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Die Wölfe 4 ~Die Rache des Paten~

Teil IV
von

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~Im Duett~

„Lass mich runter. Den restlichen Weg schaff ich allein“, fordert Enrico, als sie das Sommerhaus erreicht haben. Antonio zögert seinem Wunsch nachzukommen. Die festen Umamrungen und die Nähe des Freundes haben so gut getann.

„Toni!“, fordert Enrico energischer. Nur widerwillig lässt Antonio ihn absteigen und sieht ihm wehmütig dabei zu, wie er den restlichen Weg allein weiter humpelt. Die traute Zweisamkeit ist schon wieder vorbei, dabei war es gerade fast wie früher. Als Antonio ihm durch die Verandatür ins Haus folgt, bleibt Enrico abrupt stehen.

„Ach, ihr perverses Pack. Dort kochen wir. Nehmt euch gefälligst ein Zimmer!“, flucht er aufgebracht. Antonio sieht an ihm vorbei. Lui sitzt auf der Arbeitsfläche und befindet sich in inniger Umarmung mit Jan. Dieser steht zwischen den gespreizten Beinen Luis und küsst ihn leidenschaftlich. Als Enrico eintritt, lassen beide erschrocken voneinander ab.

Genervt wendet sich Jan an ihn: „Eifersüchtig?“

„Auf euch Beide? Bestimmt nicht! Los, raus aus der Küche!“ Mit ausgestrecktem Arm, deutet Enrico in den Flur.

Lui lässt sich von der Arbeitsplatte gleiten und nimmt Jan an der Krawatte.

„Wir haben auch noch einen Schreibtisch“, schlägt er vor und zieht ihn mit sich. Antonio atmet tief durch und vermeidet es ihnen nachzusehen. Als die Tür im Flur sich schließt, streift sein Blick Enrico.

Das letzte mal mit ihm, das ist schon so lange her, dass er sich nicht mal mehr erinnern kann, wo es gewesen ist.

„Die Beiden sind so was von widerlich! Ich hätte sie längst aus dem Haus werfen sollen. Tut mir leid, das machen die ständig. Aber wenigstens hat Lui noch das Frühstück fertig gemacht. Ich bin am verhungern!“ Enrico setzt sich an den Tisch. Für vier Personen ist dort bereits gedeckt und auf jedem Teller liegt ein Omlett.

„Komm! Ich dachte du hast auch Hunger?“, lädt Enrico ihn ein. Vergeblich versucht Antonio den Gedanken an die gute, alte Zeit zu verdrängen. Was musste er auch in der Nacht davon träumen. Den ganzen Tag gehen ihm diese Bilder nicht aus dem Kopf. Nicht mal das heiße Bad am Morgen hat wirklich Erleichterung gebracht.

Dabei ist er doch so nah, nur eine Armlänge weit weg und doch erscheint es Antonio, als wenn sie noch immer Kontinente trennen würden. Seufzend wendet er sich von Enrico ab und nimmt am Tisch platz.

Das Omelett sieht wirklich köstlich aus, trotzdem verspürt Antonio keinen Hunger mehr. Während Enrico eine Gabel nach der anderen zum Mund führt, stochert er nur auf seinem Teller herum.

Nebenan knarren die Möbel, leises Stöhnen dringt bis zu ihnen. Trübsinnig hebt Antonio seinen Blick und schaut über den Tisch zu Enrico. Der Blick des Freundes ist finster in den Flur gerichtet: „Das die dabei immer so laut sein müssen. Mal ehrlich, das machen die doch mit Absicht, um uns zu ärgern.“ Enrico dreht sich zu ihm. „Kannst du dir das vorstellen? Mit nem Kerl? Schon bei dem Gedanken schüttelt es mich.“

Antonio wendet den Blick ab und stochert weiter in seinem Omelett herum.

„Was hast du? Du isst ja gar nichts.“

„Ich hab keinen Hunger mehr“, entgegnet Antonio in Gedanken versunken.

„Na kein Wunder. Wenn man den Beiden zuhören muss, muss einem ja schlecht werden.“

„Mir wird eher schlecht dabei, wie du darüber redest“, murmelt Antonio.

„Was?“

„Ach nichts! Ich geh ein bisschen spazieren.“

„Ganz allein?“

„Ja! Allein!“ Antonio steht auf und wirft seine Gabel auf den Teller. Hier drin kann er es keinen Moment länger aushalten.
 

Den ganzen Tag streift Antonio durch die nahen Wälder und hängt seinen Gedanken nach. Nie hätte er sich träumen lassen, seinem Freund noch einmal zu begegnen. Das hier ist alles so unglaublich. Immer hat er nur seinen Erinnerungen gehabt und nun könnten neue dazu kommen, aber mit diesem Enrico erscheint ihm das einfach unmöglich. Wie kann er denn einfach alles vergessen haben? Jeden Moment hat Antonio wie einen Schatz in seinem Herzen bewahrt. Er könnte unendlich viele Geschichten von ihm erzählen und Enrico? Da ist einfach gar nichts mehr und im nächsten Moment umarmt er ihn wieder, als wenn er ihn nie wieder los lassen wollte. Antonio meint noch immer die Wärme spüren zu können, die ihn eingehüllt hat. Er legt sich die Arm überkreuzt um den Oberkörper.

An den Bäumen vorbei, kann er das Sommerhaus sehen. Dicker Rauch steigt aus dem Schornstein auf. Sie müssen neu eingeheizt haben. Kein Wunder, es wird bereits dunkel und ein eisiger Wind fegt vom Meer her über das Land. Seine Hände sind bereits so kalt, dass er sie nicht mehr spüren kann. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, wenn er nicht erfrieren will, muss er zurück.

Noch einmal atmet Antonio tief durch, dann tritt er den Rückweg an.
 

Steifbeinig erreicht er die Haustür und muss klingeln, um eingelassen zu werden. Jan ist es, der ihm öffnet und ihn nur eines kurzen Blickes würdigt. Er lässt die Tür offen und geht kommentarlos zurück. Mit dem Fuß stößt er gegen einen von Antonios Koffer.

„Au! Verdammt!“, flucht er, „Kannst du dein Zeug nicht wo anders hin packen? Hier ist es ständig im Weg.“

„Und wo hin, bitte?“

„Ist mir egal, nur nicht hier!“ Genervt verschwindet Jan in seinem Zimmer und schlägt die Tür zu. Antonio seufzt tief und schaut sich im Flur um. Er ist schmal. Auch im Wohnzimmer wäre nicht genug Platz. Bleibt wohl nur noch ein Zimmer. Antonio nimmt beide Koffer mit und klopft an die Tür Enricos.

„Ja?“, schalt es aus dem Raum dahinter. Antonio öffnet und sieht sich nach seinem Freund um. Enrico sitzt an seinem Sekretär und zeichnet.

„Du warst ganz schön lange weg. Alles okay?“

Antonio vermeidet eine Antwort und fragt stattdessen: „Kann ich meine Koffer bei dir unterstellen? Im Flur sind sie im Weg.“

„Ja, klar! Stell sie irgendwo hin, wo Platz ist.“ Das ist einfacher gesagt, als getan. Auf dem Boden verteilen sich überall Wäscheberge, Bücher und Schallplatten. Zeichnungen und Papiere fliegen lose auf dem Sekretär herum, einige liegen schon am Boden daneben. Bei diesem Anblick muss Antonio unwillkürlich schmunzeln. So sah es schon immer im Zimmer seines Freundes aus. Sicher war es bei seinem letzten Besuch hier, nur so ordentlich, weil Robin aufgeräumt hat. Die zwei Koffer dürften in dem Chaos wirklich nicht auffallen. Antonio lehnt sie an die Wand neben der Tür.

„Was zeichnest du denn schon wieder?“, will er wissen und kämpft sich durch die Wäscheberge bis zum Sekretär. Er sieht Enrico über die Schulter. Etliche Blätter liegen verstreut übereinander. Auf ihnen sind bunte Entwürfe aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Loks, Schienen, Häuser und Bauklötze, die unterschiedlichsten Tiere, vom Löwen bis zum Schweinen.

„Ich habe mir was überlegt!“, berichtet Enrico, „Irgendwann wirst du ja wieder zurückfahren und dann brauchst du Geld für das Ticket und dieses mal sollst du auf der Überfahrt auch nicht hungern müssen.“

„Willst du mich etwa los werden?“, entfährt es Antonio entsetzt.

Enrico lächelt versöhnlich. „Nein! Aber du hast ja gesagt, dass du irgendwann zu deiner Familie zurück willst. Also pass auf!“ Enrico schiebt die Zeichnungen auseinander. „Meinst du du kannst das hier alles schnitzen?“

Antonio lässt seinen Blick über die Entwürfe schweifen.

„Sicher!“

„Gut, dann bemale ich sie mit knallig bunten Farben und Robin wird sie auf dem Wochenmarkt verkaufen. Sie verkauft dort eigentlich selbstgenähte Kinderkleidung, aber dazu würde ja Spielzeug gut passen. Im ganzen Dorf gibt es keinen einzigen Spielzeugladen. Die Sachen werden sich super verkaufen. Je nach dem, wie viel du neben den Sachen für deine Tochter noch fertig bekommst, müssten wir auf jeden Fall genug Geld in den drei Monaten zusammen bekommen. Was sagst du dazu?“ Antonio betrachtet noch einmal alle Zeichnungen, bevor sein Blick wieder auf Enrico fällt.

„Du bist immer noch ein Geschäftsmann. Wer hätte das gedacht.“

„Also gefällt dir meine Idee?“

„Ja klar. Ein Versuch ist es wert. Ich hab wirklich nichts dagegen, mir auf der Rückfahrt auch mal was zu Essen kaufen zu können und nicht als blinder Passagier mitfahren zu müssen. Aber bist du dir sicher, dass uns Robin dabei helfen wird? Nach eurem letzten Streit, glaube ich nicht, dass wir sie je wieder sehen werden.“

„Ach was. Die kriegt sich wieder ein. Sie ist nur bei ihrer Cousine und hilft ihr mit den neugeborenen Zwillingen. Wenn wir sie am Wochenende besuchen, werde ich sie einfach fragen.“

„Bist du denn gar nicht mehr sauer auf sie?“

„Doch! Aber gerade deswegen, sollte sie mir besser den Gefallen tun.“

„Wie hast du denn gedacht, wie es mit euch Beiden jetzt weiter gehen soll, nachdem du die Wahrheit kennst?“

Enrico wendet sich ab und macht ein nachdenkliches Gesicht, schließlich sagt er: „So, wie bisher auch.“

„Liebst du sie denn so sehr, dass du ihr das verzeihen kannst?“

„Ich liebe sie überhaupt nicht. Das habe ich nicht mal, als ich das alles noch nicht wusste. Trotzdem sind wir ein gutes Team. Ohne sie würde hier gar nichts funktionieren. Ich verdanke ihr trotz allem mein Leben.“

„Klingt ja sehr romantisch.“ Antonio rollt mit den Augen und stützt sich auf die Stuhllehne.

„Ich steh sowieso nicht besonders auf Kuschelsex. Wenn mich Robin damit in Zukunft in Ruhe lässt, bin ich nicht mal böse darüber.“

„Ja, Kuschelsex ist echt nichts für dich und das ist auch gut so!“

„Woher willst du das denn wissen?“ Fragend sieht Enrico zu ihm auf. Antonio wird erst jetzt bewusst, was er gesagt hat. Verlegen winkt er ab und versucht sich raus zu reden: „Ach, ich hab dich doch oft genug in Eriks Bordel erlebt.“

Enrico schüttelt mit dem Kopf und schaut zur Zimmertür.

„Da ist doch ne Gitarre drin, oder? Was kannst du so darauf spielen?“, will er wissen und erhebt sich von seinem Stuhl.

„Alles mögliche. Das kam in meiner Ausbildung mit vor.“

„Ein Killer der Gitarre spielen lernen muss. Du willst mich verarschen, oder?“

Antonio muss schmunzeln. So hat er als Kind auch reagiert, als sein Ausbilder mit dem Instrument ankam.

„Mein Scharfschützengewehr war in einem Gitarrenkoffer versteckt. Mein Ausbilder ist der Meinung gewesen, ich müsse zur Tarnung auch wirklich Gitarre spielen können.“

„Mhm, gar nicht so dumm.“ Enrico geht bis zum Koffer und öffnet ihn. Er holt die Gitarre heraus und bringt sie Antonio.

„Spiel doch mal was!“, bittet er ihn.

„Und was?“ Mit der Gitarre in der Hand, setzt Antonio sich an die Strinseite des Bettes.

„Was von früher, was ich kennen müsste. Vielleicht erinnere ich mich dann ja wieder an etwas.“ Da gibt es so viele Lieder, die Antonio einfallen. Er beginnt die Gitarre zu stimmen.

Enrico setzt sich an das Fußende des Bettes und sieht ihm aufmerksam dabei zu. Die eisblauen Augen verfolgen jede seiner Bewegungen.

Antonio legt die Finger auf die Seiten und beginnt zu spielen. Eine klare Melodie breitet sich im Raum aus und schwillt mal an und flacht wieder ab. Es ist so unendlich lange her, dass er dieses Lied gespielt hat, das sich seine Finger erst mal an die Noten erinnern müssen. Er braucht zwei Anläufe, um es fehlerfrei spielen zu können.
 

...~*~...
 

Das ist das erste Lied gewesen, das er komponiert hat. Ich sehe ihn genau vor mir, wie er auf meinem Bett gesessen und es zum ersten Mal gespielt hat. Damals klang es noch abgehackt und nicht so harmonisch. Ich schließe meine Augen und lausche dem vertrauten Klang. Es muss ewig her sein, dass ich es gehört habe. In meiner schwachen Erinnerung ist er kaum älter als vierzehn.

„Das ist dein erstes eigenes Lied gewesen“, sage ich und sehe wieder auf. Toni nickt und lächelt freudig überrascht.

„Ja, ich habe es gespielt, als ich das erste Mal bei dir übernachtet habe“, erklärt er, „Du hast Unmengen an Süßigkeiten gekauft. Mir war so schlecht in der Nacht.“

„Stimmt, wir haben die Matratze vom Boden geholt und neben mein Bett gelegt“, erinnere ich mich.

„Ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können, weil ich direkt neben dir lag“, fährt er fort. Ein wehmütiges Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. Eindringlich betrachtet er mich, als wenn er irgend etwas von mir erwarten würde.

„Habe ich geschnarcht, oder so?“, will ich wissen und muss dabei lachen. Toni lächelt nicht mehr, er sieht an mir vorbei.

„Nein, das war nicht der Grund.“

„Sondern?“

„Warum erinnerst du dich immer an den unwichtigen Mist, aber nicht an die wirklich schönen Sachen?“, murmelt er kleinlaut.

„Wie meinst du das? Was ist den an dem Abend so schönes passiert?“, harke ich nach.

„Wenn du nicht selbst darauf kommst, will ich's dir nicht sagen.“

„Na schön, dann spiel noch ein bisschen, vielleicht fällt es mir ja wieder ein.“ Toni seufzt und beginnt das Lied von vorn. Ich lausche der Melodie und kann mein altes Zimmer direkt vor mir sehen. Das Bett, das volle Regal und den Schreibtisch, auf dem schon damals das Chaos herrschte. Ich habe eine ganze Packung Kekse allein verdrückt und wir haben uns bis spät in die Nacht über alles möglich unterhalten. Er hat genau so wie jetzt auf meinem Bett gesessen. Den Rücken an die Rückwand des Bettes gelehnt, seine Gitarre in der Hand. Aber irgendwas war anders. Er ist nicht so weit von mir weg gewesen. Ich konnte ihm von unten ins Gesicht sehen.

Gedankenverloren robbe ich über die Bettdecke zu ihm. Sein Spiel verklingt, irritiert sieht er mich an. Als ich ihn erreiche, schiebe ich seine Gitarre nach oben. Um ihm von unten ins Gesicht sehen zu können, lege ich mich mit dem Kopf in seinen Schoß.
 

„Sag mal, was machst du da?“, will er wissen und sieht entsetzt auf mich hinab. Seine Wangen werden rot. Ich lächle. Genau so hat er damals auch geschaut.

„Ich versuch alles genau so zu machen, wie an dem Tag. Spielst du noch ein bisschen für mich?“, bitte ich.

„Wie soll ich das machen, wenn du da liegst?“ Seine Stimme bebt, ich kann sein Herz durch das Hemd hindurch schlagen hören. Seine Arme nehme ich und lege sie über mich, bis die Gitarre auf meinem Brustkorb aufliegt.

„So!“, sage ich. Toni schluckt schwer, seine Augen mustern mich wild.

„Jetzt spiel schon weiter! Ich hör dir wirklich gern zu.“

Er atmet spürbar aus und ein. Seine Finger legen sich wieder um den Griff der Gitarre. Er beginnt zu spielen, doch die Melodie bricht immer wieder ab. Das harmonische Spiel von eben, bekommt er nicht mehr hin. War das an dem Abend nicht genau so? Ich hole aus und schlage ihm auf den Oberschenkel. Er zuckt zusammen.

„Gib dir gefälligst mehr mühe. Das klingt ja scheußlich!“, murre ich, so wie ich es auch an dem Abend getan habe.

Toni umgreift den Griff im Ganzen und legt seine flache Hand auf die Seiten. Der Ton verstummt.

„Du machst mich fertig, weißt du das?“ Ich erwidere nichts und lächle nur schelmisch. Meine Finger lege ich über seine und fahre mit der rechten Hand über die Seiten. Ein unförmiger Klang erfüllt den Raum.

„Ich wollte ich könnte auch ein Instrument spielen. Das muss unheimlich toll sein“, schwärme ich. So schnell von einem Griff zum anderen zu springen, stelle ich mir schwer vor. All die Kombinationen aus Fingerpositionen im Kopf zu behalten, wäre nichts für mich.

„Im Wohnzimmer steht doch ein Klavier. Warum spielst du nicht darauf?“, fragt er.

„Ich kann kein Klavier spielen. Es gibt hier auch keinen, der es mir beibringen könnte. Das steht nur zur Zierde herum.“

„Hast du es je versucht?“

„Nein!“

Antonio nimmt die Gitarre von uns und stellt sie neben das Bett. Verträumt sieht er mich an und legt beide Hände auf meinen Brustkorb.

„Du konntest mal sehr gut Klavier spielen. Aaron hat es dir beigebracht.“

„Aaron?“ Der Name sagt mir nichts.

„Dein Schwiegervater.“

Ich schaue noch immer fragend.

„Unser Chef, der Pate!“

Entschuldigend blicke ich zu ihm auf und zucke mit den Schultern. Toni seufzt verzweifelt und stützt den Kopf in die Hand.

„Du bist mir ein Rätsel. Wie kannst du das eine wissen und das andere nicht?“

Wieder zucke ich mit den Schultern.

„Was war denn jetzt das schöne an dem Abend?“, wechsle ich das Thema. Antonio holt schwer Luft, er beißt sich auf die Unterlippe und sieht mich zögernd an. Schweigend sieht er mir lange direkt in die Augen. Sein Herz schlägt schnell und sein Brustkorb hebt sich rasch. Schließlich beugt er sich nach vorn über mich. Während mir sein Gesicht immer näher kommt, schlägt auch mir das Herz bis zum Hals. Hitze flutet meinen ganzen Körper. Wie erstarrt sehe ich ihm dabei zu, wie er die Augen schließt und seine Mund auf meinen legt. Ein Kribbeln überzieht meine Lippen und meinen ganzen Körper. Wie ein Blitz durchzuckt der Hauch einer Erinnerung meine Gedanken: Wir hatten das Licht ausgemacht und wollten schlafen. Ich war fast eingeschlafen, da hat er das auch getan. Nein, nein das hat er nicht. Das war keine echte Erinnerung. Ganz bestimmt nicht!

„Idiot! Lass den Scheiß!“, fluche ich. Grob stoße ich ihn am Brustkorb nach oben und rutsche aus seinem Schoß.

„Hör auf mich zu Verscheißern. So nen Mist hab ich sicher nicht mitgemacht. Und du auch nicht! Sag mir das du mich nur auf den Arm nimmst und nicht so bist, wie die beiden Perversen da drüben“, fordere ich aufgebracht und deute auf die Tür. Antonio seufzt hörbar und senkt den Blick. Als er mich wieder ansieht zwingt er sich ein schelmisches Grinsen ins Gesicht.

„Ich zieh dich nur auf. Dein blöder Blick war es mir wert“, lacht er.

Ich packe mir eines der Kissen und werfe es nach ihm.

„Du verdammter Arsch! Das ist nicht lustig!“ Er fängt es vor seinem Gesicht ab und lässt es achtlos neben sich fallen.

„Nein! Nein das ist wirklich nicht lustig“, sagt er melancholisch und rutscht von meinem Bett. Ohne noch einmal zurückzuschauen, geht er zur Tür.

„Toni?“, rufe ich ihm vergebens hinterher. Er öffnet die Tür und verschwindet auf den Flur, kurz darauf schlägt die Haustür nach ihm zu.

Ich bleibe ratlos auf meinem Bett sitzen. Was ist das bitte gerade gewesen? Spaß? Ernst? Ich fasse mir mit Zeige- und Mittelfinger an die Lippen. Noch immer glaube ich die Wärme seiner Lippen und das Kribbeln spüren zu können. Nein, nein, nein, dass kann so nicht gewesen sein. Er hat ja auch gesagt, dass er mich nur aufziehen wollte. Toni hat sich nur einen Scherz erlaubt, ganz bestimmt.



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