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El espadachín secreto

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben,
ich kann noch nicht zweifelsfrei sagen, wie viele Teile dieses Kapitel haben wird. zwei werden es auf jeden Fall, je nachdem wie zügig ich die Story niedergeschrieben bekomme. Ich habe meinen Plot und den will ich gnadenlos durchziehen.

Der Titel hat übrigens nicht mit dicker Schrift zu tun... es gibt eine Reihe deutsche Wörter, um dieses zu übersetzen und so manche passen zu dem, was ich damit auszudrücken versuche.
(kühn, mutig, tapfer, dreist)
Deswegen habe ich mich für die deutsche Sprache entschieden. Ich wollte meine Fanfiction erst in englisch verfassen, aber die deutsche Sprache ist einfach schöner.

Danke an meinen Betareader Melora und an meine beiden Freunde Kay-kunMayAngel, die es bewertet haben. Eigentlich muss man euch fast schon auch als Betareader bezeichnen :p Danke für die ehrlichen Kritiken, die dazu geführt haben, dass der Text sich doch noch ganz schön verändert hat ^^

Aber jetzt wünsche ich euch erst einmal viel Spaß bei diesem Kapitel. Lasst euch Zeit. Es steckt viel drin. Komplett anzeigen

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A bold Caballero - Teil I

 

Zur Abendstunde, kurz nach dem Nachtmahl, um genau zu sein, fragte ein Diener der Platas bei Maria nach Bernardo und sie musste bedauernd mitteilen, er sei von seiner Aufgabe noch nicht zurückgekehrt. Sie habe ihn in die Stadt geschickt, um für den Don etwas Spezielles zu besorgen. Da Nikita aber mit ihrer Botschaft gedrängt hatte, war das natürlich ein herber Schlag. Leider konnte der Bedienstete auch nicht ewig bleiben, auch er hatte schließlich seine Aufgaben. Trotzdem wollte er eine Weile auf den jungen Burschen warten. Als sie die Kutsche hörten und Bernardo seinen Einkauf aus der Stadt auf einen Schlag ins Haus schleppte, lauerte man ihm schon auf.

„Das hat ja gedauert! Wo hast du dich herumgetrieben?“

Ausnahmsweise hatte er sich wirklich nirgendwo herumgetrieben und reagierte natürlich ein bisschen patzig. „Es war viel los in der Stadt! Dafür kann ich nichts!“ Aber der Ton spielte die Musik und patzig war zwar nicht die Wortwahl, aber der Klang seiner Stimme. Das nächste Mal kann sie selbst in die Stadt fahren.

„Du hast Besuch von den Platas! Also eile dich, Junge!“ teilte Maria ihm dann mit, noch im gleichen Moment schmiss er ihr buchstäblich einen der Körbe in die Arme und stürzte voller  Vorfreude los.

„Unfassbar“, ärgerte sie sich, denn der Junge hatte den restlichen Einkauf auch stehen lassen, und war ins Haus geeilt.

„Oh, Pedro, schön dich wiederzusehen“, sagte er jetzt doch etwas höflicher, obwohl es sich nur um einen Hausdiener handelte, war ihm die Beziehung zu der Familie Plata doch wichtiger, als es den Anschein machte. „Hat sie mir geschrieben?“ So gestrahlt hatte der Junge schon lange nicht mehr. Es war offensichtlich, dass er eine Schwäche für Nikita hatte, so wenig er dies zugeben wollte.

„Sie wies mich auf die Dringlichkeit hin, mit der sie mir aufgetragen hat, dich aufzusuchen. Es scheint etwas Schlimmes geschehen zu sein.“

Sofort stockte Bernardo der Atem und er war sofort in heller Aufregung und Sorge. „Hoffentlich irren Sie sich.“ Natürlich dachte er bei etwas Schlimmes vor allem an Nikitas Familie, nicht an irgendwen sonst.

Man übergab ihm einen Brief, mit einer wunderschönen Handschrift, deren edle Worte sofort darauf schließen ließen, dass die Verfasserin aus besseren Verhältnissen stammte als der Junge. Aber auch er war ein Vega und durfte damit angeben, wenn er sich nur entsprechend benommen hätte.

 

Mein liebster Bernardo,

 

ich bin untröstlich, dass ich in diesem Brief eine nicht so erfreuliche Nachricht überbringen muss.

Sie betrifft auch nicht direkt dich. Bitte verstehe mich nicht falsch, aber ich bin sehr besorgt und beunruhigt. Um uns geht es dabei nicht, dessen versichere ich dir. Schlimmer noch, es geht um Lolita! Ihre Eltern mutmaßen, ihre Tochter habe irgendetwas Unzüchtiges mit Zorro getrieben, welches sich nicht schickt. Deswegen beabsichtigen sie die arme Lolita mit einem Wildfremden von blauem Blute zu verheiraten. Er habe sich bereit erklärt, sie auf schnellstem Wege zur Frau zu nehmen. Es sei eine Beleidigung gegenüber deinem Bruder, würde man ihn darum bitten, dass er sich ihrer annimmt. Lolita ist zu Tode betrübt, sie hat sogar angedroht, wenn man sie Zwangs verheiratet, dass sie sich in den Fluss stürzen wird.

Ich bin zutiefst in Sorge um sie. Bitte benachrichtige so schnell wie irgend möglich Diego und teile ihm mit, dass ich von ihm erwarte, dass er jetzt endlich etwas unternimmt! Er kann doch nicht billigen, dass Lolita einen fast Fremden zum Ehemann nehmen muss. Was auch immer sich zugetragen hat, so wissen wir doch beide, dass sie ihm über alle Maßen wichtig ist. Dir sei erlaubt, so richtig zu übertreiben. Wie im Drama. Weise ihn an, er soll für sie jetzt den Helden spielen! Das hat sie sich immer erträumt. Dass ihr Ritter auf dem weißen Ross kommt! Und damit meine ich nicht einen Ritter mit Maske. Einen richtig tapferen Ritter, keiner der sein Gesicht verhüllt.

 

In tiefster Freundschaft

Nikita

 

Unerfreuliche Nachrichten waren niemals gut. Sofort dachte er an Ungnade, und dass sie die Stadt verlassen müssten, das hätte ihn hart getroffen. Der junge Mann zerknitterte sofort das Papier, als er die Zeilen las, in denen es darum ging, es würde ihn indirekt betreffen. Ob nun indirekt oder direkt, es betraf ihn! Beim Lesen, es ginge nicht um sie beide, war er zwar erleichtert, aber der Name Lolita gefiel ihm in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Denn das betraf ihn in der Tat indirekt. Alles was mit Diego, seinem Bruder zu tun hatte, betraf ihn. Alles, was diesen verletzte, würde Bernardo doppelt und dreifach treffen. Kaum jemand in dieser Welt war ihm wichtiger. Wirklich weiterlesen musste Bernardo nicht, denn es reichte ihm eigentlich zu erfahren, dass Lolita verdächtigt wurde Unzucht mit Zorro getrieben zu haben, deswegen also gezwungen werden sollte, sich irgendeinen Mann zu nehmen. Es reichte aus, um Bernardo so wütend zu machen, dass er den Rest des Briefes erst einmal quetschte und das Papier anschließend etliche Knitter aufwies.  „Das darf jawohl nicht wahr sein!“ spie er zornig aus, faltete den Brief dann aber wieder auseinander, da sie noch mehr geschrieben hatte.

„Was soll das denn wieder heißen? Eine Beleidigung, ihn zu bitten! Man muss Diego nicht darum bitten, darauf kommt er ganz alleine!“

Bernardo gestikulierte wütend vor dem Gesicht des Dieners. „Ich danke dir! Richte Nikita aus, dass ich ihr zu großem Dank verpflichtet bin! Sie soll sich keine Sorgen mehr machen! Ich regle das! Und nun geh, bevor du Ärger mit der Familie bekommst!“

Nachdem er den Diener weggeschickt hatte, las er die restlichen Zeilen.

Ehrlich gesagt, der Junge teilte Nikitas Sorgen, denn wenn Lolita etwas androhte, dann würde sie es zweifellos wahr machen. Sie war kein Mensch der Worte, sondern der Taten. Es war ihr zuzutrauen, drastische Maßnahmen zu ergreifen, wie Suizid zu begehen, und das fand er gar nicht gut. Beim besten Willen wusste Bernardo nicht, was es da zu übertreiben gab. Die Sache war schlimm, wie man sie darbot. Lolita drohte ihren Eltern, sich umzubringen, also waren sie uneinsichtig und wollten sie wohl allen Ernstes zwingen.

„Wie ich Adelige hasse. Diego und Lolita scheinen die Einzigen zu sein, die normal sind. Er wird toben vor Wut, wenn er das erfährt!“ war sich Bernardo sicher. Ohne die ernste Lage, hätte er geschmunzelt, dass Nikita der Ansicht war, Diego solle sich auf seinem weißen Ross zu den Pulidos begeben, aber die Maske weglassen. Es war ein Umstand, der durchaus sehr lustig war, wenn man bedachte, dass Diego Zorro war. Dennoch war ihm nicht zum Lachen zumute, eher zum Schreien.

Vor nicht allzu langer Zeit hatte Diego sich gewünscht, man möge ihm seine seltsamen Träume erfüllen, in denen er wortwörtlich sein eigenes Drama spielte. Manchmal war sein Bruder ein bisschen eigenartig, aber da hatte dieser sein Drama – mit ungewissem Ausgang.

Als Bernardo hinauf stürmte, den Brief erneut achtlos zerknittert, lag Diego gerade faul auf dem Bett und las eines seiner Bücher.

„Es ist etwas Furchtbares passiert!“ rief er in das Schlafgemach hinein und es dauerte noch einige Sekunden, bis Diego von seinem Buch abgelassen hatte, um ihm einen Blick zu schenken. „Lolita…“

„Was ist mit ihr?“ Grundsätzlich musste der Junge kaum mehr sagen, als dass etwas mit Lolita war und Diego sprang in aller Aufregung auf. Immerhin hatte er sich, was das anging, kein bisschen verändert. Es war wie am ersten Tag, das machte Bernardo doch ziemlich froh, weil er ihm vor kurzem sehr kaltschnäuzig vorgekommen war.

„Verheiraten wollen sie sie, Zwangs verheiraten! Mit diesem Don Juan aus Monterey!“

Sehr beängstigend klang das nicht in Diegos Ohren, insofern verstand der Adelige auch den Wind nicht, den Bernardo unnötig machte. Ihm war sogar danach, ihn auszulachen. „Darum machst du dir Sorgen? Ich weiß nicht, wer mir in dem Fall mehr leidtun soll. Don Juan oder ihre armen Eltern.“ Seine mangelnde Besorgnis wollte Diego wenigstens  erläutern, schließlich stieß er sofort auf unverständliche Miene von seinem kleinen Bruder. „Sie soll so vieles und tut es nicht. Den wird sie hinfort wedeln, wie eine Stechmücke.“

„Wie kann man nur so eine ruhige Kugel schieben?“ wunderte sich Bernardo. „Ihre Eltern haben wohl klipp und klar gemacht, dass es keine andere Möglichkeit gibt. Sie wollen dich nicht beleidigen, indem sie dich darum bitten, sie zur Frau zu nehmen.“

„Mich bitten? Was soll dieser Unfug?“ Anscheinend hatte er etwas falsch gemacht, man musste ihn doch nicht bitten. So gehörte sich das ja auch gar nicht – er musste bitten, um ihre Hand anhalten bei Don Carlos, oder etwa nicht? „Soll das heißen, sie bezeichnen ihre Tochter als nicht gut genug für mich?“ Für ihn klang das alles andere als rosig, und er fragte sich insgeheim, welchen Eindruck er bei der Familie hinterlassen hatte. Vor allem, was sie von ihrer Tochter dachten. Was hatte sie nur gemacht?

„Der Grund ist, dass DU dich als Zorro an sie herangemacht hast. Weil du dich nicht im Griff hattest! Jetzt kriegst du dein Drama!“

„Du hast offensichtlich schon wieder zu heiß gebadet. Ich habe mich nicht an sie herangemacht, das liegt mir fern. Das Einzige, was ich ab und zu tat, war ihr zu Hilfe zu eilen. Da war sie aber bei weitem nicht die einzige Person. Warum muss man das so aufbauschen? Ah, da kriege ich ja Kopfschmerzen.“ Diego fasste sich symbolisch an den Kopf.

„Es war die Rede von ihrer unzüchtigen Tochter. Und Lolita ist bereit, so weit zu gehen, ihren Eltern anzudrohen, dass sie sich umbringen wird, wenn man sie mit Juan verheiratet.“

„Hey, das ist ja sogar für Lolitas Verhältnisse drastisch.“

Bernardo fand einfach, dass Diego zu ruhig und besonnen war in dem Fall und ging an ihn heran. „Nikita ist fürchterlich besorgt und erwartet VON DIR, dass du etwas unternimmst!“ Der Junge schnaubte. „Und ich auch! Du kannst sie ja nicht so hängen lassen… Was, wenn sie sich wirklich etwas antun würde? Du wärst der Erste, der hinterher springt, oder nicht?“

Ganz unwahr war es nicht, denn wenn man es ganz genau betrachtete, hatte er so etwas schon einmal getan. Trotzdem schien die Tatsache ihm nicht auszureichen, um Lolita so etwas Fürchterliches anzutun. Während Diego noch schwer damit beschäftigt war, zu verstehen, warum Don Carlos seiner Tochter so etwas zumuten wollte, drückte der Rotbraun haarige ihm Nikitas Brief in die Hand. „Lies es! Sie ist krank vor Sorge!“

Mitnichten, Nikita war nicht allzu schwer in Sorge zu versetzen.

Eisblaue Augen huschten über den Text und erspähten die wichtigen Details, die der Junge einfach nicht dramatisch genug dargestellt hatte. Es ging hier darum, dass man eine Hypothese aufgestellt hatte, Lolita und er, ZORRO seien unzüchtig gewesen. Im Endeffekt musste man Carlos noch danken, wenn er ihn vor der Schande bewahrte, ihm seine beschmutzte Tochter anzudrehen. „Was für ein Wahnsinn!“ Einiges war im Argen. Von eisig kalt, zu brühend heiß, hatte sich seine Gefühlswelt gewandelt. Diego war im Regelfall relativ gelassen, ziemlich lange. Aber gerade empfand er nur grenzenlose Entrüstung, diese ließ den Brief letztendlich in Fetzen zu Boden segeln. Seine Augen waren nie entflammter gewesen, wie in dem Moment, als ihm bewusst wurde, was hier gespielt wurde. „Wenn jemand ihre Sünden reinwäscht, dann bin ich das!“ Nicht nur, dass Diego den Brief wie ein tollwütiger Hund zerfetzt hatte, seine Faust donnerte auch gegen eine Stange am Bett und für einen kurzen Moment hätte man glauben können, die Hazienda bebte. So aufgebracht hatte Bernardo ihn nie gesehen, aber er konnte kaum leugnen, dass er einen vor Wut entbrannten Diego so schlecht nicht gefunden hatte. Gefiel ihm wesentlich besser, als wenn er seine Schmierenkomödie abzog. Sogar Lolita scherzte darüber, dass sein Tun vielleicht ja gar kein Schauspiel gewesen sei. Jetzt konnte er dann ja beweisen, dass dem nicht so war.

Es brachte Diego zur Weißglut, immerhin ging es ja um ihn und somit war er sogar dazu verpflichtet, sich um diese Angelegenheit zu kümmern. Wirklich, das war doch lächerlich, ihr so etwas zu unterstellen. Für so bescheuert hatte er ihre Eltern de facto nicht gehalten, dass sie an Ammenmärchen glaubten. Die Leute reden immerzu, die Hälfte stimmt meistens nicht…

Natürlich dauerte es nicht lange, dass er von seinem Bruder verlangte, ihm ein Pferd zu satteln, er wolle sich noch schnell etwas Schickeres anziehen, um Eindruck zu schinden. Gleich darauf verlangte er seinen Degen, der anschließend an seinem Gürtel prangte. Es war an der Zeit, dass sie ihn jetzt richtig kennen lernen.

„Schau nicht so verdutzt! Nur für den Fall, dass man mich nicht ernst nehmen will. Reine Vorsichtsmaßnahme!“ Genau wissen, warum er jetzt der Meinung war, mit einem Degen herumlaufen zu müssen, tat er nicht. Diego war sich selbst freilich nicht klar, was gerade in ihm vor sich ging. Er war böse auf Lolitas Familie und wollte nicht, dass man ihn für harmlos hielt. Das tat man andauernd.

Diese Leute würden aus allen Wolken fallen, einen Degen an Diegos Seite zu sichten, denn den hatte er bisher immer schön daheim gelassen, weil er auf keinen Fall in die Situation kommen wollte, sich duellieren zu müssen, da mimte er lieber den Schwachen. Und er wollte doch jetzt endlich damit aufhören, und Lolita nicht mehr als nötig beschämen.

 

Es kam, wie es kommen musste, Bernardo stürmte raus, Diego verließ sein Zimmer und begegnete draußen seinem Vater. Der Junge war schnell genug im Verduften, ganz anders als er selbst gerade.

„Wohin des Weges? Für was hast du dich so herausgeputzt? Gehst du aus?“

„Herausgeputzt nennst du das? Dann hast du mich noch nicht im Element erlebt. Ich habe etwas Wichtiges zu tun. Aber dazu später.“ Gerade wollte der adelige Stammhalter keine unnötige Diskussion heraufbeschwören, deswegen ließ er seinen Vater lieber im Dunklen tappen. Sich entschuldigend, ging Diego zurück ins Zimmer und zog eine Kiste unter dem Bett hervor, wo er zwei Säcke mit Goldmünzen hervor holte. „Seien wir eben drastisch für den Fall der Fälle. Der lernt mich jetzt kennen.“ Auf das Schlimmste vorbereitet zu sein, war niemals verkehrt. „Ein edler Mann sollte über genügend Mittel verfügen, um sich durchzusetzen. Manneskraft, Mut, Geld“, wiederholte er für sich selbst und schmiss die Beutel einmal hoch, sie landeten mühelos in seinen Händen. „Zunächst versuchen wir es mal mit friedlichen Worten. Wenn das nicht nützt…“ Seine Augen verzogen sich zu gefährlichen Schlitzen, als gerade Bernardo zurück zu ihm kam.

„Dann hoffe ich mal für Don Carlos, dass er vernünftig sein wird, nicht dass du ihn noch aufschlitzt!“

„Ach, wo denkst du hin? Ich kann mich nun wirklich beherrschen. Zum Äußersten gehen, mag ich nicht. Sollte er aber aufmüpfig sein, kann ich ihm immer noch einen Teufel aus der Hölle schicken.“ Mit Teufel aus der Hölle war außer Zweifel Zorro gemeint. Zurück war sein freches Lausbuben Grinsen, was er schon so oft gezeigt hatte. Beim an Bernardo vorbei Huschen tätschelte er ihm immer noch den Kopf, aber der ließ es sich gefallen.

„Nimm mich mit!“ Der Junge rannte ihm nach, in den Hof und beide stiegen auf die Kutscher Position, um mit der doch etwas anmutig wirkenden Carozza sich auf den Weg zu machen. Zurück ließen sie ihren Vater, der aufs Tiefste aufgewühlt war, weil er die wilden Gerüchte in der Stadt beileibe auch den Umlauf hat machen hören. Er vertraute dessen ungeachtet darauf, dass sein Sohn das Richtige machen würde. Das Erfreulichste in dem Fall war, er plante eben nicht als Zorro dorthin zu gehen. Es gab Dinge, die musste man einfach als der Mann ohne Maske tun. Seine Liebste zu verteidigen beispielsweise.

 

Spät war es, dagegen nicht zu spät für einen Überraschungsbesuch. „Mir wäre wohler, wenn du in der Kutsche bleibst“, flüsterte Diego zu dem Kleinen. „Du bist mir zu impulsiv.“ Unter keinen Umständen durften sie hier frech werden, so wütend sie die Sache auch machte, es ging darum, die Sache diplomatisch anzugehen. Ihm fiel das schwer genug, der Junge würde am Ende noch ausrasten und den Mund aufreißen, wie so oft.

„Ich will dir beistehen.“

„Das ist nett von dir, aber am dienlichsten bist du mir, wenn du diesmal einfach mich reden lässt. Sage unter keinen Umständen blindlings irgendetwas. Überlasse alles mir, egal was passiert.“

So schwer es dem Jungen fiel, seinen frechen Mund zuzulassen, nickte er, was man als Versprechen ansehen konnte.

„Nimm du die Geldbeutel, obwohl ich ja hoffe, so weit nicht gehen zu müssen, das wäre schändlich.“

Bernardo tat wie ihm angewiesen wurde und beide gingen hinein, suchten sich den erstbesten Diener, der den Hausinhabern Bescheid gab. Auch Menschen, wie er, konnten nicht einmal so in Häuser hereinspazieren, ganz egal, wie nahe sie sich zu stehen pflegten. Das gehörte sowieso der Vergangenheit an, schien es. Besondere Begeisterung verspürte Diego nicht bei Carlos, als er dessen Gesicht erblickte. Das schlichte Guten Abend ließ nicht darauf schlussfolgern, dass sie hier gern gesehen waren, geduldet höchstens. Sofort fiel dem Hausherrn die ungewöhnliche Aufmachung von Alejandros Sohn auf, ebenso sein nicht wenig verärgert wirkender Gesichtsausdruck. „Was führt dich zu uns, Diego?“ fragte er trotzdem.

„Oh, ich glaube, das wissen Sie ganz genau.“

Für einen Moment glaubte Diego, bei Lolitas Vater die Schweißperlen der Angst zu sehen und das verängstigte Funkeln hinter den Augen. Dieser schien genau zu wissen, was ihm blühte.

„Darf ich wohl eintreten? Ich hoffe, Doña Catarina ist auch anwesend. Ich möchte, dass sie nichts versäumt.“

„Meine Frau? Mir schwante, die Anwesenheit meiner Tochter sei dir wichtiger, als die meiner Frau.“

„Es gibt Dinge, die muss Lolita nicht hören oder sehen“, sagte Diego sachlich, lächelte dabei aber so süffisant, dass Carlos eine Ahnung hatte, ihm könnte Schreckliches blühen. Er ließ Diego passieren und bot ihm natürlich sofort einen Sitzplatz auf der Couch im Salon an. Höflich waren sie immer noch, immerhin reichte ein Wort von Diegos Vater und es würde ihnen äußerst schlecht ergehen. Er war der am höchsten angesehene Mann in der ganzen Gegend, wenn nicht sogar in ganz Kalifornien. Don Carlos ließ augenblicklich nach seiner Frau schicken und ließ ihr auch gleich mitteilen, aus welchem Grund. Deswegen kam sie auch ein bisschen gehetzt in den Salon und brachte gleich den Wein.

Diego sah den guten Wein der Pulidos und winkte ablehnend mit der Hand. „Wir haben nichts zu feiern, Catarina.“ Sein eiserner Blick ergriff gnadenlos den Hausherrn und fesselte ihn mit seinen Augen. „Mir ist zu Ohren gekommen, Ihre Familie wird von so einem Mann heimgesucht, der eurer Tochter nachstellt. Ich würde diesen Unhold gerne kennen lernen, der unserer geliebten Lolita Tränen beschert.“ Es waren nur Spielchen, wie man sie in Spanien zu treiben pflegte, indem man unschuldig und unwissend tat. „Ihr wisst ja, wir sind Freunde. Kein anderer Mann beschert meiner Lolita Tränen.“

Auf die Weise hatten beide Diego noch nie sprechen hören. Seine Augen eilten von links nach rechts. Von Carlos zu Catarina. Er schien ihm nervöser als die Hausherrin.

„Diego!“ mahnte sie ihn, und dazu hatte sie keineswegs das Recht. „Diese Tränen hat sie sich selbst zuzuschreiben. Hör doch bitte endlich damit auf! Du weißt auch alles zu entschuldigen, was unsere Tochter tut. Du kannst so ein ungezogenes Fräulein unmöglich immer noch zu deiner Ehefrau nehmen wollen! Dein Vater wäre untröstlich. Am Ende wird er dich enterben, es wäre so schade um das schöne Geld.“

Es war kein Geheimnis, wie Lolitas Mutter tickte. Sie war bei Weitem verschwenderischer, als ihre manchmal anmaßende Tochter. Ihr Mann, Don Carlos musste ihr das luxuriöse Leben auch bieten können, das konnte er schon seit langer Zeit nicht mehr.

„Es gibt Bedeutsameres, als Geld! Euch mag das genügen, mir jedoch nicht. Ich will Glück und Zufriedenheit. Für Lolita. Glaubt ihr allen Ernstes, ich werde zusehen, wie sie an einen Mann verschenkt wird, der es nicht vermag ihre Sehnsüchte zu stillen? Ich kenne sie mein ganzes Leben lang, ich mag mir einbilden, zu wissen, wonach ihr Herz dürstet. Ganz bestimmt nicht nach meines Vaters Geld. Sie will vor allem eines! Einen Mann heiraten, der sie aufrichtig liebt. Sie weiß, dass ich das bin und ich schwöre, keiner müsste sie dazu zwingen, meine Frau zu werden. Eine schlichte Frage, ob sie es möchte, würde genügen. Sie würde sofort JA sagen.“

Doña Catarina machte eine tiefe Schnappatmung bei Diegos plötzlichem Hochmut. „Mein lieber Diego, verzeih mir meine Worte, aber du bist einfältig und dumm. Ein einziger Kuss ist noch lange kein Liebesbeweis. Junge Mädchen küssen sich mit vielen Männern, vor allem wenn sie so wild sind, wie meine Tochter. Sie war verzweifelt und hat sich verschmäht gefühlt. Das war der einzige Grund, weshalb sie dich küsste. Glaubst du allen Ernstes, dass sie dich lieben könnte?“

Will sie mich beleidigen? Wie anmaßend, mir so etwas an den Kopf werfen. Das ist echt die Höhe!

„Oh, nicht doch! Das ist mir gar nicht so wichtig. Ich will nur, dass sie glücklich ist und das wäre sie gewiss an meiner Seite.“ Bemüht ruhig zu sprechen, wählte Diego seine Worte sehr geschickt und ließ sich nicht das Geringste anmerken, wie wütend er eigentlich war.

„Das hat sie aber leider nicht verdient, das Luder!“

„Wer meine Liebe verdient und wer nicht, ist immer noch einzig und allein meine Entscheidung, Doña Catarina!“ Als er Lolitas Mutter direkt ansprach, wurde Diego bewusst lauter, bestimmender. Er ließ sich hier doch keine Befehle erteilen.

„Es geht hier nicht darum, was meine Tochter will!“ legte Don Carlos zwischen. „Sondern, was gut für sie ist, Diego! Und so Leid es mir auch für dich tut, weil du sie anscheinend wirklich magst, das bist nicht du! Geh nach Hause, Diego! Bringe deinem Vater keine Schande. Don Alejandro ist ein guter Mann, den ich überaus schätze, so wie dich. Ich kann nicht zulassen, dass sie mit dir spielt.“

Sie spielt nicht mit mir… Das hat sie noch nie getan!

„Ich will diesen Unsinn nicht mehr hören! Habt ihr die erwachsene Lolita danach gefragt, welchen Mann sie sich als ihren Gatten wünscht? Ich glaube kaum! Ihr habt ein 17-jähriges Mädchen gefragt, was für ihren Helden schwärmte. Jedes blauäugige Mädchen in ihrer Situation hätte sich in ihn verliebt. Er neigt eben dazu, Frauenherzen höher schlagen zu lassen. So etwas muss man doch nicht aufbauschen. Das hat nichts mit Liebe zu tun, so etwas nennt sich Schwärmerei. Jedem passiert das einmal im Leben. Auch ich schwärmte für irgendwelche Frauen in Spanien, die unerreichbar für mich waren. Denn genau das ist es, Zorro kommt und geht wie der Wind. Niemals weiß man, ob er wiederkehrt. Lolita ist nicht so dumm, sich ernsthaft in einen solchen Mann zu verlieben. Sie wünscht sich einen Mann, der an ihrer Seite ist und auch für immer bleibt.“

„Wie brav du alles schön reden kannst“, erwiderte Catarina. „Das konntest du schon immer. Unzucht bleibt Unzucht, egal wie du es drehst und wendest! Sie hat sich Zorro wollüstig in die Arme geworfen, und als sie einsehen musste, dass er sich nicht so sehr für sie interessiert, wie sie zunächst geglaubt hat, warst du einfach nur da!“

„Würdet ihr mir bitte die Freiheit lassen, für mich selbst zu entscheiden, was ich will? Ich bin kein kleiner, dummer Junge, der beschützt werden muss. Und wenn schon, dann war ich eben zum rechten Zeitpunkt da! ZUM GLÜCK!“ Diego missbilligte das Verhalten von beiden. „Es gefällt mir nicht, wie ihr beide über unsere Zukunft entscheidet! Dieses Schiff wird eines Tages sowieso untergehen und alle mit diesem. Ich möchte nicht an Bord sein, wenn das passiert. Euch steht das Wasser bis zum Hals und trotzdem macht ihr immer weiter so. Wie viele Male haben wir hier gesessen, nur weil Carlos sich wieder übernommen hatte? Und wofür? Damit Sie, Madame ein angenehmes Leben führen können!  Woher ich das weiß? Lolita hätte mir alles erzählt! Ich WEISS, dass sie nichts Falsches getan hat. Sie für etwas zu bestrafen, was niemals passiert ist, ist das nicht ein bisschen hart? Denkt doch bitte ernsthaft darüber nach.“

„Jetzt ist Schluss, Diego! Lolita wird diesen ehrbaren Mann heiraten und dann wird sich für sie so manches ändern. Sie steht gewissermaßen in seiner Schuld. Er ist bereit, ein Mädchen zu heiraten, was bereits mit einem anderen Mann zusammen gewesen ist, das ist mehr als edel von ihm. DU machst das nicht uneigennützig. Du versuchst ihr nur zu gefallen. Ein richtiger Mann muss kämpfen und nicht reden. Manchmal muss er auf alles verzichten für die Frau, die er liebt. Ein Mann, der so wenig stolz besitzt, sich alles von seiner Frau gefallen zu lassen, wird eines Tages von ihr betrogen werden. Du bist nicht der Typ Mann dafür, der ewig auf Zuneigung warten kann. Ein sensibler Mensch, wie du, wird daran zugrunde gehen.“

„Lieber gehe ich zugrunde, als dieser Sache hier zuzustimmen, Doña Catarina!“ Ich würde durch’s Feuer gehen für sie. Wenn es sie glücklich machen würde.

 

Bernardo hatte sich all das angesehen, aber das ertrug er nicht länger, deswegen verließ er ohne ein Wort den Raum, was durchaus unhöflich war.

Draußen seufzte er leise. Diego lamentierte seit guten fünfzehn Minuten. Ich hätte dich gleich als Zorro herschicken sollen. So gut Lolita es bestimmt finden würde, wenn Diego sie rettet. Sie nehmen ihn kein Stück ernst. Zorros Degen, den würden sie gewiss ein bisschen ernster nehmen. Carlos ist ein Feigling, er würde zittern wie Espenlaub.

Es war scheußlich, das mit anzusehen, wie Diego sich den Mund fusselig redete und sie doch nicht davon überzeugen konnte, das Richtige zu tun. Und mich? Was erwartet mich am bitteren Ende? Wird es mir genauso ergehen? Werde ich genauso dasitzen und auf sie einwirken? Am Ende werde ich noch weggeschickt, weil ich ihnen nicht gut genug bin.

 

Kaum einer vermochte zu sagen, wie sehr leid es Diego war sich mit Lolitas Eltern auseinanderzusetzen. Das ewige Diskutieren lag ihm nicht besonders. Ihm fielen auch keine weiteren Argumente ein, sie wollten partout nicht hören. Wie die meisten Adeligen ignorierten sie alles, was mit Gefühlen zu tun hatte. Sie glaubten ja nicht einmal an sie.

„Die Wahrheit ist, Diego, dass Don Juan um ihre Hand angehalten hat. Lolita hat ihn abgewiesen. Anschließend hat er all unsere Schulden einfach so bezahlt. Wir müssen ihm gerecht werden. Deswegen, und weil meine Frau mir die ganze Zeit verschwiegen hat, wie Lolita sich dir gegenüber aufgeführt hat, kann ich euch nicht erlauben zu heiraten. Es tut mir Leid, aber es ist mein letztes Wort. Mit dem ich dich höflichst bitte, zu gehen, Diego.“

„Ihr letztes Wort? Und wie hat sich Lolita mir gegenüber denn aufgeführt? Ich erinnere mich nicht daran, dass sie sich jemals schlecht benommen hätte.“ Gerade hörte man, wie Diego seine Geduld verlor und seine Stimme zu beben begann. Egal wie besonnen er wirkte, die Wut toste immer noch wie ein Orkan in ihm. Sie wollten ihn jetzt allen Ernstes des Hauses verweisen? Mehr beleidigen konnte man ihn kaum.

„Stell dich nicht dümmer als du bist!“ fuhr Catarina den Jüngeren an und wollte ihn am liebsten dafür ohrfeigen, dass er sich so dumm stellte. „Zwar bist du immer feige abgehauen, aber auch du hast mitbekommen, dass sie nur Augen für Zorro hatte. Hätte er sich um sie bemüht, hätte sie dich nur wie Luft behandelt. Nur weil er sich nicht um sie scherte und sie das wohl doch gekratzt hat, hat sie dich genommen. Hat sich in deinen Armen gewogen und dich mit ihren lieblichen Küssen verführt.“

Es war so absurd, dass Diego sich kaum zügeln konnte und zu lachen begann, bei den Worten, die Catarina wählte. Diese verstand überhaupt nicht, wie Diego darüber so einfach lachen konnte.

„Dass Lolita irgendetwas Unzüchtiges mit Zorro getrieben hat, ist lächerlich, wäre es nicht amüsanter, wäre ich der Unhold gewesen, der so etwas Ungebührliches getan hätte?“ Die Augen des jungen Mannes wirkten herausfordernd, als sie die Hausherrin anfunkelten. „Es ist nur so, dass keiner mir das je zutrauen würde. Um genau zu sein, war ich es, der sie in seinen Armen wog und auch derjenige, der sie küsste. Nicht anders herum.“ Seine Männlichkeit ließ er sich hier noch lange nicht absprechen. „Und mehr ist auch nicht gewesen! Ich will das jetzt endlich klarstellen! Vielleicht kommt das für Sie beide ein bisschen überraschend, aber sie äußerte den Wunsch an meiner Seite zu sein. Muss man denn noch deutlicher werden?“

 

Das Klopfen an der Tür hatte keiner wahrgenommen, aber der Aristokrat stand schon eine ganze Weile im Raum und beobachtete den Neuankömmling und Lolitas Eltern.

Klatschen war im Raum zu hören, inmitten ihrer gegenseitigen Verschmähung.

„Applaus, Applaus.“ Don Juan schritt zu ihnen herüber und Carlos und Catarina waren sofort erschrocken, ihn zu sehen. Aber das mussten sie nicht, schließlich war er ja auf ihrer Seite. „Dazu gehört schon eine ordentliche Portion Flegel, ein Mädchen aus gutem Hause verführen zu wollen. Wahrscheinlich wollt Ihr jetzt einen Orden, mein Herr. Ihr und dieser Zorro, so langsam glaube ich, dass ihr unter einer Decke steckt. Es geht doch nicht mit rechten Dingen zu… Als ich sie fragte, ob sie sich vorstellen kann, meine Frau zu werden, hat sie mit dem Grund abgelehnt, an ihren Jugendfreund ihr Herz verloren zu haben – und danach erfuhr ich, dass sie mich anlog. Nicht an ihn hat sie ihr Herz verloren, sondern an diesen Zorro. Da ich sowieso davon ausgehe, dass Ihr und Zorro euch sehr gut kennt – bestellen Sie Señor Zorro doch bitte einen lieben Gruß von mir. Er möge sich doch zu erkennen geben, damit wir beide es wie Ehrenmänner austragen können. Sollte er nicht kommen, werde ich Lolita heiraten – und zwar noch nächsten Monat! Es ist alles geregelt! Das Aufgebot bestellt! Und wenn dieser Bandit sich weigern sollte, werde ich sie mir nehmen. Die Armee geht davon aus, dass sie ihm wichtig sei. Bisher sieht mir eher so aus, als sei er ihr wichtig, sonst nichts. Was für eine traurige Welt das doch ist. Ein hübsches Mädchen, bis über beide Ohren verliebt in ihren Banditen – und es kümmert ihn nicht.“

 

Und die Eifersuchtsglocken läuteten hell und schrill. Blitze durchzogen all seine Sinne, elektromagnetische Entladung tief im Inneren des dunkelblonden Mannes. Meistens reichte eine kleine Reibung, um etwas gar Furchtbares heraufzubeschwören. Ein kleines Kitzeln nur, es konnte Explosionen und Feuer verursachen, was bereit war alles zu vernichten, was einem in die Quere kam. In diesem Fall ein extrem arrogant wirkender Aristokrat, der Drohungen aussprach, die dem Anschein nach ernst zu nehmen waren. Mit wenig Worten hatte er all das Feuer und Elektrizität in dem Vega entfacht, die möglich waren zu entzünden.

„Juan bitte – wir kommen schon klar! Diego ist ein Freund der Familie und harmlos“, sagte Carlos.

„Ich habe Augen im Kopf“, entfuhr Juan und er glaubte nicht daran, dass der Junge auch nur halb so harmlos war, wie man ihn hinstellte. Machte gemeinsame Sache mit einem Banditen – so jemand war mitnichten harmlos. Er wusste, wann er einen Verräter sah.

„Was maßt du dir an, du Wicht? Was bildest du dir ein, über ihr Leben entscheiden zu wollen?“ verlor Diego gänzlich seine guten Manieren, dabei war er aufgesprungen und war mit großen Schritten auf Don Juan zu, aber er rechnete nicht mit so viel schlechtem Benehmen, dass er sofort seinen Degen ziehen und ihn stoppen würde, indem er diesen an seine Kehle schnellen ließ. „Keinen Schritt weiter, oder Ihr seid ein toter Mann, Señor! Ich sagte, ich duelliere mich mit Zorro, nicht mit Euch.“

Damit brachte Juan Diegos Fass noch ein bisschen mehr zum Überlaufen. Ach so? Hinter Zorro sind wir her! Noch schlimmer! Wer um alles in der Welt hat ihm gesagt, dass ich so funktioniere?

Diego war ziemlich verärgert und im ersten Moment dachte er an Carlos und Catarina selbst. Es war sogar gar nicht so abwegig, immerhin dachten sie…

Die Situation schien ihnen komplett zu entgleiten. Aber eine Sache war wirklich suspekt und absonderlich. Alles sprach dafür. Lolita hatte von morgens bis abends sich ihren Schwärmereien für Zorro hingegeben. Niemals, nicht einmal war Diego auch nur ansatzweise so explodiert vor Eifersucht wie in dem Moment, als Juan ihn damit bedrängte, Lolita gegen ihren Willen heiraten zu wollen. Auf Juan so eifersüchtig reagieren, aber auf Zorro nicht einmal das kleinste Bisschen. Die Sache stinkt. Macht er etwa wirklich gemeinsame Sache mit Zorro? Hat er Lolita etwa am Ende Diego überlassen? Oh Gott. Wie schrecklich… Catarina war einfach nur bestürzt. Es gab eigentlich nichts Schlimmeres für einen Mann, als wenn man ihm eine Frau kampflos überließ.

„Diego, nein!“ Sie wusste, was ihm vorschwebte und sie war so heilfroh, dass Alejandros Sohn selten Handschuhe trug, sonst wäre Juan jetzt wahrscheinlich sofort einer entgegengeflogen, direkt ins Gesicht.

Ein Duell auszuschlagen war so etwas wie die höchste Beleidigung.

„Zorro duelliert sich doch nicht mit jedem daher gelaufenen Unhold, nur weil er der Meinung ist dem Größenwahn zu verfallen. Tut mir den Gefallen, Don Juan und nehmt ein kühles Bad.“ Es war eine Frechheit, eine bodenlose sogar, Lolita dafür zu benutzen, nur damit er sich mit ihm herumschlug. Wer war er denn? „Wenn Ihr Euch mit Zorro duellieren wollt, müsstet Ihr schon etwas sehr Schlimmes tun! Einen Unschuldigen verletzen, beispielsweise. Wollt Ihr echt so tief sinken? Die ganze Stadt redet von Euch, als wärt Ihr ein Held. So ein Pech! Diese Art von Leuten meidet er leider.“

Juan schnaubte verärgert, als man ihm so etwas mitteilte. „Wir werden ja sehen, ob er mich ignorieren KANN!“ Der Degen strich einmal ganz sachte, ohne wirklich eine Verletzung zuzufügen über Diegos Hals. „Don Carlos möchte, dass Ihr jetzt geht, Señor! Ansonsten werde ich einen Diener zur Garrison schicken, damit man Euch verhaftet wegen Hausfriedensbruch. Seid Ihr also so schlau und geht freiwillig, oder soll ich Euch hinausgeleiten?“

Die beiden Männer warfen sich böse Blicke zu. Aber auch mit einer solchen Drohung sah Diego nicht ein, sich aus dem Haus werfen zu lassen.

„Carlos ist nur zu verzweifelt, er würde Euch nie verzeihen, würdet Ihr mir auch nur ein Haar krümmen!“

„Wir werden sehen!“

„Carlos!“ Er sprach ihn an mit der Klinge an der Kehle, was gewiss alle Anwesenden verblüffte, weil sie Diego nie so mutig gesehen hatten. „Wie hoch waren eure Schulden, die der über alle Maßen galante Herr für euch beglichen hat? Ich möchte nicht, dass Sie ihm auch nur einen Centaro schuldig bleiben! Lolita soll nicht für so etwas bezahlen, dafür liebe ich sie zu sehr.“

„Ach, Diego! Du machst es uns nicht gerade leicht! Dein Vater wird dich hochkant aus dem Haus werfen, wenn du auch nur ein einziges Mal für uns sein Geld anfasst!“

„WIEviel?“ Seine Stimme war zunächst laut, wurde inmitten des Wortes aber sanfter.

„Knapp 300 Goldstücke“, antwortete Carlos und Catarina wollte ihn dafür am liebsten schlagen.

„Bernardo!“ rief Diego nach draußen. Der Junge schnellte inmitten des Raumes, und hasste den Umstand, dass Diego sich von diesem Möchtegern bedrohen ließ, obwohl er ihn gewiss besiegen könnte, wenn er nur seinen Degen ziehen würde.

Zwei Geldsäcke landeten inmitten auf dem Tisch der Doña und des Dons. Sie staunten nicht schlecht. „Ihr dürft es behalten!“ grinste Bernardo, was vor allem Catarina fast eine Ohnmacht bescherte, weil sie das Geld garantiert nicht zurückgeben wollte, wenn sie es erst einmal gesichtet hatte.

„Damit könnt ihr zumindest Don Juan sein Geld zurückgeben! Dann muss Lolita ihn auch gar nicht heiraten.“ Diego musste einfach seine Meinung kundtun, um zu verdeutlichen, was ihn dazu bewogen hatte.

„Señor! Das war ein Freundschaftsdienst! Ich verlangte gar nichts dafür! Bringt um Himmels Willen nicht noch mehr Schande über die junge Frau! Was man in der Stadt von ihr und Zorro erzählt, ist schlimm genug! Sie wird einen ehrenvollen Mann heiraten und dann wird das schlechte Gerede schneller abflauen, als man schauen kann! Wenn Sie die junge Frau für sich wollen, dann sorgen Sie dafür, dass dieser Zorro sich hier blicken lässt.“

„Was erlauben Sie sich? Es ist Lolitas Entscheidung, wen sie heiratet und wen nicht! Da haben Sie überhaupt kein Mitspracherecht! Sie glauben doch nicht, dass ich das zulasse!? Darüber hinaus, einen ehrenvollen Mann!? Bin ich etwa kein Ehrenmann?“

Bernardo konnte wenig dagegen tun, dass sein Bruder von diesem Kerl bedroht wurde, ein Blick zur Seite erwischte besonders Carlos dabei, wie er vor Sorge um Diegos Leben fast starb, vor allem weil dieser jetzt auch noch den Mund aufriss, was ihnen so auch noch nie untergekommen war. Seit wann war Diego denn bitte wahnsinnig? Don Alejandro würde ihn grausam ermorden, wenn seinem Sohn irgendetwas passierte. So wie Carlos jeden ermordet hätte, der den Tod seiner einzigen Tochter verschuldete. „Geh doch jetzt, bitte! Er ist ernstzunehmen.“

„Das sehe ich! Wir werden ja sehen, wie das Ganze endet! Und jetzt nehmt endlich dieses spitze Ding weg von meiner Halsschlagader!“

„Wenn Ihr schlau seid, dann werdet Ihr im Anschluss sofort verschwinden!“

Das wütende Funkeln in Diegos Augen verriet ihn wahrscheinlich, aber er durfte hier doch jetzt nicht mit diesem Caballero einen Streit anzetteln. Am liebsten würde ich meinen Degen ziehen. Nein, Diego! Das wäre keine gute Idee.

„Das wirst du noch bereuen, das schwöre ich! Du legst dich mit dem Falschen an!“ Ja, Diego verlor den Respekt gegenüber Don Juan und duzte ihn frech.

Ein belustigtes Lächeln lag auf Juans Lippen und er nahm den Degen zwar runter, jedoch nicht aus Furcht. „Ich bin gespannt.“

Kaum, dass der Degen unten war, schnappte sich Bernardo Diegos Arm und zerrte ihn hinter sich her. Natürlich wusste er, dass sein Bruder nicht gerade erfreut darüber war, aber es musste sein, ehe noch ein größeres Unglück geschah und er Juan attackierte. Wenn er sich dann wehrte und Diego sein Leben verteidigen musste – nicht auszudenken, wenn er ihn töten würde. Dass Juan aber Diego etwas antun könnte, das bedachte Bernardo nicht. Trotz der Geschehnisse aus der Vergangenheit bildete er sich immer noch gerne ein, Zorro sei unbesiegbar und somit auch Diego.

Kaum den Torbogen hinter sich verriet er Diego, was für eine Heidenangst er gehabt hatte.

„Viel gefehlt hätte nicht und du hättest ihn sofort zum Duell gefordert, am besten noch mit dem Geständnis, dass du Zorro bist! Lass uns bloß verschwinden! Schnell!“ Sein Bruder platzte gerade in alles vernichtender Wut. Blitze und Donnergrollen, leuchtendes Feuer, wild lodernd, zu stark, als dass sogar ein Tornado es zu löschen vermochte. Sie beide wussten, dass Diego keinen Kampf scheute, viel schlimmer, er hatte regelrecht darauf gewartet, wieder in den Kampf zu ziehen. Daher war es das Beste, wenn man ihn schnell von Don Juan trennte.

„Bring mich weg, oder ich begehe irgendeine Untat, wie in Lolitas Zimmer steigen, mit ihr zum Fenster raussegeln und sie am Ende zu entführen… Mein Vater wäre bestürzt…“ Das wiederum war seine verrückte Seite, die heute noch dagegen rebellierte, sich vorschreiben zu lassen, was sich gehörte und was nicht. Als Zorro machte er immer alles, was er sonst nicht durfte… Aber er war nicht Zorro, gerade nicht, also musste er sich benehmen.

 

Unehre über die Familie zu bringen war in jedem Fall untersagt. Diego hätte nie etwas getan, was seines Vaters Namen beschmutzt hätte. Schließlich hatte er Zorro nicht ohne Grund erschaffen. Ein Edelmann, mit dem Blut wie das Seine sollte sich nicht für arme Bauern einsetzen, sich nicht mit anderen Leuten seines Standes bekriegen. Alles, was sein Sohn tat, würde eines Tages auf ihn zurückfallen. Gerade erschien die Situation ausweglos. Natürlich wurden beide Jungs von ihrem Vater, von welchen nur einer mit dem blauen Blut der Vegas gesegnet war, erwartet. Diego wich aus, aber anhand seiner Gesichtszüge musste Alejandro ahnen, dass die Sache nicht gut ausgegangen war. Zwar versuchte sein Sohn vor ihm zu verheimlichen, wie es ihm gerade wirklich ging, aber ihn konnte er einfach nicht täuschen. Das letzte Mal, als so ein Möchtegern Held in der Stadt aufgetaucht war, hatten sein Vater und Maria auch sofort gewusst, was gespielt wurde. Diesmal jedoch vermied Diego den engeren Kontakt und verabschiedete sich sofort ins Bett, was keiner ihm glauben wollte. Eher befürchteten sie, er würde sich seine Zorro Klamotten überwerfen und auf dem schnellsten Wege sich zu Carlos machen, um ihm den Arsch aufzureißen, so wütend wie Diego gewesen war, musste man fast damit rechnen, dass er es nicht beim Ungehalten sein belassen konnte, sondern ihn am Ende ernsthafte Schmerzen zufügte. Gerade vermochte Bernardo ihn nicht einzuschätzen. An seiner Stelle würde er wahrscheinlich etwas sehr Törichtes und Katastrophales tun. Alejandro schaffte es dann aber doch noch, den Jungen beiseite zuziehen und ergriff seine Schultern in den dunklen Gängen der Hazienda. Das Mondlicht fiel glücklich direkt auf die obere Hälfte von Bernardos Gesicht und er schaute das kleine Stück zum ergrauten Vater hinauf. „Was ist passiert, Bernardo? Er sah ja gar nicht gut aus.“

Die Sorge um seinen Bruder ließen die Petrol grünen Augen des 16 Jahre alten Jungen verheißungsvoll funkeln. „Don Pulido denkt aus irgendeinem Grund, dass Zorro etwas mit seiner Tochter angestellt hat und will SIE dafür bestrafen!“ Bernardo verstand einfach nicht, wie man auf so etwas kommen konnte. Menschen redeten viel, vor allem Unsinn zu reden beherrschten sie wie keine zweite Spezies. „Sie hat doch überhaupt nichts getan, Alejandro“, sagte Bernardo noch vor dem Schwall Tränen, der ihm die Augen versuchte zu überfluten. Sie überschwemmten geradezu alles, vor allem seine Sicht raubten sie ihm. Er war ein tapferer Junge, schon so oft hatte er das bewiesen, aber gerade konnte er das tosende Meer in seinen Augen nicht länger zurückhalten. Weiter zu reden, schaffte der Junge nicht, denn er landete an der Brust von Diegos Vater, der seine Hand nur ganz leicht gegen seinen Kopf legte und ihm den Moment ermöglichte, in dem er sich seinen Tränen überließ. Lieber bei ihm als bei Diego. Der brauchte das jetzt überhaupt nicht. Sicherlich, Alejandro hatte viele Fragen in seinem Kopf, aber belästigte den Jungen nicht sofort mit ihnen. Hinter ihnen im Schatten tauchte wie von Geisterhand Maria auf, die Geräusche auf dem Flur gehört hatte.

„Was ist hier los?“ tat sie dann auch interessiert daran, zu erfahren, was den Jungen so zum Weinen brachte.

„Die Nachwellen einer Riesenflut.“

Eine Flut, sie riss alles mit, hinterließ nichts als Zerstörung und dann, wenn man sich gerade von ihr erholt hatte, verwüstete sie mit ihren Nachwellen noch einmal das gesamte Land. Wie ein Strudel, der alles einsaugte, riss sie hinfort. Man bestritt seinen Kampf ums blanke Überleben, am Ende wünschte man sich, man hätte es nicht überlebt, weil die alles vernichtenden Nachwellen noch viel mehr Unheil anrichteten, als die Bisherigen. „Gerade hat man sich von all dem Schrecken erholt und dachte, jetzt fängt das Leben erst so richtig an. Manche Dinge im Leben haben immer einen bitteren Beigeschmack. Ich habe meinen Sohn aufgehetzt und dazu angehalten sich der Armee zu widersetzen. Das Resultat war Zorro. Den jedermann verehrt und doch hasst. So eine Sache wird immer eine Kettenreaktion zur Folge haben. Schon als ich meinen Brief nach Spanien adressierte, wusste ich um die Wellen, die das Ganze schlagen würde. Um den Menschen dieses Landes zu helfen, hätte ich all mein Vermögen über Bord geworfen. Ich wünschte mir die Unterstützung meines friedliebenden, gerechten Sohnes. Weil ich die Umstände hier nicht mehr länger ertragen konnte. Ich wollte nicht, dass er seine glückliche Zukunft dafür opfert oder gar sein Leben. Und jetzt scheint alles in Scherben zu liegen.“

„Und was jetzt?“, fragte Maria.

„Hoffen, dass Diego nicht so hitzköpfig, wie sein Vater in jungen Jahren ist. Ansonsten wird er etwas ziemlich Wahnsinniges tun.“

„Herr…“ So ganz wusste keiner, was Alejandro damit meinte, obwohl Maria in diesem Haus seit über 20 Jahren diente, wusste sie nicht, was der Herr damit hat sagen wollen.

Der rot braunhaarige Junge versuchte, sich zu beruhigen, aber die Ungerechtigkeit, die ihnen zugefügt wurde, quälte ihn so sehr, dass er kaum an sich halten konnte und sich letzten Endes doch an Alejandro klammerte. Ihm war alles genommen worden, hier hatte er ein neues Zuhause gefunden, einen Adoptivbruder, der ihm nie das Gefühl gegeben hatte, nicht zur Familie zu gehören. Der sich wie kein Zweiter um ihn kümmerte und ihn stets so behandelte, als sei er sein richtiger Bruder.

„Diego wird nicht aufgeben“, schluchzte der Junge und wischte sich die Resttränen aus dem Gesicht. „Das glaube ich nicht. Er ist so voller Zorn, dass man sich besser vor ihm fürchten sollte. Trotzdem ist er so erstaunlich ruhig geblieben und hat so viel Anstand bewahrt. Ich wäre an seiner Stelle Don Carlos an den Hals gesprungen und der Doña erst, die ihre Tochter nichts anderes als bestrafen will und Diego mit ihr, nur weil er gewagt hat, sie zu küssen, ehe sie in der Kirche gewesen sind. Das ist doch alles nicht fair. Beide haben überhaupt nichts Schlimmes getan.“

„Ich könnte ihm nicht einmal verübeln, wenn er Lolita sich schnappen würde, sich aufs nächste Schiff zu begeben, um mit ihr davon zu laufen. So, wie ich es vor vielen Jahren auch getan habe. Die Familie von Diegos Mutter war nämlich alles andere als damit einverstanden, dass sie mich heiratet. Wir haben geheiratet und sind nach Kalifornien gegangen. Hätten wir das nicht getan, wer weiß, was dann aus uns geworden wäre?“

„Sie sind mit Diegos Mutter davongelaufen? So etwas hätte ich Ihnen nicht zugetraut, Don Vega“, wunderte sich Maria.

„Wir liebten uns und wollten auf keinen Fall aufeinander verzichten. Es kommt immer der Tag, an dem du deiner Señorita beweisen musst, wie sehr du sie liebst. Dieser Tag steht ihm noch bevor, fürchte ich.“

„Das hat Diego ihr schon oft genug bewiesen“, antwortete Bernardo stur. „Soll er sich denn für sie umbringen lassen? Sie hat es längst verstanden, nur ihre Eltern wollen anscheinend gar nichts kapieren. Dabei verstehe ich überhaupt nicht, was sie wollen! Zorro hat die Segel gestrichen. Friedliche Zeiten sind angebrochen. Für sie war Diego der Vorzeige Schwiegersohn. Auf einmal tun sie alles Mögliche, dass beide nicht glücklich werden. Was soll das denn? Erwachsene sind überhaupt nicht so logisch, wie alle immer sagen.“

„Höchstwahrscheinlich hätte ich Diego ein bisschen mehr in den Hintern treten sollen“, erläuterte Maria. „Dass er sich in dieser Sache ein wenig beeilt. Dann wäre wahrscheinlich so manches nicht passiert.“

„Mein Sohn wollte keine unnötige Gefahr eingehen und hat deswegen gezaudert. Er ist kein Feigling und vermutlich verteufelt er sich selbst, dass man ihm seine Gefühle an der Nasenspitze ansieht. Seine Tarnung wirkte perfekt – und zwar solange, bis Lolita seinen Weg kreuzte. Die Sache ist ihm total aus den Händen entglitten.“ Es sollte kein Vorwurf sein, Don Alejandro wollte Diego seine Gefühle nicht absprechen. Aber verräterisch und gefährlich waren sie, auch heute noch. Jedenfalls musste man darum bangen, dass kaum einige Stunden vergingen, dass er seine Maskerade fortsetzte.

„Gewiss werde ich ihn nicht davon abhalten, seine Ehre wiederherzustellen und die der Frau, die er liebt. Das ist er ihr fast sogar ein bisschen schuldig, nicht? Immerhin hat er sie Jahre lang hinters Licht geführt.“ Alejandro lächelte Bernardo aufmunternd an. „Mach dir nicht zu viele Sorgen um ihn. Ein Vega tut, was ein Vega tun muss.“ Darauf klopfte er dem Jungen sogar noch aufmunternd auf die Schulter.

 

Prall und strahlend war jenes Antlitz des hellen Vollmondes, schien sich durch seine extreme Leuchtkraft, noch mehr auszudehnen als in den anderen Nächten.

Grübelnd über das Geschehene saß der Blondschopf am geöffneten Fenster, atmete ein den leichten Windzug. Sein erhitztes Gemüt war heimgesucht von einem jenen grausamen und schrecklichen Gefühl. Eifersucht hatte ihn erbarmungslos ergriffen, wie die Klaue aus der Hölle, die einen packte.  Noch niemals zuvor hatte er dieses Gefühl in einer derartigen Intensität gespürt. Blind vor Zorn zu sein, war nicht gut für den Verstand eines Mannes. Zum Glück war er nach Hause zurückgekehrt, mithilfe des jungen Bernardo, der für gewöhnlich das größere Temperament aufwies. Doch heute hatte er demonstriert, dass auch er einen klaren Kopf bewahren konnte, wenn es von Nöten war. Viel geredet hatten sie seitdem nicht, weil Diego sofort in sein Zimmer entschwunden war. Zu Bett gegangen, das war eine Lüge gewesen, schließlich saß er immer noch am Fenster. Gedankenverloren, die Arme hinter dem Nacken verschränkt, schweifte sein Blick hoch zum Mond, dabei vergaß er alles um sich herum und kam langsam wieder zur Besinnung. Der Kopf lehnte an der Fensterbank, fühlte sich schwer und schmerzend an.

Als eine weitere Person das Zimmer betrat, drehte sich der Kopf des jungen Vega herum und sah schemenhaft die Silhouette im Schatten des Mondes.

„Wolltest du nicht schlafen, Sohn?“ fragte der ältere Herr und ließ Diego ein Seufzen entfahren.

„Ich kann nicht – ich versuche es auch gar nicht. Es wäre zwecklos, dafür bin ich viel zu aufgewühlt.“

Die Umrisse des Mannes verdichteten sich, als er sich langsam ein wenig näherte und nicht weiter im Rahmen der Tür stehen blieb.

Des Sohnes Stimme klang niedergeschlagen, aber auch ein kleines bisschen mürrisch. Keine aufbauenden Worte parat hatte er, schließlich wusste er nur das, was ihm zugetragen worden war. Erst einmal sagte Alejandro nichts, gesellte sich neben ihn und legte eine Hand auf die Schulter seines Sprösslings.

Es war niemals gut, jemanden zu bedrängen oder Antworten zu verlangen, ihn zu zwingen. Daher blieb die Hand erst einmal nur auf der Schulter und auch er sah zum Mond hinauf, der heute besonders prächtig anzuschauen war.

Zusammengepresste Lippen zierten den jungen Mann und er rang mit sich, ob er ihm sein Herz ausschütten sollte oder nicht.

„Wie ich es verabscheue, wenn mir etwas in die Schuhe geschoben wird. Ich habe mir nichts zu schulden kommen lassen. Alles, was ich getan habe, geschah mit dem besten Gewissen eines Edelmannes. Als meine Hilfe erforderlich war, habe ich getan, was notwendig war. Wie hätte ich ahnen können, dass die Leute so darauf reagieren? Du hast ja Lolitas Gesicht nicht gesehen, als sie festgestellt hat, wie groß die Freude für den Leutnant sein würde, wenn sie sich im Anschluss auf das Festival küssen müssen. Schon beim Gedanken daran, dass sie irgendetwas muss, was sie nicht will, da sträubt sich bei mir alles Gefieder. Dieser aalglatte Kerl, mit seinen Möchtegern Edelsinn.“ Es hatte ihn sehr verärgert und deswegen war er hingeritten. Er wollte nicht verurteilt werden, weil er dann auf seinen Gewinn auch noch bestanden hatte. Niemals hätte er sie geküsst, wenn er nicht gewusst hätte, dass sie es auch wollte. „Es war das einzige Mal in elenden fünf Jahren. Kannst du dir vorstellen, wie sich das anfühlt? Ich habe es stillschweigend ertragen. Was soll ich noch ertragen?“

Alejandro hatte sich seinen Sohn angehört und der Händedruck bei seinen Schultern vertiefte sich.

„Du hast mehr ertragen, als ich je ertragen könnte. Deine Mutter wäre stolz auf dich, das kannst du mir ruhig glauben“, sagte er mit sanfter und einfühlsamer Stimme. „Ich wäre längst auf die Barrikaden, wenn ich hätte befürchten müssen, meine Geliebte zu verlieren.“

Resignierend seufzte sein Sohn. „Mag sein, trotzdem weiß ich jetzt überhaupt nicht, was richtig und was falsch ist. Mein Sinn für Gerechtigkeit sagt mir, dass jemand Don Carlos die Leviten lesen sollte, der auch ernst genommen wird. MICH hat er nicht ernst genommen. Ich hatte sogar das Gefühl, dass mir nicht zugehört wurde, Vater. Aber ich kann schlecht Zorro verteidigen. Wie würde das denn aussehen? Als sei ich total von Sinnen.“ Die Leute sahen ihn eben als seinen Rivalen an und das sollte er auch pflegen. „Was ich nicht will, ist mich brüsten mit meinen Taten. So etwas hasse ich. Mich verteidigen wird wohl erlaubt sein. Zorro hat all diese Sachen nicht getan, das kann er ja nicht einfach so durchgehen lassen. Schon alleine ihr zuliebe nicht. Wie könnte ich dabei zusehen, wie man ihren Ruf ruiniert? Zulassen kann ich auch nicht, dass man ihren Willen bricht, und sie zu etwas zwingt, was sie nicht will. Und ich will auch nicht! Jeder Mensch sollte für sich allein entscheiden können! Warum müssen Männer immer über Frauen entscheiden, Vater? Wieso muss ein Mädchen die Erlaubnis ihres Vaters einholen, selbst wenn sie bereits über zwanzig Jahre alt ist? Sie ist alt genug, um selbst zu entscheiden, was sie will. Und dieser Lackaffe war noch der Meinung, mir drohen zu müssen, dass er sie einfach heiratet. Geradezu, als wenn sie da überhaupt nichts mitzureden hat! Das macht mich nur noch wütender! Droht mir, lehnt gleichzeitig aber ein Ehrenduell mit mir ab, weil ich ihm wohl nicht gut genug bin. Er ist scharf darauf, sich mit Zorro anzulegen. DAS kann er haben! Dumm für ihn, dass ich ernsthaft in sie verliebt bin, das hat mir schon so manches Mal unmenschliche Kräfte verliehen.“

„Lass dich nicht zu sehr von deinen Gefühlen leiten, das macht manchmal auch blind für die wichtigen Dinge. Trotzdem kann ich nachvollziehen und verstehen, was dich bewegt und warum du handeln musst.“ Don Alejandro verstand in der Beziehung allerdings Carlos nicht. „Vielleicht solltest du dich erst einmal mit Carlos unterhalten und ihm klarmachen, wie sehr diese Entscheidung Lolita unglücklich machen würde. Er liebt seine Tochter, wie sonst keinen Menschen auf dieser Welt. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, sie Zwangs verheiraten zu wollen. Ich habe von Juan gehört, aber leider haben wir uns nicht richtig kennen gelernt. Ich wäre aber vorsichtig, unterschätze ihn nicht. Sein Wahn gegenüber Zorro hat sicher Gründe. Solange du die nicht kennst, solltest du vorsichtig bleiben.“ Dass das eine sehr schwer zu erfüllende Bitte war, wusste der Don. Mit diesen Gefühlen im Herzen handelte man selten rational. Seine Verhaltensweisen waren schließlich auch nicht gerade die Klügsten gewesen. Seinen Dienst zu quittieren, nach Kalifornien zu gehen und neu anzufangen. All das hatte Alejandro getan. Vor allem der Freiheit wegen. Er war ein sehr freiheitsliebender Mensch.

„Ich bin zu wütend, um zu kämpfen und zu eifersüchtig, um zu denken. Dieser Hänfling würde mich ja glatt umbringen.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
So.
Jetzt haben wir sehr viel Staub aufgewirbelt. Wo das alles hinführen wird, könnt ihr euch gewiss denken. Oder wird sich der Wind doch noch in die andere Richtung drehen?
Wir dürfen gespannt sein, wenn es beim nächsten Mal heißt
The bold Caballero Teil II

PS.: Schon herausgefunden, wer der kühne Caballero ist? Es gibt dazu sehr unterschiedliche Meinungen... Hinterlasst mir doch bitte eure Meinung, wenn ihr es gelesen habt, ok? :))))))) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  SakS
2017-05-30T11:51:21+00:00 30.05.2017 13:51
Nikita schreibt Bernardo öfter Briefe, kann das möglich sein? Er fragt sofort, ob sie ihm geschrieben hat. Ich finde es ja süß, nachdem er gegenüber Diego alles an ihr doof nannte, sich doch so freut, wenn sie ihm schreibt xD ach, unschuldige Liebe von Teenagern...
Ihr Brief ist wirklich nicht schlecht xD und sie scheint ja Lolita und Diego fast wie ein Fangirl zu unterstützen xDDDDDD ihr Brief ist ein verbaler Arschtritt in den adeligen Arsch von Diego (lol)
Die Seelenruhe von Diego ist mal wieder wirklich herrlich. Schade, dass du nicht geschrieben hast wie er zuhause irgendwas demoliert. das wäre gut gekommen, weil er sich echt lange beherrscht hat.
Du schreibst Alejandro sehr viel netter als ich XD das muss man auch erst einmal können.
Bei Catarina und Carlos bin ich mir nicht so sicher, was bei denen im Kopf los ist. Beide wollen nicht, dass Diego etwas zustößt. Aber ich glaube irgendwie, dass ihre Ziele unterschiedlich sind. Carlos MAG Diego, Catarina bin ich nicht ganz schlüssig. Mochte sie den nicht auch? Ich finde, dass da einiges stinkt. Ganz merkwürdig, diese Übertreibung O.o Catarina redet als wenn Diego das Herz von ihrer Tochter brutal rausgerissen wurde . Und Carlos scheint wirklich Alejandro so sehr zu schätzen, dass er auf seinen Sohn nichts kommen lassen will. Oder ist das noch die Dankbarkeit für all die Helfaktionen? Es kam da so ein Satz, wo du unbedingt darauf beharrt hast, dass er dankbarer ist, als es wirkt. Wenn der Mann sich nur endlich einmal gegen seine Frau behaupten könnte. Ihm wurde ja auch bewusst, Mist erzählt. Ich hoffe Zorro kann das noch richten, was Diego nicht hinbekommen hat. wahrscheinlich willst du es unbedingt eskalieren lassen, denn mir wären einige Sachen eingefallen, um die Situation herunterzufahren. Diego ist doch so schlau. Statt am Ende klarzustellen, wer wen küsste, hätte er die Sache noch etwas gewitzter angehen können. Statt Behauptungen "Lolita würde mich heiraten, wenn ich sie frage" hätte ich sie beispielsweise rufen lassen. Niederknien, Antrag machen, ihr freudestrahlendes Gesicht genießen, JA einkassieren. Fertig! XDDDDDDD so dreist wäre ich an seiner Stelle. Wenn er doch eh sagt, dass es so wäre. Wieso tut er es nicht einfach?? Da hätten ihre Eltern aber blöd geschaut ^^

Aber du willst es, also mach es XD bring Zorro auf den Plan XDDDDDD ich warte schon darauf, dass Juan und er sich die Köpfe einschlagen. Nur wer gewinnt da? Wie Diego treffend sagte, er ist zu eifersüchtig und zu wütend, um gut zu kämpfen.
Aber er war bei Lolita leider schon immer ein wenig kopflos. Drauf und dagegen xD

ach ja und: Keine Fehler (lol) xD

fuck was vergessen XD
A bold Caballero. Die Frage ist unfair. Es gibt Stellen, da halte ich Diego für äußerst kühn, Juan allerdings auch xD warum machst du nicht aus dem Titel "The Bold Caballero(s)" xDDD?
Von:  MayAngel
2017-05-30T10:59:42+00:00 30.05.2017 12:59
danke für die Erwähnung^^
Ich hoffe für alle, dass Catarina vernünftig wird und man Carlos erweichen kann (das halte ich für möglicher als das Erste XD)
Ich mag Juan gerade überhaupt nicht. Aber dafür Diego, der sich echt tapfer hält. Gut, dass Alejandro noch einmal mit ihm redet. Das fand ich im Übrigen am schönsten ._. ich denke, es ist Diego eine große Hilfe, nicht? Schon allein, dass er zu ihm steht und ihm jetzt keine Befehle erteilt, wie er auch könnte.
Dass Bernardo Diego für unbesiegbar hält, ist wieder typisch. Gut, dass Diego selbst das anders sieht und weiß, er sollte vorsichtig sein.
Wirklich sehr gut geworden. Ich mag auch die Beschreibung vom Mondlicht ^^

Der kühne Caballero ist Diego... (finde ich). aber ich schätze, du wolltest eher Juan andeuten XD


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