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El espadachín secreto

von

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A perfidious plan

 

 

Die lange Mähne des fuchsfarbenen Andalusiers wehte anmutig im Wind. Des Pferdes leuchtendes Fell war samtig weich und trug seinen Reiter wie auf Wolken. So leicht saß der junge Mann im Sattel, ritt wie kein anderer, vergleichbarer Junggeselle dieses Landes. Zu seinem Glück war es finster, bis auf das helle Mondlicht sah absolut niemand die göttlichen Reitkünste des Blondschopfes. Schon als kleines Kind war er sehr wild geritten. So ungestüm wie schon lange nicht mehr galoppierte er mit seinem Pferd über die wüstenähnliche Landschaft. Vorbei zog ein angenehmer, lauer Wind, der allmählich die Hitze ein wenig abflauen ließ. Ein freudiges Strahlen zierte sein Gesicht – endlich konnte er sich wieder dieser Leidenschaft hingeben, dem Reiten.

Seine Stimme heizte dem Ross stark ein, seine Füße ganz locker in den Steigbügeln, gaben dem Pferd nicht gar die Sporen, denn es lief auch ohne heftige Tritte in einer Geschwindigkeit, die kaum ein anderes Pferd toppen könnte. Außer – genau jetzt kommen wir zum Punkt – Zorros Pferd.

Man sagte, es ritt wie der Wind, wurde niemals müde und keiner vermochte ihn je zu schnappen, sobald er auf seinem Reitpferd saß. Die Begeisterung beim Reiten die er ausstrahlte war unvergleichlich. Mit einer Leidenschaft für Pferde im Blut schon seit er vier war. Als sein Vater, der Pferdezüchter seinem einzigen Sohn zum ersten Mal sein eigenes Pferd schenkte; damals war er ein dutzend Mal vom Pferd gefallen, allerdings immer so glücklich, dass er sich nichts brach. Das Glück war dem Aristokraten noch heute hold, schließlich hatte er Gefahren überstanden, Abenteuer bestritten und Gefechte gewonnen, die ihn hätten den Kopf kosten können.

Ein wenig außer Puste war er dann trotzdem, als er beim See angekommen, die Zügel lockerer ließ und vom Pferd, welchem er sofort seine gewohnten Streicheleinheiten zukommen ließ, abstieg. Die Hände des Vega strichen sanft und massierend über das glänzende Fell. „Du hast gute Arbeit geleistet, jetzt solltest du dich ein bisschen ausruhen, mein Freund.“

Nicht weit entfernt, hörte man Plantschen im Wasser und Jubelschreie eines Jünglings. Er tobte im Wasser, obwohl sein Baden nur der Erfrischung diente. Dabei hasste er Baden – gut, eher die stinkende Seife, gegen ins Wasser springen hatte er nichts.

„Bernardo?!“ schallte die Stimme des Älteren hinaus bis zum See und erreichte die Ohren seines Kleinen. Dieser spitzte sofort die Ohren und lachte. „Diego! Los, komm rein!“ Bernardo schwamm näher an seinen selbst ernannten Bruder heran, nur um ihm eine Ladung Wasser entgegen zu spritzen.

„Du meine Güte!“, lachte der Angesprochene, „Bist du etwa nackt ins Wasser gesprungen?“ kam die rhetorische Frage, denn am Boden lagen sämtliche Klamotten des Jungen, von Schuhen, bis Unterwäsche.

„Na und? Es gibt ja kaum Verrückte wie uns, die so etwas in der Nacht machen!“

Gut gebrüllt, Löwe. Es war nichts als die Wahrheit. Solche Dinge fielen gewiss nur ihnen ein. Seit beide Kinder waren, hatten sie wilde Abenteuer erlebt und Unfug getrieben, den sie natürlich immer versuchten geheim zu halten. Sogar eine gewisse blonde Dame wusste nicht von allem, was die beiden Jungs getrieben hatten. Womöglich wäre es ihr auch unangenehm gewesen, es zu wissen. Da existierten eben Dinge, die nur Männer unter sich machten und erwähnten.

Aber sich des Nachts nackt ausziehen und ins Wasser zu hüpfen war selbst für einen Verrückten wie Diego ein Ding der Unmöglichkeit.

„Worauf wartest du? Du bist doch kein Feigling, oder?“ Damit dachte Bernardo seinen Bruder am meisten auf die Palme zu bringen, vor allem mit seinem schelmischen Lachen.

„DAS wirst du bereuen!“ Es war spielerisch gemeint, denn wenn Diego mit etwas umgehen konnte, dann damit Feigling geschimpft zu werden. Ohne große Umständlichkeiten öffnete er sich das weiße edle Hemd, was er in dieser Nacht alleine ohne seine dunkelblaue Weste trug. Auch seine Hose strich die Segel, zusammen mit Stiefeln und Strümpfen. Schon im nächsten Moment spritzte das Wasser zu allen Seiten, vor allem auch in Bernardos Gesicht, als sein großer Bruder zu ihm ins Wasser sprang. Mit einem Satz, der todesmutiger nicht wirken konnte. Das Wasser preschte zu beiden Seiten, mitten ins Gesicht des Jüngeren, danach tauchte Diego unter und kam zwischen Bernardos Beinen wieder zum Vorschein. Sofort ergriffen die Jungenhände den ihm vertrauten Männerkörper und hielten sich an seinen Armen fest. Sie hatten einander unglaublich lieb, beide hätten für den anderen ihr Leben geopfert, nur um die Haut desjenigen zu retten. Trotzdem waren sie nur Brüder dem Namen nach. Blutsverwandt waren sie dadurch, dass sie sich als Kinder beide mit einem Messer Wunden zugefügt hatten, wenigstens um es mit einem Ritual zu besiegeln. Obwohl der kleine Junge stets zur Familie gehört hatte und Diego immer als seinen großen Bruder bezeichnete, würde man sie in der Stadt nie nach dem Bruder fragen. Nach außen hin waren sie nur zwei Freunde.

Beide hatten einen Heidenspaß. Vor allem Bernardo, der für jeden Streich zu haben war, während sein Bruder manchmal einfach zu klug war, um all seine Schandtaten mitzuspielen. Es war etwas Besonderes, dass sie jetzt so kindisch waren. Das gehörte schon fast der Vergangenheit an. Manchmal war der Ältere still, nachdenklich und träumerisch. Bernardo verstand nicht immer, was in seinem Bruder vor sich ging, aber er war mit der Zeit einfach erwachsen geworden. Gerade war davon nichts zu sehen, sie alberten herum und der nächste Platscher ließ nicht lange auf sich warten, denn Diego führte sich auf, als wäre er ein wildes Pferd, was den Rotbraunhaarigen im Anschluss abwarf und dieser schreiend zurück ins Wasser fiel. Diego lachte ihn daraufhin aus, aber diese kleine Mistgurke fackelte nicht lange und rächte sich mit einem Griff an Stellen, die nicht jeder so ohne Weiteres bei ihm anfassen dürfte. Mit einem leicht quietschenden Aufkeuchen, beschwerte er sich bei dem Kleinen. „Du Frechdachs! Das kann ich auch!“

Der Jüngere dagegen klang noch schriller, als man ihm ans Eingemachte ging. „Dir juckt wohl was!“ Obwohl es Spaß war, meinte Diego das auch ernst. Darauf hatte er ja beinahe gewartet. Bernardo war vielleicht im Kopf noch ein Kind, aber körperlich sah es anders aus. Aus dem kleinen Jungen wurde gerade ein richtiger Mann. Noch nie hatte der Rotschopf gewusst, wohin mit seiner überschüssigen Energie, aber in letzter Zeit schlug er noch mehr über die Strenge als die meisten Kinder. Gut, dass sein Vater sich in Sachen Erziehung so gut wie nie einmischte und alles seinem Sohn überließ. Zumal er dessen schlimme Zeiten gar nicht mitbekommen hatte, schließlich hatte er Diego nach Spanien geschickt, wo er seine gesamte Pubertät ungestört ausleben konnte. Den Anzeichen zufolge war Bernardo bereits mittendrin und es war nur eine Frage der Zeit, wann der nächste Bauer ihn jagen würde, weil er irgendeine Bauerntochter unsittlich angefasst hatte. Dabei hoffte Diego noch, dass es nicht Nikita sein würde – das wäre das Dümmste, was er tun könnte. Das Mädchen anzufassen, was er eigentlich tief in seinem Herzen mochte. Wenn er schon Unzucht trieb, dann doch hoffentlich mit einem Mädchen, was Erfahrung hatte. Bereitete es ihm nicht jetzt schon Kopfschmerzen, darüber nachzudenken, dass die Platas stinkreich waren. Bis zu dem Zeitpunkt, dass Bernardo anfangen konnte der jungen Dame den Hof zumachen, hatten sie noch genügend Zeit. Er würde ihm alles beibringen, was der Junge wissen musste, um ein vorbildlicher Caballero zu sein, der bei Eltern Eindruck schinden konnte, dabei würde ihm der Name Vega sicherlich auch zugute kommen. Aber zu dem Zeitpunkt musste er vollständig mit seinem Benehmen glänzen. So wie sein Bruder. Er bemühte sich ja wirklich ihm ein Vorbild zu sein, aber immer ging das nicht. Am Ende würde man ihn noch langweilig nennen. Wohlerzogen, das war Diego durchaus – aber nur nach Außen hin. Schabernack liebte er im Grunde genauso wie der Kleine.
 

Selbst zwei Spinnern wie den beiden Brüdern wurde im See Herumtollen irgendwann langweilig. Nass bis auf die Knochen kämpften sie sich aus dem See und gingen an Land, um sich auf der kleinen Wiese nahe des Ufers auszubreiten. Bei dieser unmenschlichen Hitze würden ihre nassen Körper im Nu trocknen, aber zunächst lagen sie im hohen Gras. Das war nur bedingt klug, direkt am See. Ihnen surrten lästige Mücken um die Ohren, nach denen sie mit den Händen ausholten, um sie zu verjagen. Trotzdem würden sie nicht jede von ihnen erwischen und von den Biestern am Ende verstochen sein.

„Ich muss dich unbedingt was fragen, Diego“, sagte der Waisenjunge plötzlich als sie gerade entspannt im Gras lagen. Diego hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und sah in den Himmel, betrachtete sich die Sterne. „Hm?“

„Also-“, druckste der Junge herum, dabei drehte er sich auf den Bauch und versteckte sein errötetes Gesicht im Grünen. „Erkläre mir doch einmal, warum Mädchen so seltsam sind.“

Aus Diego brach ein schallendes Gelächter heraus, denn er konnte einfach nicht an sich halten bei dieser so ulkigen Frage.

„Wieso denn seltsam? Was findest du an denen denn seltsam?“

Irgendetwas musste ihm passiert sein und sein Bruder war ganz Ohr, weil er es einfach spannend fand. Vor gut zehn Jahren hatte Diego den Älteren ähnlich lustige Fragen gestellt.

„Nie wollen sie sich dreckig machen und wenn wir zum Baden gehen und ins Wasser springen, werden sie ganz merkwürdig. Sie machen das nicht, weil das ungezogen ist. Das ist doch total bescheuert… Und wenn wir sie ins Wasser werfen wollen, fangen wir uns noch eine Ohrfeige ein.“

„Ach herrje – so etwas versucht ihr? Ehrlich, Kleiner“, sagte Diego und wuschelte in den Haaren des Jüngeren, „das macht man auch nicht. Jedenfalls nicht mit Mädchen eures Alters. Alles über 12 ist verboten.“

„Wen juckt es denn, ob es ungezogen ist? Uns ist das ja auch total egal. Schau dir doch als Beispiel Lolita an…“

Diego räusperte sich instinktiv beim Hören dieses Namens und konnte sich einen gemeinen Kommentar nicht verkneifen. „Die hat ja auch einen Knall.“

„Aha~“, sagte Bernardo grinsend, „deswegen passt ihr so gut zueinander.“ Der größte Knallkopf der Nation war für den Jungen eben Diego.

„Hey!“ Der Angesprochene legte den Arm um den Kleinen und zog ihn in den Schwitzkasten, um ihn ordentlich für diesen Kommentar zu bestrafen.

„Hehehehe“, lachte der Junge trotzdem und sah dann direkt zu Diego, der seinen Blick auch auf ihn gewendet hatte. Im nächsten Moment besah der Indianerjunge ihn allerdings schon mit einem sehr ernsten Blick. „Ich finde das alles doof. Früher war alles kein Problem. Jetzt dürfen wir nicht einmal mehr zusammen Spaß haben. Alles wird verboten. Und als ich Nikita dazu anstiften wollte, aus dem Fenster mit uns abzuhauen, war sie total wütend und schimpfte uns Flegel. Früher hat sie auch jeden Unsinn mitgemacht. Jetzt sagt sie immer Sachen wie »Damen tun das nicht«. Wenn das so ist, finde ich Damen ganz schön doof. Dabei würde ich sie schrecklich gerne öfter sehen. Aber das Einzige, worauf sie sich einlässt, ist uns aus der Ferne zu winken. Ihre Eltern sperren sie anscheinend ein wie ein Vogel im Käfig. Findest du das nicht auch total ungerecht? Jungs sperrt man nie so ein.“

„Scheinbar hat sie sich kampflos ergeben. Nicht jedes Mädchen ist so ein halsstarriger Sturkopf wie Lolita. Aber selbst sie fängt an sich ein bisschen zu benehmen. Weil sie sonst keiner heiraten will.“

„Ach was, die hat ja dich. Also muss sie sich darum schon mal nicht sorgen.“

„Sie vielleicht nicht, aber ihre Eltern, die ihre Tochter an den Mann bringen wollen und anscheinend denken, mein Vater hat etwas gegen sie.“

Schockiert und verwirrt sah Bernardo Diego an. „So ein Blödsinn. Oder? Warum machst du eigentlich nicht endlich einmal etwas, um sie aus ihrem Leid zu erlösen?“

Als Antwort begann Diego unschuldig zu pfeifen und ein ganz leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, das aber doch ein bisschen fies wirkte. „Ich lasse sie zappeln wie ein Fisch auf dem Trocknen.“

So viel Gemeinheit hatte er seinem Bruder gar nicht zugetraut und verstand auch gar nicht, warum er so etwas tat. „Das musst du mir jetzt aber erklären.“

„Ein anderes Mal.“

„Ach, sei kein Frosch! Oder bist du gar nicht so sehr in sie verliebt?“

Es entkam ein Leid klagendes Seufzen aus dem Mund des Blonden. „Doch, aber deswegen muss ich noch lange nicht hinter ihr her rennen, als wäre ich kurz vorm Verdursten. Weißt du, es ist so. Wenn Frauen erst einmal ihr Netz um dich gespannt haben und erkennen, dass sie alles mit dir machen können, tanzen sie dir auf der Nase herum. Den Eindruck will ich nicht erwecken. Sie darf ruhig ein bisschen bangen. Außerdem bin ich lange genug hinter ihr her gewesen. Jetzt darf sie mir nachlaufen.“ Dumm nur, dass Frauen das nicht so einfach machen konnten, so wie Männer. Sie musste sich also brav benehmen und hoffen, dass er sie dann endlich erhörte. Diego fragte sich nur, wann ihr die Lust und die Puste ausgehen würde, um zu warten. Dann würde sie gewiss wie ein Fisch am Haken zappeln und er musste nur noch zuschnappen. „Amüsant ist es mit Nichten, wenn ihre großen eisblauen Augen mich anstarren und auf etwas warten, aber nichts passiert. Wahrscheinlich schmollt sie sich die Seele aus dem Leib. Es dauert bestimmt nicht lang“, Diego schmunzelte und lachte leise, „dann meckert sie mit mir!“

„Deswegen bist du verrückt. Was ist so toll daran, wenn diese Ziege meckert?“

„Es gibt nichts Schlimmeres als Frauen, die das Feuer scheuen. Lolita gehört zum Glück zu dem Typ Frau, der das Feuer lieber noch etwas anfacht.“

In Bernardos Augen hatte sein Bruder einen riesengroßen Knall und redete nur dummes Zeug. Er wollte sich doch nur interessant machen.

„Pass bloß auf, sonst kommt wieder so ein anderer Mann daher und will sie dir wegnehmen.“

„Und selbst wenn? Dann habe ich ENDLICH einen legitimen Grund mich wieder zu duellieren. Ich würde ihr auch schnellstens zur Hilfe eilen – dieses Mal jedenfalls.“

„Du bist des Wahnsinns und wahrscheinlich steckt dir der Teufel im Leib, Diego… Und mir verbietest du immer, »den wilden Mann zu spielen«, wie du dann immer sagst. Warum darf ich mich nicht einfach ins Kampfgetümmel stürzen?!“

„Weil man mit seinem Können nicht mehr als nötig prahlen sollte, darum. Das bereitet einem nur Schwierigkeiten. Und weil es nicht so gut wäre, wenn alle erfahren, was ich dir beigebracht habe. Hebe es dir besser für den passenden Moment auf. Du weißt ja, ein wahrer Caballero sollte seinen Degen nur für das Gute einsetzen. Zum Beispiel für Frauen in Not. Das soll aber nicht heißen, dass du nach Frauen in Not suchen solltest.“ Bernardo war zuzutrauen, dass er genau so etwas tat, deswegen sagte man es ihm auch noch.

„Aber mir ist stinklangweilig, Diego! Dir etwa nicht?? Ich habe das Gefühl, Hummeln im Hintern zu haben.“

„Vielleicht solltest du es mit Feldarbeit versuchen. Da denkst du abends nicht mehr an so etwas, weil du todmüde ins Bett fällst. Vater würde das sehr begrüßen und lässt sich dann vielleicht endlich auch einmal breitschlagen, ein gutes Wort für dich einzulegen – und zwar bei Nikitas Eltern.“

„Och nö, dann muss ich die am Ende noch heiraten. Dazu habe ich keine Lust.“

„Willst du das denn nicht?“ In ihr Gespräch war die Ernsthaftigkeit gefahren, wie ein Schwert in einen Körper, um den letzten Lebenshauch auszuhauchen.

„Gott bewahre… Warum sollte ich das wollen? Sie ist total penibel geworden. Außerdem hat sie gelogen!“

„WAAAS?“

„Damals hat sie gesagt, sie will mich später mal heiraten und jetzt findet sie alles an mir doof und will mich erziehen…“

Den Versuch Bernardo zu erziehen hatte leider schon so mancher unternommen, aber wenn jemand damit erfolgreich war, dann jawohl er selbst. Diego beließ es bei einem Lächeln, um das zu kommentieren.

„Ich weiß nicht einmal, ob ich in sie verliebt bin. Woran hast du denn bemerkt, dass du in Lolita verliebt bist?“

„Mhmmmmmm“, machte Diego und schien darüber nachzudenken, dabei schweifte sein Blick ab ins Nirgendwo. Er wusste die Antwort sehr wohl, aber gerade war er zu feige sie zu beantworten. Fair war es allerdings nicht, Bernardo nicht zu sagen, woran man so etwas bemerkte, aber das was in seinem Kopf war wollte er einfach so nicht sagen müssen. Stark zog der Vega Luft ein und entließ sie anschließend als Seufzen. „Das erste Mal dachte ich, verliebt in sie zu sein, als sie mir voller Wonne in die Arme sprang. Mir wurde richtig heiß wie im Dampfkessel und dann donnerte mein Herz wie das schlimmste Frühjahrsdonnergrollen. Allerdings-“, Diego stoppte, riss einen Grashalm neben sich aus dem Boden, anschließend rollten seine Augen zur Seite, um auf seine Finger zu starren. „-gewusst habe ich es, als ich bereit war für sie mein Leben zu geben und keine Gefahr scheute, um sie zu retten. Als ich bewusst in Fallen getappt bin, weißt du?“

Staunend begutachtete Bernardo Diego. „Das würde heißen, dass ich dich auch lieben muss.“

Den leicht traurigen und nachdenklichen Ausdruck in Diegos Gesicht hatte Bernardo jetzt erfolgreich vernichtet und ihm eine überraschte Mimik gegeben. Im Anschluss lächelte er den Kleinen jedoch an und boxte ihm gegen den Arm. „Das ist doch nicht dasselbe! Manchmal träumte ich sogar davon, dass ich ihr halbtot in die Arme sacke und wir uns einer letzten Umarmung hingeben… Ich hatte schon seltsame Träume, was das anging. Aus irgendeinem Grund wollte ich zu einem Zeitpunkt sogar, dass sie um mich weint. Jetzt würde es mich zerreißen, wenn sie auch nur eine Träne vergießt.“

Es war verwirrend, aber spannend zugleich, ihn davon reden zu hören. Bernardo nickte. „Du bist theatralisch.“

„Ich leihe dir eins meiner Bücher, dann siehst du was Theatralik wirklich bedeutet.”

Bernardo verzog angewidert das Gesicht. „Aber bitte nicht diese »wir lieben uns und sterben zusammen« Romane. William Shakespeare muss genauso verrückt wie du gewesen sein. Wie kann man so etwas denn gut finden?“
 

Der Geruch von Kerzen lag im Raum. Spärliches Licht flackerte ringsum in der Nähe des arbeitswütigen Mannes. Immer saß er bis spät nachts in der Amtstube und vollführte seine Arbeit zur vollsten Zufriedenheit. Er lag unter der Kontrolle von Don Luis Quintero, amtierender Alcalde des Pueblo de los Ángeles. In Sachen Arbeitseifer stand er den hart arbeitenden Bauern in nichts nach. Die Kerze war fast bis zum Grund niedergebrannt, solange brannte sie jetzt schon. Bis auf die Wachen war keiner mehr im Dienst. Draußen war alles ruhig wie schon lange nicht mehr. Seine Büroarbeit nahm er genauso ernst, wie den Kampf mit seinem Schwerte. Seine rotbraunen Locken umspielten seine Stirn. Gerade hatte er seinen letzten Bericht zu Ende verfasst und plante seine Arbeit endlich niederzulegen, zumindest für heute Nacht.

Auch er war nicht gefeit gegen die Hitze, jammerte dennoch auch nicht. Obwohl auch er sich danach sehnte, die verschwitzten Kleider abzustreifen.

Als es kurz daraufhin an der Tür klopfte, bat er die Person herein.

Mit einem Knarren sprang die Türe auf und in ihr stand ein großer, korpulenter Mann mit ebenso roten Locken wie sein Oberbefehlshaber.

„Señor, draußen wartet ein edler Herr mit Namen Juan de la Cruz. Er wünscht Sie zu sprechen, Capitán.“ Der junge Sargento sprach ruhig und sachlich, zog die Aufmerksamkeit des Anderen mit den Worten auf sich.

„Mitten in der Nacht ist es – diese Adeligen heutzutage denken wohl, die Armee braucht keinen Schlaf. Schicken Sie ihn zu mir. Er soll sich aber kurz fassen mit seinem Anliegen.“

Hoffentlich war es auch so wichtig wie er Glauben machen will, dass es nicht bis zum nächsten Morgengrauen warten kann.

„Señor, Sie mögen vortreten. Der Hauptmann empfängt sie jetzt“, sagte Gonzales und bat den jungen Edelmann hinein in die Amtsstube, blieb allerdings bei der Tür stehen, als er diese hinter sich geschlossen hatte.

Capitán Jekyll legte seine Feder nieder und faltete die Hände.

„Was kann ich für Sie tun?“ hielt er sich wortkarg und der Neuankömmling setzte seinen Hut ab, der ihn sowieso nur ein wenig vor der Hitze schützen sollte.

„Guten Abend, Señores.“ Juan wollte nicht lange fackeln und sein Anliegen vortragen. „Ich bin auf der Suche nach einem Schurken namens Señor Zorro.“

Gonzales hielt die Luft geschockt an, atmete dabei aber nach einem Moment geräuschvoll weiter.

„Ach? Und was wollen Sie von dem?“

Juan griff mit der Hand zu seinem Degen, streichelte dessen Knauf und lächelte dabei von sich überzeugt. „Man sagt von ihm, er sei ein Künstler auf dem Gebiet des Schwertkampfes. Die Geschichten rund um ihn kursieren bis nach Madrid. Überall ist er in aller Munde. Es vergeht kaum ein Tag, dass man nicht von ihm spricht.“

„Aha.“ Jekyll wirkte wenig beeindruckt von den Erzählungen des jungen Mannes. Wohl kaum war der edle Herr auf irgendwelche Belohnungen angewiesen. Das sah man auf den ersten Blick, ihn zierte die edelste Kleidung, die man bislang in diesem Pueblo zu Gesicht bekommen hatte.

„Ein Mann meines Standes schlägt sich sehr oft mit seinesgleichen herum, aber kaum einer kann mir das Wasser reichen – ohne eingebildet sein zu wollen, habe ich alle meine Widersacher besiegt. Es soll sogar eine Belohnung auf ihn ausgesetzt sein.“

Jekylls Mund verzog sich zu einem Grinsen. „Dafür ist es ein bisschen spät, mein Herr. Wir haben die Verfolgung schon seit geraumer Zeit eingestellt. Wir jagen kein Phantom, dafür haben wir nicht die Zeit. Es gibt Wichtigeres zu tun.“ Mitnichten, Zorro war inaktiv seit einigen Monaten. Warum sollten sie nach jemandem suchen, der sich zur Ruhe gesetzt hatte?

„Wie bitte? Was ist mit all den Taten, die er begangen hat? Soll er mit denen etwa ungeschoren davon kommen?“ entgegnete Juan entsetzt. „Die Liste soll ziemlich lang sein, Señor!“

„Erlaubt mir, mich zu diesem Fall ebenfalls zu äußern, Capitán!“ kam selbstbewusst von Señor Gonzales, der zwar stramm stand, aber auf die Edelmütigkeit seines Befehlshabers baute.

„Reden Sie.“

„Man erzählt sich viele Geschichten über Zorro, aber nicht alle stimmen sie. Man behauptet immer von ihm, dass er viele umgelegt haben soll. Genauso wie, dass er ein anerkannter Feind der Armee gewesen sein soll. Nur wir wissen es besser. Wenn ein Offizier mit gutem Benehmen und Gerechtigkeitssinn glänzte, pflegte Zorro den Kampf mit diesem sogar abzulehnen. Einzig und alleine für die unterdrückten Bauern dieses Landes stand er ein. Sein Widersacher war unser Kommandant, Señor. Ein korrupter und hartherziger Mann, der die Bauern nicht nur mundtot machte, sondern die Steuern nach Gutdünken höher ansetzte, damit er für sich selbst noch etwas abzwacken konnte. Gegen diese Art Ungerechtigkeit hatte dieser Zorro mächtig etwas einzuwenden. Seit unser Kommandant nicht mehr ist, glänzt Zorro mit Abwesenheit.“

„Was plant ihr mit Zorro zu tun, solltet Ihr ihm begegnen?“ fragte Jekyll ohne sich auf Gonzales Worte einzulassen. Widerlegte sie aber auch nicht.

„Ihn in einem ehrenvollen Duell besiegen.“

„Besiegen? Doch nicht etwa durch einem tödlichen Stoß?“

„Natürlich nicht! Es sei denn er benutzt unlautere Mittel.“ Ein richtiger Caballero würde seine Widersacher niemals ohne Grund töten.

Der junge Mann war schlichtweg auf der Suche nach einem ebenbürtigen Gegner, nach einem Abenteuer.

„Vielleicht können wir Ihnen weiterhelfen! Kaum jemand hierzulande kennt Zorro so gut wie wir. Bestimmt finden wir eine Lösung.“

„Aber Capitán! Das ist doch unnötig!“ legte Gonzales ein und fand das überhaupt nicht gut. „Warum schlafende Hunde wecken?“

Die Frage blieb unbeantwortet. „Es gibt da eine Señorita, an die unser werter Zorro sein Herz verloren hat. Er würde sofort für sie einschreiten.“

„Capitán!“ versuchte Gonzales erneut den Älteren zu stoppen, weil er das einfach nicht gutheißen konnte. Sollte das heißen, sie wollen Zorro in eine Falle locken?

„Oh, ich bin ganz Ohr.“

„Señorita Lolita Pulido.“

„Ist sie hübsch?“ fragte Juan und Gonzales schüttelte den Kopf.

„Nein, überhaupt nicht! Kein bisschen!“

„Das obliegt im Auge des Betrachters. Zorros Augen wachen stets über die Dame.“

„Wenn ein Mann sie mit seinem Leben beschützt, muss sie es wohl wert sein“, lachte Juan. „Also sollte ich der Dame wohl den Hof machen, was? Sind Sie sicher, dass der Maskierte dann auch ganz sicher auftauchen würde?“

Gonzales erinnerte sich an die viele Male, in denen die Armee Lolita dazu benutzte, um Zorro zu fangen – jedes Mal war er gekommen, trotzdem schwieg er zu dem Thema. Sie waren doch nicht so schrecklich wie der Kommandant und sein Untermann. Immerhin hatten sie mitgewirkt beide aus dem Verkehr zu ziehen.

„Ihre Eltern haben ihren Kampf mit der jungen Dame. Nicht nur, dass Zorro ihr wildes Herz für sich erobern konnte, sie ist auch noch zu stolz, dem am meisten angesehenen Junggesellen unserer Stadt das Ja-Wort zu geben. Sie kostet ihre Eltern den letzten Nerv mit ihrer Schwärmerei für diesen Bandit. Für ihre Eltern wäre es ein Freudentag, käme ein junger, reicher Herr, um für sie zu werben. Sie würden sofort einwilligen, ihre Tochter mit euch zu vermählen. Beide entstammen dem niederen Adel, wurden allerdings von unserem Gouverneur wegen einer unglücklichen Sache um ihre Besitztümer erleichtert. Vor Jahren gehörten sie zu den reichsten und edelsten Leuten Kaliforniens. Davon ist ihnen nicht viel übrig geblieben. Sie würden mittlerweile jeden Mann akzeptieren, der ein klein bisschen vermögend ist, um aus ihrer Misere herauszukommen.“

„Unverschämtheit!“ echauffierte sich Juan. „Ich bin kein schlichter reicher Schnösel! Ich besitze einen guten Namen! Die De la Cruz gehören zu den Reichsten und Mächtigsten in der Aristokratie von Spanien. Mein Name verspricht gutes Blut, das allerbeste um genau zu sein!“

„Umso besser! Hierzulande gibt es kein vergleichbares Blut, als das der Pulido! Nur die Vegas können da noch mithalten“, lachte Jekyll, „aber der Sohn von Vega schert sich nicht darum, seinem Vater die Bitte zu erfüllen, eine ehrenvolle Señorita zur Frau zu nehmen. Er ist ein Rumtreiber und Drückeberger.“

„Vega?“

„Der Sohn von Don Alejandro Vega. Er besitzt das meiste Land, hat die größte Hazienda und ist von den Bauern mehr als nur angesehen.“

„Verstehe! Und sein Sohn tut, wonach ihm beliebt. Das sind ja Aussichten. Der arme alte Mann.“ Der Blick von Juan senkte sich und seine Augen schimmerten für einen Moment in einen traurigen Glanz.

„Meine Entscheidung steht fest! Ich werde die Familie Pulido besuchen! Auf, dass Zorro sich zeigen möge…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SakS
2017-05-16T21:15:06+00:00 16.05.2017 23:15
„Meine Entscheidung steht fest! Ich werde die Familie Pulido besuchen! Auf, dass Zorro sich zeigen möge…“

na Mahlzeit xDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD

Aber ich sage es ist alles wunderbar geschrieben o_o hast du dein Talent vor mir versteckt xD


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