Zum Inhalt der Seite

Kaffee oder Tee?

... oder vielleicht Blut?
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier kommt mein bisheriges Lieblingskapitel! Ich bin schon gespannt, ob es euch gefällt ^^
Endlich ein Blick aus Ians Perspektive <3 Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Von fremden Jeans und blutigen Salatschüsseln *Ian*

„Collin…Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?“ fragte ich und beobachtete den schlaksigen Kerl dabei, wie er Bettzeug aus seinem Schlafzimmerschrank wühlte. „Ach, klar. Ich habe das gleiche, für ihn getan, er soll sich mal nicht so anstellen… Du bist der Gast, also schläfst du im Gästezimmer. Nur solange, bis ich mir überlegt habe, wie wir das meinem Chef beibringen sollen… Dann kann er sich darum kümmern, dass du an einem sicheren Ort unterkommst.“

Er warf mir die Bezüge zu und schielte dann auf seine Armbanduhr.

Schließlich grinste er mich an. „Ich hoffe nur, dass Jared den blöden Hund gefunden hat… Er kann echt anstrengend sein, aber ist ansonsten ein netter Kerl.“

„Du musst es ja wissen.“, murmelte ich und war nicht sonderlich begeistert von der Vorstellung, dass ich jetzt mit den beiden zusammen wohnen würde. Nicht, dass ich Collin nicht dankbar wäre. Ich hatte nicht den leisesten Schimmer gehabt, dass hier so mit dem Vampiren verfahren wurde. Und um ganz ehrlich zu sein, ich hatte auch nicht darüber nachgedacht. Ich hatte es weder für möglich gehalten, von meinem Mitbewohner angegriffen zu werden, noch mich mit einem Rudel Journalisten zu treffen. Aber immerhin schien meine Sorge unbegründet, dass sie ein Interview mit mir veröffentlichen wollten. Sie schienen selbst nicht genau zu wissen, was sie jetzt mit mir anfangen sollten.

„Jared hat erzählt, du würdest gerne mit mir sprechen… Ich verstehe nicht so ganz, weshalb die Sache plötzlich so brisant ist.“, sagte ich, als ich ihn aus seinem Schlafzimmer in den Loft begleitete.

Collin seufzte und begann geistesabwesend seine Brille mit seinem Pulloversaum zu putzen.

„Du hast von einem Menschen getrunken. Das ist der erste Punkt. Dann hat unser Chef eigentlich die Anweisung gegeben, uns aus der Sache rauszuhalten. Und drittens gibt es jetzt noch zwei andere Vampire, die womöglich gefährlich sind… Und offenbar hat dich der Vampir, der dich verwandelt hat, nicht besonders gut auf dein Leben als Untoter vorbereitet.“

Das stimmte, im Nachhinein betrachtet. Dabei hatte ich nie das Gefühl gehabt, Henry hätte mir irgendwas vorenthalten wollen oder so. Allerdings hatte ich Lucas auch als meinen Freund angesehen und… naja. Der hatte mir den Hals durchgekaut. Ohne einen ersichtlichen Grund. „Kann ich deine Dusche benutzen? Ich habe immer noch überall Blutreste kleben.“, fragte ich, nachdem wir das Bettzeug in das Gästezimmer geschafft hatten. „Klar. Und wenn du was essen möchtest, in der Küche ist noch Lasagne von Jared.“, rief Collin aus dem Loft. Immer wenn ich mich zu ihm umdrehen wollte, war er schon wieder verschwunden. Ständig am Reden und ununterbrochen am auf und ab rennen. „Ich bin nicht so scharf auf Lasagne.“, gab ich zu bedenken und hörte ihn irgendwo in der Wohnung lachen. „Stimmt! Total vergessen.“

Collin zeigte mir das Bad und reichte mir noch ein Handtuch.

Als ich alleine war, konnte ich erst einmal durchatmen.

Alles war so schnell gegangen und ich hatte das Gefühl mindestens die Hälfte der Sachen, die passiert waren, überhaupt nicht nachvollziehen zu können.

Unter anderem auch Jared und Collin. Erst hatte ich sie für ein Paar gehalten, aber sie waren sich nur am angiften und außerdem schliefen sie nicht im selben Zimmer. Ich schaute auf die Anrichte, auf der diverse Badutensilien verteilt waren. Zwei Zahnbürsten. Zwei Handtücher. Auch in der Dusche standen zwei unterschiedliche Shampoos. Jared schien hier auch nicht gerade einen Kurzurlaub zu machen. Vielleicht waren sie Cousins oder so.

Als ich schließlich unter der Dusche stand, merkte ich, dass ich nicht nur ziemlich verdreckt war, sondern, dass mir mein ganzer Körper weh tat. Ich hatte das Gefühl zu zittern, meine Bisswunde brannte, wie Feuer unter dem Wasserstrahl und dazu kam der Hunger.

Dafür, dass sich ein Vampir, an mir komplett satt getrunken hatte, hatte ich danach viel zu wenig Blut bekommen. Ich konnte das Blut in meinen eigenen Ohren rauschen hören, mein Magen knurrte und mir lief das Wasser im Mund zusammen, bei der Vorstellung, meine Zähne in warmes Fleisch zu schlagen und endlich satt zu werden.

Entweder ich musste mich bis morgen früh zusammenreißen, oder heute Abend noch mal verschwinden. Und ich nahm mir fest vor, Collin vorher Bescheid zu sagen. Er mochte keine Ahnung haben, aber er bemühte sich und hatte mich aufgenommen. Und vielleicht würden er und seine Kollegen ja herausfinden, warum zum Teufel Lucas mich angegriffen hatte.

Mit bebenden Fingern drehte ich das Wasser ab und stieg, zusammen mit einer Dunstwolke, aus der Dusche. Ich schnappte mir mein Handtuch und schaute dann unschlüssig auf meine dreckige Kleidung, die ich achtlos auf den Boden geschmissen hatte. Und wo bekam ich jetzt was sauberes zum Anziehen her? Sehr schlau, Ian. Normalerweise überlegte man sich sowas, bevor man Duschen ging. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als mir das Duschtuch um die Hüfte zu wickeln und vorsichtig um die Ecke zu sehen. Collin war am Telefonieren, ich konnte ihn bis hier hin hören. Sonst schien keiner da zu sein. Also huschte ich durch die Wohnung, betrat das Gästezimmer und zog die Tür hinter mir zu. Kurzerhand beschloss ich, etwas von Jareds Sachen anzuziehen. Besonders wohl war mir nicht dabei, einfach irgendetwas Fremdes anzuziehen, ohne vorher zu fragen. Aber vermutlich wäre es sowieso darauf hinausgelaufen. Wir hattet die gleiche Größe und Collins Sachen wären mir viel zu groß.

Während ich mich umzog, wurde mir auch bewusst, dass ich es nicht bis morgen durchhalten würde. Ich brauchte Blut. Und zwar bald.

Unsicher, was ich jetzt tun sollte, gesellte ich mich in der Küche, zu Collin, der sein Gespräch gerade beendet hatte.

„Ah, gut, du hast was zum Anziehen gefunden.“, sagte er, als er mich erblickte. In einer Hand hatte er eine dampfende Kaffeetasse, mit der anderen tippte er auf seinem Handy.

„Collin…Ich brauche Blut.“, sagte ich direkt. Was nützte es auch, darum herum zu reden. Collin verzog das Gesicht und seufzte. „Ja, ich weiß… Meinst du, du schaffst es noch bis morgen? Bis dahin haben Jack und ich sicher etwas für dich organisiert.“

Er sah mich hoffend an und ich nickte. Es ging eben nicht anders. Ich würde es schaffen müssen. Bisher war ich noch nie in einer solchen Situation gewesen… Ich hoffte einfach, dass mir keine Sicherung durchbrennen würde. Und ich hoffte, dass es nicht so schmerzvoll sein würde, wie Henry es berichtet hatte.

Collin klopfte mir mitfühlend auf die Schulter und wandte sich wieder seinem Kaffee zu. „Ich kann wahrscheinlich auch nicht raus, um frische Luft zu schnappen, oder?“, fragte ich, ohne große Hoffnung.

Er schüttelte den Kopf. „Nicht bevor wir nicht wissen, wieso der andere Vampir dich angegriffen hat… Ich finde das echt beunruhigend und ich habe noch nie von sowas gehört.“

„Ja, wer hätte schon gedacht, dass irgendjemand Geschmack an totem Vampirblut haben kann.“, meinte ich und es klang bitterer, als es gemeint war. Bevor Collin antworten konnte, hörten wir, wie die Eingangstür geöffnet wurde. Kurz darauf tauchte Jared in der Küche auf. Die dunkeln Haare trieften vor Nässe und er schien komplett durchgefroren. „Sag mal, du spinnst auch ein bisschen, oder?“, empörte sich Collin, über den Anblick seines Freundes. „Bei Regen da draußen rumlaufe, ohne Jacke oder Schirm. Es ist Oktober!“ Schimpfend verließ er den Raum, wahrscheinlich um Jared ein Handtuch zu bringen. „Aber ich habe Lady wiedergefunden.“, verteidigte sich Jared. „Und es hat nicht geregnet, als ich losgelaufen bin.“ Er wandte seinen Blick zu mir und ich sah, dass sich seine Augen ganz kurz weiteten. Dann biss er die Zähne zusammen und sein Blick verfinsterte sich deutlich. Mit diesem Blick machte er sogar Henry Konkurrenz. „Ähm…“, begann ich, wusste aber nicht so recht, was ich sagen sollte. „Sorry… Ich hatte sonst nichts dabei. Und ich wollte nicht in meine blutverkrustete Jeans zurück.“

„Apropos.“, meinte Collin, als er wieder zu uns kam und Jared ein Handtuch zuwarf. „Zieh dich besser auch um. In den nassen Sachen, holst du dir noch den Tod.“

Jared verließ wortlos den Raum. Und er hatte zwar nichts dazu gesagt, dass ich sein Kleidung trug, aber… das war auch nicht unbedingt notwendig gewesen. Wenn Blicke töten könnten, dann wäre ich jetzt zu Asche verbrannt. Seine Augen hatten ein verwirrende Farbe, wie ich fand. Ein außergewöhnliches hellbraun, das fast an die Farbe von Bernstein erinnerte. Es passte einfach wenig, zu den schwarzen Haare und ich war jedes Mal kurz irritiert, wenn sich unsere Blicke trafen.

Dazu drückte seine ganze Körpersprache mir gegenüber Ablehnung uns Misstrauen aus. Gut… Ich konnte es ihm nicht einmal verübeln. Vielleicht würde er ja irgendwann auftauen.

„Ich muss auch gleich schon wieder los.“, riss mich Collin aus meinen Gedanken. „Wohin?“, fragte ich und hoffte, nicht zu neugierig zu wirken. „Zu Jack. Seine Frau Liza ist in Bulgarien und wir hoffen, dass ihr vielleicht was zu den Geschehnissen einfällt… Oder ob sie zumindest noch irgendwoher ein paar Infos bekommen kann, solange sie noch da ist. Wir skypen leider nicht so oft, wie wir es vorhatten, die Internetverbindung ist haarsträubend und meistens ist einfach keine Zeit dafür.“ Er seufzte und zuckte mit den Schultern.

„Also, wenn irgendwas ist, Jared hat meine Handynummer. Ich bin immer erreichbar,.“ Collin klopfte mir noch einmal auf die Schulter und war dann auch schon in Richtung Garderobe verschwunden.

„Bis später!“, hörte ich ihn wenige Minuten später rufen und dann fiel die Tür auch schon ins Schloss. Unschlüssig stand ich in der kleinen Küche und fühlte mich ziemlich deplatziert. Es war halb sechs, also viel zu früh, um an Schlafen zu denken. Aber desto eher ich einschlief, desto näher rückte der Zeitpunkt, an dem ich etwas zu trinken bekam… Hoffte ich zumindest. Erst einmal musste ich mir an der Spüle ein Glas mit Wasser füllen, mein Hals war einfach so trocken. Und es schmerzte bei jedem Schluck, das Wasser brachte keine Linderung.

„Hey…Wir haben auch Mineralwasser, da drüben in der Kiste. Du musst kein Leitungswasser trinken.“ Ich zuckte beim Klang von Jareds Stimme unwillkürlich zusammen. Aber ich drehte mich nicht zu ihm herum. Ich hatte nicht das Gefühl, meinen Körper am Zittern hindern zu können. Verdammt, Henry hatte nie erwähnt, dass es so schnell gehen würde. Das Aushungern.

„Ja…Danke.“, murmelte ich und stellte das Glas neben der Spüle ab. Dann ballte ich meiner Hand zu einer Faust und öffnete sie wieder. Sie zitterte nur minimal. Offenbar fand diese ganze Schwäche bisher nur in meinem Kopf statt. Das würde ich in den Griff bekommen. „Geht’s dem Hund gut?“, fragte ich, um die Stille zu durchbrechen und um mich ein bisschen von meiner Blutlust abzulenken. Ich lehnte mich jetzt doch mit dem Rücken an die Anrichte, sodass wir uns (mit einigen Metern Sicherheitsabstand) gegenüber standen. Jared zuckte mit den Schultern, aber ich meinte, dass sein Blick nicht mehr ganz so feindselig gewesen war, wie eben noch. „Sie war ein bisschen durch den Wind… Aber meine Güte, sie ist ein Hund. Sie schafft das schon.“ „Mhm.“, machte ich und fixierte meine Füße. Socken hatte ich mir keine von Jared genommen, also war ich barfuß unterwegs. Doch es war kein Problem, es war angenehm warm in der Wohnung. Und sowieso waren Vampir nicht besonders kälteempfindlich.

Aber Moment mal… Entweder waren mir drei neuen Zehen gewachsen, oder ich war nicht mehr in der Lage, bis zehn zu zählen!

Ich blinzelte und zählte noch mal. Dann atmete ich tief durch. Zehn Zehen. Ganz normal. Ich musste mich beruhigen, ganz dringend.

„Sag mal… geht es dir gut?“, fragte Jared und ich hörte neben höflichem Interesse auch einen allarmierten Tonfall in seiner Stimme mitschwingen. Okay… Lügen oder die Wahrheit sagen?

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, ehrlich und kooperativ mit den Menschen umzugehen, die mich (wissentlich oder unwissentlich) aus der Not gerettet hatten. Andererseits konnte es gut sein, dass sie mich vor die Tür setzten, wenn ihnen endgültig bewusst wurde, dass ich eben ein totes, blutschlürfendes Monster war. Letztendlich wurde mir die Entscheidung, von meinem Körper abgenommen. Ich fühlte mich nicht in der Lage zu lügen. „Nein…Mir geht’s scheiße.“, sagte ich langsam und stellte fest, dass meine Stimme ganz normal klang. Und das obwohl sich mittlerweile alles drehte. Ich klammerte mich mit beiden Händen an der Kante der Küchenarmatur fest, doch es nützte nichts. Innerhalb von wenigen Minuten hatte sich mein Zustand so stark verändert, dass ich einfach umkippte. Ich landete auf dem Hintern und schlug mir den Kopf an der Kühlschranktür an. Das saß. Der Schwindel verflog, das Zittern ebbte ab. Dafür…

„Ian? Ach Mist…“ Jared fluchte und tauchte in meinem Sichtfeld auf. Er rüttelte leicht an meine Schulter und sagte noch irgendwas zu mir. Aber alles, was bei mir ankam, war das Rauschen seines Blutes.

Der süße Geruch. Der unbändige Durst. Das Verlangen.

Und das alles traf mich so unvorbereitet, dass ich ihm einem festen Schubs verpasst und mich gleichzeitig von ihm wegschob. Er musste weg! Ich wusste nicht, woher dieser fokussierte Durst auf sein Blut kam, aber es war klar, dass das nicht gut enden würde. Die Sicht vor meinen Augen verschwamm.

„Scheiße.“, fluchte ich und versuchte nicht zu atmen, um den Geruch loszuwerden. Aber dieses Rauschen… Ich hielt mir die Ohren zu und meine Atem beschleunigte sich.

Es war viel schlimmer, als Henry es beschrieben hatte. So die Kontrolle über sich zu verlieren. Und es hatte absolut nichts mit dem Blutdurst zu tun, den ich zuvor jeden Tag verspürt hatte. Das hier... war stärker. Stärker als ich. Es war grauenhaft. Es machte mir Angst.

Ich würde nicht dagegen ankommen, das war mir jetzt auch klar. Und vermutlich würde ich nicht einmal etwas mitbekommen, von dem, was ich tat. Es sollte nur aufhören. Mein Körper schien zu brennen, war gänzlich ausgetrocknet. Es sollte aufhören!

Und dann schmeckte ich es. Blut. Warm und süß und so erfüllend, das es mir endgültig den Rest gab.
 

Im ersten Moment, nach meinem Erwachen, fühlte ich mich gut. Alles war zählte war, dass ich mich wieder in meinem Körper befand und dass ich diesen auch unter Kontrolle hatte. Und, dass er nicht brannte. Aber dann wurde mir natürlich siedend heiß bewusst, dass ich Jared schwer verletzt haben musste. Ich schlug die Augen auf und stand auch gleichzeitig auf. Fast taumelte ich, so überrascht war ich, von meiner eigenen Bewegung. Sowas hatte ich noch nie gespürt… Aber ich konnte mich jetzt auch nicht darauf konzentrieren.

Erst einmal bemerkte ich, dass ich mich immer noch in der Küche befand. Sie sah allerdings aus, wie ein Schlachtfeld und mir wurde augenblicklich eisig kalt. Das lag ein Besen. Daneben eine blutüberströmte Salatschüssel. Sowieso waren durch den ganzen Raum, kleine Blutspritzer verteilt und irgendetwas schien in viele hundert Glasscherben zersprungen zu sein. Und mitten drin saß Jared, mit einem Coolpack in der Hand und starrte mich an.

Ich schnappte entsetzt nach Luft, als ich das blutdurchtränkte Handtuch sah, dass er sich um seinen Unterarm gewickelt hatte. Er war mindestens genauso blass wie ich und ihm stand der Schweiß auf der Stirn. Aber immerhin war er am Leben und bei Bewusstsein.

Ich machte einen Schritt auf ihn zu und er zuckte zusammen.

„Bleib bloß da drüben stehen!“, zischte er und ich sah, dass er in seiner rechten Hand ein scharfes Messer hielt, von dem ebenfalls Blut tropfte. „Jared… Was… ist passiert? Ich meine… was habe ich… getan?“ Es dauerte einen Moment, bis ich die Worte über meine Lippen bekommen hatte. Auf Jareds Stirn bildete sich eine Zornesfalte, aber er sah ansonsten regelrecht verzweifelt aus. „Das wollte ich eigentlich dich fragen! Du bist total durchgedreht und umgekippt. Dann wollte ich dir helfen, du hast mich weggeschubst und als du wieder auf den Beinen warst, hast du versucht, mich zu beißen.“ Er deutete auf den Besen. „Damit hab ich dich dann auf Abstand gehalten.“ „Aber… Das ganze Blut.“, stammelte ich verständnislos und fasste mir an den Mund. Ich hatte eindeutig etwas getrunken. „Ja, ich habe dann irgendwann eingesehen, dass du dich nicht anders beruhigen wirst.“ Er klang, als könnte er es selbst kaum fassen. „Jared… hast du dir in den Arm geschnitten?“, fragte ich, als die Bilder sich in meinem Kopf zusammen zu setzen begannen.

„Es erschien mir immer noch besser, als mich von dir beißen zu lassen.“, erwiderte er langsam. Ich war entsetzt. So richtig.

„Ich fasse zusammen… Du hast mir mit dem Besen eine runtergehauen, hast dir dann mit einem Fleischmesser den Arm aufgeschnitten und mir dein Blut in einer Salatschüssel gegeben!?“ „Und danach hab ich gekotzt und mir den Kopf an der Anrichte gestoßen…“, ergänzte Jared und schaffte es, zu grinsen. Überhaupt sah ich ihn gerade das erste Mal lachen. Und ich fühlte mich, als müsste ich mich ebenfalls gleich übergeben. Ich wandte mich von ihm ab und atmete tief durch. „Was machst du?“, fragte Jared, als ich die Tür zum Kühlschrank öffnete. „Ich mache dir was zu essen, du hast viel Blut verloren. Und dann verschwinde ich von hier.“

„Ja, fantastische Idee. Und all die Gründe, weswegen wir dich hier aufnehmen wollten, haben sich eben in Luft aufgelöst, oder was?“, kam es von Jared, während ich nach etwas Essbarem suchte.

„Ich komme schon klar… Aber das hier…Das muss ich nicht nochmal erleben. Es war richtig schrecklich.“ Ich verstummte, weil mir klar wurde, dass es für ihn noch um einiges schrecklicher und beängstigender gewesen sein musste, als für mich. Ich erinnerte mich ja nicht einmal an alles.

„Du brauchst Blut. Kam das echt so überraschend, für dich?“

„Es… war anders als sonst. Und es hat anders geschmeckt, als sonst.“

„Ach ja?... Schmecke ich gut?“

Ich hielt in der Bewegung inne und drehte mich, mit hochgezogener Augenbraue, zu ihm um. „Jared…Wie stark hast du dir den Kopf angestoßen?“ Er verdrehte die Augen. „Du hast doch schon vorher Menschenblut getrunken…“ „Nur einmal. Im Park… Vielleicht lag es an dem Alkohol, aber es hat auf jeden Fall anders geschmeckt.“ Dass mir sein Blut sehr viel besser geschmeckt hatte, musste ich ihm ja jetzt nicht auf die Nase binden.

„Wir sollten hier auf jeden Fall aufräumen, bevor Collin wieder zurück kommt…“, sagte Jared und fing den Joghurtbecher gekonnt auf, den ich ihm zuwarf. „Ich mach das schon… Und wie gesagt, dann mache ich mich lieber aus dem Staub. Das muss echt kein zweites Mal passieren, ich hätte dich umbringen können…“

„Es wird auch kein zweites Mal passieren, wir finden schon eine Lösung.“, antwortete er mir. Ich war ein wenig verwundert.

„Eigentlich hatte ich nicht den Eindruck, dass du besonders glücklich über meine Gesellschaft warst… wieso willst du, dass ich hier bleibe?“, fragte ich direkt. Er zögerte und es sah fast so aus, als wäre ihm meine Frage ziemlich unangenehm. „Naja… Ich will Collin nicht sagen müssen, dass ich dich nach einem halben Tag vergrault habe. Er ist schon so lange auf der Suche nach einem kooperativem Vampir.“

Ich hob die Augenbrauen und grinste. „Collin, also.“

Jared verdrehte die Augen. „Halt die Klappe und fang an die Schweinerei hier aufzuputzen. Und du kannst mir einen Löffel bringen, sonst komme ich nicht weit mit diesem Joghurt.“

Ich schwieg und machte mich daran, die Küche von Jareds Blut zu befreien. Und ich musste mich wirklich zusammenreißen, um nicht etwas von dem Blut zu kosten, das noch immer an der Schüssel klebte. Das wäre wohl ein ziemlich verstörender Anblick, für Jared. Und ich konnte mich selbst nicht damit arrangieren, dass ich so die Kontrolle über mich verloren hatte. Und wie schnell es gegangen war. Normalerweise brauchte ich bloß einen bis zwei Liter am Tag und wenn ich einmal mehr getrunken hatte, so wie gestern Abend, brauchte ich nicht unbedingt am nächsten Tag, wieder etwas. Aber ich hatte außer Acht gelassen, dass Lucas mich sehr geschwächt hatte. Und mir auch verdammt weh getan. Die Wunde an meinem Hals, die sich ich der Kühlschranktür spiegelte, sah wirklich zombiemäßig aus.

Das war sicher der Grund, warum ich so schnell Blut gebraucht hatte… Aber es erklärte nicht, wie ich mich jetzt gerade fühlte. Wach. Viel stärker. Ich fühlte mich dem gewachsen, was da draußen auf mich wartete. Und gleichzeitig fühlte ich mich entsetzlich schlecht. Ich war eine Gefahr, für die Menschen in meiner Umgebung. Das hatte sich mir nie so deutlich gezeigt, da ich bisher nur Tierblut kannte. Es war ein Fehler gewesen, Menschenblut zu trinken… Und Henry hatte so viel dafür gegeben, dass wir niemals damit in Kontakt kommen würden. Ich hatte es sowas von verbockt.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  catgirl13
2016-11-20T19:56:59+00:00 20.11.2016 20:56
Der arme
Antwort von:  Ginnybread
20.11.2016 22:55
Oh ja :'D


Zurück