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Die Wölfe 4 ~Die Rache des Paten~

Teil IV
von

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~Tonis dunkle Seite~

Mit dem Gesicht im Kopfkissen, versuche ich vergeblich diesen verdammten Kuss aus meinen Gedanken zu verbannen. Ich kann mich an keinen Moment mit Robin erinnern, wo ich ähnlich schlimmes Herzrassen hatte, geschweige denn, dass ich überhaupt so lange über einen einfachen Kuss nachgedacht habe. Dieser verdammte Kerl, was macht der nur mit mir?
 

Es klopf an der Tür, Schritte kommen ins Zimmer.

„Hey, Enrico! Alles okay? Was machst du da?“

„Ich versuche mich im Kissen zu ersticken“, nuschle ich.

„Und dafür wirfst du unseren ungebetenen Gast wieder vor die Tür? Ist ne gute Entscheidung!“, sagt Jan.

Ich drehe mich nach ihm um.

„Nein, er will wohl einfach weg von mir“, sage ich trübsinnig.

„Das ist noch besser!“ Er grinst in sich hinein und geht zurück zur Tür.

„Können wir uns unterhalten, mal ganz offen und ehrlich?“, frage ich ernst. Jan zieht eine Augenbraue fragend in die Höhe und hält inne.

„Und über was?“, will er wissen. Ich setzte mich an den Rand meines Bettes. Jan nimmt den Stuhl vom Sekretär und stellt ihn mit dem Rücken zu mir. Er setzt sich und legt beide Arme auf der Lehne ab. Während ich die passenden Worte suche, fahre ich mir durch die Haare. Verlegen scheue ich Jans Blick, als ich frage: „Was genau lief da zwischen Toni und mir?“

Er mustert mich lange und setzt ein schiefes Lächeln auf, als er seinerseits fragt: „Was hat er versucht?“

„Kannst du nicht einfach meine Frage beantworten?“

„Was glaubst du wohl?“ Durchdringend sieht er mir in die Augen. Die Antwort kann ich ihm vom Gesicht ablesen, aber ich will sie einfach nicht glauben.

„Woher willst du das überhaupt wissen? Hast du uns je bei irgendwas ertappt?“

Jan schüttelt den Kopf. „Nein, dabei wart ihr immer sehr diskret. Alles andere hätte euch in euren Kreisen auch mit Sicherheit das Leben gekostet.“

„Woher willst du das dann wissen? Wir haben sicher viel zusammen durchgemacht und standen uns deswegen sehr nah. Das muss nicht wie bei dir und Lui gewesen sein.“

„Enrico! Ich stehe selbst auf Männer und ich kenne den Blick, den ihr euch immer zugeworfen habt, bevor ihr verschwunden seit, oder wenn ihr miteinander fertig wart.“

Ich falte die Hände ineinander und bette mein Kinn auf die verschlungenen Fingern. Das kann unmöglich so sein. Das bin niemals ich gewesen.

„Das macht dich wirklich fertig, was?“

Ich erwidere nichts, sondern sehe starr vor mich hin. Jan legt mir seine Hand auf die Schulter. Er sucht meinen Blick.

„Hör mal! Bei Antonio musst du wirklich vorsichtig sein.“

Fragend sehe ich ihn an, bis Jan von allein weiter spricht: „Der ist nicht so nett, wie Lui und ich. Der ist knallhart und brutal!“

Ich rolle mit den Augen und stoße seine Hand von meiner Schulter.

„Erzähl keinen Mist. Der würde mir nie was tun. Ich habe ihn in den letzten Tag so oft dumm angemacht und er ist nicht ein Mal ausfallend geworden.“

Jans Blick wird eindringlicher, er rückt mit dem Stuhl näher an mich heran und legt mir beide Hände auf die Schultern.

„Enrico, ich sag dir das jetzt ohne Ironie und weil mir wirklich was an dir liegt: Der Kerl hat dich oft übel zugerichtet. Ich habe keine Ahnung, was ihr miteinander getrieben habt, aber es muss echt verdammt hart gewesen sein. Du hattest jedes Mal am ganzen Körper blaue Flecke und deine Arme und Beine waren voller Schürfwunden. Wenn du vorher verletzt warst, haben deine Wunden danach übelst geblutet. Nimm dich vor ihm in Acht!“

Etwas gefährliches hat Toni tatsächlich an sich, aber gerade das finde ich ja so interessant an ihm. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass er mir gegenüber wirklich handgreiflich wird. Er war bisher so lieb, hat mich sogar nach Hause getragen und für mich Gitarre gespielt. Selbst der Kuss war alles andere als überwältigend gewesen.

„Du übertreibst!“, halte ich dagegen.

„Schön wär's!“ Jan steht auf und stellt den Stuhl zurück. „Ich habe dich gewarnt. Was du daraus machst, ist deine Sache.“ Er verlässt mein Zimmer und verschwindet auf dem Flur.

„Na toll“, murre ich. Als wenn es nicht schon schlimm genug ist, das Toni offensichtlich wirklich ein Auge auf mich geworfen hat, nun soll er auch noch ein brutaler Liebhaber sein? Seufzende vergrabe ich meinen Kopf im Kissen.
 

Die Nacht schreitet unaufhaltsam voran und Toni bleibt verschwunden. Ein Sturm fegt um das Haus, es knarrt in allen Ecken und Winkeln. Als ich zum hundertsten mal durch die Verandatür hinaus schaue, ziehen dunkle Wolken vom Meer her auf uns zu. Das gibt bald einen eiskalten Sturmregen und er ist immer noch da draußen. Mein Blick wandert an die Uhr. Es ist bereits halb vier in der Früh.

Wieder suche ich die Landschaft nach seiner Gestalt ab und kann doch nur den dunkle Wald und die leere Schotterpiste erkennen. Ich hätte ihm sofort nachgehen müssen und das mit ihm klären. Wenn er nun irgendwo da draußen erfriert. Er kennt sich doch hier überhaupt nicht aus, da ist es ein leichtes, sich in den Wäldern zu verlaufen. Die schlimmsten Szenarien spuken mir durch den Kopf: Es ist so dunkel, dass man nicht mal die steile Klippe erkennen kann. Wenn er nun dort irgendwo abgestürzt ist, dann findet ihn niemand und ich kann ihn nicht mal suchen gehen, mit meinen verdammten Beinen komme ich keine Meile weit.

Mühsam atme ich durch und löse mich von der Fensterscheibe. Wenn er bis Sonnenaufgang nicht zurück ist, werde ich Lui und Jan wecken und sie bitten, ihn mit mir zu suchen. Bis dahin, muss ich mich irgendwie ablenken. Mein Blick wandert durch das Wohnzimmer und bleibt am Klavier hängen. Ob ich das wirklich kann? Ich klappe den Deckel über den Tasten auf und setze mich auf den Hocker. Der Anblick der schwarz weißen Tasten erscheint mir vertraut. Nacheinander spiele ich einige an. Die Töne passen nicht zusammen. Ich lege die ganze linke Hand auf die Tasten. Da gab es Griffe, Tasten die man mit mehr als einem Finger auf einmal anspielt und die schön zusammen klingen. Vergeblich versuche ich sie zu finden. Alles was meine Finger auf den Tasten erzeugen, sind unförmige Klänge. Ich wechsle die Hand und spiele eine Taste nach der anderen, bis ich drei finde, die gemeinsam eine Melodie ergeben. Es ist die selbe, die Toni gespielt hat, aber eine Note fehlt noch.
 

„Du bist ja immer noch wach!“ Ich fahre zusammen und drehe mich nach der Stimme um. Lui geht an mir vorbei in die Küche und holt sich ein Glas Wasser. Ich antworte ihm nicht und probiere weitere Tasten aus.

„Seit wann spielst du denn Klavier?“, will er wissen und kommt zu mir.

„Toni hat behauptet ich konnte es mal, aber es kommt nichts vernünftiges bei raus.“

„Das ist doch aber nicht der Grund, warum du um die Zeit noch wach bist, oder?“

„Nein!“ Seufzend schließe ich den Deckel über den Tasten und lege meine Arme darauf. „Toni ist immer noch nicht zurück.“

„Er ist weg?“

„Ja, schon seit Stunden und das bei dem Wetter.“ Meinen Blick richte ich aus dem Fenster. Die Wolken haben die Küste erreicht und ziehen über unser Haus hinweg. Die ersten Regentropfen fallen gegen die Scheibe.

„Was hast du ihm den nun wieder an den Kopf geknallt?“

„Nichts, er hat doch …!“ Ich beiße mir auf die Lippe und verstumme.

„Was hat er?“

Zögernd betrachte ich das Notenblatt auf dem Ständer. Irgendwem muss ich das sagen, bevor es mich völlig verrückt macht und Lui ist wenigstens Jemand, der gut zuhören kann.

„Er hat mich geküsst“, wage ich zögerlich zu sagen.

Lui schaut überrascht und schweigt einen Moment, schließlich zuckt er mit den Schultern und meint: „Naja, er hat eben was für dich übrig. Ist das denn so schlimm?“

„Ja!“

Eindringlich mustert Lui mich, bis ich schließlich sage: „Naja, nein! Doch, schon! Ach, ich weiß doch auch nicht.“ Unruhig erhebe ich mich und wandere durch das Wohnzimmer.

„Ihr seid euch ja alle so sicher, dass da was zwischen uns lief und Toni benimmt sich ja wirklich so, als wenn er was von mir will und ...“

„Und was ist mit dir?“

„Mit mir?“

„Empfindest du denn gar nichts, wenn er bei dir ist?“

Ich verschränke die Arme vor der Brust. „Das geht dich nichts an.“

„Also, ja?“ Ich gehe in die Küche, um seinem fragenden Blick zu entkommen und hole mir ebenfalls ein Glas Wasser. Nach einem kräftigen Schluck daraus, will ich von Lui wissen: „Jan hat mir etwas seltsames über ihn und mich erzählt.“

„Ach ja? Was denn?“

„Das er ziemlich brutal werden kann.“

„Wenn man ihn reizt, sicher. Du hast es ja an mir und Jan gesehen.“

„Ja, aber ich meine zu mir? Jan hat mir gesagt, er hätte mich oft übel zugerichtet, wenn wir, also wenn er ...“ Ich sträube mich, diesen Gedanken zuzulassen und doch war Jan so glaubwürdig, dass ich nicht umhin komme, seine Warnung ernst zu nehmen, „ … naja, wenn er eben mit mir verschwunden ist.“

Lui nimmt einen Schluck aus seinem Glas und zögert, bevor er sagt: „Wenn ihr auf Robins Partys weg wart und später wieder kamt, sahst du schon ziemlich ramponiert aus ...“

„Na super!“ Dann muss es ja stimmen. Ich seufze und lasse den Blick sinken.

„Na ja, aber ...“

„Was aber?“

„Du hast nie einen unglücklichen Eindruck auf mich gemacht. Du konntest noch so schlimm aussehen, angehimmelt hast du ihn gerade dann. Vielleicht hat dir ja die wilde, harte Nummer gefallen. Schon mal daran gedacht?“

Ich atme resigniert aus. „Kann einem so was denn überhaupt gefallen?“

Lui zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung! Aber ihr seid nie besonders zimperlich miteinander umgegangen und wenn ich das mit dir und Robin richtig mitbekommen habe, war dir die liebevolle Nummer immer zu langweilig. Zumindest hat sie sich oft bei mir deswegen beschwert, dass du selten wirklich bei der Sache bist.“

„Über so was redet sie mit dir?“

„Du redest doch auch gerade über so was mit mir und Antonio tut das ebenfalls. Irgendwie zieh ich das wohl an.“

„Moment, warte! Er hat mit dir über mich gesprochen? Was hat er denn gesagt?“

Lui zieht die Arme abwehrend nach oben. „Nein, nein, lass mich da raus. Das macht mal schön unter euch aus.“

„Nein, jetzt will ich es wissen! Sag schon! Was hat er mit dir besprochen?“ Energisch laufe ich auf ihn zu.

„Enrico, was denkst du denn, worum es ging? Er hat dich jahrelang für tot gehalten und dann findet er dich wieder und du weißt nichts mehr über eure gemeinsame Zeit. Noch dazu hast du extrem was gegen Männer die was mit anderen Männern haben. Wie soll er sich da fühlen, wo es doch gerade das war, was er mit dir hatte?“

„Ja toll! Jetzt fühl ich mich noch mieser!“

„Gut so, dann bist du in Zukunft vielleicht etwas netter zu ihm.“ Lui geht an mir vorbei in die Küche. Er stellt sein leeres Glas in die Spüle.

„Nimm's mir nicht übel, aber ich hau mich wieder aufs Ohr. Jan und ich haben morgen die Frühschicht.“

„Ach ja, morgen ist ja schon wieder Montag. Dann könnt ihr mir ja gar nicht bei der Suche helfen, sollte Toni nicht wieder auftauchen.“

Lui lächelt beruhigend. „Keine Sorge, der kommt schon wieder. Antonio kann gut auf sich selbst aufpassen.“

„Aber er kennt sich hier doch gar nicht aus, wenn er sich nun verlaufen hat, oder die Klippe runter gestürzt ist. Es ist eiskalt draußen und jetzt hat es auch noch angefangen zu regnen. Er hat nicht mal ne Jacke mitgenommen. Ich meine, wo will er um die Zeit überhaupt hin? Hier ist doch Meilenweit nichts“, sprudeln alle Bedecken auf einmal aus mir heraus.

„Wie süß, du kannst dir ja doch mal Sorgen um jemand anderen machen, als nur um dich selbst. Wer hätte das gedacht“, lacht Lui.

„Das ist nicht lustig!“, protestiere ich heftig.

„Ach Enrico, bleib locker. Du bist hier, also wird er früher oder später wieder hier auftauchen. Er ist alt genug. Nur keine Sorge.“ Er geht und winkt mir über die Schulter. „Guten Nacht und mach nicht mehr so lange.“

Müde wandere ich zum Sofa und stelle auf meinem Weg das Glas auf dem Couchtisch ab. Noch einmal geht mein Blick hinaus aus der Verandatür. Immer noch ist keine Gestalt auf der breiten Schotterpiste zu sehen. Nur der Regen ist schlimmer geworden. Dicke Tropfen peitschen gegen die Scheibe.

„Er ist sicher eine Klippe hinab gestürzt“, flüstere ich und lasse mich auf das Sofa fallen.
 

Ich muss eingeschlafen sein, denn als sich die Verandatür öffnet, erschrecke ich fürchterlich.

Von Kopf bis Fuß durchnässt, die Arme um den frierend Körper geschlungen, steht Toni im Zimmer. Ich springe auf die Beine und laufe ihm entgegen, erleichtert schlingen ich meine Arme um ihn.

"Da bist du ja endlich!“ Ich drücke ihn fest an mich. „Du bist ja eiskalt!", stelle ich fest. Von seinen Haaren fallen mir große Tropfen auf die Schultern und ins Gesicht. Meine Klamotten sind augenblicklich durchnässt.

"Du musst das nasse Zeug ausziehen. Sonst wirst du noch krank!", rate ich. Toni reagiert nicht, er betrachtet mich mit einem seltsam trüben Blick.

"Wo bist du denn die ganze Zeit gewesen? Ich hab mir echt Sorgen gemacht."

Wieder gibt er mir keine Antwort, er macht auch keine Anstalten, sich die nassen Sachen auszuziehen. Seine müden Augen mussten mich nur immer zu. Mir bleibt wohl nichts anderes übrig: Ich knöpfe ihm das Hemd auf und schiebe ihm denn nassen Stoff von den Schultern. Bereitwillig löst er die Verschränkung seiner Arme und lässt das Hemd zu Boden gleite, dann wandern seine Hände zu meinen Hüften. Er ziehen mich enger zu sich, ich er schaudern bei seiner eisigen Haut.

"Du hascht mir gefehlt", sagt er. Der Geruch einer ganzen Schnapsfabrik, steigt mir in die Nase. Ich stemmen mich gegen seinen Brustkorb.

"Bohr du stinkst! Wie viel hast du bitte gesoffen? Du bist ja total zu."

Tonis Hände wandern an mir hinab. Er legt sie um meinen Po und packt beherzt zu.

"Weischt du eigentlich, dassch du einen verdammt geilen Knackarsch hascht?"

"Lass den Scheiß!" Ich löse seine Hände von mir und befreie mich aus seiner Umarmung.

"Zieh lieber endlich deine nassen Klamotten aus", tadel ich und wende mich der Decke auf dem Sofa zu.

"Alles?", will er in einem freudigen Tonfall wissen.

"Ja, du Idiot!" Ich schüttle über ihn den Kopf.

Schwerfällig lösen seine zitternden Hände den Gürtel aus der Schnalle. Für die Knöpfe im Schritt braucht er mehrere Anläufe. Ich rolle genervt mit den Augen und nehme die Wolldecke an mich.

Als ich mich wieder nach ihm umdrehe, ist er bereits nackt. Ich komme nicht umhin, ihn von oben bis unten zu mustern. Die vielen Muskeln an Brust und Bauch, die sich unter seiner nassen Haut abzeichnen, fangen meinen Blick ein. Ich muss schwer schlucken und kann nicht anders, als ihm in den Schritt zu sehen. Er ist wirklich verdammt groß, kein Wunder dass das Handtuch zu kurz war. Ich schütteln mir den Gedanken aus dem Kopf und zwinge mich zum Wegsehen. Mit der Decke gehe ich zu ihm und lege sie ihm über den Rücken, vorn schließe ich sie über Kreuz. Er zittert noch immer am ganzen Körper und fixiert mich mit eisernem Blick.

"Setz dich aufs Sofa! Ich mach dir nen heißen Tee."

Unverständlich werde ich von seinen grünen Augen gemustert. Ich seufzend und bugsieren ihn um den Couchtisch herum zum Sofa.

"Setzen!", weiße ich ihn noch einmal an. Gehorsam lässt er sich fallen. Ich betrachte ihn besorgt, dann fällt mir der versprochene Tee ein.

"Welchen Tee willst du haben? Kräuter, Früchte, Schwarz?", will ich wissen und schicke mich an, in die Küche zu gehen, bis sich seine kalten Finger um mein Handgelenk schließen.

"Ich will dich!", klingt er auf einmal erstaunlich nüchtern. Bei seinem wilden Blick, jagen mir eisige Schauer den Rücken hinab. Augenblicklich schlägt mir das Herz bis zum Hals. Dieser Ausdruck in seinen Augen, hat nichts Gutes zu bedeuten.

"Lass den Mist!", warne ich, doch er zieht mich mit einem Ruck zu sich.

"Ich habe eine viel bessere Idee, als Tee." Er zwingt mich mit dem Rücken ins Sofa.

Ich stemme mich gegen ihn, doch ich kann sein Gewicht nicht stemmen. Er packt meine beiden Handgelenke und fixiert meine Arme über dem Kopf.

"Toni! Hör auf damit!", schreie ich ihn an, doch er lächelt nur siegessicher.

"Du hattest noch nie eine Chance gegen mich!", freut er sich. Energisch winde ich mich unter ihm und versuche meine Hände zu befreien. Meine Beine stemme ich zwischen uns, doch er setzt sich in meinen Schoss. Die Decke fällt ihm dabei vom Rücken und gibt seine ganze Blöße frei. All seine Muskeln sind angespannt, dieser Kraft habe ich tatsächlich nichts entgegen zu setzen. Ich schlucke schwer und atme schnell. Meine Gedanken wirbeln wild durcheinander. Immer wieder kommt mir Jans Warnung in den Sinn.

"Verdammt! Lass den Scheiß!", schreie ich energischer.

"Nein, du wolltest doch, dass mir warm wird!"

"Aber nicht so warm!", protestiere ich. Toni lässt sich nicht beirren. Eine Hand reicht ihm aus, meine Arme zu bändigen, mit der anderen öffnet er die Knöpfe an meinem Hemd.

"Toni, bitte! Bitte hör auf damit!", flehe ich inständig, während er einen Knopf nach dem anderen öffnet. Als er den Stoff bei Seite schiebt, spüre ich seine Härte über meinen Bauch reiben. Hitze flutet meinen ganzen Körper, ein starker Kopfschmerz schlägt sich in meine Stirn. Unendlich viele Bilder stürmen auf einmal auf mich ein. Immer sind es er und ich, in eben dieser Situation. Er hat sich schon immer auf mich gesetzt und mich mit seinem ganzen Körper überwältigt. Egal wie heftig ich mich auch zur Wehr gesetzt habe, er behielt immer die Oberhand, hat sich genommen was er wollte und ich habe da auch noch bereitwillig mitgemacht. Unzählige Moment spulen sich in meinem Kopf ab. Vor dem Kamin, im Bad unter der Dusche, irgendwo in dunklen Hinterhöfen, auf dem Dach eines Hauses. Es bleibt bald kein Ort offen, keine Stellung, keine Berührung, die wir nicht probiert haben.

Ich will das alles nicht sehen. Das bin ich nicht. So krank und pervers, aber es müssen meine Erinnerungen sein, denn niemand hat mir je davon erzählt. Tränen steigen in mir auf und trüben meinen Blick.

"Hör auf!", schreie ich ihn wieder und wieder an, doch er fährt mit seinen kalten Händen über meinen Brustkorb. Kälte flutet meine Körper und überzieht ihn mit einer Gänsehaut. Toni fährt bis zu meiner Hose hinab und schiebt sie über meine Hüften. Seine saure Alkoholfahne erfüllt meine Atemluft und lässt mich würgen.

"Antonio!", flehe ich, während mir die Tränen über die Wangen laufen. Er hält inne, sein Blick wandert an mir hinauf, stumm mustert er meinen nassen Blick.

"Bitte, lass mich los!"

Er atmet schwer aus, dann rutsch er von meinem Schoß und gibt meine Arme frei. Hastig ziehe ich mein Hemd wieder um mich und rutsche so weit von ihm weg, wie es das Sofa zulässt.

"Wenn du so jammerst, vergeht einem ja der ganze Spaß!", mault er.

Irritiert sehe ich ihn an und wische mir mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. Er fährt sich durch die klammen Haare und kämmt sie mit den Fingern zurück.

„Früher hättest du dabei nie wie ein kleines Kind geflennt. Ehrlich du bist zu nichts mehr zu gebrauchen. Wärst du nur tot geblieben!“

"Dein ernst?", will ich wissen.

"Und ob das mein ernst ist! Du und deine scheiß Amnesie. Geh in dein Grab zurück, da bist du besser aufgehoben!"

Fassungslos sehe ich ihn an.

„Verdammtes Arschloch! Und um dich habe ich mir auch noch Sorgen gemacht.“

Ich stehe auf und knöpfe mein Hemd wieder zu.

„Ach erzähl keinen Scheiß! Du kannst mich nicht mal leiden. Du spielst mit mir und meinen Gefühlen, als wenn ich eine Puppe wäre. Ich bin dir doch scheiß egal. Hätte ich mich nur erschießen lassen, dann müsste ich das nicht auch noch ertragen.“

Jedes Wort von ihm macht mich wütender. Ohne Vorwarnung drehe ich mich zu ihm um und schlage ihm meine Faust ins Gesicht. Er verliert den Halt auf dem Sofa und fällt in die Lücke zwischen Tisch und Couch. Seine Unterlippe beginnt zu bluten. Erschrocken fast er sich an die getroffene Wange und sieht entsetzt zu mir auf.

"Ich sitze hier ja nur die ganze Nacht wach, weil du mir ja so verdammt egal bist. Idiot!“ Ich balle vor ihm erneut die Faust und blinzle gegen die Tränen an, die sich mir in die Augen zwingen. „Aber eines kann ich dir versprechen: Wenn du mich je wieder so bedrängst, werde ich zu dem Mörder, den du so unbedingt in mir sehen willst."

"Das ich nicht lache. Der weiße Wolf in dir ist längst tot. Du bist nichts weiter, als ein Bücher verschlingender Krüppel!", flucht er.

Ich atme die Wut auf seine Worte aus und hebe stolz den Kopf. Von oben herab lasse ich ihn wissen: „In dir ist auch nichts mehr vom schwarzen Wolf übrig. Der hätte nie was versucht, was ich nicht wollt und jetzt halt die Klappe und schlaf deinen Rausch aus!" Damit lasse ich ihn zurück und verschwinde in mein Zimmer. Laut lasse ich die Tür nach mir zufallen und lehne mich mit dem Rücken an den Rahmen. Immer wieder atme ich tief durch, doch mein wilder Herzschlag will sich nicht beruhigen, ich kann das Pulsieren meines Blutes in jeder Ader spüren.

"Dieser verdammte Mistkerl!", murmle ich, während mir schon wieder jede Nummer mit ihm durch den Kopf schießt. Jan hat wirklich nicht übertrieben. Im Vergleich zu diesen Bildern, war Toni eben noch zahm.

"Das kann mir doch unmöglich gefallen haben." Ich stoße mich von der Tür ab und schleppe mich bis in meine Bett. Ist denn wirklich alles falsch, was ich über mich zu wissen glaube?



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