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Mondschein

von

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Der Tag danach

Du erwachst im Krankenhaus.

Was ist nur geschehen?

Langsam öffnest du deine Augen. Sie schmerzen. Du willst sie lieber wieder schließen, aber du zwingst dich, sie offen zu halten. Du kannst nicht erkennen, ob du noch immer im Wald liegst. Besser gesagt in dem Dreck, in dem du dich so sicher gefühlt hast.

Du blinzelst ein paar Mal. Auch das schmerzt. Aus Reflex wegen des plötzlichen Schmerzes in den Augen schließt du sie wieder. Es ist wohl doch besser, nichts zu tun.

„Habt ihr das gesehen?“, ertönt eine Stimme. Sie ist dir zu laut und du würdest deine Ohren zuhalten, wärst du in der Lage. Wieder hörst du die ungemütliche Stimme des Fremden, der, als habe man ihm nicht zugehört, denselben Satz noch einmal spricht und deine Ohren zum zweiten Mal schmerzen lässt.

Wegen der Unwissenheit über deinen Standort beschließt du, deine Augen erneut zu öffnen und offen zu halten, sollten sie weh tun. Mit einem plötzlichen Ruck öffnest du sie.

Der erwartete Schmerz in den Augen bleibt aus. Du siehst dich um. Erst jetzt merkst du, dass du in deinem Bett liegst. Ein Blick zum Fenster, das dir gestern das Leben gerettet hat, zeigt dir, dass die Nacht vorbei ist. Die Sonne scheint fröhlich ins Zimmer, als wäre gar nichts passiert.

Aber das ist es.

Nach und nach erkennst du Personen um dich herum stehen. Du kannst keine Gesichter erkennen. Es sind vier. Vielleicht auch fünf. Einer von ihnen kommt dir näher. Er ist von deinem weißen Schleier umgeben. Vielleicht der Arzt.

Er sagt dir, dass du viel Glück gehabt hast. Deine Verletzungen wären sehr schlimm gewesen und als er dich sah, hat er dir keine hohen Chancen angerechnet. Du stellst glücklich fest, dass seine Stimme im Gegensatz zu der vorhin dir keine Ohrenschmerzen bereitet. Das zählt für dich im Moment am meisten. Dass dir nicht noch mehr weh getan wird, als nötig.

Nach und nach bekommst du deine Sinne wieder. Der Mensch mit der angenehmen Stimme ist tatsächlich der Arzt und dich besuchen einige Leute, erkunden sich über deine Gesundheit und fragen, was dir widerfahren ist.

Sie sind natürlich nicht an dir interessiert. Die Heuchler haben nur um sich und ihre Familie Angst. Angst, dass ihnen dasselbe passieren könnte, wie dir.

Du betrachtest es mit einem Lächeln. Es geht dir nicht nahe, also erzählst du ihnen alles, was sie wissen wollen. Du lässt dabei nichts aus. Du sagst alles. Was du gehört hast. Was du gesehen hast. Was du gefühlt hast. Die Bewohner kommen zu dem Entschluss, dass sich im Wald etwas befinden muss, das es auszulöschen gilt. Aber wie? Man weiß nicht, was es ist.

Dir wird außerdem mitgeteilt, dass die Abgaben für den Lehnsherrn nicht mehr an diesem Tag abgegeben werden müssen. Zwei Männer haben ihm die Lage erklärt und der Lehnsherr antwortete, dass er wiederkommen werde, wenn es dir besser geht. Als die Männer dir die Nachricht übermittelten waren sie ganz stolz. Ohne dass sie es ausgesprochen haben, verlangten sie eine Belohnung für ihre Mühen, dir zu helfen. Dementsprechend enttäuscht, nein, wütend waren sie, als sie das Haus mit nur einem Dank verließen.

Als sich der Tag dem Ende zuneigt, teilt man dir mit, dass eine Wahl durchgeführt wird. Es wird ein Anführer gewählt. Jemand, der den Bürgern Hoffnung schenkt im Kampf gegen die Bestie.

Du interpretierst die Wahl als eine Suche nach jemandem, bei dem man all seine Sorgen, Ängste und Gedanken abladen kann, damit man selbst ein sorgenfreieres Leben hat.

Und wenn es gut läuft, bekommt man die Bestie. Wenn nicht, dann hat man einen Schuldigen.

Die Dorfbewohner können also nur gewinnen. Das Amt des Anführers ist vielmehr eine Bürde.

Dass alle Bürger für das Amt automatisch nominiert sind und jeder eine Stimme abgeben muss, bestätigt dich in dem Gedanken.

Die Wahl wird auf dem Dorfplatz stattfinden. Du wirst gebeten, deine Stimme ebenfalls abzugeben oder besser gesagt, du hast zu erscheinen, damit du als lebender Beweis den anderen Bürgern präsentiert werden kannst. Fast das ganze Dorf ist im Laufe des Tages bereits bei dir gewesen, sodass das nicht mehr nötig wäre, aber wahrscheinlich sollst du jede Widerworte im Keim ersticken.

Du wirst benutzt.

Es dauert nicht mehr lange, bis die Wahl losgehen soll, als deine Tochter zu dir ans Bett kommt. Sie hat Tränen in den Augen, versucht dies aber zu vertuschen. Ohne Erfolg, denn ihr Kopf ist rot und ihre Tränen sind kaum zu übersehen. Sie sagt dir, dass gleich ein Bewohner kommen und dich auf den Dorfplatz tragen wird, damit du nicht laufen musst. Du dankst deiner Tochter aus ganzem Herzen.

Als ihr auf dem Platz ankommt, lässt dich der Bewohner auf einem Stein, auf dem man gut sitzen kann, nieder. Du bemerkst, dass alle anderen bereits da sind und auf euch gewartet haben. Du blickst in ihre Gesichter. Die einen schauen verängstigt. Die anderen entschlossen.

Nach einer kurzen Einweisung geht die Wahlurne rum.

Die Bewohner haben alle schnell einen Namen auf den Zettel geschrieben und du überlegst heftig, wer für das Amt am besten geeignet ist. Obwohl es eher eine Bürde ist, musst du dich entscheiden. Einige Minuten vergehen und als die Urne nun bei dir ist, steht immer noch nichts auf deinem Zettel.



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