wieder um Geld zu bitten.“

„So redet man nicht mit seinem Vater!“ wand Catarina ein. „Darüber hinaus wolltest du Diego ja gar nicht! Juan ist ein ehrenhafter Mann, der dir ein angenehmes Leben bieten kann, ohne dich mit irgendeiner Schande zu entehren. Er hat deiner Familie aus der Patsche geholfen. Und alles woran du denken kannst, ist einen Liebesroman zu lesen! Findest du nicht, dass es mal an der Zeit ist aufzuhören zu träumen? Im Leben wird einem nichts geschenkt! Und man sollte zu großzügige Geschenke stets ablehnen! Ganz egal wie sehr Juan beteuert, dass er es nicht getan hat, um dich umzustimmen! Schon allein aus Dankbarkeit solltest du seinen Heiratsantrag annehmen.“

Mit einem kräftigen Laut vom Zuklappen ihres Buches, ließ Lolita ihre beiden Eltern zucken. „Einen Teufel werde ich! Mehr beleidigen kann man ihn kaum! Wir sind Freunde, mehr nicht! Ihr könnt seine Wünsche doch nicht einfach so ignorieren!“

Obwohl ihre Eltern sie immer wieder dazu angehalten hatten, dem Herrn den Tag zu versüßen – was sie schon lange satt hatte immer wieder zu hören – hatte sie vermieden sich mit Juan in der Stadt zu zeigen. Man hatte den Bewohnern der Stadt längst viel zu viel Stoff zum Tratschen geliefert. Die undankbare Rolle, die man Diego in dem Fall verpasste, gefiel ihr wenig, bis überhaupt nicht. Sie wussten nicht einmal ansatzweise, wie sehr man ihn damit demütigte, wo er doch der Familie immer treu ergeben gewesen war. Bis zum letzten Moment hatte er für ihre Familie alles getan, mit der ungewissen Ahnung, ob Lolita ihn je als Ehemann auserwählen würde. Er hatte sich die undankbarste Rolle von allen erkämpft – den Vollidioten. Die Blonde wollte das jetzt nicht mehr. Zwar bestand Diego darauf, hier nicht als Held gefeiert zu werden, aber sie wünschte sich ein kleines bisschen mehr Ehre für den Mann, den sie liebte… Nur ein kleiner Teil von dem, was ihm zustand. Anerkennung!

„Jeder Mann würde sagen, dass er nichts dafür haben will! Warum kannst du das nicht verstehen?“ versuchte Catarina weiter vorsichtig auf ihre Tochter einzuwirken, aber sie war sturer als jeder Maulesel. Es kostete sie Unmengen an Beherrschung, nicht gleich alles über Diego und Zorro auszupacken und damit den Fehler fürs Leben zu begehen, denn schließlich sollte er ihr vertrauen können. Jedoch fehlte nicht viel, um sie so zornig zu machen, dass sie mit einem Aufschreien zumindest ihre wahren Gefühle für Diego verraten hätte, weil sie es mittlerweile leid war, dass man immer von ihr erwartete, sie solle sich fügen und den Wünschen der Eltern entsprechen.

„Bist du blind? Juan hegt nicht den kleinsten Funken Liebesgefühle für mich in seinem Herzen! Er ist hilfsbereit und nett! Müsst ihr ihm das unbedingt zunichte machen? Was würden die Leute in der Stadt sagen, wenn ich ihn aus Dankbarkeit heirate? Ihr seid wohl verrückt geworden! Jeder würde denken, dass er seine Macht und sein Geld hat spielen lassen und gar nichts aus freien Stücken erreicht hat.“ Die junge Dame versuchte so klug wie möglich an die Sache heran zu gehen, aber es fiel ihr ungemein schwer.

„Na und? Manchmal ist das im Leben eben so, Lolita.“ Catarina funkelte ihr Mädchen mit einem bösen Blick an und sendete drohende Warnsignale aus, die sie so noch nie gesehen hatte.

Wie sie ihre Tochter ansah, musste man ihr so ziemlich alles zutrauen. „Dein Vater musste schon so viel Unehre schlucken, jetzt ist Schluss damit! Bedank dich bei Zorro dafür, dass wir uns jetzt dazu gezwungen fühlen, dich Zwangs zu verheiraten. Du warst ja der Meinung, dich in einen Bandit verlieben zu müssen und willst, bis du alt und grau bist, darauf warten, dass er sein wildes Leben ablegt, um vor dir auf die Knie zu gehen! KIND! Dieses Wunder wirst du nicht erleben! Ich werde nicht zulassen, dass meine bildhübsche Tochter am Ende ohne Mann bleibt! Es gibt nichts Unehrenhafteres für eine Dame! Außer ein uneheliches Kind! Jeder hier würde über uns spotten, bliebst du unverheiratet! Was du willst, steht hier nicht zur Debatte!“

„Fein!“ gab sie sich geschlagen. Dass sie einmal mit dem Fuß auftrampelte und auf ihre Mutter zuging, erschreckte diese unglaublich und danach beging sie die größte Frechheit, die sie jemals begangen hatte. Die Liste von Lolitas Unverschämtheiten war bereits lang, mindestens so lang wie Zorros Vergehensliste in den Augen ihrer Mutter – am Ende war, was bestens zu ihr passte, eben doch ein Bandit. „Wenn das so ist, dann möchte ich, dass ihr Don Alejandro all sein Geld zurückgebt! Dann könnt ihr euch ja das nächste Geld leihen, um diese Schuld zu begleichen, denn ich möchte auch nicht ein Leben lang in der Schuld der Vegas stehen, nur weil meine Eltern mit Geld nicht umgehen können.“

Nicht nur Lolita konnte wütend werden, ihre Mutter auch. „Jetzt schlägt es aber dreizehn!“ Gerade hatte sie es geschafft, dass sie aufstand und ihrer Tochter mit einem kräftigen Hieb die Hand ins Gesicht schlug.

Für die Wahrheit wurde man geschlagen, wenn man das Pech hatte leider das Kind zu sein, dem nicht erlaubt war, die Eltern zu kritisieren. Ihre Eltern hatten so viele Fehler begangen, aber bestanden immer noch auf ihre Fehlerlosigkeit, die man Erwachsenen zusprach. Trotzdem hatte diese Ohrfeige mehr Schaden angerichtet, als alle Streitgespräche zuvor.

Obendrein stand ihr geliebter Vater nur dabei und sagte nichts weiter dazu. Es war die Hölle für den älteren Mann zusammen mit dem so genannten Fegefeuer, als gleich nach dem Klatschen von Catarinas Hand, die Tränen über Lolitas Wangen rollten.

„ES IST GENUG! So redet man nicht von seinen Eltern! Merke dir das, für alle Zeiten, Madame! Wir als deine Eltern wissen am besten, was gut für dich ist! Also wirst du dich – verdammt noch mal – endlich fügen! Wir haben dir dein wunderschönes Leben erst ermöglicht! Zeige dich endlich ein wenig dankbarer den Menschen gegenüber, die ein Leben lang für dich geschuftet haben.“

„Catarina, bitte beruhige dich!“ versuchte Don Carlos seine Frau zu besänftigen. „Lolita wird schon vernünftig werden! Sie ist eben traurig, weil sie nicht den Mann heiraten kann, in den sie seit Jahren verliebt ist“, wollte Carlos das Verhalten seines geliebten Kindes rechtfertigen, und seine aufgebrachte Frau, die längst auf der höchsten Palme war, wieder auf den Boden der Tatsachen bringen. Dennoch sprach ihr Vater den Namen des Mannes auch unter diesen Umständen nicht aus, weil es einfach unverzeihlich war, als edle Dame einen Banditen zu lieben. „Es tut mir ja auch im Herzen weh, aber was soll ich machen? Wir werden schon eine Lösung finden, wie wir unsere Schuld begleichen.“ Irrtum, wenn man glaubte, Don Carlos wisse nicht, wie viele Male Diego ihnen geholfen hatte – er war auch überaus dankbar dafür. Auch wenn man es ihm kein bisschen anmerkte, wie dankbar er tatsächlich war.

„Ich glaube, es ist an der Zeit, dass man deinem Vater reinen Wein einschenkt.“ Es ärgerte die Doña, dass ihr Mann jetzt auch noch Partei für seine ungezogene Tochter ergreifen wollte. „Du glaubst ja gar nicht, was deine Tochter so alles hinter deinem Rücken getrieben hat, wenn du nicht zuhause warst! Und ich habe es immer vor dir verschwiegen.“ Damit wollte sie Lolita eigentlich nur bestrafen, weil sie ihr im rechten Moment einfach nicht gehorchen wollte. „Deine Tochter hat nicht nur in einer sehr eindeutigen Position in Diegos Armen gelegen, sondern ihn auch noch geküsst und verführt! Das schickt sich nicht für eine junge Dame! Und weshalb das alles?? Weil sie so dämlich war, sich in einen Gesetzlosen zu verlieben und dann auch noch zu glauben, er liebe sie für immer und würde am Ende schon alles richten! Dieses Luder wollte den gutmütigen Sohn von Alejandro dazu benutzen, um ihre Sünden reinzuwaschen! So eine Tochter hast du!“

Erst diese Schmach einer Ohrfeige. Eine Erwachsene, die sich von ihrer herrischen Mutter immer noch schlagen lassen musste und dann dieses überzogene Theater, das die Situation, die sich dargeboten hatte, durch und durch in ein falsches Licht rückte. Aber nicht nur um ihrer eigenen Ehre Willen musste sie sich dagegen auflehnen. Davon abgesehen, dass bis auf einen einzigen Kuss nie etwas zwischen ihr und Zorro passiert war, verdrehte ihre Mutter die Tatsachen. Jahre lang hatten sie sich geziemt benommen und schließlich ihre Gefühle füreinander entdeckt. Ganz langsam und schleichend. Es war ein schlechter Scherz, es als Sünde hinzustellen, nach Jahren sich einen Kuss hinzugeben. Es war überhaupt nichts Sündiges zwischen ihr und Zorro gewesen, genauso wenig wie mit Diego.

Zu Juan hatte Lolita zwar gesagt, der Kuss mit ihrem Freund sei von ihr ausgegangen, aber so ganz stimmte das ja auch nicht. Eher war es doch so, dass sie beide es wollten.

Was würde ihr Vater am Ende von Diego halten so etwas zu erfahren? Ihre Mutter hatte hoch und heilig versprochen, dass sie ihrem Vater niemals sagte, was sie gesehen hatte, weil er eben weiter in seiner Traumwelt leben sollte, in der seine Tochter kein Wässerchen trüben konnte. Dass ihre Mutter ihr am Ende auch half, darauf hatte Lolita vertraut und schlussendlich wirklich alles gut wurde. Sie wollte nicht, dass ER dann Ärger wegen ihr bekam. Vor allem nicht mit seinem Vater, der immer so stolz auf seinen Sohn war. Es war das Allerletzte, was ihre Mutter für eine Show hier abzog, auf die Kosten von ihnen allen. Es war eine glatte Erpressung, um Juan zu heiraten – und dieser war gerade nicht einmal da. Hätte er es mitbekommen – ob er ihr wohl helfen würde?

Bisher war er immer behilflich, glaubte sogar an ihre Ehre, aber ihre tolle Mutter wohl nicht, immerhin wusste die Señorita jetzt, was sich in deren Augen abgespielt hatte. Es war nur ein Kuss , dabei lehnte er mich im Garten an einen Baum. Dass wir uns umarmten war wohl das Schlimmste von allem. Es hätte romantisch sein können, wäre Mutter nicht plötzlich da gewesen und hätte sich mit dieser strengen Miene geräuspert.

Dass ihr geliebter Vater sie jetzt auch noch für eine sittenlose Frau hielt, das konnte sie nicht ertragen. Welch eine Frau hatte er da nur geheiratet? Gerade wollte sie am liebsten ihrem Vater die Ohren zuhalten. Er hatte Diego immer gemocht und mehr als nur geschätzt. Oder?

„Sag das Diego ins Gesicht, Mutter!“ Soviel Mut traute sie ihrer eigenen Mutter nicht zu. Diego zu sagen, dass sie ihn nur benutzt habe, um ihre Sünden reinzuwaschen.

„Oh bitte, Lolita! Dieser Hasenfuß würde jawohl alles leugnen, was er leugnen kann. Möglicherweise würde er mir noch sagen, ich hätte es geträumt. Dass du nie so etwas tun würdest. Der Junge ist bis über beide Ohren in dich verliebt gewesen und du hast das auf so abscheuliche Weise ausgenutzt.“ Catarina schniefte gekünstelt, theatralisch und bühnenreif. Obwohl ihre Schmierenkomödie berüchtigt war, glaubte er ihr am Ende ja doch.

„MUTTER!“ Am liebsten wollte sie – aber konnte sie ihre Eltern so entehren? Nicht sie war diejenige, die hier eine deftige Ohrfeige verdiente.

„Das werde ich dir nie vergessen!“ Lolita war fertig mit ihrer Mutter für alle Zeiten. Wenn sie gesagt hätte, was wirklich vorgefallen war, hätte sie ihr gewiss eines Tages verziehen, aber ihre Wortwahl war absichtlich so gewählt, als hätte sie beide im Stroh entdeckt und zwar unbekleidet. Es war so beschämend und am liebsten wollte sie einfach nur schreien, ihrer Mutter die Haare büschelweise ausreißen und ihr unzählige Ohrfeigen geben, bis sie wieder zur Vernunft kam.

 

Der ganze Streit war mehr als gut auch draußen zu hören, nicht nur von den beiden Dienern, sondern auch von der gesamten Nachbarschaft. Denn nachdem ihre Mutter weder ein gutes Wort an Zorro noch an Diego gelassen hatte, kochte Lolita in alles vernichtender Wut  und zitterte am ganzen Leib. Die ganze Zeit war sie so voller Zorn, dass ihr schlussendlich allein deswegen noch mehr Tränen kamen. Sie hatte oft bewiesen, dass sie auf ihre Eltern durchaus hören konnte, wenn sie der Ansicht war, sie hätten Recht. Es waren viele Dinge passiert und sie hatten ihr kleines Mädchen immer versucht zu beschützen. Vor Gabriel – und am Ende sogar noch vor Zorro, wofür sie ihnen dann aber weniger Dankbarkeit entgegen gebracht hatte.

Carlos war empört und obwohl er seine Frau besser kannte als so manch anderer, kassierte Lolita von ihm zwar keine Ohrfeige, das würde er nie tun, dafür aber einen verachtenden Blick, der sich tiefer in ihre Seele brannte, als ein Messerstich in die Haut. Sie mit einem solchen zu bestrafen, war schlimmer als der Satz heißer Ohren von ihrer Mutter.

Es dauerte eine Weile, bis Don Carlos die wahre Bedeutung von Catarinas Worten wirklich begreifen konnte. Lolita und Zorro – Unzucht  – nicht zu fassen. Und Diego mittendrin in der ganzen wirren Geschichte. Sie hatte ihn dazu getrieben, sich mit ihr zu vergnügen. Vor der Ehe. Es gab kaum etwas Schlimmeres. Er hatte sich wirklich die ganze Zeit gefragt, was los war mit diesem Jungen! Seit einer halben Ewigkeit hatte er die Familie nicht mehr besucht. Wahrscheinlich schämte er sich in Grund und Boden und kam deswegen nicht mehr.

„Ich bin fassungslos, Lolita! Du gehst jetzt SOFORT in dein Zimmer!“

Zum Glück war Diego mit der Tugend der Zurückhaltung gesegnet, so würde er bestimmt nicht jedermann erzählen, dass seine schamlose Tochter ihn versucht hatte ins Boot zu holen, in ihrem Streifzug gegen ihre Sünden! „Unzüchtiges Verhalten dulde ich nicht in diesem Haus!“ polterte er los. „Ich bestrafe dich!“ Nicht nur das, ihm blieb jetzt keine andere Wahl, als sie mit dem ersten Mann zu verheiraten, der auffindbar war. Don Alejandro würde fragen, ob ihn alle guten Geister verlassen hatten. Nie und nimmer würde er seinem Sohn erlauben, jetzt noch seine Tochter zu heiraten. Die Zorro Sache lag wie ein dunkler Schatten über den Köpfen aller. Gerade war er so entsetzt, dass er am liebsten die Muskete geholt hätte, um ihn zu durchlöchern. Er verfluchte den Tag, ab dem er in der Stadt aufgetaucht und alle Weiber verrückt gemacht hatte. Wenn er je erfuhr, wer dieser Mann war, er würde eigenhändig dafür sorgen, dass der Gouverneur ihn hängte. Seinem Mädchen den Kopf so zu verdrehen – von seiner Frau sprach er am besten gar nicht erst – sie war noch viel schlimmer. „Ich werde Don Juan bitten, dich zu heiraten! Und du gehst jetzt auf dein Zimmer, Lolita! Ich möchte dich hier unten heute nicht mehr sehen! Damit wir uns verstanden haben.“

Was habe ich dir nur getan, Mutter?? Wieso tust du so etwas? Weil ich meinen eigenen Kopf habe?

Lolita verstand ihre Mutter nicht. Sie wusste ganz genau, dass nichts Schlimmes passiert war! Aber auch Diego hatte sie das Gefühl gegeben, dass er sich unmöglich aufgeführt habe und er froh sein durfte, wenn man seinem Vater nicht Bericht davon erstattete. Und wer musste darunter leiden? SIE!  

Es war zwecklos, keiner würde ihr jetzt noch irgendetwas glauben, wenn es ihren Mund verließ. Sie hatte so viel verschwiegen, aber doch mit gutem Grund. All die Dinge, die sie verheimlichte, hätten so manches Rätsel entschlüsselt, aber gerade war der vorwitzige Mund der jungen Dame wie ausgestorben.

Bei der polternden Stimme ihres Vaters konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es war das Schlimmste, was man ihr antun konnte. Indem er all diese schrecklichen Dinge wirklich für bare Münze hielt, folterte er sie. Übertreffen konnte man das hässliche Gefühl nur, indem man Diego vor den Augen aller hinrichtete.

„Ihr … könnt … mich … nicht … dazu … zwingen…“, schluchzte sie, „glaubt ihr… dass Juan sich dafür… einspannen lässt? … Er ist ein Mann… von Ehre.“

„Sein Vater pocht darauf, dass er eine Frau von Geblüt heiratet und er hat ein gutes Herz!“, sprach Carlos ohne die Miene zu verziehen. „Du benimmst dich jetzt gefälligst! Dann wird alles reibungslos über die Bühne gehen! Und jetzt geh!“

Je schneller sie Mann und Frau wurden, umso besser. Seinen Vater würden sie natürlich nicht fragen. Zum Glück musste man das nur bei den Mädchen. Der Junge lebte im Clinch mit seinem Vater und wollte am liebsten nur etwas tun, um ihm zu trotzen. Dafür täte er alles, sogar verprasste er des Vaters Geld mit beiden offenen Händen. Es war Irrglaube, dass Catarina und Carlos nicht längst bemerkt hatten, wie verschwenderisch Juan mit seines Vaters Geld war. Ziemlich oft hatte er sinnlosen Plunder auf dem Markt gekauft.

„Ich kann nicht glauben, dass du so etwas von mir denkst, Vater…“ Damit teilte Lolita eigentlich schon mit, dass sie all das nicht getan hatte. So gerne wollte sie ihrem Vater die ganze Sache erklären. Doch ihre Mutter würde ohne weiteres dazwischen funken. Mit Lügenmärchen schien sie die größte Erfahrung zu haben.

„Du lässt mir keine andere Wahl! Man hat dich nicht nur einmal gesehen, wie du Zorro in die Arme gefallen bist, dummes Ding.“

„Er hat mich gerettet, Vater. Das hatte nichts zu bedeuten!“

„Genug! Ab in dein Zimmer!“

Wie ein kleines Kind wurde sie behandelt. Dabei kuschte ihr Vater eigentlich nur vor seiner Frau. Wer weiß womit sie ihm immer droht…

Mit einem letzten aufmüpfigen Aufschrei und den tausend Tränen, die über ihre Wangen rannten, flitzte Lolita die Treppe hinauf und weinte sich dort erst recht die Augen aus. Im ersten Moment der Schwäche war es besonders schlimm, so dass sie sogar hinter der Tür zu Boden sackte und ihr Gesicht in den Händen bettete. In ihrem Zimmer schrie und tobte sie. Nicht nur vor Verzweiflung, auch weil sie sich von der Mutter so verraten und von ihrem Vater im Stich gelassen fühlte. Den Zorn ließ sie an ihrem Kopfkissen aus, anstelle von ihrer Mutter. Nichtsdestotrotz durfte man seine Eltern als Kind niemals schlagen. Obwohl sie so gerne beiden Vernunft eingeprügelt hätte. Wahrscheinlich würde man sie jetzt endgültig einsperren und erst wieder rauslassen, wenn die Hochzeit stattfand. Ihre Mutter war schon immer drastisch gewesen, wenn es darum ging, sie zu bestrafen. Das ging nie von ihrem Vater aus.

 

Noch am gleichen Abend redete Don Carlos mit Juan. Dabei war er dann doch ehrlicher als Catarina es gewesen wäre. Er vermochte nichts schön zu reden und bat ihn um seine aufopfernde Hilfe. Lolita sei ein gutes Mädchen, wäre nur auf die falschen Männer hinein gefallen. Die Zeit würde drängen und er wüsse, dass Juan Lolita mochte und sie hübsch fand. Natürlich war es auch für Juan ein Schock jetzt zu erfahren, dass sie sich wohl wirklich mit einem Mann eingelassen hatte. Er fragte auch explizit nach, ob es sich dabei um diesen Banditen handelte, was leider auch sofort bestätigt wurde. Juan war mehr als wütend darüber, so etwas in Erfahrung zu bringen. Am Tag seiner Einreise in das Pueblo hatte er den Ansporn einen würdigen Gegner zu finden, aber jetzt sah das Ganze ein wenig anders aus. Er verabscheute Zorro, zutiefst. Nun würde es ihm noch mehr Freude bereiten, ihm endlich gegenüber zu stehen…

„Sie trifft keine Schuld. Natürlich werde ich helfen. Mit ein bisschen Raffinesse kann ich Lolitas Tränen vielleicht sogar trocknen. Ich werde mein Möglichstes tun“, versprach er Carlos und nickte noch einmal, um sich selbst zu bestätigen.

Es tat ihm so furchtbar Leid und er sah die Dankbarkeit in Carlos Augen, als er ihm tatsächlich die erflehte Hilfe zusicherte.

Dass es sich nicht gehörte, sich zum Zimmer einer unverheirateten Dame zu begeben, wusste er, trotzdem ging er die Treppe hinauf und klopfte. Die Tür war nicht abgeschlossen, aber die Schande begehen einfach hinein zu gehen, unterließ er. Durch die Tür hörte er ihr Wimmern und Schluchzen. Es tat ihm in der Seele weh und er wusste sich keinen Rat. Ein Caballero war er und felsenfest davon überzeugt, dass es nur sehr wenige Männer geben würde, die Lolita jetzt noch wollten. Auch wenn sie die Dame wollten, garantiert nicht gut behandeln würden. Sie waren Freunde und weil er sowieso nicht mehr an die Liebe glaubte, wollte er diese Aufgabe übernehmen. Vor der Tür überlegte er sich einen Plan, wie er ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern könnte. Mit einem resignierenden Seufzen stand er vor der Tür und ihre Tränen schienen nicht weniger zu fließen. Da fasste er den Entschluss sich unter ihr Fenster zu begeben, von dem er wusste, dass es bei der Hitze zumindest gekippt war. Er schnappte sich seinen Koffer, denn da trug er auch seine Violine mit sich. Juan war ein begnadeter Virtuose auf diesem Instrument. Klavier hatte er nämlich als Kind zu langweilig gefunden und das Violine Spielen gelernt, weil der Adel zumindest eines von ihm verlangte. Etwas, was ein jede Frau unter Garantie zum Schmelzen brachte. Man irrte, dass er ihr Herz wirklich für sich gewinnen wollte, er mochte nur ein schönes Lied für sie spielen, was sie aufheiterte.

Natürlich zog Juan nicht nur die Aufmerksamkeit von Lolita auf sich, als die ersten sanften hohen Töne vom seinem Streichinstrument ertönten. Die liebliche Melodie machte einen Streifzug durch die Lüfte und wurde an so manches Ohr getragen. Diener, Nachbarn, Lolitas Eltern, die ihren Ohren nicht zu trauen glaubten. Es war herrlich und die Musik besaß eine heilende Wirkung.

Ein wunderschönes Lied erklang, liebkoste die Seele, doch die Tränen konnte diese nicht hinfort wischen. Lolita lag längst auf dem Bett und weinte wie sie noch nie zuvor geweint hatte. Nicht nur, dass man ihren Ungehorsam mit Lügen bestrafte, ihr Vater glaubte sie auch noch. Gerade war sie nur verletzt. Am liebsten wollte sie sofort aus dem Fenster springen und davon laufen. Aber es war zu hoch und sie würde sich dabei einfach zu viel brechen, als dass sie es wirklich riskieren wollte. Sie versuchte sich selbst Mut zu machen. Sich zu sagen, bestimmt hatte man den Streit ihrer Eltern mit der einzigen Tochter mitbekommen. Irgendeiner würde sich finden und es in der Stadt herumerzählen. Trotzdem hatte sie gerade fürchterliche Angst davor, dass niemand käme, um sie aus ihrer Not zu erretten. Auch Diego besaß so etwas wie Stolz, egal wie oft man daran zweifelte.

Trotzdem ging sie am Ende zum Fenster und öffnete es, um besser hinausschauen zu können. Es wehte gerade einmal ein lauer Wind, der kein erhitztes Gemüt dieser Welt je zu kühlen vermocht hätte. Unten am Fenster sah sie Juan, der hingebungsvoll auf der Violine spielte. So etwas Schönes hatte sie noch nie gehört und trotzdem änderte es rein gar nichts. Sie blickte zum Mond hinauf und lauschte einfach nur. Das Lied war an sich nicht traurig, trotzdem empfand sie es als nicht sonderlich aufbauend. Es war der Mann, den sie heiraten sollte, nicht derjenige, den sie tief in ihr Herz geschlossen hatte. Nur dieser Gedanke reichte, dass die Tränen wieder über ihre helle Haut flossen.

Juan spielte sehr ausdauernd für die junge Dame, obwohl es gewiss mühsam war. Seine Sinne spielten mit, die Augen geschlossen streichelte er die Violinsaiten. Jeder liebestolle Caballero hätte das hier sein können, der das Herz einer schönen Señorita mit einem leidenschaftlichen Stück entflammen wollte. All ihre Gedanken drifteten gerade nur ab zu der Person, deren Hilfe sie jetzt so sehr gewollt hätte. Alles nur nicht seine. Dahin geweht mit dem frischen Abendwind schickte sie ihr Herz in Gedanken an ihn, in der Hoffnung, dass er bald davon erfuhr und bestenfalls so wütend war, dass er ihre Eltern zusammenstauchte. Sie wollte gar nicht so sehr, dass er mit ihnen stritt, aber ein Machtwort sprach. Sich gegen diese Lügen auflehnte und ehrenvoll, aber bestimmend darauf bestand, sie jetzt endlich wieder sehen zu dürfen. Dass es ungerecht war, was sie ihrer Tochter gerade antaten. Eigentlich wollte sie nur, dass er da war und die Stimme erhob. Mehr musste er auch gar nicht tun.

Nachdem Lolita zwar das Fenster geöffnet hatte, spielte er erst einmal weiter, beendete dann aber seine Sonate. Er nahm die Violine von der Schulter und ließ den Bogen sinken. Zu seinem Bedauern stellte er fest, dass sie auch jetzt noch weinte.

„Wenn ich nur wüsste, wie ich deine Tränen trocknen kann.“

Die sanfte Stimme, die vom Wind an ihre Ohren getragen wurde, ließ sie leise aufseufzen. „Das kannst du nicht so ohne Weiteres. Es sei denn, du kannst zaubern und bringst mir meinen Liebsten hierher.“

Juan wusste, dass es schwer war, vernünftig zu sein und das war sie gerade nicht, sie war gelenkt von starken Emotionen und dem Druck der Eltern. Ihm war klar, dass sie ihre Eltern gerade hasste, dabei meinten sie es gut und wollten ihrer unglücklich verliebten Tochter nur helfen. Die Schande, die man ihr angetan hatte, konnte kaum jemand rückgängig machen. Deswegen war es jetzt auch am besten, einfach einsichtig zu werden und ganz schnell diesen Mann zu vergessen.

„Es tut mir Leid! Wenn ich etwas für dich tun kann, dann lass mich rufen.“ Die Flinte ins Korn zu werfen, war ja nicht Juans Art, aber er war deprimiert und traurig darüber, dass er ihr nicht so einfach helfen konnte.

Kaum dass er sich herumgedreht hatte, lehnte sich Lolita aus dem Fenster und rief ihm nach. „Juan!“

Er blieb stehen, drehte den Oberkörper halb herum und sah hinauf zu dem schönen Mädchen, mit den Augen die wie Kristalle funkelten.

„Würdest du mir den Gefallen tun und jemanden für mich besuchen? Gleich morgen?“

Verwundert sah er Lolita an und ahnte doch ein Stück weit, dass sie mit Sicherheit ihn zu ihrem Freund schicken wollte.

„Wenn du meinst, ich soll zu deinem Kindheitsfreund gehen, um ihm zu sagen, was vorgefallen ist, muss ich ablehnen. Das gehört sich nicht…“

„Wo denkst du hin? Nein, ich möchte, dass du eine gute Freundin von mir besuchst. Wir haben lange nicht gesprochen, aber gerade fühle ich mich ihr sehr verbunden. Erzähl ihr doch bitte alles…“ Lolita war sich ihrer eigenen Hinterhältigkeit bewusst, denn wenn die junge Dame davon erfuhr, was geschehen war, so würde es nicht lange dauern, dass auch Bernardo es wusste und wer es dann als nächstes erfahren würde, konnte man sich denken…

 

In der lästigen Situation, die ungerechter kaum sein konnte, machte Juan natürlich alles, um seine neu gewonnene Freundschaft nicht zu belasten. Schon allein deswegen erfüllte er Lolita ihren Wunsch. Aber auch nur weil es sich um eine Familie handelte, die bloß eine Tochter hatte. Sie war wesentlich jünger. Zuerst verwechselten ihre Eltern den 21 Jahre alten Mann mit einem Freier, der um ihre Tochter werben möchte. Kein normaler Mann nahm den weiten Weg zu einer Familie auf sich, ohne feste Absichten. Natürlich kannte er Lolita nicht gut genug, um zu hinterblicken, welches Wunschziel dahinter steckte. Für ihn war es verständlich, dass sie einer guten Freundin berichten wollte, was geschehen war. Was es bringen sollte, wusste er zwar nicht, aber nie könnte er ihr diesen Wunsch abschlagen. Ihre Eltern hatten die junge Frau in ihrem Zimmer eingesperrt, wo sie bislang nicht erlaubt war nach draußen zu kommen. Sicherlich nur zum Essen. Was sie wohl sicher auch ausschlagen würde, weil sie nun einmal bockig war.

Natürlich freute es die Eltern des 16 Jahre alten Mädchens über alle Maßen einen De la Cruz im Hause empfangen zu dürfen – ihre Vorfreude war dann allerdings auch nur kurz. Er gab sich verdeckt, aber interessiert, das Mädchen kennen zu lernen. Mit keinem Wort log er, aber blieb so verhüllt, dass man seinen wahren Beweggrund nicht erriet. Alleine mit dem Mädchen zu sprechen war der einzige Wunsch, den er äußerte. Sie leckten ihm buchstäblich die Stiefel, auch wenn sie nicht gerade arm waren. Der Gutsherr wies bei weitem nicht so gutes Blut auf, wie als Beispiel die Vegas. Es war eine Ehre, denn Juan war der höchste Besuch, den sie sich je hätten vorstellen können. Selbstverständlich machten sie alles zu seiner vollsten Zufriedenheit. Bewirteten ihn und ließen ihre Tochter rufen, mit welcher er sogar erlaubt war, den Garten zu beschreiten.

Für Nikita kam all das total unerwartet und sie fühlte sich überrumpelt. Das Mädchen war jung und hatte sich erhofft, man ließe ihr noch einige Jahre Zeit, ehe der erste Freier in ihrem Haus erschien. Keine Frage, das Mädchen war hübsch, aber ein Mann wie Juan, der viele schöne Frauen kennen gelernt hatte, hätte sie nicht auserkoren, seine Frau zu werden. Man konnte es auf das Alter schieben, und dass er lange Haare bevorzugte. Sie wirkte nervös und brachte kaum ein Wort heraus, als sie einen Pavillon im Garten beschritten und sich dort niederließen. Zwar war sie sehr wohlerzogen und gehorchte ihren Eltern, wie ein treuer Hund, aber obwohl ihr all die Regeln der Etikette vertraut waren, fühlte sie sich einfach nicht bereit einen richtigen Mann zu empfangen.

Juan sah sofort, welch ein Stein Nikita vom Herzen fiel, als er ihr mitteilte, Lolita würde ihn zu ihr schicken mit einer Botschaft. Es ginge Lolita den Umständen entsprechend. Sie weine sich die Augen aus und bräuchte dringend eine gute Freundin als Beistand. Zwar hatte Lolita lediglich gesagt, Juan sollte ihrer Freundin Nikita alles erzählen, weil sie sich ihr verbunden fühlte, was er auch machte, aber Lolita kannte Nikita, seit sie ein kleines Mädchen war. Sie fühle sich ihr verbunden, war ausschlaggebend, dass sie sofort wusste, was Lolita bezweckte. Nikita war nicht einfältig und sehr gute Freunde seit Jahren. Ihr letztes Gespräch lag tatsächlich eine Weile zurück, aber sie war ein Mädchen und Lolita schon so erwachsen. Um einen Rat gebeten hatte die Kleine ihre Große. Dabei ging es darum, dass ihre Eltern gerade anfingen sie darauf vorzubereiten, sich einen Mann zu suchen. Sie hatte Angst davor, welche Männer vielleicht bei ihnen auftauchen würden. Sie konnte nicht so wählerisch sein und eigentlich hatte sie sich gewünscht, eines Tages eine ganz bestimmte Person zu heiraten. Diese Persönlichkeit war wahrlich kein Traumkandidat, aber sie mochte ihn so gern. Dabei hatten ihre Augen gestrahlt und sie war fürchterlich rot geworden. Nikita bewunderte Lolita für ihren Mut, andere Männer einfach so abzuweisen, aber sie war nicht adelig und konnte sich so etwas einfach nicht herausnehmen. Was solle sie denn tun? Lolita war sehr lieb zu ihr gewesen und hatte versprochen, dass sie alles tun würde, damit sie ihren Traummann am Ende auch bekam. Dazu war Lolita jetzt in einer ähnlichen Situation. Die starke und wilde Lolita sollte man dazu zwingen einen Mann zu heiraten, den sie nicht liebte. Es war lächerlich, aber auch eine Lolita konnte wenig dagegen tun, wenn man so etwas gegen ihren Willen entschied. Es war schockierend, was dieser Juan Nikita sagte und sie schüttelte mehrmals den Kopf.

Solche Dinge können doch nur Menschen sagen, die Zorro überhaupt nicht kennen. Ich kann mir so etwas nicht vorstellen… Wenn dem so gewesen wäre, hätte sie es mir gesagt. Da stimmt doch irgendetwas nicht. Das ist gemein. Sie mag doch Diego so gern und hat sich gewünscht, ihn irgendwann zu heiraten. Ich muss etwas tun. Sie hat mir so oft geholfen… Diego wäre bestimmt sehr wütend, wenn er davon wüsste. Er muss es erfahren…

„Tut mir Leid, wenn ich das so sage, aber Lolita ist ein anständiges Mädchen! Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass sie so etwas Ungebührliches getan haben soll.“

„Oh, ein entflammtes Herz tut so manches Mal merkwürdige Dinge, Señorita.“ Juan schien jedenfalls Carlos seine Geschichte abzukaufen. „Es geht um Lolitas Ehre! Deswegen will ihr Vater nicht lange zaudern. Und ich opfere mich ja schließlich für ihr Wohl. Aber es schmerzt mich, dass sie so sehr darunter leidet. Ich weiß überhaupt nicht, was ich tun soll. Doch diesen Freund, den sie dafür benutzt hat, um ihr Problem zu lösen, zu informieren, wäre schändlich.“

Nikitas Augen schimmerten traurig, als er dies sagte. Das wäre ihm egal, Diego liebt Lolita und würde alles für sie erdulden, wenn es sein muss. Wenn nur Bernardo das auch so sehen würde… Würde er doch nur von seinem wilden und ungestümen Wesen etwas zurückstecken und mir zeigen, wie viel ich ihm bedeute. Anstatt den Versuch zu unternehmen, mein Balkonfenster zu erklimmen und mich dazu einzuladen, aus dem Fenster in seine Arme zu springen. So etwas Unmögliches… warum kann er sich nicht einfach mal benehmen?

„Also mir tut die arme Lolita richtig Leid. Gern würde ich ihr helfen… Aber seit meinem 15. Lebensjahr darf ich nicht mehr alleine weg. Und es wäre doch sehr unschicklich, wenn ich mit Euch zu den Pulidos reiten würde, oder nicht? Um so etwas kann ich meine Eltern nicht bitten, aber ich werde versuchen aufmunternde Worte für meine Freundin zu finden. Ich schreibe ihr einfach einen Brief. Würdet Ihr den dann bitte zu ihr bringen? Da würdet Ihr mir einen großen Gefallen tun.“

Nikita war ein gutes Mädchen, sehr aufrichtig und vornehm, aber auch sensibel und einfühlsam.

Wäre sie doch nur ein bisschen älter, dann würde ich vielleicht wirklich… Sie war die Art von Person, die er sich in Sachen Frauen gerne an seiner Seite wünschte. Aber gerade opferte er sich ja für eine Freundschaft… Wie komme ich aus dieser Sache nur wieder raus? Und Zorro… Den interessiert das alles gar nicht. Dann würde er ja endlich mal seinen Hintern bewegen. Wahrscheinlich war es für ihn nur ein Spaß am Rande. Ein Zeitvertreib. Erlösung aus seinem Einsiedler Leben.

 

Meine treue Freundin,

 

es ist lange her, dass wir ein Wort wechselten.

Don Juan hat mir alles zugetragen. Es schockiert mich, so etwas zu erfahren.

Du weißt, dass du mir alles sagen kannst. Auch die sündhaften Dinge. Denn ich würde dich niemals verraten. Aber ich kann einfach nicht glauben, dass du irgendetwas mit diesem Zorro hattest. Zwar ist er immer wieder gekommen, aber so schnell er kam, so schnell war er auch wieder weg. Du verliebst dich doch nicht in Männer, die immer wieder mit dem Wind verschwinden, oder?

Don Juan teilte mir mit, dass es dir sehr schlecht gehen soll. Bitte weine nicht. Wir finden eine Lösung. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Das hast du mir einst gesagt!

Deswegen werde ich schleunigst einen unserer Bediensteten zu Bernardo schicken. Wenn wir ein bisschen übertreiben, wird er es noch schneller Diego zutragen. Ich sage unserem Diener, er soll sagen, dein Leben steht auf dem Spiel. Ehe man dich dazu zwingt, diesen Fremden zu heiraten, stürzt du dich in den Fluss. So einfach ist das. Wie ich Diego einschätze, wird er fliegen lernen, wenn er das hört.

 

In Liebe, deine dir treu ergebene Freundin

Nikita

 

Es war später Abend, obwohl Juan schon nach dem Mittagessen losgeritten war, kam er erst sehr spät wieder. Zugegeben hatte er sich dann doch in ein Gespräch mit der Familie Plata verwickeln lassen. Zudem hatte die junge Dame ihren Brief schreiben müssen. Natürlich war es enttäuschend für die  Familie zu erfahren, dass Juan keine Absichten gegenüber der Tochter des Hauses hatte, sondern gegenüber einer Anderen.

Auf keinen Fall las ein wahrer Caballero den Brief von einer Dame. So etwas musste ein Geheimnis bleiben. Er schnüffelte nicht unerlaubt in den privaten Bereich von jungen Frauen, das gehörte sich eben einfach nicht. Was so etwas anging, war er stets strikt mit sich selbst. Juan wäre auch sehr wütend darüber gewesen, so ausgetrickst zu werden.

Zweifelsohne passte Don Carlos auch auf, wie ein Luchs, dass Lolita ja nicht irgendwen zu Vega schickte, um sich aus der Bredouille retten zu lassen. Das, was sie ausgefressen hatte, würde sie selbst ausbaden. Diego war einfach zu gutmütig und würde aller Vernunft zum Trotz hierher kommen, nur um seiner engen Freundin, der er treu ergeben war, zu helfen. Egal wie schlecht er dabei wegkäme. Schrecklich wäre das, vor allem für Don Alejandro, der nun wirklich oft genug Probleme mit seinem Sohn hatte. Befleckte Ehre konnte man niemals reinwaschen, das wollte Carlos nicht. Es tat ihm leid um den armen Jungen, der so verliebt in seine Tochter war und jeden Unfug mitgemacht hätte. Dieses Mal würde dieses ungezogene Kind nicht um seine Strafe drumherum kommen. Schon zulange hatte man ihr so viel durchgehen lassen. Juan erzählte es auch nicht ihren Eltern, dass er für sie zu einer Freundin gegangen war. Ganz manipulieren ließ er sich dann doch nicht – aber ein Stück weit schon. 

A bold Caballero - Teil I

 

Zur Abendstunde, kurz nach dem Nachtmahl, um genau zu sein, fragte ein Diener der Platas bei Maria nach Bernardo und sie musste bedauernd mitteilen, er sei von seiner Aufgabe noch nicht zurückgekehrt. Sie habe ihn in die Stadt geschickt, um für den Don etwas Spezielles zu besorgen. Da Nikita aber mit ihrer Botschaft gedrängt hatte, war das natürlich ein herber Schlag. Leider konnte der Bedienstete auch nicht ewig bleiben, auch er hatte schließlich seine Aufgaben. Trotzdem wollte er eine Weile auf den jungen Burschen warten. Als sie die Kutsche hörten und Bernardo seinen Einkauf aus der Stadt auf einen Schlag ins Haus schleppte, lauerte man ihm schon auf.

„Das hat ja gedauert! Wo hast du dich herumgetrieben?“

Ausnahmsweise hatte er sich wirklich nirgendwo herumgetrieben und reagierte natürlich ein bisschen patzig. „Es war viel los in der Stadt! Dafür kann ich nichts!“ Aber der Ton spielte die Musik und patzig war zwar nicht die Wortwahl, aber der Klang seiner Stimme. Das nächste Mal kann sie selbst in die Stadt fahren.

„Du hast Besuch von den Platas! Also eile dich, Junge!“ teilte Maria ihm dann mit, noch im gleichen Moment schmiss er ihr buchstäblich einen der Körbe in die Arme und stürzte voller  Vorfreude los.

„Unfassbar“, ärgerte sie sich, denn der Junge hatte den restlichen Einkauf auch stehen lassen, und war ins Haus geeilt.

„Oh, Pedro, schön dich wiederzusehen“, sagte er jetzt doch etwas höflicher, obwohl es sich nur um einen Hausdiener handelte, war ihm die Beziehung zu der Familie Plata doch wichtiger, als es den Anschein machte. „Hat sie mir geschrieben?“ So gestrahlt hatte der Junge schon lange nicht mehr. Es war offensichtlich, dass er eine Schwäche für Nikita hatte, so wenig er dies zugeben wollte.

„Sie wies mich auf die Dringlichkeit hin, mit der sie mir aufgetragen hat, dich aufzusuchen. Es scheint etwas Schlimmes geschehen zu sein.“

Sofort stockte Bernardo der Atem und er war sofort in heller Aufregung und Sorge. „Hoffentlich irren Sie sich.“ Natürlich dachte er bei etwas Schlimmes vor allem an Nikitas Familie, nicht an irgendwen sonst.

Man übergab ihm einen Brief, mit einer wunderschönen Handschrift, deren edle Worte sofort darauf schließen ließen, dass die Verfasserin aus besseren Verhältnissen stammte als der Junge. Aber auch er war ein Vega und durfte damit angeben, wenn er sich nur entsprechend benommen hätte.

 

Mein liebster Bernardo,

 

ich bin untröstlich, dass ich in diesem Brief eine nicht so erfreuliche Nachricht überbringen muss.

Sie betrifft auch nicht direkt dich. Bitte verstehe mich nicht falsch, aber ich bin sehr besorgt und beunruhigt. Um uns geht es dabei nicht, dessen versichere ich dir. Schlimmer noch, es geht um Lolita! Ihre Eltern mutmaßen, ihre Tochter habe irgendetwas Unzüchtiges mit Zorro getrieben, welches sich nicht schickt. Deswegen beabsichtigen sie die arme Lolita mit einem Wildfremden von blauem Blute zu verheiraten. Er habe sich bereit erklärt, sie auf schnellstem Wege zur Frau zu nehmen. Es sei eine Beleidigung gegenüber deinem Bruder, würde man ihn darum bitten, dass er sich ihrer annimmt. Lolita ist zu Tode betrübt, sie hat sogar angedroht, wenn man sie Zwangs verheiratet, dass sie sich in den Fluss stürzen wird.

Ich bin zutiefst in Sorge um sie. Bitte benachrichtige so schnell wie irgend möglich Diego und teile ihm mit, dass ich von ihm erwarte, dass er jetzt endlich etwas unternimmt! Er kann doch nicht billigen, dass Lolita einen fast Fremden zum Ehemann nehmen muss. Was auch immer sich zugetragen hat, so wissen wir doch beide, dass sie ihm über alle Maßen wichtig ist. Dir sei erlaubt, so richtig zu übertreiben. Wie im Drama. Weise ihn an, er soll für sie jetzt den Helden spielen! Das hat sie sich immer erträumt. Dass ihr Ritter auf dem weißen Ross kommt! Und damit meine ich nicht einen Ritter mit Maske. Einen richtig tapferen Ritter, keiner der sein Gesicht verhüllt.

 

In tiefster Freundschaft

Nikita

 

Unerfreuliche Nachrichten waren niemals gut. Sofort dachte er an Ungnade, und dass sie die Stadt verlassen müssten, das hätte ihn hart getroffen. Der junge Mann zerknitterte sofort das Papier, als er die Zeilen las, in denen es darum ging, es würde ihn indirekt betreffen. Ob nun indirekt oder direkt, es betraf ihn! Beim Lesen, es ginge nicht um sie beide, war er zwar erleichtert, aber der Name Lolita gefiel ihm in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Denn das betraf ihn in der Tat indirekt. Alles was mit Diego, seinem Bruder zu tun hatte, betraf ihn. Alles, was diesen verletzte, würde Bernardo doppelt und dreifach treffen. Kaum jemand in dieser Welt war ihm wichtiger. Wirklich weiterlesen musste Bernardo nicht, denn es reichte ihm eigentlich zu erfahren, dass Lolita verdächtigt wurde Unzucht mit Zorro getrieben zu haben, deswegen also gezwungen werden sollte, sich irgendeinen Mann zu nehmen. Es reichte aus, um Bernardo so wütend zu machen, dass er den Rest des Briefes erst einmal quetschte und das Papier anschließend etliche Knitter aufwies.  „Das darf jawohl nicht wahr sein!“ spie er zornig aus, faltete den Brief dann aber wieder auseinander, da sie noch mehr geschrieben hatte.

„Was soll das denn wieder heißen? Eine Beleidigung, ihn zu bitten! Man muss Diego nicht darum bitten, darauf kommt er ganz alleine!“

Bernardo gestikulierte wütend vor dem Gesicht des Dieners. „Ich danke dir! Richte Nikita aus, dass ich ihr zu großem Dank verpflichtet bin! Sie soll sich keine Sorgen mehr machen! Ich regle das! Und nun geh, bevor du Ärger mit der Familie bekommst!“

Nachdem er den Diener weggeschickt hatte, las er die restlichen Zeilen.

Ehrlich gesagt, der Junge teilte Nikitas Sorgen, denn wenn Lolita etwas androhte, dann würde sie es zweifellos wahr machen. Sie war kein Mensch der Worte, sondern der Taten. Es war ihr zuzutrauen, drastische Maßnahmen zu ergreifen, wie Suizid zu begehen, und das fand er gar nicht gut. Beim besten Willen wusste Bernardo nicht, was es da zu übertreiben gab. Die Sache war schlimm, wie man sie darbot. Lolita drohte ihren Eltern, sich umzubringen, also waren sie uneinsichtig und wollten sie wohl allen Ernstes zwingen.

„Wie ich Adelige hasse. Diego und Lolita scheinen die Einzigen zu sein, die normal sind. Er wird toben vor Wut, wenn er das erfährt!“ war sich Bernardo sicher. Ohne die ernste Lage, hätte er geschmunzelt, dass Nikita der Ansicht war, Diego solle sich auf seinem weißen Ross zu den Pulidos begeben, aber die Maske weglassen. Es war ein Umstand, der durchaus sehr lustig war, wenn man bedachte, dass Diego Zorro war. Dennoch war ihm nicht zum Lachen zumute, eher zum Schreien.

Vor nicht allzu langer Zeit hatte Diego sich gewünscht, man möge ihm seine seltsamen Träume erfüllen, in denen er wortwörtlich sein eigenes Drama spielte. Manchmal war sein Bruder ein bisschen eigenartig, aber da hatte dieser sein Drama – mit ungewissem Ausgang.

Als Bernardo hinauf stürmte, den Brief erneut achtlos zerknittert, lag Diego gerade faul auf dem Bett und las eines seiner Bücher.

„Es ist etwas Furchtbares passiert!“ rief er in das Schlafgemach hinein und es dauerte noch einige Sekunden, bis Diego von seinem Buch abgelassen hatte, um ihm einen Blick zu schenken. „Lolita…“

„Was ist mit ihr?“ Grundsätzlich musste der Junge kaum mehr sagen, als dass etwas mit Lolita war und Diego sprang in aller Aufregung auf. Immerhin hatte er sich, was das anging, kein bisschen verändert. Es war wie am ersten Tag, das machte Bernardo doch ziemlich froh, weil er ihm vor kurzem sehr kaltschnäuzig vorgekommen war.

„Verheiraten wollen sie sie, Zwangs verheiraten! Mit diesem Don Juan aus Monterey!“

Sehr beängstigend klang das nicht in Diegos Ohren, insofern verstand der Adelige auch den Wind nicht, den Bernardo unnötig machte. Ihm war sogar danach, ihn auszulachen. „Darum machst du dir Sorgen? Ich weiß nicht, wer mir in dem Fall mehr leidtun soll. Don Juan oder ihre armen Eltern.“ Seine mangelnde Besorgnis wollte Diego wenigstens  erläutern, schließlich stieß er sofort auf unverständliche Miene von seinem kleinen Bruder. „Sie soll so vieles und tut es nicht. Den wird sie hinfort wedeln, wie eine Stechmücke.“

„Wie kann man nur so eine ruhige Kugel schieben?“ wunderte sich Bernardo. „Ihre Eltern haben wohl klipp und klar gemacht, dass es keine andere Möglichkeit gibt. Sie wollen dich nicht beleidigen, indem sie dich darum bitten, sie zur Frau zu nehmen.“

„Mich bitten? Was soll dieser Unfug?“ Anscheinend hatte er etwas falsch gemacht, man musste ihn doch nicht bitten. So gehörte sich das ja auch gar nicht – er musste bitten, um ihre Hand anhalten bei Don Carlos, oder etwa nicht? „Soll das heißen, sie bezeichnen ihre Tochter als nicht gut genug für mich?“ Für ihn klang das alles andere als rosig, und er fragte sich insgeheim, welchen Eindruck er bei der Familie hinterlassen hatte. Vor allem, was sie von ihrer Tochter dachten. Was hatte sie nur gemacht?

„Der Grund ist, dass DU dich als Zorro an sie herangemacht hast. Weil du dich nicht im Griff hattest! Jetzt kriegst du dein Drama!“

„Du hast offensichtlich schon wieder zu heiß gebadet. Ich habe mich nicht an sie herangemacht, das liegt mir fern. Das Einzige, was ich ab und zu tat, war ihr zu Hilfe zu eilen. Da war sie aber bei weitem nicht die einzige Person. Warum muss man das so aufbauschen? Ah, da kriege ich ja Kopfschmerzen.“ Diego fasste sich symbolisch an den Kopf.

„Es war die Rede von ihrer unzüchtigen Tochter. Und Lolita ist bereit, so weit zu gehen, ihren Eltern anzudrohen, dass sie sich umbringen wird, wenn man sie mit Juan verheiratet.“

„Hey, das ist ja sogar für Lolitas Verhältnisse drastisch.“

Bernardo fand einfach, dass Diego zu ruhig und besonnen war in dem Fall und ging an ihn heran. „Nikita ist fürchterlich besorgt und erwartet VON DIR, dass du etwas unternimmst!“ Der Junge schnaubte. „Und ich auch! Du kannst sie ja nicht so hängen lassen… Was, wenn sie sich wirklich etwas antun würde? Du wärst der Erste, der hinterher springt, oder nicht?“

Ganz unwahr war es nicht, denn wenn man es ganz genau betrachtete, hatte er so etwas schon einmal getan. Trotzdem schien die Tatsache ihm nicht auszureichen, um Lolita so etwas Fürchterliches anzutun. Während Diego noch schwer damit beschäftigt war, zu verstehen, warum Don Carlos seiner Tochter so etwas zumuten wollte, drückte der Rotbraun haarige ihm Nikitas Brief in die Hand. „Lies es! Sie ist krank vor Sorge!“

Mitnichten, Nikita war nicht allzu schwer in Sorge zu versetzen.

Eisblaue Augen huschten über den Text und erspähten die wichtigen Details, die der Junge einfach nicht dramatisch genug dargestellt hatte. Es ging hier darum, dass man eine Hypothese aufgestellt hatte, Lolita und er, ZORRO seien unzüchtig gewesen. Im Endeffekt musste man Carlos noch danken, wenn er ihn vor der Schande bewahrte, ihm seine beschmutzte Tochter anzudrehen. „Was für ein Wahnsinn!“ Einiges war im Argen. Von eisig kalt, zu brühend heiß, hatte sich seine Gefühlswelt gewandelt. Diego war im Regelfall relativ gelassen, ziemlich lange. Aber gerade empfand er nur grenzenlose Entrüstung, diese ließ den Brief letztendlich in Fetzen zu Boden segeln. Seine Augen waren nie entflammter gewesen, wie in dem Moment, als ihm bewusst wurde, was hier gespielt wurde. „Wenn jemand ihre Sünden reinwäscht, dann bin ich das!“ Nicht nur, dass Diego den Brief wie ein tollwütiger Hund zerfetzt hatte, seine Faust donnerte auch gegen eine Stange am Bett und für einen kurzen Moment hätte man glauben können, die Hazienda bebte. So aufgebracht hatte Bernardo ihn nie gesehen, aber er konnte kaum leugnen, dass er einen vor Wut entbrannten Diego so schlecht nicht gefunden hatte. Gefiel ihm wesentlich besser, als wenn er seine Schmierenkomödie abzog. Sogar Lolita scherzte darüber, dass sein Tun vielleicht ja gar kein Schauspiel gewesen sei. Jetzt konnte er dann ja beweisen, dass dem nicht so war.

Es brachte Diego zur Weißglut, immerhin ging es ja um ihn und somit war er sogar dazu verpflichtet, sich um diese Angelegenheit zu kümmern. Wirklich, das war doch lächerlich, ihr so etwas zu unterstellen. Für so bescheuert hatte er ihre Eltern de facto nicht gehalten, dass sie an Ammenmärchen glaubten. Die Leute reden immerzu, die Hälfte stimmt meistens nicht…

Natürlich dauerte es nicht lange, dass er von seinem Bruder verlangte, ihm ein Pferd zu satteln, er wolle sich noch schnell etwas Schickeres anziehen, um Eindruck zu schinden. Gleich darauf verlangte er seinen Degen, der anschließend an seinem Gürtel prangte. Es war an der Zeit, dass sie ihn jetzt richtig kennen lernen.

„Schau nicht so verdutzt! Nur für den Fall, dass man mich nicht ernst nehmen will. Reine Vorsichtsmaßnahme!“ Genau wissen, warum er jetzt der Meinung war, mit einem Degen herumlaufen zu müssen, tat er nicht. Diego war sich selbst freilich nicht klar, was gerade in ihm vor sich ging. Er war böse auf Lolitas Familie und wollte nicht, dass man ihn für harmlos hielt. Das tat man andauernd.

Diese Leute würden aus allen Wolken fallen, einen Degen an Diegos Seite zu sichten, denn den hatte er bisher immer schön daheim gelassen, weil er auf keinen Fall in die Situation kommen wollte, sich duellieren zu müssen, da mimte er lieber den Schwachen. Und er wollte doch jetzt endlich damit aufhören, und Lolita nicht mehr als nötig beschämen.

 

Es kam, wie es kommen musste, Bernardo stürmte raus, Diego verließ sein Zimmer und begegnete draußen seinem Vater. Der Junge war schnell genug im Verduften, ganz anders als er selbst gerade.

„Wohin des Weges? Für was hast du dich so herausgeputzt? Gehst du aus?“

„Herausgeputzt nennst du das? Dann hast du mich noch nicht im Element erlebt. Ich habe etwas Wichtiges zu tun. Aber dazu später.“ Gerade wollte der adelige Stammhalter keine unnötige Diskussion heraufbeschwören, deswegen ließ er seinen Vater lieber im Dunklen tappen. Sich entschuldigend, ging Diego zurück ins Zimmer und zog eine Kiste unter dem Bett hervor, wo er zwei Säcke mit Goldmünzen hervor holte. „Seien wir eben drastisch für den Fall der Fälle. Der lernt mich jetzt kennen.“ Auf das Schlimmste vorbereitet zu sein, war niemals verkehrt. „Ein edler Mann sollte über genügend Mittel verfügen, um sich durchzusetzen. Manneskraft, Mut, Geld“, wiederholte er für sich selbst und schmiss die Beutel einmal hoch, sie landeten mühelos in seinen Händen. „Zunächst versuchen wir es mal mit friedlichen Worten. Wenn das nicht nützt…“ Seine Augen verzogen sich zu gefährlichen Schlitzen, als gerade Bernardo zurück zu ihm kam.

„Dann hoffe ich mal für Don Carlos, dass er vernünftig sein wird, nicht dass du ihn noch aufschlitzt!“

„Ach, wo denkst du hin? Ich kann mich nun wirklich beherrschen. Zum Äußersten gehen, mag ich nicht. Sollte er aber aufmüpfig sein, kann ich ihm immer noch einen Teufel aus der Hölle schicken.“ Mit Teufel aus der Hölle war außer Zweifel Zorro gemeint. Zurück war sein freches Lausbuben Grinsen, was er schon so oft gezeigt hatte. Beim an Bernardo vorbei Huschen tätschelte er ihm immer noch den Kopf, aber der ließ es sich gefallen.

„Nimm mich mit!“ Der Junge rannte ihm nach, in den Hof und beide stiegen auf die Kutscher Position, um mit der doch etwas anmutig wirkenden Carozza sich auf den Weg zu machen. Zurück ließen sie ihren Vater, der aufs Tiefste aufgewühlt war, weil er die wilden Gerüchte in der Stadt beileibe auch den Umlauf hat machen hören. Er vertraute dessen ungeachtet darauf, dass sein Sohn das Richtige machen würde. Das Erfreulichste in dem Fall war, er plante eben nicht als Zorro dorthin zu gehen. Es gab Dinge, die musste man einfach als der Mann ohne Maske tun. Seine Liebste zu verteidigen beispielsweise.

 

Spät war es, dagegen nicht zu spät für einen Überraschungsbesuch. „Mir wäre wohler, wenn du in der Kutsche bleibst“, flüsterte Diego zu dem Kleinen. „Du bist mir zu impulsiv.“ Unter keinen Umständen durften sie hier frech werden, so wütend sie die Sache auch machte, es ging darum, die Sache diplomatisch anzugehen. Ihm fiel das schwer genug, der Junge würde am Ende noch ausrasten und den Mund aufreißen, wie so oft.

„Ich will dir beistehen.“

„Das ist nett von dir, aber am dienlichsten bist du mir, wenn du diesmal einfach mich reden lässt. Sage unter keinen Umständen blindlings irgendetwas. Überlasse alles mir, egal was passiert.“

So schwer es dem Jungen fiel, seinen frechen Mund zuzulassen, nickte er, was man als Versprechen ansehen konnte.

„Nimm du die Geldbeutel, obwohl ich ja hoffe, so weit nicht gehen zu müssen, das wäre schändlich.“

Bernardo tat wie ihm angewiesen wurde und beide gingen hinein, suchten sich den erstbesten Diener, der den Hausinhabern Bescheid gab. Auch Menschen, wie er, konnten nicht einmal so in Häuser hereinspazieren, ganz egal, wie nahe sie sich zu stehen pflegten. Das gehörte sowieso der Vergangenheit an, schien es. Besondere Begeisterung verspürte Diego nicht bei Carlos, als er dessen Gesicht erblickte. Das schlichte Guten Abend ließ nicht darauf schlussfolgern, dass sie hier gern gesehen waren, geduldet höchstens. Sofort fiel dem Hausherrn die ungewöhnliche Aufmachung von Alejandros Sohn auf, ebenso sein nicht wenig verärgert wirkender Gesichtsausdruck. „Was führt dich zu uns, Diego?“ fragte er trotzdem.

„Oh, ich glaube, das wissen Sie ganz genau.“

Für einen Moment glaubte Diego, bei Lolitas Vater die Schweißperlen der Angst zu sehen und das verängstigte Funkeln hinter den Augen. Dieser schien genau zu wissen, was ihm blühte.

„Darf ich wohl eintreten? Ich hoffe, Doña Catarina ist auch anwesend. Ich möchte, dass sie nichts versäumt.“

„Meine Frau? Mir schwante, die Anwesenheit meiner Tochter sei dir wichtiger, als die meiner Frau.“

„Es gibt Dinge, die muss Lolita nicht hören oder sehen“, sagte Diego sachlich, lächelte dabei aber so süffisant, dass Carlos eine Ahnung hatte, ihm könnte Schreckliches blühen. Er ließ Diego passieren und bot ihm natürlich sofort einen Sitzplatz auf der Couch im Salon an. Höflich waren sie immer noch, immerhin reichte ein Wort von Diegos Vater und es würde ihnen äußerst schlecht ergehen. Er war der am höchsten angesehene Mann in der ganzen Gegend, wenn nicht sogar in ganz Kalifornien. Don Carlos ließ augenblicklich nach seiner Frau schicken und ließ ihr auch gleich mitteilen, aus welchem Grund. Deswegen kam sie auch ein bisschen gehetzt in den Salon und brachte gleich den Wein.

Diego sah den guten Wein der Pulidos und winkte ablehnend mit der Hand. „Wir haben nichts zu feiern, Catarina.“ Sein eiserner Blick ergriff gnadenlos den Hausherrn und fesselte ihn mit seinen Augen. „Mir ist zu Ohren gekommen, Ihre Familie wird von so einem Mann heimgesucht, der eurer Tochter nachstellt. Ich würde diesen Unhold gerne kennen lernen, der unserer geliebten Lolita Tränen beschert.“ Es waren nur Spielchen, wie man sie in Spanien zu treiben pflegte, indem man unschuldig und unwissend tat. „Ihr wisst ja, wir sind Freunde. Kein anderer Mann beschert meiner Lolita Tränen.“

Auf die Weise hatten beide Diego noch nie sprechen hören. Seine Augen eilten von links nach rechts. Von Carlos zu Catarina. Er schien ihm nervöser als die Hausherrin.

„Diego!“ mahnte sie ihn, und dazu hatte sie keineswegs das Recht. „Diese Tränen hat sie sich selbst zuzuschreiben. Hör doch bitte endlich damit auf! Du weißt auch alles zu entschuldigen, was unsere Tochter tut. Du kannst so ein ungezogenes Fräulein unmöglich immer noch zu deiner Ehefrau nehmen wollen! Dein Vater wäre untröstlich. Am Ende wird er dich enterben, es wäre so schade um das schöne Geld.“

Es war kein Geheimnis, wie Lolitas Mutter tickte. Sie war bei Weitem verschwenderischer, als ihre manchmal anmaßende Tochter. Ihr Mann, Don Carlos musste ihr das luxuriöse Leben auch bieten können, das konnte er schon seit langer Zeit nicht mehr.

„Es gibt Bedeutsameres, als Geld! Euch mag das genügen, mir jedoch nicht. Ich will Glück und Zufriedenheit. Für Lolita. Glaubt ihr allen Ernstes, ich werde zusehen, wie sie an einen Mann verschenkt wird, der es nicht vermag ihre Sehnsüchte zu stillen? Ich kenne sie mein ganzes Leben lang, ich mag mir einbilden, zu wissen, wonach ihr Herz dürstet. Ganz bestimmt nicht nach meines Vaters Geld. Sie will vor allem eines! Einen Mann heiraten, der sie aufrichtig liebt. Sie weiß, dass ich das bin und ich schwöre, keiner müsste sie dazu zwingen, meine Frau zu werden. Eine schlichte Frage, ob sie es möchte, würde genügen. Sie würde sofort JA sagen.“

Doña Catarina machte eine tiefe Schnappatmung bei Diegos plötzlichem Hochmut. „Mein lieber Diego, verzeih mir meine Worte, aber du bist einfältig und dumm. Ein einziger Kuss ist noch lange kein Liebesbeweis. Junge Mädchen küssen sich mit vielen Männern, vor allem wenn sie so wild sind, wie meine Tochter. Sie war verzweifelt und hat sich verschmäht gefühlt. Das war der einzige Grund, weshalb sie dich küsste. Glaubst du allen Ernstes, dass sie dich lieben könnte?“

Will sie mich beleidigen? Wie anmaßend, mir so etwas an den Kopf werfen. Das ist echt die Höhe!

„Oh, nicht doch! Das ist mir gar nicht so wichtig. Ich will nur, dass sie glücklich ist und das wäre sie gewiss an meiner Seite.“ Bemüht ruhig zu sprechen, wählte Diego seine Worte sehr geschickt und ließ sich nicht das Geringste anmerken, wie wütend er eigentlich war.

„Das hat sie aber leider nicht verdient, das Luder!“

„Wer meine Liebe verdient und wer nicht, ist immer noch einzig und allein meine Entscheidung, Doña Catarina!“ Als er Lolitas Mutter direkt ansprach, wurde Diego bewusst lauter, bestimmender. Er ließ sich hier doch keine Befehle erteilen.

„Es geht hier nicht darum, was meine Tochter will!“ legte Don Carlos zwischen. „Sondern, was gut für sie ist, Diego! Und so Leid es mir auch für dich tut, weil du sie anscheinend wirklich magst, das bist nicht du! Geh nach Hause, Diego! Bringe deinem Vater keine Schande. Don Alejandro ist ein guter Mann, den ich überaus schätze, so wie dich. Ich kann nicht zulassen, dass sie mit dir spielt.“

Sie spielt nicht mit mir… Das hat sie noch nie getan!

„Ich will diesen Unsinn nicht mehr hören! Habt ihr die erwachsene Lolita danach gefragt, welchen Mann sie sich als ihren Gatten wünscht? Ich glaube kaum! Ihr habt ein 17-jähriges Mädchen gefragt, was für ihren Helden schwärmte. Jedes blauäugige Mädchen in ihrer Situation hätte sich in ihn verliebt. Er neigt eben dazu, Frauenherzen höher schlagen zu lassen. So etwas muss man doch nicht aufbauschen. Das hat nichts mit Liebe zu tun, so etwas nennt sich Schwärmerei. Jedem passiert das einmal im Leben. Auch ich schwärmte für irgendwelche Frauen in Spanien, die unerreichbar für mich waren. Denn genau das ist es, Zorro kommt und geht wie der Wind. Niemals weiß man, ob er wiederkehrt. Lolita ist nicht so dumm, sich ernsthaft in einen solchen Mann zu verlieben. Sie wünscht sich einen Mann, der an ihrer Seite ist und auch für immer bleibt.“

„Wie brav du alles schön reden kannst“, erwiderte Catarina. „Das konntest du schon immer. Unzucht bleibt Unzucht, egal wie du es drehst und wendest! Sie hat sich Zorro wollüstig in die Arme geworfen, und als sie einsehen musste, dass er sich nicht so sehr für sie interessiert, wie sie zunächst geglaubt hat, warst du einfach nur da!“

„Würdet ihr mir bitte die Freiheit lassen, für mich selbst zu entscheiden, was ich will? Ich bin kein kleiner, dummer Junge, der beschützt werden muss. Und wenn schon, dann war ich eben zum rechten Zeitpunkt da! ZUM GLÜCK!“ Diego missbilligte das Verhalten von beiden. „Es gefällt mir nicht, wie ihr beide über unsere Zukunft entscheidet! Dieses Schiff wird eines Tages sowieso untergehen und alle mit diesem. Ich möchte nicht an Bord sein, wenn das passiert. Euch steht das Wasser bis zum Hals und trotzdem macht ihr immer weiter so. Wie viele Male haben wir hier gesessen, nur weil Carlos sich wieder übernommen hatte? Und wofür? Damit Sie, Madame ein angenehmes Leben führen können!  Woher ich das weiß? Lolita hätte mir alles erzählt! Ich WEISS, dass sie nichts Falsches getan hat. Sie für etwas zu bestrafen, was niemals passiert ist, ist das nicht ein bisschen hart? Denkt doch bitte ernsthaft darüber nach.“

„Jetzt ist Schluss, Diego! Lolita wird diesen ehrbaren Mann heiraten und dann wird sich für sie so manches ändern. Sie steht gewissermaßen in seiner Schuld. Er ist bereit, ein Mädchen zu heiraten, was bereits mit einem anderen Mann zusammen gewesen ist, das ist mehr als edel von ihm. DU machst das nicht uneigennützig. Du versuchst ihr nur zu gefallen. Ein richtiger Mann muss kämpfen und nicht reden. Manchmal muss er auf alles verzichten für die Frau, die er liebt. Ein Mann, der so wenig stolz besitzt, sich alles von seiner Frau gefallen zu lassen, wird eines Tages von ihr betrogen werden. Du bist nicht der Typ Mann dafür, der ewig auf Zuneigung warten kann. Ein sensibler Mensch, wie du, wird daran zugrunde gehen.“

„Lieber gehe ich zugrunde, als dieser Sache hier zuzustimmen, Doña Catarina!“ Ich würde durch’s Feuer gehen für sie. Wenn es sie glücklich machen würde.

 

Bernardo hatte sich all das angesehen, aber das ertrug er nicht länger, deswegen verließ er ohne ein Wort den Raum, was durchaus unhöflich war.

Draußen seufzte er leise. Diego lamentierte seit guten fünfzehn Minuten. Ich hätte dich gleich als Zorro herschicken sollen. So gut Lolita es bestimmt finden würde, wenn Diego sie rettet. Sie nehmen ihn kein Stück ernst. Zorros Degen, den würden sie gewiss ein bisschen ernster nehmen. Carlos ist ein Feigling, er würde zittern wie Espenlaub.

Es war scheußlich, das mit anzusehen, wie Diego sich den Mund fusselig redete und sie doch nicht davon überzeugen konnte, das Richtige zu tun. Und mich? Was erwartet mich am bitteren Ende? Wird es mir genauso ergehen? Werde ich genauso dasitzen und auf sie einwirken? Am Ende werde ich noch weggeschickt, weil ich ihnen nicht gut genug bin.

 

Kaum einer vermochte zu sagen, wie sehr leid es Diego war sich mit Lolitas Eltern auseinanderzusetzen. Das ewige Diskutieren lag ihm nicht besonders. Ihm fielen auch keine weiteren Argumente ein, sie wollten partout nicht hören. Wie die meisten Adeligen ignorierten sie alles, was mit Gefühlen zu tun hatte. Sie glaubten ja nicht einmal an sie.

„Die Wahrheit ist, Diego, dass Don Juan um ihre Hand angehalten hat. Lolita hat ihn abgewiesen. Anschließend hat er all unsere Schulden einfach so bezahlt. Wir müssen ihm gerecht werden. Deswegen, und weil meine Frau mir die ganze Zeit verschwiegen hat, wie Lolita sich dir gegenüber aufgeführt hat, kann ich euch nicht erlauben zu heiraten. Es tut mir Leid, aber es ist mein letztes Wort. Mit dem ich dich höflichst bitte, zu gehen, Diego.“

„Ihr letztes Wort? Und wie hat sich Lolita mir gegenüber denn aufgeführt? Ich erinnere mich nicht daran, dass sie sich jemals schlecht benommen hätte.“ Gerade hörte man, wie Diego seine Geduld verlor und seine Stimme zu beben begann. Egal wie besonnen er wirkte, die Wut toste immer noch wie ein Orkan in ihm. Sie wollten ihn jetzt allen Ernstes des Hauses verweisen? Mehr beleidigen konnte man ihn kaum.

„Stell dich nicht dümmer als du bist!“ fuhr Catarina den Jüngeren an und wollte ihn am liebsten dafür ohrfeigen, dass er sich so dumm stellte. „Zwar bist du immer feige abgehauen, aber auch du hast mitbekommen, dass sie nur Augen für Zorro hatte. Hätte er sich um sie bemüht, hätte sie dich nur wie Luft behandelt. Nur weil er sich nicht um sie scherte und sie das wohl doch gekratzt hat, hat sie dich genommen. Hat sich in deinen Armen gewogen und dich mit ihren lieblichen Küssen verführt.“

Es war so absurd, dass Diego sich kaum zügeln konnte und zu lachen begann, bei den Worten, die Catarina wählte. Diese verstand überhaupt nicht, wie Diego darüber so einfach lachen konnte.

„Dass Lolita irgendetwas Unzüchtiges mit Zorro getrieben hat, ist lächerlich, wäre es nicht amüsanter, wäre ich der Unhold gewesen, der so etwas Ungebührliches getan hätte?“ Die Augen des jungen Mannes wirkten herausfordernd, als sie die Hausherrin anfunkelten. „Es ist nur so, dass keiner mir das je zutrauen würde. Um genau zu sein, war ich es, der sie in seinen Armen wog und auch derjenige, der sie küsste. Nicht anders herum.“ Seine Männlichkeit ließ er sich hier noch lange nicht absprechen. „Und mehr ist auch nicht gewesen! Ich will das jetzt endlich klarstellen! Vielleicht kommt das für Sie beide ein bisschen überraschend, aber sie äußerte den Wunsch an meiner Seite zu sein. Muss man denn noch deutlicher werden?“

 

Das Klopfen an der Tür hatte keiner wahrgenommen, aber der Aristokrat stand schon eine ganze Weile im Raum und beobachtete den Neuankömmling und Lolitas Eltern.

Klatschen war im Raum zu hören, inmitten ihrer gegenseitigen Verschmähung.

„Applaus, Applaus.“ Don Juan schritt zu ihnen herüber und Carlos und Catarina waren sofort erschrocken, ihn zu sehen. Aber das mussten sie nicht, schließlich war er ja auf ihrer Seite. „Dazu gehört schon eine ordentliche Portion Flegel, ein Mädchen aus gutem Hause verführen zu wollen. Wahrscheinlich wollt Ihr jetzt einen Orden, mein Herr. Ihr und dieser Zorro, so langsam glaube ich, dass ihr unter einer Decke steckt. Es geht doch nicht mit rechten Dingen zu… Als ich sie fragte, ob sie sich vorstellen kann, meine Frau zu werden, hat sie mit dem Grund abgelehnt, an ihren Jugendfreund ihr Herz verloren zu haben – und danach erfuhr ich, dass sie mich anlog. Nicht an ihn hat sie ihr Herz verloren, sondern an diesen Zorro. Da ich sowieso davon ausgehe, dass Ihr und Zorro euch sehr gut kennt – bestellen Sie Señor Zorro doch bitte einen lieben Gruß von mir. Er möge sich doch zu erkennen geben, damit wir beide es wie Ehrenmänner austragen können. Sollte er nicht kommen, werde ich Lolita heiraten – und zwar noch nächsten Monat! Es ist alles geregelt! Das Aufgebot bestellt! Und wenn dieser Bandit sich weigern sollte, werde ich sie mir nehmen. Die Armee geht davon aus, dass sie ihm wichtig sei. Bisher sieht mir eher so aus, als sei er ihr wichtig, sonst nichts. Was für eine traurige Welt das doch ist. Ein hübsches Mädchen, bis über beide Ohren verliebt in ihren Banditen – und es kümmert ihn nicht.“

 

Und die Eifersuchtsglocken läuteten hell und schrill. Blitze durchzogen all seine Sinne, elektromagnetische Entladung tief im Inneren des dunkelblonden Mannes. Meistens reichte eine kleine Reibung, um etwas gar Furchtbares heraufzubeschwören. Ein kleines Kitzeln nur, es konnte Explosionen und Feuer verursachen, was bereit war alles zu vernichten, was einem in die Quere kam. In diesem Fall ein extrem arrogant wirkender Aristokrat, der Drohungen aussprach, die dem Anschein nach ernst zu nehmen waren. Mit wenig Worten hatte er all das Feuer und Elektrizität in dem Vega entfacht, die möglich waren zu entzünden.

„Juan bitte – wir kommen schon klar! Diego ist ein Freund der Familie und harmlos“, sagte Carlos.

„Ich habe Augen im Kopf“, entfuhr Juan und er glaubte nicht daran, dass der Junge auch nur halb so harmlos war, wie man ihn hinstellte. Machte gemeinsame Sache mit einem Banditen – so jemand war mitnichten harmlos. Er wusste, wann er einen Verräter sah.

„Was maßt du dir an, du Wicht? Was bildest du dir ein, über ihr Leben entscheiden zu wollen?“ verlor Diego gänzlich seine guten Manieren, dabei war er aufgesprungen und war mit großen Schritten auf Don Juan zu, aber er rechnete nicht mit so viel schlechtem Benehmen, dass er sofort seinen Degen ziehen und ihn stoppen würde, indem er diesen an seine Kehle schnellen ließ. „Keinen Schritt weiter, oder Ihr seid ein toter Mann, Señor! Ich sagte, ich duelliere mich mit Zorro, nicht mit Euch.“

Damit brachte Juan Diegos Fass noch ein bisschen mehr zum Überlaufen. Ach so? Hinter Zorro sind wir her! Noch schlimmer! Wer um alles in der Welt hat ihm gesagt, dass ich so funktioniere?

Diego war ziemlich verärgert und im ersten Moment dachte er an Carlos und Catarina selbst. Es war sogar gar nicht so abwegig, immerhin dachten sie…

Die Situation schien ihnen komplett zu entgleiten. Aber eine Sache war wirklich suspekt und absonderlich. Alles sprach dafür. Lolita hatte von morgens bis abends sich ihren Schwärmereien für Zorro hingegeben. Niemals, nicht einmal war Diego auch nur ansatzweise so explodiert vor Eifersucht wie in dem Moment, als Juan ihn damit bedrängte, Lolita gegen ihren Willen heiraten zu wollen. Auf Juan so eifersüchtig reagieren, aber auf Zorro nicht einmal das kleinste Bisschen. Die Sache stinkt. Macht er etwa wirklich gemeinsame Sache mit Zorro? Hat er Lolita etwa am Ende Diego überlassen? Oh Gott. Wie schrecklich… Catarina war einfach nur bestürzt. Es gab eigentlich nichts Schlimmeres für einen Mann, als wenn man ihm eine Frau kampflos überließ.

„Diego, nein!“ Sie wusste, was ihm vorschwebte und sie war so heilfroh, dass Alejandros Sohn selten Handschuhe trug, sonst wäre Juan jetzt wahrscheinlich sofort einer entgegengeflogen, direkt ins Gesicht.

Ein Duell auszuschlagen war so etwas wie die höchste Beleidigung.

„Zorro duelliert sich doch nicht mit jedem daher gelaufenen Unhold, nur weil er der Meinung ist dem Größenwahn zu verfallen. Tut mir den Gefallen, Don Juan und nehmt ein kühles Bad.“ Es war eine Frechheit, eine bodenlose sogar, Lolita dafür zu benutzen, nur damit er sich mit ihm herumschlug. Wer war er denn? „Wenn Ihr Euch mit Zorro duellieren wollt, müsstet Ihr schon etwas sehr Schlimmes tun! Einen Unschuldigen verletzen, beispielsweise. Wollt Ihr echt so tief sinken? Die ganze Stadt redet von Euch, als wärt Ihr ein Held. So ein Pech! Diese Art von Leuten meidet er leider.“

Juan schnaubte verärgert, als man ihm so etwas mitteilte. „Wir werden ja sehen, ob er mich ignorieren KANN!“ Der Degen strich einmal ganz sachte, ohne wirklich eine Verletzung zuzufügen über Diegos Hals. „Don Carlos möchte, dass Ihr jetzt geht, Señor! Ansonsten werde ich einen Diener zur Garrison schicken, damit man Euch verhaftet wegen Hausfriedensbruch. Seid Ihr also so schlau und geht freiwillig, oder soll ich Euch hinausgeleiten?“

Die beiden Männer warfen sich böse Blicke zu. Aber auch mit einer solchen Drohung sah Diego nicht ein, sich aus dem Haus werfen zu lassen.

„Carlos ist nur zu verzweifelt, er würde Euch nie verzeihen, würdet Ihr mir auch nur ein Haar krümmen!“

„Wir werden sehen!“

„Carlos!“ Er sprach ihn an mit der Klinge an der Kehle, was gewiss alle Anwesenden verblüffte, weil sie Diego nie so mutig gesehen hatten. „Wie hoch waren eure Schulden, die der über alle Maßen galante Herr für euch beglichen hat? Ich möchte nicht, dass Sie ihm auch nur einen Centaro schuldig bleiben! Lolita soll nicht für so etwas bezahlen, dafür liebe ich sie zu sehr.“

„Ach, Diego! Du machst es uns nicht gerade leicht! Dein Vater wird dich hochkant aus dem Haus werfen, wenn du auch nur ein einziges Mal für uns sein Geld anfasst!“

„WIEviel?“ Seine Stimme war zunächst laut, wurde inmitten des Wortes aber sanfter.

„Knapp 300 Goldstücke“, antwortete Carlos und Catarina wollte ihn dafür am liebsten schlagen.

„Bernardo!“ rief Diego nach draußen. Der Junge schnellte inmitten des Raumes, und hasste den Umstand, dass Diego sich von diesem Möchtegern bedrohen ließ, obwohl er ihn gewiss besiegen könnte, wenn er nur seinen Degen ziehen würde.

Zwei Geldsäcke landeten inmitten auf dem Tisch der Doña und des Dons. Sie staunten nicht schlecht. „Ihr dürft es behalten!“ grinste Bernardo, was vor allem Catarina fast eine Ohnmacht bescherte, weil sie das Geld garantiert nicht zurückgeben wollte, wenn sie es erst einmal gesichtet hatte.

„Damit könnt ihr zumindest Don Juan sein Geld zurückgeben! Dann muss Lolita ihn auch gar nicht heiraten.“ Diego musste einfach seine Meinung kundtun, um zu verdeutlichen, was ihn dazu bewogen hatte.

„Señor! Das war ein Freundschaftsdienst! Ich verlangte gar nichts dafür! Bringt um Himmels Willen nicht noch mehr Schande über die junge Frau! Was man in der Stadt von ihr und Zorro erzählt, ist schlimm genug! Sie wird einen ehrenvollen Mann heiraten und dann wird das schlechte Gerede schneller abflauen, als man schauen kann! Wenn Sie die junge Frau für sich wollen, dann sorgen Sie dafür, dass dieser Zorro sich hier blicken lässt.“

„Was erlauben Sie sich? Es ist Lolitas Entscheidung, wen sie heiratet und wen nicht! Da haben Sie überhaupt kein Mitspracherecht! Sie glauben doch nicht, dass ich das zulasse!? Darüber hinaus, einen ehrenvollen Mann!? Bin ich etwa kein Ehrenmann?“

Bernardo konnte wenig dagegen tun, dass sein Bruder von diesem Kerl bedroht wurde, ein Blick zur Seite erwischte besonders Carlos dabei, wie er vor Sorge um Diegos Leben fast starb, vor allem weil dieser jetzt auch noch den Mund aufriss, was ihnen so auch noch nie untergekommen war. Seit wann war Diego denn bitte wahnsinnig? Don Alejandro würde ihn grausam ermorden, wenn seinem Sohn irgendetwas passierte. So wie Carlos jeden ermordet hätte, der den Tod seiner einzigen Tochter verschuldete. „Geh doch jetzt, bitte! Er ist ernstzunehmen.“

„Das sehe ich! Wir werden ja sehen, wie das Ganze endet! Und jetzt nehmt endlich dieses spitze Ding weg von meiner Halsschlagader!“

„Wenn Ihr schlau seid, dann werdet Ihr im Anschluss sofort verschwinden!“

Das wütende Funkeln in Diegos Augen verriet ihn wahrscheinlich, aber er durfte hier doch jetzt nicht mit diesem Caballero einen Streit anzetteln. Am liebsten würde ich meinen Degen ziehen. Nein, Diego! Das wäre keine gute Idee.

„Das wirst du noch bereuen, das schwöre ich! Du legst dich mit dem Falschen an!“ Ja, Diego verlor den Respekt gegenüber Don Juan und duzte ihn frech.

Ein belustigtes Lächeln lag auf Juans Lippen und er nahm den Degen zwar runter, jedoch nicht aus Furcht. „Ich bin gespannt.“

Kaum, dass der Degen unten war, schnappte sich Bernardo Diegos Arm und zerrte ihn hinter sich her. Natürlich wusste er, dass sein Bruder nicht gerade erfreut darüber war, aber es musste sein, ehe noch ein größeres Unglück geschah und er Juan attackierte. Wenn er sich dann wehrte und Diego sein Leben verteidigen musste – nicht auszudenken, wenn er ihn töten würde. Dass Juan aber Diego etwas antun könnte, das bedachte Bernardo nicht. Trotz der Geschehnisse aus der Vergangenheit bildete er sich immer noch gerne ein, Zorro sei unbesiegbar und somit auch Diego.

Kaum den Torbogen hinter sich verriet er Diego, was für eine Heidenangst er gehabt hatte.

„Viel gefehlt hätte nicht und du hättest ihn sofort zum Duell gefordert, am besten noch mit dem Geständnis, dass du Zorro bist! Lass uns bloß verschwinden! Schnell!“ Sein Bruder platzte gerade in alles vernichtender Wut. Blitze und Donnergrollen, leuchtendes Feuer, wild lodernd, zu stark, als dass sogar ein Tornado es zu löschen vermochte. Sie beide wussten, dass Diego keinen Kampf scheute, viel schlimmer, er hatte regelrecht darauf gewartet, wieder in den Kampf zu ziehen. Daher war es das Beste, wenn man ihn schnell von Don Juan trennte.

„Bring mich weg, oder ich begehe irgendeine Untat, wie in Lolitas Zimmer steigen, mit ihr zum Fenster raussegeln und sie am Ende zu entführen… Mein Vater wäre bestürzt…“ Das wiederum war seine verrückte Seite, die heute noch dagegen rebellierte, sich vorschreiben zu lassen, was sich gehörte und was nicht. Als Zorro machte er immer alles, was er sonst nicht durfte… Aber er war nicht Zorro, gerade nicht, also musste er sich benehmen.

 

Unehre über die Familie zu bringen war in jedem Fall untersagt. Diego hätte nie etwas getan, was seines Vaters Namen beschmutzt hätte. Schließlich hatte er Zorro nicht ohne Grund erschaffen. Ein Edelmann, mit dem Blut wie das Seine sollte sich nicht für arme Bauern einsetzen, sich nicht mit anderen Leuten seines Standes bekriegen. Alles, was sein Sohn tat, würde eines Tages auf ihn zurückfallen. Gerade erschien die Situation ausweglos. Natürlich wurden beide Jungs von ihrem Vater, von welchen nur einer mit dem blauen Blut der Vegas gesegnet war, erwartet. Diego wich aus, aber anhand seiner Gesichtszüge musste Alejandro ahnen, dass die Sache nicht gut ausgegangen war. Zwar versuchte sein Sohn vor ihm zu verheimlichen, wie es ihm gerade wirklich ging, aber ihn konnte er einfach nicht täuschen. Das letzte Mal, als so ein Möchtegern Held in der Stadt aufgetaucht war, hatten sein Vater und Maria auch sofort gewusst, was gespielt wurde. Diesmal jedoch vermied Diego den engeren Kontakt und verabschiedete sich sofort ins Bett, was keiner ihm glauben wollte. Eher befürchteten sie, er würde sich seine Zorro Klamotten überwerfen und auf dem schnellsten Wege sich zu Carlos machen, um ihm den Arsch aufzureißen, so wütend wie Diego gewesen war, musste man fast damit rechnen, dass er es nicht beim Ungehalten sein belassen konnte, sondern ihn am Ende ernsthafte Schmerzen zufügte. Gerade vermochte Bernardo ihn nicht einzuschätzen. An seiner Stelle würde er wahrscheinlich etwas sehr Törichtes und Katastrophales tun. Alejandro schaffte es dann aber doch noch, den Jungen beiseite zuziehen und ergriff seine Schultern in den dunklen Gängen der Hazienda. Das Mondlicht fiel glücklich direkt auf die obere Hälfte von Bernardos Gesicht und er schaute das kleine Stück zum ergrauten Vater hinauf. „Was ist passiert, Bernardo? Er sah ja gar nicht gut aus.“

Die Sorge um seinen Bruder ließen die Petrol grünen Augen des 16 Jahre alten Jungen verheißungsvoll funkeln. „Don Pulido denkt aus irgendeinem Grund, dass Zorro etwas mit seiner Tochter angestellt hat und will SIE dafür bestrafen!“ Bernardo verstand einfach nicht, wie man auf so etwas kommen konnte. Menschen redeten viel, vor allem Unsinn zu reden beherrschten sie wie keine zweite Spezies. „Sie hat doch überhaupt nichts getan, Alejandro“, sagte Bernardo noch vor dem Schwall Tränen, der ihm die Augen versuchte zu überfluten. Sie überschwemmten geradezu alles, vor allem seine Sicht raubten sie ihm. Er war ein tapferer Junge, schon so oft hatte er das bewiesen, aber gerade konnte er das tosende Meer in seinen Augen nicht länger zurückhalten. Weiter zu reden, schaffte der Junge nicht, denn er landete an der Brust von Diegos Vater, der seine Hand nur ganz leicht gegen seinen Kopf legte und ihm den Moment ermöglichte, in dem er sich seinen Tränen überließ. Lieber bei ihm als bei Diego. Der brauchte das jetzt überhaupt nicht. Sicherlich, Alejandro hatte viele Fragen in seinem Kopf, aber belästigte den Jungen nicht sofort mit ihnen. Hinter ihnen im Schatten tauchte wie von Geisterhand Maria auf, die Geräusche auf dem Flur gehört hatte.

„Was ist hier los?“ tat sie dann auch interessiert daran, zu erfahren, was den Jungen so zum Weinen brachte.

„Die Nachwellen einer Riesenflut.“

Eine Flut, sie riss alles mit, hinterließ nichts als Zerstörung und dann, wenn man sich gerade von ihr erholt hatte, verwüstete sie mit ihren Nachwellen noch einmal das gesamte Land. Wie ein Strudel, der alles einsaugte, riss sie hinfort. Man bestritt seinen Kampf ums blanke Überleben, am Ende wünschte man sich, man hätte es nicht überlebt, weil die alles vernichtenden Nachwellen noch viel mehr Unheil anrichteten, als die Bisherigen. „Gerade hat man sich von all dem Schrecken erholt und dachte, jetzt fängt das Leben erst so richtig an. Manche Dinge im Leben haben immer einen bitteren Beigeschmack. Ich habe meinen Sohn aufgehetzt und dazu angehalten sich der Armee zu widersetzen. Das Resultat war Zorro. Den jedermann verehrt und doch hasst. So eine Sache wird immer eine Kettenreaktion zur Folge haben. Schon als ich meinen Brief nach Spanien adressierte, wusste ich um die Wellen, die das Ganze schlagen würde. Um den Menschen dieses Landes zu helfen, hätte ich all mein Vermögen über Bord geworfen. Ich wünschte mir die Unterstützung meines friedliebenden, gerechten Sohnes. Weil ich die Umstände hier nicht mehr länger ertragen konnte. Ich wollte nicht, dass er seine glückliche Zukunft dafür opfert oder gar sein Leben. Und jetzt scheint alles in Scherben zu liegen.“

„Und was jetzt?“, fragte Maria.

„Hoffen, dass Diego nicht so hitzköpfig, wie sein Vater in jungen Jahren ist. Ansonsten wird er etwas ziemlich Wahnsinniges tun.“

„Herr…“ So ganz wusste keiner, was Alejandro damit meinte, obwohl Maria in diesem Haus seit über 20 Jahren diente, wusste sie nicht, was der Herr damit hat sagen wollen.

Der rot braunhaarige Junge versuchte, sich zu beruhigen, aber die Ungerechtigkeit, die ihnen zugefügt wurde, quälte ihn so sehr, dass er kaum an sich halten konnte und sich letzten Endes doch an Alejandro klammerte. Ihm war alles genommen worden, hier hatte er ein neues Zuhause gefunden, einen Adoptivbruder, der ihm nie das Gefühl gegeben hatte, nicht zur Familie zu gehören. Der sich wie kein Zweiter um ihn kümmerte und ihn stets so behandelte, als sei er sein richtiger Bruder.

„Diego wird nicht aufgeben“, schluchzte der Junge und wischte sich die Resttränen aus dem Gesicht. „Das glaube ich nicht. Er ist so voller Zorn, dass man sich besser vor ihm fürchten sollte. Trotzdem ist er so erstaunlich ruhig geblieben und hat so viel Anstand bewahrt. Ich wäre an seiner Stelle Don Carlos an den Hals gesprungen und der Doña erst, die ihre Tochter nichts anderes als bestrafen will und Diego mit ihr, nur weil er gewagt hat, sie zu küssen, ehe sie in der Kirche gewesen sind. Das ist doch alles nicht fair. Beide haben überhaupt nichts Schlimmes getan.“

„Ich könnte ihm nicht einmal verübeln, wenn er Lolita sich schnappen würde, sich aufs nächste Schiff zu begeben, um mit ihr davon zu laufen. So, wie ich es vor vielen Jahren auch getan habe. Die Familie von Diegos Mutter war nämlich alles andere als damit einverstanden, dass sie mich heiratet. Wir haben geheiratet und sind nach Kalifornien gegangen. Hätten wir das nicht getan, wer weiß, was dann aus uns geworden wäre?“

„Sie sind mit Diegos Mutter davongelaufen? So etwas hätte ich Ihnen nicht zugetraut, Don Vega“, wunderte sich Maria.

„Wir liebten uns und wollten auf keinen Fall aufeinander verzichten. Es kommt immer der Tag, an dem du deiner Señorita beweisen musst, wie sehr du sie liebst. Dieser Tag steht ihm noch bevor, fürchte ich.“

„Das hat Diego ihr schon oft genug bewiesen“, antwortete Bernardo stur. „Soll er sich denn für sie umbringen lassen? Sie hat es längst verstanden, nur ihre Eltern wollen anscheinend gar nichts kapieren. Dabei verstehe ich überhaupt nicht, was sie wollen! Zorro hat die Segel gestrichen. Friedliche Zeiten sind angebrochen. Für sie war Diego der Vorzeige Schwiegersohn. Auf einmal tun sie alles Mögliche, dass beide nicht glücklich werden. Was soll das denn? Erwachsene sind überhaupt nicht so logisch, wie alle immer sagen.“

„Höchstwahrscheinlich hätte ich Diego ein bisschen mehr in den Hintern treten sollen“, erläuterte Maria. „Dass er sich in dieser Sache ein wenig beeilt. Dann wäre wahrscheinlich so manches nicht passiert.“

„Mein Sohn wollte keine unnötige Gefahr eingehen und hat deswegen gezaudert. Er ist kein Feigling und vermutlich verteufelt er sich selbst, dass man ihm seine Gefühle an der Nasenspitze ansieht. Seine Tarnung wirkte perfekt – und zwar solange, bis Lolita seinen Weg kreuzte. Die Sache ist ihm total aus den Händen entglitten.“ Es sollte kein Vorwurf sein, Don Alejandro wollte Diego seine Gefühle nicht absprechen. Aber verräterisch und gefährlich waren sie, auch heute noch. Jedenfalls musste man darum bangen, dass kaum einige Stunden vergingen, dass er seine Maskerade fortsetzte.

„Gewiss werde ich ihn nicht davon abhalten, seine Ehre wiederherzustellen und die der Frau, die er liebt. Das ist er ihr fast sogar ein bisschen schuldig, nicht? Immerhin hat er sie Jahre lang hinters Licht geführt.“ Alejandro lächelte Bernardo aufmunternd an. „Mach dir nicht zu viele Sorgen um ihn. Ein Vega tut, was ein Vega tun muss.“ Darauf klopfte er dem Jungen sogar noch aufmunternd auf die Schulter.

 

Prall und strahlend war jenes Antlitz des hellen Vollmondes, schien sich durch seine extreme Leuchtkraft, noch mehr auszudehnen als in den anderen Nächten.

Grübelnd über das Geschehene saß der Blondschopf am geöffneten Fenster, atmete ein den leichten Windzug. Sein erhitztes Gemüt war heimgesucht von einem jenen grausamen und schrecklichen Gefühl. Eifersucht hatte ihn erbarmungslos ergriffen, wie die Klaue aus der Hölle, die einen packte.  Noch niemals zuvor hatte er dieses Gefühl in einer derartigen Intensität gespürt. Blind vor Zorn zu sein, war nicht gut für den Verstand eines Mannes. Zum Glück war er nach Hause zurückgekehrt, mithilfe des jungen Bernardo, der für gewöhnlich das größere Temperament aufwies. Doch heute hatte er demonstriert, dass auch er einen klaren Kopf bewahren konnte, wenn es von Nöten war. Viel geredet hatten sie seitdem nicht, weil Diego sofort in sein Zimmer entschwunden war. Zu Bett gegangen, das war eine Lüge gewesen, schließlich saß er immer noch am Fenster. Gedankenverloren, die Arme hinter dem Nacken verschränkt, schweifte sein Blick hoch zum Mond, dabei vergaß er alles um sich herum und kam langsam wieder zur Besinnung. Der Kopf lehnte an der Fensterbank, fühlte sich schwer und schmerzend an.

Als eine weitere Person das Zimmer betrat, drehte sich der Kopf des jungen Vega herum und sah schemenhaft die Silhouette im Schatten des Mondes.

„Wolltest du nicht schlafen, Sohn?“ fragte der ältere Herr und ließ Diego ein Seufzen entfahren.

„Ich kann nicht – ich versuche es auch gar nicht. Es wäre zwecklos, dafür bin ich viel zu aufgewühlt.“

Die Umrisse des Mannes verdichteten sich, als er sich langsam ein wenig näherte und nicht weiter im Rahmen der Tür stehen blieb.

Des Sohnes Stimme klang niedergeschlagen, aber auch ein kleines bisschen mürrisch. Keine aufbauenden Worte parat hatte er, schließlich wusste er nur das, was ihm zugetragen worden war. Erst einmal sagte Alejandro nichts, gesellte sich neben ihn und legte eine Hand auf die Schulter seines Sprösslings.

Es war niemals gut, jemanden zu bedrängen oder Antworten zu verlangen, ihn zu zwingen. Daher blieb die Hand erst einmal nur auf der Schulter und auch er sah zum Mond hinauf, der heute besonders prächtig anzuschauen war.

Zusammengepresste Lippen zierten den jungen Mann und er rang mit sich, ob er ihm sein Herz ausschütten sollte oder nicht.

„Wie ich es verabscheue, wenn mir etwas in die Schuhe geschoben wird. Ich habe mir nichts zu schulden kommen lassen. Alles, was ich getan habe, geschah mit dem besten Gewissen eines Edelmannes. Als meine Hilfe erforderlich war, habe ich getan, was notwendig war. Wie hätte ich ahnen können, dass die Leute so darauf reagieren? Du hast ja Lolitas Gesicht nicht gesehen, als sie festgestellt hat, wie groß die Freude für den Leutnant sein würde, wenn sie sich im Anschluss auf das Festival küssen müssen. Schon beim Gedanken daran, dass sie irgendetwas muss, was sie nicht will, da sträubt sich bei mir alles Gefieder. Dieser aalglatte Kerl, mit seinen Möchtegern Edelsinn.“ Es hatte ihn sehr verärgert und deswegen war er hingeritten. Er wollte nicht verurteilt werden, weil er dann auf seinen Gewinn auch noch bestanden hatte. Niemals hätte er sie geküsst, wenn er nicht gewusst hätte, dass sie es auch wollte. „Es war das einzige Mal in elenden fünf Jahren. Kannst du dir vorstellen, wie sich das anfühlt? Ich habe es stillschweigend ertragen. Was soll ich noch ertragen?“

Alejandro hatte sich seinen Sohn angehört und der Händedruck bei seinen Schultern vertiefte sich.

„Du hast mehr ertragen, als ich je ertragen könnte. Deine Mutter wäre stolz auf dich, das kannst du mir ruhig glauben“, sagte er mit sanfter und einfühlsamer Stimme. „Ich wäre längst auf die Barrikaden, wenn ich hätte befürchten müssen, meine Geliebte zu verlieren.“

Resignierend seufzte sein Sohn. „Mag sein, trotzdem weiß ich jetzt überhaupt nicht, was richtig und was falsch ist. Mein Sinn für Gerechtigkeit sagt mir, dass jemand Don Carlos die Leviten lesen sollte, der auch ernst genommen wird. MICH hat er nicht ernst genommen. Ich hatte sogar das Gefühl, dass mir nicht zugehört wurde, Vater. Aber ich kann schlecht Zorro verteidigen. Wie würde das denn aussehen? Als sei ich total von Sinnen.“ Die Leute sahen ihn eben als seinen Rivalen an und das sollte er auch pflegen. „Was ich nicht will, ist mich brüsten mit meinen Taten. So etwas hasse ich. Mich verteidigen wird wohl erlaubt sein. Zorro hat all diese Sachen nicht getan, das kann er ja nicht einfach so durchgehen lassen. Schon alleine ihr zuliebe nicht. Wie könnte ich dabei zusehen, wie man ihren Ruf ruiniert? Zulassen kann ich auch nicht, dass man ihren Willen bricht, und sie zu etwas zwingt, was sie nicht will. Und ich will auch nicht! Jeder Mensch sollte für sich allein entscheiden können! Warum müssen Männer immer über Frauen entscheiden, Vater? Wieso muss ein Mädchen die Erlaubnis ihres Vaters einholen, selbst wenn sie bereits über zwanzig Jahre alt ist? Sie ist alt genug, um selbst zu entscheiden, was sie will. Und dieser Lackaffe war noch der Meinung, mir drohen zu müssen, dass er sie einfach heiratet. Geradezu, als wenn sie da überhaupt nichts mitzureden hat! Das macht mich nur noch wütender! Droht mir, lehnt gleichzeitig aber ein Ehrenduell mit mir ab, weil ich ihm wohl nicht gut genug bin. Er ist scharf darauf, sich mit Zorro anzulegen. DAS kann er haben! Dumm für ihn, dass ich ernsthaft in sie verliebt bin, das hat mir schon so manches Mal unmenschliche Kräfte verliehen.“

„Lass dich nicht zu sehr von deinen Gefühlen leiten, das macht manchmal auch blind für die wichtigen Dinge. Trotzdem kann ich nachvollziehen und verstehen, was dich bewegt und warum du handeln musst.“ Don Alejandro verstand in der Beziehung allerdings Carlos nicht. „Vielleicht solltest du dich erst einmal mit Carlos unterhalten und ihm klarmachen, wie sehr diese Entscheidung Lolita unglücklich machen würde. Er liebt seine Tochter, wie sonst keinen Menschen auf dieser Welt. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, sie Zwangs verheiraten zu wollen. Ich habe von Juan gehört, aber leider haben wir uns nicht richtig kennen gelernt. Ich wäre aber vorsichtig, unterschätze ihn nicht. Sein Wahn gegenüber Zorro hat sicher Gründe. Solange du die nicht kennst, solltest du vorsichtig bleiben.“ Dass das eine sehr schwer zu erfüllende Bitte war, wusste der Don. Mit diesen Gefühlen im Herzen handelte man selten rational. Seine Verhaltensweisen waren schließlich auch nicht gerade die Klügsten gewesen. Seinen Dienst zu quittieren, nach Kalifornien zu gehen und neu anzufangen. All das hatte Alejandro getan. Vor allem der Freiheit wegen. Er war ein sehr freiheitsliebender Mensch.

„Ich bin zu wütend, um zu kämpfen und zu eifersüchtig, um zu denken. Dieser Hänfling würde mich ja glatt umbringen.“

A bold Caballero - Teil II

 

Seichtes Mondlicht drang zwischen den Gardinen ins tiefschwarze Zimmer hinein. Jedes Mal, wenn sich der Wind in den Vorhängen verfing und diese sich durch den starken nächtlichen Wind hin und her bewegten, warf inmitten dieser Schwärze das Mondlicht tanzende Lichtstreifen ins schlummernde Dunkel des Zimmers. Die Windstöße verrieten das geöffnete Fenster, was einmal komplett den Faltenwurf der Gardinen beiseite fegte. Gerade kämpfte sich die sanfte Lichtquelle gnadenlos in den Raum und erleuchtete das hübsche Gesicht. Die von der Finsternis verschluckten Details im Schlafzimmer waren abrupt zu sehen. Noch nie hatte die Schönheit, die sich ihm darbot, so erbarmungslos auf ihn eingewirkt. Das Licht fraß die Dunkelheit, und die bis eben nur erahnbaren Konturen einer jungen Frau wurden deutlicher. Selbstverständlich hatte ein Ritt in der Frühjahrshitze und seine anschließende Kletteraktion hinauf zum Schlafgemach Anstrengung bedeutet, trotzdem rechtfertigte das noch lange nicht einen solch rasenden Herzschlag. Geradezu, als würde man ihm eine Kugel durch den Leib jagen, so schmerzhaft tobte es beim Anblick auf die schlafende junge Frau. Wie auf Samtpfoten schlichen seine Stiefel näher an sie heran und beobachteten sie einen kleinen, atemberaubenden Moment. Nur der Blick auf sie vermochte ihn in Fesseln zu legen und seinen Verstand ganz zu betäuben. Noch beim Näherkommen wusste er, es war falsch, sogar dumm. Doch gerade jetzt wollte er nichts sehnlicher als einen Blick auf sie erhaschen, sich davon überzeugen, dass all die schrecklichen Dinge nicht stimmten. Direkt am Rande ihres Bettes kniete er nieder und zog den Hut ab, wie es sich gehörte. Eine überflüssige Aktion, immerhin hatte er sich schuldig gemacht im Augenblick, als er ihr Fenster gewaltsam geöffnet hatte.

Die Festlichkeiten des Himmels stiegen hier und er war nicht eingeladen, zum Fenster hereinzuspazieren. Wie ein Dieb in der Dunkelheit der Nacht.

Er hatte quälende Gewissheit und wusste es entsprach der Wahrheit, als er ihre Tränen benetztes Gesicht sah. Beim direkten Forschen in ihrem Angesicht sah er die geröteten Augen und die wehleidig verzogene Miene von Lolita. Gerade wollte er nur jeden bestrafen, der dies verantwortete. Eine tosende Windböe durchstieß das Zimmer und erfasste sie beide. Unangenehm war es nicht, denn im Nacken saß ihnen bereits die Hitze dieser schaurigen Nacht.

Die Gestalt beugte sich über Lolita, die von seinem Schatten verschluckt wurde, tauchte sie ein ins tiefste Schwarz.

Aus dem leichten Schlummer erwachend, erfassten die noch schlaftrunkenen Augen, dieses schurkische Pechschwarz über sich. Die Farbe drohte Unheil, deshalb war der erste Impuls in der Dame einen Schrei von sich zugeben, als sie den Mann so dicht bei sich wahrnahm. Im selben Moment, als sie Luft holte, drückten sich Lederhandschuhe in ihr Gesicht und erstickten sie. Ihre zur entsetzten Mine aufgerissenen Augen starrten ängstlich hinauf, dabei lugten zwischen dem maskierten Gesicht die schönsten blauen Augen sanft auf sie hinab. Sofort beruhigte sich der schnelle Atem, den sie kurzweilig hatte und die Hand, die sich eben noch gegen seinen Körper stemmen wollte, sank kraftlos ins Bett zurück. Sie ergab sich ihrem Schicksal, einem Moment, in dem sie einander nur tief in die Augen blickten. Es gab gewiss romantischeres, als von einem Mann in Schwarz heimgesucht und mundtot gemacht zu werden.  Doch im Anflug der Freude, ihn wieder zu sehen, begannen ihre Augen zu schimmern und zu flackern. Im nächsten Moment lockerte sich die Hand, die ihren Mund verschloss. Vorsichtig nahm er sie weg und deutete ihr mit dem Zeigefinger vor seinem Mund an, sie solle leise sein.

Lolita verzehrte sich endlich ein Wort an ihren Helden richten, doch gerade jetzt schwieg sie Stille, weil ihr nicht einfiel, was all ihrer Gefühle den rechten Ausdruck verliehen hätte. Nur wusste sie, was sie gerade wollte. In der Tiefe ihres Inneren hatte sie die unstillbare Sehnsucht danach verspürt, ihn wiederzusehen, ihm nahe zu sein. Die Emotionen sprudelten aus ihr regelrecht empor. Er war ihr so nah, wie schon lange nicht mehr und da konnte sie ihre Gefühle nicht länger unter Verschluss halten. Wollte ihm eigentlich nur in die Arme springen. Dabei umschlang sie seinen Oberkörper und wollte eigentlich einen Luftsprung zu ihm hin machen, aber dabei vergaß sie leider um ihre liegende Position. Er, der sowieso über sie gebeugt war, rechnete nicht mit solch einer temperamentvollen Begrüßung und bei seiner nicht so sicheren Haltung, kam es, wie es kommen musste. Mitgerissen von der stürmischen Dame, die eigentlich nur dorthin wollte, wo sie hingehörte, in seine Arme nämlich, fiel er kopfüber zu ihr aufs Bett. Sein Herz legte sogleich einen Galopp hin und wollte ihm anscheinend aus dem Hals empor springen. Es wollte ihm gnadenlos davon rennen, noch ehe er sich versah, bedeckte sein Körper den Ihrigen. Allem Anschein nach machte ihr das auch noch wenig aus, denn ihre Arme blieben eng um ihn geschlungen. Es sollte mit ihr geschimpft werden, das gehörte sich nicht. Diesen Gedanken hatte er allerdings nur kurz, bevor ihm seine Sinne schwanden und er nur noch den angenehmen Duft von ihr wahrnahm, der ihn sich so sehr in Geborgenheit wiegen ließ. Es hätte nun nur noch gefehlt, dass sie ihn auch noch küsste, daraufhin hätte er sich seinem vorherbestimmten Schicksal vollständig ergeben.

Jetzt fielen dem Mann nur alberne Sprüche ein, um die Situation zu kommentieren. Anscheinend hatte sein Auftauchen eine sehr starke Wirkung auf ihr Gefühlsleben. Zwar war sie ihm schon so manches Mal entgegen gesprungen, aber noch nie so unglücklich. Ein weiteres Mal war er froh, dass er sich in Selbstbeherrschung üben konnte, sonst wären all die Dinge, die man ihnen sowieso unterstellte, tatsächlich passiert. Ihr Ansturm freute ihn viel zu sehr, um sich sofort von ihr zu erheben, gleichwohl machte es ihn glücklich um den Umstand zu wissen, dass sie ihn vermisst hatte.

Der vertraute Geruch von ihm beruhigten sie so sehr. Er war gekommen, ihretwegen. So sehr hatte sie gehofft und darauf vertraut, dass er sie auch dieses Mal rettete. Nur wie? Was wollte er tun? Einen Moment spielte alles in ihr verrückt und sie malte sich die größten Spinnereien aus. Wie in seinen Armen aus dem Fenster zu fallen, mit ihm sich in der Dunkelheit der Nacht davonzumachen und niemals wieder hierher zurück zu kehren.

Nach dem Moment der Schwäche, in dem er doch das Gefühl geliebt zu werden, genossen hatte, nahm er die Arme der jungen Schönheit von sich und entfernte sich von ihr, ein bisschen jedenfalls. Sofort bemerkte er, wie sie in seine Richtung rückte und dabei bereit war ihr Bett zu verlassen. Unvermeidlich rutschte die Bettdecke von ihrem Leib, schob sich immer mehr davon, als Lolita schneller als er schalten konnte, ihn wieder versuchte zu fangen, um ihn an sich zu drücken. Das war außerordentlich dumm von ihr, jedoch war es wie ein Fluch, der einen immer wieder traf, jedes Mal, wenn man verliebt war, schaltete sich der Verstand allzu schnell ab.

„Ich dachte schon, du kommst nicht…“

Kniend, immer noch mit wenig Standfestigkeit entkam er ihr kaum. Sein Körper verweigerte sich jedem Versuch, sich ihr zu entziehen und schließlich legte auch er seine Arme um den schmalen Körper und drückte ihn an seinen. „Ich bin sogar schon zum zweiten Mal da, diesmal aber in nicht so manierlich gesinnter Stimmung.“

„Hauptsache, du bist da.“ Erst wenig später realisierte sie die Worte, die er gesprochen hatte. „Du warst da? Wann? Ich habe nichts davon mitbekommen.“

Mit Entsetzen stellte er fest, dass man sein Auftauchen konsequent vor ihr verschwiegen hatte. Es war bereits Stunden her und sie war mit Sicherheit nicht schon im Bett gewesen, als sie ihn weggejagt hatten. „Sie haben dir nichts gesagt? Das ist einfach unglaublich. Deine Eltern haben sich absolut unmöglich mir gegenüber verhalten.“ Wer Diego kannte, wusste, dass dies nicht als Vorwurf zu verstehen war, sondern als Aufklärung. „Offensichtlich halten sie diesen Don Juan für ehrbarer als mich, womit sie vielleicht auch Recht haben.“ Es war nicht so, dass das schlechte Gewissen ihn allzu sehr quälte. Er beliebte nur zu scherzen und wollte ein kleines bisschen die Stimmung seiner Freundin erheitern, indem er einen Scherz machte und dabei noch ziemlich frech grinsend ihr Kinn ergriff. „Immerhin bin ich einfach so in dein Schlafzimmer vorgedrungen, das ist unverzeihlich. Bestimmt wird mich großer Zorn treffen. Aber gewiss wirst du mich nicht verraten, oder  Liebste? Mein Leben hätte sowieso keinen Sinn mehr, wenn du mich verrätst.“ Ein Teil in ihm spielte Theater wie in einem Liebesroman, ein anderer meinte seine Worte genau so, wie er sie sagte.

„Hätte ich das gewusst, wäre mein Fenster weit offen gestanden“, stieg sie auf den Scherz ein, lächelte dabei traurig und lehnte sich an die Schulter des Mannes, dem sie ihr Leben anvertrauen konnte.

Es gab eine Seite in ihm, die zu gern wissen wollte, wie viel Wahrheit in Nikitas Brief gesteckt hatte, die andere fürchtete sich vor ihr. „So ein Angebot sollte ein wahrer Kavalier wohl eher ablehnen, nicht? In unserer Situation sollten wir uns nicht von irgendwelchen dummen Gefühlen hinreißen lassen. Trotzdem bin ich wütend und ich muss diese Wut an irgendwem auslassen.“ Doch wem sollte er die Schuld geben? „Wie konnte es nur so weit kommen, dass sie etwas so Schreckliches von uns denken und dich deswegen bestrafen? Eigentlich bin ich genau deswegen gekommen. Um Dinge richtig zu stellen.“

Lolita, die immer noch an ihm lehnte, wusste sich nicht zu helfen, aber sie musste ihm ihr Herz ausschütten.

„Seit wir von meiner Mutter überrascht wurden, hat sie ein strenges Auge auf mich und hat jeden Kontakt, den ich zu dir haben könnte, unterbunden. Andauernd musste ich mir anhören, dass ich dich benutzt hätte. Sie ist davon überzeugt, es sei unmöglich, dass ich meine Meinung je ändere.“ Zwischendurch entließ Lolita ihre Qualen mit einigen Seufzern. „Du weißt gar nicht, wie schrecklich sich das angefühlt hat. Jedes Mal, wenn wir dich in der Stadt gesehen haben, zerrte sie mich weg von dir. Ich wollte nicht nur einmal aus dem Fenster springen…“ Jetzt drückte sie ihren Kopf gegen seine Brust und wollte ihn wohl in ihm versenken, um in seinen Körper zu kriechen, wo sie sich am wohlsten, aber auch am sichersten gefühlt hätte.

Unendliche Traurigkeit, aber auch Verzweiflung sprachen aus der Stimme seiner Freundin und das brachte ihn beinahe um. Deshalb und weil er ihre Gefühle teilte, ohne sie gezeigt zu haben, legten sich seine Arme stärker um sie. Auch er gab sich der innigen Umarmung hin, die sehnsuchtsvoll von ihnen beiden empfangen wurde. Mit dem trockenen Mund eines Verdursteten, dem ungestillten Hunger eines Liebestollen, war es fast unerträglich sie so nah zu spüren. Seine heißen Wangen glühten ihm bis zu den Ohren, die ihm sausten. Stechender Schmerz herrschte in seiner Brust, mit dem Wissen, dass sie nicht nur einmal aus dem Fenster springen wollte und es am Ende der Wahrheit entsprach, dass sie sich wegen ihm in den Fluss werfen würde. So schnell konnte aus Spaß bitterer Ernst werden. Träume waren eben doch nur Schäume, diese Fantasien, in denen sie in einem Drama spielten, in der Realität zu erleben war alles andere als so angenehm, wie er sich das ausgemalt hatte.

„Nur über meine Leiche heiratest du diesen Lackaffen, der sich anscheinend als den größten Edelmann auf der weiten Welt ansieht. Solch ein Großkotz und Wichtigtuer. Der letzte Möchtegern Meisterfechter ist heulend bei mir zu kreuze gekrochen und bettelte um sein jämmerliches Leben, nachdem ich mit ihm fertig war. Er hatte auch zu Anfang große Töne gespuckt, aber du weißt ja um das Sprichwort ››Hochmut kommt vor dem Fall‹‹.“

Kurz war sie zu fassungslos über die wütenden Worte von ihm. Denn letztlich tat sie etwas, was Diego sicherlich missfallen würde – sie mochte Juan eigentlich. Dies nun ihm gegenüber zugeben, wollte sie nicht. „Eigentlich ist Juan ein netter Kerl“, sagte Lolita, allerdings sehr leise und zurückhaltend. Als sie hinauf schaute, direkt in Diegos geschockte Augen, wusste sie, dass er diese Meinung nicht teilte. Was zum Teufel ist vorgefallen?

„Nett?“ Ungläubig, mit spöttischem Tonfall und einem noch spöttischerem „Phe~~!“ bekannte sich der Maskierte zu seiner Meinung über Don Juan. „Er bedrohte mich mit seinem Pallasch. Nicht viel fehlte, da hätte er mich mit seiner Waffe aufgeschlitzt! Nett nennst du das?“

„Zu mir war er jedenfalls nett“, rechtfertigte sie sich und erregte damit wahrscheinlich noch mehr Ärgernis. Jedenfalls war es ihr bisher nie untergekommen, dass ihr Freund so auf einen anderen reagiert hätte. Das eine Mal hatte er sich zurückhaltender gegeben.

Mit Resignierung schlossen sich die Augen des Mannes, ehe er sich wieder an sie richtete. „Die Naivität von Frauen kennt keine Grenzen, ich fasse es nicht!“ Die meisten Männer sind nett zu Frauen, wenn sie sich etwas versprechen, dummes Ding…

Es war hoffentlich nicht sein Ernst, dass er nun einen Streit vom Zaun brechen wollte. Jedenfalls klang er mehr als sei er fuchsig. „Willst du deinem Namen alle Ehre machen? Ich mag ihn als Mensch, nicht als Mann.“

Diego konnte nicht mehr und wollte die Bombe platzen lassen, wie nett Juan wirklich war. Um jeden Preis wollte er verhindern, dass sie auf seinen falschen Charme hereinfiel. „Lolita! Don Juan drohte mir, er würde dich dazu zwingen, seine Frau zu werden, wenn ich ihm nicht Zorro schicke! Ein Mann, der mit so etwas droht – entschuldige – den ziert das Wort NETT ganz gewiss nicht!“

Sofort sah man den Schreck, der in die Glieder der Dame gefahren war. Ihr stockte der Atem und sie gab einen erschrockenen Laut von sich. Mit einer Sache hatte Diego Recht – dies war wahrhaftig nicht nett von Juan. Was sie allerdings mehr erschreckte war die Tatsache, dass er explizit nach Zorro verlangt hatte.

„Am besten verschwindest du ganz schnell!“ Die Angst, dass ihm etwas zustoßen könnte, war größer als die Angst davor, Juan heiraten zu müssen, damit stieß sie ihn ganz bestimmt vor den Kopf. Er ist hinter ihm her… Warum? Was will er von ihm? Wer hat ihn dazu angestiftet? Die Armee? Ich fasse es nicht. Dafür besteht doch überhaupt keine Veranlassung… Nur wegen solch einer Nichtigkeit soll Zorro zurück kehren? Ich wollte ihn gern wieder sehen, aber doch nicht so. Nicht in einer solchen Gefahr. Er muss gehen! Schnell, bevor sie ihn entdecken!

Lolita war mit einem Mal völlig aufgelöst und schob ihn sogar von sich. „Geh, los geh!“ Ihre Hände drückten sich gegen seine Brust und versuchten ihn zum Gehen zu bewegen, da ergriff er beide und hielt sie fest. Sein unnachgiebiger Blick auf sie, nagelte sie förmlich fest.

 

Dem Anschein nach wollte er nicht gehen, das sah die Blondine sofort. Irgendetwas in seinem Blick nahm sie gefangen und fesselte sie so erbarmungslos, dass seine Hände, die sie ergriffen hatten, nur noch als belanglose Nebensächlichkeit dienten. Was sie wirklich bewegungsunfähig gemacht hatte, waren seine Augen. Etwas sehr Emotionales stand in ihnen geschrieben.

„Ich soll dich hier einfach zurücklassen in einer Situation, die ich verschuldet habe? Ist das dein Ernst?“

„Darum geht es nicht! Sondern darum, dass Don Juan-“ Sein Finger legte sich auf die rötlichen Lippen der jungen Frau und brachte sie so sanft zum Schweigen.

Zorro wollte die Tatsache, dass Juan sich für ihn interessierte liebend gerne unter den Teppich kehren, das war doch nicht so schlimm. „Überlass den ruhig mir, Liebes. Mir wollten schon so manche Gestalten ans Leder. Dagegen ist er geradezu nichts. Du musst dir um mich keine Sorgen machen. Seine Frechheiten werden ihm noch Leid tun.“ So sehr wie Juan den Bogen überspannt hatte, durfte er sich jedenfalls nicht darüber wundern, dass Zorro ihm wenig Respekt entgegen brachte.

„Und nicht nur das ärgert mich, mehr noch der Umstand, dass ich zu solchen Mitteln greifen muss, damit man mir endlich zuhört!“

Es tat ihr Leid und das sah man ihr auch an, überwiegen tat allerdings immer noch die Besorgnis um ihn. Keiner konnte zweifelsfrei sagen, wie tauglich Juan vielleicht war. Die Leute in der Stadt redeten zwar davon, aber die waren leicht zu beeindrucken.

„Du bist verärgert und zornig auf einen Mann, der mich dir wegnehmen will. Ich sehe es dir an, du würdest ihn am liebsten stückeln. Dazu besteht kein Grund.“ Um genau zu sein, wusste Lolita aber auch nicht so genau, was man noch tun konnte. „Meine Eltern, die absolut keine Ahnung haben, was vor ihren Augen geschehen ist, sind das größere Problem. Mutter denkt abscheuliche Sachen und ist der festen Überzeugung ihre Tochter habe es nicht verdient, glücklich zu werden. Ich weiß nicht einmal, was in sie gefahren ist, aber sie hat meinem Vater den Unsinn erst in den Kopf gesetzt, dass etwas zwischen uns gewesen ist.“ Bei ihrem schwammigen Satz begannen sich ihre Wangen leicht zu erröten. Nicht einmal auszusprechen vermochte sie diesen Frevel. Es war beschämend und demütigend zugleich.

Es ist ja auch ETWAS zwischen uns gewesen. Nur nicht genau das, was uns unterstellt wird. Jeder Blinde sieht dir an, dass du dich viel zu sehr schämen würdest, so etwas zu tun. Warum deine Eltern nicht? Sind sie denn blind?

Unsittlich gegenüber Lolita zu werden hätte er sich nie angemaßt. Nicht einmal als Zorro würde er so eine Untat je begehen. Aber das war sein Schicksal – die Verdammnis, dass so ziemlich jeder ihn missverstand. Damit hatte er schon seit langem zu leben gelernt. In diesem Fall wollte er das aber nicht auf sich sitzen lassen.

Jedenfalls war es ganz schrecklich, wenn einem die eigenen Eltern nicht glaubten. Das hatte er selbst so noch nie am eigenen Leibe erfahren, aber in anderen Familien miterlebt – gerade in aristokratischen Kreisen passierten solche Dinge leider häufig. Sein Vater hatte einiges hinterfragt, was sein Sohn tat, aber anders als Maria hatte er ihn nicht pausenlos gerügt, sondern eines Abends einfach gesagt, er würde schon wissen, was er tat… Es tat gut, wenn einem Vertrauen entgegen gebracht wurde, obwohl man sich komplett verändert hatte und jeder eigentlich enttäuscht von einem sein müsste. Dieses Gefühl hatte ihm sein Vater allerdings nie gegeben. Die sinnbildlichen kleinen Hiebe in seine Seite waren kaum der Rede wert gewesen. „Diego wagen sie vielleicht zu widersprechen, jetzt noch. Aber Zorro wird man gewiss Gehör schenken, Lolita. Wenn nicht, helfe ich eben nach. Man wird mir zuhören!“

Lolita begab sich auf Zehenspitzen, um ihm noch direkter in die Augen sehen zu können, dabei hangelte sie sich unweigerlich an seiner schwarzen Kleidung hoch, zerknitterte hier und da sein lupenreines Kostüm. „Übertreibe aber bitte nicht, einverstanden?“

„Nein, mein Herz.“ Beim in die hellblauen Augen blicken, wurde es ihm regelrecht schwer um die Brust. Aber unter den gegebenen Umständen wollte er dem Drang nicht nachgeben, nicht noch mehr Schande über sie bringen, nur weil der Mann in ihm sie jetzt unbedingt küssen wollte. Er hatte sich geschworen, das nie wieder zu tun, es nicht auszunutzen, dass sie Zorro verehrte und bei ihm weiche Knie bekam, wie so manch andere Frau. Wenn er sie küsste, wollte er ganz gern er selbst sein und es sich nicht mit seinen Heldentaten oder unlauteren Mitteln verdienen, sondern mit schicklichen.

Zu gern wollte Lolita wissen, wie Diego nun vorgehen wollte. Aber das Galante in seinem Tun, als er ihr schließlich die Lippen auf den Handrücken drückte und dabei verstohlen hinaufschaute, ließ sie die Frage vorerst vergessen. Einer Romantikerin einen solchen Blick zuzuwerfen war in jedem Falle tödlich. Ihr tollkühnes Wesen erstarb in der Hitze dieser Nacht, zusammen mit ihrem flatternden Herzen, was Zorro noch im gleichen Moment folgte. Gerade als er so wie er gekommen war, wieder zum Fenster hinausstieg. Ihre Füße tänzelten zum Fenster und sie ergriff die Fensterbank mit beiden Händen zum Abstützen, denn die junge Dame lehnte sich unwahrscheinlich weit raus und warf ihm noch einen weiteren Blick zu, den er mit einem sanften Lächeln erwiderte. „Adiós, meine Schönheit“, warf er ihr zu, bescherte ihr die nächste Röte im Gesicht und hangelte sich dabei gekonnt an einem Seil hinab, bis er wieder festen Boden unter den Füßen verspürte. Mit einem erkundenden Blick suchte er das nächste Zimmer, was er plante zu erklimmen…

 

Das Fenster war offen, welch ein Leichtsinn. Der Wind kämpfte sich auch in das andere Zimmer, in das der nicht minder schönen Frau. Zu ihrem Pech war sie allerdings nicht seine Altersklasse und löste höchstens Wohlwollen in ihm aus. Bis zum heutigen Tage wäre er nie bei ihr zum Fenster hineingestiegen.

Anscheinend möchte Don Carlos noch nicht so bald zu seiner Frau ins Bett steigen. Wie gut für mich, da können wir ja einen kleinen Moment ungestört sprechen. Hoffentlich lässt er sich schön Zeit, damit ich mich etwas ausgiebiger mit der Doña beschäftigen kann. Fühlen wir ihr doch ein bisschen auf den Zahn…

Halb geöffnete Fenster waren ein Kinderspiel, auch wenn er ein geschlossenes Fenster genauso gut hat öffnen können, machte sie es ihm besonders leicht. Seine biegsame Peitsche legte sich um den Fenstergriff und zog ihn zur Seite, worauf es sich ohne weiteres komplett durch den nächtlichen Wind öffnete. Ein leichtes Knarren war zu hören.

Lolitas Mutter schien zu seinem Leidwesen ernsthaft bereits zu schlafen. Womöglich, um wie viele Frauen den Pflichten des Ehelebens zu entgehen.

Und unter welchen Kriterien haben Sie sich Carlos ausgesucht, Catarina? Eine wunderschöne Frau wie Sie kann im Grunde jeden Mann aussuchen. Haben Sie ihn geliebt, oder war er mit Wohlstand beschenkt?

Es war kein Geheimnis, dass Lolitas Mutter sich sehr viel aus Geld machte. Genauso wie jeder wusste, dass sie nicht gerade arm gewesen war. Solche Frauen suchten sich in der Regel einen noch reicheren Mann. Oder sie verliebten sich in einen tapferen Mann, der sie immer beschützen konnte. So in etwa musste es bei seiner Mutter gewesen sein.

„Buenas noches, Señora Catarina! Zorro zu Euren Diensten“, sprach er die schlafende Frau mit gerade einmal so lauter Stimme an, dass es sie wecken konnte.

Erschrocken von der ihr bekannten Stimme, setzte sich die Dunkelblonde in ihrem Bett auf. Sofort sichtete sie in ihrem Fenster einen erwachsenen Mann, der seitlich zu ihr mit einem angewinkelten Bein auf dem Fensterbrett saß, wo er seinen Stiefel lässig abgestellt hatte. Dabei wirkte derjenige so entspannt, als beginge er solche Schandtaten ständig. Das grenzenlose Selbstvertrauen darin, niemals geschnappt zu werden, ließ ihn die Frau mit einem netten Lächeln besehen. Mit einer solchen Dreistigkeit in ihr Haus einzudringen, hätte sie auch diesem Banditen nie zugetraut.

Die Silhouette des fast komplett in schwarz gehüllten Mannes verbannte langsam das direkte Mondlicht, was bis jetzt ins Zimmer schien. Dadurch war er aber auch in vollem Umfang komplett zu sehen. Von den Stiefeln bis zu seinem Sombrero. Auch ohne sein wörtliches Zutun wäre es ihr ein Leichtes gewesen, den Mann zu erkennen. Jedermann hatte Zorro schon einmal gesehen, sie war schon des Öfteren in diesen Genuss gekommen, jedoch selten aus so direkter Nähe. Egal wie sehr sie diesen Mann anschmachtete, sie zog die Decke über ihren Leib und leichte Nervosität stand ihr ins Gesicht geschrieben.

„Ihr habt nichts zu befürchten, Madamé! Oder nicht?“ fragte der Maskierte gleich triumphierend, denn in der Regel musste man sich nun wirklich nicht vor seinem Auftauchen fürchten, schon gar nicht als Dame. Männer, die etwas ausgefressen hatten, die Unrecht begangen hatten, sollten sich weitaus mehr vor ihm in Acht nehmen, wenn er sie des Nachts heimsuchte. Trotzdem schien Lolitas Mutter innerlich aufgewühlt. „Habe ich Euch etwa erschreckt? Nicht doch! Einer Dame würde ich nie etwas zuleide tun. Dazu müsste sie schon einen äußerst schäbigen Charakter aufweisen können.“ Man konnte es als indirekte Drohung ansehen, immerhin wusste die Doña, dass sie etwas angestellt hatte. Ihr Bangen war deswegen nicht unbegründet.

„Zorro, was macht Ihr hier? Was wollt Ihr? Solch ein Frevel, sich des Nachts in das Schlafgemach einer verheirateten Frau zu schleichen…“ Natürlich übertrieb sie, immerhin kannte sie nicht den Grund. Oder sollte sie ihn kennen? Catarina war gerade nicht in der Lage, reiflich nachzudenken, immerhin saß ein allseits gesuchter und gefürchteter Verbrecher in ihrem Fenster und hätte wer weiß was von ihr wollen können. Wie man es drehte und wendete, insgeheim wusste sie, dass Zorro wegen ihrer Tochter gekommen war, nicht wegen ihr. Warum sollte er das tun?

„Verzeihen Sie bitte vielmals. Ich bin mir meiner Unverfrorenheit im Klaren und dafür möchte ich mich bereits im Voraus bei Ihnen entschuldigen. Dennoch bin ich hierher gekommen, um mit Ihnen ein ernsthaftes Gespräch zu führen.“

Die Frau, deren Alter man nur erahnen konnte, indem man es schätzte, schluckte sichtlich. Hatte sie Angst? Fürchtete sie sich allen Ernstes vor ihm? Eigentlich war das von Vorteil, dann hörte sie ihm wenigstens zu.

„Worüber?“ fragte sie mit stockendem Atem. Er wollte jetzt doch nicht allen Ernstes Anstalten machen, bei ihr, der Mutter von Lolita vorzusprechen?? Ein wenig fürchtete sie sich dafür, immerhin hatte der Plan ihrer Eltern sich wie ein Lauffeuer in der Stadt ausgebreitet und war letzten Endes vielleicht auch an Zorros Ohren getreten.

„Ich möchte mit Ihnen reden. Über Lolita und D-“, mehr ließ ihn die Doña nicht sagen, da sie ihm sofort ins Wort fiel.

„Was willst du von meiner jungen Tochter, Zorro? Sie ist beinahe noch ein Kind!“

Womöglich fühlte sich die Mutter in ihr bedrängt. Sie wollte ihr Mädchen vor dem Unhold beschützen, der sie ihr wegzunehmen versuchte. Jedenfalls schob er ihre plötzliche Respektlosigkeit ihm gegenüber darauf.

„Mäßigen Sie sich! Kein Grund laut zu werden! Gar nichts will ich von Ihrer Tochter“, behauptete Zorro, dabei verengten sich seine Augen zu Schlitzen, mit denen er Doña Catarina besah.

„Wieso bist du dann hier?“

Immer noch saß Zorro auf der Fensterbank und ließ sich kaum beirren, glaubte noch nicht einmal, es sei notwendig, sein Augenmerk vollständig auf der Frau ruhen lassen zu müssen, da er im nächsten Augenblick seine Augen durch den Raum schweifen ließ.

„Weil hier Dinge im Gange sind, die mir missfallen.“

„Und deswegen denkst du, dass du zu einer Dame ins Fenster steigen darfst? Was tust du, wenn ich nach meinem Mann rufe? Hast du überhaupt eine Ahnung, wie wütend er auf dich ist? Am liebsten würde er dich umbringen!“

Ein belustigtes Lachen entkam dem getarnten Mann, bevor er sie mit einem leicht wahnsinnigen Blick bedachte.  „Das kümmert mich nicht! In meinem Kampf war ich schon so mancher Gefahr ausgesetzt, mit einem Don werde ich da doch spielend fertig, Madame! Aber danke für die Warnung. Sie wollen wohl nicht, dass mir etwas widerfährt.“ Wirklich bedanken wollte er sich nicht, was aber keineswegs hieß, dass er es nicht zu schätzen wusste. Bisher hätte ihn keine halbwegs gutherzige Frau verraten. Er wäre bestürzt, hätte sich heraus gestellt, dass Lolitas Mutter entschlossen hatte, ihn zu verraten.

„Zorro, du warst schon immer mutig, aber was du jetzt tust, ist dumm. Wofür das alles? Für eine Göre, die sich nicht zu benehmen weiß.“ Es klang geradezu, als wolle Lolitas Mutter ihn rügen, das gefiel ihm wenig, was man an den verengten Augen seinerseits auch sofort bemerkte.

„Ja, ich mag Lolita, ich habe sie wirklich sehr in mein Herz geschlossen. Sie ist ein hübsches Mädchen und ich bin sehr um ihr Wohl besorgt. Sagten Sie nicht, dass sie fast noch ein Kind sei? Wenn Sie das wirklich denken, warum wollen Sie Ihre Tochter zwingen, dass sie einem Mann aus einer fremden Stadt, den wir alle kaum kennen, einem edlen Herrn wie Don Diego Vega den Vorzug gibt? Im Gegensatz zu diesem Don Juan kennt ihn jeder hier. Genauso weiß jeder in dieser Stadt, dass er vernarrt in Lolita ist, oder etwa nicht? Aus zuverlässiger Quelle weiß ich, dass Diego Lolita unheimlich gerne heiraten würde. Er ist ja sogar sehr vermögend. Also! Was spricht dagegen?“

Zorro zeigte seinen Missmut, um sie in die Enge zu drängen, aber auch sie versteckte wenig, dass es ihr missfiel von ihm so angegangen zu werden. Ihr Gesicht sprach Bände und trotzdem gab sie nur ein einziges Wort von sich: „Nichts.“

„Warum dann das Ganze? Aus der Vermutung, ICH könnte Ihre Tochter UNSITTLICH berührt haben? Bitte, Señora, so etwas Abscheuliches trauen Sie mir zu?“ Zorro klang empört und seine Stimme gewann an Intensität, war am Ende sogar fast schon ein Schreien, er hatte jedenfalls redliche Mühe, seine Stimme im Zaun zu halten. „So etwas würde ich nicht einmal zu denken wagen! Halten Sie mich allen Ernstes für so ehrlos? Antworten Sie!“

Doña Catarina hatte im Gegensatz zu Lolita Zorro noch nie so wutentbrannt erlebt, aber Angst verspürte sie keine. Sie blieb ruhig, seufzte im Anschluss jedoch.

„Nein, Zorro… Ganz gewiss nicht! Aber meine ungezogene Tochter, sie ist wild und manchmal denkt sie nicht nach. Vielleicht hat sie Ihnen ja den Kopf verdreht. Ständig sind Sie zu ihrer Rettung geeilt und haben dafür Kopf und Kragen riskiert. Was soll eine arme Mutter darüber schon denken? Sie müssen Ihr Herz an meine Tochter verloren haben! Für ihr Verhalten Ihnen gegenüber möchte ich mich entschuldigen.“

Einen kleinen Moment sah man den Schock in seinen Augen, gleich darauf einen traurigen Schimmer und dann lächelte er sogar. „Ich möchte mich nicht wiederholen. Natürlich mag ich Ihre Tochter. Niemals würde ich zulassen, dass man ihr etwas zuleide tut. Außerdem weiß ich, dass es jemanden gibt, dem ebenfalls sehr viel an ihrem Wohl liegt. Diego Vega. Obwohl er Lolita wirklich sehr liebt, haben Sie ihn des Hauses verwiesen. Wieso? Was soll das? Er ist der richtige Mann für Ihre Tochter. Eine bessere Partie könnte sie kaum kriegen. Das ist der eigentliche Grund für meinen Besuch. Ich erweise einem Freund, einem edlen Herrn einen Dienst. Außerdem empfinde ich es als Unrecht, eine unbescholtene Señorita Zwangs zu verheiraten. So etwas ist geschmacklos und passt nicht mehr ganz in diese friedlichen Zeiten. Finden Sie nicht? Wäre es also wohl zu vermessen, Sie darum zu bitten, Ihr Einverständnis zu dieser Verbindung zu geben? Ich strebe nach Gerechtigkeit, deswegen möchte ich, dass man ihr gestattet, den Mann ihrer Wahl zu heiraten. Nicht einen, der ihr ausgesucht wird. Das ist doch sehr unfair, nicht?“

„Sie leben in einer Traumwelt, Zorro. Ihr Streben nach Gerechtigkeit in allen Ehren, aber das hier ist unser Dilemma. Nicht Ihres. Der Ernst des Lebens verlangt nicht nach großen Gefühlen.  Das muss auch Diego endlich einsehen. Sie stellen sich das so einfach vor. Ein Mann wie er steht in der Öffentlichkeit und kann sich keine Fehler erlauben. Ein ungezogenes Mädchen wie Lolita wäre gar nicht gut für die Zukunft einer so angesehenen Familie wie den Vegas. Ein Mann wie Sie, ein Verbrecher kann unsere Beweggründe aber sowieso nicht verstehen.“ Nur sehr ungern nannte Doña Catarina diesen Mann Verbrecher, aber es war nun einmal die Wahrheit.

Es kränkte Zorro zutiefst, dass man annahm, er würde davon nichts verstehen. Mehr als nur einmal sagte er zu sich selbst, dass sie es nicht wusste und er ihr das nicht nachtragen durfte. Noch nie in seinem Leben hatte er in diesem Ausmaß auf Worte reagiert, wie jetzt. Seine Gefühle konnte er nicht vor Lolitas Mutter verstecken. Mit seinen Augen hatte er noch nie so sonderlich gut lügen können. Die Art und Weise wie er sie ansah, wie sich seine Augenbrauen verzogen, ließen nur einen Schluss zu. Den, dass es ihn verletzt hatte. Nicht, weil er nicht damit klar kam, als Verbrecher zu gelten, sondern dass er die Situation, in der sie waren, nicht verstand.

Ich bin mit den Regeln der Aristokratie vertraut, Doña Catarina! Ich lebe nach ihnen seit meiner Geburt!

Die Worte lagen auf seiner Zunge wie saure Zitrone, er musste sie ausspucken, sofort!

„Hat man EUCH etwa auch den Mann ausgesucht, oder durftet Ihr Don Carlos frei wählen?“ Dass er sich damit ziemlich etwas anmaßte, wusste Zorro sehr genau, aber er hatte sich diese Frage nicht verkneifen können, weil sie ihn schon seit Ewigkeiten quälte. Nicht nur sie, sondern auch Lolita. Jedes Mal, wenn ihre Mutter ihren armen Mann zur Schnecke gemacht hatte, weil ihr wieder etwas nicht an ihm passte. Lolita liebte ihren Vater unbeschreiblich und manchmal tat er ihr einfach Leid.

Entrüstet sah Catarina den jungen Mann an und stand von ihrem Bett auf, von welchem noch die Decke zu Boden segelte. Dann ging sie mit großen Schritten an ihn heran. Im selben Moment noch, dass sie direkt vor ihm stand, zeigte sie das Temperament, was tief in ihr zu schlummern schien.

„Das geht Sie überhaupt nichts an, Señor!“ fauchte sie ihn an und ihre Hand schnellte in sein Gesicht, wo sie mit einem Klatschen landete. Die Ohrfeige hatte er sich redlich verdient, deswegen steckte er sie auch ein, ohne mit der Wimper gezuckt zu haben. Ihr Zorn verriet aber auch, dass er einen wunden Punkt bei ihr getroffen hatte.

Einen Kämpfer wie Zorro zu schlagen, das erforderte durchaus Mut. Es amüsierte ihn sogar beinahe.

„Das ist kein Grund Lolita damit zu strafen, Señora.“ Der Maskierte blieb beängstigend ruhig für den Umstand, dass eine Frau ihm ins Gesicht geschlagen hatte. Kaum einer würde sich das einfach so bieten lassen. Wirklich mitleidig sah er sie nicht an, auch wenn der Zorn der Traurigkeit wich. Sie musste todunglücklich sein.

Da stand er, dieser wunderbare Mann, den die ganze Frauenwelt zu verehren schien. Sie hatte ihn geschlagen, so kräftig, dass ihr immer noch die Hand wehtat. Doch er blieb ruhig. Sie hatte ganz andere Männer um sich herum gehabt, die sie jetzt so sehr verprügelt hätten, dass sie sich morgen früh im Spiegel nicht mehr wiedererkennen würde. In diesem besonderen Moment wusste die Doña, dass Zorro per se kein schlechter Mensch war, nur geleitet von Emotionen. Wahrscheinlich war auch das der Grund gewesen, warum er sich für die Bevölkerung eingesetzt hatte. Weil seine Gefühle ihn dazu gezwungen hatten. Er war die Art Mann, der ihr imponierte. Früher, sie hatte mutige Männer wie nichts anderes verehrt. Auch sie ließ sich gerne beschützen, das musste sie zugeben. Da war sie ganz und gar wie ihre Tochter Lolita, die einfach keinen schwächlichen Mann ernst nehmen konnte. Was war nur aus ihrem Mann geworden? Er war so mutig und tollkühn. Aber sein elender Mut und all sein tapferes Verhalten hatten ihr Vermögen schwinden lassen. Gerade wollte sie das schwache Frauenzimmer sein dürfen, was sich weinend an einen starken Mann warf, um sich trösten zu lassen. Die Erinnerung an vergangene Tage ließ ihre Augen wässerig werden. Sie warf sich nicht wirklich kräftig gegen ihn, sondern ihr Kopf lehnte sich lediglich ein wenig an die Brust des Mannes. Die Tränen rollten über ihr Gesicht wie die Sintflut nach einer Woche Dauerregen.

Es war unfair von ihr, ihm das anzutun. Er konnte doch keine Frau von sich weisen, die gerade zu weinen begann. Außerdem meldete sich sofort das schlechte Gewissen. Immerhin hatte er offensichtlich in ihren Wunden gebohrt.

In welch schrecklicher Welt leben wir eigentlich?

Um es nicht allzu sehr an sich heranzulassen, starrte er zur Decke. Um sie herum herrschte Dunkelheit und das vollkommene Nichts. Niemals hätte er geglaubt, in eine solche Situation zu geraten. Ein kaum hörbares Seufzen trat über seine Lippen. Hilfsbereit genug war er, um einer Frau einen kurzen Moment zu lassen, in dem sie sich hemmungslos an ihm ausheulte. Trotzdem war es ein sehr seltsames Gefühl. Sie hätte seine Mutter sein können. Aber sie wegschieben konnte er nicht.

Kurz haderte er mit sich, ob er ein paar aufbauende Worte sagen sollte, da er glaubte zu wissen, was der Grund für ihre Tränen gewesen war.

„Don Carlos liebt Sie von ganzem Herzen. Er würde alles für seine beiden Frauen tun, das ist doch auch schön, nicht? Es tut ihm bestimmt jeden Tag aufs Neue Leid, dass Sie so unglücklich sind. Quälen Sie ihn doch nicht immer so.“

Auch die letzten Tränen wurden mit einem kleinen Schniefen ertragen und dann sah sie an ihm hoch. Blickte in schöne blaue Augen, sah ein aufrichtiges Lächeln. Dieser Mann hatte alles, der Frauen schwach werden ließ. Trotzdem liebte er ihre Tochter und würde wohl kaum auf komische Gedanken kommen. Egal wie zuvorkommend er war, wie zärtlich er noch die allerletzte Träne aus ihrem Gesicht fischte und dann seine Hand kurz auf ihrem Kopf liegen hatte. Dabei sah er sie nicht an.

„Erwartet aber nicht zu viel Mitgefühl, immerhin habt Ihr Euch sehr gehässig gegenüber meinen Freunden verhalten. Aufrichtige Gefühle sollte man nie zerstören. So etwas existiert nicht mehr oft in dieser Welt. Nennt mich eben romantischen Träumer. Einem Banditen wie mir bleibt fast nichts anderes als Hoffnungen und Wünsche, wisst ihr?“

Obwohl seine Worte sehr undurchsichtig waren, so glaubte sie, dass die Einsamkeit aus ihnen sprach. Das tat ihr sogar fast Leid, immerhin hatte er sie von einem mächtigen Mann befreit, der sie alle gequält hatte, auch ihre Familie.

Doch anders als Zorro wusste sie nicht, was nun das Richtige gewesen wäre, um ihn aufzubauen. Am liebsten wollte sie gerade ihn aus der Einsamkeit befreien, aber auch sie hatte so etwas wie Ehre im Leib und wusste, dass so etwas sich nicht gehörte. Außerdem war es nicht wahr, dass sie ihren Mann nicht liebte. Das tat sie durchaus, aber glücklich waren sie schon lang nicht mehr.

Zorro wartete nur den Moment ab, dass die Doña sich beruhigt hatte, um sie ganz vorsichtig von seiner Brust zu schieben.

Große Emotionen hin oder her, er hatte sein Ziel und so konnte er leider keine Rücksicht auf sie nehmen.

„Eines noch, Señora Pulido“, setzte er zu einem weiteren Satz an, inmitten welchem er seinen Zeigefinger unter ihr Kinn legte, was auch schon als äußerst ungeniert galt. „Sie ist Ihre Tochter, und ich werde sie Ihnen gewissenlos wegnehmen, sollten Sie nicht richtig stellen, was Sie von mir Ihrem Gatten aufgetischt haben! Außerdem akzeptieren Sie Ihre Entscheidungen. Sie ist ein eigenständiger Mensch, der frei entscheiden kann, wie jeder andere Mensch auch. Wir sind hier nicht mehr im Mittelalter! Haben Sie das verstanden? Sollten Sie diese Bitte ausschlagen, ich schwöre… Ich steige zu Lolita ins Zimmer und entführe sie, um zu verhindern, dass sie diesen Mistkerl heiratet! Mein Wort darauf! Ich lasse nicht zu, dass sie leiden muss, so wie ich viele Damen in Spanien leiden sah!“ Einer Mutter die Tochter wegnehmen zu wollen, war wirklich niederträchtig. Das war ihm bewusst, aber er sah leider keine andere Möglichkeit.

Zorro beliebte nicht zu scherzen. Das sah man ihm an, trotzdem war er unverschämt, sie so zu erpressen. Nichtsdestotrotz war er ein Ehrenmann vom Scheitel bis zu der Fußsohle.

Sollte sie sich wirklich geschlagen geben und nachgeben?

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, es hat euch gefallen.
Gruß
Jay Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So.
Jetzt haben wir sehr viel Staub aufgewirbelt. Wo das alles hinführen wird, könnt ihr euch gewiss denken. Oder wird sich der Wind doch noch in die andere Richtung drehen?
Wir dürfen gespannt sein, wenn es beim nächsten Mal heißt
The bold Caballero Teil II

PS.: Schon herausgefunden, wer der kühne Caballero ist? Es gibt dazu sehr unterschiedliche Meinungen... Hinterlasst mir doch bitte eure Meinung, wenn ihr es gelesen habt, ok? :))))))) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Na, hat es euch gefallen? Ich hoffe doch. Die Szene zwischen Catarina und Zorro liebe ich wirklich ^^ Ihr auch? :p Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  MayAngel
2017-06-14T14:16:08+00:00 14.06.2017 16:16
ich lege dir auch ans Herz, ein Glossar für diejenigen zu machen, die deine benutzten Fachausdrücke nicht kennen. denke nur an das Pallasch, was jemand als Prallarsch las X````````````DD

ach und tritt Andrea doch bitte in den Hintern, dass sie die Fanarts, die überall in den Rpgs und so herumfliegen auch mal online kommen ^^
Von:  SakS
2017-05-30T11:51:21+00:00 30.05.2017 13:51
Nikita schreibt Bernardo öfter Briefe, kann das möglich sein? Er fragt sofort, ob sie ihm geschrieben hat. Ich finde es ja süß, nachdem er gegenüber Diego alles an ihr doof nannte, sich doch so freut, wenn sie ihm schreibt xD ach, unschuldige Liebe von Teenagern...
Ihr Brief ist wirklich nicht schlecht xD und sie scheint ja Lolita und Diego fast wie ein Fangirl zu unterstützen xDDDDDD ihr Brief ist ein verbaler Arschtritt in den adeligen Arsch von Diego (lol)
Die Seelenruhe von Diego ist mal wieder wirklich herrlich. Schade, dass du nicht geschrieben hast wie er zuhause irgendwas demoliert. das wäre gut gekommen, weil er sich echt lange beherrscht hat.
Du schreibst Alejandro sehr viel netter als ich XD das muss man auch erst einmal können.
Bei Catarina und Carlos bin ich mir nicht so sicher, was bei denen im Kopf los ist. Beide wollen nicht, dass Diego etwas zustößt. Aber ich glaube irgendwie, dass ihre Ziele unterschiedlich sind. Carlos MAG Diego, Catarina bin ich nicht ganz schlüssig. Mochte sie den nicht auch? Ich finde, dass da einiges stinkt. Ganz merkwürdig, diese Übertreibung O.o Catarina redet als wenn Diego das Herz von ihrer Tochter brutal rausgerissen wurde . Und Carlos scheint wirklich Alejandro so sehr zu schätzen, dass er auf seinen Sohn nichts kommen lassen will. Oder ist das noch die Dankbarkeit für all die Helfaktionen? Es kam da so ein Satz, wo du unbedingt darauf beharrt hast, dass er dankbarer ist, als es wirkt. Wenn der Mann sich nur endlich einmal gegen seine Frau behaupten könnte. Ihm wurde ja auch bewusst, Mist erzählt. Ich hoffe Zorro kann das noch richten, was Diego nicht hinbekommen hat. wahrscheinlich willst du es unbedingt eskalieren lassen, denn mir wären einige Sachen eingefallen, um die Situation herunterzufahren. Diego ist doch so schlau. Statt am Ende klarzustellen, wer wen küsste, hätte er die Sache noch etwas gewitzter angehen können. Statt Behauptungen "Lolita würde mich heiraten, wenn ich sie frage" hätte ich sie beispielsweise rufen lassen. Niederknien, Antrag machen, ihr freudestrahlendes Gesicht genießen, JA einkassieren. Fertig! XDDDDDDD so dreist wäre ich an seiner Stelle. Wenn er doch eh sagt, dass es so wäre. Wieso tut er es nicht einfach?? Da hätten ihre Eltern aber blöd geschaut ^^

Aber du willst es, also mach es XD bring Zorro auf den Plan XDDDDDD ich warte schon darauf, dass Juan und er sich die Köpfe einschlagen. Nur wer gewinnt da? Wie Diego treffend sagte, er ist zu eifersüchtig und zu wütend, um gut zu kämpfen.
Aber er war bei Lolita leider schon immer ein wenig kopflos. Drauf und dagegen xD

ach ja und: Keine Fehler (lol) xD

fuck was vergessen XD
A bold Caballero. Die Frage ist unfair. Es gibt Stellen, da halte ich Diego für äußerst kühn, Juan allerdings auch xD warum machst du nicht aus dem Titel "The Bold Caballero(s)" xDDD?
Von:  MayAngel
2017-05-30T10:59:42+00:00 30.05.2017 12:59
danke für die Erwähnung^^
Ich hoffe für alle, dass Catarina vernünftig wird und man Carlos erweichen kann (das halte ich für möglicher als das Erste XD)
Ich mag Juan gerade überhaupt nicht. Aber dafür Diego, der sich echt tapfer hält. Gut, dass Alejandro noch einmal mit ihm redet. Das fand ich im Übrigen am schönsten ._. ich denke, es ist Diego eine große Hilfe, nicht? Schon allein, dass er zu ihm steht und ihm jetzt keine Befehle erteilt, wie er auch könnte.
Dass Bernardo Diego für unbesiegbar hält, ist wieder typisch. Gut, dass Diego selbst das anders sieht und weiß, er sollte vorsichtig sein.
Wirklich sehr gut geworden. Ich mag auch die Beschreibung vom Mondlicht ^^

Der kühne Caballero ist Diego... (finde ich). aber ich schätze, du wolltest eher Juan andeuten XD
Von:  SakS
2017-05-25T15:54:42+00:00 25.05.2017 17:54
OHA!
o.0
ich habe intensiv nach Fehlern geschaut und leider keine gefunden xDD;;;;;;;;;;;;;
Weil ich aber doch noch etwas dazu sagen möchte, fällt das diesmal leider sehr positiv aus.
das Kapitel ist allererste Sahne. Ich muss sagen, dass ich deine Mühen diesen Teil gut zu schrieben durchaus entdecke.
Die Geschichte nimmt mir einen nicht mehr so berauschenden Lauf.
Muss man denn jetzt schon mit Mord und Totschlag rechnen?????????
Mir kam vor, dass Juan nur einen Gegner suchte und jetzt bekommt er einen Feind. Die Beteiligten tun mir ein wenig Leid und Catarina soll eines grausamen Todes sterben, dafür was sie ihrer Tochter da gerade angetan hat. Aber warum verteidigt sie sich so wenig???????
Ich finde aber gut, dass man an ihren Gefühlen nichts rütteln kann, so toll Juan ja ist, nicht wahr? Er hat Violine gespielt und sie denkt immer noch an denselben Mann ^^ Er sollte gnädiger werden und ihr jetzt zur Hilfe eilen. Aufhören sie zappeln zu lassen. Sie scheint ihn so sehr zu lieben. Ich hoffe er liebt sie dann auch nur halb so sehr wie sie ihn. Sonst sehen ich Nikitas Übertreibungen noch eintreffen!

In diesem Sinne. Super Kapitel. mach mal weiter so :333333333333333333333333
Von:  SakS
2017-05-16T21:15:06+00:00 16.05.2017 23:15
„Meine Entscheidung steht fest! Ich werde die Familie Pulido besuchen! Auf, dass Zorro sich zeigen möge…“

na Mahlzeit xDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD

Aber ich sage es ist alles wunderbar geschrieben o_o hast du dein Talent vor mir versteckt xD


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